EOV-Reise ans EOFed-Festival in Plovdiv

Nach Abklingen der Corona-Pandemie konnten nun das 12. European Orchestra Festival und die EOV-Reise im Vorfeld vollumfänglich durchgeführt werden. Teilnehmerin Barbara Steinmann berichtet über die unvergessliche Reise nach Plovdiv, Bulgarien.

Barbara Steinmann — Bereits am ersten Abend in Sofia entführt uns bei Kerzenschein Ventseslav Nikolov, einer der bedeutendsten Musiker Bulgariens in die Klangwelt seines venezianischen Cellos aus dem Jahr 1726, mit Musik von Bach bis zurgeorgischen Volksmusik von heute. In diesem Ambiente entwickelt sich rasch eine heitere Stimmung in un-serer Gruppe, die vorwiegend aus Geige spielenden Mitglieder diver-ser Schweizer Amateurorchester besteht.

Georgi Palahutev, unser hervorragender staatlich geprüfter Wanderführer und Reiseleiter sowie zeitweise seine Frau und die Tochter des Cellisten begleiten uns auf der gesamten Reise. Sie vermögen uns mit ihrem unglaublich differenzierten Wissen und spannenden Erzählstil für die eindrückliche und vielfältige Geschichte und Kultur Bulgariens zu begeistern und lassen uns auf den Wanderungen durch das Vitosha-Gebirge oder die Karstlandschaften bei Veliko Tarnovo die Schönheiten der dünn besiedelten Natur entdecken.

Schildkröte, Pfingstrosen und Kloster

Unerwartete Begegnungen mit einer Schildkröte, wilden tiefroten Pfingstrosen oder dem Affenknabenkraut lassen die Herzen der Botaniker*innen unter uns höher schlagen. Das riesige Rila-Kloster (Unesco Weltkulturerbe) in der Nähe der griechisch-mazedonischen Grenze mit zugehöriger Einsiedelei des Gründers Ivan Rilski, das idyllisch gelegene Preobrazhenski-Kloster im Norden oder die in einer Scheune versteckte Kirche mit einzigartigen Fresken zeugen von reicher bulgarisch-orthodoxer Kirchengeschichte.

Sakraler Höhepunkt der Reise ist ein Konzert in Sofia mit christlich-orthodoxen Gesängen. Die stimmgewaltigen Chorleute und Solist*innen begrüssen uns vor der Kirche mit Ostergebäck. Ergriffen und zu Tränen gerührt, lauschen wir ihrem überwältigenden Gesang.

Viele junge Musiker*innen

Nach dem Besuch einer Rosenöldestillerie im Rosental, unserer letzten Reiseetappe, fahren wir, umhüllt von Rosenduft, nach Plovdiv, wo uns in der riesigen Eingangshalle des Hotels Ramada mit einem Hauch von leicht abgewirtschafteter «Grandezza» aus früheren Zeiten emsiges Treiben erwartet. Die Registrierung fürs 12. EOFed-Festival läuft, 350 Angemeldete mit starker Vertretung der jungen Generation.

Nelleke Greusebroek, Holländerin und Vizepräsidentin der European Orchestra Federation (EOFed), begrüsst uns herzlich. Für individuell Teilnehmende finden Workshops von Barock, über Klassik, Film bis zu bulgarischer Volksmusik und Jazz in den Räumen des Hotels statt. Mit Enthusiasmus wird zwei Tage auf hohem Niveau mit hochmotivierten Dirigent*innen geprobt. Abends finden bereits die ersten Konzerte der angemeldeten (Jugend-)Sinfonieorchester und Ensembles, unter anderem aus Lettland, Estland, Ungarn, Bulgarien und Deutschland, im Roman Theater unter freiem Himmel statt. Dieses liegt inmitten der wunderschönen Kulturhauptstadt Plovdiv. Keine Hektik auf den Strassen, lebendiges Treiben in den Cafés, mediterrane Stimmung, Schach und Karten spielende Män-ner in den Parks, ideales Parkett zur Durchführung eines Orchesterfes-tivals! Dem Präsidenten Jüri-Ruut Kanguur, Johannes Reinhard, Daniel Kellerhals und den Organisationsteams muss man ein Kränzchen winden, alles verläuft einwandfrei!

Swing, Openair und Wind

Am letzten Tag warten die Workshopteilnehmenden an verschiedenen Standorten fiebrig auf ihre Auftritte, knüpfen Kontakte. Musik ist völkerverbindend! Das Niveau der Darbietungen ist hoch, das Publikum in guter Laune. In Erinnerung bleibt der erste «swingige» Satz aus der Sinfonie Nr. 1 in e-Moll von Florence B. Price, einer vergessenen afroamerikanischen Komponistin (1987–1953). Am Abend der krönende Abschluss im Roman Theater mit Openair-Stimmung. Nicht einmal der Wind, der hin und wieder die Noten von den Ständern wegfegt, vermag die estonischen Spieler*innen zum Schweigen zu bringen, die «kehligen» Lieder der bulgarischen Sängerinnen hallen nach, der 7/8 Takt, gespielt vom Orchester, ebenfalls.

Mit einem Hauch von Wehmut denken wir an die wunderbare Zeit in Bulgarien zurück. Ein herzliches Dankeschön geht an Hedi Boller für die tolle Organisation der EOV-Reise!

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