Klangscherben

Rezension: Mosaiksteine aus David Philip Heftis Cellokonzert, neu gefügt zur Solokomposition.

Foto: Manu Theobald, 2012 © Ernst von Siemens Musikstiftung

David Philip Hefti gehört mittlerweile zu den etablierten Schweizer Komponisten der jungen Generation. Sein vielseitiges Œuvre ist sowohl editorisch als auch diskografisch hervorragend dokumentiert.

Die Klangscherben – Mosaik für Violoncello solo entstanden im Frühjahr 2011 im Auftrag des Solo-Cellisten des Tonhalle-Orchesters, Thomas Grossenbacher. Das Werk nimmt inhaltlich Bezug auf das 2010 geschriebene Cellokonzert Gegenklang. Der Komponist schreibt dazu: «Ganze Passagen werden aus ihrem Zusammenhang gerissen und neu formiert, gleichsam zu Scherben gemacht und neu zusammengeklebt. Diese Kombinationen ergeben ein farbiges Mosaik, das die ursprünglichen Motive in neuem Licht erscheinen lässt.»

Diese Absicht wiederspiegelt auch der entsprechend gestaltete Notentext, dessen einzelne Abschnitte beinahe collagenhaft dargestellt sind. Das sehr anspruchsvolle, etwa 10-minütige Werk bietet dem Cellisten eine (klang-)farbige, abwechslungsreiche Palette an musikalischen und spieltechnischen Aufgaben.

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David Philip Hefti,
Klangscherben, Mosaik für Violoncello solo,
GM 1876, Fr. 15.80,
Edition Kunzelmann, Adliswil 2012

175 Takte für 175 Jahre

Eine Jubiläumskomposition in gemässigt moderner Tonsprache für Violoncello solo.

Foto: papparaffie – Fotolia.com

Michael Töpel, 1958 geboren, studierte Komposition, Klavier, Musiktheorie und Musikwissenschaft in seiner Geburtsstadt Bremen und in Lübeck. Er erhielt mehrere Preise für Komposition. Neben seinen eigenen Werken verfasste er auch Klavierauszüge und edierte Werke, darunter Erstausgaben von Felix Mendelssohn Bartholdy, Johannes Brahms, Hugo Distler und Jean Barraqué.

Das vorliegende, in den Schweizer Bergen entstandene Capriccio für Violoncello solo war ein Beitrag für das Jubiläumskonzert vom 22. September 2012 zum 175-jährigen Bestehen des Merseburger Verlages. Es besteht aus genau 175 Takten und ist in einer gemässigt modernen Tonsprache komponiert. Die Musik ist humorvoll, von zum Teil burlesk-tänzerischer Rhythmik durchzogen. Die Komposition ist instrumentengerecht, effektvoll und zeigt eine kontrastreiche Dynamik. Die technischen Schwierigkeiten sind gut zu bewältigen.

Das Capriccio eignet sich für den Konzertgebrauch und kann auch für fortgeschrittene Jungcellisten eine willkommene Einstiegshilfe in neuere Musik sein.

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Michael Töpel,
Capriccio, für Violoncello solo,
EM 2175, € 8.00,
Merseburger Verlag,
Kassel 2012

Musikalisches Erleben im hohen Alter

Das Carl-Orff-Institut Salzburg hat während neun Jahren die musikalisch-tänzerische Bildungsarbeit mit Bewohnern eines Seniorenheimes filmisch begleitet.

Fotos: W. Minder, zvg

Der Schwerpunkt der ersten DVD ist – nach einem Überblick über die Elementare Musik- und Tanzpädagogik EMTP – der Reflexion gewidmet in Form einer themenzentrierten Zusammenfassung von Interviews mit Experten und Gesprächsrunden mit Heimbewohnern, einer Pflegerin und Studierenden des Carl-Orff-Institutes. Den Abschluss bilden Einblicke in das Leben zweier Bewohner, die jahrelang an dem wöchentlich stattfindenden musikalischen Angebot teilnahmen.

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Ausführlich, sorgfältig und ästhetisch gestaltet wird die Auseinandersetzung über die Fragestellungen «Warum Musik? Was ist der Eigenwert von Musik?» entwickelt, immer in Bezug zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Stellenwert der Emotionalität. Die Verbindung von Musik und Langzeitgedächtnis («bekannte Lieder sind sogar mit mehreren Strophen gespeichert bis ins hohe Alter») wird ebenso angesprochen wie die psychosomatische Wirkung von Musik, d. h. die Fragestellungen: «Welche Bedeutung hatte die Musik im früheren Leben, welche Wirkung hat die Musik heute?». Es wird aufgezeigt, wie sich die EMPT auf die Lebensgeschichte des Menschen einstellt und daraus Schlüsse für die Praxis zieht. Aussagen von Senioren erläutern die Praxisrelevanz: «Musik ist für jeden zugänglich. Musik hebt die Stimmung. Man spürt, dass man lebt. Jeder ist dabei so, wie er ist.» Musik gehört in dem Sinn zur Biografiearbeit, gehört dazu, die eigene Geschichte noch einmal neu zu schreiben. Aber es geht auch darum, Neues zu lernen und gefordert zu werden.

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Der starke Bezug auf die Bedeutung von Musik im Leben legt Fundamente für die Aus- und Weiterbildung am Carl-Orff-Institut im Bereich Musikgeragogik und definiert den Unterschied zur Elementaren Musikpädagogik ganz dezidiert: Nicht Erziehung ist gefragt, sondern Bildung unter Berücksichtigung der Biografie, ohne eine Infantilisierung der Musik zu inszenieren.

Die DVD 2 ist der Praxis gewidmet und zeigt nach einer Einführung viele Beispiele, untergliedert in drei Kernbereiche mit weiterer Aufteilung in 15 Themenkreise. Die Praxisbeispiele sind ästhetisch profund gestaltet, die Auswahl der Lieder und Musikstücke ist vielfältig, diejenige der Materialien ausgeglichen. Die Dozentin Christine Schönherr sowie die mitwirkenden Studierenden überzeugen mit ihrer performativen und professionellen Musikalität. Diese künstlerische Grundqualität, geprägt von ästhetischer Gestaltung, Respekt und theoretischem Verständnis, gibt für alle Beteiligten eine einmalige Basis fürs Mitmachen.

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Seit die Fachhochschulen aufgefordert sind, selbst Forschung zu betreiben, ist die Wissenschaftswelt um einige Projekte reicher. Die Interpretationsforschung ist dabei ein besonders beliebtes Gebiet, das praxisnah auch an der Hochschule der Künste Bern bearbeitet wird. Alle entsprechenden, derzeit laufenden Projekte wurden an der Tagung Improvisieren – Interpretieren der Öffentlichkeit vorgestellt und mit externen Gästen diskutiert: Richard Wagner in historischer Aufführungspraxis, pianistische Improvisationen der Beethovenzeit, das Werk Alfred Wälchlis, eine neue, sensorisch-dynamische Kontrabassklarinette sowie historisch informierte Didaktik der Musiktheorie anhand von Peter Cornelius’ Wirken. Die auf zwei Wochenenden verteilten fünf Symposien zeigten etliche Parallelveranstaltungen, was zu bedauerlichen Überschneidungen führte. Wer sich für Wagner interessierte, konnte kaum Vorträge über die Klavierimprovisationen hören. Unter anderem thematisierte Giorgio Sanguinetti dort das Partimento zu Beethovens Zeit, Michael Lehner nahm sich Carl Czernys Modellkompositionen als Anleitung zum Fantasieren vor, Sonja Wagenbichler berichtete über pianistische Wettstreite im Wien des 18. und 19. Jahrhunderts. Petra Somlai und Leonardo Miucci trugen in Mittags- und Abendkonzerten zum Praxisbezug des Themas bei und demonstrierten auf Hammerklavieren ganz verschiedene Stilrichtungen von (teil-)improvisierter Musik.

Die Sicht des Orchestermusikers
Auch beim Symposium Richard Wagner historisch. Interpretationspraxis zur Uraufführung des Fliegenden Holländers 1843 war die enge Verbindung von Wissenschaft und Praxis stets spürbar. Schon die Idee, die Orchesterstimmen der Uraufführung in Dresden zum Ausgangspunkt der Untersuchung zu machen, offenbart die Sicht eines Orchestermusikers. Sie stammt von Kai Köpp, der zurzeit eine SNF-Förderprofessur an der HKB innehat. Köpp ist sowohl Musikwissenschaftler als auch Bratschist und hat 2005 an der Einspielung des Holländers in historischer Aufführungspraxis unter der Leitung von Bruno Weil mitgewirkt.
Die bislang noch nicht untersuchten Dresdner Orchesterstimmen enthalten aufgrund der damaligen Probenpraxis deutlich mehr spielpraktische Informationen als die autografe Partitur: Wagner studierte seine Oper mit den Sängern nicht wie heute üblich mit Klavierbegleitung, sondern mit einem Streichquartett ein – und dabei entstand die eigentliche «Fassung letzter Hand».

Sollten sich die Quartettprobenstimmen auch zu anderen Opern erhalten haben, eröffne sich ein grosses Forschungsfeld, konstatierte Köpp. Das philologische Problem, wie die mitunter vielfältigen Eintragungen der über Jahrzehnte im Opernbetrieb verwendeten Stimmen datiert werden können, müsse von Fall zu Fall behandelt werden. Ohnehin bewege sich die Interpretationsforschung hin zu Untersuchungen der einzelnen Aufführungssituationen. Die grossen regionalen Unterschiede und der rasche Wandel der Interpretationspraxis machen generelle Aussagen zur Aufführungspraxis einer bestimmten Zeit beinahe obsolet.

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Zeichnung von der Urauf- führung des «Fliegenden Holländers»
wikimedia commons

Tempo, Aufstellung, Instrumente
Einen eigentlichen Paradigmenwechsel in der historischen Aufführungspraxis würden auch die Untersuchungen zu den Metronomangaben in Wagners Holländer einleiten, konstatierte Thomas Seedorf in Anknüpfung an den Vortrag des Berner Klavierdozenten Manuel Bärtsch. Fortan werde es nicht mehr um besonders schnelle, sondern um besonders langsame Tempi gehen. Ob und wie man die von Wagner notierten, teilweise extrem langsamen Tempi überhaupt realisieren kann – zum Beispiel in der Ouvertüre, die mit punktierte Halbe = 72 weit entfernt vom rasend-schnellen Rausch heutiger Interpretationen ist – und wie man diese zusätzliche Zeit auf der Bühne ausfüllt, das müssen zukünftige praktische Versuche zeigen.

Tobias Pfleger zeigte auf, welche Schwierigkeiten Wagner mit der in vielerlei Hinsicht konservativen Dresdner Hofkapelle hatte, etwa die Kompetenzstreitigkeiten mit dem Konzertmeister: Bilder der damaligen Dresdner Orchesteraufstellung zeigten einen Dirigenten, der direkt hinter dem Souffleurkasten stand, das Gesicht der Bühne zuwandte und so den Sängern den Takt angab. In seinem Rücken befand sich das Orchester, welches in Richtung der Bühne spielte. Der Konzertmeister nahm vom Dirigenten den Takt ab und gab ihn an das Orchester weiter, verstand sich daher als eigentlicher Leiter des Orchesters.

Wie die Präsentation eines Krimi-Drehbuchs erschien der Vortrag des Dresdners Bernhard Hentrich: Die Streichinstrumente der Dresdner Hofkapelle zur Zeit Wagners. Was Hentrich da zutage brachte, ist so brisant, dass er bislang eine Vorstellung seiner Ergebnisse in Dresden vermieden hat: Es seien nicht die verheerenden Luftangriffe von 1945 gewesen, welche die wertvollen Instrumente der Hofkapelle unauffindbar gemacht haben, sondern die unübersichtlichen Umstände der Nachkriegszeit. Seine Untersuchungen zu allen erhaltenen Inventarlisten legen den Schluss nahe, dass nicht wenige Musiker und Verwaltungsangestellte «Kulturgüter vor dem Bolschewismus retten» wollten. Sie tauschten mitunter billige Nachbauten gegen wertvolle Instrumente aus, ohne dies zu vermerken. Wer heute also nach dem Instrumentarium forscht, mit dem Wagner in seiner Dresdner Zeit arbeitete, stösst unter Umständen auf ein solch nachgebautes Ersatzinstrument – und könnte fatale Schlüsse für die Aufführungspraxis ziehen.

Doch lieber traditionell?
200 Jahre Wagner – reif für die historische Aufführungspraxis? lautete schliesslich der provokante Titel der Diskussionsrunde am ersten Abend des Symposiums. Auf welche aktuellen Phänomene sich dieser multiperspektivische Titel bezieht, wurde im Verlauf des Symposiums immer wieder deutlich. Da ist zum einen der generelle – nicht nur Wagner betreffende – Jubiläumsaktionismus. Gewiss: Auch an der Hochschule der Künste Bern nimmt man den 200. Geburtstag Richard Wagners zum Anlass, die Ergebnisse dieses Forschungsprojekts in einer konzertanten Aufführung des Holländers zu präsentieren. Am 22. November setzen Studierende die Erkenntnisse praktisch um und machen sie so einem breiten Publikum zugänglich.

Aber auch die mäandernd um sich greifende Bewegung der historisch informierten Aufführungspraxis wird hier angesprochen. Zwar wird heute kaum noch gefordert, historische Aufführungspraxis habe sich in erster Linie um vergessenes Repertoire zu kümmern. Doch die Notwendigkeit, historische Gegebenheiten auch bei einem Œuvre wie demjenigen Wagners, das seit der Entstehung über eine ungebrochene Aufführungstradition verfügt, zu rekonstruieren, wird bis anhin nur selten gesehen. Interpretationen wie etwa die konzertante Aufführung des Parsifal unter Thomas Hengelbrock, die Anfang dieses Jahres in Dortmund, Essen und Madrid für Furore sorgte, und von der Peter Tilling, Hengelbrocks damaliger Assistent (und jetzt stellvertretender Generalmusikdirektor am Staatstheater Nürnberg), beim Symposium eindrucksvoll berichtete, bleiben die Ausnahme.

Und schliesslich wird hier implizit auch die Frage nach der Offenheit der Musikforscher gestellt. Orchesterstimmen, Metronomangaben etc., wie sie das Berner Wagner-Projekt untersucht, wurden bisher von der philologisch orientierten historischen Musikwissenschaft vernachlässigt; ihre Existenz oftmals in die Fussnoten der kritischen Gesamtausgaben verbannt, wo sie für praktische Musiker nur schwer auffindbar sind. Die universitäre Musikwissenschaft tut gut daran, solch aufführungspraktische Forschungen nicht als Marginalie oder Konkurrenz zu betrachten, sondern als Bereicherung.

Bild: Der fliegende Holländer (Uvejr i Skærgården. «Den flyvende hollænder», Dalarö), Gemälde von August Strindberg,1892, Staatliches Kunstmuseum Kopenhagen, fotografiert von www.smk.dk und soeg.smk.dk, wikimedia commons

Musikalisches Erleben im hohen Alter

Das Carl-Orff-Institut Salzburg hat während neun Jahren die musikalisch-tänzerische Bildungsarbeit mit Bewohnern eines Seniorenheimes filmisch begleitet.

Fotos: W. Minder, zvg

Der Schwerpunkt der ersten DVD ist – nach einem Überblick über die Elementare Musik- und Tanzpädagogik EMTP – der Reflexion gewidmet in Form einer themenzentrierten Zusammenfassung von Interviews mit Experten und Gesprächsrunden mit Heimbewohnern, einer Pflegerin und Studierenden des Carl-Orff-Institutes. Den Abschluss bilden Einblicke in das Leben zweier Bewohner, die jahrelang an dem wöchentlich stattfindenden musikalischen Angebot teilnahmen.

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Ausführlich, sorgfältig und ästhetisch gestaltet wird die Auseinandersetzung über die Fragestellungen «Warum Musik? Was ist der Eigenwert von Musik?» entwickelt, immer in Bezug zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem Stellenwert der Emotionalität. Die Verbindung von Musik und Langzeitgedächtnis («bekannte Lieder sind sogar mit mehreren Strophen gespeichert bis ins hohe Alter») wird ebenso angesprochen wie die psychosomatische Wirkung von Musik, d. h. die Fragestellungen: «Welche Bedeutung hatte die Musik im früheren Leben, welche Wirkung hat die Musik heute?». Es wird aufgezeigt, wie sich die EMPT auf die Lebensgeschichte des Menschen einstellt und daraus Schlüsse für die Praxis zieht. Aussagen von Senioren erläutern die Praxisrelevanz: «Musik ist für jeden zugänglich. Musik hebt die Stimmung. Man spürt, dass man lebt. Jeder ist dabei so, wie er ist.» Musik gehört in dem Sinn zur Biografiearbeit, gehört dazu, die eigene Geschichte noch einmal neu zu schreiben. Aber es geht auch darum, Neues zu lernen und gefordert zu werden.

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Der starke Bezug auf die Bedeutung von Musik im Leben legt Fundamente für die Aus- und Weiterbildung am Carl-Orff-Institut im Bereich Musikgeragogik und definiert den Unterschied zur Elementaren Musikpädagogik ganz dezidiert: Nicht Erziehung ist gefragt, sondern Bildung unter Berücksichtigung der Biografie, ohne eine Infantilisierung der Musik zu inszenieren.

Die DVD 2 ist der Praxis gewidmet und zeigt nach einer Einführung viele Beispiele, untergliedert in drei Kernbereiche mit weiterer Aufteilung in 15 Themenkreise. Die Praxisbeispiele sind ästhetisch profund gestaltet, die Auswahl der Lieder und Musikstücke ist vielfältig, diejenige der Materialien ausgeglichen. Die Dozentin Christine Schönherr sowie die mitwirkenden Studierenden überzeugen mit ihrer performativen und professionellen Musikalität. Diese künstlerische Grundqualität, geprägt von ästhetischer Gestaltung, Respekt und theoretischem Verständnis, gibt für alle Beteiligten eine einmalige Basis fürs Mitmachen.

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Gruppenimprovisation mit Stäben
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Fingerimprovisation
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    00:00       Zwei Projekte für Neubau der Hochschule Luzern – Musik

Für den Neubau der Hochschule Luzern – Musik sind sieben Projekte eingereicht worden. Zwei Projekte sind in der engeren Auswahl, müssen aber nachgebessert werden. Der definitive Entscheid fällt erst im Frühjahr 2014. Der Bezug des Neubaus verschiebt sich dadurch möglicherweise. Zur Zeit ist er für Sommer 2018 geplant.

Die Hochschule Luzern – Musik ist derzeit auf mehrere Standorte verteilt und platzt aus allen Nähten. Sie plant deshalb am Standort Südpol in Kriens/Luzern einen Neubau. Die Luzerner Pensionskasse als Grundeigentümerin und die Hochschule Luzern als künftige Nutzerinhaben haben das Wettbewerbsverfahren für den Neubau im April dieses Jahres ausgeschrieben.

Das Preisgericht aus Vertretern der Grundeigentümerin, der Nutzerin sowie aus Fachpreisrichtern und Experten hat entschieden, mit den zwei besten Projekten eine Bereinigungsstufe durchzuführen, um die Qualität der Projekte zu schärfen. Die
Anonymität wird nicht aufgehoben. Der definitive Entscheid fällt somit im Frühjahr 2014.

Zurzeit ist noch offen, ob sich durch diese leichte zeitliche Verzögerung der Bezugstermin des neuen Musikhochschulgebäudes verschiebt. Zum aktuellen Zeitpunkt ist der Bezug für Sommer 2018 geplant. Das Gebäude wird rund 70 Millionen Franken kosten und auf der Basis eines privaten Investorenmodells finanziert.

Stadt und Kanton Genf kooperieren in Sachen Kultur

In einer gemeinsamen Erklärung konkretisieren der Kanton und die Stadt Genf eine engere Kooperation in der Kulturpolitik, basierend auf dem am 27. Juli dieses Jahres in Kraft getretenen kantonalen Kulturfördergesetz.

Grand Théâtre de Genève, Foto: zvg

Der Kanton wird sich unter anderem stärker engagieren in der Unterstützung von Genfs kulturellen Leuchttürmen. Dies betrifft etwa Investitionsvorhaben der Nouvelle Comédie und den laufenden Betrieb des Grand Théâtre. Auch die Erweiterung des Historischen Museums will der Kanton verstärkt mittragen.

Zur Umsetzung des Gesetzes soll in einer nächsten Etappe 2014 ein konsultativer Kulturrat (Conseil consultatif de la culture) ins Leben gerufen werden. Ziel der Kooperation  ist «eine kohärente Kulturpolitik von Stadt und Kanton sowie die Ermöglichung des Zugangs aller zur Kultur».

Die digitale Musikproduktion ist ein weitverzweigtes, komplexes Gebiet. Martin Neukom nähert sich den Phänomenen mit einer mathematischen Betrachtungsweise.

Die Ursprünge liegen im Jahr 1957: Auf einem IBM-709-Computer komponierte der amerikanische Komponist Max Mathews das erste digitale Werk der Musikgeschichte. 17 Sekunden ist es lang und klingt heute ähnlich befremdlich wie die analogen Ringmodulatoren, die Karlheinz Stockhausen, Karel Goeyvaerts und Gottfried Michael Koenig in Köln benutzten. Unmittelbar nach 1957 Jahren passierte wenig. Erst in den Siebzigerjahren kam die Sache ins Laufen: 1974 gibt es die erste Konferenz für Computermusik. Ab 1977 erscheint das Computer Music Journal, das bis heute Entwicklungen reflektiert, die mit Instrumentenkunde und Harmonielehre nur noch sehr bedingt in Einklang zu bringen sind.

Dies gilt auch für das nun erstmals auf Englisch erschienene Signals, Systems and Sound Synthesis. Gerald Bennett, Gründer des ehemaligen Zürcher Instituts für Computermusik und Klangtechnologie, hat sich die Mühe gemacht, das 2003 von Martin Neukom publizierte Buch inklusive mancher Überarbeitungen und Ergänzungen zu übersetzen. Herausgekommen ist ein Standardwerk, allerdings eines für Spezialisten. Zum einen liegt das an der Flut neuerer Kompositionsprogramme und der Diversifikation digitaler Musikproduktion, die so heterogene Bereiche umfasst wie Fast Fourier Transformation, Granularsynthese oder die Arbeit mit Max-Patches. Zum anderen liegt die Komplexität in der Methodologie begründet. Neukom argumentiert streng mathematisch. Selbst verhältnismässig einfache akustische Grundlagen wie Ausbreitung von Schallwellen oder die Unterscheidung von Klangstärke und Klangintensität weiten sich so schnell zu komplexen Problemfeldern, die der gewiefte Akustiker durchschauen mag, sich aber dem Verständnis des weniger zahlenaffinen Musikhistorikers entziehen.

Dem mehr als 600-seitigen Wälzer fügten Neukom und Bennett eine CD bei, die neben dem kompletten Buchinhalt auch Klangbeispiele bietet. Da die meisten Dateien in ungewöhnlichen Programmiersprachen wie Mathematica Notebooks, Csound oder C/C++ geschrieben sind, ist der Download spezieller Anwendungen wie etwa eines Wolfram CDF Players vonnöten. Wer jedoch nicht im Besitz eines aktuellen Betriebssystems ist, wird sich auf die zum Glück traditionell bedruckten Seiten beschränken müssen.
 

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Martin Neukom Signals, Systems and Sound Synthesis, ins Englische übersetzt von Gerald Bennett, 619 S., Fr. 110.00, mit CD, Peter Lang Verlag, Bern 2013, ISBN 978-3-0343-1428-2

Barocke Vorbilder

Eine Blockflötensonate an den Grenzen, aber immer innerhalb des tonalen Rahmens.

Foto: Tobias Jacob – Fotolia.com

Gleich vier glückliche familiäre Umstände waren bei der Entstehung der vorliegenden Sonata in d für Altblockflöte und Orgel beteiligt: Den Mittelsatz der Sonate schrieb Hans Chemin-Petit 1963 ursprünglich zur Taufe seines Enkels Hajo – eine heiter-idyllische Aria im Dreivierteltakt mit Beginn und Ende im ruhigen Andante-Tempo und einem etwas schnelleren Mittelteil. Dass er schon in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts überhaupt für Blockflöte komponierte, verdanken wir dem Umstand, dass eine seiner Töchter – Jeannette Chemin-Petit – Blockflötistin war, zunächst als Schülerin Linde Höffer-von Winterfelds, danach selbst als Professorin in Berlin. Und der dritte Umstand ist in Hans Chemin-Petits eigener Biografie zu finden: Geboren 1902 in Potsdam als Sohn eines Kapellmeisters und einer Sängerin, genoss er schon früh Klavier- und Cellounterricht, studierte später Violoncello und Komposition an der Musikhochschule in Berlin und gelangte sowohl als Cellist, als Chordirigent, aber auch als Komponist zu grosser Bedeutung. Sein umfangreiches Œuvre umfasst fast allen Gattungen und beinhaltet eben auch zahlreiche Werke für Blockflöte, von klein besetzter Hausmusik bis hin zum grossen Doppelkonzert für Blockflöte, Cembalo, Streicher und Schlagzeug. Allerdings muss sich Chemin-Petit auch kritische Fragen gefallen lassen: Als Mitglied des NS-Altherrenbunds war er einer Ideologie verpflichtet, die ihn, seine Werke und sein Wirken in ein zwiespältiges Licht rücken. So wurde z. B. seine Kantate An die Liebe am Reichsmusiktag 1938 aufgeführt.

Hans Chemin-Petit lotet in seiner Sonata in d wie überhaupt in seinen Werken die Grenzen der Tonalität aus, in der er aber immer verhaftet bleibt. Auch formal ist sein Denken der Tradition verpflichtet: Sowohl das auf Symmetrie angelegte Formverständnis, die kunstvolle, an J. S. Bach geschulte Polyfonie, die Art der Rhythmik und die Satzmodelle (Aria, Gigue) verweisen auf barocke Vorbilder, haben aber dank der ganz persönlichen Tonsprache und dem melodischen Reichtum Chemin-Petits ein neues Kleid erhalten. Die beiden Instrumente Altblockflöte und Orgel sind gleichberechtigte Dialogpartner.

Die zuerst entstandene Aria erweiterte der Komponist im Sommer nach der erwähnten Taufe um die beiden Ecksätze Allegro und Gigue zu einer dreisätzigen Sonate nach klassischem Vorbild. Dass sie überhaupt ediert wurde – Glücksfall Nummer vier – verdanken wir seiner zweiten Tochter (und Mutter des Täuflings) Andrea Witte.

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Hans Chemin-Petit (1902-1981), Sonata in d für Altblockflöte und Orgel, hg. von Andrea Witte, EM 2165, € 15.00, Edition Merseburger, Kassel 2013

Der erste Interpret schrieb mit

Dvořáks zweites Cellokonzert liegt endliche in einer vorbildlichen Ausgabe vor, die auch den Einfluss des Widmungsträgers dokumentiert.

Dvořák-Denkmal in Prag. Foto: Richard Villalon – Fotolia.com

Die Edition von Antonín Dvořáks monumentalem zweiten Cellokonzert in h-Moll op. 104 ist eine lange Leidensgeschichte. Vergleicht man herkömmliche Ausgaben (auch solche, die sich als «Urtext» ausgeben), bemerkt man rasch frappante Abweichungen zwischen Partitur, Solo-Stimme und Orchestermaterial. Damit räumt die neue Bärenreiter-Ausgabe endlich gründlich auf. Jonathan Del Mar hat überaus gewissenhaft alle erhaltenen Quellen untersucht, darunter zwei, die bis dahin entweder ignoriert oder in hohem Masse unterschätzt wurden.

Auch der Einfluss des Cellisten und Widmungsträgers Hanuš Wihan ist ausführlich dokumentiert. Del Mar weist nach, dass nicht nur gewisse Passagen in Dvořáks Autograf von ihm geschrieben wurden, sondern auch einige Details in den Orchesterstimmen von ihm stammen. Dies belegt, wie eng die beiden Musiker während der Entstehung des Werkes zusammenarbeiteten.

Die Anstrengungen führten zu einer massstabsetzenden Edition, die erstmals seit der Erstveröffentlichung des Konzerts im Jahr 1896 Dvořáks definitive Fassung des Soloparts wiederherstellt. In fast jedem Takt unterscheidet sie sich von allen modernen Ausgaben. Auch in den Orchesterstimmen wurden Hunderte von Korrekturen vorgenommen. Der separat erhältliche Kritische Bericht in englischer Sprache ist in dieser Hinsicht besonders aufschlussreich.

Es ist zu hoffen, dass diese Ausgabe sich rasch als Standardmaterial durchsetzen wird.

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Antonín Dvořák, Koncert pro Violoncello h-Moll op. 104, Urtext hg. von Jonathan Del Mar;
Partitur, BA 9045, € 55.00;
Bearbeitung für Violoncello und Klavier des Komponisten BA 9045-90, € 14.95;
Kritischer Bericht, BA 9045-40, € 29.95;
Bärenreiter, Prag 2011

Virtuose Fantasien

Themen aus berühmten Opern in Versionen für Flöte und Klavier oder Orchester.

Anafesto Rossi als Rigoletto, 1911. Foto: May Moore, State Library of New South Wales, flickr commons

Passend zum Verdi-Jahr hat der Schweizer Flötist Emmanuel Pahud seine Flute Collection mit Opernfantasien über dessen Werke bereichert, die im 19. Jahrhundert für Kammermusik- und Hauskonzerte entstanden sind. Aufgrund Theobald Böhms technischer Entwicklungen erwuchs Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Generation von Flötisten, die ihre Virtuosität unter anderem dazu nutzten, populäre Musik, wie es die damaligen «Opernhits» waren, in effektvolle Paraphrasen und Fantasien einzukleiden. Pahud beabsichtigt einerseits, diese teilweise in Vergessenheit geratenen Bravourstücke in der Originalfassung für Flöte und Klavier wieder zum Leben zu erwecken, und hat andererseits erkannt, dass sich diese auch als Flötenkonzerte eignen, sodass er von Yoel Gamzou zu allen Werken noch eine Orchesterbegleitung anfertigen liess.

Bei der Fantasie über «La Traviata» handelt es sich um die populären Bearbeitungen durch die renommierten italienischen Flötisten Emanuele Krakamp und Giulio Briccialdi, die beide auch als Komponisten tätig waren. Für die neue Ausgabe hat Yoel Gamzou ihre beiden Versionen zu einem Ganzen zusammengeführt. Die einzelnen Abschnitte beginnen immer mit bekannten Themen, die dann bald von Girlanden üppig ausgeschmückt werden.

Die Fantasie über «Rigoletto» für zwei Flöten und Klavier wurde von den Brüdern Karl und Franz Doppler komponiert, die als reisende Flötenvirtuosen im 19. Jahrhundert international bekannt waren und dieses Stück wahrscheinlich auf ihren Konzerttourneen zum Besten gaben. Die Fantasie enthält auch die berühmte Sopranarie Caro nome di lui si amato, die in der Oper mit zwei Flöten im langsamen Eingangsthema besetzt ist. Gekonnt werden die beiden Flötenstimmen oft in süsslichen Sexten geführt und wechseln sich mit Thema und virtuoser Umspielung ab, sodass sich zwei gleichwertige Instrumentalstimmen gegenüberstehen. Diese Fantasie ist auch dynamisch interessant abgestuft und wirkt dadurch sehr farbenreich.

Die Bearbeitung der Arie des Lensky aus Tschaikowskys Oper «Eugen Onegin», deren Tonumfang zwar vom kleinen h bis zum viergestrichenen c reicht, lebt eher von ihrer ausdrucksvollen Melodik als von virtuosen Passagen. Die Fassung geht auf ein Arrangement aus den Zwanzigerjahren von Leopold Auer für Violine und Klavier zurück und wurde von Guy Braunstein, dem derzeitigen Konzertmeister der Berliner Philharmoniker, revidiert und für Flöte und Klavier herausgegeben. So stellt dieses Werk nun auch eine Bereicherung des Repertoires für Flötistinnen und Flötisten dar.

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Giuseppe Verdi , Fantasie über «La Traviata» für Flöte und Klavier nach den Fantasien von Emanuele Karakamp und Giulio Briccialdi bearb. von Yoel Gamzou, (The Flute collection UE 35314, € 22.95, Universal Edition, Wien 2012

Giuseppe Verdi/Franz und Karl Doppler, Fantasie über „Rigoletto“ für zwei Flöten und Klavier, UE 35315, € 24.95

Peter Iljitsch Tsaikowsky, Arie des Lensky aus der Oper «Eugen Onegin», für Flöte und Klavier bearbeitet von Guy Braunstein, UE 35313, € 18.95
 

Klangblumen

Neue Harfenstücke, die zum eigenen Experimentieren anregen können.

Foto: Marit Peters / pixelio.de

Ursprünglich wurden die Klangblumen von der deutschen Komponistin Barbara Heller für Klavier geschrieben; später hat sie sie für Violine und Klavier weiter bearbeitet. Es stellte sich heraus, dass sich beide Versionen grössten Teils auch sehr gut für Harfe bzw. Harfe und Violine eignen. Domenica Reetz und Marianne Boettcher haben sie entsprechend eingerichtet.

Die einzelnen Stücke tragen sehr bildhafte Titel, teils Namen von Blumen, teils Fantasiebezeichnungen wie Flatterblume, Papierblume, Gräser im Wind, Eisblume usw. und ermöglichen dadurch einen direkten, assoziativen Bezug zu den verschiedenen Klangbildern. Jedem Stück liegt je nach Charakter ein musikalischer Gedanke (eine Skala, eine Beschränkung auf bestimmte Intervalle, eine musikalische Geste oder ein rhythmisches Element) zugrunde, welcher eine starke Stimmung auszustrahlen vermag und Spieler und Zuhörer gleichermassen in Bann zieht.

Während die Klangblumen für Harfe solo aus 17 Stücken bestehen, weist das Heft für Violine und Harfe deren 14 auf (und nicht 13, wie fälschlicherweise auf dem Heftumschlag vermerkt!). Teils wurden die gleichen Stücke erweitert oder auf die beiden Instrumente verteilt, teils kamen auch neue Stücke dazu. Die Klangblumen können als Zyklus oder auch einzeln gespielt werden. Sowohl die Solo- wie auch die Duostücke eignen sich auch hervorragend für Jugendliche, die dadurch mit sehr stimmungsvoller Musik unserer Zeit in Berührung kommen und vielleicht sogar angeregt werden, mit den musikalischen Ideen weiter zu experimentieren.

Manche Stücke sind auf der keltischen Harfe oder der Tiroler Harfe spielbar. Bis auf ganz wenige falsche Pedalbezeichnungen ist die Ausgabe sehr schön und übersichtlich gestaltet. Ich kann diese zwei Werke wärmstens empfehlen.

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Barbara Heller, Klangblumen, 17 Stücke für Harfe solo,
hg. von Domenica Reetz, ED 21020, € 11.99, Schott, Mainz 2011

Barbara Heller, Klangblumen, 13 Stücke für Violine und Harfe, hg. von Marianne Boettcher, ED 21021, € 16.99, Schott, Mainz 2011
 

Forschung zu
Musikerschmerzen

Das Projekt «Motor Learning And Repetitive Strain Injuries In Musicians» (MoReMu), in das auch Mitglieder der SMM involviert sind, versucht mit interdisziplinärem Ansatz Ursachen und Therapien zum sogenannten Repetitive Strain Injury-Syndrom zu finden.


Je nach Studie kämpfen zwischen 40 und 75 Prozent der Berufsmusiker mit Schmerzen in Muskeln, Sehnen und Nerven, dem sogenannten RSI-Syndrom (Repetitive Strain Injury). Zu den epidemiologischen, biomechanischen und ergonomischen Aspekten solcher Leiden finden sich in der Fachliteratur allerdings nur sehr wenige detaillierte Erkenntnisse. Die raren Studien sind in der Studienanlage, der Methodik oder der Grösse der untersuchten Gruppen kaum vergleich- oder verallgemeinbar. Empfehlungen erschöpfen sich in der Regel in Hinweisen auf Dehnungsübungen und Pausen.


Um differenzierte Erkenntnisse zum Syndrom zu gewinnen, haben unter anderen Teams des Königlichen Konservatoriums in Brüssel, der Accademia Vivaldi im Tessin, der Freien Universität Brüssel und der Fachhochschule Physiotherapie Thim van der Laan in Landquart am Projekt MoReMu (MOtor learning and REpetitive strain injuries in Musicians) mitgearbeitet. Im seinem Rahmen sollen Fragen nach dem Einfluss lokaler muskulärer Ermüdungen und Aufführungsstress auf die Koordination der Muskeln untersucht werden.


Unter anderem sind Ultra­schall-Untersuchungen, komplexe audiovisuelle Beobachtungen, aber auch Befragungen zur Alltagsgestaltung, zu allgemeiner Gesundheit, Ernährungsgewohnheiten und ergonomischen Rahmenbedingungen durchgeführt worden. So haben etwa Brüsseler und Ladquarter Studierende im Rahmen von Bachelor- und Masterarbeiten Fragebögen ausgearbeitet, die aussagekräftig Aufschluss über entsprechende Belastungen im Musikeralltag geben sollen. Die SMM hat aus dem Kreis ihrer Mitglieder den Arzt Adrian Sury und zwei Physiotherapeuten aus dem Tessin vermittelt, die sich an der Studie unentgeltlich beteiligt haben.


Komplexe Messmethoden


Erfasst worden sind für MoReMu mit ausgeklügelten technischen Methoden erstmals auch räumliche Daten zur Biomechanik des Instrumentalspiels – kombiniert mit sogenannten elektromyografischen Methoden. Dabei werden mit Nadelelektroden Potentialschwankungen einzelner Muskelaktivitäten gemessen. Auch die Rolle unterschiedlicher Spieltechniken wie im Falle von Streichern etwa Vibrato, Spiccato oder Legato, können so abgegrenzt werden. Die Schweizer Beiträge zu der Studie umfassen überdies Untersuchungen zu den ergonomischen Auswirkungen unterschiedlicher Schulterstützen für Geiger und Geigerinnen.


Die interdisziplinäre Kooperation unterschiedlicher Institute und Disziplinen könnte wegweisend sein und helfen, komplexe, ganzheitliche Strategien zu Vermeidung von RSI und anderen Gesundheitsproblemen zu entwickeln. Die verschiedenen Partner des Projektes konzentrieren sich auf einzelne Aspekte wie Übestrategien und ergonomische Betrachtungen, aber auch die Bedeutung sportlicher Betätigung und der Ernährung auf die Stärkung eines RSI-vermeidenden Musizierens.


Erste methodologische Erörterungen haben gezeigt, dass verschiedene Faktoren für den Erfolg der Studien von Bedeutung sind. So müssen die Messmethoden etwa in der Lage sein, subtile Varianten der technischen Ausführung am Instrument zu registrieren. Bei der dreidimensionalen Messung von Bewegungen am Instrument hat sich dabei überdies gezeigt, dass es nicht einfach ist, festzustellen, welche Mikrobewegungen welchen gespielten Noten zugewiesen werden können. Die Forscher experimentieren dabei deshalb unter anderem auch mit Software-Instrumenten, die zur Spracherkennung entwickelt worden sind.


Finanzielle Barrieren


Die ersten Resultate einer Pilotstudie sind 2007 in Liverpool an der 6. internationalen Konferenz zu Sport, Freizeit und Ergonomie und 2008 am 3. Weltkongress der Musiker-Medizin in Mailand präsentiert worden. In der Schweiz haben erste Messungen im November 2009 und im April 2010 mit Schülern und Schülerinnen der Accademia Vivaldi Muralto und Studierenden des Conservatorio di Musica di Lugano stattgefunden – mit Bewilligung der Tessiner Ethikkommission.


Robuste definitive Ergebnisse haben im Rahmen dieses Pionierprojektes bislang allerdings noch nicht erzielt werden können. Hemmend wirken sich zur Zeit vor allem Probleme mit der Finanzierung aus, die für die Weiterführung des Projektes nicht gesichert ist.


Musik bei Tagesanbruch

Seit bald zehn Jahren kann man im Genfer Freibad Les bains des Pâquis um sechs Uhr früh Musik erleben: Morgendämmerungskonzerte. Nicht nur die Zuhörer lieben diese einzigartigen Anlässe, auch die Musiker.

Auf der Terrasse des Freibads kurz vor Konzertbeginn. Foto: Fausto Pluchinotta
Musik bei Tagesanbruch

Seit bald zehn Jahren kann man im Genfer Freibad Les bains des Pâquis um sechs Uhr früh Musik erleben: Morgendämmerungskonzerte. Nicht nur die Zuhörer lieben diese einzigartigen Anlässe, auch die Musiker.

Stellen Sie sich 500 Leute vor, die noch vor Sonnenaufgang auf der Terrasse eines Freibades sitzen, um den Tag zu den Klängen eines Konzerts zu begrüssen! In den Bains des Pâquis kommt das Publikum von überall, aus dem Quartier, der Stadt, der Umgebung, aus dem benachbarten Frankreich, sogar aus dem Kanton Waadt. Und es kommt schon seit fast zehn Jahren, jeweils von Mitte Juli bis Ende August, täglich.

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«Exotisches» …

Das Freibad des Pâquis mitten in Genf wurde 1872 als Holzkonstruktion in den See gebaut, Ende des 19. Jahrhunderts gelangte es in den Besitz der Stadt, und nach 1930 folgte ein Neuaufbau aus Stein. Mit dem eher symbolischen Eintrittspreis von zwei Franken und freiem Zugang ausserhalb der Badezeiten ist es ein Lieblingsort vieler Genfer und hat jährlich fast eine Million Besucher. In den Achtzigerjahren brachten Pläne für eine intensivere Nutzung des Geländes durch einen Veranstalter den Badefrieden durcheinander. Die Alteingesessenen gründeten die Association des usagers des Bains des Pâquis (AUBP) und kämpften für die Erhaltung des bisherigen Zustands. 1988 stimmten ihnen die Genfer Stimmbürger mit 75% zu. Seither verwaltet die AUBP das Bad und organisiert in diesem aussergewöhnlichen Rahmen auch eine ganze Reihe von kulturellen Veranstaltungen: Karneval, Tanzanlässe, Ausstellungen, einen Adventskalender, bei dem täglich ein Umkleidekabinentürchen aufgeht – und Konzerte. Zuerst als Dank an die vielen Musikerinnen und Musiker gedacht, die die Abstimmungskampagne unterstützt hatten, waren Konzerte im Freibad bald nicht mehr wegzudenken. Und sie sind bis heute, wie die übrigen Aktivitäten, gratis, dank der Subventionierung der Stadt Genf, der Unterstützung der Lotterie romande und privaten Geldgebern.

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… und Klassisches zwi- schen 6.00 und 7.00 Uhr.
Fotos: zvg

Bei den Morgendämmerungskonzerten springen einige Besucher noch schnell ins Wasser, bevor es anfängt, allen wird eine Tasse Kaffee oder ein kaltes Getränk angeboten und sie hören an den rund 50 Tagen eine gemischtes Programm aus Klassik, Jazz, Folklore aus den verschiedensten Ländern, Chanson, Rock und Elektro. Die Künstler erhalten eine bescheidene Gage, und nach dem Konzert wird ihnen ein reichhaltiges Frühstück serviert, das oft auch dazu genutzt wird, mit den Zuhörern zu schwatzen. Im Moment bereiten die Verantwortlichen die Saison 2014 vor. Die Fans haben schon den Wecker gerichtet, um sie nicht zu verschlafen.

www.bains-des-paquis.ch/Evenements/Aubes-musicales

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Das Universum der Discjockeys

In den letzten zwanzig Jahren sind Tanzanlässe mit DJs zu einem Hauptphänomen des Nachtlebens geworden. Mit Hilfe der neuen Technologien und Medien bewegen sie die Massen.

Foto: DR
Das Universum der Discjockeys

In den letzten zwanzig Jahren sind Tanzanlässe mit DJs zu einem Hauptphänomen des Nachtlebens geworden. Mit Hilfe der neuen Technologien und Medien bewegen sie die Massen.

Zum Teil gilt der DJ zwar noch als blosser «Plattenaufleger», aber immer öfter wird seine Tätigkeit als eigenständige Kunst begriffen. Er hat so viele Möglichkeiten, seinen «Mix» zu gestalten, wie es Musikstile gibt. Reiht er Musikstücke aneinander, so geht es darum, einen Rhythmus oder eine Melodie in die folgende übergehen zu lassen, um die Zuhörer, ohne dass sie es richtig wahrnehmen, von einer Stimmung in die nächste zu führen. Internationalen Erfolg erringen vor allem DJs, die auch als Produzenten tätig sind. Sie arrangieren bestehende Tonspuren, montieren musikalische Ausschnitte, sogenannte samples, aus allen möglichen Stücken, mischen, fügen Effekte und selbst aufgenommene Geräusche oder Klänge bei und schaffen so ihre eigenen Titel. Ihre Arbeit entspricht der eines Komponisten. Meist bereiten sie ihre Stücke vor und spielen sie dann an den Anlässen ab, aber es gibt auch DJs, die improvisieren. Vor allem an Electro-Festivals werden solche, live gemischten, im Konzert entstehenden sets geboten.

Puristen arbeiten mit Plattenspielern, die es wieder in fast allen Clubs gibt und die ein physisches Manipulieren an den Klangträgern ermöglichen. Laptops und USB-Sticks mit umfangreichen Klangdatenbanken gehören ebenso zum Handwerkszeug wie Mischpult und Kopfhörer. Für die produzierenden DJs sind auch digitale Kompositionsprogramme und virtuelle Instrumentalklänge wichtige Hilfsmittel. Wer all diese Elemente beherrscht, ist aber nicht automatisch ein guter DJ. Denn dieser passt seine Darbietung dem Anlass, dem Ort, dem Publikum an. Und nicht nur das: Vor allem anderen ist der DJ ein showman. Er braucht Bühnenpräsenz, Kommunikationstalent, muss von sich reden machen und sich ein Stammpublikum aufbauen. Er muss auf sein Publikum eingehen und zugleich stets am Puls der Zeit sein, neue und unverwechselbare Klänge in seine sets einbauen. Kreativität, Anpassungsfähigkeit und Persönlichkeit sind wie in jeder künstlerischen Disziplin die Grundvoraussetzungen für den Erfolg.

Stilistische Explosion
Einer der Ursprünge der DJ-Bewegung ist die Ölkrise. Als in den Automobilhochburgen Detroit und Chicago in den Siebzigerjahren die Arbeitslosigkeit stark zunahm, wuchs parallel dazu das Interesse für Soul und Disco-Musik, die «natürlichen Eltern» der house music. Nach und nach traten Synthesizer und Rhythmusboxen in dieser Musik immer stärker in den Vordergrund, bis sie zum eigentlichen Kern eines Stücks wurden. Parallel dazu trieb in Europa etwa die Gruppe Kraftwerk ähnliche Experimente ins Extrem, was den Weg ebnete für verschiedenste mit dem house verwandte Stile: alles, was sich unter dem Sammelbegriff electro zusammenfassen lässt. Vorreiter waren die DJs in Berlin, in Schweden und Holland, die auch jetzt noch an der Spitze vieler Entwicklungen stehen.

Heute lässt sich eine regelrechte stilistische Explosion feststellen, die alle Genregrenzen niederreisst. Viele DJs legen ihrer Musik nicht nur Electroklänge zugrunde, sondern schöpfen aus allen möglichen, oft auch entlegenen Stilen. Damit entziehen sich die Ergebnisse jeder Etikettierung und «verdauen» gewissermasen, was es an aktuellen Klangphänomenen gibt. Alles ist möglich – solange das Publikum mitgeht. Bei den meisten Anlässen ist immer noch am wichtigsten, dass der DJ zum Tanzen animiert. Daher muss er sich, so frei er auch sonst gestalten kann, an recht eng reglementierte Tempi halten: 140 BPM für Dubstep, 175 BPM für Drum’n Bass usw.

Nachhinkende Ausbildung
Angesichts der raschen Entwicklung und Veränderung der Szenen und Stile hinkt die Ausbildung hinterher. Es gibt Kursangebote für computergestützte Musik, daneben die «klassischen» Ausbildungen zum Komponisten oder Toningenieur. In der Westschweiz ist die Swiss DJ School von Djerem in Lausanne im Moment die einzige, die konkret auf die DJ-Tätigkeit vorbereitet. In der Deutschschweiz bieten mehrere private Veranstalter Workshops, Gruppen- und Einzelunterricht an. In Basel existiert eine Schule speziell für DJanes. Stilwahl, Repertoireaufbau, Kommunikation und Netzwerkaufbau werden behandelt. An der Hochschule der Künste Bern, Abteilung Pop & Rock, ist die DJ-Kultur Teil des CAS-Moduls Performance, Produktion & Publishing.

Mit oder ohne Ausbildung gibt es eine ganze Menge professionelle oder halbprofessionelle DJs, aber nur wenige schaffen es auf internationale Bühnen. Viele kommen nur mit Neben- oder anderen Hauptbeschäftigungen über die Runden.

Prekäre Rechtslage
Wer ein Stück remixen oder Teile eines bestehenden Stückes verwenden will, braucht die Zustimmung der Rechteinhaber. Hat er sie erhalten, kann er an den Erträgen des neu entstandenen Stücks als Arrangeur oder auch als Produzent teilhaben. Nicolas Pont, Jurist bei der Suisa, gibt jedoch zu bedenken, dass nur wenige DJs eine Liste der verwendeten Stücke einreichten und dass es grundsätzlich schwierig sei, ein Kontrollsystem einzurichten. Vor kurzem hat die Suisa aber an sechzig Veranstaltungsorten «Hitboxen» mit einem Erkennungssystem für die erklingenden Stücke installiert.
 

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OSR und Miguel Esteban haben sich geeinigt

Das Orchestre de la Suisse romande (OSR) und sein früherer Geschäftsführer Miguel Esteban, der kurz nach Stellenantritt wieder entlassen worden ist, haben sich vor Gericht offenbar geeinigt.

Victoria Hall in Genf, eine der Hauptspielstätten des OSR, Foto: BiiJii, wikimedia commons

Laut der Westschweizer Zeitung «Le Temps» hat die Leitung des Orchesters orchesterintern einen Brief zirkulieren lassen, in dem sie die gerichtliche Einigung bekannt gibt. Über Details der Vereinbarung wird nichts öffentlich gemacht.

Ursprünglich stand eine Forderung Estebans in der Höhe von 1,8 Millionen Franken gegenüber dem OSR im Raum. Esteban war 2012 kurz nach seiner Amtsübernahme aus unbekannten Gründen wieder freigestellt worden

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