Musikschulen im Wallis

Das Wallis ist vom Tourismus geprägt – das Matterhorn, Leukerbad und den Aletschgletscher kennt man bis weit über die Landesgrenzen hinaus. Einst von den Römern erobert, trat das Wallis 1815 der Schweizerischen Eidgenossenschaft bei. Kulturell hat der Kanton vieles zu bieten, von Tradition und Brauchtum, Klassik- und Jazzfestivals bis hin zum Openair Gampel.

Foto: ZVG

Entsprechend breit gestaltet sich auch die musikalische Bildung. Es gibt drei kantonal anerkannte Musikschulen: das Conservatoire Cantonal in Sion, die Ecole de jazz et de musique actuelle du Valais (EJMA-Valais) und die Allgemeine Musikschule Oberwallis (amo). An den insgesamt über 80 Standorten verzeichnen sie rund 4500 Fachbelegungen. Dass der Kanton bilingue ist – im Unterwallis spricht man französisch, im Oberwallis deutsch – stellt der Zusammenarbeit der Musikschulen grundsätzlich keine Hürden, wie Amadé Schnyder berichtet. Er ist seit 2014 Leiter der amo und gleichzeitig Delegierter für den VMS. „Die Sprache ist eine Herausforderung, aber unsere Zusammenarbeit auf der Verbandsebene ist ausgezeichnet“, berichtet er. Die Gründung des Verbandes Musikschulen Wallis war ursprünglich vom Departement für Erziehung, Kultur und Sport angeregt worden – mit dem Ziel, die Subventionen zu vereinheitlichen. 2013 schlossen sich die drei Schulen mit sehr unterschiedlicher Ausrichtung zusammen und erarbeiteten gemeinsam einen „Harmonisierten Rahmenlehrplan“ («Plan d’études cadre harmonisé PECH»), der festlegt, wie die musikalische Bildung in Sachen Zyklen und Stufentests im Kanton ausgestaltet werden soll. „Diese Harmonisierung auf kantonaler Ebene war ein Gewinn“, sagt Schnyder. „Nun geht der Prozess weiter – es bleibt spannend.“

Der Kanton übernimmt 40% der Kosten für den Musikunterricht. Die Beteiligung der Gemeinden ist freiwillig und findet vielerorts statt, und zusätzlich stellen sie den Musikschulen seit der Verabschiedung des Kulturgesetzes von 2016 kostenlos Räumlichkeiten zur Verfügung. Die Elternbeiträge betragen im Schnitt 48 – 50%.

Den Austausch, den VMS-Delegiertenversammlungen und andere Veranstaltungen ermöglichen, findet Amadé Schnyder sehr hilfreich – insbesondere mit dem Kanton Bern, der ebenfalls zweisprachig ist. Sehr gut läuft auch die Zusammenarbeit mit den im Wallis sehr wichtigen und weit verbreiteten Blasmusikvereinen und Chören. Im Oberwallis bietet die amo eine integrierte Ausbildung für Kinder und Jugendliche an, die einem Blasmusikverein angehören.

Es gibt verschiedene Wettbewerbe im Kanton – in der Regel veranstaltet die amo im Oberwallis alle 3 Jahre einen Ensemblewettbewerb. Und das Conservatoire Cantonal in Sitten organisiert alle zwei Jahre für die Musikwettbewerbe „Concours Bach“ und „Concours Musique contemporaine“ .

Amadé Schnyder, VMS-Delegierter für den Kanton Wallis

Digitalisierung – aber wie?

Die Delegiertenversammlung vom 18. November 2022 in November stand ganz im Zeichen der Zukunft. Es ging um Projekte, die die nächsten Jahre im VMS prägen werden – und um den digitalen Wandel.

Foto: Anicia Kohler

Philippe Krüttli eröffnete die erste von ihm präsidierte Delegiertenversammlung mit einem Einblick in die Tätigkeit des VMS-Vorstandes im letzten halben Jahr – und einem Ausblick auf die Ziele und Projekte der nächsten Jahre. Sowohl das Budget 2023 als auch das Konzept für die Struktur der Mitgliederbeiträge ab 2024 wurden von den anwesenden Delegierten genehmigt. Letzteres war in diesem Jahr von einer Arbeitsgruppe von Delegierten begleitet und in allen Kantonen in Vernehmlassung geschickt worden. VMS-Vorstandsmitglied Thomas Saxer berichtete von positiven Rückmeldungen von einer Mehrheit der Kantonalverbände, und von kritischen Bemerkungen, die erfolgreich ins Konzept eingearbeitet werden konnten. Das bis auf eine Stimmenthaltung von den Delegierten einstimmig angenommene Konzept wird ab 2024 zur Umsetzung kommen. Philippe Krüttli bedankte sich herzlich für die sorgfältige Prüfung des Konzepts in den Kantonen und für das Vertrauen in den Vorstand.

Anschliessend berichtete Philippe Krüttli vom Stand der Dinge im Programm „Junge Talente Musik“ des Bundes. Zur Erinnerung: Kantone mit einem Förderprogramm, das den Richtlinien der Bundesverordnung entspricht, können seit August 2022 auf der Plattform für Unterstützungsbeiträge des Bundesamtes für Kultur Gesuche um Finanzhilfe einreichen. Im letzten halben Jahr erarbeiteten Expert*innen aus Musikverbänden und -organisationen im Auftrag des Bundesamts für Kultur nun Bewertungs- und Messkriterien für die kantonalen Fachkommissionen. Daraus entstanden drei Dokumente: je eines für die Sparten Volksmusik und Pop/Rock/Jazz sowie für Klassik und Blasmusik (letztere übernimmt die Kriterien für die Sparte Klassik). Die Bewertungsrichtlinien werden ab Januar 2023 auf der Website des BAK zur Verfügung stehen.

Zum Abschluss des Morgens berichtete Thomas Saxer vom «quarte Open Label». Mit Freude übergab er Stewy von Wattenwyl, dem Schulleiter der Swiss Jazz School in Bern – der 1967 gegründeten, allerersten Jazzschule Europas – das 2022 erreichte Zertifikat.

Am Nachmittag widmeten sich die Anwesenden der Digitalisierung. Dr. Richard-Emmanuel Eastes von der Haute Ecole Spécialisée de Suisse occidentale (HES-So), der dank eines Referats an der letztjährigen Conférence romande sowie zwei Workshops mit dem VMS-Vorstand mit der Welt der musikalischen Bildung bereits sehr gut vertraut ist, präsentierte seine theoretischen und praktischen Gedanken zum digitalen Wandel. Zentral sind für ihn unter anderem folgende Leitsätze: Digitalisierung ist kein Selbstzweck – und sie muss einem echten Bedürfnis entsprechen. Trotzdem erachtet er es als sehr wichtig, sich mit dem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel auseinanderzusetzen, um die Schüler*innen mit entsprechenden Reflexionsfähigkeiten auszurüsten, und um sie und sich selber auf eine veränderte Arbeitswelt vorzubereiten.

Anschliessend diskutierten die Delegierten intensiv über die Bedürfnisse von Musikschulen in Sachen Digitalität. Ziel des Workshops war es zu eruieren, inwiefern der VMS die Kantonalverbände im Thema am besten unterstützen kann – und welches Werkzeug (Konzept? Leitfaden? Manifest?) dafür in Frage kommt. Über mögliche Titelideen dieses Dokuments stimmten die Teilnehmenden via QR-Code auf dem Smartphone ab. «Diese offene und konstruktive Diskussion gibt dem Vorstand sehr wertvolle Hinweise für die Weiterführung der Arbeit rund um den digitalen Wandel», sagte Philipp Krüttli. Pünktlich um 16h entliess er die Delegierten mit einem herzlichen Dank.

Mandoline Instrument des Jahres 2023

Die deutschen Landesmusikräte haben die Mandoline zum Instrument des Jahres gekürt. Sie löst das Drumset ab, dem dieses Jahr diese Ehre zugekommen ist.

Foto: aboikis/depositphotos.com

Obgleich sie heute unter den Instrumenten eher einen Exotenstatus besitze, sei die Mandoline immer auch ein Instrument gewesen, das es geschafft habe, Brücken zu bauen, schreiben die Landesmusikräte. 

Kommt die Mandoline als Nachfolgerin der Laute auf den ersten Blick eher aus dem höfischen Bereich, so war sie doch immer ein Volksinstrument, eine «Geige der Arbeiter», die zu den Mandolinenorchestern, den Sinfonieorchestern des kleinen Mannes führten. Sie war das Instrument der Wandervogelbewegung. Die Brücke in die Musik anderer Kulturkreise lässt sich leicht über die Verwandtschaft zu anderen Lauteninstrumenten wie der Bağlama schlagen.

Seit 2008 wird jedes Jahr ein Instrument des Jahres gekürt und zwölf Monate in den Fokus gestellt. Jedes Bundesland hat dabei seine eigene Vorgehensweise, um das länderübergreifende Ziel zu erreichen: Neugier und Aufmerksamkeit auf die vielen Facetten des Instrumentes  zu lenken.

Neue Aufgaben für Baldur Brönnimann

Der Schweizer Dirigent Baldur Brönnimann ist zum Dirigenten und künstlerischen Leiter der Real Filharmonía de Galicia ernannt worden. Er wird das Amt ab Januar 2023 als Nachfolger von Paul Daniel antreten.

Baldur Brönnimann. Foto: Jorgos Tsolakidis

Mit Brönnimann erhalte die Real Filharmonía de Galicia einen künstlerischen Leiter «mit einem engagierten sozialen Ansatz und einer ausgeprägten Sensibilität für Themen wie Ausbildung und zeitgenössisches Schaffen», schreibt das Orchester. Das 1996 im spanischen Santiago de Compostela gegründete Ensemble wurde zunächst unter anderm von Helmut Rilling geleitet.

Baldur Brönnimann, 1968 in Basel geboren und in Pratteln aufgewachsen, ausgebildet an der Musik-Akademie Basel und am Royal Northern College of Music in Manchester, ist seit der Saison 2016/17 Principal Conductor der Basel Sinfonietta.

Bis 2020 war er  Chefdirigent des Orquestra Sinfónica der Casa da Música in Porto und zuvor Künstlerischer Leiter des norwegischen Ensembles für zeitgenössische Musik BIT20 sowie Chefdirigent des Nationalen Sinfonieorchesters von Kolumbien in Bogotá. Brönnimann lebt in Madrid.

50 Jahre Jazzschule Luzern

1972 begann eine Handvoll junger Jazzmusikerinnen und -musiker in Luzern, ihr Können an Jugendliche und Erwachsene weiterzugeben. Aus dem damaligen Verein Jazzschule Luzern (VJSL) entstand das heutige Institut für Jazz und Volksmusik der Hochschule Luzern.

Schulzimmer der früheren Jazz Schule Luzern (Bild: VJSL)

Als selbstorganisierte Schule ohne staatliche Unterstützung und Diplomanerkennung bot die damalige Jazzschule Kurse in Theorie- und Instrumentalunterricht an. Bereits im Gründungsjahr hatten sich 60 Schülerinnen und Schüler eingeschrieben und bald darauf kamen Interessenten aus der ganzen Schweiz. Die Schulgelder deckten die kleinen Gehälter der Lehrpersonen, die anfangs als Selbständigerwerbende noch ohne soziale Absicherungen arbeiteten.

Ab 1977 konnten 20 Lehrpersonen angestellt werden. Mit Erhalt des Vestag-Kulturpreises in Höhe von 10’000 Franken erhielt die Jazz Schule Luzern 1985 erstmals eine offizielle Anerkennung. 1990 konnte die erste Klasse mit zwölf Studierenden mit einem staatlich anerkannten Berufsabschluss starten. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler in der allgemeinen Abteilung lag kurze Zeit später bei über 400.

1999 erhielt die Jazz Schule Luzern den Fachhochschul-Status. Gleichzeitig wurden die drei Musikinstitute Jazz Schule Luzern, Konservatorium und Akademie für Schul- und Kirchenmusik zur heutigen Hochschule Luzern – Musik zusammengeführt.

Mehr Infos:
https://www.hslu.ch/de-ch/hochschule-luzern/ueber-uns/medien/medienmitteilungen/2022/11/22/50-jahre-vjsl/

Basler Martinů-Festtage

Nach zweijähriger Covid-bedingter Pause bot die diesjährige Ausgabe unter anderem eine Begegnung mit dem Werk des bedeutenden, hierzulande kaum bekannten tschechischen Komponisten Kabeláč.

Seit ihren Anfängen 1995 haben sich die Martinů-Festtage als fester Teil des Basler Musiklebens etabliert. Im Kern sind sie der Pflege und Verbreitung des grossen und vielgestaltigen Œuvres von Bohuslav Martinů verpflichtet, der ab 1956 als Gast von Paul Sacher auf dem Schönenberg in Pratteln bei Basel gelebt hatte, bevor er 1959 in Liestal verstarb. Unter der künstlerischen Leitung des Pianisten Robert Kolinsky gelang es, namhafte Künstlerinnen und Künstler für das Festival mit seiner vielseitigen Programmierung abseits ausgetretener Pfade zu gewinnen. Es dürften denn auch diese zwei konsequent verfolgten Qualitäten sein, die dem Festival in den letzten Jahren eine Ausstrahlung weit über Basel hinaus verschafft haben, wovon nicht zuletzt ein hochkarätiges Ehrenpatronat mit Bundesrat Alain Berset und der slowakischen Staatspräsidentin Zuzana Čaputová zeugt.

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Die Zürcher Sing-Akademie zusammen mit dem Ukrainischen Rundfunkchor in der Kulturkirche Paulus in Basel

Miloslav Kabeláč im Mittelpunkt

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Organist Sebastian Heindl

Einen spannenden Gegenpol zu Martinů bildete im diesjährigen Programm das hierzulande ausserhalb Kennerkreisen wohl nur wenig bekannte Werk des Komponisten und Dirigenten Miloslav Kabeláč (1908–1979). Zentrales Stück des Eröffnungskonzertes am 23. Oktober in der Kulturkirche Paulus war dessen achte Sinfonie Antiphonen op. 54 für Sopran, gemischten Chor, Schlaginstrumente und Orgel. Zwischen 1969 und 1970 auf Texte aus dem Alten Testament entstanden, ist sie eine anklagende Reaktion auf den Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes in die Tschechoslowakei 1968 und die Niederschlagung der Reformbemühungen des Prager Frühlings. Eine herbe, erweitert-modale Tonsprache, starke rhythmische Impulse und dynamische Extreme prägen das in fünf Sätze und vier Zwischenspiele gegliederte Werk. Grossartig war die Wiedergabe der überaus anspruchsvollen Sopranpartie durch Aphrodite Patoulidou; beeindruckend in Präzision und Präsenz die Realisierung der Schlagzeugpartien durch Mitglieder der Percussions de Strasbourg, jenes Ensembles, welches 1971 die Uraufführung in Strassburg bestritten hatte. Das Zusammengehen der Zürcher Sing-Akademie und des Ukrainischen Rundfunkchors – seine Präsenz verlieh der Thematik eine beklemmende Aktualität – gelang hier ebenso glänzend wie in Martinůs Vier Lieder über Maria für gemischten Chor H 235 und Der Berg der drei Lichter für Männerchor und Orgel H 349. Ebenso brillierte an diesem Abend der deutsche Organist Sebastian Heindl in Kabeláčs Zwei Fantasien op. 32 und Martinůs Vigilie H 382. Was der 1997 Geborene, der 2019 als jüngster Finalist den renommierten Longwood-Gardens-Orgelwettbewerb gewann und im Juli zum Kirchenmusiker der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin berufen wurde, an Transparenz und Farbenreichtum auf der für das Repertoire des 19. und 20. Jahrhunderts ideal disponierten Orgel der Pauluskirche darzustellen und auszuleuchten vermochte, war nichts weniger als sensationell.

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Die Sopranistin Aphrodite Patoulidou brillierte in Miloslav Kabeláčs «Antiphonen»

Von Fee bis Film

Neben einem Konzert mit grossen Besetzungen umfassen die Martinů-Festtage traditionell ein Kammermusikkonzert, einen Kinoanlass sowie ein Jazz- und ein Familienkonzert. Letzteres liess, inspiriert von der Märchenerzählung Bětuška und die Waldfee (Božena Nĕmcová ), eine andere Seite Kabeláčs entdecken; auf dem Programm standen neben Dětem op. 22 (Kleine Orchestersuite für Kinder) die Suite Modré Nebe (Blauer Himmel) op. 19a für Kinderchor und Orchester, Kammerwerke von Martinů (Nonett Nr. 2 H 374 und Serenade Nr. 3 H 218) sowie die Kinderlieder H 184bis (Ausführende: Ensemble le raid merveilleux, Kinder der Primar- und Orchesterschule Insel; Stefano Mariani, musikalische Leitung). Dem Werk des legendären Songkomponisten Burt Bacharach (geb. 1928), der in den Fünfzigerjahren mit Marlene Dietrich auf Tournee war und unter anderem bei Martinů studiert hatte, war das Jazzkonzert am 30. Oktober im Bird’s Eye gewidmet (Martina Barta, Vocals; Matti Klein, Klavier; Niklas Lukassen, Bass; Genius Wesley, Drums). Martinůs Biografie stand im Mittelpunkt des am 1. November im Stadtkino Basel gezeigten Films Mein Leben mit Bohuslav Martinů (Regie: Jakub Sommer).

Gleich zwei Entdeckungen präsentierte schliesslich das Kammerkonzert am 6. November im Hans-Huber-Saal mit Steven Isserlis, Violoncello, und Connie Shih, Klavier: die Uraufführung von Kabeláčs im Manuskript überlieferten Drei Stücken für Violoncello solo sowie die Deux ritournelles pour violoncelle et piano op. 25 der hochbegabten, jung verstorbenen tschechischen Komponistin, Dirigentin und Martinů-Schülerin Vítězslava Kaprálová (1915–1940). Neben Martinůs Sonate für Cello und Klavier Nr. 1 H 277 stand weiter Schumanns Adagio und Allegro für Violoncello und Klavier op. 70 auf dem Programm.

Der Schreibende besuchte das Eröffnungskonzert Mene Tekel am 23. Oktober in der Kulturkirche Paulus, Basel.

Weitere Informationen unter www.martinu.ch

Haefliger verlässt 2025 Lucerne Festival

Michael Haefliger hat sich laut einer Mitteilung des Festivals entschieden, seinen bis Ende 2025 laufenden Vertrag als Intendant bei Lucerne Festival nicht mehr zu verlängern. Für die Suche einer Nachfolge wird eine Findungskommission eingesetzt.

Michael Haefliger, der Lucerne Festival seit 1999 leitet, hat sich entschieden, seinen bis Ende 2025 laufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern. Ende 2025 wird er den Posten  26 Jahre innegehabt haben.

Der Stiftungsrat hat für die Lösung der Nachfolge eine Findungskommission eingesetzt. Diese setzt sich zusammen aus den Mitgliedern des Stiftungsrats Markus Hongler (Präsident), Christian Casal, Christoph Franz, Regierungsrat Marcel Schwerzmann und Anne Schwöbel sowie Elisabeth Sobotka, Intendantin der Bregenzer Festspiele, und Stefan Dohr, Solo-Hornist der Berliner Philharmoniker. Der Stiftungsrat plant, bis im vierten Quartal 2023 über die Nachfolge von Michael Haefliger zu entscheiden und zu informieren.

Haefliger verlässt 2025 Lucerne Festival

Michael Haefliger hat sich laut einer Mitteilung des Festivals entschieden, seinen bis Ende 2025 laufenden Vertrag als Intendant bei Lucerne Festival nicht mehr zu verlängern. Für die Suche einer Nachfolge wird eine Findungskommission eingesetzt.

Markus Hongler (li.) und Michael Haefliger.Foto: © Manuela Jans/Lucerne Festival

Michael Haefliger, der Lucerne Festival seit 1999 leitet, hat sich entschieden, seinen bis Ende 2025 laufenden Vertrag nicht mehr zu verlängern. Ende 2025 wird er den Posten  26 Jahre innegehabt haben.

Der Stiftungsrat hat für die Lösung der Nachfolge eine Findungskommission eingesetzt. Diese setzt sich zusammen aus den Mitgliedern des Stiftungsrats Markus Hongler (Präsident), Christian Casal, Christoph Franz, Regierungsrat Marcel Schwerzmann und Anne Schwöbel sowie Elisabeth Sobotka, Intendantin der Bregenzer Festspiele, und Stefan Dohr, Solo-Hornist der Berliner Philharmoniker. Der Stiftungsrat plant, bis im vierten Quartal 2023 über die Nachfolge von Michael Haefliger zu entscheiden und zu informieren.

Spirea-Quartett ist Orpheus-Sieger

Die Orpheus Competition hat auch dieses Jahr die besten Kammermusikensembles gekürt, die von den verschiedenen schweizerischen Musikhochschulen kommen. Gewonnen hat – wie schon im Vorjahr – ein Streichquartett: das Spirea-Quartett aus Basel.

Spirea–Quartett. Foto: zVg

Der zweite Preis geht an das Trio Chagall, der dritte an das Trio Zeitgeist, alle von der FHNW. Ausgezeichnet wurden zudem das Helix-Trio von der FHNW und das Quatuor Amapola von der HEM sowie das Opus Five Quintet von der FHNW. 18 Ensembles hatten sich präsentiert.

Die Ausgzeichneten werden im kommenden Jahr am Swiss Chamber Music Festival Adelboden auftreten, das schwerpunktmässig den Orpheus-Siegern gewidmet ist (8. bis 17. September 2023). Weitere Auftrittsmöglichkeiten eröffnen sich einzelnen Ensembles am Festival Musikdorf Ernen, an den Zunftkonzerten Zürich und am Piano-Trio-Fest Bern.

Die drei Erstplatzierten gewinnen über die Auftrittsmöglichkeit hinaus Preise von 5000, 3000 und 2000 Franken sowie die Möglichkeit, einen von der Kulturstiftung Pro Helvetia finanzierten Kompositionsauftrag an eine schweizerische Nachwuchskomponistin vergeben zu können, deren Werk dann im Rahmen des Adelbodner Festivals zur Uraufführung gelangen wird.

 

Fideln und Meistergeigen

Eine neue Dauerausstellung an der Geigenbauschule in Brienz dokumentiert die Geschichte dieses Instruments in der Schweiz.

Fideln und Meistergeigen
Foto: Birgit Steinfels

Eine neue Dauerausstellung an der Geigenbauschule in Brienz dokumentiert die Geschichte dieses Instruments in der Schweiz.

Beim Ausbau der Schweizer Geigenbauschule in Brienz liessen sich zwei Schauräume einplanen. Der eine Raum zeigt die kürzlich eröffnete Dauerausstellung über Geigenbau und Geigenspiel in der Schweiz, der andere den Werdegang einer Geige, hauseigene Streichinstrumente als Leistungsausweis und dokumentiert die wechselhafte Geschichte der 1944 gegründeten Geigenbauschule.

Zugegeben: Das neue Geigenmuseum ist mit rund zwanzig Exponaten klein. Der Wanderer, der vom Bahnhof Brienz dem See entlang Richtung Kirche unterwegs ist und sich ein Bild der Schweizer Geige machen möchte, kann in zehn Minuten einen Überblick gewinnen. Wer sich aber Zeit nimmt für Texttafeln und all die Informationen, die über Monitore in Bild, gesprochenem Wort und Musikbeispielen zur Verfügung stehen, wird mit der originell präsentierten, vielseitigen Geschichte der Schweizer Geige belohnt.

Die Geige in Kunst- und Volksmusik

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Tenorgeige von Hans Krouchdaler, Oberbalm bei Bern, 1699

Das Thema «Von Fideln und Meistergeigen» lässt sich in der Schweiz bereits mit Exponaten aus dem späten 17. Jahrhundert veranschaulichen. In Oberbalm bei Bern fertigte der Tischler Hans Krouchdaler zwischen 1685 und 1699 Streichinstrumente an, die im Stil der alemannischen Schule aus dem Schwarzwald mit geometrischen und Pflanzenornamente verziert sind. Er gilt als einer der ältesten Geigenbauer nördlich der Alpen. Die Tenorgeige von 1699, ein prächtiges Zeugnis alter Handwerkskunst, dürfte in einem städtischen Collegium musicum gespielt worden sein. Diesem durch Hans-Rudolf Hösli, dem einstigen Leiter der Geigenbauschule, sorgfältig restaurierten Kunstinstrument wird eine vom Spieler selber oder von einem lokalen Schreiner gebastelte verrusste Bauernfidel aus Bellwald (Goms) entgegengestellt. Sie stammt ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert und erinnert an «hergelaufene» Musikanten, die oft verbotenerweise zum Tanz aufspielten.

In- und ausländische Geigenbauer

Das Spannungsfeld zwischen Volks- und Kunstmusik kann auch am Geigenbau des 19. Jahrhunderts beobachtet werden. Aloys Suter (1809–1892) aus Muotathal stellte Geigen für Volksmusiker her, war an der Entwicklung der Glarner Zither beteiligt und wanderte 1879 in der Hoffnung auf ein besseres Leben nach Amerika aus. In Newark bei New York gründete er ein Geschäft für Musikinstrumente, das bis ins frühe 20. Jahrhundert florierte.

Diesem wagemutigen Autodidakten aus dem Kanton Schwyz stehen ausländische Geigenbauer gegenüber, die sich in Schweizer Städten niedergelassen haben. Der experimentierfreudige Ostfranzose François Marie Pupunat (1802–1868) eröffnete in Lausanne ein Atelier, Giuseppe Fiorini (1861–1934) aus Bologna machte in Zürich sein Glück und August Meinel (1868–1961) kam aus Markneukirchen nach Basel. Dem Italiener ist es 1915 gelungen, Zeichnungen, Innenformen und alle Werkzeuge aus dem Nachlass des 1648 verstorbenen Antonio Stradivari zu erwerben und auf diese Weise den Cremoneser Geigenbau in der Schweiz einzuführen. Der Geigenbauer aus dem Vogtland aber brachte die Erfahrungen der Streichinstrumentenmacher aus dem Musikwinkel in die Schweiz und unterstützte zudem die baselländischen Amateur- und Blasorchester als Hornist und Dirigent. Unter den Schweizern, die den Geigenbau im Ausland erlernten, findet sich der Berner Gustav Methfessel (1839–1910), Sohn des Cellisten und Komponisten Adolph Methfessel, der seine Lehre in Regensburg machte. Er etablierte sich 1864 als erster Berner Geigenbauer in seiner Vaterstadt.

Schweizer Kompositionen für Streichinstrumente

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Blick in die Ausstellung mit der Bauernfidel aus Bellwald, 17. Jahrhundert.

Die reichhaltige Ton-Bar vermittelt eine verblüffende Auswahl an Schweizer Kompositionen für Streichinstrumente vom 18. bis ins 20. Jahrhundert und verrät die Musikkenntnisse des gegenwärtigen Leiters der Geigenbauschule, Olivier Krieger, langjähriger Orchestermusiker und Geigenbauer. In 20 Hörbeispielen ist Schweizer Geigenmusik jeder Art abrufbar: volkstümliche Solotänzchen aus Graubünden, alte und neue Appenzeller Streichmusik, ein Sonatensatz des Genfers Gaspard Fritz, Streichquartette von Joachim Raff, Hermann Suter, Fritz Brun, Fritz Voegelin und Roland Moser, Solostücke von Walter Courvoisier, Sätze aus Geigenkonzerten von Othmar Schoeck, Willy Burkhard, Caspar Diethelm und Robert Oboussier, Streichensembles von Frank Martin und Heinz Holliger sowie Cellomusik von Arthur Honegger und Hans Huber.

Die Geigenschule im Safiental

Neben international gefeierten Geigensolisten, die seit über hundert Jahren das Schweizer Konzertpublikum in städtischen Zentren und an alpinen Musikfestivals verzaubern, wird auch die stille Geigenpflege im bündnerischen Safiental (Surselva) präsentiert. Bereits im 19. Jahrhundert wurden die Knaben der Einzelhofsiedlungen durch weitsichtige Lehrer im Geigenbau und Geigenspiel unterrichtet. Eine der erhaltenen Tanzhandschriften ist in Brienz ausgestellt.

Die neue Ausstellung in der Schweizer Geigenbauschule vermittelt viele Impulse. Vielleicht hilft sie auch, den kulturellem Schatz aus dem Safiental zu heben.

Schweizer Geigenbauschule Brienz
Ausstellung «Von Fideln und Meistergeigen»
Öffnungszeiten: MI und FR 14–16 Uhr; Sa 11–15 Uhr
Freier Eintritt


www.geigenbauschule.ch

Luzerner Anerkennung für Marco Liembd

Die Kulturförderungskommission des Kantons Luzern verleiht Marco Liembd den Kulturförderpreis in der Höhe von 15’000 Franken für sein langjähriges Engagement in der Luzerner Musikszene.

Marco Liembd. Foto: zVg

Seine ersten Spuren in der Luzerner Kulturlandschaft hinterliess Marco Liembd laut Mitteilung des Kantons als Sänger der Band «The Unborn Chikken Voices». 2001 wechselte er an das Radiomikrophon, arbeite als Musikchef von Radio 3FACH und später bei «Sounds» auf Radio SRF 3.

Ab 2010 war Liembd Musikchef bei Radio Pilatus und für die Beschallung der Zuhörerinnen und Zuhörer mit nationalem und internationalem Sound verantwortlich. Nach einer zweijährigen Anstellung im Luzerner Mehrspartenhaus Südpol, ist Liembd seit 2016 als Geschäftsführer beim Konzerthaus Schüür tätig.

Die Kulturförderungskommission zeichnet mit dem Kulturförderpreis jährlich Personen aus, die mit ihrem Werk, ihrer Tätigkeit oder auf andere Weise eine besondere Leistung für das kulturelle Leben des Kantons Luzern erbringen.

Grosszügigkeit im Dialog

Das Handbuch über philantropische Beziehungen von Elisa Bortoluzzi Dubach und Chiara Tinonin ist nun auf Deutsch erhältlich.

Dieses Buch, das bislang nur auf Italienisch erhältlich war, illustriert die wichtigsten Instrumente der Suche nach Mäzenen und Philanthropen und bietet nützliche Hinweise, um Aufgaben der Philanthropie zielgerichtet zu lösen. Es zeigt Schritt für Schritt auf, wie die richtigen Mäzene für ein Projekte ausfindig gemacht und die optimalen Rahmenbedingungen geschaffen werden können, um eine Zusammenarbeit mit diesen zu beginnen und positiv zu gestalten.

Großzügigkeit im Dialog wurde für all jene geschrieben, denen Mäzenatentum zugutekommen kann, für Philanthropie-Spezialisten, Kommunikationsfachleute, Marketingexperten, Mitarbeitende von Non-Profit-Organisationen, Kunst- und Kulturschaffende, aber auch Studierende und Menschen, die sich von Natur aus grosszügig für das Gemeinwohl engagieren.

Elisa Bortoluzzi Dubach, Chiara Tinonin: Grosszügigkeit im Dialog, Der Leitfaden für die Zusammenarbeit mit Mäzenen und Philanthropen, 200 Seiten, Fr. 29.00, Haupt, Bern 2022, ISBN 978-3-258-08284-4

Jazzaar Festival Big Band Grammy-nominiert

Die Jazzaar Festival Big Band hat 2019 mit dem Bassisten Ron Carter am Festival Jazzaar in Aarau das Album «Remembering Bob Freedman» aufgenommen. Nun ist sie damit in der Kategorie Best Large Jazz Ensemble Album für einen Grammy nominiert.

Jazzaar Festival Big Band Grammy-nominiert
Foto (Symbolbild): Jens Thekkeveettil/unsplash.com

Die vier weiteren Nominierten sind die SWR Big Band (mit John Beasley und Magnus Lindgren), die WDR Big Band (mit Steve Gadd, Eddie Gomez und Ronnie Cuber) sowie das Generation Gap Jazz Orchestra (mit Steven Feifke, Bijon Watson) und Remy Le Boeuf’s Assembly Of Shadows. Ensembles aus der Schweiz und Deutschland sind damit unter den Nominierungen in der Mehrzahl.

Das Jazzaar Festival wurde von Fritz Renold und Helen Savari in den 1990er-Jahren gegründet. Es bietet musikalisch begabten Jugendlichen aus dem Aargau die Möglichkeit, zusammen mit internationalen Jazz-Koryphäen, insbesondere aus den USA, zu spielen.

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Mehr Kantons-Gelder fürs Lucerne Festival

Die Stiftung Lucerne Festival soll vom Zweckverband Grosse Kulturbetriebe Kanton Luzern einen höheren jährlichen Betriebsbeitrag erhalten. Das Festival will sich «künstlerisch neu ausrichten». Der Kanton will zudem die regionale Kulturförderung generell weiterentwickeln.

Eröffnung Lucerne Festival 2022. Foto: © Priska Ketterer/Lucerne Festival

Der kantonale Betriebsbeitrag ans Lucerne Festival beträgt heute 1,168 Millionen Franken und soll bis 2026 auf 2,298 Millionen Franken erhöht werden. Für die Erhöhung der Subvention durch den Kanton Luzern wird dessen Beitrag an den Zweckverband Grosse Kulturbetriebe ab 2023 schrittweise um 660’000 Franken aufgestockt.

Mit der geplanten künstlerischen Neuausrichtung öffnet sich die Stiftung Lucerne Festival laut der Mitteilung des Kantons gegenüber «Innovationen im internationalen Kulturbereich». Die neuen Formate richteten sich nicht nur im Sommer, sondern auch verteilt über das ganze Jahr an das Publikum.

Die kantonsrätliche Kommission Erziehung, Bildung und Kultur (EBKK) hat zudem die vom Regierungsrat vorgelegte Botschaft zur Neuorganisation der regionalen Kulturförderung behandelt. Die EBKK vermisst, dass die kantonale Strukturförderung von regional bedeutenden Kulturinstitutionen geregelt wird. Sie beantragt mit grosser Mehrheit die Rückweisung der Botschaft und verlangt vom Regierungsrat, die Projekt- und Strukturförderung als Gesamtpaket für die politische Beratung auszuarbeiten.

Mit der beantragten Rückweisung fordert eine Mehrheit der Kommission den Regierungsrat auf, eine kantonale Regelung und Mitfinanzierung der regionalen Strukturförderung gemäss dem Prüfauftrag der Arbeits- und Steuerungsgruppe auszuarbeiten.
 

In Genf werden Träume klingende Realität

Zwei der drei Final-Kompositionen für Vokalensemble am 76. Concours de Genève waren von Träumen inspiriert. Der Südkoreaner Shin Kim erhielt den 1. Preis.

Alle zwei Jahre findet im Rahmen des Concours de Genève, der trotz grosser Konkurrenz nach wie vor grosses internationales Ansehen geniesst, ein Kompositionswettbewerb statt, der die Tradition des 1959 von der Fondation Reine Marie José begründeten Prix International de Composition Musicale weiterführt und von dieser auch finanziell unterstützt wird.

97 Kandidatinnen und Kandidaten zwischen 18 und 39 Jahren aus 37 Ländern haben ihre Werke für die diesjährige Ausgabe eingereicht. Verlangt war ein 15- bis 20-minütiges Werk für ein sechsköpfiges Vokalensemble bestehend aus Bass, Bariton, Tenor, Mezzosopran, Sopran und hohem Sopran, wobei der Mezzosopran durch einen Countertenor hätte ersetzt werden dürfen. Der Einsatz von Elektronik war unter gewissen Bedingungen ebenfalls erlaubt.

Wie immer wurde eine hochkarätige Jury engagiert, die dieses Mal aus dem Jurypräsidenten Beat Furrer sowie Hans Abrahamsen, Unsuk Chin, Stefano Gervasoni und Isabel Mundry bestand. Obwohl die fachliche Kompetenz der Jury über jeden Zweifel erhaben ist, kann man sich fragen, ob tatsächlich alle Strömungen der zeitgenössischen Musik in ihr angemessen vertreten waren. Vom 20. bis am 22. Juni trafen sich die Jurymitglieder in der Fondation Bodmer in Cologny, um aus der riesigen Zahl der eingereichten Werke die drei Finalisten auszuwählen. Ob es möglich sein kann, ohne die Werke gehört zu haben, tatsächlich die eindeutig besten drei auszuwählen, bleibe dahingestellt.

Trotzdem konnte man sich uneingeschränkt auf ein spannendes Finale freuen, da für das Konzert mit den drei Werken vom 26. Oktober mit den Neuen Vocalsolisten aus Stuttgart ein weltweit bekanntes Spitzenensemble für Neue Musik als Interpreten gewonnen werden konnte. Die Finalisten waren der 1995 geborene Ungare Ármin Cservenák mit Madrigali, der gleichaltrige Japaner Yuki Nakahashi mit Settings und der 1994 geborene Shin Kim aus Südkorea mit The Song of Oneiroi, in dem auch Mikrofone zum Einsatz kamen (Elektronik: David Poissonnier).

Vom Spiegel des Selbst bis zur Tour de Force

Madrigali von Ármin Cservenák ist eine viersätzige Komposition auf Texte von Petrarca, Michelangelo und Giacinto Scelsi, die sich zwar auf Renaissance-Madrigale bezieht, ohne aber die Kompositionen der Vergangenheit zu zitieren. Die Musik des ersten und dritten Teils ist expressiv, häufig durch Zäsuren unterbrochen, dynamisch sehr unterschiedlich und nützt den ganzen Tonumfang des Ensembles aus, während die anderen Teile eher flächig mit geschickt eingesetzter Mikrotonalität und geräuschhaften Passagen komponiert sind. Der Komponist schreibt, Madrigali sei ein Werk über Träume und Visionen, Träumen ein Zustand oder Ort, wo sich uns das Unbewusste öffne und uns erlaube, uns besser kennenzulernen, wie ein ehrlicher Spiegel.

Für sein differenziertes Werk, das in gewissen Passagen an Vorbilder wie Salvatore Sciarrino erinnert, erhielt Ármin Cservenák, der in Graz bei Beat Furrer studiert, den 3. Preis sowie den Publikumspreis.

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Die drei Gewinner: V.l.: Shin Kim, Yuki Nakahashi, und Ármin Cservenák
Fotos: Anne-Laure Lechat

 

Settings von Yuki Nakahashi, in manchen Passagen stilistisch gar nicht so weit vom ersten Werk des Abends entfernt, ist insgesamt ein ziemlich introvertiertes Stück in acht Teilen. Der Komponist verwendet Texte, Strukturen und Kompositionstechniken aus Kantaten von Johann Sebastian Bach, die durch geräuschhafte Abschnitte kontrastiert und überlagert werden. Viele biblische Tiere bevölkern die Partitur, so ist etwa fast naiv das Blöken des verlassenen Schafes zu hören. Dass Yuki Nakahashi, der in Japan und in Paris, unter anderem bei Stefano Gervasoni, studiert hat, auch den Choral Es ist genug! zitiert, ist nach der erschütternden Wirkung, die dieses Zitat in Alban Bergs Violinkonzert auslöst, nicht mehr sonderlich originell. Die Jury erkannte dem japanischen Komponisten den 2. Preis zu, ausserdem erhielt er nicht weniger als drei Spezialpreise.

The Song of Oneiroi vertont keinen Text, sondern basiert auf den unterschiedlichen Klangfarben von Silben verschiedener Sprachen. In der griechischen Mythologie wurde die Verkörperung der Träume «Oneiroi» genannt. Shin Kim ist ein selbstbewusster junger Komponist, der sehr geschickt alle Ingredienzen für ein erfolgreiches Stück einzusetzen weiss. Sein Werk, eine wahre Tour de Force, war eindeutig das effektvollste des Konzerts, durch den Einsatz von Mikrofonen, durch Klatschen, Stampfen und Bodypercussion auch klanglich am vielseitigsten. Der Komponist kennt sich offensichtlich in der zeitgenössischen Vokaltechnik aus und schreckt auch nicht vor dynamischen Extremen zurück. Kim, der nach Studien in Seoul und Wien jetzt bei Rubens Askenar an der Royal Academy of Music in London studiert, erhielt für sein attraktives Werk den 1. Preis, der mit 15 000 Franken dotiert ist.

Die drei Komponisten und das hervorragende Solistenensemble aus Stuttgart wurden vom zahlreichen Publikum in der prachtvollen Salle Franz Liszt des Genfer Conservatoire begeistert gefeiert.

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