Luzern fördert Kreativwirtschaft

Seit 2016 fördert die Stadt Luzern unter dem Titel Kreativwirtschaft diverse Projekte und Initiativen. Der Fokus der diesjährigen Projektförderung wird auf Marktzugang, Marktentwicklung und Networking gelegt.

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Im Rahmen der Umsetzung der Kultur Agenda 2020 fördert die Stadt Luzern seit 2016 unter dem Titel Kreativwirtschaft diverse Projekte und Initiativen. Profitieren in Form einer finanziellen Unterstützung sollen Personen, Institutionen oder Unternehmen, die marktorientierte Produkte und Projekte herstellen beziehungsweise realisieren, welche einen kreativ-künstlerischen Hintergrund haben oder in einem solchen Zusammenhang stehen.

Der Fokus der diesjährigen Projektförderung wird auf Marktzugang, Marktentwicklung und Networking gelegt. Die Ausschreibungsunterlagen sind auf der Webseite www.kultur.stadtluzern.ch zugänglich. Bewerbungen für einen Förderbeitrag können bis am 20. September 2019 eingereicht werden.
 

Wieviel Stress verträgt ein Musikstudium?

Australische und amerikanische Forscher haben untersucht, wie Musikstudienanfänger mit den neuen Anforderungen an Professionalität und Selbstorganisation umgehen.

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Für viele Musikstudenten kann der Übergang zum Studium auf Hochschulniveau erheblichen Stress bedeuten, da sie sich an den akademischen Standard und die Herausforderungen anspruchsvoller Leistungsbeurteilungen anpassen müssen. Vor diesem Hintergrund hat das Team die Auswirkungen von Stress auf das Wohlbefinden der Schüler, insbesondere ihr Gefühl von Energie und Lebendigkeit, unter die Lupe genommen.

Die Ergebnisse zeigten, dass Stress die Vitalität der Studienbeginner beeinträchtigt, nicht aber der selbstorientierte Wille zum Perfektionismus. Darüber hinaus beeinflussen sowohl die Anpassungsfähigkeit als auch die Qualität der Beziehungen zu den Mitstudierenden die Vitalität positiv. Diese positiven Asepkte reduzieren allerdings die negativen Auswirkungen von Stress nicht.

Originalartikel:
https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/1029864919860554

«Ein himmlisch’ Werk» – sehr menschlich

Das Museum Fram in Einsiedeln zeigt derzeit die musikalischen Schätze der Musikbibliothek des Klosters Einsiedeln. Sie stammen aus über tausend Jahren und zeichnen das Musikleben des Benediktiner Klosters in unerwarteten Facetten. Der Autor unseres Berichts war Einsiedler Stiftsschüler von 1963 bis 71 und erlebte selbst Einiges dieser Geschichte hautnah mit …

Vitrine mit dem Faksimile des Codex 121. Foto: Museum Fram,Foto: Museum Fram,Foto: Museum Fram,Foto: Museum Fram,Foto: Museum Fram

Pater Roman Bannwart, links von mir sitzend, schiebt den Regler nach unten; im Saal geht das Licht aus. Der «Saal» ist die Turnhalle der Stiftsschule Einsiedeln, die Zeit: Fasnacht 1966. Das Orchester spielt ein Musikstück, das ich inzwischen «Ouvertüre» zu nennen gelernt habe. Es ist die erste Ouvertüre in meinem Leben – und sozusagen auch die letzte. Und sie eröffnet Franz Schuberts Singspiel «Die Zwillingsbrüder». Ich sitze rechts von Pater Roman im Souffleurkasten und habe den Sängern in den Sprechpartien ihre Stichworte zu liefern.

Operntradition

Was Pater Roman nicht weiss und ich noch weniger: Mit der Fasnachtsoper von 1966 – neben den Zwillingsbrüdern wird noch Schuberts Einakter Der vierjährige Posten gespielt –, geht eine lange Tradition zu Ende. Es ist die Tradition der Opernaufführungen im Kloster, die seit 1808 im Kloster dokumentiert ist. Die opernbegeisterten Mönche und unter ihrer Anleitung die Schüler des Gymnasiums wagten sich an Vieles: so an Mozarts Entführung aus dem Serail (1833), an Donizettis Regimentstochter (1860) oder an Aubers Die Stumme von Portici (1890). Allerdings: Aus dem Liebesdrama der Entführung wurde eine Vater-Sohn-Geschichte (Die türkischen Kadeten), aus der Regimentstochter wurde ein Regimentsbursche, aus der Stummen ein Stummer – allzu viel vom anderen Geschlecht sollte den Mönchen und Schülern auf der Bühne wohl nicht vorgeführt werden. In späteren Jahren unterblieb dieses drastische «re-writing»; die beiden Opern, die ich noch erlebte, wurden mehr oder weniger im Original gespielt, natürlich mit Knaben in den (weiblichen) Sopran- und Altpartien. Auch Pater Roman – damals als Choralmagister in der ganzen Schweiz bekannt – agierte nicht immer nur als Chefbeleuchter: Eine Foto der Ausstellung zeigt ihn 1937 in der Hauptrolle einer Oper von Albert Lortzing.

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Aus der Regimentstochter wurde ein Regimentsbursche

Im Jahr vor Schubert und somit als zweitletzte Opern kam 1965 das Stück eines damals so gut wie unbekannten Komponisten auf die Bühne. Es hiess Orfeo und stammte von einem gewissen Claudio Monteverdi – merkwürdige Musik! Rund 20 Jahre später sollte ich am Opernhaus Zürich die Aufführung von Nikolaus Harnoncourt erleben –, und manche Melodien der Oper kamen mir merkwürdig vertraut vor. Die Rolle des Plutone sang in der Einsiedler Aufführung ein Student namens Arthur Helg – als Pater Lukas Helg ist er heute einer der beiden Kuratoren der Ausstellung.

Geistliche Musik

Und die Oper hatte ihren Platz nicht nur auf der Bühne, sondern auch im klösterlichen Gottesdienst: Gern führte man dort Bearbeitungen von Passagen aus Mozarts Opern auf – die gleiche Musik mit einem neuen, geistlichen Text. Die hauseigenen Komponisten waren in dieser Art der Aneignung sehr geschickt und – man muss es nüchtern sehen – auch ziemlich bedenkenlos. Der Gregorianische Choral dagegen, heute für uns das «Markenzeichen» des klösterlichen Gottesdienstes, wurde damals kaum mehr gesungen.
Eine merkwürdige Geschichte hat auch das emblematische Musikstück des Klosters, das mehrstimmige Einsiedler Salve Regina, das die Mönche täglich in der Gnadenkapelle singen. Das Stück existiert in unterschiedlichen Bearbeitungen des gregorianischen (einstimmigen) Originals; und gerade die Fassung nur für Männerstimmen, die heute regelmässig vor der Gnadenkapelle erklingt, ist musikalisch nicht unproblematisch, denn vorgesehen wäre eigentlich eine Oberstimme für Sängerknaben.
 

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«Einsiedler Salve Regina»

Neben Pater Roman war unser zweiter Musiklehrer und der Kapellmeister des Klosters Pater Daniel Meier; er spielte übrigens 1937 die Knusperhexe in Engelbert Humperdincks Hänsel und Gretel. Er nun vergass, mit unserem Jahrgang der Sängerknaben das Salve richtig einzuüben, und tadelte nach einiger Zeit ungehalten unser immer noch unsicheres Mitsingen. So sang ich das «Salve» zwar gern – sein volltönig orgelnder Klang hatte im Innern der Gnadenkapelle etwas Überwältigendes –, aber noch lange etwas zaghaft …

Kloster-Komponisten

Pater Daniel Meier (1921–2004) war mehrere Jahre lang Kompositionsschüler von Paul Hindemith in Zürich; Grusspostkarten mit Hindemiths eigenen Zeichnungen bezeugen sogar eine Art Freundschaft. Pater Daniel zählt zur stattlichen Anzahl der Kloster-Komponisten (insgesamt über 30), von denen manche mehrere hundert Werke komponierten; der bisher jüngste ist der ebenfalls sehr produktive Pater Theo Flury (*1955). Hier zeigt sich eine besondere Entwicklung der Musikgeschichte: Bis ins 19. Jahrhundert komponierten auch bedeutende Komponisten noch geistliche Musik, die von talentierten Amateuren aufgeführt werden konnte und von den Klostermusikern denn auch gern aufgegriffen wurde. Mit der radikalen neuen Musik des 20. Jahrhunderts änderte sich das jedoch: Geistliche Musik, die im sonntäglichen Gottesdienst verwendbar war, wurde die Sache von Komponisten, die keinen modernen oder avantgardistischen Stil vertreten wollten, und zu ihnen zählen auch die Einsiedler Komponisten-Mönche. Ihr Schicksal ist jedoch, dass ihre «Gebrauchsmusik» im Konzertsaal kaum je gespielt wird. Aber sie komponierten dann auch nicht immer nur Frommes: Der Kloster-Hit ist bis heute ein fetziger Caecilienmarsch für drei Orgeln, den Pater Anselm Schubiger 1845 schrieb.
 
 

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«Caecilienmarsch» für drei Orgeln von Pater Anselm Schubiger

Hits ganz anderer Art enthielt ein Druck von 1520, der sich ebenfalls in der Ausstellung findet: Das Liber selectarum cantionum – ein Prunkband zusammengestellt vom «Schweizer» Komponisten Ludwig Senfl – enthält 25 Werke der berühmtesten Komponisten der Hochrenaissance. Mit den meisten Werken vertreten ist Josquin Desprez und (etwas unbescheiden) Ludwig Senfl selbst. Das Merkwürdige allerdings: Der Band weist praktisch keine Gebrauchsspuren auf; die Mönche scheinen ihn eher als «Kunstobjekt» und nicht so sehr für den täglichen Gebrauch gekauft zu haben. Dem mag entsprechen, dass die beiden Werke der Renaissance, die wir im Gottesdienst regelmässig sangen, nicht etwa von Komponisten wie Josquin oder Senfl stammten. Es waren vielmehr die Missa Papae Marcelli von G. P. da Palestrina und das Requiem seines Schülers G. F. Anerio, die den Renaissance-Stil in einem etwas spannungslos-eleganten Wohlklang weiterführten.

Musikbibliothek

Gerade diesen Palestrina-Stil erklärte man im 19. Jahrhundert zum Vorbild für die Kirchenmusik – mit nicht immer ganz glücklichen Folgen. Immerhin: Nachdem man früher alles «Veraltete» als nichtwiederverwendbar skrupellos weggeworfen hatte, nahm man nun die Musik früherer Epochen wieder zur Kenntnis und sammelte sie. Auch im Kloster Einsiedeln regte sich dieses historische Interesse; es entstand eine eigentliche Musikbibliothek, deren Anfänge auf die Sammlertätigkeit von Pater Gall Morel (1803–1872) zurückgehen. So verdankt das Kloster ihm – um zwei kontrastreiche Beispiel zu nennen – eine Kostbarkeit wie Mozarts handschriftliche Skizze zu dessen Pariser Sinfonie und andererseits die Kuriosität der Pseudo-Renaissance-Madrigale des damals auf Schloss Wartensee (St. Gallen) lebenden Engländers Robert Lucas Pearsall; er schenkte dem Kloster nicht nur seine eigenen Werke, sondern auch die umfangreiche Musikbibliothek. Schenkungen dieser Art trugen dazu bei, dass die Musikbibliothek des Klosters heute eine der grössten in Europa ist.

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Mozarts handschriftliche Skizze des Andante con Moto aus seiner «Pariser Sinfonie»

Das Interesse an alter Musik richtete sich im späten 19. Jahrhundert dann auch auf den Gregorianischen Choral. Das Kloster besitzt mit dem Codex 121 das älteste erhaltene Graduale mit einstimmigen gregorianischen Gesängen für das ganze Kirchenjahr. Die Handschrift, in Einsiedeln vor dem Jahr 1000 geschrieben, ist in der Ausstellung (natürlich) nur als Facsimile zu sehen – aber auch dieses, mit seiner geheimnisvollen Notenschrift der Neumen, vermag ein leises Erschauern zu wecken. Wenigstens heute. Denn es wäre eine Lüge zu behaupten, dass ich den Gregorianischen Choral damals als Stiftsschüler besonders liebte; nein, er erschien mir immer als etwas langweilig-eintönig, auch wenn Pater Roman ihn uns geduldig beigebracht hatte … So kann die Vergangenheit uns auch nach mehr als 50 Jahren noch einholen.

Ausstellung

Die Ausstellung bietet eine Musikgeschichte ganz eigener Art: Vieles, das sonst wichtig ist, erscheint hier nicht; und was im Kloster wichtig war, wurde und wird ausserhalb nur gelegentlich zur Kenntnis genommen. Das macht aber gerade auch den Reiz der Ausstellung aus, zusammen natürlich mit der Fülle von Handschriften, Drucken, Biografien, Dokumenten der Zeitgeschichte, Tonbeispielen – optisch einladend präsentiert und klar in überschaubare «Kapitel» strukturiert. Dieser Struktur folgt auch eine Begleitdokumentation; und die alles andere als akademischen Führungen von Pater Lukas Helg tragen das Ihre zur Attraktivität der Ausstellung bei. Aber natürlich bleibt auch dieses und jenes offen: Warum nur kam jene Winzigst-Miniatur von 1659 mit calvinistischen (!) Psalmen ins Kloster …?

 

Die Ausstellung dauert vom 25. Mai bis 29. September 2019. Museum Fram, Eisenbahnstrasse 19, Einsiedeln
www.fram-einsiedeln.ch informiert über die Öffnungszeiten und Führungen

 

P. Lukas Helg / Christoph Riedo: Ein himmlisch Werk – Musikalische Schätze aus dem Kloster Einsiedeln. Dokumente zur Ausstellung im Museum Fram. 110 Seiten, mit zahlreichen Abbildungen

 

P. Lukas Helg: Das Einsiedler Salve Regina – Eine musikalische Studie. 126 Seiten, mit Notenbeispielen
 

rur.

Am 26. Juni ist der Zürcher Musikjournalist und Komponist Rolf Urs Ringger im Alter von 84 Jahren gestorben.

Mounzer Awad / unsplash

In jungen Jahren habe er einen Roman mit dem Titel «Der Dandy» schreiben wollen: Die Hauptfigur nimmt ein Taxi und fährt zu Oper. Von dieser kurzen und doch ausgedehnten Fahrt sollte das Buch handeln – und dabei wohl ein wenig auch von ihm selber. Egal, ob das nun erfunden war, oder ob sich im Nachlass tatsächlich ein Romanfragment finden wird: Rolf Urs Ringger wusste natürlich, was für ein Futter er mit einer solchen Anekdote dem Journalistengegenüber gab. Schelmisch stellte er sich vor, wie das Bild des Dandys Ringger entstand, und freute sich, denn das war er ja auch: der Dandy unter den Schweizer Komponisten, unverstellt eitel, aber auch mit dieser Eitelkeit lustvoll spielend. Als Adrian Marthaler sein Orchesterwerk Breaks and Takes fürs Fernsehen visualisierte, spielte Ringger persönlich einen Delius-ähnlichen, melancholischen Komponisten an einem Swimming Pool.

«Ich liebe das Kokettieren. Das gibt ja doch auch meiner Produktion das leichte und spielerische Moment. Und es kommt ja beim Publikum auch sehr gut an. Und ich habe Freude daran.» Sagte er mal im Gespräch. «Das Moment des Narzisstischen, jetzt wertfrei verstanden, ist doch sehr stark bei mir spürbar.» Ich mochte ihn für diese Selbstironie, die bei ihm ganz natürlich war. Er brachte eine ganz eigene und auffallende Farbe in die zur Bescheidenheit neigende Zürcher Musikszene, er war mondän, vielgewandt, urban, wenn er den Sommer auch immer auf Capri verbrachte, wo einige sinnliche Klangbilder entstanden. Zu diesem Image hat der Komponist selber reichlich beigetragen.

Ringger war aber auch ein Zürcher. Hier wurde er am 6. April 1935 geboren, hier wuchs er auf, lebte und arbeitete hier, ein Wort- und Tonkünstler. In Küsnacht besuchte er das Seminar, bei Kurt von Fischer am Musikwissenschaftlichen Seminar Zürich dissertierte er über Weberns Klavierlieder. Als rur. gehörte er über Jahrzehnte zum Kritikerstab der Neuen Zürcher Zeitung, lieferte pointierte und elegante, zuweilen bewusst nachlässige Texte, porträtierte aber auch schon früh jene Komponisten, die später erst weithin Beachtung erhielten wie zum Beispiel Edgard Varèse oder Charles Ives, Erik Satie und Othmar Schoeck. Neben den grossen Figuren finden sich da die Einzelgänger, und gern hat er der Nostalgiker gedacht, zu denen er sich selber wohl auch zählte. In Publikationen wie der Aufsatzsammlung Von Debussy bis Henze hat er diese Porträts gebündelt.

Kompositionsunterricht erhielt Ringger ganz früh privat bei Hermann Haller. Bei den Darmstädter Ferienkursen 1956 studierte er bei Theodor W. Adorno und Ernst Krenek, kurz darauf noch für ein halbes Jahr bei Hans Werner Henze in Rom. Es waren ästhetische Antipoden, denn da schon hatte sich Henze aus der Avantgardeszene zurückgezogen. Obwohl Ringger später mit einem süffisant erwartungsvollen Lächeln erzählte, mit Adorno habe er sich eigentlich besser verstanden als mit Henze, folgte er doch dessen Abwendung von den streng seriellen Techniken und der Hinwendung zu einer sinnlichen Klangsprache. Das hört man schon seinen Titeln an: … vagheggi il mar e l’arenoso lido … für Orchester (1978), Souvenirs de Capri für Sopran, Horn und Streichsextett (1976–77), Ode ans Südlicht für Chor und Orchester (1981) oder Addio! für Streicher und Röhrenglocken. Mit Der Narziss (1980), Ikarus (1991), und Ippòlito (1995) schuf er drei Ballettmusiken. Den grossen musikdramatischen Formen freilich hat er sich offenbar nie zu nähern versucht.

Ringger war einer der ersten, der sich in den 70er-Jahren, in Henzes Gefolge, aber durchaus frühzeitig im Trend, wieder neotonaler Elemente bediente. Derlei vermerkte ich damals in einer Kritik entsprechend bissig. Natürlich reagierte er bei aller Selbstironie entsprechend beleidigt. Und doch kam er ein paar Jahre später genussvoll darauf zurück und verkündete stolz, ich habe ihn damals als den ersten Neotonalen hierzulande bezeichnet. Die postmoderne Wende hatte ihm recht gegeben.

So spielte seine Musik gern mit Zitaten (von Debussy etwa) schwelgte in impressionistischen Farben oder in hochromantischen Gesten, blieb aber dabei durchsichtig und leicht. Am höchsten freilich schätze ich ihn als urbanen Flaneur. Nicht dort, wo er Zeitungsausschnitte auf etwas kindische Weise zu einer Collage (Chari-Vari-Etudes, Vermischtes) für Kammersprechchor montierte, sondern in seinen musikalischen Promenaden. Im Manhattan Song Book (2002) für Sopran, drei Sprechstimmen und fünf Instrumente ist er in New York unterwegs, beobachtet, notiert, kommentiert in elf Songs, frech, unbeschwert, auch da in koketter Selbstbespiegelung. Als ihn eine nicht sehr freundlich als «crazy witch» bezeichnete Dame fragt, ob er der «famous composer» sei, antwortet er kurz: «No, it’s my cousin.»

Nun ist er gestorben. «Licht!» steht zuoberst in der Todesanzeige, darunter die Sätze: «Er liebte die Sonne des Mittelmeers, die Musik und die Jugend. Er dankt allen, die ihm im Leben Gutes erwiesen und seine Musik gefördert haben.» Capri wird ihn vermissen. Sein Notizario caprese (2004) endet mit den Worten «(sehr ruhig, fast ohne Pathos) Se non c’è Amore, tutto è sprecato. (sehr nüchtern) Wo keine Liebe ist, ist alles vergeblich. Ein Grabspruch in Capri; ungefähr 2020.»
 

Tod des Komponisten Rolf Urs Ringger

Der Schweizer Komponist und Publizist Rolf Urs Ringger ist im Alter von 84 Jahren verstorben. Der Adorno- und Henze-Schüler prägte als Journalist auch das Gesicht der NZZ-Musikberichterstattung mit.

Rolf Urs Ringger 2008. Foto: Cygnebleu/wikimedia (s. unten)

Geboren in Zürich studierte Ringger laut der Datenbank Musinfo schon während der Mittelschule und am Konservatorium Zürich. 1956 besuchte er die Darmstädter Ferienkurse. Er studierte bei Theodor W. Adorno und Hans Werner Henze in Neapel und von 1958 und 1962 in Zürich auch Dirigieren.

Ringger studierte überdies Musikwissenschaft und Philosophie an der Universität Zürich und promovierte mit einer Dissertation über Anton Webern. 1967/68 war er Gast des Deutschen Akademischen Austauschdlenstes (DAAD) in Westberlin. Ab 1975 schrieb er als Auftragswerke Klavier-, Gesangs- und Kammermusik, Orchesterstücke, Ballette und Orchestrationen. Seine Werke wurden in London, Manchester, Frankfurt a. M., New York, Berlin, München, Tokio aufgeführt.

 

Foto oben: Cygnebleu / wikimedia commons

Rünzi-Preis geht an Arsène Duc

Der regelmässig auf nationaler und internationaler Ebene ausgezeichnete Brass-Band-Direktor Arsène Duc ist der diesjährige Preisträger der Stiftung «Divisionär F.K. Rünzi».

Arsène Duc (Bild: zvg)

Der 1965 in Chermignon geborene Arsène Duc besitzt einen Abschluss der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Lausanne und hat Musik am Genfer Konservatorium studiert. Mit der Blasmusikgesellschaft Ancienne Cécilia aus Chermignon, die er seit 1988 dirigiert, holte er am Eidgenössischen Musikfest, das alle fünf Jahre stattfindet, 2011 und 2016 in der Höchstklasse den Schweizermeistertitel. 1990, 2014 und 2019 gewann er die Walliser Meisterschaft.

Auf internationaler Bühne kann sich Arsène Duc mit einem Europameistertitel, den er 2018 mit der Valaisia Brass Band geholt hat, und zwei weiteren Vizemeistertiteln, die er in den Jahren 2006 mit der Brass Band Fribourg und 2017 mit der Valaisia Brass Band gewonnen hat, schmücken.

Der mit 20’000 Franken dotierte Rünzi-Preis wird seit 1972 verleihen. Er kann gemäss Stiftungsurkunde vom Rat an jede Persönlichkeit vergeben werden, welche dem Wallis besondere Ehre zukommen lässt.
 

St. Galler Anerkennungs- und Förderungspreise

Die Stadt St.Gallen zeichnet dieses Jahr fünf Kulturschaffende mit einem Anerkennungspreis und vier Förderungspreisen aus. Den Anerkennungspreis erhält Norbert Möslang. Gefördert werden Tobias Bauer, Dominik Kesseli, die Kulturkosmonauten und Fabienne Lussmann.

Norbert Möslang (Foto: Georg Gatsas)

Norbert Möslang ist Bildender Künstler, Komponist, Musiker und Geigenbauer. International bekannt geworden ist er sowohl durch seine preisgekrönte Musik für die Filme von Peter Liechti als auch durch seine künstlerische Arbeit mit «geknackter» Alltagselektronik. Dabei verarbeitet er verborgene Ebenen von elektronischen Systemen oder Geräten zu Sound, entwickelt daraus Performances oder gestaltet multimediale Installationen.

Dominik Kesseli ist seit Jahren sehr aktiv in der St.Galler Musikszene. Seine Arbeit zeichnet sich aus durch die Bandbreite von Klassik bis Punk wie durch seine aufwändig inszenierten Performances.

Tobias Bauer wurde an der HSG zum Volkswirtschaftler promoviert und ist seit seiner vorübergehenden Erblindung vor knapp zehn Jahren als Literat tätig. Das Projekt Kulturkosmonauten ist ein mobiles, flexibles Format von partizipativen künstlerischen Workshops für Jugendliche. Fabienne Lussmann gehört zur jungen Künstlergeneration der Stadt St.Gallen.

Der Anerkennungspreis ist mit 20‘000 Franken dotiert und wird an Personen vergeben, die sich mit ihrem kulturellen Wirken besondere Verdienste um die Stadt erworben haben. Die vier Förderungspreise sind mit je 10‘000 Franken dotiert.

Gerber Awards 2019

Mit dem diesjährigen Fritz-Gerber-Award werden die Bratschistin Martina Kalt, die Oboistin Marta Sanchez Paz und der Posaunist Francisco Olmedo Molina ausgezeichnet. Die Förderung wird im Bereich der zeitgenössischen, klassischen Musik vergeben.

(Bild: zvg)

Die drei erhalten je ein Preisgeld von 10’000 Franken und zusätzlich ein Stipendium in Form einer Teilnahme an der Lucerne Festival Academy 2019 im Wert von weiteren 10’000 Franken.

Die 1991 geborene Schweizerin Martina Kalt studiert an der Musikhochschule Basel Viola bei Geneviève Strosser und Violine bei Adelina Oprean. Ihren Bachelor schloss sie 2015 an der Musikhochschule Lübeck bei Barbara Westphal ab. Seit 2009 hat sie bereits viel Orchester-Erfahrung gesammelt, so zum Beispiel beim Tonhalle Orchester Zürich.

Die spanische Oboistin Marta Sanchez Paz, 1995 geboren, studiert aktuell an der Haute Ecole de Musique de Lausanne. Ihren Bachelor schloss sie 2017 an der Hochschule für Musik in Basel bei Emanuel Abbühl ab. In der Saison 2019/20 wird sie ein Praktikum beim Sinfonieorchester Basel absolvieren.

Francisco Olmedo Molina, 1990 in Spanien geboren, hat sein Studium an der Zürcher Hochschule der Künste bei David Bruchez und an der Hochschule für Musik Basel bei Mike Svoboda abgeschlossen. Er widmet sich seit Jahren vor allem dem zeitgenössischen Repertoire und wurde schon vom Tonhalle Orchester Zürich, dem Musikcollegium Winterthur und der Philharmonia Zürich engagiert. Zudem unterrichtet er Posaune bei «Superar Suisse».

Der «Fritz-Gerber-Award» wurde dieses Jahr zum fünften Mal über die Lucerne Festival Academy ausgeschrieben. Musikerinnen und Musiker konnten sich auf die offene Ausschreibung bewerben, darüber hinaus wurden wieder Empfehlungen von Hochschulen und bekannten Künstlern entgegengenommen. Die Jury bestand dieses Jahr erneut aus Michael Haefliger, Intendant von Lucerne Festival, Komponist und Dirigent Heinz Holliger sowie Dozenten der «Teaching Faculty» der Akademie.

 

Neue künstlerische Leitung beim CNZ

In einem mehrstufigen Bewerbungsverfahren hat das Collegium Novum Zürich den 29-jährigen Kulturmanager Johannes Knapp zu seinem neuen Künstlerischen Leiter gewählt. Er tritt zum 15. September 2019 die Nachfolge von Jens Schubbe an, der nach neun Jahren an der Spitze des Ensembles an die Dresdner Philharmonie wechselt.

© Florian Costenoble

Das Collegium Novum Zürich ist ein renommiertes Solistenensemble für Gegenwartsmusik. In Zusammenarbeit mit dem Künstlerischen Ausschuss des Klangkörpers wird Johannes Knapp neue kulturelle Perspektiven entwickeln und das Programm ab der Saison 2020/21 gestalten. Zudem soll der Kreis jugendlicher Zuhörerinnen und Zuhörer mittels neuer Präsentationsformen erweitert und die Position des Ensembles international gestärkt werden. Für das Konzertprogramm der Saison 2019/20 zeichnet noch Jens Schubbe verantwortlich. Die Geschäftsführung liegt weiterhin in den Händen von Alexander Kraus.

Johannes Knapp, Jahrgang 1990, studierte Kulturmanagement, Violoncello, Philosophie und Musikwissenschaft in Frankfurt am Main und Saarbrücken. Nach Stationen in Salzburg (Biennale) und Lausanne (zunächst als Künstlerischer Koordinator und später als Geschäftsführer des Schweizerischen Tonkünstlervereins) ist er 2018 zum Geschäftsleiter des Concours Nicati ernannt worden. Für den Wettbewerb lancierte er eine Kategorie für innovative Performances an den Schnittstellen zwischen zeitgenössischer Musik und anderen Ausdrucksformen. Regelmässig tritt Johannes Knapp als Autor für bedeutende Musikinstitutionen in Erscheinung, etwa für den Berliner Pierre Boulez Saal oder Lucerne Festival. Seinen Posten als Gewerkschaftssekretär des Schweizerischen Musikerverbands gibt er im September 2019 auf, um sich mit ganzer Energie dem Collegium Novum Zürich zu widmen.
 

Stadt Basel unterstützt weiterhin ihr Orchester

Auf der Grundlage des Berichts der Bildungs- und Kulturkommission (BKK) hat der Grosse Rat heute Nachmittag den Ratschlag betreffend Bewilligung von Staatsbeiträgen an die Stiftung Sinfonieorchester Basel für den Zeitraum vom 1. August 2019 bis 31. Juli 2023 einstimmig angenommen.

Das Sinfonieorchester Basel mit Ivor Bolton. Foto: Matthias Willi

Mit dem Entscheid setze der Grosse Rat ein Zeichen für die Musikstadt Basel und würdige damit die Arbeit der vergangenen Jahre und «letztlich auch die hohe Auslastungszahlen bzw. kontinuierliche Steigerung der Konzertbesuchenden des Sinfonieorchesters Basel», schreibt das Orchesster. Die Steigerung von der Saison 2017/18 zu 2018/19 betrug rund 20 Prozent.

Regierungspräsidentin Elisabeth Ackermann betonte nach der Abstimmung ausserdem, «die Wichtigkeit eines stehenden Orchesters (Berufsorchesters)» und dass «die hohe Zufriedenheit des Theaters Basel mit dem Sinfonieorchester» das einstimmige Ergebnis (ohne Enthaltung und Gegenstimme) wesentlich beeinflusst habe.

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