Kompositionswettbewerb des Musikkollegiums Winterthur

Das Musikkollegium Winterthur veranstaltet unter dem Titel «Rychenberg Competition» einen internationalen Kompositionswettbewerb und vergibt Preisgelder in der Höhe von insgesamt 100 000 Franken an Komponisten.

Villa Rychenberg in Winterthur. Foto: Robert Cutts / WikimediaCommons

In der Saison 2019/20 veranstaltet das Musikkollegium Winterthur zum ersten Mal in seiner Geschichte einen internationalen Kompositionswettbewerb. Unter dem Titel «Rychenberg Competition ‒ International Composition Contest» beabsichtigt das Musikkollegium Winterthur Komponistinnen und Komponisten jeden Alters aus allen Ländern anzusprechen. Interessierte dürfen sich bis zum 31. Juli 2018 anmelden und ihre Kompositionen bis Ende März 2019 einreichen. Die Kompositionen müssen sich zwingend auf eine der drei Fotoserien beziehen, die das Fotomuseum Winterthur zu diesem Zweck ausgewählt und zur Verfügung gestellt hat.

Zur Jury des Wettbewerbs gehören die Komponisten Alfred Zimmerlin, Bettina Skrzypczak und Martin Wettstein sowie der Musikwissenschaftler Roman Brotbeck und der Dirigent und Solo-Trompeter des Musikkollegiums Winterthur Pierre-Alain Monot. Aus den eingereichten Orchesterwerken wird die Jury für die erste Runde zehn Werke auswählen, die das Musikkollegium Winterthur auf Video einspielen wird. Diese Video-Aufnahmen werden im Oktober 2019 online veröffentlicht und das Publikum aufgefordert, in einem Online-Voting eines der Werke mit dem Publikumspreis auszuzeichnen. Vier weitere Preise verleiht die Jury.

Die «Rychenberg Competition» will das zeitgenössische Musikschaffen fördern und eine Tradition weiterführen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstand. Unter der Ägide des Musikmäzens Werner Reinhart wurde Winterthur damals zu einem Zentrum zeitgenössischer Musik mit internationaler Ausstrahlung. Komponisten wie Anton Webern, Arnold Schönberg, Igor Strawinsky oder Richard Strauss komponierten für und musizierten mit dem Musikkollegium Winterthur. Nicht nur Komponisten, sondern auch Interpreten und Dirigenten von Weltruf kamen auf Einladung Reinharts nach Winterthur und logierten oft bei ihm in der Villa Rychenberg, dem heutigen Sitz der Geschäftsstelle des Musikkollegiums Winterthur.

Weitere Informationen und Teilnahmebedingungen:

www.rychenbergcompetition.ch
 

Suggestiver Sog

Othmar Schoecks Oper «Das Schloss Dürande» erklang in der Fassung Micieli/Venzago am 31. Mai und 2. Juni 2018 im Stadttheater Bern erstmals konzertant.

Manchmal kann eine eher ungewöhnliche Entstehungsgeschichte eines Werkes den Zugang zu ihm verstellen – gerade auch, wenn sie als Rechtfertigung seiner Existenz beschworen wird. Othmar Schoecks Oper Das Schloss Dürande nach einer Geschichte Joseph von Eichendorffs lag lange in den Rühr-mich-nicht-an-Schubladen der Musikgeschichte. Sie war während des zweiten Weltkrieges im Berlin der Nazis und in deren Auftrag zur Uraufführung gekommen. Ihr Libretto stammt überdies vom heute vollkommen unbekannten Hermann Burte, einem wenig feinsinnigen Blut-und-Boden-Poeten; es ist voller plumper Metaphern und Reime eher groben Zuschnittes.

Um die Musik nicht ganz verloren zu geben, hat ein Team rund um Thomas Gartmann, Leiter der Forschungsabteilung der Berner Hochschule der Künste, eine partielle Neutextierung gewagt. Im Vorfeld der erstmaligen konzertanten Aufführung dieser Bearbeitung durch den Schriftsteller Francesco Micieli und den Dirigenten Mario Venzago ist man deshalb medial vor allem mit Fragen um die historische Stellung des Werkes und seine Wiederaufführbarkeit konfrontiert worden.

Da ist es verständlich, wenn man sich mit einem nicht geringen Mass an Muss-das-sein-Skepsis und vielen sonstigen Einwänden im Berner Stadttheater einfand: Was soll so ein Projekt gerade jetzt, wo rechtsnationale Strömungen in Europa eher wieder erstarken? Wird da nicht versucht, zur falschen Zeit das falsche Stück vom Verdacht nationalsozialistischer Vereinnahmungen reinzuwaschen? Könnte man diese Ressourcen nicht ebenso gut endlich einmal beispielsweise in eine erste szenische Umsetzung des gesellschaftlich weitaus aktuelleren Magic Ring des Tessiners Francesco Hoch investieren? Und kann es gelingen, einer Oper Relevanz zu geben, deren Tonsprache schon bei ihrer Entstehung aus der Zeit gefallen schien?

Bereits nach wenigen Takten scheinen solche Themen allerdings weit weg. Das Berner Symphonieorchester unter der Leitung Venzagos, der Chor von Konzert Theater Bern und eine ganze Reihe exzellenter Solistinnen und Solisten (in kleineren Rollen auch aus den Reihen des Chores) füllen den Bühnenraum bis weit in hintere Höhen. Musik und Geschichte erzeugen auch ohne szenische Umsetzung einen suggestiven Sog, dem man sich kaum entziehen kann.

Autonomes Kunstwerk?

Micieli hat einerseits lausig getexte Zeilen des Librettos durch Passagen aus Eichendorff-Werken ersetzt und andererseits unsangliche Holprigkeiten durch Wortumstellungen und andere Retuschen entschärft. Gerade die Mischung aus Eichendorff-Zitaten, die politisch oder ästhetisch inakzeptable Stellen des ursprünglichen Librettos ersetzen, und den in diesem Kontext seltsam sperrig wirkenden Originalzeilen Burtes machen dieses Schloss Dürande zu einem rätselhaften, verschränkten und in seinen tieferen dramatischen Schichten widersprüchlichen Werk.

Hinzu kommt, dass mit den Retuschen auch die in der Romantik unzählige Male durchgekauten Konflikte der Geschichte einen eigenen Reiz bekommen. Auf der individuelle Ebenen: Der Bruder glaubt, die Ehre der Familie wiederherstellen zu müssen, und bringt seine Schwester und ihren gesellschaftlich höhergestellten Liebhaber um – befangen in einer Fehleinschätzung über die Aufrichtigkeit der Gefühle des Grafen, die an Motive griechischer Tragödien erinnert. Und auf der damit verflochtenen gesellschaftlichen Ebene: Die Zerstörung des Schlosses Dürande wird zum 19.-Jahrhundert-Topos der Konflikte zwischen revolutionären Strömungen und adeligen Oligarchien – samt finalem Selbstmordattentat.

Die Absicht des Projektes mag musikhistorisch motiviert gewesen sein. Das Resultat ist allerdings ein anderes: Es erinnert ein wenig an auch schon wieder etwas der Aktualität entglittene postmoderne Verfahren der Intertextualität. In das neue Libretto verwoben ist denn etwa das Eichendorff-Gedicht In einem kühlen Grunde. Im Deutschland der Machtergreifung Hitlers haben es die Comedian Harmonists, wegen «nichtarischer» Mitglieder mit einem Auftrittsverbot belegt, äusserst populär gemacht. So sickern ständig externe Assoziationen in die Neufassung ein.

Man wird dem revidierten Schloss Dürande wohl nur zu seinem Recht verhelfen, wenn man es von den Umständen seiner Entstehung und Umarbeitung löst und als autonomes Kunstwerk wahrnimmt. Dass mit dem Rehabilitationsversuch so intensiv auf die Entstehungsgeschichte verwiesen wird, könnte ironischerweise dazu führen, dass es zweimal aufgrund eines Missverständnisses scheitert: zum einen zur Zeit seiner Uraufführung beim Versuch, Vereinnahmungen zu vermeiden; zum andern mit Blick auf die Neufassung, beim Versuch, diese als Befreiung von historischen Makeln anzudienen. Interessant zu sehen sein wird, wie der Regisseur Ansgar Haag eine geplante szenische Umsetzung – sie soll 2019 im Staatstheater Meiningen realisiert werden – angehen wird. Wird dem Schloss Dürande dort ein Korsett konventionellen Musiktheaters geschnürt und damit der moralisch-didaktische Impetus des Projektes betont, oder werden sich die Brüche in der visuellen und theatralischen Sprache fortsetzen?

Bildlegende

Mario Venzago probt mit dem Berner Symphonieorchester, mit dem Chor von Konzert Theater Bern und den Solisten (stehend Uwe Stickert und Sophie Gordeladze) im Stadttheater Bern.
Foto: Konzert Theater Bern

Freiburger Kulturpreis für Tonverein Bad Bonn

Der Staatsrat des Kantons Freiburg zeichnet den Tonverein Bad Bonn mit dem Kulturpreis des Staates Freiburg aus. Der Klub wird mit diesem Preis in Höhe von 15’000 Franken für sein Programm und sein internationales Ansehen in der heutigen Musikszene ausgezeichnet.

SMZ

Seit 27 Jahren engagiert sich Daniel Fontana, der Gründer des Klubs, für ein originelles, vielseitiges und anspruchsvolles Musikprogramm, seit 1998 wird er dabei von Patrick Boschung unterstützt. Mit ihrem Jahresprogramm und dem alljährlichen Festival – der Bad Bonn Kilbi – haben sie sich einen Namen gemacht und einen Ruf erworben, der die Gemeinde Düdingen in der Musikszene international bekannt und zu einem der gefragtesten Konzertorte des Landes gemacht hat.

Im Bad Bonn, schreibt der Kanton, versammeln sich «Musikerinnen und Musiker aus der Schweiz und dem Ausland, die neue Trends setzen, sowie ein breites Publikum von nah und fern und Programmatoren aus aller Welt». Für sein besonders kreatives Programm in allen Musiksparten hat es in den vergangenen Jahren bereits viele Preise erhalten (Gégé d’Or im 2005, Atec im 2009, Cheers des Migros-Kulturprozents und der Fondation Suisa im 2017).

Der 1987 eingerichtete Kulturpreis des Staates Freiburg soll dazu dienen, «eine Person oder eine Gruppe von Personen zu ehren, die sich durch ihr Engagement im Kulturbereich ausgezeichnet hat, oder einen Kulturschaffenden für sein Gesamtwerk zu belohnen». Der Kulturpreis wird alle zwei Jahre vom Staatsrat vergeben. 2016 ging er an den Maler und Künstler Guy Oberson aus Lentigny.

Bern unterstützt Schwerpunktfach Musik

Der Berner Regierungsrat hat für die externe individuelle Förderung von Gymnasiastinnen und Gymnasiasten mit dem Schwerpunktfach Musik für die Periode vom 1. August 2018 bis am 31. Juli 2022 einen Kredit von insgesamt 4,4 Millionen Franken bewilligt.

Gymnasium Kirchenfeld in Bern. Foto: Debianux/wikimedia commons CC 3.0,SMPV

Der individuelle Instrumental- und Gesangsunterricht wird laut der Mitteilung des Kantons Bern zu einem erheblichen Teil nicht mehr durch Gymnasiallehrkräfte erteilt. Die Schulen bewilligen den Besuch des individuellen Musikunterrichts an einer Musikschule oder bei einer selbständigen Musiklehrkraft. Die Auslagerung des Musikunterrichts erzeuge für den Kanton keine Zusatzkosten.

Laut dem Schweizerischen Musikpädagogischen Verband (SMPV) belegen Schweizer Gymnasiastinnen und Gymnasiasten mit Schwerpunktfach Musik vom zehnten bis zum zwölften Schuljahr pro Woche eine Lektion Instrumentalunterricht als sogenannte «individuelle Förderung». Im Normalfall wird dieser Unterricht durch eine Lehrkraft des Gymnasiums erteilt. Das Gymnasium kann der Weiterführung des Unterrichts bei einer externen Lehrkraft zustimmen. Die Musikschule stellt die Kosten dann direkt dem Gymnasium in Rechnung.
 

PGM: Zwei Geschwindigkeiten

Am Treffen der Parlamentarischen Gruppe Musik vom 30. Mai 2018 ging es um die Revision des Urheberrechts.

Symbolbild: Uwe Schwarz / pixelio.de

Dass die technische Entwicklung der digitalen Medien rasend schnell vor sich geht, braucht nicht speziell erwähnt zu werden. Der gesetzgeberische Prozess ist dagegen langsam.

Als der Bundesrat 2011 als Antwort auf das Postulat Savary befand, es brauche keine gesetzlichen Massnahmen gegen illegales Herunterladen von Musik im Internet, erntete er einen Sturm der Empörung von Seiten der Musikschaffenden. Das führte zur Einsetzung der Arbeitsgruppe AGUR 12 I und – nach einer intensiv genutzten Vernehmlassung – zur Fortführung des Austauschs in der AGUR II. Aus diesen Vorarbeiten entstand schliesslich der Vorschlag zur Revision des Urheberrechtsgesetzes, wie er jetzt vorliegt.

Geteilte Unzufriedenheit

Andreas Wegelin, Generaldirektor der Suisa, zeigte in seinem Referat auf, welche Themen in der AGUR II behandelt wurden und welche davon schliesslich in den Revisionsentwurf eingeflossen sind. Als für die Musik wichtige Punkte hob er hervor:

  • Anpassung der Schutzfrist für verwandte Schutzrechte an EU-Niveau (70 statt wie bisher 50 Jahre)
  • Stay-down-Verpflichtung (Hosting-Provider müssen dafür sorgen, dass illegal hochgeladene, dann gelöschte Inhalte, nicht wieder hochgeladen werden.)
  • Datenerhebung bei Verdacht auf illegalen Upload (IP-Adressen dürfen in diesem Fall ausgeforscht werden, damit rechtliche Schritte möglich sind.)
  • beschleunigte Tarifverfahren
  • elektronische Meldung von Nutzungsdaten an die Suisa
  • erweiterte Kollektivlizenz

Christoph Trummer, Musiker, Co-Präsident von Sonart und Mitglied der AGUR seit 2012, betonte, der illegale Download, der den Musikschaffenden damals am stärksten zu schaffen gemacht hätte, sei heute nur noch ein marginales Problem. Netzsperren, wie von Musikerseite gewünscht, hätten in diesem Zusammenhang keine Chance gehabt.

Und er verwies auf das im Moment zur Abstimmung stehende Geldspielgesetz, bei dem Netzsperren durchaus vorgesehen sind. Trotzdem sei es wichtig, dass diese Revision nun durchkomme. Der Musiksektor werde sie auch unterstützen, wenn die langwierig ausgehandelte «geteilte Unzufriedenheit» (ein Zitat von Bundesrätin Sommaruga) im Lot bleibe, wenn also keine Änderungen in die eine oder andere Richtung mehr dazukämen. – Mit Ausnahme eines Passus in Art. 13a und analog in Art. 35a, wo, wie Andreas Wegelin zuvor erwähnt hatte, durch das Eingreifen der Verwaltung ein bereits gefundener Kompromiss wieder aus dem Entwurf herausgestrichen worden sei. Trummer endete mit der Bemerkung: «Es wäre ein sehr schlechtes Zeichen, wenn dieser Kompromiss nicht durchkäme.»

Gemeinsame Ohnmacht

Wenn auch die Piraterie kein Hauptproblem mehr ist, hat sich die Einkommenssituation der Musikschaffenden dennoch nicht verbessert. Das aktuelle Problem ist Streaming! Kaum jemand lädt mehr Musik herunter, alle sind ständig online. Die grossen Anbieter wie Spotify, Apple-Music und Deezer zahlen zwar Urheberrechte, diese sind aber gering im Vergleich mit denjenigen aus Radio oder Fernsehen. Besonders stossend sei die Praxis von Youtube, das einen nochmals viel tieferen Ansatz zahle, führte Marlon MacNeill aus, Geschäftsführer von IndieSuisse, der Vereinigung der unabhängigen Plattenlabel. Er sprach von Value Gap, der Lücke in der Wertschöpfung, der stossenden Tatsache, dass nur ein verschwindender Teil der Einnahmen von solchen Plattformen an die Urheber fliessen, das meiste in ihre eigene Tasche.

In der abschliessenden Diskussion stellte Stefan Müller-Altermatt, Nationalrat und Präsident der Parlamentarischen Gruppe Musik (PGM), fest, dass man bei der Revision des Gesetzes wohl wieder einmal drei Schritte zu wenig gemacht habe. Nationalrätin Christa Markwalder gab zu bedenken, die Gesetzgebung gelte ohnehin nur bis an die Landesgrenzen und diese Tech-Giganten seien rechtlich kaum zu greifen. Angesichts dieser Machtlosigkeit war an dieser Stelle unter Parlamentariern und Vertreterinnen der Musikorganisationen eine Art Galgenhumors fühlbar.

Ob die Motion von Balthasar Glättli hier etwas verbessern könnte, der vorschlägt, Plattformen mit mehr als 200 000 Nutzern in der Schweiz müssten auch einen Firmensitz in der Schweiz haben? Der Vorstoss wird jedenfalls in Kürze in den Räten diskutiert.

Mit Matthias Aebischer, Christa Markwalder, Stefan Müller-Altermatt, Rosmarie Quadranti, Albert Vitali und Karl Vogler waren bei diesem Treffen erfreulich viele Mitglieder aus den eidgenössischen Räten vertreten.

Der Stimmung unterworfen

Auch heute hat «Stimmung» den Doppelsinn Intonation und Laune. Dass diese beiden Bedeutungen auch in der Musik viel näher waren, als wir heute denken, erfährt man in diesem Sammelband. Und vieles mehr.

Foto: S. Hofschlaeger/pixelio.de

Es ist natürlich alles wieder mal viel komplexer, als es gemeinhin dargestellt wird. Nix davon, dass mit dem wohltemperierten System die alten Probleme der Stimmungen gelöst waren – oder auch nur teilweise. Die Diskussion ging erst mal weiter. Zu gleicher Zeit etwa, als Bach seinen berühmten Zyklus zusammenfügte, machte Telemann in Paris die Hörerfahrung, dass es doch etwas komplizierter ist mit den Intonationen und dass eine differenzierte enharmonische Singweise den Ohren zwar wehtut, aber doch «vortrefflich süss» klingt. «Eine schöne Contradiction. Man muss die verwehnten zahmen Ohren etwas weiter auftuhn.» [sic] Das ist wieder einmal ein wunderbares Exempel dafür, wie weltoffen und neugierig dieser immer noch etwas verkannte Mann war – und auch dafür, was das sich aufklärende 18. Jahrhundert so alles dachte, wenn es von Stimmungen und derlei sprach: nicht nur akkurate und möglichst reibungsfreie Intonation, sondern auch Emotion, Anstand, Sprache, Physiologie und Philosophie.

Ein ganzes Feld tut sich dahinter auf. Aufgeschlüsselt erscheint es nun in diesem Sammelband, der den Stimmungen und der Vielstimmigkeit in der Aufklärung nachgeht (und manchmal noch etwas darüber hinaus bis in die Gegenwart, zu Hermann Burger etwa). Über diesen «musikalischen Paradigmen in Literatur und Kultur» arbeiten derzeit die drei Herausgeber unter Boris Previšićs Professur an der Universität Luzern, dies in einem Nationalfonds-Forschungsprojekt. Die neunzehn Aufsätze, die im September 2016 anlässlich einer interdisziplinären Tagung zu diesem Thema entstanden, sind höchst informativ, wenn auch nicht immer gleichermassen leicht zu lesen (besonders die Herausgeber epistemologisieren gern ein bisschen gar). Sie richten sich an ein Fachpublikum; der interessierte Laie wird sich den einen oder anderen Text herauspicken, aber es lohnt sich durchaus, durch dieses Thema zu schweifen und die unterschiedlichen Facetten kennenzulernen: Wie sich die Ansichten etwa bei Rameau oder Herder wandelten, wie das Verhältnis von Theorie, Praxis – und heutiger Praxis (!) war oder dass sich Wilhelm Heinse etwa in seinem Roman Hildegard von Hohenthal damit auseinandersetzte. Stimmung als Intonation bzw. als Laune: Das war einander näher, als wir es heute verstehen. Und so heisst es bei Heinse: «Die Natur hat sich bereitet, um immer in neuen Gefühlen ewig seelig fortzuschweben; und unser Urberuf ist, dies zu erkennen, und glücklich zu seyn. Pythagoras hatte ganz Recht, die Welt ist eine Musik.»

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Stimmungen und Vielstimmigkeit der Aufklärung, hg. von Silvan Mossmüller, Laure Spaltenstein und Boris Previšić, 389 S., € 39.00, Wallstein, Göttingen 2017, ISBN978-3-8353-3075-7

Monumentales Instrument – knappe Würdigung

In seiner Kulturgeschichte der Orgel bringt Karl-Heinz Göttert viele Informationen in gut lesbare Form. Der Kenner der Materie wird aber nicht ganz zufriedengestellt.

Zeichnung der Orgel für die Stettiner Synagoge, 1914 (s. unten)

Eine äusserst anspruchsvolle Aufgabe hat sich der Autor, emeritierter Professor für Ältere Deutsche Sprache an der Universität Köln und Verfasser einiger Orgelführer, mit diesem Buch gestellt. Eine Kulturgeschichte eines Instruments zu schreiben, das wohl wie kein anderes in einem Spannungsfeld steht, das wirtschaftliche, soziologische, religionsgeschichtliche und konfessionelle Aspekte genauso in sich vereint wie kunsthandwerkliche, akustische, architektonische oder kompositorische Fragen, ist vermutlich ohne ein gewisses Mass an Oberflächlichkeit kaum möglich. Umso erstaunlicher, dass in der vorliegenden Publikation doch sehr viele Themen Einzug gefunden haben oder zumindest kurz gestreift werden: Nach einer Einleitung zur Frühzeit der Orgel werden die verschiedenen Nationalstile geschildert, der Orgelbau und sein Kontext am Beispiel einiger grosser Namen (Schnitger, Silbermann, Walcker, Cavaillé-Coll) oder geschichtlicher Entwicklungen (Orgel im «Dritten Reich») umrissen, einige Organisten und ihr Umfeld geschildert (von Francesco Landini im 14. Jahrhundert bis zum «enfant terrible» Cameron Carpenter) und ein kurzes Bild zur Orgelmusik in den heutigen Medien gezeichnet.

Unbestritten, dass man sich hier in Kürze ein Bild der Materie machen kann und dabei erst noch eine «süffige» Lektüre geniesst. Nur: Beim fortlaufenden Lesen ärgert man sich zum einen über die gelegentlich eher saloppe Sprache (Bachs «brutal schwere» Triosonaten) und über mehr oder weniger grosse sachliche Ungenauigkeiten; so schrieb Haydn z. B. nicht nur «ein», sondern 30 Stücke für die Flötenuhr, und Michael Praetorius beschreibt 1619 wohl kaum die Disposition der «Bach-Orgel» (!) in der Thomaskirche Leipzig. Das Literaturverzeichnis listet zum anderen zwar eine ganze Reihe mehr oder weniger bekannter Werke auf, aber auf den Nachweis von Zitaten wird genauso verzichtet wie auf die Herkunftsangabe nicht weiter begründeter Theorien, z. B. die Autorschaft von Michael Gotthard Fischer an den anonymen, lange Zeit Bach zugeschriebenen Acht kleinen Präludien und Fugen. Schade, denn Göttert gelingt es durchaus, in seinem flüssig geschriebenen, auf unnötigen Fachjargon verzichtenden und auch schön bebilderten Buch die Neugierde auf weitere Lektüre zu wecken.

Fazit: ein mit etwas Vorsicht zu geniessendes Buch, das sich wohl eher für Liebhaber als für Kenner eignet!

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Karl-Heinz Göttert: Die Orgel – Kulturgeschichte eines monumentalen Instruments, 408 S., € 34.95, Bärenreiter, Kassel 2017, ISBN 978-3-7618-2411-5

 

 

Bild oben:
Zeichnung der Orgel für die Stettiner Synagoge. Das Instrument wurde 1914 von der Firma Walcker gebaut,1938 in der Reichskristallnacht zusammen mit der Synagoge zerstört. 

Zeichner unbekannt, Quelle Walcker/wikimedia commons
 

Melodischer Brückenschlag

Im Selbstverlag hat Adrian Bucher ein sehr sorgfältiges Klavierheft für Jugendliche herausgegeben, das populäre wie klassisch-romantische Musik anklingen lässt. Dem Pedalspiel wird besondere Beachtung geschenkt.

Ausschnitt aus dem Titelbild

So wie der Schiffssteg aus Klaviertasten auf dem Titelbild des Heftes Bridge of Melodies uns hinausführt auf einen See, so führen uns Adrian Buchers Klavierstücke hinein in fein gewobene Klavierklänge. Die 14 hier vereinigten Stücke sind stilistisch vielschichtig und bunt. Bei aller Nähe zur populären Musik spüre ich deutlich die klassisch-romantischen Wurzeln des Autors und die damit verbundenen hohen Ansprüche an eine stimmige Klavierkomposition. Harmonisch und rhythmisch sehr sorgfältig gearbeitet und ebenso detailliert notiert, erachte ich die Stücke als wertvolle Literatur für den Unterricht, die Jugendliche auf der Mittelstufe unmittelbar ansprechen dürfte. Für sie könnten diese Stücke sowohl vom Stil als auch vom Spieltechnischen her helfen, eine Brücke zu schlagen zum Klaviersatz der Romantiker. So finden wir weit gespreizte Akkordbegleitungen (teilweise auf zwei Hände verteilt) mit schönen Bassführungen, Nebenstimmen und überraschende melodische und harmonische Wendungen. Mit den detaillierten Fingersätzen, den genauen Angaben zur Gestaltung der Phrasen wie auch von Tempo- und Dynamikverläufen, möchte Adrian Bucher ein bewusstes Musizieren und Gestalten fördern, wobei dem Einsatz des Pedals besondere Beachtung gilt. Auf seiner Webseite adrianbucher.net sind die Stücke als mp3-Dateien aufgeschaltet und sie können auch dort bestellt werden.

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Bridge of Melodies, 14 stilistisch vielseitige Klavierstücke für die Mittelstufe, BUA 3901, Fr. 25.50, Selbstverlag 2016, www.adrianbucher.net

Leidenschaftlich drängender Impuls

Die vier Streichquartette von Friedrich Theodor Fröhlich werden im Amadeus-Verlag herausgegeben. Das g-Moll-Quartett orientiert sich an Bach, Beethoven, Mendelssohn und ist zugleich sehr eigenständig.

Fröhlichs Heimatstadt Brugg um 1810. Aquatinta von Johann Wilhelm Heim, wikimedia commons

In Aarau, nahe seiner Heimatstadt Brugg, fühlte er sich musikalisch lebendig begraben, hatte er doch einige Jahre die so viel weltläufigere, kultursatte Luft des fernen Berlin geatmet. Zugegebenermassen nicht nur zu seinem Vorteil, denn Friedrich Theodor Fröhlich (1803-1836) war zwar ein hochintelligenter, reich talentierter und belesener, aber grüblerischer, zeitweilig streitlustiger und vor allem übersensibler junger Mann. In Berlin begegnete er zwar Grössen seiner Zeit wie Felix Mendelssohn, studierte sogar bei dessen Lehrer Carl Friedrich Zelter, blieb aber eine herablassend mild belächelte Aussenseiterfigur, die jede Zurückweisung und Ignoranz seinem Werk und seiner Person gegenüber in bitterste Frustration verwandelte, die ihn zeitlebens zerfrass und schliesslich zum Selbstmord trieb. Seine emotionale Erregbarkeit, sein nach Schönheit hungernder Geist bildeten das grosse thematische Reservoir für eine erfolgreiche, ausdrucksstarke künstlerische Entwicklung. Es hätte aber einer stabileren Grundverfassung und mehr äusserer Unterstützung bedurft, um für die nötige Disziplin und die ökonomischen Rahmenbedingungen zu sorgen. So war Fröhlich ein grosses Talent, nach derzeitigem Kenntnisstand sogar das bedeutendste der frühromantischen Epoche in der Schweiz, das viel zu früh an sich und seiner Umwelt scheiterte.

Die volle Erschliessung seines Werkes ist trotz der relativ kurzen Schaffensperiode noch lange nicht abgeschlossen. Einer Initiative der Internationalen Fröhlich-Gesellschaft und des Amadeus-Verlages in Winterthur ist zu verdanken, dass unter anderem die Serie der vier nachgelassenen Streichquartette vollendet wurde, die zu seinen ambitioniertesten und besten Schöpfungen gehören. Dem leidenschaftlich drängenden Impuls seiner Zeit gehorchend, weisen sie Eigenständigkeiten auf, die das Fehlen späterer Werke umso schmerzlicher machen. Dies umso mehr, als Fröhlichs Ende in jene Zeit fiel, als Beethovens dominierender Gattungsbeitrag zu einer Lähmung des Streichquartetts führte, die nach Mendelssohn erst Robert Schumann zu durchbrechen verstand. Zuvorderst seien Fröhlichs wunderbare, durchglühte, gesungene Themen gerade in den langsamen Sätzen genannt, aber auch seine formale Experimentierfreude, das Risiko harmonisch überraschender Wendungen, die immer mitreissende Konversation der Instrumente. Mag sein, dass er seine Musik zuweilen inhaltlich überstrapaziert, zu viel will und dadurch an gedanklicher Kohärenz verliert. Sein Urmusikantentum aber macht diese Unzulänglichkeiten längst wett mit publikumswirksamer Dramatik und erzählerischer Dichte, die sich immer des Beifalls und der Aufmerksamkeit seiner Zuhörer sicher sein darf.

Diesem noch immer als Geheimtipp gehandelten Schweizer mehr Geltung zu verschaffen, dürfte das – wie immer im Amadeus-Verlag – auf höchstem Niveau veröffentlichte g-Moll-Streichquartett (von vier Quartetten sind übrigens drei in Moll) helfen. Fröhlichs Ikonen Bach, Beethoven und Mendelssohn sind hier omnipräsent, fügen sich unter seiner Kreativität ein in den schliesslich doch dominierenden Genius eines originellen und nicht im mindesten epigonalen Meisters.

Es beginnt ungewöhnlich mit einem ergreifenden, hymnischen Thema mit vier herrlich ausgezierten Variationen im Andante, die alle Instrumente aufs Schönste zur Geltung bringen. Der zweite Satz ist ein rasches Scherzo in beethovenscher Manier, das es trotz aller Akzentuierungen schafft, heiter wie ein Walzer zu klingen. Das Largo cantabile verschreibt sich ganz dem innigen Hauptthema und seiner Modulation; das Allegro molto schliesslich beginnt düster und geheimnisvoll und hätte vom thematischen Material her für ein fulminantes Finale sorgen können. Fröhlich hält sich immer wieder mit etwas kurzatmigen Dialogen auf, die den aufkommenden Drive bremsen und den grossen mitreissenden Sog verhindern. Es ist dennoch absolut hörenswerte Musik.

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Friedrich Theodor Fröhlich: Streichquartett in g-Moll,
hg. von Gerhard Müller, Partitur und Stimmen BP 2824,
Fr. 62.00, Amadeus-Verlag, Winterthur 2018

Gut kommentierter Urtext

Die neue Ausgabe von Telemanns Violin-Fantasien glänzt vor allem durch die Anmerkungen und Anregungen zur Interpretation.

Foto: Yinzhong – fotolia.com

Die neue Ausgabe der Telemann-Fantasien für Solovioline ist genauso schön dargestellt wie die Bärenreiter-Ausgabe von 1964, aber der Herausgeber hat dazu ein ausführliches Vorwort verfasst. Es gibt den Liebhabern dieser anspruchsvollen, aber leichter spielbaren Sonaten und Suiten als diejenigen von Johann Sebastian Bach wertvolle Hinweise zur Ausführung. Telemann selber unterscheidet in seinem Katalog zwei Gruppen: die ersten sechs – mit Fugen versehen – sind eher sonate da chiesa, die zweiten sechs seien «Galanterien», Suiten von ernsten und tänzerischen Sätzen. Die kritischen Anmerkungen stellen wichtige Verbesserungen zu älteren Ausgaben dar und man gewinnt Einsichten zur bewussten Gestaltung einzelner Stellen: Da die Mehrstimmigkeit auf der Violine, bedingt durch die Tatsache, dass wir nicht mehrere (Geigen-)Bögen bedienen können, viele Verzichts- und Prioritätsentscheidungen verlangt, helfen uns die kritisierten Details mit der Ausrichtung der Notenhälse, um Ober-, Mittel- und Unterstimme zu gruppieren. Sogar ein fehlender Takt wird aufgezeigt: Im Largo der Fantasie VII muss Takt 5 als Echo wiederholt werden, so ergibt sich die logische Achttaktigkeit. Für Interpretierende geben auch die Abschnitte über Dynamik, Verzierungen und Vibrato hilfreiche Anregungen.

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Georg Philipp Telemann: 12 Fantasien für Violine solo, TWV 40:14–25, hg. von Bernhard Moosbauer, UT 50415, € 10.95, Wiener Urtext Edition, Schott/Universal Edition, Mainz/Wien 2017

Kurzweilige Fahrt mit jazzigen Rhythmen

Mit einem Augenzwinkern und einer Prise Unfug wird die Klavierkomposition «Route 33» von Gernot Wolfgang zu einem unterhaltsamen Spass.

Route 66. Foto: Holger Raukamp/pixelio.de

Der 1957 geborene Österreicher Gernot Wolfgang ist ein musikalischer Grenzgänger. Er studierte zunächst Gitarre und Jazzkomposition in seinem Heimatland und danach Filmkomposition in den USA, wo er seit 1997 auch lebt. In seinen Werken sucht er nach «einer Synthese zwischen der rhythmischen Energie des Jazz … und der europäischen E-Musik-Tradition».

Das Klavierstück Route 33 ist 2014 entstanden und nun im Verlag Doblinger erschienen. Gewidmet ist es der Pianistin Gloria Cheng, die auch die Uraufführung spielte. Die Komposition lässt an einen «Road Trip» denken, der von mehreren Traumsegmenten unterbrochen wird. Den Titel setzte der Komponist offenbar erst nach Beendigung des Werkes. Wolfgang zählte die Anzahl synthetischer Skalen und kam auf 33. «Route 66 … Route 33 … das könnte funktionieren … allerdings vielleicht doch etwas zu schlau», gesteht er sich im Nachwort selber ein. Sein Humor blitzt im Übrigen auch in den zahlreichen Spielanweisungen auf, wenn es etwa heisst: «fermata optional» oder «with a little mischief, a twinkle in the eye».

Die Musik selber durchläuft in kurzweiligen acht Minuten verschiedenste Stadien von Traumverlorenheit bis Hyperaktivität, um am Ende wieder den Bogen zum Anfang zu schlagen. Natürlich finden sich zahlreiche Jazzelemente, gerade in den mit leichter Hand hingeworfenen Rhythmen. Unnötig kompliziert ist das alles aber nicht, und auch die schnellen Passagen und Akkorde liegen angenehm in der Hand. – Kurzum: Ein kompaktes, abwechslungsreiches und auch unterhaltendes Stück Musik!

P.S. Eine solche «Route 33» existiert übrigens tatsächlich …

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Gernot Wolfgang: Route 33 für Klavier, D 01697, € 13.95, Doblinger, Wien 2017

Meditative und vergnügliche Etüden

Christoph Enzel hat in seinen «Mantras» für Saxofon die Wiederholung auf eine neue Ebene versetzt. Bei den Übungsstücken von James Rae steht das Musikantische im Vordergrund.

Foto: Walter J. Pilsak/pixelio.de
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Instrumentaltechnische Übungen haben einen schlechten Ruf – zu Unrecht, wie ich meine, denn schliesslich schaffen sie die notwendigen Grundlagen und unterstützen die Aneignung schwieriger Passagen im Repertoire. Etüden für das Saxofon gibt es bekanntlich nicht in grosser Vielfalt. Es mangelt insgesamt an Etüden zur Entwicklung von Fingerfertigkeiten, die im Kern auch einen musikalischen Ausdruck haben und eine kompositorische Idee verfolgen, wie wir es beispielsweise von Klavier- oder Violinschulen kennen. So ist es kein Wunder, dass aus diesem Fundus viele Stücke für Saxofon transkribiert wurden. Und umso erfreulicher ist es, wenn neue Ideen das Repertoire bereichern.

Christoph Enzel hat mit seinen 15 von Minimal Music inspirierten technischen Studien Mut zur simplen Idee der Wiederholung bewiesen und diese noch dazu spirituell untermauert. Seine musikalischen Mantras sind Anregung, den Prozess des Übens von seiner Mühsal zu befreien, indem man den scheinbar langweiligen Bewegungsabläufen zum Flow verhilft und die Heiligkeit der Repetition weit weg von jeglicher stupiden Wiederholungsmechanik zum Erklingen bringt. Dies ist nicht jedem Schüler so leicht zugänglich und erfordert von der Lehrperson pädagogisches und methodisches Fingerspitzengefühl, erst recht, wenn die Übungen in exponierten Lagen eine blastechnische Herausforderung darstellen. Da der Komponist und Saxofonist im Vorwort Schwierigkeiten beim Einstudieren eines Konzerts als Ausgangspunkt dieser Publikation angibt, könnten Lehrer wie Schüler, dieser Idee folgend, selbst Mantras komponieren, die ihrem individuellen Niveau entsprechen. Viel Spass!

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Die Hefte von James Rae sind seit Jahren ein fester Bestandteil vieler Unterrichtsbibliotheken – allen voran die sogenannten klassischen Saxofonistinnen und Saxofonisten schätzen den Fundus an pop- und jazzverwandten Unterrichtsstücken. Seine Produktion von inzwischen unzähligen Publikationen mag inflationär erscheinen, da sich dem Musikpädagogen nicht immer ein innovativer musikalischer Impetus erschliesst, mit dem man neue Aspekte in den Unterricht einfliessen lassen könnte.

Letztlich ist es aber wahrscheinlich die musikantische Natur, die überzeugt – so wie in den 18 Concert Etudes for Solo Saxophone. Hier ist Spielfreude angesagt: man wechselt zwischen rhythmischen, melodischen und harmonischen Solostücken hin und her, die auch als Vortragsstücke bestimmt grossen Anklang finden. Zusammen mit den 12 Modernen Etüden (UE 18795) und den 20 Modern Studies (UE 18820) bilden diese Etüden ein gern gezogenes Unterrichtsregister.


Christoph Enzel: Saxophone Mantras, 15 Technical Studies for Saxophone, ADV 7158, € 14.95, Advance Music, Mainz 2017

James Rae: 18 Concert Etudes for Solo Saxophone (S, A, T, B), UE 21705, € 16.95, Universal Edition, Wien 2017
 

Sisera unterrichtet an der Hochschule Luzern

Das Institut für Jazz und Volksmusik der Hochschule Luzern – Musik kann zum Start des Studienjahrs 2018/2019 einen weiteren neuen Dozenten begrüssen: Dario Sisera wird in den Bereichen Körper & Rhythmik und Perkussion Jazz unterrichten.

Dario Sisera (Bild: Mayk Wendt)

Der 1978 geborene Dario Sisera machte 2007 sein Performance Jazz-Diplom an der Hochschule Luzern. Er spielt zusammen mit seinem älteren Bruder, dem Bassisten Luca Sisera, und dem Gitarristen Franz Hellmüller (beides ebenfalls Absolventen der Hochschule Luzern) und dem aus Barcelona stammenden Saxophonisten Carles Peris in der Formation «Radar Suzuki».

Dario Sisera hat an diversen Musikproduktionen mitgewirkt (unter anderem Where’s Africa, Bahur Ghazis Palmyra) und unterrichtet seit 2007 an verschiedenen Schweizer Musikschulen Perkussion und Schlagzeug, unter anderem an der Musikschule Neuenkirch (Luzern) und der  Musikschule Domat/Ems (Graubünden). 2004 erhielt Sisera den Unterstützungsbeitrag der Axelle und Max Koch-Kulturstiftung und 2008 den Kulturförderpreis des Kantons Graubünden.

Mehr Infos: dariosisera.ch

Ländlermusik leicht gemacht

Wer sich für Theorie und Praxis der instrumentalen Schweizer Volksmusik interessiert, kann jetzt bequem online auf ein Buch zugreifen, das erklärt, wie diese aufgebaut ist und wie sie gespielt wird.

Ausschnitt aus dem Titelbild

Der Multiinstrumentalist Ueli Mooser, einer der erfahrensten und vielseitigsten Ländlermusiker der Schweiz, hatte 1989 ein Buch herausgebracht, das die theoretischen Grundlagen der Ländlermusik ausführlich und praxisgerecht erklärte. Nun hat er diese legendäre Publikation Die instrumentale Volksmusik der Schweiz eingehend überarbeitet, ergänzt und aktualisiert.

«Grundlagen und Musizierpraxis der Ländlermusik: Formen, Modelle, Beispiele und Anregungen», so lautet der Untertitel – und er verspricht nicht zu viel. Das Werk vermittelt einerseits einen umfassenden theoretischen Überblick über die Ländlermusik. Form, Aufbau, Melodik, Rhythmik und Harmonisierung werden anschaulich und detailliert dargestellt und anhand von zahlreichen Noten- und Tonbeispielen verdeutlicht. Aber auch Begleitstimmen, Bassführung, Arrangement- und Wiederholungspraxis werden thematisiert. Das Buch bietet also reichhaltiges Material zur Spielpraxis sowie Anregungen zur Eigenkomposition. Sogar Tipps zur Zusammenstellung von Kapellen, zur Probenarbeit, zum Live-Vortrag und zur Wahl von Stücktiteln werden gegeben. Daneben vermittelt es auch einen Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Ländlermusik und über die vielfältigen regional unterschiedlichen Spielpraktiken.Mit über 300 Seiten ist Moosers Buch keine didaktisch aufbereitete Schnellbleiche. Terminologisch stammt es zwar klar erkennbar aus dem 20. Jahrhundert und ist auch musikalisch nicht ganz auf dem Stand der Gegenwart. Das ist aber gerade bei diesem Thema zu verschmerzen, fasst Mooser doch nahezu das ganze 20. Jahrhundert der Ländlermusik zusammen und gibt so eine breite und tiefe Basis auch für die Weiterentwicklung im 21. Jahrhundert.

Wer sich durcharbeitet, wird also belohnt mit einem äusserst kompetenten, spannenden und vergnüglichen Einblick in die Ländlermusik. Wer sich diese Mühe nicht machen will, kann quer durchs Buch blättern und bei Tonbeispielen oder Noten verweilen, um einen ersten Eindruck von der instrumentalen Schweizer Volksmusik zu erhalten.

Die Gesellschaft für die Volksmusik in der Schweiz hat das neu überarbeitete Werk in Zusammenarbeit mit dem Haus der Volksmusik in digitaler Form herausgegeben und stellt es im Internet frei zur Verfügung.

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Ueli Mooser: Die instrumentale Volksmusik der Schweiz – Grundlagen und Musizierpraxis der Ländlermusik: Formen, Modelle, Beispiele und Anregungen, 2. aktualisierte und überarbeitete Online-Ausgabe, 2017

https://instrumentale.volksmusik.ch/

 

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