Zwischen Komposition und Spontaneität

Day & Taxi legen mit «Run, the Darkness Will Come!» das zweite Album in der Besetzung Christoph Gallio, Silvan Jeger und Gerry Hemingway vor.

Schon die Liste der Menschen, denen diverse Stücke auf diesem so freudvoll über allerhand Ufer tretenden Album gewidmet sind, deutet an, wie breit gefächert die Interessen und Verbindungen von Day & Taxi sind. Sie reicht von Jack Bruce, einst Bassist beim Rock-Trio Cream, das die Begriffe «laut» und «hart» neu definierte, über den Fluxus-Künstler Robert Filliou, den Filmer Jean-Luc Godard und die Zürcher Kunstmalerin Corinne Güdemann bis hin zum New Yorker Experimental-Impresario Kip Hanrahan. Day & Taxi wurde vor rund drei Dekaden von den beiden Saxofonisten Christoph Gallio und Urs Blöchlinger formiert. Seither haben intensive Schaffensperioden mit verschiedenen Trio-Formationen immer wieder abgewechselt mit längeren Stillen. Nach Devotion (2019) ist Run, the Darkness Will Come! das zweite Album in der Besetzung von Gallio mit Silvan Jeger (Kontrabass, Shrutibox, Stimme) und Gerry Hemingway (Schlagzeug, Perkussion). Während der 37-jährige Multi-Instrumentalist Jeger sich auch mit Ambient und Pop beschäftigt und nebst der Gruppe Uassyn unter anderen dem Reto-Suhner-Quartett angehört, umfasst die Diskografie von Hemingway (Jahrgang 1955) nahezu 200 Werke zum Beispiel mit Anthony Braxton (dessen Quartett er elf Jahre lang angehörte), Marilyn Crispell, Don Byron und John Cale.

Das Programm beginnt mit dem Titelstück, dessen locker swingender Bass-Riff in einem ersten Solo raffiniert seziert wird. Hart auf dessen Fersen folgt Gallios erster Höhenflug, unaufhaltsam vorangetrieben von einem virtuosen Schlagzeug, dem praktisch mit jedem Takt ein frisches Detail einfällt, ohne dass je der knackige Beat vergessen ginge. Das Stück liefert insofern das Muster für die längeren Kompositionen, als die Musiker immer und überall aus dem Vollen schöpfen, ob all ihrer Virtuosität aber nie im Zerebralen hängen bleiben. Den Stücken liegen Gallios Kompositionen zu Grunde, die indes viel Raum für Improvisation freihalten. Das Spektrum der Stimmungen ist beeindruckend. Vom verspielten R. F. reicht es über das fast schon rockige Highlight Ego Killer zum meditativen, 57 Sekunden dauernden Infinite Sadness und dem von einem mysteriösen «Drone» unterlegten, brütenden Too Much Nothing. Der Facettenreichtum ist umso erstaunlicher, als das Album in bloss zwei Tagen im Juni 2021 im Badener Studio von Gallios Plattenlabel Percaso entstanden ist.

Quasi wie Kommas und Punkte sind zwischen den Stücken lapidare Kurzgedichte von Autoren wie Thorsten Krämer und Steve Delachinsky eingestreut. Damit kann der Schreiber dieser Zeilen weniger anfangen. Der Freude am Feuerwerk des Austausches von drei begnadeten Künstlern tut das keinerlei Abbruch.

Day & Taxi (Christoph Gallio, Silvan Jeger, Gerry Hemingway): Run, the Darkness Will Come! Percaso 39

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