Solothurner Förderpreise für Hänggi und Herger

Das Kuratorium für Kulturförderung des Kantons Solothurn hat im Auftrag des Regierungsrates zum siebten Mal je mit 15’000 Franken dotierte Förderpreise vergeben. In der Sparte Musik gehen sie an die Breitenbacher Dirigentin Sarah Hänggi und die Bolkener Sängerin Eve Herger.

Eve Herger (links), Sarah Hänggi (Bilder: zVg)

Sarah Hänggi studierte an der Hochschule für Musik in Basel und an Robert-Schumann-Hochschule in Düsseldorf Chorleitung und Schulmusik. Sie ist seit 2013 als Schulmusikerin im Gymnasium Laufental-Thierstein tätig und leitet mehrere Chöre. Zusammen mit Lisa Appenzeller hat sie die musikalische Leitung des Interkantonalen Männerchores inne.

Die in Solothurn geborene Mezzosopranistin Eva Herger schloss ihren Master of Arts in Performance sowie Musikpädagogik an der Hochschule Luzern in klassischem Gesang ab. Neben zahlreichen inszenierten Produktionen ist sie regelmässig in Ensembles, solistisch in Konzerten, mit dem Quartett Philomenam oder mit ihrem Duo Saphira zu hören. Sie unterrichtet überdies an der Musikschule Biberist und Rontal klassischen Gesang und leitet den Grundkurs des Mädchenchores Solothurn.

Für die Förderpreise und die Atelierstipendien 2018 waren beim Kantonalen Kuratorium Kuratorium insgesamt 55 Bewerbungen eingegangen. 37 Kulturschaffende hatten sich für einen Förderpreis in einer der sechs Disziplinen – Bildende Kunst und Architektur, Musik, Literatur, Foto und Film, Theater und Tanz sowie Kulturvermittlung/Kulturaustausch – beworben. Aus den Bewerbungen hat das Kuratorium für Kulturförderung elf Förderpreise erkoren. Diese sind mit je 15‘000 Franken dotiert.

Reisen im Duett

Aleksey Igudesman hat Weltmusik- und «klassische Klassiker» in seine ganz eigene Klangsprache übertragen, einerseits für Violine und Bratsche, anderer-seits für Violine und Cello

Foto: Henning Hraban Ramm/pixelio.de

Der Geiger, Komponist, Dirigent und vielseitige Performer Aleksey Igudesman überrascht immer wieder mit seinen originellen, den Rahmen des «klassischen» Violinunterrichts sprengenden bzw. erweiternden Duo-Arrangements. Ein Zauber liegt über diesen Cross-over-Stücken, die einem auf weite Reisen mitnehmen, nicht nur in ferne Länder, sondern auch an die Grenzen der herkömmlichen Spielweisen auf der Violine.

Mit Violin & Viola & more und dem Pendant Violin & Cello & more hat Igudesman nun die Instrumentation der Duette erweitert auf die klanglich sehr attraktive Kombination der Violine mit einem tieferen Streichinstrument. Er ermuntert in seinem launigen Vorwort die Geigerinnen und Geiger, auch Bratsche zu spielen. Sein Lieblings-Bratschenwitz: «Was können Geiger besser als Bratschisten?» Antwort: «Bratsche spielen.» Die Fassung mit Violoncello geht angeblich auf den vielfachen Wunsch zahlreicher Cellistinnen zurück, endlich auch Igudesman-Duette für ihr Instrument mit Violine zu bekommen. Eine Aufgabe, die der Autor nur selber vornehmen wollte. Die Stücke sind in beiden Heften dieselben.

Die Spannweite der Duette reicht von Irish Folk über Hava Nagila und La Cucaracha bis zu osteuropäischen und kaukasischen Liedern, die Igudesman alle in seine eigene Tonsprache übersetzt und im Inhaltsverzeichnis lehrreich und humorvoll kommentiert. Aber auch klassische Adaptionen fehlen nicht, so etwa das Andante Mozartoso, der (gekürzte und nach C-Dur transponierte) zweite Satz des Klavierkonzerts C-Dur KV 467, und Richard Won’t Like It!, eine Klezmerfassung des Walkürenritts und des Brautchors Treulich geführt aus Lohengrin. Wagner, der erklärte Antisemit, mag sich im Grabe umdrehen!

Der violinistische Schwierigkeitsgrad der Duette liegt bei der Mittelstufe, gutes Notenlesen ist allerdings von Vorteil. Was aber besonders zählt, ist die Neugier auf Fremdes und Ungewohntes. Wer diese «Reisen» unternimmt, wird mit viel Freude am Instrument und an der (Welt-)Musik belohnt!

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Aleksey Igudesman: Violin & Viola & more,10 Duette für Violine und Viola, UE 37118, € 16.95, Universal Edition,Wien 2017
Id., Violin & Cello & more, 10 Duette für Violine und Violoncello, UE 37119

 

Alte Stücke, neu notiert

Lautenwerke von Dowland in einer sorgfältigen Ausgabe in ansteigendem Schwierigkeitsgrad für Gitarre.

Foto: berwis/pixelio.de

Dass sich John Dowlands wunderbar zeitlose Lautenmusik hervorragend für die Interpretation auf der Gitarre eignet, ist nicht neu. Der musikalische Liebes-Melancholiker aus London ist in zahlreichen Einzelausgaben, Alben und Anthologien vertreten. Nun fügt Martin Hegel 24 weitere, progressiv angeordnete Transkriptionen für Gitarre hinzu, von den leichtesten kurzen Instrumentalstücken Dowlands bis zu etwas umfangreicheren mittelschweren Tanzsätzen. Eine Ausgabe für den praktischen Gebrauch also, die sich aber akribisch an den originalen Lautentabulaturen orientiert. Einzelne Abweichungen sind klar gekennzeichnet, Verzierungen in einfacher Form ausgeschrieben – aber nur dort, wo es im Original entsprechende Markierungen gibt. Hinzugefügt sind Bindebögen und gelegentliche Arpeggiozeichen. Die Fingersätze sind darauf ausgerichtet, dass die dritte Saite analog zur Laute auf fis gestimmt ist.

Die meisten der von Hegel transkribierten Stücke wurden bereits 1980 von Karl Scheit, dem österreichischen Altmeister des letzten Jahrhunderts, in seinen Ausgaben John Dowland, Solowerke I und II herausgegeben. Ein Vergleich zeigt, dass sich schon Scheit, abgesehen von einigen Zusatzschlenkern, erstaunlich genau an die Vorlagen hielt – was bei seinen zeitlich weiter zurückliegenden Dowland-Ausgaben durchaus nicht der Fall war.

Dowland, der ja mehr noch als für seine Lautenwerke für seine Lieder bekannt ist, übertrug solche auch auf die Sololaute. So etwa My Lord Willoughby’s Welcome Home, das bei Scheit und bei Hegel (wie auch das Stück Lady Leighton’s Almain) in zwei unterschiedlichen Instrumental-fassungen erscheint. Interessant bei Hegel ist auch das Stück Come away, das auf Dowlands herzergreifendem Song Come again, sweet love doth now invite für Stimme und Laute beruht, nicht aber mit Come away, come, sweet love! zu verwechseln ist. Alles in allem: eine moderne, zuverlässige und praktikable Zusammenstellung gut spielbarer musikalischer Perlen des grossen englischen Renaissance-Komponisten.

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John Dowland: Dowland for Guitar, 24 leichte bis mittelschwere Transkriptionen für Gitarre, arr. von Martin Hegel, ED 22743, € 16.00, Schott, Mainz 2017

Glücksmomente – lesend wie spielend

Wie erwerben Musiker, Profis und Laien, ihre Fähigkeiten? Welche Lernwege sind erfolgreich, welche weniger. Warum bleiben einige Spieler bei ihrem Instrument, andere nicht? Ein Sammelband erkundet dieses vielschichtige Gebiet.

Foto: pete pahham – fotolia.com

Es ist so leicht daher gesagt: Musik macht schlau, Musik ist wichtig, Musik muss sein. Doch warum ist das so? Und vor allem: Wie kann es gelingen, dass aktives Musizieren zum steten Lebensbegleiter wird, dass es nicht verstummt in jenen Zeiten, wo das «Weltliche» offenbar wichtiger wird als tägliches Üben am Instrument? Das Kompendium Quellen des Musizierens gibt Antworten, sogar viele Antworten auf viele Fragen. Wohl selten gab es eine Aufsatzsammlung, die so konsistent und zugleich so abwechslungsreich ganz zentrale Fragen der Instrumental- und Gesangspädagogik behandelt. Sowohl für Eltern wie auch für den Instrumentallehrer sind die 212 Seiten ein Muss.

So etwas wie Grundregeln des Instrumentalunterrichts sind aufgrund verschiedener Persönlichkeitsprofile und je individueller Entwicklungsverläufe nicht unbedingt zu erwarten. Dennoch schälen sich bei der Lektüre handfeste Richtlinien, durchaus auch absolute No-Gos, heraus. Eminent wichtig, kaum zu überschätzen, ist die Unterstützung einer intrinsischen Motivation des Kindes, während äusserlicher Leistungsdruck kaum ein fruchtbarer Humus ist, auf dem kindliche Leidenschaften erblühen. Ein besonders neuralgischer Punkt ist das Verhältnis von Instrumentallehrer und einem Elternhaus, das – wie so oft – bemüht ist, aber Fehler macht. Michaela Schwarzbauer widmet sich in ihrem Aufsatz «Elternteil UND Lehrender» der wichtigen Frage, wie eine Unterstützung des Lehrers zu Hause funktioniert. Neben theoretischen Erörterungen bringt ein Interview mit dem professionellen Geiger Benjamin Schmid die Frage auf den Punkt. Schmid sagt: «Der Lehrer muss eine Langzeitstrategie haben und hat für die Arbeit mit kleinen Kindern die grössere Erfahrung, weiss, wie ein Lehrplan für eine Saison oder ein Jahr aussehen kann. Die Lehrer meiner Kinder kennen viele wirklich gute Übungen und Literatur für Kinder, sie verfügen hier über ein Wissen, das ich selbst nicht habe. (…) Das Eltern- und Lehrerverhältnis zu sehr zu vermischen, finde ich nicht ungefährlich.» (S. 30)

Neben solchen praktischen Tipps bietet der Sammelband spannende Hintergrundinformationen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Instrument erlernt und über einen längeren Zeitraum gespielt wird, erhöht sich, sofern das häusliche Musizieren Usus ist, das heisst, sofern Musik in der Familie ein fester Bestandteil ist. Erstaunlich sind die Zahlen, die Erik Esterbauer bietet in seinem Aufsatz «Musik fängt im Menschen an». Je früher mit einem Instrument begonnen wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass man bei der Stange respektive an den Tasten oder Saiten bleibt. Esterbauer beruft sich auf eine Studie der Society of Music Merchants e. V. von 2012 und schreibt: «Nur 7,4 Prozent der Kinder, die zwischen drei und fünf Jahren mit dem Musizieren begonnen haben, hören irgendwann wieder auf. Bei den unter Dreijährigen liegt der Anteil der Abbrecher sogar bei nur 0,3 Prozent.» (S. 129)

Das so aufschlussreiche Buch Quellen des Musizierens kann natürlich keine Trendwende einläuten und ist auf einen (offenbar immer kleiner werdenden) Kreis von aktiv Musikausübenden beschränkt. Sehnlichst wünschen würde man sich aber eine unentgeltliche Verteilung des Bandes zur Einschulung der Kinder. Kaum entziehen kann man sich den so schönen Beschreibungen von erfüllenden Glücksmomenten, die in dieser Form nur das aktive Musizieren bietet.

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Quellen des Musizierens. Das wechselseitige Verhältnis von Musik und Pädagogik, hg. von Martin Losert, üben & musizieren UM 5020, 212 S., € 22.95, Schott, Mainz 2017, ISBN 978-3-7957-1252-5

Rezepte für die künstlerische Musikvermittlung

Grün, rosa, gelb und weiss springt es einem entgegen, das druckfrische Buch vom enfant prodige der Musikvermittlung Barbara Balba Weber – ebenso bunt ist ihre Botschaft.

Lange Zeit war die Musikvermittlung für kleine und grössere Kinder (Kindergartenkonzerte, kindgerechte Opernbearbeitungen), später für Jugendliche (Edu-Projekte) gedacht. Man wollte die Jungen rechtzeitig für die «richtige» Musik begeistern, zu gutem Geschmack erziehen und für Blutauffrischung im Publikum sorgen. Barbara Balba Weber öffnet mit der künstlerischen Musikvermittlung den Fokus beträchtlich, lässt sowohl die Altersschranken als auch die Einweg-Belehrung fallen, indem sie die Zielgruppen in alle Richtungen erweitert.

«Künstlerisch» ist die Vermittlung, weil sie unter Zuhilfenahme künstlerischer Mittel geschieht. Im Zentrum steht vor allem die klassische Musik, doch sollte das Prinzip auf andere Stile angewandt ebenfalls funktionieren. Für Weber umfasst das Vermittlungskonzept den Einbezug von Amateuren, Profis sowie neuen Bevölkerungsschichten, die bisher noch nicht in Kontakt mit dieser Musikgattung gekommen sind, ja sie will sogar «ein klassikfernes Publikum, Hilfs- und Reinigungspersonal» ansprechen. Ihre sieben Thesen erheben den Anspruch, gewohnheitsmässige Konstanten verändern zu können, wie musikalische Vorlagen, die Wahrnehmung von Musik, die Konzertkultur, die Kluft zwischen Profis und Amateuren. Darüber hinaus soll künstlerische Musikvermittlung nicht nur den Menschen selbst verändern können, sondern auch Machtverhältnisse und das System, in dem sie tätig sind. Das subversive Auf-den-Kopf-Stellen von eingeübten Konventionen und nicht hinterfragten Traditionen, das lustvolle Experimentieren mit Rollenbildern, gesellschaftlichen Strukturen und Funktionen von Musik machen Webers Konzept aus.

Sie verlangt von professionellen Musikerinnen, die vermittlerisch denken, dass sie sich hinterfragen, «den sicheren Hort ihrer Kernkompetenz» verlassen, zu Amateuren werden, indem sie Dinge versuchen, die sie bisher vielleicht nicht professionell gemacht haben, wie improvisieren, arrangieren, «über Musik sprechen und schreiben» und «in psychologischen und sozialen Kontexten künstlerisch handeln». Durch diese Beschäftigungen bereichert – so die Theorie – «kehren sie wieder in ihr System zurück, um es zu transformieren».

In sieben exemplarischen, aus ihren Thesen abgeleiteten Projektbeschreibungen gibt die Autorin Impulse für eigenes vermittlerisches Handeln. Da verschwimmen die Grenzen zwischen Konzert und Musiktheater, zwischen Bühne und Publikum. Die komplexen Anleitungen lassen aber erahnen, weshalb da nicht jeder ohne Vorbildung mal so drauflos vermitteln kann. Immerhin hat die künstlerische Musikvermittlung inzwischen den Status einer Wissenschaft erreicht und kann an der Hochschule der Künste in Bern (HKB) – bei der Autorin höchstpersönlich – als performatives Masterstudium belegt werden. Sie ist gar Pflichtfach für sämtliche Studiengänge in Klassik, Jazz, Rhythmik, Sound Arts, für Instrumentalisten, Sängerinnen und Komponisten. Im Herbst startet die HKB auch mit dem neuen zweisemestrigen CAS Musikvermittlung heute, eine Nachdiplom-Weiterbildung für Musikerinnen, Dramaturgen, Kulturvermittlerinnen (Anmeldeschluss: 31. Mai).

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Barbara Balba Weber: Entfesselte Klassik – Grenzen öffnen mit künstlerischer Musikvermittlung, 144 S., Fr. 34.00, Stämpfli-Verlag, Bern 2018, ISBN 978-3-7272-6009-4

Drei Fassungen – eine Ausgabe

Diese Neuausgabe von Tschaikowskys virtuosem «Pezzo capriccioso» op. 62 für Violoncello überlässt es dem Interpreten, welche Fassung er spielen möchte.

Anatoly A. Brandukov (l) und Peter I. Tschaikowsky. Quelle: wikimedia commons

Was den Geigern Camille Saint-Saëns’ Introduktion und Rondo capriccioso op. 28 bedeutet, ist den Cellisten Peter Tschaikowskys Pezzo capriccioso op. 62. Mit ausladenden Kantilenen und prickelnden Spiccato-Passagen enthält das Werk alle Elemente eines effektvollen Virtuosenstücks.

Ähnlich wie bei den Variationen über ein Rococo-Thema op. 33 ist die Editionsgeschichte des Pezzo problematisch: Der Cellist und Widmungsträger Anatoly A. Brandukov fügte anlässlich der Uraufführung 1888 mit dem Komponisten einige Änderungsvorschläge in die Solostimme ein, welche später in die Erstausgabe einflossen. Die alte Tschaikowsky-Gesamtausgabe berücksichtigte jedoch die originale Fassung des Komponisten, der an einigen Stellen ebenfalls zusätzliche Änderungen in die Cellostimme des Klavierauszugs eingetragen hatte.

Nun werden in der Neuausgabe von Wolfgang Birtel bei der Ponticello-Edition alle drei Varianten berücksichtigt. Dies ist reizvoll, weil alle Fassungen musikalisch vertretbar sind und die Ausführenden somit selber entscheiden können, welcher Fassung sie den Vorzug geben möchten.

Neben der Solo- und Klavierstimme ist zudem vom selben Herausgeber eine Bearbeitung für Violoncello und Streichorchester erhältlich.

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Peter I. Tschaikowsky: Pezzo capriccioso op. 62, für Violoncello solo und Orchester, Klavierauszug, hg. von Wolfgang Birtel, PON 1019, € 12.95, Ponticello-Edition, Mainz 2017

Werke eines charakterstarken Berglers

Rainer Held dirigiert fünf sinfonische Hauptwerke des Innerschweizers Caspar Diethelm.

Ausschnitt aus dem CD-Cover,,

Vielen Insidern ist er ein Begriff: Rainer Held, der Luzerner Dirigent und Musikpädagoge mit bündnerischen Wurzeln, der seit vielen Jahren an der Pädagogischen Hochschule Luzern als Leiter der Musikabteilung wirkt. Seine Berufung zum Dirigenten muss er freilich, wie so viele Schweizer, im Ausland ausleben, sei es als Erster Gastdirigent des Radio-Sinfonieorchesters Minsk, in der Zusammenarbeit mit dem Kammerorchester der Philharmonie Novosibirsk oder mit dem Royal Scottish National Orchestra. Dabei macht Held immer wieder mit interessanten CD-Einspielungen auf sich aufmerksam: Werk von Schweizer Komponisten wie Carl Rütti, Arthur Honegger und Ernst Widmer.

Nun legt er bei Guild ein Kompendium mit drei CDs zum Innerschweizer Caspar Diethelm (1926–1997) vor, dessen Werke er schon anlässlich seines Studiums am Konservatorium Luzern kennen- und schätzen gelernt hatte. Als «knorrigen, charakterstarken Bergler» bezeichnet er den Komponisten, der in die Reihe der von ihm besonders geschätzten Schweizer passt. Held charakterisiert treffend: «Diethelm hat die Tonalität erweitert, aber nicht verlassen. Das macht seine Musik bei aller Expressivität und Komplexität fassbar. Und damit führte sie das Schaffen eines Arthur Honegger oder Paul Hindemith in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weiter.» Davon kann man sich bei der spannenden Einspielung von fünf sinfonischen Hauptwerken Diethelms überzeugen. Die archaische Klangwucht und metrische Energie bei zuweilen etwas dicker Instrumentation rücken diese Musik in die Nähe der Neuen Sachlichkeit.

Die Symphonische Suite Saturnalia op. 200 illustriert diese Qualitäten auch dank dem von Held souverän geführten Royal Scottish National Orchestra eindrücklich. Das siebenteilige, in der Dauer der Einzelsätze in sich ausgewogene Werk besticht durch den ostinatohaften metrischen Puls des mit Volksmusikfloskeln gespickten ersten Satzes ebenso wie durch das trauermarschartige Lento. Dankbar ist man nach so viel tiefschürfender Wucht um den scherzohaften, lebhaft-heiteren vierten Satz.

Das Pièce de Resistance dieser Diethelm-CDs ist die Symphonie Nr. 5 Mandala op. 180. In klassischer Viersätzigkeit gehalten, gelingt dem Komponisten ein spannungsreicher Bogen über das Ganze: dem einem Sonatensatz verpflichteten Allegro moderato folgt ein dreiteiliges Vivace mit einem düster-bedrückenden Mittelteil. Besonders gelungen ist das Larghetto, ein elegisch beginnender Satz, der sich zweimal zu leidenschaftlichen Höhepunkten steigert. Das Royal Scottish National Orchestra spielt agil und rhythmisch spannungsreich, wobei die vielen Farbnuancen von Trompete, Flöte, Klarinette oder Fagott für Abwechslung und Vielfalt sorgen.

Diethelm hat sich ausführlich zum Schaffensprozess in Mandala geäussert: «Jedenfalls habe ich in einer gewaltigen psychischen und physischen Anspannung mit unerhörten Glücksmomenten und Zeiten tiefster Niedergeschlagenheit, schwankend zwischen Selbstkritik, Zweifel und Gefühlen einer grossen inneren Kraft das Werk beendet …» Diese Notizen sind dem Booklet entnommen, in dem die Pianistin und Tochter des Komponisten, Esther Diethelm, mit grosser Fachkompetenz die einzelnen Werke vorstellt und kommentiert. Eine wertvolle Einspielung durch Rainer Held, der als Dirigent in der Schweiz leider viel zu wenig präsent ist.

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Symphonische Suite «Saturnalia», III – Lento
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Symphonische Suite «Saturnalia», IV – Allegro, quasi scherzo
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blockflöten

Funde belegen, dass die Flöte das älteste Instrument ist; der Mythos des Satyrs Marsyas legt nahe, dass es auch das menschlichste sein könnte. Heute wird die Blockflöte von virtuosen Solisten und Ensembles gespielt, auf höchstem Niveau unterrichtet und gebaut.

Alle blau markierten Artikel können durch Anklicken direkt auf der Website gelesen werden. Alle andern Inhalte finden sich ausschliesslich in der gedruckten Ausgabe oder im e-paper.

Focus

Einmal mehr: Apollon vs. Marsyas
Ein paar weitschweifende Gedanken über das Blockflöteln

Mut zur Tiefe
Interview mit den Blockflötenbauern Thomas und Stefan Küng

Mener la flûte à bec au sommet
L’association Flauto Dolce est dédiée entièrement à la fûte à bec

Turnaround fast geschafft
Den Ruf des Einsteigerinstruments hat die Blockflöte nahezu abgeschüttelt

… und ausserdem

RESONANCE


Pierre Bleuse
— un chef inspirateur de sonorités

Popmusik und Panels — Festival m4music in Lausanne und Zürich

Lehrreich geht auch spannend — Festival Alte Musik in Zürich

Der Schweizer Musikrat hat eine neue Präsidentin — Interview mit Rosmarie Quadranti

Carte blanche à William Blank

FINALE


Rätsel
— Thomas Meyer sucht


Reihe 9

Seit Januar 2017 setzt sich Michael Kube für uns immer am 9. des Monats in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb.

Link zur Reihe 9


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Kategorien

Schweizer Theaterpreis für Ruedi Häusermann

Der Musiker und Regisseur Ruedi Häusermann erhält einen der mit 30’000 Franken dotierten Schweizer Theaterpreise 2018. Der Schweizer Grand Prix Theater/Hans-Reinhart-Ring 2018 geht an das Schaffhauser Theater Sgaramusch für sein beharrliches Engagement im Kinder- und Jugendtheater.

Kapelle eidgenössisch Moos (Bild: Ernst Spycher)

Der Musiker und Regisseur Ruedi Häusermann schaffe seit 25 Jahren eine eigene musiktheatralische Sprache, schreibt das Bundesamt für Kultur. Zusammen mit Jan Ratschko und Herwig Ursin kreierte er den Unterhaltungsabend «Kapelle eidg. Moos», eine musiktheatralische Erfindung, die mehrere Jahre sowohl an fast allen kleineren Bühnen der Deutschschweiz als auch am Schauspielhaus Zürich zu sehen war. Ausgezeichnet werden Ruedi Häusermann und «Kapelle eidg. Moos» für ihren Erfindergeist, der dem Ländler eine neue Bühne gab.

Die weiteren vier Theaterpreise erhalten das Festival wildwuchs, die Produktionsleiterin Gabi Bernetta, die Regisseurin und Theaterleiterin Anne Bisang sowie der Schauspieler und Regisseur Oscar Gómez Mata. Die Preisverleihung in Anwesenheit des Bundespräsidenten Alain Berset findet am 24. Mai im Schauspielhaus Zürich statt.

«Das Schloss Dürande» kommt auf die Bühne

Am 31. Mai und 2. Juni ist im Berner Stadttheater Othmar Schoecks Oper «Das Schloss Dürande» zu hören. Die Neufassung des Librettos stammt von Francesco Micieli, die musikalische Adaptation der Gesangsstimmen von Mario Venzago. Am 8. März 2019 findet die szenische Uraufführung im Meininger Staatstheater statt.

Das Projekt «Das Schloss Dürande von Othmar Schoeck. Szenarien zu einer interpretierenden Restaurierung» der Hochschule der Künste und des Schweizerischen Nationalfonds (2013 bis 2016) hatte zum Ziel, «dieses Schlüsselwerk der Schweizer Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts aus seinem spezifischen historisch-politischen und soziokulturellen Kontext herauszuschälen und es als Kulturgut wieder zugänglich zu machen». In zwei konzertanten Aufführungen ist die überarbeitete Fassung nun erstmals öffentlich in Bern zu hören. Gesprächsrunden begleiten die Konzerte und Publikationen geben Einblick in den Überarbeitungsprozess.

Die szenische Erstaufführung der Neufassung wird im Meininger Staatstheater ab dem 8. März 2019 realisiert. Musikalische Leitung: Philippe Bach; Regie: Ansgar Haag

«Das Schloss Dürande» im Stadttheater Bern

Schoeck im Gespräch mit Mario Venzago, Xavier Zuber, Thomas Gartmann, Chris Walton u.a., 27. Mai 2018, 14.30 Uhr
Donnerstag, 31. Mai 2018, 19.30 Uhr, Einführung 18.30
Samstag, 2. Juni 2018, 19.30 Uhr, Einführung 18.30 Uhr

«Das Schloss Dürande» im Meininger Staatstheater
Aufführungen ab 8. März 2019

Weiterführende Links und Literatur

Forschungsprojekt
«Das Schloss Dürande von Othmar Schoeck. Szenarien zu einer interpretierenden Restaurierung»

Studienpartitur
Othmar Schoeck: Das Schloss Dürande, Neubearbeitung von Francesco Micieli und Mario Venzago, Musikproduktion Hoeflich, München 2017

Publikationen
Thomas Gartmann: Schoecks Eichendorff-Oper wird reaktualisiert, in: Schweizer Musikzeitung 3/2017, S 11 ff. (PDF)


Thomas Gartmann (Hg.): Zurück zu Eichendorff! Zur Neufassung von Othmar Schoecks
historisch belasteter Oper «Das Schloss Dürande»,
Zürich, Chronos, 2018

Erscheint im Mai 2018

Thomas Gartmann und Simeon Thompson (Hg.) unter redaktioneller Mitarbeit von Daniel Allenbach: «Als Schweizer bin ich neutral». Othmar Schoecks Oper «Das Schloss Dürande» und ihr Umfeld, Schliengen: Edition Argus, 2018 Referate und Gespräche des Symposiums vom 9. bis 11. September 2016, das im Rahmen des Othmar-Schoeck-Festivals in Brunnen (1. bis 11. September 2016) durchgeführt wurde

Sprache wird über Rhythmus verarbeitet

Forscher haben die Trommelsprache der Boras im Amazonasgebiet erforscht, die nicht nur die Melodie von Wörtern und Sätzen mit nachahmt, sondern auch ihren Rhythmus. Dies legt nahe, dass Sprachrhythmus bei der Sprachverarbeitung eine wichtigere Rolle spielt als bisher angenommen.

Die Boras ahmen den Rhythmus ihrer Sprache mit Trommeln nach. (Foto: Gaiamedia/ Aexcram)

Die menschliche Stimme kann vielfältige akustische Signale erzeugen, um Informationen zu übertragen. Diese Übertragung hat aber normalerweise nur eine Reichweite von etwa 200 Metern. Die Boras, eine etwa 1500 Mitglieder umfassende indigene Gruppe, die in kleinen Gemeinschaften im Amazonas-Regenwald Kolumbiens und Perus leben, können diese Reichweite verhundertfachen, indem sie Wörter und Sätze mit Trommelschlägen nachahmen. Dazu benutzen die Boras Manguaré-Trommel-Paare. Diese werden traditionell aus einzelnen Holzstämmen von jeweils zwei Metern Länge durch Ausbrennen hergestellt. Jede Trommel kann zwei Tonhöhen erzeugen, ein Trommelpaar also insgesamt vier.

Die Boras benutzen die Manguaré-Trommeln auf zwei verschiedene Arten: Im musikalischen Modus spielen sie zuvor auswendig gelernte Trommel-Sequenzen mit wenig oder keiner Variation bei Ritualen und auf Festivals. Im Sprechmodus hingegen übermitteln sie relativ informelle Nachrichten und öffentliche Ankündigungen. «Manguaré wird zum Beispiel verwendet, um jemanden zu bitten, etwas mitzubringen oder etwas zu tun, um das Ergebnis alkoholfreier Trinkwettbewerbe oder die Ankunft von Besuchern bekannt zu geben», sagt Seifart, der der ehemaligen Abteilung für Linguistik am Leipziger Max-Planck-Institut angehörte, wo ein Grossteil der jetzt veröffentlichten Studie entstand. «In diesem Modus werden nur zwei Tonhöhen verwendet, und jeder Trommelschlag entspricht einer Silbe eines gesprochenen Bora-Wortes. Die Mitteilungen enthalten durchschnittlich 15 Wörter, beziehungsweise 60 Trommelschläge.»

Eine erstaunliche Vielfalt von Nachrichten kann übermittelt werden, indem Ton und Rhythmus nachgeahmt werden, wobei die Nachrichten so formuliert werden, dass verbleibende Unklarheiten ausgeräumt werden. «Der Rhythmus erweist sich im Bora bei der Unterscheidung von Wörtern als ausschlaggebend», sagt Seifart. «Es gibt vier rhythmische Einheiten, je nach der Länge der Pausen zwischen den einzelnen Schlägen. Diese Einheiten entsprechen Vokal-zu-Vokal-Intervallen mit verschieden vielen Konsonanten und Vokallängen. Die zwei durch getrommelte Sprache dargestellten phonologischen Töne tragen nur wenig zur Bedeutung bei. Für die Verständlichkeit des getrommelten Boras ist also der Rhythmus entscheidend.»

Dies ist laut dem Forscherteam ein weiterer Beleg für die Rolle der aus Vokal-zu-Vokal-Intervallen bestehenden rhythmischen Strukturen im komplexen Zusammenspiel redundanter und distinktiver akustischer Merkmale gesprochener Sprache.

Auftakt zu einer Gesualdo-Gesamtausgabe

Der Bärenreiter-Verlag beginnt mit der Herausgabe einer Gesamtausgabe der Werke Carlo Gesualdos. Die Edition ist auf zwölf Bände angelegt. Sie soll sowohl Interpreten als Wissenschaftler einen fundierten Zugang zum Werk des Renaissance-Komponisten schaffen.

Beispiel eines Madrigals Gesualdos aus der 1613 von Molinaro herausgegebenen Partitura.,SMPV

Die neue kritische Edition geht von der Sichtung aller existierenden Quellen aus, seien dies Drucke oder Manuskripte, und bewertet sie erstmals wirklich hinsichtlich ihres Ursprungs und ihrer Massgeblichkeit. Beginnend mit dem Band «Madrigali a cinque voci. Libro quinto», der 2018 erscheint, werden in der Regel zwei Bände pro Jahr vorgelegt.

Bevorzugte Quellen sind die Ersteditionen, die sämtlich unter der direkten Überwachung Gesualdos herauskamen. Auch eine 1613 vom genuesischen Kapellmeister Simone Molinaro geschaffene Partitura wird wegen ihrer unbestreitbaren historischen Bedeutung und als mustergültiges Zeugnis für die Rezeption Gesualdos in neuerer Zeit berücksichtigt.

Besondere Aufmerksamkeit ist den «Alterationen» gewidmet. Für sie wurde das originale Gesualdanische System wieder in Kraft gesetzt. In den sechs Madrigal-Bänden werden in der neuen Edition in Anbetracht der Bedeutung von Molinaros Partitura und ihrer Besonderheit der Untergliederung in «caselle» diese Gliederungseinheiten in genauer Entsprechung zur Partitura von 1613 durch gestrichelte Linien über dem jeweils obersten Pentagramm kenntlich gemacht.
 

Walliser Kulturstrategie 2018

Der Walliser Staatsrat hat die Kulturstrategie 2018 des Kantons verabschiedet. Sie definiert die Vision, die Ziele und Prioritäten, welche der Kanton Wallis im kommenden Jahrzehnt, basierend auf dem Kulturförderungsgesetz (KFG), verfolgt.

Walliser Projekt Art en partage (Bild: Gianluca Colla)

Obwohl es nicht in den Zuständigkeitsbereich der öffentlichen Hand falle, die persönliche Musikausübung von Laien zu unterstützen, bestehe zuweilen ein öffentliches Interesse, diese zu fördern, wenn sie im kollektiven Rahmen erfolgt und zur Entwicklung und zum Erhalt des gesellschaftlichen Zusammenhalts beitrage, heisst es in der Kulturstrategie. Wenn das Laienmusizieren lokal verankert sei, entwickle es sich «im Rahmen sozialer Netze, welche die notwendige öffentliche und private Unterstützung aus dem nahen Umfeld mobilisieren können».

In diesem Fall sei eine staatliche Unterstützung nicht notwendig, es sei denn, einer gesellschaftlichen Gruppe, die marginalisiert werden könnte, soll besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Im Bereich der künstlerischen Betätigung durch Laien übernehme der Kanton folglich «die Rolle, in erster Linie das Erlangen musischer Fähigkeiten im Rahmen der Ausbildung (Musik- und Theaterschulen) zu fördern». In diesem Bereich sei durch die enge Zusammenarbeit zwischen dem Staat und den anerkannten Musikschulen eine bedeutende Harmonisierung erzielt worden. Sie habe es ermöglicht, einen gemeinsamen Lehrplan zu erstellen und dem Wallis ein modernes einschlägiges Gesetz zu geben.

 

Naturjodel wird zum Studienobjekt

Das Roothuus Gonten und die Hochschule Luzern (HSLU) führen eine musikkognitive
Studie zum Appenzeller und Toggenburger Naturjodel durch. Im Zentrum stehen die Analyse einer Sammlung von 1400 Naturjodel und eine Umfrage unter aktiven Jodlerinnen und Jodlern.

Alpabfahrt/Sennenball in Wasserauen AI, 1926 (Bildarchiv des Roothuus Gonten)

Die Untersuchung hat zum Ziel, Naturjodel aus der Region rund um den Alpstein musikkognitiv und musikethnologisch zu beleuchten. Das Forschungsteam möchte Aufschlüsse dafür liefern, wie diese grosse Anzahl von Naturjodel wahrgenommen, unterschieden, verinnerlicht und von einer Person zur nächsten weitervermittelt wird. Dies ist laut Raymond Ammann von der HSLU angesichts der grossen Menge an Jodelmelodien sowie der fast ausschliesslich mündlichen Überlieferung bislang nicht zu erklären».

Daher gehen die Forscherinnen und Forscher unter anderem der Frage nach, welche musikalischen Eigenschaften – Melodielinien, rhythmische Strukturen, Harmonien, Klangfarben und so weiter – dafür verantwortlich sind, dass sich Jodlerinnen und Jodler an eine bestimmte Melodie erinnern können. Ebenso soll untersucht werden, unter welchen Umständen ein Naturjodel als Variante einer bereits bekannten Melodie oder als eine eigenständige Form im Gedächtnis gespeichert wird.

Basis des dreijährigen, vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützten Forschungsprojekts ist die Sammlung von rund 1400 notierten Naturjodel und Tondokumenten des Roothuus Gonten. Diese Sammlung ist in einer Datenbank erfasst, die der Appenzeller Volksmusiker und Lehrer Erwin Sager zusammengestellt hat. Die Musikanalyse der Hochschule Luzern wird durch Literaturrecherchen sowie zahlreiche individuell geführte Gespräche mit aktiven Jodlerinnen und Jodlern ergänzt. Die Ergebnisse der Forschung werden im Sommer 2021 in Form eines Buches und eines Dokumentarfilms publiziert.

Weitere Informationen zum Projekt gibt es unter: www.hslu.ch/naturjodel

Fabio Luisi distanziert sich vom Echo Klassik

Die Verleihung eines Branchenpreises Echo an ein Gangsta-Rap-Duo hat auch in der Klassikbranche Unruhe ausgelöst. Martin Maria Krüger, der Präsident des Deutschen Musikrates hat seinen Rücktritt aus dem Ethik-Beirat erklärt. Auch Fabio Luisi, der Generalmusikdirektor des Opernhauses Zürich, distanziert sich.

Foto: Monika Rittershaus

In einer Medienmitteilung des Opernhauses Zürich erklärt Luisi, der 2009 mit einem Echo Klassik ausgezeichnet wurde, er müsse sich heute wie andere Kolleginnen und Kollegen auch, «in aller Deutlichkeit von diesem Preis distanzieren». Die Verleihung des Echos an die Rapper Kollegah und Farid Bang sei in seinen Augen völlig inakzeptabel.

Die beiden Musiker hätten nicht einfach eine Grenze überschritten oder im Rahmen der künstlerischen Freiheit provoziert, sondern sie hätten «die furchtbaren Erfahrungen von Millionen Menschen während des Nationalsozialismus verhöhnend in ihren Texten verarbeitet». Es sei erschütternd festzustellen, dass ein Kulturpreis «keinerlei ethische Massstäbe kennt, Rassismus und ignorante Inhalte toleriert und sogar auszeichnet, wenn nur die Umsatzzahlen stimmen».

Martin Maria Krüger, der Präsident des Deutschen Musikrates, erklärte seinen Rücktritt aus dem Ethik-Beirat. Die mit einem Echo prämierte Produktion des Rapper-Duos Kollegah und Farid Bang verletzt seiner Überzeugung nach «in unerträglicher und abstossender Weise» ethische Grundsätze, die von allen im Beirat beteiligten Personen und den durch sie vertretenen Organisationen nachdrücklich geteilt würden. Zurückgegeben haben ihren Echo aus Protest unter anderem der Pianist Igor Levit und das Notos Quartett.

Das Rap-Duo nutzt in seinem prämierten Album «Jung, Brutal, Gutaussehend 3» Textpassagen wie «Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen» oder «Mache wieder mal ’nen Holocaust, komm‘ an mit dem Molotow».

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