Grosse Repertoirebrocken und neue Tanzausrichtung in Basel

Wagners «Ring» und Grönemeyers «Pferd frisst Hut» – die Saison 2023/24 am Theater Basel ist geprägt durch imposante Neuinszenierungen. Die Tanzkuratorin Adolphe Binder löst den langjährigen Ballettdirektor Richard Wherlock ab.

Foto (Ausschnitt): Ingo Hoehn

Das Theater Basel nimmt sich unter der Direktion von Benedikt von Peter für die nächste Spielzeit viel und Aufwendiges vor. 29 Premieren und 10 Wiederaufnahmen stehen auf dem Spielplan der drei Sparten Ballett, Oper und Schauspiel.

In der Oper stemmt man, auf zwei Spielzeiten verteilt, Richard Wagners Tetralogie Der Ring des Nibelungen. Der Hausherr steht am Regiepult; der britische Dirigent Jonathan Nott am Orchesterpult des Sinfonieorchesters Basel. 2023/24 werden der einaktige Vorabend Das Rheingold und die fast fünfstündige Walküre erarbeitet.

Grönemeyers Operneinstand

Eine spektakuläre Uraufführung verspricht die musikalische Komödie Pferd frisst Hut des Sängers und Bandleaders Herbert Grönemeyer in der Inszenierung von Herbert Fritsch. Die Komposition nach Eugène Labiches Ein Florentinerhut ist Grönemeyers erste Musiktheaterproduktion.

Die argentinische Choreografin Constanza Macras inszeniert mit Bizets Carmen und Rachael Wilson in der Titelpartie erstmals eine Oper, während der in Salzburg erfolgreiche Regisseur Romeo Castellucci Mozarts Requiem auf die Bühne bringt. Ivor Bolton wird dabei letztmals am Opernpult als Chefdirigent das Sinfonieorchester Basel leiten .

Christoph Marthaler knöpft sich Monteverdis letzte Oper L’Incoronazione di Poppea mit Kerstin Avemo in der Titelpartie vor. Mit der Mezzosopranistin Anne Sofie von Otter und dem Countertenor Jake Arditti sind wichtige Rollen prominent besetzt. Man wird sich beim Liebesglück zwischen Nero und der neuen Kaiserin wohl wieder auf eine Kultinszenierung der Langsamkeit einstellen müssen. Für eine historisch informierte Aufführung sorgen der Leiter der Londoner Academy of Ancient Music, Laurence Cummings, und das Barockorchester La Cetra.

Einige Wiederaufnahmen füllen den Opernspielplan: Rossinis Il Barbiere di Siviglia, Webers Freischütz und Verdis Rigoletto mit Regula Mühlemann als Gilda.

Stilwechsel im Ballett

Radikal wird die Sparte Ballett umbesetzt, wenn Richard Wherlock nach über zwanzig Jahren die Ballettdirektion abgibt. Fortan wird sie von der Tanzkuratorin Adolphe Binder und dem Ballettmeister Tilman O’Donnell geleitet. Anstelle klassischer Handlungsballette kommen zur Aufführung: der Ballettabend Marie & Pierre des US-Choreografen Bobbi Jene Smith, eine «Entführung in ein sinnliches und dramatisches Multiversum»; Telling Stories des Schweizers Fabrice Mazliah, das Ballett Verwandlung – Ein poetisch pulsierender Zweiakter mit Tanz und Chor von Saburo Teshigawara und zum Thema Stoffwechsel das Tanz- und Videostück DIEstinguished von La Ribot. Nach einer Choreografie der neuen Tanztheaterleiterin hält man vergeblich Ausschau. Die gebürtige Rumänin kommt aus der Wupperthaler Tanztheater-Szene in der Nachfolge von Pina Bausch. Als «Tanz/Performance Feste & Gäste» werden die aus 16 Ländern stammenden 30 Mitglieder der künftigen Ballettkompanie bezeichnet. Immerhin ein Drittel des Wherlock-Ensembles wird übernommen.

Keine Bewerbungen soll es von Tänzerinnen und Tänzern der theatereigenen Berufs-Ballettschule gegeben haben. Der Kanton Basel-Stadt bezuschusste die Schule, deren professionelle Ausbildung per Ende Schuljahr im Sommer eingestellt wird, trotz Vorwürfen an die Direktorin zuletzt noch mit 900 000 Franken. In der externen Untersuchung wurde festgestellt, «dass ein Teil der befragten weiblichen Lernenden Herabsetzungen ausgesetzt waren und dass sie die Direktorin mit ihrem Verhalten eingeschüchtert und ein Klima der Angst erzeugt hat»! Happige Vorwürfe und ein unschönes Ende für die seit 22 Jahren bestehende Ausbildungsstätte.

Ein Lichtblick ist die Öffnung des Foyers der Grossen Bühne für die Allgemeinheit. Menschen aller Schichten und Generationen beschäftigen sich in Gespräch, Studium, Tanz und Gesang. Und dies bei freiem Eintritt und ohne Polizeipräsenz!

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