Winterthur fördert Matías Lanz

Die Stadt Winterthur verleiht ihren diesjährigen, mit 10’000 Franken dotierten Förderpreis an den Winterthurer Cembalisten und Organisten Matías Lanz.

Matias Lanz (Bild: Susanna Drescher)

Der Musiker Matías Lanz, 1992 in Winterthur geboren, studierte laut der Medienmitteilung der Stadt an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) Cembalo und schloss dort 2016 seinen Master in Musikpädagogik mit Auszeichnung ab. Einen weiteren Master absolvierte er in Generalbass/Ensembleleitung an der Schola Cantorum Basiliensis in Basel, den er ebenfalls mit Auszeichnung abschloss. Zusätzlich studierte er von 2010 bis 2012 an der ZHdK Orgel und besuchte verschiedene Meisterkurse, sowohl für Cembalo als auch für Orgel.

Schwerpunkte seines künstlerischen Schaffens bilden Bearbeitungen barocker Instrumentalwerke für verschiedene Tasteninstrumente, das Kreieren von unkonventionellen Programmen mit Werken auch unbekannter Meister sowie die Kombination von Musik und Text. Lanz war Stipendiat der Hirschmann-Stiftung und Gründungsmitglied zweier Vokal- und Instrumentalensembles: Ensemble Pícaro (2012) und Cardinal Complex (2017). Seit 2011 ist er Organist in der reformierten Kirche Zell/Kollbrunn und seit 2013 in der reformierten Kirche Winterthur Veltheim.

Seit Februar 2020 ist Lanz Lehrer für Cembalo und Dozent für Generalbass an der Schola Cantorum Basiliensis. Sein zweites Standbein, den argentinischen Tango, pflegt er ebenfalls mit grosser Leidenschaft und bildet sich in verschiedenen Meisterkursen weiter. Ausserdem engagiert er sich seit Jahren beim Theaterensemble Obertor in Winterthur. Matías Lanz ist ein vielseitiger und herausragender Musiker mit grossem Potenzial.

Der Förderpreis 2021 der Stadt Winterthur ist mit 10’000 Franken dotiert. Er wird jährlich öffentlich ausgeschrieben. Teilnahmeberechtigt sind Personen bis zum vollendeten 35. Altersjahr, die seit mindestens drei Jahren ununterbrochen in der Stadt Winterthur wohnen oder durch ihre künstlerische Arbeit mit dem Kulturleben in der Stadt Winterthur in besonderer Beziehung stehen. Für den Förderpreis 2021 hatten sich fünfzehn Kulturschaffende aus verschiedenen Kultursparten beworben.

Die Verleihung des Förderpreises findet zusammen mit der Übergabe des Kulturpreises am 30. November 2021 im Fotozentrum Winterthur statt.

RadioFr. Freiburg mit 23,8 % CH-Musik

Zum vierten (und letzten) Mal vergibt Sonart – Musikschaffende Schweiz den #SwissMusicOnAir-Award und ehrt das Freiburger Privatradio für sein grosses Engagement in Sachen Schweizer Musik

Die Preisübergabe (Who’s who: siehe unten). Foto: Fred Jonin / RadioFr.

Mit dem Preis zeichnet Sonart jene Privatradiosender aus, die sich für die Schweizer Musik einsetzen. Gemäss der von der Suisa erhobenen Daten aller Schweizer Privatradios hat RadioFr. Freiburg (die deutschsprachige Ausgabe des zweisprachigen Senders) im Jahr 2019 mit 23,8 % einen rekordverdächtig hohen Anteil an Schweizer Musik ausgestrahlt. Nur Radio BeO war höher, das Berner Oberländer Radio hat den Preis aber bereits für das Jahr 2016 erhalten. Wegen der Pandemie war eine Verleihung im letzten Jahr nicht möglich, deshalb trägt der Preis nun den Titel «#SwissMusicOnAir-Award 2021».

23,8 % ist eine beachtliche Zahl, weil der Durchschnitt von Schweizer Musik in der Schweiz sonst nur bei ca. 10 % liegt. Neben dem hohen Anteil an CH-Musik gab auch eine Umfrage unter den Schweizer Indie-Labels den Ausschlag. Die befragten Label-Promoterinnen und -Promoter bewerteten allesamt die Zusammenarbeit mit RadioFr. Freiburg als sehr gut. Bei keinem anderen Radio in der Schweiz wurde so oft über unbekannte Bands berichtet, wurden so viele Newcomer-Artists zum Interview eingeladen und der Schweizer Musik so viel Platz eingeräumt.

Am Freitag, 24. September 2021 wurde an einer feierlichen Zeremonie der symbolische Preis, ein Holzradio, überreicht. Es ist das letzte Mal, dass Sonart diese Ehrung vornimmt, wie Nick Werren, Leiter Projekte Pop/Rock, bestätigt: «Mit Radio BeO, Kanal K, Radio Canal 3 français und nun Radio Freiburg wurden leider bereits alle privaten Radios (ausgenommen sind Sparten-Radios wie Tell, Eviva, Maria oder JAM), die sich in besonderem Masse für Schweizer Musik einsetzen, ausgezeichnet. Bei allen anderen Stationen wurden erschreckend tiefe Zahlen festgestellt. Unbekannten, regionalen Acts wird so der Weg in die Öffentlichkeit enorm erschwert und der Grossteil der Urheberrechtsabgaben wandert damit ins Ausland, statt in die heimische Szene.» Sonart setzt sich aber weiterhin für höhere Anteile von CH-Musik in Schweizer Privatradios ein.
 

Bildlegende v.l.:
Valentin Brügger – RadioFr., Anne Moser – RadioFr., Cécile Drexel – Geschäftsführerin Sonart, Nick Werren – Leiter Projekte Pop/Rock Sonart, Markus Baumer – Verwaltungs- und Finanzdirektor RadioFr., Patrick Hirschi – RadioFr., Anna Binz – RadioFr., Marc Henninger – Programmleiter RadioFr.

Jana Leidenfrost ist Honorarprofessorin

Die Diplom-Psychologin und Unternehmerin Jana Leidenfrost ist von der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar zur Honorarprofessorin im Studienfach Kulturmanagement ernannt worden. Sie wird weiterhin am Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena tätig sein.

Julia Leidenfrost (Foto: Thomas Müller),SMPV

Nach Abschlüssen in Psychologie an der Friedrich Schiller Universität-Jena mit dem Schwerpunkt: Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie sowie Klinische Psychologie promivierte Jana Leidenfrost an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt.

Seit 2010 ist sie als Unternehmerin im Bereich Internationale Führungskräfte- und Organisationsentwicklung sowie Psychologisches Mentoring tätig. Lehraufträge fürten sie unter anderem an die Fachhochschule Nordwestschweiz und die ZHAW Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Am Institut für Musikwissenschaft Weimar-Jena wird sie in neuer Funktion Blockseminare und Mentoring zu praxisrelevanten Themen wie Führungskompetenzen, Kooperation, Potenzialentfaltung, Selbstmanagement und Organisationsentwicklung anbieten.

 

Chorkultur historisch und geografisch

Die Schweizer Chorszene ist nicht über einen Kamm zu scheren – das hat eine Konferenz an der Universität Bern am 17. und 18. September bestätigt.

Die Tagung «Chorleben in der Schweiz» schaffte, was selten genug ist: Sie brachte Fachleute aus der West- und der Deutschschweiz in ausgeglichenem Mass zusammen. Damit ermöglichte sie einen hochinteressanten Austausch über die Differenzen der Chorkultur der Landesteile, die rätoromanische Schweiz eingeschlossen. Etwas zu kurz kam bloss die italienische Schweiz. Vermutlich war die geglückte Überbrückung des Röschtigrabens dem Umstand zu verdanken, dass die polyglotte Tagungsleiterin, die brasilianische Musikwissenschaftlerin Caiti Hauck, in der Westschweiz zu Hause ist. Sie forscht in Bern und ist dabei der Geschichte je eines Chores aus der Deutschschweiz (Berner Liedertafel) und der Romandie (Société de Chant de la Ville de Fribourg) nachgegangen.

Ergänzt wurde die Schweizer Vogelschau mit Berichten aus der deutschen Chortradition, vertreten durch Friedhelm Brusniak. Der Würzburger Pädagogik-Professor hat für die Aufarbeitung der Geschichte der volkstümlichen Vokalmusik in Deutschland Pionierarbeit geleistet. Die vielfältigen, auch – vor allem mit Blick auf das Schaffen Othmar Schoecks – problematischen Vernetzungen der Schweiz mit dem monarchistischen und nationalsozialistischen nördlichen Nachbarn wurden dabei keineswegs ausgeklammert. Letztere zeichnete der Strassburger Kirchenmusik-Spezialist Beat Föllmi nach.

Mit grossem Interesse folgte man etwa den Ausführungen der Musikwissenschaftlerin und Übersetzerin Irène Minder-Jeanneret zur Frühgeschichte der Société de musique de Genève. Diese war, wie man staunend zur Kenntnis nahm, 1823 nicht zuletzt aus touristischen Gründen ins Leben gerufen worden, erwarteten doch die Reisenden auf dem Weg ins Mont-Blanc-Gebiet in der Stadt Abendunterhaltungen.

Aurore Cala-Fontannaz, zurzeit Doktorandin an der Pariser Sorbonne, zeigte die Bedeutung des in der Deutschschweiz kaum bekannten Vokalkomponisten Louis Niedermeyer auf, der in Paris eine Gesangsschule begründete und die Kirchenmusik reformierte. Wie die Chortradition in der Westschweiz vom Katholizismus mitgeprägt ist, zeigten überdies die Ausführungen der Freiburger Historikerin Anne Philipona: Bei Begegnungen von Deutsch- und Westschweizer Chören Mitte des 19. Jahrhunderts prallten während des Sonderbundskriegs republikanische Gesinnungen und romtreuer Konservatismus aufeinander.

Diesseits und jenseits der Saane

Das Chorwesen in der Romandie wurde nicht zuletzt von ambitionierten Verbindungen aus Gesang und Theater beeinflusst. Dafür steht, wie die Freiburger Musikwissenschaftlerin Delphine Vincent aufzeigte, das Théâtre du Jorat, das etwas ausserhalb von Lausanne steht. Für die dort realisierten Bühnenwerke schrieben Gustave Doret, Arthur Honegger, Frank Martin und der heute kaum noch bekannte André-François Marescotti Musik und Chorpartien. Daneben belebte auch das gigantische Winzerfest von Vevey die Chorszene, zuletzt 2019, wo es traditionsgemäss mit rund 800 Sängern und Sängerinnen dem Ranz des vaches, dem «Blues der Alpen», Reverenz erwies. Eine Volksjury hatte dafür eine Gruppe von Tenören, darunter Bauern, Elektriker, Lehrer, Ingenieure oder Strassenmeister, zusammengestellt, die das «Lyoba» zelebrierten. Diese Hymne der Sennen sowie die Hymne à la Terre, einen von Blaise Hofmann eigens für das jüngste Fête des Vignerons geschriebenen Lobgesang, analysierte die Komponistin Noémie Favennec-Brun.

Konfessionelle Aspekte mögen eine Rolle spielen bei der Ausformung der sprachregionalen Gesangskulturen. In der Schlussdiskussion der West- und Deutschschweizer Chorvertreter zeigten sich deutliche Mentalitätsunterschiede – auch als Spiegel politischer Haltungen. Während in der Deutschschweiz die Repertoires mikrolokal sind und sich von Kanton zu Kanton, ja von Region zu Region unterscheiden, scheinen das gemeinsame Liedgut und die Ästhetik in der Westschweiz einheitlicher. Offenbar ist dort auch die Bereitschaft, das Repertoire mit anspruchsvollen neuen Kompositionen aus der Tradition der zeitgenössischen Kunstmusik zu beleben, deutlich grösser als in der Deutschschweiz. Östlich der Saane prägen mittlerweile Projektchöre mit grosser Stilvielfalt, von Pop über Gospel und Jazz bis zu Barber-Shop- und A-cappella-Formationen im Stil der Prinzen oder Flying Pickets die Szene. Dabei hat die Selbstausbeutung der selbst arrangierenden Chorleiterinnen und Chorleiter ein Ausmass angenommen, dass die Ensembles kaum mehr bereit sind, für einen extern vergebenen Kompositionsauftrag eine angemessene Summe aufzuwerfen.

Ins föderale Bild passt: Vermutlich haben nicht zuletzt Animositäten und Misstrauen dazu geführt, dass es in der Deutschschweiz nach der Abschaffung der Radiochöre nur in Ausnahmefällen gelungen ist, einen professionellen Chor über längere Zeit zu alimentieren. Zum Opfer fiel der mangelnden Bereitschaft mehrerer Städte, eine derartige Institution finanziell mitzutragen, letztlich der Schweizer Kammerchor, wie Lukas Näf, der Sohn des Gründers Fritz Näf, an der Tagung nachzeichnete.

Zum Bild

Das Foto stammt aus dem Artikel Sich singend kennenlernen von Niklaus Rüegg aus der Schweizer Musikzeitung 4/2018, Seite 8 f. Er beschreibt anhand zweier Chorprojekte, wie sich beim Singen Musik, Sprache und Kultur mit Emotionen verbinden.

PDF des Artikels

Die Schweizer Musikzeitung ist Medienpartnerin dieser Tagung.

Lasset die Hörner erklingen!

Neunzig junge Hornistinnen und Hornisten aus der ganzen Schweiz spielten auf dem Vierwaldstättersee.

Auf dem Motorschiff «Diamant». Foto: zVg

Am Sonntag, 19. September 2021, begaben sich neunzig junge Hornistinnen und Hornisten aus der ganzen Schweiz nach Luzern, um auf dem Motorschiff «Diamant» bei einer Rundfahrt auf dem Vierwaldstättersee ein Konzert zu spielen. Mit dabei waren alle ihre Eltern und Verwandten. Vor der Fahrt wurde neben dem Kultur & Kongresszentrum Luzern im mächtigen Gesamtchor das Treffen feierlich eröffnet. Danach gingen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Bord, wo sie ihr Können in sieben Ensembles der fast 400 Personen umfassenden Zuhörerschaft im grossen Innensaal des Schiffes präsentieren durften. Geprobt wurde vorab am Freitag und Samstag im Schloss Dreilinden in Luzern. Den Anlass hatte ein Team aus Hornlehrern aus der Innerschweiz (Stephan Bühlmann, Silja Grimm, Sebastian Kälin, Joseph Koller, Andrea Rüegge, Renato Spengeler, Anita Surek) unter der Federführung von Kilian Jenny organisiert.

Wie Melodien im Gedächtnis bleiben

Jodlerinnen und Jodler rund um den Alpstein verfügen über ein beeindruckendes Repertoire an Melodien, die sie jederzeit abrufen können. Wie schaffen sie das? Dieser Frage gingen Forschende der Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit dem Roothuus Gonten nach

(Bild: Roothuus Gonten)

Ob Appenzell Innerrhoder «Rugguusseli», Appenzell Ausserrhoder «Zäuerli» oder Toggenburger «Naturjodel» – in der Region rund um den Alpstein hat Jodeln eine lange Tradition. Typisch für diese Tradition, die mehrheitlich mündlich gelernt und weitervermittelt wird, ist der mehrstimmige Jodelgesang. Das Roothuus Gonten, Zentrum für Appenzeller und Toggenburger Volksmusik, besitzt eine eindrückliche Sammlung davon.

Wie gelingt es Jodlerinnen und Jodlern, sich eine Fülle an Jodelmelodien zu merken? Dieser Frage widmete sich ein Forschungsteam der Hochschule Luzern – Musik in einem vom Schweizerischen Nationalfonds SNF geförderten Projekt. «Für Unkundige mögen Naturjodel zwar recht ähnlich klingen, aber sie unterscheiden sich bei genauerer Betrachtung deutlich, etwa in Bezug auf den Melodienverlauf oder das Tempo», sagt Projektleiter und Musikethnologe Raymond Ammann. Mit seinem Team hat er empirische und musikanalytische Daten in Ton, Bild und Literatur untersucht und mit Aussagen von Jodlerinnen und Jodlern verglichen.

Mehr  Infos:
https://www.hslu.ch/de-ch/hochschule-luzern/ueber-uns/medien/medienmitteilungen/2021/09/24/jodeln-im-kopf/

«Die Uhr schlägt langsam sieben»

Das Musiktheater «Die Europäerin» von Roland Moser basiert auf einem Mikrogramm Robert Walsers und erklang nun beim Festival Rümlingen im Appenzellischen.

Ein Blatt von der Grösse 17.5 x 8 cm, also nicht mal ein Drittel des Formats dieser Zeitung, eng beschrieben in winziger, scheinbar unlesbarer Schrift. Es enthält jedoch: zwei nicht allzu kurze Gedichte, einen längeren Essay über Kleist als Dramatiker und ein Dramolett mit dem Titel Die Europäerin. Geschrieben wurde dieses Mikrogramm, das vom Nachlassverwalter die Nr. 400 erhielt, wohl im September 1927 von Robert Walser. Auch wenn sich in den Gedichten ein paar Stellen aus den anderen Texten finden, fragt man sich, was die vier Niederschriften in drei verschiedenen Textgattungen denn verbindet und warum sie auf diesem Blatt so gedrängt zusammenfanden. Einem spielerisch-plausiblen Lösungsvorschlag dieses Rätsels konnte man am 18. September im Rösslisaal zu Trogen beiwohnen. Zum zweiten und dritten Mal aufgeführt wurde dort das neue Musiktheater von Roland Moser, das erstmals einen Monat zuvor in Cernier erklungen war und nun erneut im Rahmen des Festivals Neue Musik Rümlingen.

Das basellandschaftliche Festival, das für Experiment und Freiluftanlässe steht, hatte Walsers wegen ins Appenzellische disloziert. Dessen Bürgerort war Teufen; er hatte die letzten 23 Jahre seines Lebens in der Heil- und Pflegeanstalt Herisau verbracht und war 1956 bei einem Spaziergang im Schnee gestorben. Die zeitgenössische Musik, die sich – nicht nur in der Schweiz – in den letzten fünfzig Jahren mit einem Crescendo den Texten und der Figur dieses grossen Schweizer Dichters gewidmet hat, stellte ihn also neuerlich ins Zentrum.

So war denn während vier Tagen ein reichhaltiges Programm zu erleben, für das die Rümlinger Crew mit dem Musikwissenschaftler Roman Brotbeck zusammenspannte. Er hat gerade ein dickes Buch über Robert Walser und die Musik abgeschlossen, und diesem Thema widmete sich nun in Herisau auch die Robert-Walser-Gesellschaft in ihrem Symposium. Weite Klangspaziergänge boten sich in einer Landschaft an, durch die Walser selber einst mit Carl Seelig gewandert war, wobei man weniger für ein Bier als für Musik einkehrte, in Scheunen oder Waldlichtungen oder Dörfern. Einige gelungene Stücke und Performances waren dabei zu erleben, so von Brigitta Muntendorf, Sylwia Zytynska, Stephan Froleyks, Paul Giger/Andres Bosshard. Aber es zeigte sich selbst bei den gelungenen Beispielen, wie schwierig es ist, den walserschen Charakter, diese schräge, mit Heiterkeit und Verspieltheit gemischte Traurigkeit und Abgründigkeit, zu treffen. Am schönsten gelang dies wohl der Performance Es cho + es go, für die Gisa Frank und Urban Mäder mit Bläsern und Akteurinnen, grossenteils Laien aus dem Dorf Rehetobel, zusammenarbeiteten und eine wundersam skurrile Darbietung kreierten.

Dem unfassbaren Dichter nähergekommen

Ausserdem gab’s vier musiktheatralische Ereignisse: Patient Nr. 3561 des Kollektivs Mycelium, basierend auf Walsers Krankenakte; eine neue Version von Georges Aperghis’ Zeugen (mit den Handpuppen von Paul Klee); den etwas unschlüssigen Tobold von Anda Kryeziu und mittendrin eben Mosers Europäerin. Ihm gelang eine im Geist walsersche Produktion, weil er eben nicht zuviel draufstülpen wollte. Moser nahm gleichsam das Mikrogramm-Blatt als Einheit und entfaltete es.

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Aufführung von Roland Mosers «Die Europäerin» im Trogener Rösslisaal
v.l. Jürg Kienberger, Leila Pfister, Roland Moser, Helena Winkelman, Niklaus Kost, Conrad Steinmann

Moser (am 17. September zusammen mit Conrad Steinmann und weiteren Musikerinnen und Musikern in Lugano mit einem Schweizer Musikpreis ausgezeichnet) hat in seinem Musiktheaterschaffen schon mehrmals mit merkwürdigen Textgattungen, etwa mit Briefen, gearbeitet. Er versteht sie als Anregungen, unterschiedliche Sprech-, Deklamations- und Singweisen einander entgegenzusetzen. Leila Pfister (Mezzosopran) als Europäerin und Niklaus Kost (Bariton) als ihr Freund lieferten sich ein hintersinniges Vokalduett, das von Jürg Kienberger (sprechend) kommentiert wurde; er trug auch den Kleist-Essay vor. Die Dramatik wurde so eher zurückgenommen, die Emotionalität untergraben, und doch blieb die Emphase, verknüpft seltsamerweise mit Zurückhaltung, gewahrt. Flexible Melodik und stockend gleichmässige Rhythmik scheinen kurzerhand zu wechseln. Identifizieren konnte man sich so kaum mit einer der Figuren, alles war im Widerspruch. Wesentlich aber war, dass mit der Bratsche von Helena Winkelman und den Blockflöten (inklusive Okarina) von Conrad Steinmann zwei weitere wortlos, aber höchst ausdrücklich deklamierende Personen hinzukamen. Ingrid Erb hatte dies alles diskret und ohne viel Aufwand inszeniert. Und so fühlte man sich hier diesem seltsamen Dichter auf ungreifbare Weise näher. Wie es ja auch am Schluss des einen Gedichts heisst. «Die Uhr schlägt langsam sieben, / und ihm ist alles völlig unfassbar geblieben.»

«Die Europäerin» – Uraufführung am 21. August in Cernier. Besuchte Vorstellung am 18. September in Trogen. Weitere Aufführungen am 29./30. Januar 2022 in der Gare du Nord Basel.

Festival Neue Musik Rümlingen, 15. bis 19. Sept. 2021. Eine Auswahl der Rümlinger Stücke ist am 19. November in der Alten Kirche Rümlingen zu hören.

Roman Brotbecks Buch Töne und Schälle. Robert Walser-Vertonungen 1912 bis 2022 erscheint im Herbst im Wilhelm-Fink-Verlag Paderborn.

Zwei Preise für Kobayashi in Leeds

Kaito Kobayashi, der an der Musik-Akademie Basel studiert, hat an der Leeds International Piano Competition die Marion Thorpe Silver Medal und den Spezialpreis für Kammermusik erhalten.

Kaito Kobayashi an der Preisverleihung in Leeds (Bild: Nabin Maharjan)

Kaito Kobayashi hat laut der Mitteilung der FHNW an der Hochschule für Musik FHNW/Musik-Akademie Basel seinen Bachelor gemacht, im Sommer 2021 seinen Master in Performance bei Claudio Martínez Mehner abgeschlossen und studiert nun – ebenfalls bei Claudio Martínez Mehner – weiter im MA SP Solist.

Der Leeds-Wettbewerb ist einer der bedeutendsten Musikwettbewerbe der Welt. Seit dem ersten Wettbewerb im Jahr 1963 nahmen die weltbesten jungen Nachwuchskräfte teil, dank eines herausragenden Preispakets, der Herausforderung eines anspruchsvollen Repertoires und einer hochkarätigen Jury.

2021 standen die fünf Finalisten zusammen mit dem Dirigenten Andrew Manze und dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra auf der Bühne.

Jakova gewinnt F.X.-Gemiani-Award

Der ZHdK-Absolvent Filippo Jakova, er studiert Violine bei Sergej Malov im Master Specialized Music Performance, hat am diesjährigen F.X.-Gemiani-Award im italienischen Lucca den ersten Preis gewonnen.

Filippo Jakova (Bild: zVg)

Der 2000 in Parma geborene Geiger Filippo Jakova begann seine Studien im Alter von 7 Jahren am Konservatorium «Arrigo Boito» von Parma. Er schloss sein Basisstudium im Alter von 17 Jahren am Konservatorium von Modena «Vecchi Tonelli» ab. Weitere Studien führten ihn ans Conservatorio della Svizzera Italiana in Lugano und aktuell an die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK).

Jakova hat bereits mehrere Wettbewerbe gewonnen, unter anderem bei der  Giussano National Instrument Competition, dem Crescendo Prize City of Florence Music Competition und beim Regionalen Musikwettbewerb der italienischen Schweiz. Der Geminiani-Wettbewerb wurde zum zweiten Mal durchgeführt. Er wird künftig jährlich stattfinden.

Hochschule Luzern erforscht Schweizer Orgeln

In der Schweiz stehen rund 3’000 Orgeln. Dieser Kulturschatz ist jedoch nur bruchstückhaft erforscht. Im Orgeldokumentationszentrum (ODZ) der Hochschule Luzern trägt ein Forschungsteam das verfügbare Wissen seit 2007 zusammen.

HSLU-M-Mitarbeiter untersuchen eine Orgel. (Foto: Priska Ketterer)

Gegründet wurde das ODZ im Jahr 2007, um die schweizweit verfügbaren Informationen zum Thema Orgelbau und -musik an einem einzigen Ort zusammenzutragen und Lücken in den bisherigen Aufzeichnungen so gut als möglich zu schliessen. So wurden bisher die Orgeln der Kantone Zug, Schwyz und Luzern genauer unter die Lupe genommen.

Neu gestartet sind Arbeiten zur Erfassung der Orgeln des Kantons Uri. «Die wissenschaftlich dokumentierte Orgelgeschichte von Uri ist bis heute nur in sehr allgemeinen Zügen bekannt», erklärt dazu Marco Brandazza, der Leiter des ODZ. Bereits an der Schwelle zum 17. Jahrhundert sollen dort Orgeln vorhanden gewesen sein. Da die Urner Täler jedoch bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts keine einheimische Orgelbauwerkstatt vorweisen konnten, arbeiteten dort verschiedene Handwerker unterschiedlichster Herkunft.

Originalartikel:
https://www.hslu.ch/de-ch/hochschule-luzern/ueber-uns/medien/medienmitteilungen/2021/09/06/hochschule-luzern-erforscht-schweizer-orgeln/

Drei Gehör-Gänge

Vom 9. bis 19. September findet in Basel die Biennale für neue Musik und Architektur «Zeiträume» statt. Das diesjährige Motto lautet «Die Verwandlung».

Die Verwandlung des Raums springt uns geradezu an, besonders in der Stadt: Da ragt ein Kran auf, dort klafft eine Baugrube. Musik dagegen ist flüchtig – und damit eigentlich Veränderung an sich. Sie bleibt aber ungreifbar. Über die komplexen Beziehungen von Räumen und akustischen Eindrücken kann eine Menge philosophiert und geforscht werden. Der erste Teil des Festivalmagazins der Zeiträume Basel zeugt seitenlang davon. Man muss das nicht lesen, aber ich frage mich, ob dieser Überbau nicht den unmittelbaren Zugang zum Gebotenen verstellen kann. Dagegen würde ich mich freuen, wenn der reale Zugang zu den Orten des Geschehens deutlicher und von Weitem (von der nächstgelegenen Haltestelle des ÖV zum Beispiel) winken würde.

Am Sonntag, dem 12. September, mache ich mich auf, einige Angebote zu erkunden. Und zwar solche, bei denen Raum und Klang auf ungewohnte Weise zusammenfinden.

Eine Gemeindekarte aus Geräuschen

Der Klang von Birsfelden ist ein Projekt, das angesichts des sich verändernden Raums nach dem akustisch Typischen fragt. In dieser Gemeinde, sie gehört zu Basel-Land, grenzt aber unmittelbar an das Basler Stadtgebiet, soll gebaut werden. Der Dorfkern, wie er jetzt aussieht, ist bestimmt auf so manchem Foto festgehalten. Um auch eine klangliche Erinnerung zu haben, hat Hanan Isabella Kohlenberger die Bewohnerinnen und Bewohner befragt. Diese berichten von den Tonhöhen des Wassers in der Birs, vom Autolärm, vom Sprachenmix, der hier zu hören ist. Die Komponistin Cathy van Eck hat daraus ein Hörporträt, sozusagen eine klingende Postkarte, geschaffen, eine dieser Karten, die ganz verschiedene Ansichten eines Ortes kombinieren. Wobei hier nicht nur Idyllisches vorkommt.

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Flüstertüten erzählen von den typischen Klängen Birsfeldens.

Vor dem Haus der Gemeindeverwaltung, die bereits umgezogen ist, sind Lautsprecher montiert. Wenn man auf die bezeichneten Felder tritt, ertönen Ausschnitte aus den gesammelten Erzählungen, auch Geräusche. An diesem Sonntagnachmittag verbreiten sie vor dem menschenleeren Gebäude eine wehmütige Stimmung. Wo sind sie, diese Menschen, die uns so engagiert den Klang ihrer Heimat schildern? Ich sehe nur Flüstertüten. Auf Leute treffe ich dann etwas entfernt im Weitergehen, sie sitzen draussen in einer Beiz und scheinen sich wiederum für die violetten Merkpunkte, die anzeigen, wo den Lautsprechern etwas zu entlocken wäre, nicht zu interessieren.

Ein Kino der Vorstellungskraft

In der Kaserne betrete ich Niemandsland. «Es gibt keine Sitzplätze, keine Bühne und keine Darstellerinnen und Darsteller», steht im Programm. Stattdessen stehen in dem stark abgedunkelten Raum Podeste mit matter oder glänzender Oberfläche, hängen Vorhänge und reflektierende Deckenelemente. Das wenige Licht macht daraus einen sich unmerklich wandelnden Ort und lässt mich das Geräusch- und Klangtheater, in das ich nun eintauche, intensiver zu erleben. Einmal fährt ein Zug, wird lauter, rollt über mich hinweg. Der Lärm bringt den Untergrund zum Beben. Später fällt Regen. Dann fallen Türen ins Schloss, eine Familie setzt sich zum Essen an den Tisch, von Ferne bröselt Azzurro herüber, ein Klavier klimpert … Nach etwa einer Viertelstunde stelle ich plötzlich fest: Jetzt bin ich drin. Am Anfang habe ich die anderen Hörerinnen und Hörer noch genau beobachtet, jetzt werden sie unwichtig. Manchmal geht einer am Podest vorbei, auf dem ich liege; manchmal gehe ich durch den Raum. Dabei verändert sich auch, was ich höre. Keiner hier wird am Schluss das Gleiche gehört haben, von den unterschiedlichen Filmen im Kopfkino ganz zu schweigen. Die akustischen Eindrücke öffnen individuelle innere Räume. Das Niemandsland ist erfüllt von meinen eigenen Bildern.

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Räume ergeben sich und verschwinden wieder im Strom der Klänge.

«Disco des Alltags» nennt Dimitri de Perrot sein Projekt auch. Von ihm stammen Idee, Komposition und Bühnenbild dieses – wie eben bekannt wurde – für den Designpreis Schweiz 2021 vorgeschlagenen immersiven Musiktheaters. Es wird in den kommenden Monaten auch in anderen Städten zu erleben sein (s. unten).

Ein Garten für die Ohren

Anderthalb Stunden später betrete ich den Sarasinpark in Riehen. Dort feiert die örtliche Musikschule in Zusammenarbeit mit den Musikschulen der Musik-Akademie Basel und dem Gymnasium Bäumlihof und in Kooperation mit dem Festival Zeiträume ihr 40-jähriges Bestehen. Mittlerweile ist es dunkel geworden. Violette und grüne Lampen leuchten aus Stauden und Büschen in die Bäume hinauf, weisse Scheinwerfer zeichnen Lichtbahnen auf den Rasen, lassen die spazierenden Menschen aber im Dunkeln. Dank der Lichtgestaltung von Michael Omlin geht man durch eine zauberhafte Welt. Dann beginnen die Kinder und Jugendlichen zu musizieren. 28 Gruppen sind in der unwirklichen Landschaft verteilt. Und sie spielen auch «verteilt», manchmal tönt hier eine Mandolinengruppe, dann weht von weit her ein Bläserklang vorbei, einige Jugendliche bewegen sich durch die Zuhörer und murmeln geheimnisvolle Botschaften. Manchmal verdichtet sich die Hörkulisse, dann dünnt sie wieder aus. Und so hingetupft das Ganze auch wirkt: Die oft weit voneinander entfernten Gruppen spielen zusammen. Dies gelingt dank einer sekundengenauen Anordnung in der Zeit, der alle via Handy folgen.

Bei seiner Einführung hatte der Komponist Hansjürgen Wäldele von einem «Garten für die Ohren» gesprochen, von 28 Beeten, die von den jungen Musikantinnen und Musikanten gepflegt würden, von der Saat, die sich manchmal von einem Beet ins andere stehle. Mit 28 Miniaturen und 250 Variationen hat er genau dies geschaffen: Ein Biotop von Klangpflanzen, die sich zum Teil stark ähneln, aber eben doch individuell sind, auch individuell angepasst an das Niveau der Schülerinnen und Schüler. Was sich nicht erschliesst, ist der Titel des Ganzen: Snurglond. Aber das macht ja nichts. Vielleicht heisst es «Klanggarten» in einer noch unentdeckten Sprache? Das passt zu dem, was Wäldele am Anfang sagte und was sich angesichts des dichten Programms für das ganze Festival sagen lässt: «Keine Sorge, sie werden mit Sicherheit das meiste versäumen!»

Weitere Aufführungsdaten Niemandsland:

286 neue Zürcher Musikstudierende

Am 20. September nehmen 702 Studierende ihr Studium an der ZHdK auf. Davon haben sich 286 für einen Bachelor- oder Masterstudiengang im Bereich Musik immatrikuliert, 113 in Design, 96 in Fine Arts, 104 in Art Education und Transdisziplinarität sowie 103 in Darstellenden Künsten und Film.

Studienbeginn an der ZHdK. Foto: Regula Bearth © ZHdK

Insgesamt studieren an der ZHdK (Zürcher Hochschule der Künste) laut ihrer Mitteilung 2186 Personen. Davon absolvieren 1195 einen der acht Bachelor- und 991 einen der elf Masterstudiengänge. Die Studierendenzahl ist gegenüber den letzten Jahren konstant geblieben. An der ZHdK gilt ein Numerus clausus; Studieninteressierte durchlaufen vorgängig ein strenges Zulassungsverfahren.

Für ein Studium in den Künsten, dem Design und der Vermittlung ist die Nutzung von Ateliers, Tanzstudios oder Musikübungsräume unersetzbar. Deshalb führt die ZHdK das Herbstsemester 2021 im Präsenzunterricht durch. Für den Zutritt zu allen ZHdK-Gebäuden gilt eine Zertifikatspflicht.

Nur Personen mit einem Covid-Zertifikat oder einem Covid-Zertifikat «light» werden eingelassen. Dafür entfallen die Maskenpflicht sowie die Beschränkung der Raumkapazitäten. Personen ohne Zertifikat haben die Möglichkeit, einen kostenlosen Antigen-Schnelltest vor Ort zu machen. Die Richtlinien und Vorgaben der ZHdK können jederzeit ändern.

Luzern teilt Kulturkosten neu auf

Der Luzerner Kantonsrat hat einem neuen Kostenteiler zwischen dem Kanton und der Stadt Luzern für die fünf grossen Luzerner Kulturinstitutionen in erster Beratung zugestimmt.

Das Verkehrshaus ist eine der grossen Luzerner Kulturinstitutionen. Foto: Roger Hofstetter/Verkehrshaus

Stadt und Kanton Luzern finanzieren die fünf grossen Luzerner Kulturinstitutionen – Luzerner Theater, Luzerner Sinfonieorchester, Kunstmuseum Luzern, Verkehrshaus der Schweiz, Lucerne Festival – gemeinsam durch den Zweckverband Grosse Kulturbetriebe. Die Stadt beteiligt sich aktuell zu 30 Prozent und der Kanton zu 70 Prozent an den Betriebskosten.

Der Kantonsrat hat nun der schrittweisen Anpassung des Finanzierungsschlüssels in erster Beratung zugestimmt. So soll der Kanton Luzern künftig 60 Prozent und die Stadt Luzern 40 Prozent der Betriebsbeiträge tragen. Durch diese neue Regelung wird der Kanton bei den Betriebsbeiträgen an den Zweckverband ab dem Jahr 2025 um rund 2,87 Millionen Franken jährlich entlastet.

Zudem haben sich Kanton und Stadt darauf geeinigt, dass künftige Investitionen beim Luzerner Theater von der Stadt und diejenigen beim Verkehrshaus der Schweiz vom Kanton mitgetragen werden. Aufgrund der grösseren Mitverantwortung der Stadt Luzern wird zudem die Organisation des Zweckverbandes angepasst.

Neues im Alten

In sechs Konzerten sind alle Mozart-Streichquintette im Spiegel von Kompositionen Nadir Vassenas zu hören.

Dieses Jahr im Herbst statt im Mai. Foto: Pfingstfestival Schloss Brunegg,SMPV

Wie die Veranstalter mitteilen, musste die diesjährige 7. Ausgabe des Pfingstfestivals auf Schloss Brunegg vom Mai in den Herbst verschoben werden. Im Mittelpunkt steht die Aufführung aller sechs Streichquintette von Wolfgang Amadeus Mozart. Vier Uraufführungen und drei Aargauer Erstaufführungen von Werken des diesjährigen Composers in Residence, Nadir Vassena, bilden zusammen mit weiteren zeitgenössischen Stücken und Musik aus Renaissance und Barock einen markanten Kontrast, ganz dem diesjährigen Festivalmotto «In modo antico novo» entsprechend.

Es spielen und singen die Berliner Sopranistin Sophie Klussmann, der US-amerikanische Lautenist Hopkinson Smith, der Basler Flötist Felix Renggli, die italienische Geigerin Irene Abrigo, der Zürcher Bratschist und Festivalintendant Jürg Dähler und die Salzburger Geschwister Hanna (Violine), Gertrud (Viola) und Bruno (Violoncello) Weinmeister.

Informationen und Details: www.festivalbrunegg.ch
 

Kinderszenen für Wunderkinder

1936 gegründet, fand die Musikwoche Braunwald dieses Jahr zum 85. Mal statt. Das Motto bot den passenden Rahmen, um das Thema «Hochbegabung» zu erörtern.

Fotos: Katrin Spelinova

Seit jeher ist der Austausch am «Musikalischen Ferienkurs» in Braunwald wichtig. So nannten die Lehrerin Nelly Schmid und der Musikwissenschaftler Antoine-Elisée Cherbuliez die Musikwoche 1936 bei ihrer Gründung (siehe Thomas Meyer Ein Fest für die Ohren. Artikel zum 75-jährigen Bestehen, in: SMZ 6/2010). Sie ist – ohne sich explizit darauf zu berufen– das älteste Musikfestival in der Schweiz.

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Gedenkstein für Nelly Schmid und Antoine-Elisée Cherbuliez in Braunwald

Motto «Kinderszenen»

Schumanns gleichnamiger Klavierzyklus op. 15 erklang im Original, gespielt vom Lausanner Pianisten Cédric Pescia. Die 13 Klangbilder animierten Chris Wiesendanger zu Improvisationen. Und sie wurden ebenfalls zur Inspiration für Studierende der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), die sie für zahlreiche Ensembles der Musikschule Glarus bearbeiteten. Damit gestalteten über 80 Musizierende die Eröffnung der 85. Musikwoche Braunwald. Sie bot darüber hinaus Begegnungen mit Nachwuchstalenten der ZHdK im Rahmen einer Kammermusikakademie unter der Leitung von Anna Gebert, mit dem Zürcher Kammerorchester und Maurice Steger, dem Stradivari-Quartett und vielen weiteren Künstlerinnen und Künstlern.

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Alles ist bereit für das Referat von Letizia Gauck im Saal des Märchenhotels in Braunwald

Begabte Kinder

Rege war der Austausch zwischen Publikum und Vortragenden zum Thema «Begabte Kinder». Letizia Gauck, Leiterin des Zentrums für Entwicklungs- und Persönlichkeitspsychologie an der Universität Basel, ist eine Expertin auf diesem Gebiet. Mit ihrem Referat Entwicklung musikalischer Hochbegabungen steckte sie das Themenfeld breit ab: von der Erkennung eines Potenzials und dessen Entwicklung über Einflussfaktoren bis hin zum Umgang mit Druck. Sämtliche Aspekte wurden später an einem Podiumsgespräch mit der Referentin vertieft. Es diskutierten zusammen mit Letizia Gauck unter der Leitung von Michael Eidenbenz, Direktor des Departements Musik an der ZHdK und künstlerischer Leiter der Musikwoche Braunwald, die junge Geigerin Audrey Haenni, Daniel Knecht, Leiter des Bereichs PreCollege Musik an der ZHdK, sowie Peter Aebli, Rektor der Kantonsschule Glarus.

Einig war man sich darin, dass für die alltägliche Entwicklung und Förderung individueller Talente neben dem privaten Umfeld die Flexibilität öffentlicher Institutionen eine wesentliche Rolle spielt. Was die Erforschung der musikalischen Begabung und ihrer Entwicklung betrifft, muss man sich aber bewusst sein, dass sich heute die meisten Studien auf klassische abendländische Musik beziehen – da gibt es noch viele offene Fragen. Jedes Kind ist bei seiner Geburt im Grunde ein Wunderkind, dessen Perspektiven es zu erkennen und zu entwickeln gelte, war ein sehr allgemeines, aber immer wieder faszinierendes Fazit.

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Podium: v.l. Peter Aebli, Letizia Gauck, Michael Eidenbenz, Audrey Haenni, Daniel Knecht

Weitere Informationen

Die nächste Musikwoche Braunwald findet vom 3. bis 9. September 2022 statt.
Thema: «La voix humaine»

https://musikwoche.ch

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