Wenig Musik bei der Spurensuche

Barbara Beuys‘ Biografie von Emilie Mayer erzählt vor allem das Leben der Komponistin, über ihre Musik ist wenig zu erfahren.

Emilie Mayer war nicht nur Komponistin, sondern auch eine begabte Pianistin. Bild: wikimedia commons

Nachdem in den vergangenen Jahren sowohl zahlreiche Neuausgaben wie auch Einspielungen von Sinfonien und Kammermusik aus ihrer Feder erschienen sind, dürfte die Komponistin Emilie Mayer (1812–1883) keine ganz unbekannte mehr sein. Freilich ist dies auch als ein Zeichen der Zeit zu sehen: Obwohl der musikalische Nachlass bereits im 20. Jahrhundert an bester Stelle (Staatsbibliothek zu Berlin) öffentlich zugänglich war, blieb damals das Interesse eher gering. Heute steckt freilich unnötiger Überschwang in mancher reisserischen Überschrift wie «Der weibliche Beethoven» (NDR) – oder eben auch im Untertitel der neu erschienenen Biografie von Barbara Beuys: «Europas grösste Komponistin». Was diese «Grösse» ausmacht, wäre zu diskutieren: Ist es der Umfang des Œuvres? Oder der Schwerpunkt des Schaffens, der auf so gewichtigen Gattungen wie Streichquartett und Sinfonie liegt? Und wie wären diese Werke auch gegenüber jenen von Louise Farrenc einzuordnen?

Fragen, die Barbara Beuys nicht beantwortet, die aber auch gar nicht in ihrem Fokus stehen. Denn in ihrer «Spurensuche» erzählt sie das Leben von Emilie Mayer und die Aufführungen ihrer Werke mit zahlreichen historischen wie auch kulturgeschichtlichen Einbettungen nach. In diesem übergreifenden Blick liegt vielleicht die Stärke der Darstellung; was die eigentlichen Daten und Details angeht, so stützt sich die Autorin vor allem auf die umfangreichen Recherchen, die Almut Runge-Woll für ihre 2003 im Druck erschienene Dissertation über diese aussergewöhnliche Loewe-Schülerin unternommen hat. Auch wenn das Zielpublikum der aktuellen Biografie nicht allein im Bereich interessierter Musikliebhaberinnen und -liebhaber liegen mag, so verblüfft es doch, dass eine ansatzweise Charakterisierung von Emilie Mayers kompositorischem Schaffen ebenso fehlt wie eine auch nur summarische Werkliste. Hingegen finden sich Redundanzen («Ehefessel», S. 52 und 195), Ungenauigkeiten («Streichquartett» statt Streichquintett, S. 138) und mitunter allzu saloppe Formulierungen: «Posaunen und Streichinstrumente – da war doch etwas?» Und so reiht sich dieses Porträt eher als weitere Folge in die Reihe der kulturhistorischen Biografien der Autorin ein, ohne dass eine auch «musikalische» Spurensuche erfolgt wäre.

Barbara Beuys: Emilie Mayer, Europas grösste Komponistin. Eine Spurensuche, 220 S., € 22.00, Dittrich, Weilerswist-Metternich 2021, ISBN 978-3-947373-69-7

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