Bund unterstützt Kultur weiter

Der Bundesrat verlängert die Unterstützung des Kultursektors um vier Monate bis am 20. September.

Rainer Sturm / pixelio.de (Nachweis siehe unten)

An der heutigen Sitzung hat der Bundesrat entschieden, die Covid-Verordnung Kultur um vier Monate zu verlängern. Als Grund nennt er in der heutigen Medienmitteilung die Tatsache, dass die Auswirkungen des Coronavirus auf den Kultursektor deutlich über die Geltungsdauer dieser Unterstützung hinausgingen. Sämtliche Grossveranstaltungen mit mehr als 1000 Personen blieben bis mindestens Ende August 2020 verboten und zahlreiche Kulturinstitutionen müssten bis mindestens am 8. Juni geschlossen bleiben. Zu den am 20. März gesprochenen Mitteln schreibt er: «Der Gesamtbetrag bleibt vorerst bei 280 Millionen Franken. Neu werden aber Mittel, die bisher für die Finanzierung der zinslosen Darlehen für Kulturunternehmen verwendet wurden, teilweise den Ausfallentschädigungen zugewiesen. Bis jetzt sind Gesuche um Unterstützung in der Höhe von 234 Millionen Franken eingegangen.»

Bildnachweis – Link zum Bild

Dieses Jahr kein ARD Musikwettbewerb

Der Internationale Musikwettbewerb der ARD vom 31. August bis 18. September 2020 findet nicht statt. Der Wettbewerb in den Fächern Flöte, Posaune, Streichquartett und Klavier wird auf das Jahr 2022 verschoben.

Die Bühne für den Wettbewerb bleibt dieses Jahr leer. Foto: ARD

Auch eine zweimalige Verlängerung der Anmeldefrist habe die diesjährige Ausgabe nicht retten können. Ob Ende August die Reisemöglichkeiten der Kandidatinnen und Kandidaten sowie der Jurymitglieder gewährleistet wären, sei völlig ungewiss – angesichts der Internationalität dieses Wettbewerbs mit Teilnehmern aus unzähligen Ländern von vier Kontinenten jedoch unbedingte Voraussetzung, heisst es in der ARD-Mitteilung.

Die Fächerkombination des diesjährigen Wettbewerbs (Flöte, Posaune, Streichquartett und Klavier) wird auf die 71. Ausgabe des Wettbewerbs (29. August – 16. September 2022) verschoben. Die diesjährigen Bewerberinnen und Bewerber können sich dann wieder anmelden, auch wenn sie bis dahin die für 2020 geltende Altersgrenze schon überschritten haben – eine einmalige, der ausserordentlichen Situation geschuldete Kulanzregelung.

Auch das seit 2001 jährlich stattfindende Festival der ARD-Preisträger mit 14 Konzerten vom 9. bis 23. Mai 2020 im süddeutschen Raum muss entfallen. Alternativ gestalten Preisträgerinnen und Preisträger vergangener Jahrgänge am Montag, den 25. Mai 2020 ein Studiokonzert ohne Publikum im Bayerischen Rundfunk, das im Radio auf BR-KLASSIK und im Videostream auf br-klassik.de/concert ab 20.05 Uhr live übertragen wird.
 

Ansturm von Finanzhilfe-Gesuchen

Die Fachstelle Kultur des Kantons Zürich erlebt gegenwärtig einen eigentlichen Ansturm von Finanzhilfe-Gesuchen von Kulturschaffenden. In den letzten 20 Tagen sind bei der Fachstelle Kultur 544 Gesuche für eine Ausfallentschädigung oder Soforthilfe eingetroffen.

Foto: Nikolai Voelcker / unsplash (s. unten)

Seit rund drei Wochen können Kulturschaffende bei den kantonalen Fachstellen Kultur Unterstützungsgesuche stellen. Die beantragte Schadenssumme beträgt bereits jetzt über 42 Millionen Franken. 366 Gesuche stammen von Kulturschaffenden, 105 von gewinnorientieren und 73 von nicht gewinnorientierten Kulturunternehmen. Die Anträge stammen aus dem gesamten Kulturbereich, aus dem ganzen Kantonsgebiet, aus allen Kultursparten. Eingereicht wurden sie von Einzelpersonen, Gruppen und Unternehmen.

Die Höhe der einzelnen Anträge variiert stark und reicht vom kleinen dreistelligen bis zu siebenstelligen Beträgen. Das Total der beantragten Schadenssumme für die 544 Gesuche beträgt aktuell 42,2 Millionen Franken. Gemäss Verordnung des Bundes läuft die Eingabefrist noch bis zum 20. Mai.

Das Hilfspaket von maximal 20 Millionen Franken Ausfallentschädigungen aus dem Lotteriefonds, das der Regierungsrat des Kantons Zürich am 18. März für den Kulturbereich geschnürt hat, richtet sich ausschliesslich an nicht gewinnorientierte Kulturunternehmen. Der Regierungsrat hat nun diese Woche entschieden, dem Kantonsparlament einen Nachtragskredit von 13,25 Millionen Franken für Ausfallentschädigungen an gewinnorientierte Kulturunternehmen zu beantragen.
 

Der glorreiche Augenblick

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die Kantate «Der glorreiche Augenblick».

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Was wohl Beethoven gesagt hätte, als Robert Schuman am 9. Mai 1950 in einer Erklärung die ersten Schritte für ein vereintes Europa formulierte? Der Friede der Welt könne nur durch schöpferische Anstrengungen gewahrt werden, und: «Europa lässt sich nicht mit einem Schlage herstellen und auch nicht durch eine einfache Zusammenfassung. Es wird durch konkrete Tatsachen entstehen, die zunächst eine Solidarität der Tat schaffen.» Auch 70 Jahre später haben diese Worte des damaligen französischen Aussenministers ihre Berechtigung. In gewissem Sinne sind sie auch aus den Erfahrungen des frühen 19. Jahrhunderts abgeleitet, als nur die Gemeinschaft vieler Nationen Napoleon und seinen Truppen Einhalt gebieten konnte. Dass der bald folgende, neu ordnende Wiener Kongress nicht die Hoffnungen all jener Menschen erfüllte, die Opfer gebracht hatten, steht auf einem anderen Blatt …

Für die Donaumetropole waren die Jahre 1814/15 eine Zeit der grossen Feste und Vergnügungen, sollten doch die Staatsoberhäupter und ihre Entouragen nicht nur bestens unterhalten werden: Oft wurde der Ballsaal zum Ort der Diplomatie. So viel Herrschaftlichkeit förderte auch das Entstehen von Festkantaten. Doch führen derartige Gelegenheitswerke in der Musikgeschichte ein Schattendasein, wenn sie nicht gar vollständig durch das Raster gefallen sind. Beethoven etwa schuf im Herbst 1814 mit dem Glorreichen Augenblick eine Komposition, die nach dem hochkarätig besetzten Festkonzert am 29. November des Jahres zu seinen Lebzeiten nur noch zweimal erklang. Eine Veröffentlichung kam erst 1835 zustande, dann aber in einer üppigen Prachtausgabe für teures Geld. Zwei Jahre später ersetzte der Verleger das ursprüngliche, situationsbezogene Libretto durch eine allgemeinere Dichtung von Friedrich Rochlitz (Preis der Tonkunst) und wies im Vorwort der Ausgabe explizit darauf hin, dass diese «nicht die geringste Veränderung in der Musik nöthig gemacht» habe.

Beethoven war sich der repräsentativen Funktion seiner Komposition vollauf bewusst. Davon zeugen noch heute die weiträumig angelegten Sätze, das satte Forte des Orchesters und die vielfach nicht von ungefähr an Händel erinnernden Chorpartien. Am ungewöhnlichsten und beeindruckendsten dürfte wohl die Nr. 3 gelungen sein (O Himmel! welch’ Entzücken!), bei der sich zu Solosopran und Chor noch eine Solovioline gesellt. Das Finale nimmt mit Piccolo und effektvoller «Türkischer Musik» einiges aus der späteren Ode an die Freude vorweg, hier allerdings durch den Einsatz eines Kinderchors nochmals erweitert. Beethovens späterer Plan, dem Werk noch eine Ouvertüre voranzustellen, blieb unausgeführt. – Von der Uraufführung berichtet die Leipziger Allgemeine musikalische Zeitung: «Ausser dem allerhöchsten Hof, und sämmtlichen anwesenden Monarchenwar der Saal zum Erdrücken voll.» Genützt haben all diese Umstände dem Werk nur wenig. Der glorreiche Augenblick ist bis heute ein Geheimtipp geblieben.
 


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Deuber wird Direktor beim Musikkollegium Winterthur

Der 41-jährige Dominik Deuber wird zum neuen Direktor des Musikkollegiums Winterthur ernannt. Zuvor leitete er als Managing Director die Lucerne Festival Academy.

Ab August 2020 übernimmt er die Leitung des Musikkollegiums Winterthur nahtlos von seinem Vorgänger Samuel Roth, der dann Direktor des House of Winterthur wird. Deuber war während zwölf Jahren Managing Director der Lucerne Festival Academy. Seine Tätigkeit umfasste unter anderem die strategische Weiterentwicklung der Festival-Akademie, die Pflege eines internationalen Netzwerkes sowie die Führung des gesamten Akademie-Teams und des Alumni-Orchesters.

Zudem trug er die Verantwortung für die Mittelbeschaffung sowie (zusammen mit dem künstlerischen Leiter) für die Programmierung und Planung der Konzerte und der Meisterkurse. Seit April 2017 ist Dominik Deuber zudem Künstlerischer Leiter des Generations International Jazz Festival Frauenfeld, welches alle zwei Jahre stattfindet.

Ende Februar wurde bekannt, dass der aktuelle Direktor des Musikkollegiums Winterthur Samuel Roth das Orchester verlässt, um eine neue Herausforderung als Direktor der Organisation House of Winterthur anzunehmen. 46 Kandidatinnen und Kandidaten aus der Schweiz und aus dem Ausland bewarben sich für seine Nachfolge.

 

Adrian Böckli geht nach Belgrad

Die Stadt Winterthur hat im Rahmen der Kulturförderung erstmals ein Stipendium für einen Atelieraufenthalt in Belgrad vergeben. Das Stipendium wurde dem Musiker Adrian Böckli zugesprochen.

Adrian Böckli (Bild: Manuel Saltalamacchia)

Der 1991 geborene Adria Böckli ist Schlagzeuger und Komponist, spielt diverse Perkussionsinstrumente sowie Gitarre und Klavier. Sein Studium absolvierte er an der Hochschule Luzern. Er schloss es 2018 mit einem Master of Arts in Jazz Performance ab. Böckli ist Mitglied in zahlreichen Bands wie Sebass, Extrafish, Jack Slamer, Fabe Vega, Tome Iliev Sextett und Bogavante. Zudem engagiert er sich in Chorprojekten, Musicals und als Theatermusiker.

Böckli interessiert sich stark für osteuropäische Musik und hat in den letzten Jahren bereits Studienaufenthalte in Bulgarien und Mazedonien verbracht. In Belgrad möchte er sich mit der Musik des Balkans und mit deren Schnittstellen zu westeuropäischen und amerikanischen Musikformen auseinandersetzen. Der Aufenthalt ist vom 1. April bis am 31. Juli 2021 vorgesehen. Die Verantwortlichen hoffen, dass sich die internationale Lage bis dann soweit beruhigt, dass der Künstler das Stipendium antreten kann.

Für Winterthurer Kulturschaffende wird das Atelier periodisch für einen viermonatigen Aufenthalt öffentlich ausgeschrieben. Insgesamt bewarben sich acht Personen für das Stipendium. Teilnahmeberechtigt waren Kulturschaffende aller Sparten, die seit mindestens drei Jahren ununterbrochen in der Stadt Winterthur wohnen oder durch ihre künstlerische Arbeit mit dem Kulturleben in der Stadt Winterthur in besonderer Beziehung stehen
 

Mario Venzago gibt Berner Amt ab

Nach elf Spielzeiten an der Spitze des Berner Symphonieorchesters als Chefdirigent und Künstlerischer Leiter für das Konzertwesen gibt Mario Venzago diese Position im Sommer 2021 auf, um sich «neuen Aufgaben und Herausforderungen zu widmen».

Foto: Christian Kaufmann / Konzert Theater Bern

Venzago begleitete die Zusammenführung des Orchesters mit dem Stadttheater unter dem Dach von Konzert Theater Bern und während der Umbauphase der Heimat des Orchesters, dem Konzertsaal im Casino Bern. In seine Ära fallen überdies Konzert-Tourneen in Deutschland, England und China sowie CD-Aufnahmen (Othmar Schoeck, Anton Bruckner und Robert Schumann). Der Stiftungsrat unter Vorsitz der Präsidentin Nadine Borter zeichnet Venzago mit dem Titel des Ehrendirigenten aus.

Die BSO-Geschäftsleitung wird die Spielzeit 2021/22 in der Konzertsparte ausschliesslich mit Gastdirigaten bestreiten. Für die Gestaltung des Konzertprogramms 2021/22 ist eine Kommission von Orchestermitgliedern zuständig. Bis zur Wahl eines neuen Chefdirigenten oder einer neuen Chefdirigentin wird diese vom designierten Intendanten Florian Scholz geleitet.

Forum Musikfestivals gegründet

Vierzig Festivals aus ganz Deutschland haben sich stellvertretend für Hunderte weitere als Forum zusammengetan. Sie fordern mehr staatliche Hilfe und einheitliche Regelungen.

Bildschirmfoto Website Forum Musikfestivals

Es könne nicht sein, dass Festivals mit der Entscheidung zur Absage allein gelassen würden und sich in nicht zu beziffernde Haftungsrisiken begäben, schreibt das Forum. Strenge Hygiene- und Abstandsregeln könnten auch bei Kulturveranstaltungen umgesetzt werden.

Es brauche zudem schnell verlässliche Kriterien und klare Rahmenbedingungen in Bezug auf die zukünftige Zuwendungsfähigkeit der Kosten. Bei vielen Festivals stehen darüber hinaus Verhandlungen über öffentliche Mittel des nächsten Jahres an. Das Forum fordert deshalb eine möglichst pauschale Ansetzung und Bewilligung der durchschnittlichen Zuwendungen der vergangenen drei Festivalausgaben.

Mehr Infos:
http://forum-musik-festivals.de

 

 

 

Aus für Solothurner Musikbibliothek

Der Stiftungsrat der Zentralbibliothek Solothurn schliesst die Abteilung Musikbibliothek per Ende Mai. Veränderte Hör- und Nutzungsgewohnheiten sowie knappe finanzielle Ressourcen machten diesen Schritt notwendig, schreibt der Kanton.

Hauptgebäude der Zentralbibliothek in Solothurn (Sommerhaus «von Roll». Nachweis s. unten

Veränderte Hör- und Nutzungsgewohnheiten bewirkten beim Bibliothekspublikum eine immer stärkere Verlagerung vom physischen zum digitalen Musikkonsum mit Download und Streaming. Die Nutzung der Musikbibliothek lag laut der Mitteilung des Kantons in jüngster Vergangenheit noch etwa bei einem Viertel gegenüber ihrer besten Nutzung (2005: 99’388 Ausleihen, 2019 mit leicht veränderter Erfassung: 22’632).

Dies bewog den ZBS-Stiftungsrat, die Weiterführung der Musikbibliothek zu überprüfen. Die zunehmende Kostenverlagerung in den IT-Bereich und in Bibliotheksverbunds-Lösungen hatte zudem eine einschneidende Reduktion des Medienkredits zur Folge: Dieser liegt aktuell mit 180’000 Franken weit (52.1 Prozent) unter dem langjährigen Durchschnittswert der Medienausgaben von rund 376’000 Franken. Vor diesem Hintergrund rang sich der Stiftungsrat dazu durch, die Musikbibliothek auf Ende Mai aufzuheben. Einzig Musikalia, die im Kanton, zu kantonalen Themen oder von Solothurner Kunstschaffenden kreiert werden, werden im Rahmen des kantonalen Sammelauftrags weiterhin als sogenannte Solodorensia gesammelt.

Die Schliessung hat auch Folgen für das Personal: Zwei Personen verlieren ihre Stelle (je ein Pensum von 20 Prozent). Eine Weiterbeschäftigung in der ZBS ist nicht möglich, es werde jedoch nach Lösungen gesucht.

 

Foto: Raysydney / wikimedia commons CC BY-SA 3.0

Sinfonie Nr. 5

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die Sinfonie Nr. 5 in c-Moll.

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Es muss eigentümlich berühren, dass Beethoven zeitgleich zur 4. Sinfonie an einer weiteren Komposition arbeitete, mit der er ganz andere, neue Ausdruckssphären eröffnete. Denn die 5. Sinfonie erhebt sich geradezu über die bisherige Gattungstradition, und dies gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einen erweitert Beethoven im Finale die Besetzung des Orchesters, was ihm in einem Brief an Graf Franz von Oppersdorff (dem die 4. Sinfonie gewidmet ist) durchaus einer Erwähnung wert war: «Das letzte Stück der Sinfonie ist mit 3 Posaunen und flautino Piccoloflöte – zwar nicht 3 Pauken, wird aber mehr Lärm als 6 Pauken und zwar besseren Lärm machen.» Zum anderen werden formal Scherzo und Finale miteinander verknüpft, so dass das Scherzo mit seiner schattenhaften Überleitung zum strahlenden C-Dur des letzten Satzes wie eine überdimensionierte Einleitung wirkt. Beethoven wiederholt diesen verblüffenden Effekt nochmals zu Beginn der Reprise, was selbst Louis Spohr, der dem Werk ansonsten mit Zurückhaltung begegnete, tiefen Respekt abnötigte: «Der letzte Satz mit seinem nichtssagenden Lärm befriedigt am wenigsten; Die Wiederkehr des Scherzos darin ist jedoch eine so glückliche Idee, daß man den Componisten darum beneiden muß. Sie ist von hinreißender Wirkung!» Zum dritten ist es die Radikalität, mit der Beethoven den Kopfsatz beginnt: nicht mit einer langsamen Einleitung, nicht mit einer ausformulierten thematischen Gestalt, sondern eben nur mit einem aus zwei Tönen und vier Noten bestehenden Urmotiv, dessen Bewegungsimpuls bereits im zweiten Takt von einer Fermate gestoppt wird, das aber in nahezu jedem Takt des Satzes präsent ist.

Doch Beethoven trug mit dieser Sinfonie nicht nur ein neuartiges Konzept in die Musik, sondern beschritt mit ihr auch den Weg von der Wiener Klassik hin zur musikalischen Romantik. E. T. A. Hoffmann erkannte dies bereits in seiner 1810 in der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung erschienenen richtungweisenden Besprechung des Werkes: «So öffnet uns auch Beethovens Instrumental-Musik das Reich des Ungeheueren und Unermesslichen. Glühende Strahlen schiessen durch dieses Reiches tiefe Nacht, und wir werden Riesenschatten gewahr, die auf- und abwogen, enger und enger uns einschließen und alles in uns vernichten, nur nicht den Schmerz der unendlichen Sehnsucht …. Mozart nimmt das Übermenschliche, das Wunderbare, welches im innern Geiste wohnt, in Anspruch. Beethovens Musik bewegt die Hebel des Schauers, der Furcht, des Entsetzens, des Schmerzes und erweckt jene unendliche Sehnsucht, die das Wesen der Romantik ist. Beethoven ist ein rein romantischer (eben deshalb ein wahrhaft musikalischer) Komponist

Dass die hier beschriebene Erhabenheit für Beethoven mit harter Arbeit verbunden war, zeigt das Autograf mit seinen zahlreichen Streichungen und Revisionen. Leonard Bernstein hat das 1954 in einer legendären Fernsehsendung eindrücklich vorgeführt. Link zum Video. Mit diesen Einblicken auf Beethoven Schreibpult lässt sich dann auch der vielgehörte Kopfsatz neu erleben.
 


Das Autograf der 5. Sinfonie befindet sich in im Besitz der Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz und lässt sich online durchblättern (die verschiedenen Streichungen am Ende des Kopfsatzes finden sich auf S. 82–86). Link zum Autograf.


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