Michael Kaufmann

Michael Kaufmann, Präsident von Sonart – Musikschaffende Schweiz, beantwortet die Fragen der Schweizer Musikzeitung.

Wie geht es Ihnen und Sonart nach diesem Jahr?

Das Pandemiejahr war für alle Kulturschaffenden eine Katastrophe, und es hat uns alle psychisch stark belastet. Dies vor allem – davon war ich ganz persönlich auch betroffen –, weil auch die künstlerische Tätigkeit weitgehend gestoppt war, was teilweise die Kreativität blockiert hat. Das ist für Kulturschaffende fatal und vielleicht noch schlimmer, als die ohnehin schon schwierige wirtschaftliche Situation. Also ein Mix von sozialer Notlage und künstlerischer Blockierung.

Was ist für Sie besonders einschneidend an der Corona-Zeit?

Es gibt aus meiner Sicht zwei Hauptthemen: Das eine ist die soziale Absicherung, welche vor allem für Musikerinnen und Musiker mit einem hohen Anteil an freischaffender Tätigkeit prekär ist. Das war schon vor der Krise so, die Krise hat nur verschärft, was viele nicht wissen: Musikerinnen und Musiker leben in der Regel sehr, sehr bescheiden und haben wenige Reserven. Eine Kollegin rechnete vor: Bei den heutigen Gagen in freien Projekten der zeitgenössischen Musik beträgt der Stundenlohn alles in allem 16 Franken. Kultur ausserhalb der subventionierten Institutionen darf nichts kosten. Der Gesellschaft ist diese nicht viel wert. Das zweite ist die Wiederaufnahme des Konzertbetriebs: Es ist jetzt zentral, dass wir die Liveacts wieder aufnehmen, wieder direkt ans Publikum gelangen. Denn von der reinen Streamingkultur haben alle die Nase voll.

Wie verändert die Corona-Zeit Ihrer Meinung nach den Musikerberuf und Ihren Verband?

Der Beruf der Musikschaffenden ist laufend im Wandel. Auch das hat die Krise des letzten Jahres noch verdeutlicht. Immer mehr Musiker sind heute in diversen künstlerischen Tätigkeiten unterwegs: auf der Bühne, im Bildungssystem, im Kulturmanagement, in multimedialen Projekten, in der Vermittlung usw. Heisst: Es gibt eine grosse Vielfalt an Tätigkeiten, aber damit auch viele Unwägbarkeiten und wirtschaftliche Unsicherheiten. Für unseren Verband ist dies seit Langem klar, und wir arbeiten intensiv an entsprechenden Konzepten: Einerseits ist es der Kampf um die soziale Sicherheit, andererseits wollen wir noch mehr Weiterbildungen und Dienstleistungen anbieten, um unsere Mitglieder fit zu machen. Für Sonart heisst das aber eine härtere Gangart in der Politik und die öffentliche Verteidigung eines der nützlichsten Berufe unserer Gesellschaft.

Welche Frage möchten Sie dem Bundesrat stellen oder was wünschen Sie sich von ihm, damit die Musikszene wieder auflebt?

Ganz einfach: Wir wollen wieder auf die Bühnen! Und wir wollen als Folge aus der Krise noch bessere Rahmenbedingungen für die Kultur. Soziale, infrastrukturelle und kulturpolitische. Nachhaltige Investitionen in Kultur lohnen sich für die Gesellschaft. – Wenn die Politik dazu bereit ist, wollen und können wir einen grandiosen Neustart hinlegen. Mit oder ohne Maske …