Quoten für heimische Musik in Österreich

Der ORF hat sich mit den Musikschaffenden Österreichs geeinigt: Unter anderem soll auf dem öffentlich-rechtlichen Jugendsender Ö3 der Anteil österreichischer Musik auf 15 Prozent steigen und eine wöchentliche Show mit dem Fokus auf heimischen Künstlern starten.

Foto: I-vista/pixelio.de

Wie der ORF-Pulikumsrat schreibt sollen ein bereits bestehendes Abkommen mit der österreichischen Musikwirtschaft freiwillig verlängert werden. Der ORF-Generaldirektor  Alexander Wrabetz bekennt sich dabei österreichweit zu 30 Prozent österreichischen Musikanteil und 15 Prozent auf Ö3. Zudem will der ORF mit 100’000 Euro jährlich in den österreichischen Musikfonds zurückkehren, den nationalen Musikpreis Amadeus wieder übernehmen und auf Ö3 eine wöchentliche Scoutsendung österreichischer Talente bringen.

In der Schweiz haben die SRG und die Musikvertreter eine Charta der Schweizer Musik abgeschlossen. Darin verpflichtet sich die SRG, in ihren Programmen einen bestimmten Anteil an Schweizer Produktionen (zum Beispiel Produktionen von neuen Talenten) auszustrahlen. Bei diesem Anteil handelt es sich um einen dynamischen Richtwert, der jedes Jahr neu festgelegt wird.

Strikte Auslegung des Laizismus in Genf

Die Stadtgenfer Schulbehörde verhindert, dass fünf- bis siebenjährige Primarschüler in einer Aufführung von Brittens Noah’s Flood mitwirken. Die Aufführung verletzt nach Auffassung der Behörde die laizistische Verfassung.

Keilschrifttafel des Gilgamesch-Epos mit der Sintflutgeschichte, Britisches Museum. Foto: Timo Roller

Die Direction de l’enseignement obligatoire (DGO), die offensichtlich streng gegen Aktivitäten vorgehen will, die mutmasslich gegen die laizistischen Grundprinzipien der Stadt verstossen, verhindert damit ein Projekt des Genfer Kammerorchesters.

Der Entscheid hat international Kopfschütteln provoziert. So schreibt etwa die Frankfurter Allgemeine Zeitung, nun gerate «Genf unvermittelt in den Ruf, mit dem Laizismus noch pingeliger und fanatischer umzugehen als die Franzosen». Und die Wiener Zeitung spricht von einem «missionarischen Atheismus». Zumal die Flutgeschichte «ein mythisches Menschheitserbe» und nicht an eine einzige Religion gebunden sei.

Sänger sind Schauspieler

Der Meisterkurs Chor von Paul Phoenix im Künstlerhaus Boswil ist einzigartig in der Schweiz. Er bringt Chören bei, unter sich und mit dem Publikum zu kommunizieren.

Paul Phoenix ist ein bekannter britischer Tenor. Bis vor vier Jahren war er Mitglied der King’s Singers aus Cambridge. Die sechs Sänger dieses Vokalensembles sind nicht nur durch die ganze Welt getourt, sie haben mit ihren originellen Crossover-Programmen auch schon mehrere Grammy-Awards gewonnen. Mit dem berühmten Ensemble gastierte Phoenix zweimal in Boswil. Seit er nicht mehr mitsingt, konzentriert er sich auf seine pädagogische Tätigkeit und tritt als begehrter Performance Coach sogar in China auf. Seinen Meisterkurs Chor hat er vor vier Jahren speziell für Boswil entwickelt, er nennt ihn lieber Performance Coaching. Gleichzeitig gründete er die Purple Vocals, einen «Vocal Coaching Service», der auch online Coaching über Skype anbietet: www.purplevocals.com

Am Wochenende vom 8. bis 10. Mai war Phoenix nun bereits zum vierten Mal für einen Meisterkurs in Boswil. Der Kammerchor C21 unter der Leitung von Michael Schraner und das Vokalensemble Cantemus unter der Leitung von Judith Flury liessen sich beraten, ein spannender Lernprozess, der zu einem inspirierten Schlusskonzert führte. «Ich finde, das Künstlerhaus ist mit seiner familiären Atmosphäre ein idealer Ort für einen Chorkurs», meint Phoenix im Gespräch, «hier kann man zusammen arbeiten, essen, Zeit verbringen, und es braucht keine besonderen Instrumente, es ist eigentlich ganz einfach, wir singen zusammen. Das heisst: zusammen atmen, auf Details achten, dynamisch arbeiten.»

Verstehen, erzählen, strahlen

Das Besondere an diesem Meisterkurs ist, dass er nicht von einem Chordirigenten gegeben wird, sondern eben von einem Sänger. Was muss man sich unter Performance Coaching vorstellen? Bedeutet das mehr Show, pfiffige Kleidung, spezielle Chor-Aufstellungen? Paul Phoenix geht es nicht um Show, wie ich bei einem Kursbesuch am Samstagmorgen feststellen konnte, ihm geht es um eine bessere Kommunikation mit dem Publikum. Meist spiele sich alles nur zwischen Choristen und Dirigentin ab, das Publikum werde vergessen.

Das Vokalensemble Cantemus von Judith Flury wird in einer Woche in zwei Konzerten ein originelles Shakespeare-Programm präsentieren, der Chor ist top vorbereitet, es geht in diesem Kurs um den letzten, den Meister-Schliff. Die englische Sprache ist nicht einfach zu singen, vor allem das «th» darf nicht zu einem «t» werden. Three words heisst eine Ballade von Juhani Komulainen: ein sehr ruhiges, klanglich schillerndes Stück Musik. «Ihr singt das wie ein Madrigal in der Kirche. Ich vermisse eure Leidenschaft», greift Phoenix ein, «versteht ihr, was ihr singt? Das ist ein Liebeslied, das zwischen Leidenschaft und Resignation schwankt.»

Phoenix liest den Text vor, rezitiert ihn fast so, als würde er ihn singen, die three words sind: I love you. Und tatsächlich, die 24 Sängerinnen und Sänger beginnen zu erzählen. Sie lösen sich vom Notentext, werden freier, der weiche Chorklang gewinnt an Bedeutung und Kontur. «Weshalb schaut ihr alle so ernst drein?», meint Phoenix in seiner sympathisch humorvollen Art und zieht eine Grimasse. «Lächeln, die Augen müssen strahlen, fühlt euch wohl, habt Vertrauen!»

Tempo, Kommunikation

Es ist sehr schwer, im Chor ruhig liegende Klänge zu singen, ohne intuitiv langsamer zu werden. «Ihr verliert so an Spannkraft, der Ausdruck verschwimmt. Achtet gut darauf, dass ihr im Tempo bleibt.» Und siehe da, trotz Piano und liegendem Klang hört man den Sängern plötzlich gespannt zu. Dann fordert Phoenix die Dirigentin Flury auf, sich ganz hinten in den Saal zu stellen und den Chor von dort aus zu dirigieren. Das wirkt, sie singen deutlich spürbar in den Saal hinaus.

Nicht nur die Sängerinnen und Sänger, auch die beiden Dirigenten bekommen einige Tipps: «Ihr steht üblicherweise ja mit dem Rücken zum Publikum. Wendet euch auch mal um, sprecht mit dem Publikum, begrüsst es und sagt lieber ein paar Sätze zu den Stücken, als dass ihr Programmtexte schreibt. Das wirkt enorm.» Und dann das Intonieren: ab Stimmgabel und vorsingen, oder lieber am Klavier? Phoenix rät zu einer kleinen Mundharmonika oder Stimmpfeife, das sei sicherer als das Singen, man gebe sich so auch keine Blösse.

Sommets Musicaux prämieren Harfenistinnen

Die 15. Ausgabe der Sommets Musicaux de Gstaad hat Anaïs Gaudemard mit dem Prix Thierry Scherz der Stiftung Pro Scientia et Arte und Coline Jaget mit dem Prix André Hoffmann ausgezeichnet.

Anaïs Gaudemard. Foto: Sommets Musicaux

Anaïs Gaudemard hat nach einem Diplom in Harfe und Klavier am Konservatorium von Marseille bei Fabrice Pierre in Lyon studiert. Beim internationalen Harfenwettbewerb in Israel gewann sie 2012 den Spezialpreis für die beste Interpretation von «The Crown of Ariadne» von Murray Schafer. Erste Preise erhielt sie beim Torneo Internazionale die Musica in Rom 2012, beim Festival Musical d’Automne des Jeunes Interprètes und beim Franz Josef Reinl-Wettbewerb in München.

Coline Jaget wurde zunächst von ihrer Mutter Helvia Briggen, der Soloharfenistin bei den Nizza Philharmonikern, unterrichtet. 2003 trat sie am Konservatorium von Nizza in die Klasse von Michèle Vuillaume ein. Sie erlangte dort 2009 ihr Diplom mit Bestnote und Auszeichnung. Am Pariser Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse trat sie in der Folge in die Klasse von Isabelle Moretti ein. Gegenwärtig absolviert sie das letzte Jahr des Masterstudiums.

Der Prix Thierry Scherz würdigt den Mitbegründer und ehemaligen künstlerischen Leiter des Festivals Sommets Musicaux de Gstaad. Er ermöglicht dem Preisträger eine erste CD-Aufnahme mit Orchester und garantiert deren Verbreitung. So hat Anaïs Gaudemard die Gelegenheit, an der Seite des Orchestre de l’Opéra de Rouen Haute Normandie unter der Leitung von Léo Hussain eine CD mit Werken von Nicolai von Wilm, Alberto Ginastera und Einojuhani Rautavaara einzuspielen.

Der mit 5000 Franken dotierte Prix André Hoffmann belohnt die beste Interpretation eines zeitgenössischen Werks. Dieses Jahr handelte es sich um ein Werk des Komponisten in residence der Sommets Musicaux, Ivan Fedele, interpretiert von Coline Jaget.

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