Opern im Sprechtheater akustisch aufgepeppt

Das Opernhaus Zürich wurde ursprünglich für Sprechtheater konzipiert. Es hat daher gute Sprachverständlichkeit, aber zu wenig Nachhallzeit für Opernaufführungen. Seit Kurzem wird dies mit Technik der deutschen Fraunhofer-Gesellschaft nachkorrigiert.

Opernhaus Zürich, Blick von der Bühne in den Zuschauerraum. Foto: Dominic Büttner

Die historisch gewachsene, komplexe Lautsprecher-Infrastruktur ergänzt das akustisch eher trockene Opernhaus seit Anfang 2016 zusätzlich durch die «SpatialSound Wave»-Technologie des deutschen Fraunhofer-Instituts für Digitale Medientechnologie IDMT. Sie kann die Nachhallzeit des Raumes verlängern. Der originalen Klangquelle wird ein Signal hinzugerechnet. Dadurch wird der Raum im akustischen Eindruck grösser. Effekte und Raumklang können im Live-Betrieb sogar spontan angepasst werden.

Die Audioobjekte lassen sich so positionieren, dass sie für den Hörer verschiedene Entfernungen haben können. Effekte lassen sich sogar so platzieren, als ob sie ausserhalb des Raums erklingen würden. Soundeffekte können live bearbeitet und räumliche, dreidimensionale Klangwelten erschaffen werden – ohne die Tonanlage oder die Räumlichkeiten dafür verändern zu müssen.

Die Software nutzt das Verfahren der sogenannten Wellenfeldsynthese. Dabei formen verschiedene Lautsprecher eine neue akustische Wellenform. Keine der Boxen spielt dasselbe Signal. Jede ergänzt die benachbarte und trägt ihren Teil zum Gesamtklang bei.

 

 

 

Röhren ohne zu stören

Die Entwicklung der musikalischen Gattungen und der Musikinstrumente ist von jeher eng verbunden. Die Anekdote über das Klarinettenkonzert von Mozart, das er speziell für die kurz vorher erfundene Bassettklarinette geschrieben hat, ist bekannt. Und die technischen Verbesserungen des Klaviers im 19. Jahrhundert spiegeln sich kontinuierlich in Partituren, die sich die Neuerungen zunutze machen.

Genauso ist die Entwicklung der Rockmusik eng mit derjenigen der elektrischen Gitarre verknüpft. Hier wird eine Musik erstmals zum Merkmal einer gesellschaftlichen Randgruppe, die sich abheben will: der Jugend. Die jungen Leute brauchen günstige Instrumente, Instrumente, die ihnen Bewegungsfreiheit lassen und mit denen sie die älteren Generationen schockieren können. Da kommt die E-Gitarre wie gerufen.

Neu ist, dass dabei nicht nur die moderne Technik des Instruments ins Feld geführt wird, sondern auch ein Fehler: die Verzerrung, die sich einstellt, wenn der Verstärker ganz aufgedreht wird oder in schlechtem Zustand ist. Sie bringt die Gitarre zum Röhren, zum Heulen und macht aus diesem schüchternen Instrument ein forderndes, subversives Objekt der akustischen Ausschweifung. Nun beginnt man ganz bewusst, Verstärker zu konstruieren, die übersteuern, und Verzerrer, die zwischen Gitarre und Verstärker eingebaut werden können. Der Gitarrensound wird immer stärker, er drückt die Gewalt der Rocker aus, die ihre Instrumente zertrümmern oder in Brand stecken.

Seit diesen Szenen hat sich die Geisteshaltung der E-Gitarristen stark verändert. Der übersteuerte Klang ist normal geworden, er gilt sogar als edel. Die elektrische Gitarre röhrt heute, ohne zu stören. Sie ist zum «Klassiker» geworden; der Zauber der alten Röhrenverstärker, des analogen Sounds ist begehrt. Und nichts steht so hoch im Kurs wie eine Gibson Les Paul von 1957 oder eine Fender Stratocaster von 1954. Tatsächlich! Die renommierten Gitarren tragen Jahrgänge wie guter Wein (aus dem Weinbau kommt ja auch der ursprüngliche Wortsinn von «vintage»). Die Geiger haben Ähnliches bei den Stradivari erlebt. So wiederholt sich die Geschichte.
 

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«Marignano-Marsch» wird Walliser Hymne

Auf dem Plantaplatz in Sitten wurden im Rahmen einer offiziellen Feier das «Walliser Lied» und, als dessen Instrumentalversion, Jean Daetwylers «Marignano-Marsch», offiziell zur Kantonshymne erhoben.

Foto : © Jean Mayerat

Auch wenn das Walliser Lied bereits als Hymne des Kantons galt, fehlte ihm bis jetzt die amtliche Beurkundung. Wie der Präsident der Regierung und der Präsident des Grossen Rates erklärten, soll die offizielle Anerkennung der Festigung der kantonalen Einheit dienen und Einwohnern und Besuchern des Kantons «einen Begriff der Walliser Kultur vermitteln».

Vor Publikum und Behördenvertretern setzten Staatsratspräsident Jacques Melly und Grossratspräsident Nicolas Voide laut der Medienmitteilung des Kantons ihre Unterschriften unter die entsprechende Urkunde. Zu Gehör gebracht wurde die neu ernannte Kantonshymne in ihrer offiziellen Instrumental- und Gesangsversion von der Musikgesellschaft der Stadt Sitten und der Sängerin Sylvie Bourban.

1939 komponierte Jean Daetwyler im Auftrag des Mittelwalliser Musikverbands einen «Marignano-Marsch». Dem ursprünglich aus Basel stammenden Musiker war es ein Anliegen, das «Walliser Lied» (Komponist: Ferdinand Otto Wolf; Text: Leo Luzian von Roten) darin einfliessen zu lassen und so seiner Verbundenheit mit dem Kanton Wallis Ausdruck zu geben.

Daetwyler war 1949 Mitbegründer des kantonalen Musikkonservatoriums in Sitten, und er betätigte sich auch als Dirigent verschiedener Chöre und anderer Musikformationen.

 

Eine Schweizer E-Gitarre von A bis Z

Zum Bau einer elektrischen Gitarre braucht es Schreinerhandwerk, Mechanik und Elektronik. Viele Hersteller kaufen vorfabrizierte Teile. Die Firma Duvoisin in Neuenburg macht alles selbst.

Fotos: Ingo Albrecht
Eine Schweizer E-Gitarre von A bis Z

Zum Bau einer elektrischen Gitarre braucht es Schreinerhandwerk, Mechanik und Elektronik. Viele Hersteller kaufen vorfabrizierte Teile. Die Firma Duvoisin in Neuenburg macht alles selbst.

Eines Tages hört Jacques Duvoisin, Uhrmacher und Restaurator, den Sound eines E-Basses auf der Strasse. Er beschliesst umzusatteln, um künftig E-Gitarren und Bässe zu entwickeln und herzustellen. Sein gitarren-begeisterter Sohn Gilles hat die Handelsschule abgeschlossen und sich danach dem Instrumentenhandel zugewandt. Weil auch eine Passion nicht ohne die entsprechende Ausbildung auskommt, macht er in den USA, in Rossville/Georgia, bei Warrior Instruments ein dreimonatiges Instrumentenbau-Praktikum. Bei seiner Rückkehr eröffnet er das Geschäft ACE Guitars in Saint-Blaise. Für die Holzbearbeitung ziehen Vater und Sohn Duvoisin Didier Coulet bei, dessen Familie eine Sägerei in der Gegend betreibt. Nach zahlreichen Versuchen und langem Tüfteln entwickeln sie eine Produktpalette an E-Gitarren und E-Bässen: die «Swiss Sonic Signature», die sie 2008 auf dem Markt bringen.

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Gilles Duvoisin bei der Feineinstellung einer E-Gitarre.

Uhrmacher, Instrumentenbauer, Ingenieur und Bankier
Heute sind bei Duvoisin vier Personen beschäftigt, die sich mit ihrem beruflichen Können perfekt ergänzen. Jacques Duvoisin kümmert sich um die technische Organisation, die Pläne, die mechanische Forschung. Er bringt Ideen ein und testet neue Techniken zusammen mit dem Elektroingenieur. Gilles Aufgabengebiete sind die Feineinstellung der hergestellten Instrumente, der Instrumentenbau im engeren Sinn und Reparaturen von Instrumenten aller Marken. Er bedient und berät die Kundschaft, demonstriert die Instrumente und geht auf persönliche Wünsche ein. Gérald Huguenin ist hauptberuflich Professor an der Ingenieurschule HE-Arc. Er ist zuständig für die Forschung und Entwicklung der elektronischen Bauteile. Der vierte im Bunde, Pierre Camilleri, ist Jurist und kommt aus dem Bankwesen. Er hatte bei Duvoisin drei Bässe bestellt und sich dann näher für die Firma interessiert. Heute unterstehen ihm die Bereiche Finanzen, Kommunikation und Marketing.
 

Technische Eigenentwicklungen
Die vier sind auf der Suche nach einem einzigartigen Produkt. In jeder Herstellungsphase versuchen sie Verbesserungen einzubringen: bei der Form, dem Holz, dem Design, bei Mechanik und Elektronik. Im Moment besteht ihr Sortiment aus drei Instrumentenreihen: Mit der «Standard» profiliert sich Duvoisin den grossen Marken Gibson, Fender, Ibanez, Yamaha gegenüber. Die «Super Standards» für Gitarren oder «Fat Standards» für Bässe sind Instrumente für Fans, die sich der Musik verschrieben haben und ein Instrument suchen, das sie jeden Tag begleitet. Die Reihe «Custom» besteht aus Spezialanfertigungen nach den jeweiligen Wünschen des Kunden.

Im Gegensatz zu vielen anderen Instrumentenbauern stellt die Firma Duvoisin den Tonabnehmer selbst her; rund um die Mikrofone finden sich die wichtigsten Neuerungen. Mit dem Duvoisin MIG-82 Humbucker haben sie einen Tonabnehmer konstruiert, dessen Magnetplättchen eingesetzt oder ausgewechselt werden können, ohne das Mikro als Ganzes auszutauschen. Für E-Bässe wurde ein Aktiv-Pickup entwickelt, der die Klangqualität stark erhöht und die Transparenz der verschiedenen verwendeten Holzarten erhält. Eine patentierte Stegplatte und Saiten ohne Messingkugel sind weitere Innovationen auf dem Weg zu einem immer besseren Klang.

Kürzlich haben die Duvoisin ihre Instrumente an der NAMM in Anaheim/Kalifornien, der weltgrössten professionellen Musikmesse, präsentiert. Sie stellten fest, dass sie praktisch die einzigen Instrumentenbauer sind, die ihre eigenen Mikros herstellen. Ein junger japanischer Berufsmusiker war zu Tränen gerührt, nachdem er auf einem Custom-Bass aus Pappelholz gespielt hatte.

www.duvoisinguitars.com

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Witz, Kraft, Farbe

Bei den Wittener Tagen für neue Kammermusik überwiegt Positives. Nur am Ende ging es gehörig daneben.

Johannes Kalitzke schrieb neue Musik zu Arthur Robisons Film «Schatten». Foto: WDR/Claus Langer

Viel ist von Austausch die Rede, von europäischer Kultur, auch von Internationalem und Globalem. Nationale Schulen hätten ausgedient, heisst es – gerade auch in jener Neuen Musik, die sich die Emanzipation von Vergangenem auf die Fahnen schrieb. Nun, in Witten: ein ganz anderes Bild. Der Festivalleiter Harry Vogt hat ein Faible für Franzosen. Tristan Murail war in den letzten Wittener Jahrgängen dabei, oft auch Georges Aperghis oder Pascal Dusapin. Nun ist es Gérard Pesson, dem Vogt im Rahmen eines Komponistenporträts viel Raum bot, sowohl für seine elektroakustische wie auch für seine Kammer- und Orchestermusik. Pesson ist ein gewitzter, ein einfallsreicher Komponist, dem die Leichtigkeit nicht fehlt. Spielerisch verwebt er Zitate aus vielen Etappen der Musikgeschichte. Dazu: ein untrügliches Gespür für eine farbige Harmonik, die dem Ohr schmeichelt.

Besonders überzeugt Pessons uraufgeführte Catch Sonata, die er – nomen est omen – dem Trio Catch auf den Leib schrieb. Bei der Komposition habe er oft Fotos der jungen Interpreten auf dem Schreibtisch, sagt Pesson im Gesprächskonzert. In dieser besonderen Sonate ist aber nicht nur ein persönlicher, durchaus französischer Ton des Komponisten zu vernehmen, sondern auch eine Interpretationsqualität, die ihresgleichen sucht. Boglárka Pecze (Klarinette), Eva Boesch (Cello) und Sun-Young Nam (Klavier) haben in wenigen Jahren einen phänomenalen Standard erreicht, der auch Musikhochschulen zu verdanken ist, die sich endlich verstärkt dem 20. und 21. Jahrhundert widmen.


Unter- statt Überordnung

Neue Musik, das heisst auch: Suche nach anderen «Formaten» und nach Komponisten, denen noch nicht schwindlig wurde im europäischen Festivalkarussell. An diesen Wittener Tagen ist ein Stummfilm des deutschen Regisseurs Arthur Robison zu sehen namens Schatten. Johannes Kalitzke schrieb eine neue Musik zum Film von 1923. Kalitzkes Klänge sind füllig, drängen sich aber nicht in den Vordergrund. Manches Filmgeschehen verdoppelt er augenzwinkernd; so eine Passage, wo drei Salonmusiker ihre Instrumente heben und just in dem Moment verquere Melodien aus dem 19. Jahrhundert ertönen. Solch «Plakatives» sorgt beim Fachpublikum für Kopfschütteln. Die Episoden zeigen aber in aller Deutlichkeit, dass sich Kalitzke ganz bewusst in Filmmusiktraditionen bewegt und der amüsanten Allerweltshandlung von Eifersucht und Liebe nichts übertrieben Komplexes entgegenstellt.

Es überwog Positives in diesem Wittener Jahrgang. Angesichts solch stupend-dichter Kraft wie in Enno Poppes Streichquartett Buch ist das Scheitern jüngerer Komponisten leicht zu verschmerzen. Für die etablierte Bratschistin Tabea Zimmermann sollte die einstige Schülerin Wolfgang Rihms, Birke Bertelsmeier, ein Solostück schreiben. Sie tat es in Form eines dreisätzigen Von Kopf durch Kopf zu Kopf, das arg versandet zwischen kraftlosen Wiederholungen und merkwürdig folkloristisch-virtuosen Attitüden. Ähnlich enervierend ein Ensemblestück des 28-jährigen Komponisten Malte Giesen, der eine Zeit lang bei Gérard Pesson studierte. Völlig disparat reihen sich verschrobene Teile und hässliche Synthesizer-Sounds unverbindlich aneinander. So etwas mag einem Konzept geschuldet sein. Im Kopf aber bleibt wenig haften.

röhren

Seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts gehört die E-Gitarre zum Instrumentarium der Rock-, Pop- und Jazzmusik. Wir portraitieren das Atelier Duvoisin, wo solche Instrumente gebaut werden, sprechen mit Dr. No, einem Guru der Verzerrerszene, fragen nach, welche Rolle das Instrument heute in den Musikschulen spielt und erzählen kurz und knapp, wie es sich entwickelt hat.

röhren

Seit Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts gehört die E-Gitarre zum Instrumentarium der Rock-, Pop- und Jazzmusik. Wir portraitieren das Atelier Duvoisin, wo solche Instrumente gebaut werden, sprechen mit Dr. No, einem Guru der Verzerrerszene, fragen nach, welche Rolle das Instrument heute in den Musikschulen spielt und erzählen kurz und knapp, wie es sich entwickelt hat.

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Editorial

Rugir sans rougir — Röhren ohne zu stören

Deutsche Übersetzung des Editorials von Jean-Damien Humair

Focus

Erschwinglich und unwiderstehlich
Ein kleine Geschichte der E-Gitarre

Une guitare suisse de A à Z
Une visite dans lʼatelier Duvoisin à Neuchâtel
Deutsche Zusammenfassung des Artikels

Erst subversiv, dann schultragend
Zur bemerkenswerten Karriere der E-Gitarre in den Musikschulen

Lʼhumain nʼest pas fait pour le numérique
Interview avec le Dr No, fabricant artisanal de pédales de distorsion

Hören mit Röhren
Fasziniert von der alten Verstärkertechnik
 

… und ausserdem

RESONANCE


Volkslieder reloaded
— SoloVoices mit «Canti popolari Vol. 2»

Ein grosses Musikfest im Tessin — 20 Jahre Ticino Musica

On jazze gratis — le rôle des concerts sans ticket dʼentrée

Carte blanche für Hanspeter Künzler

Rezensionen Klassik und Jazz —Neuerscheinungen Klassik und Jazz
 

CAMPUS


Die Kunst in die Schule tragen
— eine ergänzende Perspektive

Jugendliche auf Mozarts Spuren — Meetingpoint Mozart

Joyeuses angoisses et colères innocentes

klaxon — Kinderseite

Rezensionen Studien- und Unterrichtsliteratur — Neuerscheinungen
 

FINALE

Rätsel — Dirk Wieschollek sucht

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Nie wirklich angekommen

Der Komponist und Dirigent Hermann Hans Wetzler, geboren 1870 in Frankfurt am Main, gestorben 1943 in New York, wird in der Biografie von Heinrich Aerni mit vielen Selbstzeugnissen vorgestellt.

Hermann Hans Wetzler in New York um 1900. Foto: Zentralbibliothek Zürich

Wer war Hermann Hans Wetzler? Heinrich Aerni macht keinen Hehl daraus, dass dieser Name heute vergessen ist. Umso akribischer betrieb er die Ausforschung von Wetzlers Biografie, die er, auf Grundlage des Nachlasses in der Zentralbibliothek Zürich, in drei Teile gliedert. Zunächst spürt Aerni Wetzlers zahlreichen geografischen «Stationen» nach, die schon im groben Überblick von rastlosem Hin- und Herwechseln zwischen den USA, Deutschland und der Schweiz geprägt sind. In zwei weiteren Teilen widmet sich Aerni sodann der Dirigenten- und Komponistenkarriere Wetzlers. Ein umfangreicher Anhang gibt zudem Auskunft über Wetzlers Auftritte als Dirigent und Musiker sowie über die Aufführungsdaten seiner Kompositionen. Obschon Aerni einleitend ankündigt, mentalitäts- und identitätsgeschichtliche Lesarten in den Blick zu nehmen, liegt die Stärke des Buches weniger in einer theoretisierenden Entschlüsselung des Materials als vielmehr in diesem selbst. Die zweifellos atemberaubende Fülle von Quellen vermag der Autor übersichtlich zu präsentieren, wenn auch ein häufigeres Paraphrasieren der vielen, teilweise in beträchtlicher Länge wiedergegebenen Zitate die Leserfreundlichkeit noch erhöhen würde.

Doch wer war nun dieser Vergessene? Wetzler wurde 1870 in Deutschland als Kind jüdischer Eltern geboren, verbrachte seine Kindheit aber in Chicago und Cincinnati, wo er als musikalisches «Wunderkind» gehandelt wurde (S. 19). Später lebte er während längeren Phasen sowohl in Deutschland als auch in den USA und betätigte sich nicht nur als Organist, Geiger, Dirigent und Komponist, sondern auch als Musikorganisator: Gut 30 Jahre alt, verfügte er bereits über sein eigenes Orchester, mit dem kein Geringerer als Richard Strauss 1903 sein USA-Debüt feierte. Dennoch zog Wetzler 1905 wieder nach Deutschland, wo er als Dirigent und Komponist 25 Jahre lang zwischen Erfolgen und Niederlagen oszillierte und mit namhaften Grössen der Zeit wie Nikisch, Klemperer oder Furtwängler verkehrte – teilweise auch rivalisierte. Doch nachhaltig reüssieren konnte er weder in der einen noch der anderen Funktion. Als Dirigent wurde ihm etwa sein undeutlicher Schlag angekreidet, während er auch als Komponist eines «vergleichsweise kleine[n] kompositorischen Werks» wenig Anerkennung fand. Dennoch widmete er sich immer intensiver dem Komponieren, sodass er, notabene von der Schweiz aus, im April 1933 festhielt, er habe gar keine Zeit, sich um die politischen Ereignisse zu kümmern, da er sich ganz auf seine Arbeit konzentriere.

Detaillierte, quellenreiche Schilderungen solcher biografischer Umstände und Entwicklungen gehören zweifellos zu den Vorzügen von Aernis Buch. Es wäre allerdings zu wünschen, dass sie noch ausgeprägter musik-, zeit- und gesellschaftshistorisch eingebunden würden, als dies in einem kurzen Unterkapitel (S. 160–169) geschieht. Mit Hermann Hans Wetzlers Lebensweg als solchem wird man durch Aernis Darstellung zwar gut vertraut. Doch warum sich der Autor gerade mit Wetzler beschäftigt, erhellt sich auch nach der Lektüre nicht wirklich.

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Heinrich Aerni, Zwischen USA und Deutschem Reich. Hermann Hans Wetzler (1870–1943). Dirigent und Komponist, Schweizer Beiträge zur Musikforschung,
Bd. 22, 476 S., € 37.95, Bärenreiter, Kassel 2015,
ISBN 978-3-7618-2358-3

Urtext ist nicht gleich Urtext

Der Praxistest anhand von Leoš Janáčeks Bläsersextett «Mládí» bringt erstaunliche Unterschiede zutage.

Foto: A. Gainza – fotolia.de

Wenn wir Noten kaufen, auf denen das Wort «Urtext» prangt, dürfen wir erwarten, dass des Komponisten unverstellter Wille drinsteckt. Dass dies nicht immer so einfach ist, zeigen zwei neuere Ausgaben des beliebten Bläsersextettes Mládí (Jugend, komponiert 1924) von Leoš Janáček.

Die Quellenlage von Janáčeks Geniestreich ist in der Tat so verwirrend und vielschichtig, dass man bereits von vornherein ausschliessen kann, dass zwei unabhängige Editionen zu denselben Ergebnissen gelangen, was denn bei den beiden zur Debatte stehenden Ausgaben auch zu beobachten ist. Nebst einem Autograf existieren mehrere autorisierte Partitur- und Stimmenabschriften, aus denen bei der Uraufführung in Brünn und bei der Zweitaufführung in Prag (durch verschiedene Ensembles) gespielt wurde und die allesamt Einträge beinhalten, die teils von Komponistenhand teils durch beteiligte Musiker während der Proben mit Janáček stammen und somit berechtigten Anspruch auf Authentizität stellen dürfen. Dabei handelt es sich zum einen um zahlreiche Modifikationen der Tempoangaben, um alternative Versionen einzelner Takte und Figuren bis hin zu Oktavierungen und Instrumentationsänderungen. Als weitere Quellen können der Erstdruck der Partitur dienen – in welchen freilich nicht alle Änderungen der beiden Aufführungen eingingen – sowie der Stimmensatz, der zwei Monate nach der Partitur erschienen ist und in mehreren Details von der Partitur abweicht.

Wie gehen nun zwei renommierte Verlage mit dieser etwas chaotischen Quellenlage um? Als durchwegs vorbildlich muss die Henle-Ausgabe von Jiří Zahrádka bezeichnet werden. Das Vorwort erklärt anschaulich und detailliert die editorischen Knacknüsse und illustriert einige der autografen Korrekturen mit Reprints der Quellen. Den ausführlichen Kritischen Bericht stellt der Verlag ausserdem als 18-seitigen Download zur freien Verfügung. Zudem finden zahlreiche Bemerkungen wie etwa verschiedene Tempoangaben sowie Ossias Eingang in den Notentext (ganz wichtig: auch in die Stimmen!), damit sich auch während der praktischen Arbeit eine Auseinandersetzung mit den Quellen ergeben kann. Ein grosszügiger und exzellent lesbarer Druck ohne unangenehme Wendestellen runden den ausgezeichneten Gesamteindruck ab.

Bei der Bärenreiter-Ausgabe von Jan Doležal und Leoš Faltus wird der Eindruck mehrfach getrübt: Ein ausschweifend formuliertes Vorwort erklärt den Sachverhalt der Quellenlage nur ungenügend, für Anmerkungen und detaillierte Erklärungen zur Edition wird auf die Gesamtausgabe verwiesen, was einen Gang in eine Bibliothek unumgänglich macht. Der Druck wirkt gedrängt, die Taktwechsel sind schwer lesbar (weil sie über dem System stehen und nicht darin intergriert sind), und die Stimmen enthalten ungünstige Wendestellen. Wirklich dramatisch sind aber unkommentierte und nicht als solche gekennzeichnete Zusätze der Herausgeber wie beispielsweise die Triller im 1. Satz (T. 34), das mf der beiden Bassstimmen im 2. Satz (T. 7) und die offensichtlich falsche Tempoangabe bei der Reminiszenz an das 2. Thema des 1. Satzes (T. 142 im 4. Satz: MM. 72 für den punktierten Viertel anstatt für den Achtel). Ebenfalls sehr problematisch ist die Erfindung der Tonartenvorzeichen im 3. und 4. Satz: bis zu 7 häufig wechselnde Vorzeichen müssen die Ausführenden akzeptieren, was ein fehlerloses Spiel praktisch verunmöglicht (der Rezensent hat es mit einem sehr guten Ensemble ausprobiert!), da die Musik keineswegs als «logisch tonal» bezeichnet werden kann. Janáček wusste eben genau, was er tat, als er die Vorzeichen in den Notentext integrierte, was eine Urtextausgabe unbedingt zu beachten hätte.

Wenn man berücksichtigt, dass der Bärenreiter-Verlag das Werk innerhalb der Gesamtausgabe bereits vor 15 Jahren veröffentlichte, ist Hoffnung angebracht. Hoffnung darauf, dass seither ein Umdenken stattgefunden hat und die Verlage die Interpretinnen und Interpreten von heute auch mit einer komplexen Quellenlage konfrontieren dürfen. Diese brauchen nämlich keinen Notentext, der vorgaukelt, dass alles ganz zweifelsfrei und eindeutig sei, sondern eine sinnvolle und umfassende Darstellung der Quellenlage, um dann zu eigenständigen Entscheidungen zu gelangen. 

 

Leoš Janáček, Mládí (Jugend), Suite für Blasinstrumente (Flöte/Piccolo, Oboe, Klarinette B, Horn F, Fagott, Bassklarinette B)

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hg. von Jirí Zahrádka; Stimmen, HN 1093,
€ 27.00; Studienpartitur,
HN 7093, € 16.00;
G. Henle, München 2015

id., hg. von Leos Faltus und Jan Doležal; Stimmen, BA 9528, € 22.95; Studienpartitur, TP 528,
€ 18.95; Bärenreiter, Prag 2009, Einzelausgabe der Kritischen Janáček-Gesamtausgabe, 2001

 

Verträumt statt entrückt

Für ihr Debüt, «Silent Smile», haben Nojakîn eine Klangwelt erschaffen, in der Jazz und die Improvisation tonangebend sind. Die Formation um Sängerin Corinne Huber imponiert jedoch nicht zuletzt dank ihrer Virtuosität.

Foto: zvg,All That’s Past sequence,Ela sequence

Obschon Corinne Huber einer Musikerfamilie entstammt, wollte sie ursprünglich als Journalistin und nicht als Künstlerin wirken. Die Tochter von Pianist und Komponist Felix Huber und Schwester des Saxofonisten Christoph Huber immatrikuliert sich deshalb an der Uni Basel für Geschichte, Literatur und Geografie. Doch 2011 macht sie eine Kehrtwende und schreibt sich an der Jazzschule Bern ein, wo sie Gesang bei Efrat Alony und Andreas Schaerer und Komposition bei Bert Joris, Martin Streule, Frank Sikora und Django Bates studiert.

Im Folgejahr begegnet die Musikerin, die als Siebenjährige erstmals Gitarrenunterricht nahm und später auch Cello lernte, während der Ausbildung ihren künftigen Mitstreitern. Im Herbst 2013 folgen unter dem Namen Nojakîn die ersten Bandkonzerte. Jetzt veröffentlicht das Sextett, dem auch Hubers in New York lebender Bruder Christoph angehört, das Debüt Silent Smile. Das Album, koproduziert von SRF2 Kultur, umfasst zehn Lieder, mehrheitlich aus der Feder von Corinne Huber.

Die im aargauischen Rupperswil aufgewachsene Nojakîn-Sängerin bezeichnet ihre Vokals als «eher tief, laut», doch: Damit unterschlägt sie, wie virtuos und elegant sich ihr Gesang den Worten und Noten entlangschlängelt. Ihre Stimme heftet sich in Stücken wie All That’s Past oder Ela ans Piano oder an die Trompete, um zu verschmelzen, um alsbald wieder den eigenen Ausdruck zu suchen – und auch zu finden. Bei Nojakîn steht der Jazz zwar im Zentrum, aber die Musik bietet ebenso Raum für Einflüsse aus Folk, Pop und Poesie. Der Sound ist lyrisch, verträumt, jedoch nie entrückt.

Nojakîn entführen den Hörer in eine Klangwelt, in der Improvisation und Virtuosität gross geschrieben und die Akkorde zunehmend dichter miteinander verwoben werden. Dabei resultieren verspielt wechselnde Farben und Klangschichten, die sich mal munter, mal melancholisch begegnen. Trotz des musikalischen Füllhorns, das die Band auf Silent Smile ausgiesst, mutet die Platte nie überladen an, sondern fein, frisch und versponnen

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Nojakîn
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Nojakîn: «Silent Smile». Label QFTF. www.corinnenorah.com

Basel verzögert Kulturleitbild-Anpassung

Das neue Kulturleitbild Basel-Stadt wird voraussichtlich erst 2020 veröffentlicht. Grund für die Verschiebung sind die Verhandlungen zum Kulturvertrag mit dem Kanton Basel-Landschaft und ein Leitungswechsel im Präsidialdepartement.

Übergabe der Petition zur Kulturpartnerschaft BL/BS im Herbst 2015. Foto: Andy Tobler

Das Kulturleitbild wird die Kulturpolitik des Kantons Basel-Stadt in den kommenden zehn Jahren massgeblich prägen. Aus diesem Grunde erachtet es der Regierungsrat als wichtig, dass die neue Departementsleitung den Erarbeitungsprozess steuern kann. Strategisch sind auch die Verhandlungen zwischen Basel-Stadt und Basel-Landschaft für die Fortschreibung der Inhalte. Der Regierungsrat hat deshalb beschlossen, die Arbeit am Leitbild nicht wie geplant im Sommer 2016 aufzunehmen. Er will das weitere Vorgehen und den Zeitplan nach dem Leitungswechsel im Präsidialdepartement definieren.

Im Kulturleitbild des Kantons Basel-Stadt (2012–2017) werden die aktuellen Herausforderungen der Kulturpolitik festgeschrieben sowie Kriterien und Ziele der staatlichen Förderung im Bereich des kulturellen Schaffens definiert. Der Regierungsrat kommt dabei dem gesetzlichen Auftrag aus dem Kulturfördergesetz nach.

Der Pommer

Barbara Neumeier widmet dem Vorläuferinstrument der Oboe erstmals eine Monografie mit zahlreichen Bild- und Textquellen.

Pommern und Schalmeien im Musikinstrumentenmuseum Berlin. Foto: Terry Clinton/flickr commons

Es gibt allerlei Publikationen über die Violine, über Flöte und Horn, und die dem Klavier gewidmete Literatur ist vielfältig. Im deutschen Sprachraum aber fehlte eine Monografie über Pommer und Schalmei, den Vorläufern der Barockoboe. Barbara Neumeier hat diese Lücke mit ihrer Dissertation gefüllt und damit einen respektablen Beitrag zur Organologie geleistet.

Zur Bewältigung ihrer Aufgabe hat die Autorin vorerst alle zur Verfügung stehenden direkten und indirekten Quellen in einer umfassenden Materialsammlung zusammengestellt. Eindrücklich ist dabei der auf den Seiten 32–37 tabellarisch erfasste Bestand von rund fünfzig Pommerinstrumenten in europäischen Museen, unter ihnen die Sammlung alter Musikinstrumente in Berlin mit den prachtvollen Pommersätzen, unterschiedlich langen Doppelrohrblattinstrumenten, aus der Wenzelskirche in Naumburg und der Marienkirche in Danzig.

Unter den Hilfsquellen führt Barbara Neumeier musiktheoretische Schriften von Sebastian Virdung, Martin Agricola, Michael Praetorius und Marin Mersenne aus dem 16. und 17. Jahrhundert an, Bücher, die in Illustrationen ausnahmslos auf den Unterschied zwischen Schalmei mit blossen Grifflöchern und Pommer mit einer in einer Fontanelle geschützten Klappe hinweisen. Die mittlerweile etablierten Datenbanken von musikbezogenen Bildquellen – Euterpe in Paris und RIdIM (Répertoire International d’Iconographie Musicale) haben der Organologin zweifellos die Sucharbeit nach Abbildungen dieser frühen Oboeninstrumente erleichtert, wie es die schönen und informativen Illustrationen vermuten lassen.

Verblüffend aber sind die literarischen Zeugnisse, die von Chrétien de Troyes‘ Erec et Enide (1170) bis zu Johann Wolfgang Goethes Dichtung und Wahrheit aus dem frühen 19. Jahrhundert ausgebreitet werden. Goethe erwähnte bei der Schilderung des historischen Pfeifergerichts in Frankfurt a. M. «drei Pfeifer deren einer eine alte Schalmei, der andere einen Bass, der dritte einen Pommer oder Hoboe bläst», als diese Blasinstrumente bereits der modernen Oboe Platz gemacht hatten.

Das Ziel, das sich Barbara Neumeier steckte, nämlich ein historisches Holzblasinstrument ins Zentrum zu rücken und den Pommer als Teil bestimmter Ensembles und Besetzungsformen in Stadtpfeiferei und Hofkapellen darzustellen, hat sie mit einem reichhaltigen, über 400 Seiten umfassenden Band durchaus erreicht.

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Barbara Neumeier, Der Pommer. Bauweise, Kontext, Repertoire, Saarbrücker Studien zur Musikwissenschaft, Bd. 17, 436 S., € 68.00, Studiopunkt Verlag, Sinzig 2015, ISBN 978-3-89564-159-6

Nicht mehr «durchwursteln»

Musikergesundheit ist in den letzten Jahren ein wichtiges Thema geworden. Dieses Buch fasst die Beiträge eines interdisziplinären Symposiums zusammen.

Foto: Andrea Damm/pixelio.de

Als ich vor 40 Jahren von Milan Škampa persönlich, dem Bratscher des weltberühmten Smetana-Quartetts, erfuhr, dass er vor jedem Konzert Antidepressiva einnehmen müsse, und dies schon seit 20 Jahren, war ich zutiefst erschrocken. Dann erfuhr ich noch von Hörstürzen bei Musikern bei uns in der Schweiz, die bis zur teilweisen Berufsaufgabe führten – und kaum eine Institution, die sich für solche Berufskrankheiten einsetzte, selbst die SUVA bot damals noch kaum Hilfe. Heute haben die Musikausbildungsstätten die Problemfelder erkannt und bieten direkte Hilfestellung und Kurse an, eine reichhaltige Literatur liegt bereit, um das Bewusstsein für Gefährdungen bei der intensiven Musikausübung zu erweitern.

Das könnte man jedenfalls meinen: In den informativen Schlussbetrachtungen dieses Buches muss man aber feststellen, dass vieles an den Musikhochschulen erst im Entstehen begriffen ist, dass die Bemühungen um den Schulterschluss von Musikphysiologie und Musikermedizin von persönlichen Initiativen ausgehen, welche erst Netzwerke aufzubauen versuchen. Einzelne Hochschulen, worunter auch Zürich und Basel, scheinen in manchen Bereichen an der Spitze der Entwicklung beteiligt zu sein.

Alle Beiträge dieses Buches sind Resultate eines interdisziplinären Symposiums 2013 in Graz, das sowohl das Musizieren von Laien als auch von Profis berücksichtigte. Übe-Techniken, Umgang mit dem «Lampenfieber», Probleme der Haltung, die Befreiung von starren Regeln und viele weitere Problemfelder kommen zur Sprache. Dass einige Beiträge durch wissenschaftlichen Jargon belastet sind, muss nicht erstaunen, da grundlegend neue Erkenntnisse sprachlich benannt und systematisiert werden mussten, um sich dem interdisziplinären Diskurs öffnen zu können. Nur am Rande wird der Vergleich zum Spitzensport gezogen, denn «ebenso wie Sportler bewegen sich Musiker nicht selten an den Grenzen der individuellen sensomotorischen und biomechanischen Möglichkeiten». Die «gesamtkonditionelle Beanspruchung beim Instrumentalspiel und beim Gesang wird im Allgemeinen deutlich unterschätzt. Das Herz-Kreislauf-System zeigt während des Musizierens ausgesprochen ‹sportliche› Reaktionen, … weshalb eine gute körperliche Kondition von grosser Bedeutung ist».

Junge Leute mit dem Ziel eines Musikberufes werden nicht mehr ganz ahnungslos in diese Problemzonen hineintappen, Musikschaffende mittleren Alters könnten aber eschreckt feststellen, in wie vielen Situationen sie sich irgendwie selbst «durchgewurstelt» haben.

Dieser Sammelband Üben & Musizieren – Texte zur Instrumentalpädagogik bietet vielseitige Orientierung über den Stand der Forschung, über alle möglichen Gefährdungen, aber auch Anregungen zur Selbstkontrolle und Selbsthilfe. Das aufgezeichnete Gespräch am runden Tisch zur aktuellen Situation legt allerdings offen, dass man vielerorts noch weit davon entfernt ist, genügend fachgerechte Beratung anbieten zu können.

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Gesund und motiviert musizieren. Ein Leben lang. Musikergesundheit zwischen Traum und Wirklichkeit,
hg. von Barbara Borovnjak und Silke Kruse-Weber, 297 S.,
€ 16.95, Schott, Mainz 2015, ISBN 978-3-7957-0867-2

 

Applaus für die Jüngsten

Mitreissende Tänze von Franz Schubert, einfach gefasst für Kinderorchester.

Foto: S. Hofschlaeger/pixelio.de

Wer ein Kinderorchester leitet, ist immer froh um geleistete Vorarbeit. Da kommt die Reihe Applaus – wir spielen im Kinderorchester gerade recht. Das sechste Heft bietet drei leicht gesetzte Deutsche Tänze aus D 783 und sechs Ecossaisen aus D 529 von Schubert für 2 (3) Violinen, Viola, 2 Celli (Kontrabass) und Holzbläser. Alles ist praktisch in 1. Lage; dritte Violine und zweites Cello sind auch für Anfänger bald spielbar. Leider stehen ausser einem Stück in G-Dur alle anderen in D, was für die B-Bläser etwas unbequem ist.

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Franz Schubert, Kleine Schubertiade. Deutsche Tänze und Ecossaisen für Streichorchester, Heft 7, für Kinder bearb. von Katharina Mai-Kümmel; Partitur, EW 716, € 17.50; Stimmenset, EW 329, € 49.80; Edition Walhall, Magdeburg 2015

 

Neue Studienordnung an der Universität Zürich

Das Studium an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich (UZH) wird künftig aus einem oder zwei Studienprogrammen bestehen. Studierende wählen ab 2017 eine Kombination aus einem Major- und einem Minor-Studienprogramm.

Lichthof der Universität Zürich. Foto: LeDanton/wikimedia commons,SMPV

Die Umstellung hat zur Folge, dass Bachelor-Programme im Umfang von 30 ETCS-Punkten gestrichen werden, ebenso ab Frühjahrsemester 2019 die Master-Programme im Umfang von 15 oder 105 ETCS-Punkten. An der disziplinären Vielfalt der Philosophischen Fakultät ändere dies nichts, zitiert die Medienmitteilung der Uni Andreas H. Jucker, Dekan der Fakultät. Alle Disziplinen würden weiterhin angeboten, auch die kleinen. Eine vorläufige Ausnahme gemacht werde für die vier Studienprogramme Latein, Griechisch, Mittellatein und Rätoromanisch. Diese könnten auf Bachelor-Stufe übergangsweise noch als 30-Punkte-Programme studiert werden.

Die 180 ETCS-Punkte für ein Bachelor-Studium können in einem sogenannten Major- und Minor-Studienprogramm (120 und 60 ETCS-Punkte) erzielt werden. Die 120 ETCS-Punkte für ein Master-Studium in einem Major- und Minor-Studienprogramm (90 und 30 ETCS-Punkte) oder in einem Studienprogramm mit 120 ETCS-Punkten.

Um den Wechsel auf «Bologna 2020» vorzubereiten, werden Studienanfängerinnen und -anfänger bereits ab Frühjahrssemester 2017 in dieser neuen Struktur studieren. Dasselbe gilt ab Frühjahrssemester 2019 für Studierende, die ein Masterstudium beginnen. Das heutige Studium von einem Hauptfach mit zwei Nebenfächern oder von zwei Hauptfächern wird dann nicht mehr angeboten. Masterstudierende können auch nur ein Studienprogramm belegen.

Mit dieser neuen Studienstruktur passt sich die UZH schweizerischen und internationalen Universitäten an. Für alle bis im Frühjahr 2017 respektive 2019 eingeschriebenen Studierenden ändert sich nichts. Sie werden ihre Studienprogramme bis zum Frühjahrssemester 2022 in der bestehenden Form weiterstudieren können.
 

 

Die Nominierten für den Grand Prix Musik 2016

Das Schweizer Bundesamt für Kultur (BAK) verleiht 2016 zum dritten Mal den Schweizer Grand Prix Musik. Nominiert sind 15 Musikschaffende aus der ganzen Schweiz und aus unterschiedlichen Musiksparten.

Susanne Abbuehl. Foto: Martin U. K. Lengemann

Die Nominierten sind laut der Medienmitteilung des BAK: Susanne Abbuehl (Luzern), Laurent Aubert (Genf), Sophie Hunger (Berlin/Zürich), Philippe Jordan (Paris/Wien), Tobias Jundt (Berlin), Matthieu Michel (Vevey), Fabian Müller (Zürich), Peter Kernel (Barbara Lehnhoff & Aris Bassetti, Iseo), Nadja Räss (Einsiedeln), Mathias Rüegg (Wien), Hansheinz Schneeberger (Basel), Colin Vallon (Vevey/Basel), Hans Wüthrich (Arlesheim), Lingling Yu (Puplinge) und Alfred Zimmerlin (Uster).

Der Schweizer Grand Prix Musik ist mit 100’000 Franken dotiert, die Nominationen sind es mit je 25’000 Franken. Das BAK mandatiert jährlich ein zehnköpfiges Expertenteam. Dieses Team wählt Kandidatinnen und Kandidaten aus allen Regionen der Schweiz und aus sämtlichen Musiksparten aus, um diese der Eidgenössischen Jury für Musik zu unterbreiten.

Die aus sieben Mitgliedern bestehende Jury bestimmte im Februar 2016 aus den 59 vorgeschlagenen Musikschaffenden die 15 Finalistinnen und Finalisten. Die Gewinnerin oder der Gewinner des Schweizer Grand Prix Musik wird an der Preisverleihung bekanntgegeben. Die Jury weist neu eine leicht geänderte Zusammensetzung aus: Michael Kinzer, der bereits Mitglied war, wurde nach dem Rücktritt von Graziella Contratto zum Präsidenten ernannt. Neu im Gremium ist Sylwia Zytynska.

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