Die Distanz überwinden

Im Duett für Violine und Kontrabass «Wind strich eine Schattenmelodie» von Eva Batt sind das höchste und das tiefste Streichinstrument beteiligt. – Doppelbesprechung aus der Sicht einer Kontrabassistin und eines Violinisten.

Foto (Schnitt): Nadine Shaabana / unsplash.com


Walter Amadeus Ammann
– Ein Gedicht von Christiane Schwarze gibt den Rahmen für das intime Fünfminutenstück Wind strich eine Schattenmelodie über Schmerz, Hoffnung und Trost für die zurückbleibende zweier durch Tod getrennter liebender Seelen. Synkopierend, suchend, mit Pausen dialogisierend oder duettierend, von arco zu pizzicato wechselnd, entstehen Melodien mit melancholisch anschmiegenden Halbtönen, in tröstlichem a-Moll ausklingend. Die Idee der Trennung wird dargestellt durch die Entfernung der Tonlagen der zwei Instrumente, die sich aber auch annähern können.

Die Komposition von Eva Batt ist bei Gilgenreiner erschienen. Ein wichtiges Ziel dieses Schweizer Verlages ist die Herausgabe von Musik und Lehrwerken für Kontrabass.



Heike Schäfer
Wind strich eine Schattenmelodie ist vom Gedicht Vorausgegangen der Lyrikerin Christiane Schwarze inspiriert. Es ist somit ein Werk, das die Künste Musik und Lyrik miteinander verbindet. Die weit auseinanderliegenden Stimmlagen der beiden Streichinstrumente korrespondieren mit dem Gedicht, in dem zwei sich liebende Menschen, die im irdischen Leben getrennt wurden, weit voneinander entfernt und doch in ihrer Liebe vereint sind.

Geschickt weiss die Komponistin die spieltechnischen Vorzüge der beiden Instrumente einzusetzen. Mit seinen Ausdrucksparametern (z. B. metaphorischen Anweisungen) und Effekten (z.B. Klopfen auf den Korpus, sul ponticello etc.) hat das Werk einen ausgeprägt expressiven Charakter, dessen Botschaft rein akustisch wie performativ eindrücklich vermittelt wird. «Von den interpretierenden Musikerinnen und Musikern fordert es intonatorische, rhythmische und spieltechnische Sicherheit und setzt angesichts der dem Jazzidiom entlehnten Figuren einen polystilistischen Zugang voraus.» Das Vorwort in deutscher und englischer Sprache enthält auch das zugrunde liegende Gedicht. Ergänzendes Material ist in Form einer CD sowie eines Lyrikbandes mit dem Titel Das Schweigen der Schatten Mosaik einer Suche im Handel erhältlich.

Eine Unschlüssigkeit scheint bei der uneinheitlichen Sprache – Deutsch oder Englisch – auf. So wirkt das Stück auf den ersten Blick wie ein durch die schweizerische Kultur geprägtes Zeugnis, zugleich sind die Anmerkungen im Notentext aber auf Englisch. Anzuregen wäre die Herausgabe einer je rein englischen und rein deutschen Fassung. Der Kontrabasspart liegt sowohl in Orchester- wie in Solostimmung vor, eine Aufführung ist somit nicht abhängig von der jeweiligen Scordatura. Wind strich eine Schattenmelodie ist eine Inspirationsquelle und ein Beispiel transdisziplinärer Kunst – es öffnet Musikern und Zuhören neue Ton- und Worträume.

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Eva Batt: Wind strich eine Schattenmelodie, Duett für Violine und Kontrabass; Stimmen in Partitur, Kontrabass mit zwei Versionen: Normalstimmung und Skordatur Fis H E A, € 27.00, Gilgenreiner, Winterthur, ISMN 979-0-700268-32-9

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