Ambrosetti mit Swiss Jazz Award ausgezeichnet

Franco Ambrosetti erhält 2018 den neu von einer Fachjury vergebenen Swiss Jazz Award. Der 76-jährige Tessiner Trompeter und Flügelhornist hat europäische Jazzgeschichte geschriebe

Franco Ambrosetti (Bild: zVg)

Der studierte Ökonom und musikalische Autodidakt Ambrosetti begann bereits mit zwanzig Jahren in Mailänder Jazzclubs sowie im Africana in Zürich professionell aufzutreten. 1966 erspielte er sich am Internationalen Jazzpreis in Wien den 1. Platz und musizierte im Verlauf seiner Karriere mit der obersten Liga des internationalen Jazz. Dazu gehörten neben Dexter Gordon, Cannonball Adderley und Joe Henderson auch die Schweizer Kollegen Daniel Humair und George Gruntz sowie Jazzgrössen aus Italien wie Dado Moroni.

Franco Ambrosettis musikalisches Wirken schlägt sich in einer umfangreichen Diskografie nieder. Das Komponieren spielte dabei immer eine grosse Rolle und beinhaltet auch Musik für Film. Am Tessiner Radio RSI produzierte Ambrosetti mehr als 30 Jahre lang eine eigene Jazzsendung.

Der Swiss Jazz Award wurde 2007 von Radio Swiss Jazz zusammen mit JazzAscona ursprünglich als Publikumspreis zur Förderung der Schweizer Jazzszene ins Leben gerufen. 2017 und 2018 hat die Fachjury den Swiss Jazz Award direkt vergeben. sie setzt sich zusammen aus Beat Blaser (Musikredaktor Radio SRF 2 Kultur/Jazz), Rebecca Bretscher (Festival da Jazz, St. Moritz), Andrea Engi (Präsident Jazz Club Chur und Swissjazzorama), Nicolas Gilliet (Leiter JazzAscona), Pepe Lienhard (Bandleader, Saxofonist und Arrangeur), Sai Nobel (Musikredaktorin Radio Swiss Jazz) und Mirko Vaiz (Projektleiter Musik des Migros-Kulturprozent, Migros-Genossenschafts-Bund).

2. Basel Composition Competition

Nach der erfolgreichen ersten Durchführung im Februar 2017 wurde nun die zweite Runde der Basel Composition Competition ausgeschrieben. Der Wettbewerb findet vom 20. bis 24. Februar 2019 unter der Leitung des Jurypräsidenten Michael Jarrell statt.

Victor Ibarra gewann im Februar 2017 den 1. Preis. Foto: Benno Hunziker/Archiv SMZ

Die Organisatoren teilen mit: «Bis zum 31. Mai 2018 haben Komponistinnen und
Komponisten jeglichen Alters und jeglicher Nationalität erneut die Möglichkeit, sich auf der Webseite www.baselcompetition.com für den hochkarätigen Kompositionswettbewerb anzumelden und bis zum 31. August 2018 ein neues, noch nicht aufgeführtes Werk für Kammer- oder Sinfonieorchester einzureichen.

Der Basler Musikmanager Christoph Müller, welcher die BCC in Zusammenarbeit mit der Paul Sacher Stiftung 2015 ins Leben rief und durchführt, beabsichtigt damit, die weltweit spannendsten Komponistinnen und Komponisten nach Basel zu holen und deren Werke durch Basler Orchester uraufführen zu lassen. Der Wettbewerb steht damit ganz im Geiste des Wirkens des im Jahre 1999 verstorbenen Basler Dirigenten und Mäzens Paul Sacher (1906-1999). Die Jury setzt sich im Februar 2019 unter anderem aus den Komponisten Michael Jarrell (Jurypräsident), Wolfgang Rihm (Gründungspräsident), Helmut Lachenmann und Andrea Scartazzini, sowie dem Direktor der Paul Sacher Stiftung, Felix Meyer, und Vertretern aller Orchester zusammen.

Die nominierten Werke werden im Rahmen eines öffentlichen Wettbewerbs in vier Konzerten vom Kammerorchester Basel, dem Sinfonieorchester Basel und von der im Februar 2019 erstmals mitwirkenden Basel Sinfonietta aufgeführt. Die drei besten Kompositionen werden im Rahmen eines Final-Konzerts am 24. Februar 2019 ausgezeichnet und erhalten Preisgelder von insgesamt CHF 100 000.-. Zum ersten Mal in der Basler Orchestergeschichte werden die drei etablierten professionellen Basler Orchester in einem Projekt vereint sein.

 

Ausgezeichnete Publikationen

Der Deutsche Musikverleger-Verbandes (DMV) hat auch in diesem Jahr zehn herausragende Publikationen mit dem Musikeditionspreis «Best Edition» ausgezeichnet – erstmals ein Preisträger mit «Wild Card».

Jury 2018 (s. unten). Foto: DMV,SMPV

Die sechsköpfige Jury habe es sich bei der Begutachtung der 93 Einsendungen, die sich um den diesjährigen Preis beworben hätten, nicht leicht gemacht. Zum ersten Mal hatte sie zudem die Möglichkeit, für Publikationen, die sie für besonders gelungen hält, eine sog. «Wild Card» für den Wettbewerb zu vergeben. Eine von ihnen wurde auch direkt mit einem Preis gewürdigt: Das Buch Klingende Wasser: Hydropneumatische Musik- und Geräuschautomaten in der europäischen Gartenkunst von Dr. Alexander Ditsche, erschienen im Deutschen Kunstverlag.

Nach vielen Diskussionen wurden die folgenden Ausgaben für ihre besondere editorische Leistung ausgezeichnet.

Best-Edition-Preisträger 2018

Bettina Strübel (Hrsg.)
Trimum. Interreligiöses Liederbuch (Chorpartitur)
Breitkopf & Härtel, Wiesbaden

Silke Leopold
Claudio Monteverdi: Biografie
Gemeinschaftsausgabe des Carus-Verlags, Leinfelden-Echterdingen, mit Reclam, Ditzingen
vegl. Rezension in der Schweizer Musikzeitung

Dr. med. Christian Larsen, Julia Schürer und Dana Gitta Stratil
Einfach Singen! Die Stimme im Chor entwickeln
In Kooperation mit dem Trias-Verlag, Carus-Verlag, Leinfelden-Echterdingen

Gunther Martin Göttsche und Martin Weyer
Kleine Choralvorspiele und Begleitsätze zu den Liedern des Evangelischen Gesangbuches
in 7 Bänden
Bärenreiter-Verlag, Kassel

Siebe Henstra (Hrsg.)
Johann Sebastian Bach, Suiten, Partiten, Sonaten
bearbeitet für Cembalo von Gustav Leonhardt
Bärenreiter-Verlag, Kassel

Mike Svoboda und Michel Roth
Spieltechnik der Posaune
Bärenreiter-Verlag, Kassel

Solveig Schreiter und Raffaele Viglianti
Carl Maria von Weber: Der Freischütz
Partitur und Kritischer Bericht
Schott Music, Mainz

Ro Gebhardt
Jazz Alphabet
AMA-Verlag, Brühl

Bernhard Richter, Matthias Echternach, Louisa Traser, Michel Burdumy und Claudia Spahn
Die Stimme. Einblicke in die physiologischen Vorgänge beim Singen und Sprechen
DVD
Helbling-Verlag, Esslingen
vegl. Rezension in der Schweizer Musikzeitung

Alexander Ditsche
Klingende Wasser. Hydropneumatische Musik- und Geräuschautomaten in der europäischen Gartenkunst
Deutscher Kunstverlag, Berlin

Mitglieder der Jury 2018 (v. l)
Bert Odenthal, Grafikdesigner, Berlin (Vorsitz)
Susanne Funk, Kulturkaufhaus Dussmann, Berlin
Michael Struck-Schloen, Musikjournalist, Autor und Moderator
Jan Sören Fölster, Kirchenmusiker, Berlin
Mario Müller, Bundesverband Freier Musikschulen, Bonn
Prof. Dr. Dörte Schmidt, Universität der Künste Berlin

Monighetti beendet Lehrtätigkeit in Basel

Ivan Monighetti beendet seine Tätigkeit als Professor für Violoncello an der Hochschule für Musik mit einem Violoncellofest: vier Konzerte, an denen er gemeinsam mit seinen Meisterschülerinnen und -schülern und mit Dozierenden der Musikhochschulen FHNW auftritt.

Monighetti wird als Cellodozent an der Hochschule für Musik FHNW pensioniert. (Bild: zVg)

Annähernd 30 Jahre unterrichtete Ivan Monighetti Violoncello an der Hochschule für Musik und der Musik-Akademie Basel. Nun wird er pensioniert. Der letzte Meisterschüler des legendären Mstislaw Rostropowitsch am Moskauer Konservatorium hat an der Basler Hochschule für Musik mehrere Generationen ambitionierter Violoncello-Studierender begleitet und zahlreiche junge Musikerinnen und Musiker als Lehrer und Künstler nachhaltig geprägt.

Sol Gabetta und Kian Soltani etwa hat er jeweils rund zehn Jahre unterrichtet. Zählt Sol Gabetta seit langem zu den gefragtesten Cellistinnen weltweit, ist der eine Generation jüngere Kian Soltani auf dem Weg ein Weltstar seines Instruments zu werden. Beide haben sie unter anderen den Credit Suisse Young Artist Award gewonnen. Eben erst hat Sol Gabetta bei den Osterfestspielen Salzburg den Herbert von Karajan-Preis erhalten.

Nun steht zu Ehren Monighetti das Internationale Violoncellofest in Basel mit vier Konzerten zwischen April und Juni auf dem Programm: drei davon im Grossen Saal der Musik-Akademie und ein Galakonzert mit dem Sinfonieorchester Basel im Musical Theater Basel. Neben Sol Gabetta und Kian Soltani werden weitere international bekannte Musiker wie etwa Mischa Maisky oder Frans Helmerson gemeinsam mit Monighetti zu hören sein.

Mehr Infos:
https://www.fhnw.ch/resolveuid/39998c227d41420480af447c63ac1ce9

Suisseculture empfiehlt Ja zum Geldspielgesetz

Suisseculture empfiehlt Ja zum Geldspielgesetz. Eine Ablehnung würde nach Ansicht des Kulturdachverbandes bedeuten, dass «hunderte Millionen Franken direkt in dubiose Kassen im Ausland anstatt in gemeinnützige Aktivitäten und Projekte in den Bereichen Kultur, Sport und Soziales fliessen».

Bild: Matthew Maroon/flickr.com

Mit dem Gesetz wären in der Schweiz die lizenzierten Anbieter von Glücksspielen den wohl weltweit schärfsten Bestimmungen gegen die Spielsucht unterstellt. Dabei gehe es, so Suisseculture, «ausschliesslich darum, den Zugang zu Anbietern von illegalen Online-Geldspielen zu unterbinden, die sich weder an die nationalen Vorschriften zum Schutz vor Spielsucht und Geldwä­scherei noch an die geltenden Abgaberegeln halten». 

Die von den Gegnern, darunter quer durchs Parteienspektrum die Jungparteien,  verwendeten Begriffe «Internet-Sperre» oder sogar «Internet-Zensur» seien irreführend: Es werde einzig der Zugang zu jenen Internet-Geldspiel-Sites ge­stoppt, die in illegaler Weise auf Schweizer Kunden zielen. 

Eine entsprechende Resolution wurde von der Mitgliederversammlung von Suisseculture am  13. April 2018 einstimmig verabschiedet.
 

Aufenthaltsstipendien im Engadin

Im Rahmen des Artists-in-Residence-Programms bietet die Fundaziun Nairs Künstlerinnen und Künstlern für 2019 Aufenthaltsstipendien im Zentrum für Gegenwartskunst Nairs in Scuol (Engadin) im Kanton Graubünden an. Die Künstleraufenthalte dauern mindestens 2 bis maximal 10 Monate. Bewerbungsschluss für den Zeitraum Februar bis November 2019 ist der 30. April 2018.

www.nairs.ch,SMPV

Das Künstlerhaus befindet sich im historischen Badehaus des ehemaligen Kurhauses Scuol-Tarasp am Ufer des Inns, es umfasst neun Ateliers und Schlafzimmer, eine Küche mit Aufenthaltsraum, einen grossen Veranstaltungssaal sowie Ausstellungsräume auf drei Etagen.
Es leben und arbeiten monatlich bis zu 10 KünstlerInnen, Musiker, Komponistinnen, Autoren, Tänzerinnen, Performer und Wissenschaftlerinnen aus aller Welt unter einem Dach. Die Ergebnisse der in Nairs entstandenen Arbeiten werden Ende der Saison in einer Ausstellung gezeigt. Die StipendiatInnen erhalten ein eigenes Atelier und ein Schlafzimmer. Rund 30 KünstlerInnen können pro Jahr aufgenommen werden. Zu leisten ist ein Monatsbeitrag von CHF 500 an die Verpflegungskosten. Die Aufenthaltsdauer kann frei gewählt werden – mindestens zwei Monate, maximal zehn Monate.

Die Fundaziun Nairs ist eine einzigartige Synthese aus Künstlerhaus, Kunsthalle und Kulturzentrum. Sie schafft Freiraum für konzentriertes schöpferisches Arbeiten und eine Atmosphäre für konstruktive Dialoge zwischen den verschiedenen Gruppen. Nairs versteht sich als Arbeits- und Begegnungsort. Die individuelle Arbeit und die Auseinandersetzung zwischen verschiedenen Kunstdisziplinen prägen die Stimmung im Haus. Neben dem Artists-in-Residence-Programm bietet die Fundaziun Nairs regelmässig Raum für Ausstellungen und kulturelle Veranstaltungen.

Eingabeschluss: 30.4. (für Aufenthalte 1.2.–30.11.2019)
Informationen und Anmeldeformular: www.nairs.ch/kunstlerhaus/artists-in-residence
Kontakt: air@nairs.ch, Telefon +41 (0)81 864 98 04

Joachim Raff soll wiederentdeckt werden

Der Verlag Breitkopf & Härtel und die Schweizer Joachim-Raff-Gesellschaft haben eine intensivere Zusammenarbeit vereinbart. Sie hat die Wiederentdeckung eines der meistgespielten Komponisten seiner Zeit zum Ziel.

 v.l.n.r.: Res Marty (JRG), Nick Pfefferkorn (Breitkopf & Härtel), Severin Kolb (JRG). (Bild: zvg)

Es war eine Empfehlung Mendelssohn Bartholdys, die Breitkopf & Härtel ursprünglich auf den unerfahrenen Joachim Raff aufmerksam machte. 1844 publizierte der Verlag die ersten Klavierwerke des jungen Mannes, der in seinem Leben über 300 Kompositionen schrieb. Um die Pflege und Erforschung seines Erbes kümmert sich auch die am Schweizer Geburtsort des Komponisten im schwyzerischen Lachen ansässige Joachim-Raff-Gesellschaft.

1822 in Lachen am Zürichsee geboren wurde Raff zuerst Primarlehrer in Rapperswil. Nach vier Jahren Schuldienst und autodidaktischer Ausbildung in Klavier- Orgel- und Violinspiel wählte er den Musikerberuf. 1845 engagierte Liszt ihn als Sekretär. Ab 1856 wirkte er in Wiesbaden als Klavierlehrer und Dozent für Harmonielehre. Bald wurde er einer der gefragtesten Komponisten seiner Zeit. 1877 wurde er erster Direktor des Hochschen Konservatoriums in Frankfurt, wo er unter anderem Clara Schumann förderte. Raff starb 1882 in Frankfurt.

Popmusik und Panels

Die 21. Ausgabe des m4music-Festivals wurde nicht nur von gut 6700 Musikfans, sondern auch von rund 1050 nationalen und internationalen Vertretern der Musikbranche besucht. Speziell auf diese zugeschnitten waren Panels zu Themen wie Virtual Reality, Genderquoten oder die Zukunft der Schweizer Konzertlokale.

Am Grundrezept von m4music rüttelt man auch bei der Ausgabe vom 22. bis 24. März nicht: Beim jährlichen Stelldichein der Schweizer Musikszene wird nachmittags diskutiert und abends folgt Livemusik. Das dreitägige Festival des Migros-Kulturprozents startet jeweils in Lausanne – nicht zuletzt, um den kulturellen Röstigraben zu überwinden – und zieht tags darauf in den Schiffbau nach Zürich. Dort umfasst das Konferenzprogramm zwölf Punkte, darunter der Liedwettbewerb «Demotape Clinic».

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Panel «Virtual Reality and Music». Foto: m4music/Ennio Leanza

Zeitlich und räumlich unabhängig

Weil sich diverse Panels überschneiden, gilt es auszuwählen, etwa das Thema «Virtual Reality and Music». Björn Beneditz, künstlerischer Berater der Hamburger Hip-Hop-Formation Deichkind, ist sich sicher, dass Virtual Reality (VR) die Zukunft der Livekonzerte bilden werde. Denn sie erweitere die Bühne nicht nur, sondern ermögliche auch Einblicke in den Bereich hinter der Bühne. «Zudem lassen sich dank Virtual Reality die Shows sowohl zeitlich als auch räumlich unabhängig erleben.» Dass es sich dabei um mehr als blosse Fantastereien handelt, beweisen die Aussagen von Isabel Sánchez, die als Creative Content Manager für das Montreux Jazz-Festival tätig ist. «Wir haben schon 15 Konzerte mit VR-Kameras aufgezeichnet und das Resultat war sehr, sehr eindrücklich.» Gerade, weil die bisherigen Geschäftsmodelle wegbrächen, seien Plattenlabels gegenüber innovativen Übertragungsmöglichkeiten offen. «Ich glaube auch, dass das Publikum lieber ein Headset trägt, als zuhinterst in einer Konzerthalle zu stehen.» Aus Sicht von Björn Beneditz dürfte VR insbesondere für aufstrebende Künstlerinnen und Künstler von Interesse sein, die von ihrem Heimstudio aus arbeiten und ihre Musik dank dieser Technik direkt in die Wohnungen der Fans transportieren können. «Bands, die bereits seit zwanzig Jahren erfolgreich sind, haben ein solches Vorgehen weniger nötig.»

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Panel «No Billag: Jetzt wird verdaut!». Foto: m4music/Ennio Leanza

Nicht richtig verdaut

Als wenig ergiebig entpuppt sich die Diskussionsrunde «No Billag: Jetzt wird verdaut!». Im Nachgang zur Abstimmung bezüglich der Abschaffung des Service public beharren sowohl der Zürcher SVP-Nationalrat Claudio Zanetti als auch die übrigen Podiumsteilnehmenden meist auf ihren hinlänglich bekannten Positionen. Spätestens nach Zanettis Einwurf, die hiesigen Medien würden einen klaren Linksdrall aufweisen, stagniert die Debatte. Der stellvertretende Direktor und Programmchef SRF, Hansruedi Schoch, bezeichnet den Volksentscheid als «fundamental wichtig». Das Abstimmungsergebnis habe gezeigt, dass in der Schweiz weder zwischen den Generationen noch zwischen ländlichem und urbanem Raum oder den Landesteilen ein Graben existiere. Die vielleicht wichtigste Erkenntnis fällt erst gegen Schluss, als Schoch erklärt: «Unsere Konkurrenten sind nicht Tamedia oder Ringier.» Sondern wohl eher Unternehmen wie Google oder Facebook. Doch dieser Punkt wird leider nicht mehr vertieft.

Quoten für weibliche Acts

Am frühen Samstagnachmittag dreht sich die Diskussion um «Gender, who cares?». Katja Lucker, Geschäftsführerin der Fördereinrichtung Musicboard Berlin und zugleich Direktorin des dortigen Pop-Kultur Festivals, führt in ihrem Kurzvortrag aus, wie das Musicboard mit einem Budget von 3,6 Millionen Euro im Jahr 2017 den Schwerpunkt auf die Förderung von Musikerinnen und die queere Szene legte. Es sei essenziell gewesen, dass alle zuständigen Gremien und Jurys mit einem Frauenanteil von mindestens 50 Prozent besetzt worden seien. Die Geschäftsleiterin der Koordinationsstelle Helvetiarockt, Regula Frei, weist darauf hin, dass sich in der Schweiz noch kein einziger Event zur International Keychange Initiative bekannt habe. Diese will Festivals verpflichten, ihr Programm bis 2022 mit je 50 Prozent weiblichen und männlichen Acts zu besetzen. Philippe Cornu, verantwortlich für das Musikprogramm des Berner Gurtenfestivals, spricht von einem kontrovers und europaweit diskutierten Thema und gibt zu: «Die Denkweise muss sich ändern.» Für das aktuelle Jahr habe man sich einen Anteil von 30 Prozent weiblichen Acts für das Gurtenfestival vorgenommen, erreichen werde man jedoch nur 23 Prozent.

Mittelgrosse Clubs gefährdet

Weniger strittig präsentiert sich dann die Debatte zum «Musikclub von morgen». Philippe Bischof, neuer Direktor von Pro Helvetia, meint zum Clubsterben: «Die Häuser stehen vor einer permanenten Herausforderung.» Oliver Dredge, Geschäftsleiter des KIFF in Aarau, erklärt, nicht jeder Club müsse überleben, aber: «Wichtig ist, dass jede Stadt über einen guten Veranstaltungsort verfügt.» Mittelgrosse Musiklokale wie das KIFF seien besonders gefährdet. Derartige Häuser würden oftmals viel Aufbauarbeit in neue Künstlerinnen und Künstler investieren, doch kaum hätten diese Erfolg, wanderten sie in grössere Konzerthäuser ab. Philipp Schnyder von Wartensee, Festivalleiter von m4music, ist der Ansicht, die Zukunft der Clubs liege in deren Institutionalisierung.

Angst und Depression

Mit «Rock’n’Roll and Depression» kam ein selten erörtertes Thema zur Sprache: Moderator Hanspeter «Düsi» Künzler verwies in seiner Einleitung auf eine Studie der Universität Westminster von 2016, die aufzeige, dass 71 Prozent der befragten Musikerinnen und Musiker unter Angstzuständen oder Depressionen litten. Florian Burkhardt beispielsweise, der als Autor und Musiker arbeitet, ignorierte alle Warnzeichen seines Körpers – bis er sich eines Tages in der S-Bahn nicht mehr erheben konnte. Viele Therapien später bezieht der 44-Jährige mittlerweile eine Invalidenrente und ist auf Medikamente angewiesen: «Ich habe heute bereits sechs Pillen geschluckt.» Der Brite Andy Franks, langjähriger Roadmanager für Bands wie Depeche Mode oder Coldplay, hat seinen Job verloren, weil seine Alkoholprobleme überhandnahmen. Inzwischen ist er trocken und hat die Stiftung «Music Support» ins Leben gerufen. Sie steht Musikern zur Seite, die Suchtprobleme haben oder um ihre psychische Gesundheit kämpfen. Er erinnert sich: «Auf Tour mit Künstlern wie Robbie Williams wirst du Tag und Nacht umsorgt. Doch sobald die Konzertreise vorbei ist, stehst du wortwörtlich alleine da.»

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Veronica Fuscaro. Foto: m4music

Musikalisch mehr oder weniger packend

Auf die Theorie und die vielen Debatten folgt – wie es sich für ein Musikfestival gehört – auch jede Menge Livekost: Während Zøla & The North es am Freitagabend verstehen, ihre Mischung aus Electronic, Pop und Rap mit dichten Melodien anzureichern, schaffen es The Garden & The Tree bei ihrem Auftrifft nicht, die Nervosität abzustreifen. Ihr eigentlich lüpfiger Folk-Pop will nie richtig Fahrt aufnehmen. Weit eindrücklicher präsentieren sich die Songs von Veronica Fuscaro. Ihre von leiser Schwermut umrahmten Poplieder wirken ebenso warm wie authentisch. Nicht minder imposant, aber von ganz anderer Machart zeigt sich das Konzert von Rootwords, der sein Publikum mit harten Beats und sozialkritischen Lyrics in den Bann zieht. Wenig berauschend hingegen ist das samstägliche und allzu lauschige Elektronika-Set von Pablo Nouvelle. Für Highlights sorgen dafür Nakhane aus Südafrika, dessen mit viel Soul unterlegter Elektropop schon beinahe schmerzhaft schön klingt, sowie Zeal & Ardor: Ihre Melange aus Gospel und Black Metal ist nicht nur innovativ, sondern auch furios.

Und welchen Eindruck haben die Macher der diesjährigen m4music-Ausgabe von der Schweizer Musikszene? «Diese ist sehr vital und vielfältig. Wir haben viele starke Konzerte gesehen, etwa von KT Gorique, Stereo Luchs, Monumental Man oder Meimuna», bilanziert Festivalleiter Philipp Schnyder von Wartensee. Von den Panels, die er mitverfolgen konnte, habe bei ihm insbesondere dasjenige zum Thema Gender einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Seine Erkenntnis für das nächstjährige Festival lautet denn auch: «Die Gender-Diskussion muss unbedingt weitergeführt werden.»

Auf dem YouTube-Kanal «m4music1» lassen sich diverse Interviews und Panels nachverfolgen.

m4music.ch

Neuenburger Trio gewinnt Schweizer Kleinkunstpreis 2018

Das Neuenburger Trio Les Petits Chanteurs à la Gueule de Bois wird auf Empfehlung der Eidgenössischen Jury für Theater mit dem Schweizer Kleinkunstpreis 2018 ausgezeichnet.

Les Petits Chanteurs à la Gueule de Bois (Bild: Guillaume Perret)

Les Petits Chanteurs à la Gueule de Bois, vor rund fünfzehn Jahren in den Neuenburger Bergen gegründet, sind die drei Musiker Lionel Aebischer, Frédéric Erard und Raphaël Pedroli. Der Name der Gruppe ist eine Abwandlung des traditionsreichen französischen Knabenchors Les Petits Chanteurs à la Croix de Bois. Die Auftritte der drei bewegen sich zwischen Musik und Theater. Dargeboten werden Chansons über die kleinen Dinge unseres Daseins, die ein erwachsenes, aber mit einem eigenen Programm auch ein junges Publikum ansprechen.

Der Schweizer Kleinkunstpreis wurde 1993 von Thuner Initianten als «Goldener Thunfisch» ins Leben gerufen. Später wurde er von der KTV ATP – Vereinigung KünstlerInnen – Theater – VeranstalterInnen, Schweiz, unter dem heutigen Namen übernommen und ausgerichtet. Seit 2015 ist der Kleinkunstpreis Bestandteil der Schweizer Theaterpreise. Ziel ist in Ergänzung der Schweizer Theaterpreise Bühnenschaffen aus den Genres der Kleinkunst (Kabarett, Clownerie, Artistik, Café/Concert etc.) auf Bundesebene zu würdigen.

Der Preis ist mit 30‘000 Franken für eine Einzelperson und 50‘000 Franken für eine Gruppe dotiert. Die Nominierten erhalten 5‘000 Franken.

Lehrreich geht auch spannend

Das Festival Alte Musik Zürich stellte unter dem Titel «In Paradisum» vom 9. bis 18. März Totenmessen verschiedener Epochen ins Zentrum.

Das erste mehrstimmige Requiem der Musikgeschichte! Mit Johannes Ockeghems Missa pro defunctis eröffnete das Festival Alte Musik Zürich einen Requiem-Reigen, der es in sich hatte. Bekanntes und Unbekanntes trugen führende Ensembles der historischen Aufführungspraxis vor und ein tatsächlich auch informatives Programmheft ordnete es historisch ein. Eine Formel, die das Forum Alte Musik Zürich bereits seit 16 Jahren perfektioniert und die es den Besuchern erlaubt, für zwei Wochen tief in ein Thema einzutauchen.

Wer jetzt glaubt, damit schon das Konzept der mittlerweile zweimal jährlich stattfindenden Festivals verstanden zu haben, wird schnell eines Besseren belehrt. Ein Vorausblick auf das Programm des Herbstfestivals Windspiel verdeutlicht, dass hier eine sehr offene Auffassung von Alter Musik vertreten wird. Anders sind die Namen von Mozart und Beethoven im Programm nicht zu erklären. Roland Wächter, gemeinsam mit Martina Joos Präsident des Forums, führt denn auch aus: «Alte Musik ist alles, was auf Instrumenten und im Stil der entsprechenden Epoche, ‹historisch informiert› gespielt wird.» Und fügt noch leicht provokativ an, dass es also durchaus denkbar wäre, in diesem Sinne auch mal Debussy aufs Programm zu setzen.

Es ist dieser weite Horizont, der die zweiwöchigen Festivals lebendig hält, interessant und unvorhersehbar. Bereits in der ersten Ausgabe 2002 stellten die Organisatoren Monteverdis Ulisse eine moderne Bearbeitung des Odyssee-Stoffes gegenüber. Diesen März begleitete nun das Orlando Consort den Stummfilm La Passion de Jeanne d’Arc mit Vokalmusik aus der Zeit der Jungfrau von Orléans. Keinerlei Berührungsängste zeigten die Macher auch bei ihrer Zusammenarbeit mit dem Verein 500 Jahre Zürcher Reformation. Die Mittelalter- und Renaissance-Spezialisten Le Miroir de Musique trafen dabei auf die Volksmusiker der Helvetic Fiddlers und nahmen einen Dialog wieder auf, der vor langer Zeit abgebrochen worden war.

Der Schwerpunkt von In Paradisum lag aber auf Vertonungen der Totenmesse aus Renaissance und Barock. Dabei war unschwer das Bemühen zu erkennen, einen historisch umfassenden Überblick zu bieten: Mit Werken unter anderem von Kerll, Schütz und Campra waren österreichischer, deutscher und französischer Barock repräsentiert, protestantische und katholische Kirchenmusik zusammengeführt. Die schon seit langem bewährte Zusammenarbeit mit dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich, das ein frei zugängliches Symposion zum Thema anbot, unterstrich diesen didaktischen Anspruch noch.

Hohe Qualität und ein Quäntchen Pragmatismus

Trotzdem wirkte das Ganze nie schulmeisterlich, was vor allem an der Qualität der Konzerte lag. So war die nur selten zu hörende Missa pro defunctis von Johann Caspar Kerll ein echter Ohrenöffner. Drastische Klangeffekte fehlen darin völlig; was man für selbstverständlich hält, erweist sich als später entstandene Konvention. Das belgische Ensemble Vox Luminis verlieh dem innigen Werk bei aller sanften Feierlichkeit zudem eine innere Spannung und vermochte damit die zahlreichen Zuhörer in der St. Peter-Kirche in seinen Bann zu schlagen. Dass es dabei vom brillanten Gambenconsort LʼAchéron begleitet wurde, kann man als Tüpfelchen auf dem i bezeichnen: Den eher unspektakulären Instrumentalpart qualitativ derart hochstehend zu besetzen, ist wahrer Luxus.

Es gab aber nicht nur internationale Klasse zu erleben. Chor und Orchester der St. Galler Bach-Stiftung sind für hochstehende Bach-Interpretationen bekannt, ihre Verpflichtung ist daher nur folgerichtig. Dass sie aber Bachs Johannes-Passion spielten, zeigt noch einen weiteren Aspekt des Festivals. Mit einigem guten Willen lässt sich das Stück zwar in den thematischen Zusammenhang einfügen, doch in erster Linie ist dieser Auftritt dem Pragmatismus der Festival-Leitung zu verdanken. Auch populäre Werke gehören in das Programm. Eine Taktik, die sich auszahlt, sind die Konzerte doch seit Jahren stabil gut besucht, wobei dieses Frühjahr besonders erfreulich gewesen sei, wie Roland Wächter berichtet.

Der würdige Abschluss war dann wieder einer Rarität überlassen. Mit André Campras Messe des Morts präsentierten das Zürcher Barockorchester und das Vokalensemble Zürich unter Peter Siegwart eine weitere Trouvaille aus dem grossen Fundus zu Unrecht wenig bekannter Werke. So konnte das Publikum eine farbige, sinnliche Musik entdecken, der Dramatik zwar nicht fremd ist, die den Weg ins Jenseits aber dennoch in sanften Tönen zeichnet. Vorgetragen von einem Ensemble, dem die französische Musiksprache hörbar vertraut ist, entliess sie einen in den Abend, voller Vorfreude und Neugierde auf den Herbst.

Tenorsaxophon aus Holz

Theresa Jensch studiert an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) Holzingenieurwesen und baut ein Tenorsaxophon aus Holz. Einen ersten Prototyp brachte sie bereits zum Klingen – jetzt steht die Integration der Mechanik an, wofür sie Unterstützung sucht.

Theresa Jensch mit den beiden Prototypen der Holztenorsaxophone (Bild: HNEE 2018)

Wie verbindet man musikalisches Interesse mit einem Studium des Holzingenieurwesens? Für Theresa Jensch liegt das ganz klar auf der Hand: Sie baut ein Saxophon aus Holz. In ihrem Forschungsprojekt an der HNEE am Fachbereich Holzingenieurwesen möchte sie ergründen, wie das Instrument physikalisch funktioniert und sich dieses Wissen beim Bau einer Holzvariante erschliessen. Zwei hölzerne Prototypen hat sie bereits gefertigt und auf einem von ihnen kann sie zwei Töne im Abstand einer Oktave erzeugen.

«Die Töne klingen weicher als bei der Metallvariante», beobachtet die HNEE-Studentin, die selbst Tenorsaxophon spielt. Im nächsten Schritt will sie nun die Mechanik integrieren, womit das Fräsen von passenden Löchern verbunden ist. Ihr Ziel ist es, das Holzsaxophon so zu fertigen, dass die Intonation der ursprünglichen Bauweise aus Metall entspricht und das Instrument im selben Masse wie das Original musikalisch einsetzbar ist. Es soll im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten harmonieren.

Auf dem deutschen Markt gibt es derzeit noch kein Holztenorsaxophon, das diesem Qualitätsanspruch entspricht. Bekannt sind der HNEE-Studentin hingegen Holzaltsaxophone, die ohne Klappen spielbar sind. «Im aussereuropäischen Raum werden die meisten Holzsaxophone aus Tropenhölzern gefertigt», sagt Theresa Jensch, die für ihre Prototypen bisher Nadelholz verwendet. Wenn der erste spielbare Prototyp steht, sollen einheimische Hölzer mit einer möglichst hohen Dichte wie zum Beispiel Obstgehölze verwendet werden.

Aktuell ist die angehende Holztechnikerin an der Zusammenarbeit mit erfahrenen Personen im Instrumentenbau interessiert, die Lust haben, sie bei ihrem Projekt zu unterstützen. Nach der Fertigung der Löcher, die im Sommer realisiert werden soll, sucht sie Hilfe beim Anbau der Mechanik.

Kontakt:
Theresa Jensch
HNEE-Studentin am Fachbereich Holzingenieurwesen
6. Fachsemester
E-Mail: theresa.jensch[at]hnee.de

Neues Logo für Deutsche Orchestervereinigung

Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) hat ihr Logo aufgefrischt und die Website in den vergangenen Monaten komplett neu gestaltet. Zudem steht die alle drei Jahre stattfndende Deutsche Orchesterkonferenz vor der Tür.

Das neue Logo der Deutschen Orchestervereinigung (Bild: DOV)

Die Seiten sind des DOV-Webauftrittes sin klarer strukturiert, damit Nutzerinnen und Nutzer sich besser zurecht finden. Sie bieten auch noch mehr Informationen, zum Beispiel über aktuelle DOV-Projekte, Musikergesundheit oder Reisen mit Instrumenten. Und  die Seiten passen sich nun auch mobilen Endgeräten an.

Alle drei Jahre veranstaltet die DOV die Deutsche Orchesterkonferenz zu aktuellen kultur- und musikpolitischen Themen. Die nächste findet mit dem Kooperationspartner netzwerk junge ohren (njo) am 24. April 2018 in Halle (Saale) statt. Erwarten werden über 300 Teilnehmende aus den Bereichen Kultur- und Orchestermanagement, aus der Musikvermittlung, aus der Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik sowie der Medienpolitik und aus Rundfunkanstalten in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Ticino: strategia networking

Quest’edizione mette in luce la Scuola universitaria di Musica del Conservatorio della Svizzera italiana, unico istituto universitario musicale svizzero al sud delle alpi. In un contesto come quello del Ticino la creazione di reti è fondamentale. Ciò vale a maggior ragione per il contesto culturale, dove gli attori principali hanno fatto del lavoro in rete la strategia vincente.

Christoph Brenner — Cosa fai se sei una scuola giovane e piccola in un mondo dominato da tradizioni? In un territorio piccolo abitato da appena 300 000 persone? Con un polo economico e culturale d’importanza mondiale ad appena 60 chilometri di distanza? In un mercato del lavoro condizionato dalla difficile situazione economica del paese limitrofo e dall’involuzione del settore economico principale?

Al momento della sua fondazione, 30 anni orsono, il Conservatorio della Svizzera italiana (CSI) sembrava non avere alcuna chance. Eppure… nonostante mezzi finanziari limitati e la presenza di concorrenti di peso sia a Nord che a Sud, il Conservatorio è riuscito a conquistarsi il suo spazio, puntando innanzitutto sulla cooperazione e sulla creazione di reti.

Reti interne, in quanto è strutturato in tre dipartimenti: in aggiunta alla Scuola universitaria di Musica (SUM) e alla Scuola di Musica, nel 1999 è stata fondata una scuola pre-professionale, oggi Pre-College. I tre dipartimenti, pur con direzione, contabilità e gestione dei contratti separati, cooperano in modo inter- e transdipartimentale, non solo per la formazione dei docenti strumentali/vocali e la relativa pratica professionale, ma anche nella pianificazione del personale, nella progettazione di un iter unico e continuato dell’allievo dalla Scuola di Musica alla SUM e nella presenza sul territorio: laddove la SUM si orienta chiaramente verso un orizzonte internazionale, gli altri dipartimenti sono fortemente ancorati al territorio, facendo del Conservatorio una vera scuola ticinese. Il Pre-College, tra parentesi, è co-diretto dai due direttori della SUM e della Scuola di Musica, fatto che – piuttosto sorprendentemente – gli ha permesso di sviluppare un forte profilo autonomo nell’interesse dei suoi allievi.

Cooperazione

La cooperazione è naturalmente quella con le altre realtà universitarie sul territorio, in primis la SUPSI (Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana), alla quale la SUM è affiliata, ossia integrata a livello universitario ed autonoma a livello amministrativo e finanziario, modello che si è dimostrato vincente: un Doppio Master per formare docenti di educazione musicale concepito assieme al DFA (Dipartimento Formazione ed Apprendimento, già Alta scuola pedagogica); un Master di Ricerca artistica assieme all’Accademia Teatro Dimitri (ATD), anch’essa affiliata alla SUPSI; le assi di ricerca tematiche e trasversali all’interno della stessa SUPSI. Inoltre, da quasi 20 anni, nell’ambito della Rassegna 900presente: SUPSIArts, con produzioni – in sinergia con la stessa ATD e con il Corso di laurea in Comunicazione visiva del DACD – di opere «tradizionali» (es. Rape of Lucretia di Britten), più sperimentali (es. Kraanerg di Xenakis, con riprese TV della RSI) e importanti commissioni (es. quella al compositore spagnolo Sánchez-Verdú per Il Giardino della Vita, spettacolo teatrale su testi di Isella).

Vent’anni fa, la musica contemporanea in Ticino non era neanche una nicchia di mercato: il Conservatorio ha quindi colto la possibilità di diventarne l’attore principale. Anche in questo caso la collaborazione è stata fondamentale: da due decenni Rete Due e RSI sono co-produttori della Rassegna 900 presente. Entrambi sono partner strategici anche in vari altri ambiti, dalla produzione musicale (coproduzioni, prestazioni di servizio) ai radiodrammi.

In una situazione di trasformazione si trova l’Orchestra della Svizzera italiana (OSI), da sempre un partner importante, non solo nella formazione (es. per i diplomi di solista), ma sempre più anche nella produzione, come in una memorabile Nona Sinfonia di Mahler, scelta per essere pubblicata in CD nel 2017 dall’Associazione degli Amici dell’OSI.

Una pietra miliare è stata infine posta nel 2015 con l’inaugurazione del LAC, il nuovo centro culturale di Lugano, con sala teatrale e concertistica, che funge da catalizzatore nello sviluppo della piazza culturale luganese. Numerose sono state le cooperazioni del CSI con il LAC (es. matinée domenicali) e con Lugano Musica (es. EAR, rassegna di musica elettronica, e approfondimenti tematici), e fortemente cresciute sono state le sponsorizzazioni per gli eventi al LAC, che sono regolarmente «sold out».

Il futuro

Se il Conservatorio vorrà aver successo anche in futuro dovrà mantenere l’equilibrio tra scuola a respiro internazionale ed ancoraggio al territorio. Dovrà cercare di consolidare i suoi punti forti (scuola piccola e flessibile a basso impatto burocratico, internazionale, multilinguistica), insistere sugli ambiti che gli permettono una posizione egemonica almeno relativa (pedagogia musicale in lingua italiana, musica contemporanea, attività orchestrale) e coltivare il suo eccellente corpo docenti e l’alto livello dei suoi collaboratori. Il lavoro in rete sul territorio è indubbiamente un elemento cardine per trasformare i punti deboli enunciati inizialmente in punti di forza, e le necessità in virtù.

Christoph Brenner

… è direttore del Conservatorio della Svizzera italiana.

Testimonianze dal territorio

Giulia Genini (Co-responsabile della formazione e musicista freelance), come può, secondo Lei, il Ticino affermarsi in un contesto artistico in Svizzera, risp. quali sono i suoi punti vendita unici? 

Se si pensa all’offerta culturale presente sul territorio ticinese in rapporto alla sua dimensione ci si rende conto molto bene di come questo triangolo di Svizzera sia eccezionalmente vivo e dinamico e di come sia al passo con gli altri importanti centri culturali svizzeri. Se prendiamo il frangente musicale i dati parlano chiaro: la presenza di un’orchestra stabile, l’OSI, con collaborazioni di prestigio internazionale tra solisti e direttori d’orchestra, un coro, il coro della RSI, con 80 anni di tradizione, un’orchestra barocca, I Barocchisti, tra le più affermate al mondo, il Conservatorio della Svizzera italiana, divenuto Scuola universitaria di Musica, che presenta un’ampia offerta formativa e di post formazione tra le più aggiornate e diversificate, la Scuola di Musica del Conservatorio della Svizzera italiana attiva in tutto il territorio ticinese nelle sue diverse sedi di Lugano, Mendrisio, Bellinzonese e tre valli e Locarno, la Civica Filarmonica di Lugano che vanta una tradizione addirittura centenaria, una sala da concerti nuova di zecca, il LAC, stagioni musicali di ampio respiro che spaziano dalla musica classica al pop, al Jazz. Per non parlare di musei, teatri, esposizioni, festival, il tutto in una cornice unica: un territorio ricco di storia a contatto con una natura esplosiva. Il Ticino è un vero concentrato di cultura e bellezza. C’è davvero tanto, e il tutto è a portata di mano. 

Che significato ha la creazione di reti nell’ambito dell’insegnamento e della ricerca per il Conservatorio della Svizzera italiana?

La rete intesa come interdisciplinarità, contatto e collaborazione – non solo in riferimento a insegnamento e ricerca ma direi tra tutte le componenti dell’istituto, siano essi i dipartimenti, gli insegnanti, gli allievi, i responsabili, le sedi eccetera – è senz’altro uno schema di vitale importanza per l’attività del Conservatorio della Svizzera italiana. Connettere e mantenere in comunicazione tra loro tutte le diverse componenti della Scuola universitaria di Musica è una sfida continua. Ciò permette di seguire delle linee comuni e di stabilire in modo definito e aggiornato gli obbiettivi della scuola. 

Luca Medici (Direttore della Scuola di Musica e Responsabile delegato del Pre-College del CSI) quali sono le principali sfide per il Ticino come Cantone e come centro culturale in Svizzera e in Europa?

Direi che la prima sfida a livello ticinese è quella di realizzare la ricchezza del mondo culturale e formativo della scena ticinese, sembra scontato, ma a fronte di tante eccellenze, forse ciò che oggi manca è un disegno, una politica culturale, delle linee guida. Questo è necessario per fare chiarezza e per delineare lo sviluppo futuro di questa scena: ogni ticinese è fiero di Daniele Finzi Pasca, dell’OSI, del Teatro Dimitri e del CSI, proprio per continuare con queste eccellenze e per farle diventare un traino della società necessitiamo di linee guida che ci traghetteranno in un sempre maggior coinvolgimenti di tutti gli strati della società. Dopodiché il nostro mandato culturale rispetto alla Svizzera e all’Europa risulterà più facile da interpretare, promuovere ciò che un piccolo territorio con risorse contenute da investire riesce a realizzare, creare una vera identità culturale ticinese e affermarla!

Michel Gagnon (Direttore generale del LAC Lugano Arte e Cultura), quali sono per Lei le grandi opportunità del Ticino come polo artistico e come sede del Conservatorio della Svizzera italiana?

Il Ticino è un luogo peculiare e virtuoso. È una realtà territoriale di piccole dimensioni con un’offerta culturale decisamente superiore ad altre simili per grandezza. Oltre ad essere la sede del centro culturale che dirigo, sono attivi sul territorio attori quali il Museo d’arte della Svizzera italiana, l’Orchestra della Svizzera italiana – fresca vincitrice agli ICMA -, la Fonoteca nazionale svizzera, il Conservatorio della Svizzera italiana, per citarne solo alcuni. Si svolgono eventi di importanza internazionale come il Locarno Festival o diffusi in Svizzera, tra cui il Festival della Danza STEPS, e rassegne contemporanee quali il FIT Festival Internazionale di Teatro. In questo contesto favorevole si è sviluppata un’importante tradizione musicale legata alla classica, con un numeroso seguito di appassionati. Al LAC abbiamo una sala concertistica con un’acustica eccezionale, che ha permesso di fare un ulteriore passo in avanti. Le rassegne di musica classica si sviluppano sull’arco di una stagione, da ottobre a giugno, e ospitano orchestre prestigiose, assieme a direttori e solisti di alto livello. Lo scorso anno, a inizio estate, abbiamo pure ospitato un paio di concerti spettacolo all’aperto in Piazza Luini. Al LAC trova casa l’Orchestra della Svizzera italiana (OSI) con la quale abbiamo siglato un progetto di residenza artistica da cui sono nati interessanti progetti in collaborazione con gli altri partner artistici: con LuganoInScena si è, ad esempio, realizzato lo spettacolo di danza con musiche dal vivo La mer + La sagra della primavera (interpreti Compagnia Virgilio Sieni e OSI). La scena musicale è inoltre supportata dalla Radiotelevisione Svizzera sia in qualità di produttore dei Concerti RSI sia per la sua diffusione con un canale radio culturale dedicato. Il Ticino è dunque un territorio fertile e virtuoso nel quale sia l’istituzione Conservatorio sia i suoi studenti possono crescere. In questa prospettiva si inserisce la collaborazione nata tra LAC e il Conservatorio della Svizzera italiana (CSI) che propone matinée musicali la domenica mattina aperte al pubblico nella grande Hall del centro culturale. Sono occasioni della durata di circa un’ora durante le quali si esibiscono gli studenti del CSI, suonando un repertorio costruito appositamente e introdotto da una breve presentazione. I concerti si rivolgono a tutti e tra il pubblico troviamo appassionati, neofiti della musica classica che cercano un modo per avvicinarsi a questo mondo e molte famiglie. L’atmosfera è informale e la relazione con il pubblico diretta, a due passi dai musicisti abbiamo grandi cuscini per i bambini.

Quali sono le principali sfide per il Ticino come Cantone e come centro culturale in Svizzera e in Europa?

Non arroccarsi su sé stesso, ma far prevalere la sua identità culturale e favorire le collaborazioni. Per il LAC è evidente che a fianco di un forte radicamento al territorio è fondamentale un respiro internazionale attraverso la qualità della programmazione, la tras­versalità e il dialogo fra le arti che vi trovano spazio. Allo stesso tempo, soffermandomi sempre sul LAC, è necessario essere un centro culturale contemporaneo, quindi dinamico, inclusivo e aperto a un pubblico quanto più vasto e internazionale possibile. Significa inoltre essere un centro di produzione e sviluppare un attento programma di mediazione culturale in grado di offrire occasioni di incontro con l’arte sorprendenti e piacevoli. È importante saper ben bilanciare questi diversi «ingredienti» e trarne il meglio. Se torno al paradigma della musica classica, al LAC accogliamo le migliori orchestre e direttori in un cartellone che è quello di una grande città europea, ma allo stesso tempo lavoriamo per sviluppare produzioni e iniziative importanti con l’Orchestra residente alla quale si aggiunge la collaborazione con il Conservatorio per diffondere la musica classica sul territorio e verso i giovani.

Affianchiamo così ai grandi concerti sinfonici e recital, concerti dell’Orchestra della Svizzera italiana per le scuole e per le famiglie, concerti spettacolo in Piazza Luini, matinée musicali assieme al Conservatorio, approfondimenti che creano collegamenti tra la musica classica e l’arte (Un quadro – una musica), e progetti digitali dedicati alla musica classica. In quest’ultimo ambito stiamo lanciando LAC orchestra, una piattaforma web ed un’applicazione per tablet che invita gli utenti a conoscere gli strumenti che formano un’orchestra e a capire la sua formazione attraverso il gioco, l’interattività e tanti filmati sorprendenti che ritraggono il singolo orchestrale o il maestro suonare la stessa aria da prospettive diverse e inedite. Riassumendo, sicuramente una sfida è quella di sapere bilanciare gli ingredienti qui sopra citati, un’altra è quella di garantire la qualità in ogni cosa e saper sorprendere in modo positivo. Questo, a mio parere, è quello che in soli 3 anni ci ha permesso di essere naturalmente adottati dalla comunità, essere conosciuti in Svizzera e fuori dai confini nazionali e continuare a crescere.

Technologie und historisches Bewusstsein

Vom 30. November bis 2. Dezember letzten Jahres wurden an einer internationalen Tagung der Forschungsabteilung der Hochschule der Künste Bern (HKB) viele Fragen zur Klangästhetik in der Popmusik diskutiert.

Bruno Spoerri. Foto: Daniel Allenbach/HKB

Das engagierte Team rund um die beiden Initianten Immanuel Brockhaus und Thomas Burkhalter empfing die Gäste mit einem dichten Programm, das die Aufmerksamkeit zu überreizen drohte. Eröffnet wurde das Symposium durch Peter Kraut, stellvertretender Leiter Fachbereich Musik der HKB, gefolgt von Thomas Gartmann, Leiter Forschung HKB. Letzterer umriss das Profil der Gastgeber-Hochschule. Der strategische Wechsel von der historisch informierten Aufführungspraxis hin zu den neuen Medien habe sich angebahnt. Die Zusammenarbeit zwischen Forschung und Lehre sei heute zentral. Unter dem Label «Arts in Context» finde sich der aktuellste Forschungsgegenstand: die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine. Schnittstellen in dieser Verständigung sind die sogenannten Interfaces, die über die gesamte Dauer des Symposiums immer wieder zur Sprache kommen sollten.

Gestisches Musizieren

Das erste Referat wurde dem Schweizer Jazzmusiker und Elektronikpionier Bruno Spoerri überlassen. Eine gute Wahl. Spoerris reicher Erfahrungsschatz machte gewissermassen den roten Faden des Symposiums aus und liess auch die eine oder andere Anekdote aus den «Anfängen» aufleuchten. «Sound» betrachtet er als grössten Wiedererkennungsparameter und somit als genrebildend. Er erinnerte an die ersten elektronischen Instrumente wie die Ondes Martenot. Dies gelang ihm, ohne dabei in Nostalgie zu verharren. Kritisch beleuchtete er die Einführung des Midi-Standards von 1984. Diesen bezeichnete er als Zementierung und nachhaltige Ausrichtung auf Klaviatur-Interfaces. Er forderte mehr Freiheit für Spontaneität im Übergang vom Computer zur Musik, eine Verabschiedung der Kultsounds und eine Rückbesinnung auf Stockhausen. Die Forschung sei aber auf gutem Wege: Das Musizieren mit Gesten werde zunehmend wieder ermöglicht und sein Wunsch-Interface, bei dem ein Sound bloss noch gedacht werden müsste, sei vielleicht nicht mehr länger Utopie. Das gestische Musizieren war auch das Hauptanliegen von Werner Jauk (Graz). Interfaces sollen den Sound über den Körper formen können. Jauk geht dabei noch einen Schritt weiter und möchte selbst die Körperspannung erfasst wissen. Körperinformationen betrachtet er im Hinblick auf Sound als konstitutiv.

Virtuelles Altern

Dass der Midi-Standard diesen Forderungen nicht länger gerecht werden kann, fand breite Akzeptanz. In diese Lücke sprang der Ingenieur Lippold Haken und liess seinen Continuum Controller durch den damit vertrauten und brillierenden Musiker Edmund Eagan präsentieren. Dieser Controller verlässt den kritisierten Standard und ermöglicht das Erfassen einer unvergleichlichen Fülle von Parametern. Die Eingabe erfolgt mit den Fingern über eine stufenlose Touch-Oberfläche. Laut dem Entwickler ist ein industrieller Durchbruch dieser Technik bislang jedoch nicht in Sicht. Nach wie vor sei es schwierig, Investoren ausserhalb des sich hartnäckig haltenden Midi-Standards zu finden. Die Resultate der performativen Vorführung waren auf jeden Fall beeindruckend. Die Bedienung dieser Oberfläche scheint aber in der Komplexität mit dem Erlernen des Geigenspiels vergleichbar zu sein. Ob der von Imogen Heap formulierte und durch Katia Isakoff (London) zitierte Wunsch nach Freiheit anstelle von Kontrolle dadurch erfüllt werden kann, sei dahingestellt. Dass junge Leute vermehrt wieder taktile Controller bedienen möchten, war auch Fazit der Forschungsarbeiten von Jack Davenport (University of Central Lancashire). Sein extrem simplifiziertes «playful musical interface» wurde vom Publikum jedoch kritisch hinterfragt. Nicht zum ersten Mal wurden Bedenken über eine sich einschleichende «Faulheit» bei der Produktion von «Musik» geäussert. Dem fehlenden persönlichen Bezug zu Musikinstrumenten ausserhalb der taktilen Bedienung begegnet die durch Brockhaus initiierte Forschungsarbeit V:Age zum Thema «virtual aging» auf neue Weise: Die beiden Game-Designer Ruben Brockhaus und Brett Ayo (Berlin/Bern) entwickeln zurzeit ein virtuelles Instrument, das die Fähigkeit haben soll, zu altern. Auf der visuellen Ebene soll es künftig gleichermassen wie auf der funktionalen und audiophilen einen benutzungsbedingten Alterungsprozess geben.

Einschränkungen durch die Maschine?

Die Tagung machte keinen Hehl daraus: Wir sind im digitalen Zeitalter angekommen. Die Möglichkeiten scheinen unendlich zu sein und die Maschinen sind kaum mehr an ihre Grenzen zu bringen. Über die Auswirkungen dieser Tatsachen im Hinblick auf das Kreieren von Musik, den letztlich kreativen Prozess, herrschte Uneinigkeit. Während Wayne Marshall (Berklee College of Music/Harvard, Boston) der Einschränkung durch die Maschinenlogik gelassen entgegensieht, Fereydoun Pelarek (Macquarie University, Sydney) sogar von kreativer Freiheit durch unlimitierte Möglichkeiten sprach und der Aspekt des Handlichen mehrfach ernsthaft ausgeführt wurde, gab es Gegenstimmen. Der Technoproduzent Georgi Tomov Georgiev (Berlin) erinnerte an die kreative Kraft der Einschränkung. Jeff Mills zitierend sprach er im Hinblick auf die Gegenwart von Sklaven der Computer. Jauk bedachte, der materielle Körper werde zunehmend funktionslos. Das Problem der «Entscheidungen» wurde von Jan Herbst (Bielefeld) in seiner Arbeit «old guitars with new technologies» ins Feld geführt. Er untersuchte die Technologie des «Profiling». Ein Verfahren, das klangliche Eigenschaften von Gitarrenverstärkern und deren Mikrofonierung ausmisst und entsprechend wiedergeben soll. Was ohne diese Möglichkeit in einem Frühstadium der Produktion entschieden werden muss, bleibt nun bis zum letzten Augenblick offene Option. Eine Überforderung der Maschine bleibt ausgeschlossen, damit einhergehend auch die zufällige Entdeckung.

Skulpturale Gestaltung

Der digital/analog-Diskurs fand seine Pole in den Ausführungen von Katia Isakoff und Holger Lund (Berlin/Ravensburg). Die Komponistin Isakoff setzte sich performativ mit dem von der Firma Moog auf den Markt gebrachten Theremini auseinander, eine digitale und handliche Anlehnung an das legendäre Theremin. Zu ihrer Verteidigung ist zu erwähnen, dass sie eine rührende Aufarbeitung der persönlichen Beziehung zwischen der Theremin-Virtuosin Clara Rockmore und dem Erfinder des Instrumentes Leon Theremin als humanistischen Zugang zur Maschine und deren Innovation darbot. Dennoch sprach Isakoff aus, was im Kanon umschrieben wurde: «The gap is closing.» Es seien ohnehin nicht die Instrumente, sondern die Menschen, welche die Musik machten, zitierte sie Max Rudolph. Dazu später mehr. Widerspruch dazu gab es jedenfalls kaum. Dies änderte sich mit dem Beitrag von Lund radikal. Von einem postdigitalen Phänomen und der damit einhergehenden Re-Analogisierung war in seinem Vortrag «Neue Soundästhetik durch postproduktives Mastering und Vinylcut» zu vernehmen. Ein massgebender Einfluss auf das Endprodukt in der Studiokunst durch analoge Verfahren und entsprechendes Handwerk sei auszumachen. Die Soundpräsenz werde mit Hilfe von Verzerrung skulptural gestaltet. Auf die Frage, ob diese audiophile Auseinandersetzung überhaupt im hörbaren Bereich stattfinde, antwortete er für die aktuelle Musikindustrie vernichtend: Die Unterschiede seien markant, die Frage sei nur, ob wir diese noch wahrnehmen könnten. Unsere Hörgewohnheiten seien durch die Omnipräsenz der Digitalisierung und die damit verbundenen mobilen Abspielgeräte bereits geschreddert. Lund hat in Interviews mit den entsprechenden Mastering-Künstlern erfahren, dass nicht länger die Transparenz die Ästhetik der Zukunft sein werde, vielmehr gehe es um eine Kolorierung und Herausarbeitung eines individuellen «Sonic Stamp».

Was bedeutet «Zukunft»?

Eine Definition, worüber auf diesem Symposium debattiert wurde, liess lange auf sich warten. Zwar herrschte über den Begriff «Sound» und dessen adäquate Übersetzung in «Klang» Einigkeit; was der Begriff «future» meint, wurde jedoch erst mit dem Beitrag der Philosophin Robin James (UNC Charlotte) zur Sprache gebracht. Galt in der Moderne noch das Neue und die Innovation als Inbegriff für die Zukunft, habe sich dies im Neo-Liberalismus dramatisch verändert. Spekulation und Investition definierten nun die Zukunft. James spricht von der Zukunft als einer Folge des Erfolgs. Für die Musik bedeute dies einen Verlust der Narration. Die dramaturgische Gestaltung erfahre eine radikale Veränderung. Im Ringen um die Aufmerksamkeit erscheine beispielsweise der Höhepunkt gleich zu Beginn. Der unerlässliche Kampf um Erfolg manifestiere sich schleichend auch in unserem Körper. Dieser werde zunehmend als Investitionsobjekt betrachtet. Investieren bedeute immer auch, Risiko auf sich zu nehmen. Für die Industrie gelte es, diese Risiken abzuwägen. Aufschwingende Investitionsgüter seien dabei dem Phänomen der «gentrification» ausgesetzt. An diesem Punkt bringt James die brisante Genderfrage auf das Podium. Die Investition in den weiblichen Körper schreibt sie genau diesem Phänomen zu: «Investment in the female body is the human gentrification». Dieselbe Problematik führt Marie Thompson (University of Lincoln) ins Feld. In ihrem Vortrag präsentierte sie eine Reihe von Geräten, mit deren Hilfe pränatale Musikbeschallung bei schwangeren Frauen ermöglicht werde. Die Investition in das ungeborene Kind soll dieses für die erfolgsorientierte Gesellschaft optimal vorbereiten. Eine entsprechende Babyplaylist ist selbstverständlich bereits zusammengestellt. Die Spitze der Hochkultur präsentiert sich im Kanon von Mozart bis Queen. Eine Analyse, welche Musik zu welchem pränatalen «Lernverhalten» stimuliert, wird gleich mitgeliefert. Produktion und Reproduktion betrachtet Thompson als massgebend für den Kapitalismus. Die Produktion ohne Reproduktion beschreibt sie als Idealfall in diesem System. Ein Gedankengang, der in der Anwendung auf den weiblichen Körper verheerendes Ausmass annehmen kann. Sie appelliert an eine neue Aufmerksamkeit. Dabei sollen nicht die Produkte und ihre Prozesse, sondern die Rahmenbedingungen, in denen diese entstehen, fokussiert werden. Annie Goh (Goldsmith University of London) knüpfte daran an und analysierte das japanische Massenphänomen «Hatsune Miku». Virtuelle weibliche Popstars werden von Usern der entsprechenden Online-Plattform programmiert und vermarktet. Diese «crowdsourced creativity» führe zum Tod des Autors und somit zum Tod der Realität. Zentrales Anliegen von Thompsons Analyse ist der Einsatz der virtuellen Stimme der Frau. Hier zieht sie Parallelen zur westlichen Welt. Die virtuelle Frauenstimme im öffentlichen Raum ist bereits omnipräsent. Die Frage ist nicht nur, wie diese in Zukunft eingesetzt wird, vielmehr wird entscheidend sein, wer darüber bestimmt. Die Technologisierung der Stimme der Frau könnte demnach eine wichtige Rolle in der Genderdebatte der Zukunft darstellen.

Lernende Maschinen

Die Virtualisierung war ebenfalls Gegenstand des hoch spannenden Beitrags der beiden Medienkünstler Michael Harenberg und Daniel Weissberg (Bern). Sie verwiesen auf das Problem «Big Data». Der computergestützte Umgang mit Unmengen von Daten ermöglicht eine Durchleuchtung des menschlichen Verhaltens. Unter dem Begriff «Machine Learning» würden Programme als intelligent in Erscheinung gebracht. Google beispielsweise gelang es, den menschlichen Gegner im jahrhundertealten Brettspiel Go zu besiegen, erreicht durch «Machine Learning» in Form von tausendfachem Spiel gegen sich selbst. Versuche, einen maschinengenerierten Nummer-eins-Hit in der Musikindustrie zu platzieren, sind bereits im Gang (vgl. Antwerp Research Institute for the Arts). Sind es am Ende doch nicht die Menschen, welche die Musik machen? Harenberg und Weissberg liefern gleich den vielsagenden Kommentar dazu: «Das ist nicht lustig.» Was hier zur Anwendung kommt, ist frei von jeglichen humanen Fähigkeiten und in erster Linie eine unfassbar schnelle Datenverarbeitung. Mit «intelligent» hat dies laut Harenberg und Weissberg nicht viel gemein. Die Big-Data-Anwendung verdränge den Bastler und sei nur für die Grossindustrie nutzbar. Die Digitalisierung leiste keinen Beitrag zur Demokratisierung des Musikmarktes.

An diesem Punkt herrschte Uneinigkeit unter den Referenten. Von einer digitalen Demokratisierung sprach beispielsweise Jan Herbst. Die Möglichkeit, virtuelles Equipment zu verwenden und dessen niedrige Kosten dank Online-Verfügbarkeit sollten die Chancengleichheit gewährleisten. Probleme der Urheberrechtsverwaltung und Einstiegshürden bei den Zahlungsmitteln kamen dabei nicht zur Sprache. Harenberg und Weissberg appellierten an die Hochschulen, ihre Verantwortung im Umgang mit diesen Phänomenen wahrzunehmen. Nicht die technologischen Aspekte sollten in den Fokus ihrer Programme gelangen, vielmehr gelte es, die Aufmerksamkeit auf die noch immer vorhandenen Subkulturen zu richten.
 

Schlussfolgerungen

Fazit der dicht programmierten Veranstaltung: Das Symposium glänzte in erster Linie mit einem hohen historischen Bewusstsein. Viel Zukunftsmusik war jedoch nicht dabei. Ein Blick über die Zeitgeschichte hinaus bleibt den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern nach wie vor verwehrt. Ausblicke lassen sich im Bereich der kreativen Ideen ansiedeln, werden jedoch kaum gewagt. Dass die Zukunft eine elektronische sein wird, blieb jedoch ausser Frage. Beiträge mit einer akustischen Vision blieben aus. Einziger Hinweis in diese Richtung kam von Harenberg und Weissberg: «Die Wandergitarre gibt es nicht in elektronisch.» Als stimmiger Abschluss kam erneut der eröffnende Gast zu Wort. Diesmal in einer musikalischen Performance. Bruno Spoerri bewies unter augenzwinkerndem historischen Bewusstsein, dass die Suche kein Ende hat und die Zukunft auf jeden Fall Neues mit sich bringen wird.

Rosmarie Quadranti wird SMR-Präsidentin

Am 6. April wurde Nationalrätin Rosmarie Quadranti in Zürich zur Präsidentin des Schweizer Musikrats gewählt. Sie folgt auf Irène Philipp Ziebold, die das Amt zwei Jahre lang interimistisch ausgeübt hat.

Rosmarie Quadranti. Foto: SMZ/ks,SMZ/ks

Die anwesenden Delegierten des Schweizer Musikrats (SMR) haben Rosmarie Quadranti, Volketswil (ZH), am 6. April in Zürich einstimmig zur Präsidentin gewählt. Sie ist seit 2011 Nationalrätin, seit 2015 Fraktionspräsidentin der BDP und unter anderem Mitglied der Kommission Wissenschaft, Bildung und Kultur.

Irène Philipp Ziebold hatte das SMR-Präsidium 2016 nach dem Tod von Markus Flury interimistisch übernommen. Ihr grosser Einsatz für den Schweizer Musikrat wurde gewürdigt und verdankt.

Der SMR zählt aktuell 50 Mitglieder. Neu hinzugekommen ist das Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester. Die SMR-Mitgliedschaft beendet haben der Verein Youth Classics, die Gesellschaft für die Volksmusik der Schweiz GVS und der Verein jugend + musik (Auflösung per Ende 2017). Sonart – Musikschaffende Schweiz ist ebenfalls Mitglied des Musikrates, dieser Verband ist per 1. Januar 2018 aus der Fusion des Schweizerischen Tonkünstlervereins mit den Musikschaffenden Schweiz sowie dem Schweizer Musik Syndikat hervorgegangen.
 

www.musikrat.ch
 

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Der Vorstand des Schweizer Musikrats
(v.l.) Andreas Ryser (IndieSuisse), Elisabeth Karrer (Rhythmik Schweiz), David Schneebeli (SMV), Stefano Kunz (Geschäftsführer SMR), Rosmarie Quadranti, Irène Philipp Ziebold (Suisa), Armon Caviezel (VSSM), Yvonne Meier (Helvetiarockt), Valentin Bischof (SBV). Auf dem Bild fehlt: Karin Niederberger (EJV)
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