Zulassungsbeschränkungen zur ZHdK

Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat erneut die Zulassungsbeschränkungen für die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften sowie die Zürcher Hochschule der Künste festgelegt. Im Departement Musik wird die Zahl der Studienplätze von 293 auf 298 erhöht.

Zürcher Hochschule der Künste. Foto: #tom #malavoda/flickr.com

Der Regierungsrat hat ab Studienjahr 2017/2018 wiederum für drei Studienjahre die Zulassungsbeschränkungen für die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) sowie für drei Departemente der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) festgelegt. Gründe für die Zulassungsbeschränkungen sind laut der Medienmitteilung des Kantons insbesondere räumliche Engpässe, eine beschränkte Anzahl von Praktikumsplätzen sowie Studienbedingungen mit erhöhtem Infrastruktur- und Personalbedarf.

An der ZHdK werden die Aufnahmekapazitäten wie bisher pro Departement festgelegt. Unverändert bleibt die Zahl der Studienplätze in den Departementen Design (145), Kulturanalysen und Vermittlung (111) und Kunst & Medien (106). Im Departement Darstellende Künste und Film wurden die Aufnahmezahlen bisher im Zweijahresrhythmus bestimmt. Für das Studienjahr 2017/18 sind 91 Studienplätze vorgesehen. Ab dem Studienjahr 2018/19 werden die Aufnahmezahlen auf konstant 106 festgelegt. Im Departement Musik wird die Zahl der Studienplätze von 293 auf 298 erhöht.

An der ZHAW stehen im Departement Soziale Arbeit für den Bachelorstudiengang Soziale Arbeit weiterhin 210 Studienplätze zur Verfügung. Auch im Departement Gesundheit bleibt die Studienplatzzahl in den Bachelorstudiengängen Gesundheitsförderung und Prävention und Hebammen (je 66) unverändert. In den Bachelorstudiengängen Ergotherapie (bisher 72), Pflege (bisher 120) und Physiotherapie (bisher 120) ist eine Erhöhung um je 6 Studienplätze vorgesehen. Im Departement Angewandte Psychologie wird die Zahl der Studienplätze im gleichnamigen Bachelorstudiengang auf 120 heraufgesetzt, um die Zahl der Abmeldungen und Studienabbrüche auszugleichen.
 

Erste Promotionen an der Graduate School of the Arts

Seit 2011 bieten die Universität Bern und die Hochschule der Künste Bern HKB mit der Graduate School of the Arts GSA ein gemeinsames künstlerisch-wissenschaftliches Promotionsprogramm an. Diesen Herbst haben die ersten Doktorierenden abgeschlossen.

Cult Sounds Web-Dokumentation (Screenshot),SMPV

Der Berliner Pop- und Jazzmusiker Immanuel Brockhaus hat mit «Kultsounds: Untersuchung zur Entstehung, Praxis und Wirkung dominierender Einzelklänge in populärer Musik 1960-2014» dissertiert, die Zürcher Designerin Julia Mia Stirnemann in Kunstgeschichte «Über Projektionen: Weltkarten und Weltanschauungen. Von der Rekonstruktion zur Dekonstruktion, von der Konvention zur Alternative».

Inzwischen sind über 40 Doktorierende aus Musik, Design, Kunst, Theater, Tanz, Literatur, Fotografie und Konservierung im Berner Promotionsprogramm eingeschrieben, das künstlerische Praxis und universitäre Wissenschaft vereint. Teils kommen sie von Schweizer Kunsthochschulen und Universitäten, teils aber auch aus den USA, Russland, Thailand, Deutschland oder Italien.

Für Projekte mit GSA-Doktorierenden wurden beim Schweizerischen Nationalfonds SNF und der Kommission für Technologie und Innovation KTI bereits Drittmittel in der Höhe von mehreren Millionen Franken eingeworben.

Die Entdeckung der Schönheit

Vom 12. Oktober bis 2. November waren neben bekannteren Werken Louriés Uraufführungen, Schweizer Erstaufführungen und eine Neukomposition der Schweizerin Regina Irman zu hören.

Arthur Lourié 1928. Foto: Jerome Lontres © Arthur Lourié Collection, Paul Sacher Stiftung, Basel

Der experimentierfreudige Arthur Lourié (1891–1966) hinterliess ein vielfältiges Œuvre, zwei Opern, Ballettmusik, zwei Sinfonien, Kammermusik, zahlreiche Klavierwerke, vokalinstrumentale Werke, Lieder, darunter vieles, was bisher unbekannt ist. Teile seines Nachlasses, Musik- und Textmanuskripte, Entwürfe und Reinschriften, werden in der Paul-Sacher-Stiftung in Basel aufbewahrt. Die Arthur-Lourié-Gesellschaft widmet sich der Wiederentdeckung dieses faszinierenden Komponisten.

Arthur Lourié starb vor fünfzig Jahren am 12. Oktober 1966 in Princeton, New Jersey. Sein Werk gleiche einer Wunderkiste, erläutert Stefan Hulliger, künstlerischer Leiter des Festivals und Präsident der Arthur-Lourié-Gesellschaft, der sich seit zehn Jahren intensiv damit beschäftigt. Alles, was man heraushole, sei überraschend und wunderbar und dränge einfach danach, gespielt zu werden. Oft seien die Musikerinnen und Musiker selbst verblüfft von der Wirkung der Kompositionen, wenn sie auf der Bühne zum Leben erweckt würden.

Melodik in Verbindung mit Dissonanz, eigenwillige Besetzungen, Verwendung musikalischer Zitate, die Kombination von Vokal- und Instrumentalmusik mit Klängen und Geräuschen oder Sprechstimmen, das Schwingen zwischen experimentellen Ansätzen und musikalischer Tradition bieten ein überraschendes und emotional berührendes Klangerlebnis.
 

Verloren geglaubte Welt

Beinahe wäre der Komponist vergessen gegangen. Er sass zwischen allen Stühlen, ein Grenzgänger in einer Zeit, als die Grenzen zwischen Ost und West durch den Eisernen Vorhang unüberwindlich waren. 1892 im Russischen Reich geboren, jüdischer Herkunft, wuchs er in Odessa auf und studierte am Petersburger Konservatorium Klavier und Komposition. 1913 trat er zum katholischen Glauben über. Er war ein Freund Anna Achmatowas, Teil einer Kohorte hochbegabter junger Menschen, die im vorrevolutionären Petersburg eine Atmosphäre kompromissloser künstlerischer Suche, Sensibilität und Offenheit schufen und Petersburg zu einem Laboratorium der Moderne machten. Der junge Komponist war von der italienischen Renaissance ebenso fasziniert wie von russischer archaischer Musik und den Ideen des russischen Futurismus. Befreundet mit Chlebnikow, Majakowski, Tatlin und den Brüdern Burljuk übertrug er deren radikalen Umgang mit dem Wort und ihre Lautpoesie auf die Musik. Er strebte nach einer Synthese der Künste und experimentierte mit Mikrointervallen, brachte bei performanceartigen Aufführungen mit präparierten Instrumenten Alltags- und Naturgeräusche zu Gehör und kreierte eine extrem individualisierte grafische Notenschrift.

Die Oktoberrevolution 1917 begrüsste er, wie die meisten radikalen jungen Künstler seiner Generation, und wurde als Leiter der Musikabteilung im Ministerium für Volksbildung eingesetzt. Seine Euphorie verflog schnell, als ihm klar wurde, dass er die Erwartungen an Propaganda und Agitation in der Musik nicht mittragen konnte.

1922 flüchtete er über Berlin nach Paris, nahm im Kreis um Igor Strawinsky Aufgaben als dessen Sekretär wahr und komponierte zwei Sinfonien, das Concerto Spirituale für Chor, Klavier und Orchester sowie zahlreiche Instrumental- und Vokalwerke mit Anklängen an die lateinisch geprägte spirituelle Kultur. 1940 musste er vor der deutschen Besetzung aus Paris fliehen und gelangte in die USA, wo er in New York und an der Westküste lebte und zunehmend vereinsamte. In der damaligen Sowjetunion Persona non grata, von seiner europäischen Vergangenheit getrennt, bewegte ihn Petersburg als kulturelles Phänomen. Er arbeitete lange an seiner Oper Der Mohr Peters des Grossen, in der die Geschichte Petersburgs auflebt. Wie Vladimir Nabokov, der seine Sehnsucht nach Petersburg zum Gegenstand der Weltliteratur erhob, wie Anna Achmatowa, die im Poem ohne Held in das Jahr 1913 zurückkehrte und ein Kunstwerk von Weltgeltung schuf, suchte auch Lourié Zugang zu einer verloren geglaubten Welt.
 

Bekanntes und hinreissende Solitäre

Drei Konzertabende im Rahmen der 10. Internationalen Lourié-Musiktage boten in Basel die Gelegenheit, das Werk des Petersburgers zu entdecken. Am 12. Oktober traten beim Gedenkkonzert zum 50. Todestag zwei unterschiedliche Pianisten auf, die Bulgarin Borislava Taneva und Moritz Ernst, der diesjährige Festival Artist, der seine Ausbildung in Basel erhalten hat und zu den vielseitigsten Meistern seines Fachs zählt. Anlässlich des Jubiläumsjahrs legte er das gesamte Klavierwerk von Arthur Lourié als Welt-Ersteinspielung auf drei CDs vor.

«Wohin mit dieser Wehmut!» So leitete Stefan Hulliger am 1. November das Concerto da Camera für Solovioline und Streicher ein. Drei Violinen, drei Violen, drei Violoncelli, ein Kontrabass und die Solovioline rufen in sechs Sätzen und immer stärker werdenden Klangbildern Erinnerungen wach. Es gilt als das meistgespielte Stück des Komponisten und wurde eingerahmt von kleineren Kammermusikstücken wie Divertissement (1929), einem Werk für Violinen und Violen in vier Sätzen, das mit einem musikalischen Thema der Oktoberrevolution, Ech, Jablotschko, beginnt, mit byzantinisch inspirierten sakralen Klängen endet und an Alexander Bloks Revolutionspoem Die Zwölf denken lässt. 

Schwelgerisch und bildgewaltig klang die Pastorale de la Volga, 1916 auf der Datscha des symbolistischen Dichters Fjodor Sologub in Kostroma entstanden, dem Heimatort Djagilews und der Romanow-Dynastie. Opulente Klangbilder in einer «unfassbaren Besetzung» mit Oboe, Fagott, zwei Violen und Violoncello. Dazwischen spielte Moritz Ernst Klavierintermezzi, darunter Royal v detskoj (Flügel im Kinderzimmer), acht Szenen einer russischen Kindheit, die Lourié im Revolutionsjahr 1917 seiner Tochter Anna gewidmet hatte, als wollte er das Überzeitliche des Heranwachsens beschwören. Märchenhafte Bilder aus der Kinderwelt im Spannungsfeld von Avantgarde und Tradition, eine Reihe hinreissender und funkelnder kleiner Solitäre, von Moritz Ernst facettenreich umgesetzt.
 

Schwerpunkt Achmatowa

Auch der dritte Konzertabend am 2. November in der Basler Gare du Nord begeisterte mit Entdeckungen. Er stand unter dem Titel «Die Geburt der Schönheit». Zwölf Sängerinnen, sechs Soprane und sechs Mezzosoprane interpretierten Werke, die von der Beziehung des Komponisten zur russischen Dichterin Anna Achmatowa und ihrer Gedankenwelt inspiriert waren. Höhepunkte waren frühe Vertonungen der Lyrik Achmatowas, wie das Klagelied der Bettlerinnen für zwei Stimmen mit Begleitung von Englischhorn, und Golos Muzy (Stimme der Muse) für eine Sprechstimme und Frauenchor, sowie das Madrigal Canzone de Dante von 1921, das in Basel zur Welt-Uraufführung kam. Mit zwölf Frauenstimmen und Live-Elektronik ist das neueste Werk Masken (2016) der Schweizer Komponistin Regina Irman (*1957) besetzt, das eigens für diesen Abend im Auftrag des Fachausschusses Musik BS/BL geschrieben wurde, ein spannungsreicher Bezug zur Petersburger Avantgarde und zur Gegenwart. Aus der Polyfonie lösen sich Alltagsgeräusche, Wispern, Flüstern, heimliches Sprechen heraus und lassen Spuren des Totalitarismus eindringen, dem Anna Achmatowa in ihrem Leben in der Sowjetunion ausgesetzt war.

Louriés russisch gebrochene Faszination für die italienische Renaissance wurde im titelgebenden Stück La Naissance de la beauté deutlich. Sechs Soprane, Klarinette, Kontrabass, Cembalo und Becken gelangten zum Einsatz, um Botticellis Bild Die Geburt der Venus in Klänge zu fassen. Die Basler Videokünstlerin Bettina Grossenbacher hatte eigens ein Video zu dieser Aufführung hergestellt.

Zu danken ist der Arthur-Lourié Gesellschaft nicht nur für das Engagement, diesen verborgenen Komponisten zur Aufführung zu bringen, sondern auch für die kenntnisreichen Werkeinführungen. Die in alle Winde verstreute Petersburger Kultur wird nach dem Ende des Kalten Krieges auch in Russland wiederentdeckt. Sie hat ihre Protagonisten mit Energie aufgeladen, die heute noch so stark wirkt, wie vor hundert Jahren. Arthur Lourié ist ein aufregender und anregender Komponist, auf dessen weitere Entdeckung wir uns freuen dürfen.

«Die Musik in Geschichte und Gegenwart» im Web

Die vom Zürcher Musikwissenschaftler Laurenz Lütteken herausgegebene deutschsprachige Musik-Enzyklopädie «Die Musik in Geschichte und Gegenwart» (MGG) ist neu als dynamische Online-Datenbank unter dem Titel «MGG Online» verfügbar. Vorerst allerdings vorrangig für institutionelle Nutzer.

MGG Online (Screenshot),SMPV

Lütteken arbeitet mit einem international besetzten Beirat profilierter Musikwissenschaftler, der MGG-Redaktion sowie Autoren aus der ganzen Welt zusammen, um kontinuierlich Inhalte zu aktualisieren und hinzuzufügen. «MGG Online» wurde von den Verlagen Bärenreiter (Kassel), J.B. Metzler (Stuttgart) und Répertoire International de Littérature Musicale (RILM, New York) gegründet, finanziert und umgesetzt.

Die Druckausgabe der MGG (2. Auflage) besteht aus mehr als 18’000 Artikeln, verfasst von 3500 Autoren aus 55 Ländern.  «MGG Online» enthält alle diese Inhalte in einer ständig aktualisierten und wachsenden Datenbank mit überarbeiteten Daten, neuen Informationen und revidierten Artikeln. Ab 2017 werden regelmässig neue Einträge hinzugefügt. Alle Artikel-Versionen bleiben dauerhaft zugänglich und als solche gekennzeichnet. Bereits zu Beginn werden die Benutzer etwa 200 aktualisierte oder neugeschriebene Artikel finden.

«MGG Online» nutzt eine von RILM entwickelte Plattform, die den Inhalt anhand hochmoderner Such- und Browser-Funktionen erschliesst. Die Plattform wird kontinuierlich mit neuen Funktionen und Suchmöglichkeiten erweitert.

«MGG Online» ist vorerst für institutionelle Nutzer gedacht, vor allem für Bibliotheken, die den Preis für die Nutzung individuell aushandeln. Private Nutzer haben aber die Möglichkeit, die Datenbank zum niedrigsten institutionellen Preis, der derzeit bei 450 US-Dollar jährlich zzgl. Mehrwertsteuer liegt, zu nutzen.

mgg-online.com
 

«Musikinitiative top oder Flop?»

Drei Stunden sind sehr wenig Zeit für grosse Fragen. Hector Herzig und Liliane Girsberger skizzierten die Situation von Musikschulen und ihren Angestellten vier Jahre nach der Volksabstimmung.

Liliane Girsberger (rechts) leitet den Workshop J+M.

Das Programm war vielversprechend: Der Verband der Musikschulen des Kantons Schwyz (VMSZ) widmete seinen jährlichen Weiterbildungstag am 29. Oktober dem Thema 4 Jahre nach der Volksabstimmung: «Musikinitiative TOP oder FLOP?». Eingeladen waren Musikschulleiter, Musiklehrpersonen, Politiker, Behördenmitglieder und weitere interessierte Personen, besonders aus lokalen Musikvereinen. Der neue VMSZ-Präsident Matthias Bachmann begrüsste über 80 Anwesende und Vizepräsident Willy Odermatt gedachte des im Juni verstorbenen, bis dahin unermüdlich wirkenden ehemaligen Präsidenten Georg Hess, der in der Schwyzer Musiklandschaft eine grosse Lücke hinterlässt.

Die Präsentation der höchst aktuellen Thematik hatte der VMSZ der HERZKA GmbH, Institut für Organisationsentwicklung, anvertraut. Hector Herzig, «der Vater der Musikinitiative», wie er von Bachmann eingeführt wurde, stellte sein einführendes Referat unter den Titel Musikschule im Wandel der Zeit und betreute den Workshop Nationale, kantonale und kommunale Musikschulpolitik – Was hat die Initiative aus Musikschulsicht gebracht und welche Massnahmen müssen neu definiert werden? Liliane Girsberger leitete den zweiten Workshop Programm Jugend und Musik – Was hat das Programm für Auswirkungen auf die Musikschulen und welche Massnahmen müssen angegangen werden? Das Tagungskonzept ersparte den Teilnehmern zum Glück die Qual der Wahl, nach einer guten halben Stunde wurde gewechselt.

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Hector Herzig

Gewohnt souverän erläuterte Hector Herzig die schwierige Situation von Musiklehrpersonen und Musikschulen im Markt der musikalischen Bildung, in dem je länger je mehr Mitbewerber agieren. Er skizzierte die allgemeine Lage sehr ausführlich anhand der Stichworte Gesellschaft, Kreativität, Markt, Politik und Bildung immer vor der Tatsache, dass das Erlernen eines Instruments heute genauso viel Zeit braucht wie früher. Da die Musikinitiative ihr Ziel (hochwertiger Musikunterricht für Kinder und Jugendliche) bislang noch nicht erreicht habe, sei ein Rahmengesetz des Bundes anzustreben, das die Musikschulen als Bildungsinstitutionen anerkenne. Eindringlich appellierte er, sich zu engagieren, Risiken einzugehen, zu entscheiden.

Aufgrund der knappen Zeit kamen die konkreten Ausführungen zu Jugend und Musik (J+M) leider zu kurz. Und so blieb im Publikum der Wissensstand um das Programm sehr heterogen, was im Workshop zu J+M teilweise zu emotionalen Diskussionen führte, in denen der Vorwurf, die Ausbildung bei J+M entspreche subventioniertem «Bädele», nur schwer richtig einzuordnen war. Sämtliche Fakten zu J+M sind jedoch schon länger dem umfassenden Handbuch des Bundesamtes für Kultur zu entnehmen, das online zur Verfügung steht: www.bak.admin.ch/jm/index.html?lang=de. Trotzdem sollten Musikschulleitungen und Arbeitnehmerverbände ihre Angestellten respektive Mitglieder wohl sorgfältig beraten, wie das Programm J+M sinnvoll in den Unterrichtsalltag eingebaut werden kann.

Im Politik-Workshop hob Herzig hervor, wie wichtig die Verankerung von Musikschulen als Schulart in einer kantonalen Gesetzgebung sei, um sich als Kompetenzzentren für musikalische Bildung zu positionieren. Der Verband solle diesen Prozess entschlossen zusammen mit den Musikvereinen angehen – und zusammen mit den Musiklehrpersonen, deren Engagement auch in der politischen Arbeit unerlässlich sei.
Und auch am Schluss blieb leider zu wenig Zeit, um die Ergebnisse aus den Workshops im Plenum zu diskutieren, zu priorisieren und daraus Massnahmen zu formulieren, wie es eigentlich vorgesehen war. Die Veranstalter werden dies aber nachholen und das Material intern zur Verfügung stellen auf www.vmsz.ch.

Aargau nimmt Kulturlasten unter die Lupe

Der Regierungsrat bekennt sich zum interkantonalen Kulturlastenausgleich als Teil des neuen Finanzausgleichs zwischen Bund und Kantonen (NFA). Er strebt aber auf dem Verhandlungsweg eine Verbesserung der geltenden Kulturlastenvereinbarung an.

Foto: Martin Abegglen/flickr commons

Der Kanton Aargau überweist laut seiner Medienmitteilung seit 2010 rund 5,9 Millionen Franken an die Kantone Zürich und Luzern für die Leistungen überregionaler Kultureinrichtungen, die auch von Aargauerinnen und Aargauern in Anspruch genommen werden. In seiner Stellungnahme zu einer Motion des Grossen Rats, die den Austritt aus der Kulturlastenvereinbarung verlangt, erinnert der Regierungsrat daran, dass der Kulturlastenausgleich ein Teil des NFA ist, bei welcher der Kanton Aargau zu den Empfängerkantonen gehört.

Gemäss Bundesgesetz über den Finanz- und Lastenausgleich (FiLaG) sind die Kantone verpflichtet, den Kulturlastenausgleich über interkantonale Vereinbarungen zu regeln. Ähnliche Vereinbarungen gibt es in der Ostschweiz oder zwischen den beiden Basel. Der Regierungsrat steht zu den Pflichten des Kantons Aargau im Rahmen des NFA und lehnt deshalb einen ersatzlosen Austritt, wie dies mit der Motion verlangt wird, ab.

Der Regierungsrat bemängelt jedoch, dass ein kohärentes System zum Ausgleich über alle Kantone hinweg fehlt und die Beitragskantone keine institutionalisierte Mitsprachemöglichkeit in Bezug auf jene Faktoren beanspruchen, welche die anrechenbaren Kosten beeinflussen.

Die interkantonale Kulturlastenvereinbarung legt fest, dass diese unter Einhaltung einer Frist von zwei Jahren auf das Ende jeder Abgeltungsperiode gekündigt werden kann. Die aktuelle Abgeltungsperiode dauert von 2016 bis 2018. Sollte der Grosse Rat die Motion überweisen, müsste eine Kündigung demnach bis zum 31. Dezember 2016 erfolgen.
 

Noch viel zu entdecken

In Brugg, der Heimatstadt des leider etwas in Vergessenheit geratenen Komponisten, organisierte Barbara Vigfusson aus Anlass des 180. Todestages von Friedrich Theodor Fröhlich eine ganztägige Veranstaltung.

Foto: Wikipedia

Was die meisten Sänger nicht wissen: Ein sehr bekanntes Volkslied, Wem Gott will rechte Gunst erweisen, auf ein Gedicht Joseph von Eichendorffs, stammt aus der Feder von Theodor Fröhlich (20. Februar 1803 – 16. Oktober 1836). Sein Vater, der sich vom Gerber zum Primarlehrer, ja sogar zum Grossrat emporgearbeitet hatte, wollte aus dem hochbegabten, der Musik zustrebenden Jüngling einen Juristen machen, schickte ihn deswegen nach Zürich zur besten Lateinschule, wo er in einem Chor von Nägelis Musikinstitut mitsang und von Hans Georg Nägeli auch ein wenig unterrichtet wurde. An der Universität von Basel besuchte er kaum Vorlesungen, sondern komponierte weitgehend autodidaktisch viele Werke, von denen er allerdings die meisten später vernichtete, weil sie seiner Selbstkritik nicht genügten. Vom inneren Zwiespalt zerrissen, erkrankte er und kehrte heim. Zwei Studienjahre in Berlin vervollständigten seine musikalische Ausbildung. Wieder in die engen Verhältnisse seiner Heimat zurückgekehrt, wurde er Musiklehrer an der Kantonsschule von Aarau und «Musikdirektor» in Brugg. Dies hatte sein Bruder, der Schriftsteller, Politiker, Pfarrer und Lehrer Abraham Emanuel Fröhlich, eingefädelt. Der mühsame Broterwerb belastete ihn immer mehr, Eheschwierigkeiten und finanzielle Sorgen wegen eines unehelichen Kindes traten hinzu und führten zu seinem frühen Selbstmord: Er sprang in die Aare.

Am Gedenktag, zu dem Walter Labhart ein sachkundiges, ausführliches Programmheft zusammengestellt hatte, befassten sich vormittags Referate und eine Podiumsdiskussion (Max Weyermann, Tom Hellat, Bernhard Billeter, Max Baumann und Anna Kardos, Moderation) mit der Lokalgeschichte, dem Leben, dem musikalischen Umfeld und der Genealogie des Komponisten. Es folgten nach einer Altstadtführung vier hochkarätige Konzerte: Das Miserere a 12 voci und vier Motetten, stimmig und kundig gesungen von den Aargauer Vokalsolisten unter Markus J. Frey, auf einem Broadwood-Hammerflügel begleitet von Stefan Müller, verbreiteten viel Wohlklang. Die «musikalische Soirée» von Susanne Oldani, Rudolf Remund, von Anne-Marie Simmen begleitet, bot als weltliche Ergänzung zwanzig Lieder, verbunden mit passenden Textlesungen.

Für mein subjektives Empfinden lagen die grössten Überraschungen, kompositorisch und interpretativ, bei den vom Elite-Ensemble Vocembalo teilweise szenisch gebotenen weltlich-geistlichen Frauenchören unter der Leitung und Begleitung von Barbara und Johannes Vigfusson und bei zwei Streichquartetten, für die sich das noch recht junge und entdeckerfreudige Casal-Quartett einsetzte. Diese Besetzung, die zu Recht als die Königsdisziplin der Kammermusik galt, hat Fröhlich zu einer frühromantisch geprägten und satztechnisch/formal meisterhaften Konstruktion angeregt. Sie sind mindestens den acht Streichquartette des sechs Jahre jüngeren Kollegen Mendelssohn ebenbürtig. Dieser hatte sich 1826 in Berlin gegenüber Fröhlich herablassend verhalten. Die Mehrzahl der Werke Fröhlichs harrt noch einer Veröffentlichung; es ist noch viel zu entdecken.
 

Bericht von Hans Christof Wagner in der Aargauer Zeitung vom 16. Oktober 2016:
Link zum Bericht

Lotteriefondsgelder für Tonhalle-Renovation

Der Gebäudekomplex aus Tonhalle und Kongresshaus in Zürich soll in den Jahren 2017 bis 2020 umfassend saniert werden. Der Regierungsrat beantragt dem Kantonsrat, das Vorhaben mit 20 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds zu unterstützen.

Foto: © Roland Fischer, Zürich/Wikimedia Commons

Land und Gebäude des Kongresshauses sind im Besitz der Kongresshaus-Stiftung. Die Stadt Zürich ist am Betrieb von Kongresshaus und Tonhalle nicht direkt beteiligt. Als regelmässige Geldgeberin hat sie aber dafür gesorgt, dass die Stiftung immer wieder für notwendige bauliche Investitionen aufkommen konnte, schreibt der Kanton.

Im Juni 2016 haben die Stadtzürcher Stimmberechtigten einem Bau- und Entschuldungskredit zugunsten der Kongresshaus-Stiftung in der Höhe von 165 Millionen Franken zugestimmt. Die ins Auge gefasste grundlegende Sanierung soll in den Jahren 2017 bis 2020 stattfinden.

Die Stadt Zürich, die Kongresshaus-Stiftung und die Tonhalle-Gesellschaft ersuchen den Kanton Zürich um einen Beitrag an die Sanierung. Der Regierungsrat hält das Anliegen laut seiner Mitteilung für berechtigt. Es gibt seiner Ansicht nach im Kanton Zürich nur wenige Institutionen wie das Kongresshaus und die Tonhalle, die eine derart weitgehende Ausstrahlung über die Grenzen der Schweiz hinaus besitzen. Er beantragt dem Kantonsrat darum, das Vorhaben mit 20 Millionen Franken aus dem Lotteriefonds zu unterstützen.
 

Gema und Youtube einigen sich

Die Gema, das deutsche Pendant zur Suisa, und die Online-Plattform Youtube haben haben sich auf eine Vergütungsregelung für Musikvieos geeinigt. Der entsprechende Lizenzvertrag umfasst rückwirkend auch den Zeitraum von 2009 bis heute.

Bild: Andrew Perry/flickr.com

Durch diesen Abschluss werden die Mitglieder der Gema auch für die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Werken auf der weltweit reichweitestärksten Online-Video-Plattform vergütet. Die Gema löst laut ihrer Medienmitteilung mit der Vertragsunterzeichnung ihren treuhänderischen Verwertungsauftrag gegenüber ihren Mitgliedern ein.

Die Vereinbarung deckt neben dem herkömmlichen werbefinanzierten Dienst auch den neuen Subscription Service ab, den Youtube bereits in den USA anbietet und der auch in Europa starten soll. Weiterhin bestehen allerdings unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen Youtube und der Gema darüber, ob Youtube oder ob die Uploader für die Lizenzierung der genutzten Musikwerke verantwortlich sind.

Zwischen der Suisa und Youtube existiert seit 2013 bereits ein Lizenzvertrag. Er regelt, wie Schweizer Komponisten und Textautoren für die Werknutzung auf der Videoplattform im In- und Ausland entschädigt werden.
 

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