Offener Brief an die EU-Kommission

Kulturschaffende aus Europa appellieren in einem Offenen Brief an Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Sie wollen, dass Online-Plattformen wie Youtube Urheber fair an ihren Einnahmen beteiligen. Der Aufruf kann online unterstützt werden.

Berlaymont-Gebäude, Sitz der EU-Kommission. Foto: Sébastien Bertrand/WikimediaCommons

Die Liste der Unterzeichner ist vielfältig und lang. Dazu gehören unter vielen anderen etwa Mark Andre, Helmut Lachenmann, Moritz Eggert, Siegfried Matthus, Enno Poppe, Enjott Schneider, Charlotte Seither und Ralf Weigand.

Die Komponisten und Textdichter üben Kritik an Online-Plattformen, die Urheber entweder überhaupt nicht oder deutlich unter Wert vergüten. An die Europäische Kommission richten sie den Appell, «rechtliche Schlupflöcher zu schliessen, hinter denen sich die Betreiber bisher verstecken können».

GESAC, der Dachverband der Europäischen Verwertungsgesellschaften, hat eine Online-Petition gestartet, die Urheber und andere Unterstützer unterzeichnen können. Die GEMA begrüsst die europaweite Protestkampagne und ruft die Komponisten und Textdichter, die sie vertritt, sowie auch alle anderen Kultur- und Kreativschaffenden dazu auf, den Appell an die Europäische Kommission zu unterstützen.

Mehr Infos: www.makeinternetfair.eu

Youth Classics auf der Musikinsel

Vom 16. bis 26. Juli vertiefen etwa 80 junge Musikerinnen und Musiker aus aller Welt ihr Spiel in einem Aus- und Weiterbildungsseminar, das von Philip A. Draganov geleitet wird. Höhepunkte bilden die Konzerte in Zürich und Schaffhausen.

Konzertvorbereitung mit Philip A. Draganov an den Masterclasses 2014. Foto: Youth Classics

Zum siebten Mal führt Youth Classics, der Verein zur Förderung junger hochbegabter Künstler der klassischen Musik, sein International Music Festival and Masterclasses durch. Vom 16. bis 26. Juli werden auf der Musikinsel Rheinau rund 80 Studentinnen und Studenten aus der Schweiz und der ganzen Welt erwartet. Als neue Dozenten konnte Philip A. Draganov, der künstlerische Leiter von Youth Classics, zwei Vertreter des Tonhalle-Orchesters Zürich gewinnen, Konzertmeister Andreas Janke und Solocellist Thomas Grossenbacher, sowie den Viola-Hochschuldozenten Matthias Buchholz. Neben diesen gehören wie schon im Vorjahr Louise Hopkins, Rebecca Firth, Dora Schwarzberg, Jose J. Flores und Tim Kliphuis zum Dozententeam.

Die Masterclasses sind jeweils ein Höhepunkt im Jahresprogramm von Youth Classics. Dazu gehören die öffentlichen Konzerte, in denen sich die jungen Talente auf Prüfungen und Wettbewerbe vorbereiten. Zu hören sein werden sie am 23. Juli in der Schaffhauser Rathauslaube, am 25. Juli mit dem Abschlusskonzert an der Musikschule Konservatorium Zürich und schliesslich am 16. September im Galakonzert im Toni-Areal in Zürich.

Youth Classics wurde als Non-Profit Organisation im Jahre 2011gegründet. Die Gründer Philip A. Draganov und Remo Schällibaum, Präsident, wollen Nachwuchskünstler der klassischen Musik nachhaltig unterstützen. Ihnen liegen, wie die Organisation schreibt, «vor allem diejenigen Jungkünstler am Herzen, die ihr Talent und ihre Leidenschaft für die wahre Musik zuweilen aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht wunschgemäss weiterentwickeln können.»


www.youth-classics.com

 

Eingaben für serbischen Kompositionswettbewerb

Der serbische Komponisten- und Komponistinnen-Bund bittet darum, für die 24. Ausgabe des Festivals International Review of Composers in Belgrad (im Februar 2017) bis zum 20. Oktober Kompositionen einzuschicken.

Belgrad. Foto: Aleksej Beloborodov

Gefragt sind Werke für Symphonieorchester, Frauenchor a capella, Ensembles (1 bis 9 Instrumente) oder Sologesang. Einzelne Komponisten und Komponistinnen können bis zu zwei Kompositionen (die in den letzten drei Jahren geschrieben wurden) in mehreren Kategorien einschicken: Einsendeschluss ist der 20. Oktober 2016.

Mehr Infos: composers.rs/en/?p=2449

Erfolgreiche Schweizer Blasmusik-Dirigenten

Zwei Schweizer standen im Final der 1st International Conductors’ Competition Augsburg, in der es um die Sinfonische Blasmusik ging. Durchgesetzt hat sich allerdings der Hongkonger Mitkonkurrent Adrian Sit.

(v.l.n.r.): Stefan Roth, Adrian Sit, Laurent Zufferey (Foto: Siegfried Kempf)

Nach mehreren Wettbewerbsrunden mit dem Sinfonischen Blasorchester des Leopold-Mozart-Zentrums der Universität Augsburg, der Concert Band der Bayerischen Brassband Akademie (3BA) und mit den Augsburger Philharmonikern hatten sich aus den insgesamt 48 Teilnehmerinnen und Teilnehmern drei Dirigenten für das Finale qualifiziert: Adrian Sit aus Hong Kong sowie Laurent Zufferey und Stefan Roth, beide aus der Schweiz.

Im ersten Teil des Finalabends mussten sie ihr Können vor den Besuchern im Augsburger Kongress am Park und vor der dreiköpfigen Jury (neben Scheibling Atso Almila, Helsinki, und Domonkos Héja, Augsburg) in jeweils rund fünfzehnminütigen Dirigaten nochmals unter Beweis stellen. Schlagtechnik, Interpretation, Ausstrahlung und die Fähigkeit zum Dialog mit dem Orchester waren die vier zentralen Bewertungskriterien.

Der erst 22-jährige Schweizer Laurent Zufferey erlangte mit dem einsätzigen Werk «Traveler» von David Maslanka Platz drei, Stefan Roth wurde mit James Barnes‘ «Fantasy Variations» über ein Thema von Paganini Zweiter. Ganz oben auf das Podest stellte die Jury Adrian Sit, der im Finale «Entornos» von Amando Blanquer Ponsoda interpretiert hatte. Die Preisverleihung war eingebettet in ein Gala-Konzert mit dem Musikkorps der Bundeswehr unter der Leitung von Chefdirigent Christoph Scheibling.
 

Vergabe von Atelierstipendien und Beiträgen

Zahlreiche Kunstschaffende, darunter viele Musikerinnen und Musiker, erhielten Atelierstipendien von der Landis & Gyr Stiftung. Künstlerinnen und Künstler aus dem Aargau werden mit finanziellen Beiträgen unterstützt.

Die Landis & Gyr Stiftung betreibt ein Atelier in Budapest. Foto: Lars Paege/pixelio.de

Die Landis & Gyr Stiftung hat die Stipendiatinnen und Stipendiaten für die Atelierstipendien London, Zug und Budapest 2016 bis 2018 bekanntgegeben. Auf Antrag seiner Fachexperten hat der Stiftungsrat total 25 Atelierstipendien in den Bereichen Visuelle Kunst, Literatur, Komposition, Kulturkritik und Übersetzung verliehen. Die Stipendien umfassen die unentgeltliche Benutzung einer Wohnung, einen Beitrag an die Reisekosten sowie einen monatlichen Lebenskostenzuschuss. Aus dem Musikbereich wurden folgende Personen ausgewählt für London: Jacques Demierre, Marie-Cécile Reber, Charlotte Hug Raschèr und Mela Meierhans (Komposition) sowie Peter Fischer, Tobias Gerber Susanne Neubauer Laurence Schmidlin Hilar Stadler und Luzia Stettler (Kunst-/Literaturkritik); für Budapest: Thomas K.J. Mejer (Komposition)

Das Aargauer Kuratorium hat an seiner Sitzung vom 29. Juni Beiträge von insgesamt fast 520 000 Franken gesprochen. Damit werden 65 Gesuche aus allen Fachbereichen unterstützt. Sie verteilen sich wie folgt:
Bildende Kunst und Performance: 40 000 Franken
Jazz und Rock/Pop: 192 190 Franken
Klassik: 75 250 Franken
Literatur: 12 000 Franken
Regionale Kulturveranstalter: 49 500 Franken
Theater und Tanz: CHF 151 000 Franken

Die detaillierte Aufstellung unterstützter Projekte findet sich hier:
www.aargauerkuratorium.ch/aktuell/aktuell-detail/news/beitragssprechung-vom-29-juni-2016

Verena Andel löst Regula Stibi ab

Die 37-jährige Verena Andel übernimmt anfangs Oktober die Leitung des Bereichs Weiterbildung und Dienstleistungen an der Hochschule der Künste Bern. Regula Stibi wechselt nach Zürich.

Verena Andel. Foto: zVg/HKB

Wie die HKB mitteilt, ist Andel Musikwissenschaftlerin mit einer Weiterbildung in Theater- und Musikmanagement und war zuletzt am Career College der Universität der Künste Berlin tätig. Sie tritt per 1. Oktober 2016 die Nachfolge von Regula Stibi an, welche die HKB Anfang Juli verlässt und an der Zürcher Hochschule der Künste die Leitung des Zentrums Weiterbildung übernehmen wird. In der Zwischenzeit wird Andrea Ferretti, Leiterin der internen Weiterbildung an der HKB, den Bereich interimistisch leiten.

Als Projektkoordinatorin und stellvertretende Verwaltungsleiterin am Career College der Universität der Künste Berlin habe Verena Andel breite Erfahrung im Aufbau und Management von Weiterbildungsprogrammen in den Künsten gewonnen, die ihr in ihrer neuen Tätigkeit an der HKB zugute kommen werden, schreibt die HKB.

Die Weiterbildung an der HKB ist fachbereichsübergreifend als Querschnittsbereich organisiert. 6 Master of Advanced Studies und 40 Certificates of Advanced Studies werden im Turnus angeboten und sind thematisch entlang von Weiterbildungsschwerpunkten konzipiert. Die Weiterbildung arbeitet eng mit den Fachbereichen und der HKB-Forschung zusammen und kooperiert sowohl mit anderen Departementen der Berner Fachhochschule als auch mit wichtigen Partnern und Verbänden im Kanton Bern.
 

Deutschland will Kulturausgaben erhöhen

Der Kulturetat des Bundes steigt in Deutschland 2017 voraussichtlich um 5,8 Prozent. Das Kulturbudget des Bundes beträgt damit rund 1,35 Milliarden Euro.

Foto: Dirk Kruse /pixelio.de

Mehr Geld soll unter anderem für die Filmförderung (15 Millionen Euro) fliessen sowie in die Stiftung Preussischer Kulturbesitz (6 Millionen Euro) und die Deutsche Welle (7,5 Millionen Euro). Mit 4 Millionen Euro wird zum Ersten Mal die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit vor allem in Bundesministerien unterstützt.

Der Haushaltsentwurf sieht laut der Mitteilung des Bundespresseamtes 6 Millionen Euro zusätzlich vor, um die Stiftung Preussischer Kulturbesitz abzusichern. Die Förderung der Stiftung Preussische Schlösser und Gärten wird 2017 um rund 660’000 Euro aufgestockt, die der Klassik Stiftung Weimar um knapp 620’000 Euro. Die Länder müssen hier die Erhöhungen mitfinanzieren, damit die Bundesmittel ausgezahlt werden können. Auch für den Berliner Martin-Gropius-Bau stehen 500’000 Euro zusätzlich bereit.

Die Förderung von Projekten zum deutschen literarischen Erbe, zum literarischen Leben in Deutschland sowie zur deutschen Sprache hat die Staatsministerin 2017 auf 1 Million Euro erhöht und damit nahezu verdoppelt.
 

Klassik und Oper mit hohem Entwicklungspotenzial

Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) begrüsst die Ergebnisse der «Concerti Klassikstudie 2016». Entgegen früherer Annahmen und Untersuchungen besagt die neue Studie unter anderem, dass klassische Musik gerade bei jüngeren Menschen ein sehr hohes Potenzial hat.

Photographee.eu/fotolia.com

Besonders erfreulich und überraschend ist laut DOV-Geschäftsführer Gerald Mertens das Studienergebnis, dass in der Altersgruppe zwischen 20 und 29 Jahren die Menschen sogar häufiger ins Konzert gehen (78,7 Prozent), als in der Altersgruppe zwischen 50 bis 59 Jahren (60,7 Prozent). Es scheine so, dass der massive Ausbau der Musikvermittlung durch Orchester und Konzerthäuser in den letzten 15 Jahren jetzt erste Früchte trage.

Auch die jahrzehntelange Breitenarbeit der Musikschulen spiegle sich hier offenbar wieder. Von einer vielfach kolportierten Überalterung des Klassik-Publikums oder gar dem Sterben der klassischen Musik könne also ernsthaft keine Rede mehr sein, so Mertens weiter. 

Mertens konstatiert: «Die jungen Klassikhörer ticken anders als die älteren. Für Orchester und Konzerthäuser gibt es damit neue Herausforderungen, das Entwicklungspotential der jüngeren Generation durch innovative Konzertangebote, gezieltes Aufbrechen traditioneller Formate und durch zeitgemässes Marketing zu nutzen.» 

Infos: Die concerti Klassikstudie 2016 «Typisch Klassik!» wurde durchgeführt von der Hamburg Media School in Kooperation mit concerti und ist unter www.klassikstudie.de erhältlich.

Eva Inversini Solothurner Kulturchefin

Der Regierungsrat des Kantons Solothurn hat die Grenchner Kunsthausleiterin Eva Inversini zur Chefin des Amtes für Kultur und Sport ernannt. Sie übernimmt die Aufgabe per 1. Februar 2017 und löst Cäsar Eberlin ab, der in den Ruhestand tritt.

Eva Inversini (Bild: Kanton Solothurn)

Eva Inversini ist seit 2008 künstlerische Leiterin am Kunsthaus Grenchen. Ursprünglich liess sie sich zur Lehrerin für die Volksschule ausbilden und erlangte 1996 das Lehrpatent. Danach absolvierte sie das Studium in Kunstgeschichte mit Betriebswirtschaftslehre im Nebenfach an der philosophisch-historischen Fakultät der Universität Bern, das sie im 2006 mit dem Lizentiat beendete.

Nebst ihrer aktuellen Aufgabe als künstlerische Leiterin am Kunsthaus Grenchen ist sie im Nebenamt unter anderem Mitglied des Stiftungsrates der Rosmarie und Armin Däster-Schild Stiftung Grenchen, sie engagiert sich als Gastdozentin an der Hochschule Luzern und als Mitglied verschiedener Jurys.

Vor ihrer Tätigkeit in Grenchen war Eva Inversini als Spezialistin für die Abteilung Visuelle Künste bei der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia und wissenschaftliche Assistentin bei der Bundeskunstsammlung sowie als interimistische Leiterin Kunsthaus Langenthal tätig.

Projektierungskredit für Salle Modulable

Der Luzerner Regierungsrat und der Stadtrat von Luzern beantragen ihren Parlamenten insgesamt einen Beitrag von 9.97 Millionen Franken für die Projektierung des neuen Theatergebäudes am Standort Inseli direkt neben dem KKL.

Fotomontage: Neues Theater Luzern/Salle Modulable am Standort Inseli. www.sallemodulabe.ch

Mit dem Geld sollen offene Fragen geklärt, die Kosten optimiert und das Gebäude fertig geplant werden. Total belaufen sich die Projektierungskosten laut der Medienmitteilung auf rund 12 Millionen Franken, an denen sich neben Kanton und der Stadt Luzern auch die Stiftung Salle Modulable mit 2 Millionen beteiligt.

Gleichzeitig wird am Betriebskonzept und an verschiedenen Teilprojekten unter Einbezug der beteiligten Kulturinstitutionen weiter gearbeitet. Voraussichtlich am 27. November 2016 werden die Stimmberechtigten der Stadt über ihren Anteil am Projektierungskredit sowie den Standort Inseli abstimmen. Bis Ende 2018 sollen die Parlamente und bis Ende Juni 2019 die Stimmberechtigten von Kanton und Stadt über die Kredite für die Realisierung des neuen Gebäudes befinden können.

Die Kosten für bauliche Massnahmen werden aus heutiger Sicht auf 208 Millionen Franken geschätzt (inklusive Grundstückskosten: geschätzter Wert des Baurechtes 20 Millionen Franken). Für die Finanzierung des Gebäudes auf dem Inseli wird die Stiftung Salle Modulable 80 Millionen Franken zur Verfügung stellen. Dies ist der Betrag, der von der bedingten Schenkung (120 Millionen Franken von der Butterfield Trust (Bermuda) Ltd.) nach Abzug der für das Projekt anfallenden Rechts-, Planungs- und weiteren administrativen Kosten zur Verfügung stehen wird.

Weitere 35 Millionen Franken an Spendengeldern sollen durch die beteiligten Kulturpartner, die Stiftung Salle Modulable und private Dritte gesammelt werden. Stadt und Kanton Luzern übernehmen somit 93 Millionen Franken (inklusive Baurecht, geschätzter Wert: 20 Millionen Franken). Betrieb und Unterhalt werden aus heutiger Sicht auf jährlich rund 31 Millionen Franken geschätzt.

Deutscher Musikrat besorgt über Freihandelspolitik

Die EU-Kommission plant nach Aussagen Jean-Claude Junckers, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada ohne Einbindung der nationalen Parlamente zu verabschieden. Der Deutsche Musikrat ist besorgt.

waldemarus / fotolia.com

Die Strategie könnte laut dem Deutschen Musikrat beunruhigende Konsequenzen für die europäische Kulturpolitk haben. Das Freihandelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada gilt als Vorbild für TTIP, das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Laut Martin Maria Krüger, dem Präsidenten des Deutschen Musikrates ist eine Beteiligung der nationalen Parlamente für die Entscheidung über CETA gerade auch im Hinblick auf die laufenden Verhandlungen zu TTIP unverzichtbar.

Die Europäische Union müsse, so Krüger, den nationalen Parlamenten ihre demokratischen Mitwirkungsrechte gewähren, um bei den Bürgerinnen und Bürgern Akzeptanz zu finden. Es dürfe bei der Abstimmung nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Vielfalt des Musiklebens durch CETA in der vorliegenden Fassung grundlegend gefährdet wäre.

USA und Kanada haben andere Systeme der Kulturförderung als die europäischen Länder. Kulturpolitiker befürchten, dass mit den Freihandelsakommen die typisch europäischen staatlichen Subventionssysteme für Kultur unter Druck geraten könnten, weil sie für die Amerikaner als Hemmnisse für den freien Handel betrachtet werden.
 


Zum Thema TiSA/TTIP fand am 14. Juni 2016 in Bern eine Veranstaltung der Parlamentarischen Gruppen Musik und Kommunalpolitik statt.

Den Bericht der Schweizer Musikzeitung in der Ausgabe 07-08/2016, S. 23, können Sie hier herunterladen (PDF).

 

Projekt «Nationaloper» in Berlin

Ausgerechnet am Tag des Brexit-Referendums stand das Thema Nationalgefühl im Mittelpunkt eines experimentellen Musiktheaterabends im Berliner Radialsystem.

Drei Künstlergruppen aus Deutschland, Ungarn und aus der Schweiz beschäftigten sich mit einem jeweils für das Land repräsentative Opernwerk – sofern es denn eines gibt. Von den Schweizern wurde in Ermangelung eines solchen stattdessen der Schweizerpsalm, der Bundesbrief und das Schweizer-Sein an sich in einer recht derb-körperlichen Art theatral umgesetzt. Doch der Reihe nach.

Distanziert mit «Freischütz»

Die Berliner Opernkompanie Novoflot widmete sich im ersten Teil der «ersten deutschen Nationaloper», dem Freischütz von Carl Maria von Weber (1786–1826). Die romantisch-düstere Geschichte um den Erbförster Kuno, die Försterstochter Agathe und den Jägersburschen Max wird der Frage gemäss inszeniert: Wer von ihnen macht wohl das Rennen? Drei kleine Mädchen machen sich Notizen auf Wettzetteln. Ein Posaunenchor spielt Geräuschhaftes unter Einsatz der Dämpfer. Ein Sprecher kommentiert das sportliche Geschehen, während die Sänger loslaufen, ihre Arien singen, stolpern und tot hinfallen.

Später nehmen sie die Position von Punktrichtern ein, die die sportliche Leistung bewerten. Ein eleganter junger Mann mit Zopf, vielleicht der junge Karl Lagerfeld, baut derweil das typisch deutsche Bühnenbild auf. Ein ausgestopfter Adler. Eine Dartscheibe mit nordischem Schiffsmotiv. Ein Wäscheständer, ein leerer Kühlschrank, eine Telefonzelle von der Telekom.

In reduzierter Form, zwischen Operngesang und Schauspielerstimmen changierend, werden die Gassenhauer des Freischütz hier geboten, was während eines Moments mit der ungewöhnlichen Kombination von Bassklarinette und Melodica besonders mitreissend gelingt. Ein grosser Augenblick ist der Auftritt des Kinderchors, wenn sich der ganze Bühnenraum plötzlich mit dieser Vielzahl von Mädchenkörpern und mit ihren zarten Stimmen füllt. Und doch gerät dieser Freischütz etwas zu lang, zu statisch und häufig zu ungenau in Timing und Artikulation. Während Ännchen und Agathe geschäftig von einer Seite der Bühne zur anderen eilen, in Kühltaschen wühlen und dabei Unverständliches singen, fühlt man sich gar zu sehr an die üblichen Operninszenierungen erinnert und merkt nichts mehr davon, dass man sich hier in einem besonderen Musiktheaterexperiment befinden soll. Und was war das jetzt eigentlich mit der Nationalität? Die Frage bleibt bei diesem Freischütz seltsam unberührt.

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«Freischütz» der Berliner Opernkompanie Novoflot. Foto: Falko Siewert

Ratlos mit Heidi

Und nun also der Schweizerpsalm der Zürcher Theatergruppe kraut_produktion. Auf der Bühne Bierbänke, darauf grüne und rote Abstimmungskarten. Blumentöpfe mit Heckengewächsen verstellen den Blick. Irgendwo sind Tombolapreise aufgebaut, an einem anderen Tisch sitzen die Darsteller und trinken. Schweizer sprechen schlechtes Englisch auf Unternehmenssitzungen, erfährt man, und sie schämen sich dafür, dass es ihnen so gut geht, deswegen versuchen sie möglichst nicht aufzufallen. Auf der Leinwand laufen Werbefilme für die Schweiz und für Parteien oder Menschen, die man wählen könnte.

Das Mitmach-Theater beginnt, mit Losverkauf und Damenwahl. Die beiden Frauen Wändy und Sändy spielen alberne Schenkelkrachersketche. Die viel zu laut eingestellte Anlage plärrt einem ins Ohr, und die Energie dieses halb improvisierten Aktionstheaters will sich nicht so recht übertragen. Irgendwann pissen alle Darsteller in eine Zinkrinne auf der Bühne. Penetrant plärrt eine Darstellerin, sie sei die Heidi und käme jetzt zurück aus Frankfurt zum Grossvater. Sie lässt sich mit einer Melkmaschine melken, die gewonnene Muttermilch wird zu Butter gemacht, die sich die Darsteller gegenseitig ins Gesicht schmieren. Irgendwie geht es auch um die Verantwortung des Einzelnen für die Gemeinschaft, vielleicht auch für diese Theatersituation. In all diesen Schweizer Klischees zwischen Heidi, Pisse und Milch ist von einem Gemeinschaftsgefühl jedenfalls nicht viel zu spüren, das hat eher den Anstrich von Wut und Selbstverachtung. Das Berliner Publikum bleibt da etwas ratlos zurück.

Gemeinsam berührt von «Bánk bán»

Ganz anders die Inszenierung der ungarischen Gruppe Krétakör. Auf der Bühne steht ein Grenzzaun der gleich zu Beginn fällt, von den Darstellern gemeinsam niedergerissen.
Die vielen jungen Menschen von Krétakör, die sich selbst als «Aktivisten» und nicht als Theaterkünstler bezeichnen, setzen sich in ihrem Stück mit der Oper Bánk bán* des Komponisten Ferenc Erkel (1810–1893) auseinander, die in drei Akten die Geschichte von der Ermordung der Königin Gertrud durch ungarische Adlige erzählt. Für ihre Annäherung (und Distanzierung) brauchen die Darsteller nicht viel. Auf der Bühne ist ein Pianist mit einem E-Piano, der die Musik aus der Oper in reduzierter Fassung zum Besten gibt. Die Darsteller spielen die Szenen der Oper nach, indem sie einfache Konstellationen und Posen einnehmen und in Kurzfassung die Texte wiedergeben. Für das deutsche Publikum wird das Wichtigste auf Englisch zusammengefasst. Im Hintergrund ist eine Videoleinwand, auf der historische Fotos, Bilder mit aktuellen Bezügen und Filmausschnitte zu sehen sind.

Ausgehend von der Opernhandlung ziehen die Aktivisten Parallelen zu aktuellen Ereignissen in Ungarn, von gedeckten Vergewaltigungen an der Universität über die Ungleichbehandlung von Frauen bis hin zur Ausgrenzung von Fremden, dem Misstrauen gegenüber Europa als Fremdherrschaft und dem Schüren von Hass durch die Stärkung des althergebrachten Nationalgefühls. Eine sehr viel schönere Fassung einer Nationaloper entwirft Krétakör, indem zu einer auf fünf Minuten komprimierten Klavierfassung von Bánk bán ein Film läuft, der die Gesichter ganz verschiedenerr Menschen unterschiedlichen Alters aus dem heutigen Ungarn zeigt. Ein einfaches Mittel, das seine berührende und verbindende Wirkung jedoch nicht verfehlt.

Schliesslich stellen die Aktivisten Fragen an das Publikum, und obwohl es im Raum heiss ist und der Abend schon weit fortgeschritten, beginnen die Zuschauer allmählich, sich diesen jungen Menschen zu öffnen und die Fragen zu beantworten. Was man tun würde, wenn man der Bürgermeister dieser Stadt wäre. Ob Künstler eigentlich wichtig für die Gesellschaft sind. Wenn es eine geheime Zutat für Gemeinschaften gibt, welche das ist. Respektvoll, verletzlich und ernsthaft stellen die Aktivisten von Krétakör ihre Fragen und lassen so eine Atmosphäre entstehen, in der etwas von der gesuchten Gemeinschaft spürbar wird – und von der Verantwortung des Einzelnen. Als zartes Pflänzchen, als mögliche Utopie, ganz abseits von jedem Nationalgefühl.

 

* Der deutsche Titel der Oper lautet: Banus Bánk. Banus ist die Bezeichnung für einen reichen Herrn. Der Stellvertreter des ungarischen Königs heisst in der Oper Bánk.

Ursula Bagdasarjanz spielt Schoeck

Aus Anlass des Othmar Schoeck-Festivals in Brunnen (1. bis 11. September 2016) hat die Schweizer Violinistin Ursula Bagdasarjanz eine Videoproduktion mit historischen Aufnahmen ins Netz gestellt.

Ursula Bagdasarjanz um 1960. Foto: Ursula Bagdasarjanz, Herrliberg/Zürich (wikimedia commons),Foto: Zur Verfügung gestellt von Ursula Bagdasarjanz,SMPV

Die Schweizer Geigerin Ursula Bagdasarjanz (*1934 in Winterthur) hat im Verlaufe ihrer Karriere das gesamte Violinwerk von Othmar Schoeck in zahlreichen Konzerten und an Radiostationen im In- und Ausland aufgeführt. Als besondere Rarität gelten die drei Sonaten, die Ursula Bagdasarjanz stets mit Gisela Schoeck, der Tochter des Komponisten, am Klavier aufgeführt hat. Auf den untenstehenden CD-Einspielungen und im folgenden Video mit dem Allegretto aus Schoecks Violinkonzert in B-Dur op. 21 sind die hochstehenden Interpretationen auch heute lebendig und greifbar. 

Ursula Bagdasarjanz wurde 2013 für ihre Wiedergabe fremder und eigener Werke, so auch für ihre Interpretation des Violinkonzertes von Othmar Schoeck, mit einem «Special Tribute Treasury Show» der kalifornischen Stanford University geehrt.

www.ursula-bagdasarjanz.com
 


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Othmar Schoeck: Variations Sonata for Violin & Piano
in D Major WoO 22 – Sonata No. 1 for Violin & Piano
in D Major op. 16 – Sonata No. 2 for Violin & Piano
in E Major op. 46.
Ursula Bagdasarjanz, Violin – Gisela Schoeck, Piano.
VDE-Gallo 1249

 

 

 

Auf Anregung von Christian Busslinger (siehe Kommentar unten) publizieren wir hier gerne ein Foto, das die beiden Interpretinnen Gisela Schoeck (links) und Ursula Bagdasarjanz in Berlin zeigt. Das Bild entstand 1961 anlässlich von Radioaufnahmen. Es stammt aus dem Archiv von Ursula Bagdasarjanz. Die Redaktion der SMZ dankt ihr herzlich für die Publikationserlaubnis.

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Gisela Schoeck (links) und Ursula Bagdasarjanz 1961 in Berlin

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Othmar Schoeck: Violin Concerto «Quasi Una Fantasia»
for Violin & Orchestra in B-Flat Major op. 21
Francesco d’Avalos, dir.

Alexander Glasunov: Violin Concerto in A Minor op. 82
Ursula Bagdasarjanz, Violin – Lugano Radio Orchestra,
Leopoldo Casella, dir..
 

Cannonsoul gewinnt Swiss Jazz Award 2016

Patrick Bianco’s Cannonsoul sind die Gewinner der zehnten Durchführung und Jubiläumsausgabe des Swiss Jazz Awards in Ascona. Mit dem Preis verbunden sind mehrere Auftritte in der Schweiz.

Bild: JazzAscona)

Patrick Bianco’s Cannonsoul vermochten laut der Mitteilung des Festivals «mit ihrem hervorragenden Zusammenspiel, ihrer starken Bühnenpräsenz und den überraschenden Soli» Publikum und Jury zu überzeugen.

Die drei Finalisten – nebst den Gewinnern waren dies das Marianne Racine Quartet und Sam Burckhardt – hatten sich in einem mehrwöchigen Online-Voting für den Swiss Jazz Award 2016 qualifiziert. Während der vergangenen fünf Tage traten sie an verschiedenen Orten am JazzAscona live auf.

Zusätzlich zum Award erhalten die Gewinner Auftrittsmöglichkeiten an Schweizer Festivals, unter anderem am Festival da Jazz in St. Moritz am 7. August 2016 und am JazzAscona 2017, sowie in Schweizer Jazz Clubs.

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