Musiklernen mit Techniken aus dem Sport

In Bestform beim Üben! Das «Methoden-Navi» überträgt sportliche Praktiken und Begriffe auf das instrumentale Üben.

Musik ist nicht Sport, aber gewisse Techniken aus dem Training können das Üben beflügeln. Foto: Paha_L/depositphotos.com

Wer wie eine Trainerin, ein Trainer Musik unterrichtet, hat Erfolg. Das will nicht heissen, dass Musik Sport ist, aber in Ulrich Menkes Methoden-Navi verhelfen sportmedizinische und sportpsychologische Aspekte zu rascheren positiven Resultaten. Der Begriff des Übens wird ergänzt durch den Begriff des Trainings. Durch die abwechselnde Verwendung aller Sinne läuft das Gehirn zu wahrer Form auf: Kurzweil lässt die «Übzeit» vergessen und führt zum Flow. Die Lehrperson geht mehr mit Fragen als mit Kritik auf die Schülerinnen und Schüler ein und hilft so zu selbständigerer Arbeitskompetenz.

In 18 Kapiteln illustriert mit instruktiven Notenbeispielen aus der Violinliteratur erhält man eine breite Palette von Aufträgen, um die Schwierigkeiten aufzufächern. Hier eine Auswahl:

1. Warm-up, begonnen beim Körper: Haltung, Muskel- und Fingerspitzengefühl, Selbstbeobachtung im Spiegel.

2. Dank Slow Motion ein neues Stück von Anfang an fehlerlos trainieren; erst vorstellen, dann spielen.

3. Looping: In schwierige Sequenzen Atempausen einbauen und die Sequenzteile wiederholen; grosse Sprünge vereinfachen als Tonschaukel und diese hören und fühlen; bei Doppelgriffen den Führungsfinger bestimmen, dessen Weg am leichtesten auszuführen und zu merken ist; Fehlerauslöser isolieren und mit Loop festigen.

4. Time-out: Schnelle Passagen mit punktierten Rhythmen oder Tonwiederholungen verlängern.

5. Supervision: Sich selber beim Spiel reihum mit verschiedenen Sinnen beobachten.

7. Rhythm is it! Rhythmisch schwierige Passage zuerst nur auf einem Ton oder auf einer Skala spielen; Saitenwechsel-Bewegung des Bogens einer mehrsaitigen Stelle zuerst auf den leeren Saiten spielen; bei gebundenen Passagen die optimale Bogenhandkurve suchen.

8. Akzente setzen: In eine gleichmässig ablaufende Passage z. B. in Sechzehntel-Vierergruppen Akzente auf die zweite und in den Wiederholungen auf die dritte und vierte Gruppen-Note setzen oder sogar auf jede dritte Note (gegen das Metrum) der Passage. So kommt jeder Ton einmal in den Fokus.

9. Selbst-Coaching: Du schaust wie ein Reporter auf das Spiel deiner «inneren Mannschaft» und beurteilst, was zu verbessern ist. Fokus auf einen Finger, der zu schwach, auf einen Ton, der nicht ausdrucksvoll ist, einen Lagenwechsel, der zu spät geschieht; «Blick auf die szenische Anlage von Spielsituationen».

10. Auswärtsspiel. Sicherheit erwerben: Passage auf anderen Saiten, in anderen Lagen, im Gehen, im Ensemble Rücken an Rücken spielen.

11. Mischpult. Ausprobieren von verschiedenen dynamischen Varianten einer Stelle (Suche mit Crescendo und Decrescendo nach der richtigen Betonung) führt zu bewussterem Verständnis der Komposition.

12. Happy End. Wenn man auf einem Problemton eine Fermate setzt und ihn bewusster erlebt, verliert er den Aspekt der «Angststelle».

13. Call – Recall: Singen einer Stelle – mit Spielen wiederholen. Call – Response: Singen einer musikalischen Frage – Spielen der Antwort. So wird schneller klar, wie eine Passage musikalisch zu gestalten ist.

Schlussendlich 18. Auftritt! Hier wird erklärt, wie Lampenfieber, Angst vor Versagen vermieden, aber auch musischer Fluss gefördert werden kann.

In einem abschliessenden Erläuterungsteil wird die Bedeutung der Achtsamkeit, des geschickten Coachings, des mentalen Trainings, eines neuen Verhältnisses zwischen Lehrenden und Lernenden und des Trainingsplatzes als Wohlfühlort ausführlich erläutert. Insgesamt ein wertvolles Ideen-Schatzkästchen!

 

Ulrich Menke: Das Methoden-Navi, Routenplaner zu einem erfolgreichen Instrumental- und Ensembleunterricht, 192 S., € 22.95, Schott, Mainz 2023, ISBN 978-3-7957-3092-5

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