In den Kulissen des ABC, drei Orte ... ohne Kulissen

Die Musik spielt oft an Orten, die ursprünglich nicht dafür gedacht waren. Welche Vorteile bieten solche Räume? Antworten aus den drei Sälen des Kulturzentrums ABC in La Chaux-de-Fonds.

Bevor wir in die virtuellen Kulissen der Räume vordringen, die das Kulturzentrum ABC ausmachen, lernen wir Yvan Cuche kennen, den unermüdlichen und – wie die Räume selbst – etwas atypischen Direktor. Der ausgebildete Physiker hat schon seit jeher mehr für Musik übrig, die ihn herausfordert, sich ihm widersetzt, als für Discomusik und «boum boum». Er war Pionier und Präsident der Vereinigung für zeitgenössische Musik CMC in La Chaux-de-Fonds. Mit dem Präsidium des ABC erhielt er ab 2008 die Möglichkeit, andere Kunstformen einzubeziehen und zugleich weiterhin diejenige Musik zu programmieren, deren Widerspenstigkeit er so schätzt.

Das Théâtre du Coq ist kein Hühnerhof
Das ehemalige Strassenbaulager hat sich zu einem akustischen Bijou gemausert. Der Holzkubus überrascht durch seine Höhe. Dieses Miniaturtheater für etwa fünfzig Zuschauer ist besonders geeignet für Konzerte in intimem Rahmen: Soli, kleine Ensembles, elektroakustische Projektionen, die man im Liegestuhl geniessen kann. Regelmässig dient es auch als Aufnahmeort. Der Bratschist und Komponist Garth Knox konnte dank dieser Akustik Stücke an der Grenze des Hörbaren in sein Recital aufnehmen. Fritz Hauser, dessen Trommelkonzert hier buchstäblich atemberaubend ausfiel, bereute, seinen riesigen Gong nicht mitgenommen zu haben, mit dem er sehr subtile Klänge erzeugt.

Die deutsche Kirche – ein kultischer Ort wird Kultort
Im 19. Jahrhundert war La Chaux-de-Fonds zweisprachig, 1853 wurde eine Kirche für die Deutschsprachigen eingeweiht. 1982 übernehmen Jazzmusiker den mittlerweile von seiner religiösen Ausstattung befreiten Raum. Eher zufällig kommt es zu einer Theateraufführung – die sich als wegweisend herausstellt: dieses Gebäude, Eigentum der Gemeinde, ist ein idealer alternativer Kulturraum. Das Innere bleibt fast gänzlich, wie es war, mit seiner knarrenden Holzgalerie, den spitzbogigen Fenstern. Die Lichtanlage wird im Laufe der Jahre verbessert und was an Bühnenmaterial fehlt, leiht sich ABC als Betreiberin von anderen Theatern der Stadt. Gaël Chapuis, der Techniker ringt dem Raum ungeahnte Qualitäten ab. Mit einer Unzahl an Tüchern und Vorhängen schneidert er für jedes Konzert eine Akustik nach Mass. Dieser Ort verführt die Musiker dazu, mit dem Raum zu spielen, beispielsweise einen Interpreten auf der Empore spielen zu lassen. Thierry Simonot platzierte sein Acousmonium und ein «Publikum» von Lautsprechern kurzerhand in den Sitzreihen, während sich die Zuschauer auf die Bühne setzten.

Ein Kino für Auge und Ohr
Die ebenso blauen wie plüschigen Sessel dieses Saales schlucken einen guten Teil der Geräusche. Er wird vor allem für Projekte benutzt, die Bild und Ton in Verbindung bringen: Kino-Konzerte, Filme mit Live-Musik. Die innovative Rockgruppe SZ wird demnächst Comic-Zeichnungen für Kinder ab 18 Monaten in Musik setzen.