Aktions- und Warnstreiktag der deutschen Orchester

Rund 100 deutsche Staats- und Kommunalorchester treten heute (30. September) zeitgleich und bundesweit in den Ausstand. Sie protestieren gegen die seit 2010 bestehende Verweigerung tariflicher Lohnerhöhungen.

Aktions- und Warnstreiktag in Erfurt. Bild: DOV

Nachdem das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, dass die Staats- und Kommunalorchester keinen einklagbaren Rechtsanspruch mehr auf die Lohnerhöhungen des öffentlichen Dienstes haben (die Schweizer Musikzeitung berichtete), verschärft sich der Ton zwischen den Sozialpartnern.

Die Orchester fordern laut einer Medienmitteilung der Deutschen Orchestervereinigung (DOV) «gleichzeitig den Erhalt der weltweit einzigartigen deutschen Orchesterkultur». Das sei die grösste derartige Protestaktion seit den 1950er Jahren in Deutschland, an der unter anderem auch die Berliner Philharmoniker und weitere renommierte Spitzenorchester beteiligt seien.

Am 1. Oktober 2013 beginnen in Berlin Tarifgespräche zwischen der DOV und dem Deutschen Bühnenverein, wie die Lohnabschlüsse des öffentlichen Dienstes rückwirkend seit 2010 auf die Staats- und Kommunalorchester übertragen werden.

 

Erinnern, kreisen …

Die Gattung Oboenquartett hat facettenreichen Zuwachs bekommen.

Xavier Dayer, Foto: George Leintenberger

Es gibt wohl kaum eine Werkgattung, die es mit derart wenigen relevanten Stücken zu klassischer Bedeutung gebracht hat, wie das Oboenquartett. Bis vor 20 Jahren gab es gerade einmal drei wirklich bekannte Werke, nämlich jene von Johann Christian Bach, Wolfgang Amadé Mozart und Benjamin Britten. In den letzten Jahren hat sich die Situation erfreulicherweise verbessert, und dank neuer Kompositionen etwa von Isang Yun, Elliott Carter, Rudolf Kelterborn und Harrison Birtwistle (allesamt auf Heinz Holligers Veranlassung hin komponiert und von ihm uraufgeführt) kann heute vielfältiger programmiert werden.

In die illustre Reihe gelungener Kompositionen reiht sich nun Xavier Dayers „Mémoire, Cercles“ ein. Er bezeichnet sein Werk als Meditation über die Frage, was geschähe, wenn das totale Vergessen jegliche Erinnerung gänzlich unmöglich machte. Mittels einer ausgeklügelten Variationstechnik verändert und verschleiert er einen melodischen Grundgedanken (der nie in seiner Grundgestalt erscheint) und zeichnet in einer rondoartigen Kreisform gleichsam die Gestalt eines menschlichen Gehirns nach. Das klingt zauberhaft, teilweise auch enigmatisch, dabei sehr abwechslungs- und facettenreich und äusserst virtuos. Die rhythmische und dynamische Gestaltung ist durchwegs auf Expressivität hin angelegt und schafft immer wieder interessante Reliefstrukturen, gerade dann, wenn sich die melodischen Linien zwischen den einzelnen Instrumenten verschränken und überkreuzen.

Wer sich der lohnenden Herausforderung stellen möchte, kann sich über eine saubere und wohlüberlegte Edition freuen. Wendestellen, die funktionieren, und grosszügige Stichnoten (häufig auf einem separaten System) helfen dem Verständnis für die Musik und erleichtern eine Einstudierung des gewiss nicht ganz einfachen Werkes.

Image

Xavier Dayer,
Mémoire, Cercles,
für Oboe, Violine, Viola und Violoncello,
MCX87, Fr. 35.00,
Editions Bim, Vuarmarens 2012

 

Hans Freys schrieb virtuose Ländlermusik für Klavier solo. Dabei orientierte er sich unter anderem am Ragtime.

Solostücke für Klavier sind in der klassischen Literatur so wenig Mangelware wie im Jazz, in der Volksmusik aber eine ziemliche Rarität. Als unbestrittener Meister in diesem Fach wurde der Lachener Hans Frey (1913–1973) einst von Nischen-Liebhabern gefeiert und von Radio Beromünster gehätschelt. Selber ohne musikalische Ausbildung und Notenkenntnis, aber ausgestattet mit reichlich Talent und einem absoluten Gehör, hinterliess der Ausserschwyzer Klavierstimmer 43 Tänze für Klavier solo. Zum hundertsten Geburts- und vierzigsten Todesjahr hat der Wollerauer Musikhändler Mathias Knobel nun diese teilweise virtuosen Polken, Ländler, Mazurken, Märsche und Schottischen als vollständige Notensammlung herausgegeben.

Die Ländlermusik hat bekanntlich dem Klavier lediglich eine Nebenrolle als rhythmisches und harmonisches Begleitinstrument zugedacht, mancherorts ist es gar völlig verpönt. Mit einer solchen Sideman-Funktion mochte sich Frey, der offensichtlich auch Ragtime- und Stride-Pianisten zu hören bekam, nicht bescheiden. Schon in seinen Jugendjahren lud er gelegentlich Mitschüler zu «Konzert & Sirup» in den Bären ein, wo er mangels eines eigenen Klaviers auch üben durfte. Bei seiner ersten und einzigen Klavierstunde soll ihn der entnervte Lehrer umgehend weggeschickt haben, weil er ihm alles auf Anhieb nachspielte. Bald holten ihn dafür die Dorfnotablen jeweils aus der Schulstube, um das Wunderkind ihren Gästen vorzuführen.

Fredy Reichmuth, Knobels langjähriger Mitstreiter an Akkordeon und Klavier, hat die Noten ab Freys eigenen Einspielungen minutiös und in den Originaltonarten transkribiert. Dessen Faible für die schwarzen Tasten widerspiegeln schon die zwei ersten Nummern in Des-Dur. Während die linke Hand in Vierteln zwischen Oktavbässen und dreistimmigen Akkorden turnen kann, darf sich die Rechte an Achtelläufen in Terzen oder Sexten delektieren. Das ist also nicht gerade Literatur für Anfänger, schon gar nicht, wenn Frey sich auch mal eine Septole leistet, um einen chromatischen Durchgang zwischen zwei Taktstrichen unterzubringen.

Der schöne Notenband, der auch eine kompakte Biografie mit Fotos enthält, liegt für Amateur-Ländlerpianisten technisch wohl ausser Reichweite. Umso mehr bietet er sich für neugierige Outsider an, die ihre allfälligen Vorurteile betreffend «einfach gestrickter» Ländlermusik überprüfen möchten. Die 43 Tänze dürften vorab Pianisten ansprechen, die eine einheimisch-bodenständige Ergänzung zu Chopin-Walzern oder Fats Waller suchen. Da das Gros des Ländler-Repertoires lediglich in vereinfachter Notation (Melodie, eventuell zweite Stimme und Akkord-Chiffrierung) verfügbar ist, könnten die detailliert ausnotierten Frey-Noten aber auch als Studienobjekte für Analyse und stilgerechtes Arrangement interessieren. Ergänzend dazu – sprechend hinsichtlich Phrasierung, Dynamik oder Verzierungspraxis – liegen Freys Einspielungen auf zwei CDs vor: Erinnerungen an Hans Frey, Vol. 1 + 2

Image

Notenband Hans Frey (1913–1973)
Pianist und Komponist der Schweizer Volksmusik
Transkription: Fredy Reichmuth / Herausgeber: Mathias Knobel
Sämtliche 43 Kompositionen in Originalfassung,
Format A4, 136 Seiten, Umschlag kartoniert, Fr. 56.00

Musikhaus Knobel, Wollerau 2013

An Satie erinnernd

Rico Gubler versammelt in VIT avancierte, witzige Stücke für Altsaxofon und Klavier – mit jeweils vorausgehenden Texten.

Foto: Ryan LeBaron – Fotolia.com

VIT sind «Very Important Things», die aus unserem täglichen Leben nicht mehr wegzudenken sind, wie die Pinzette, das Rotauge oder die Hafenbehörde. Sie alle erhalten hier ein liebevolles augenzwinkerndes Porträt in einer avancierten, aber hörenderweise nicht allzu schwer nachzuvollziehenden Musiksprache. Die sieben kurzen Stücke für Saxofon und Klavier sind einerseits dem Saxofonisten Jean-Michel Goury, andererseits Erik Satie gewidmet. Neben Titeln wie Gymnastics, der allenfalls auf die Gymnopédies verweist, oder dem Nachruf auf den Dodo als eventuelle Parallele zu den Embryons desséchés ist es vor allem der Umstand, dass jedem Stück ein beschreibender, nüchterner Text vorangeht, der in seiner Distanz zum darauffolgenden musikalisch-poetischen Ereignis an Satie erinnert.

Jedes der sieben Stücke hat eine klare Form, ist aus einem einfachen Grundmaterial hergeleitet und fantasievoll verarbeitet. Ein oft wiederkehrendes Motiv ist der Umgang mit Störungen. Unisono-Partien werden plötzlich durchbrochen, weil entweder der Saxofonist einem Ton nachsinnt oder der Pianist seine Virtuosität belegen will. Oder der Saxofonist experimentiert im Unisono mit mikrotonalen Veränderungen, was den dazu nicht fähigen Pianisten wahnsinnig machen muss. Dafür hat der Saxofonist dann wieder die gemeine Spielanweisung «rein intonieren» zu beachten, die dem Pianisten höchstens ein müdes Lächeln abverlangt. Ein weiteres oft wiederkehrendes Motiv sind Spiegelungen, sei es innerhalb der Abfolge der Zwölfton-Reihen, sei es im formalen Aufbau. Das lebendige erste Stück (die Giesskanne) ist z. B. perfekt symmetrisch gebaut.

Die Stücke lassen sich als Suite spielen, aber auch einzeln zwischen andere Werke einschieben. Der Witz, die Prägnanz und die lockere Verbindung untereinander machen es möglich.

Image

Rico Gubler, VIT Very important things, für Altsaxofon und Klavier, FH 3446, € 17.80, Friedrich Hofmeister, Leipzig 2012

Baglama studieren in Berlin

Nach Abschluss des 2. Internationalen Baglama-Symposiums fanden zwischen der Fakultät Musik der UdK Berlin sowie des Staatlichen Konservatoriums für Türkische Musik in Istanbul Gespräche statt: Die Baglama soll in den Fächerkanon der UdK Berlin aufgenommen werden.

Foto: WikiCommons

Am 15. September 2013 endete an der Universität der Künste Berlin das erste internationale Baglama-Symposium Deutschlands, das vom Landesmusikrat Berlin veranstaltet wurde. In Folge des Symposiums, das sich intensiv mit der Theorie und Geschichte des Instrumentes auseinandersetzte, fanden Gespräche zwischen der Fakultät Musik an der UdK Berlin und dem Direktor des Staatlichen Konservatoriums für Türkische Musik Istanbul, Cihangir Terzi, statt, in denen über mögliche Kooperationen zwischen beiden Hochschulen beraten wurde.

Wie die Udk Berlin mitteilte, soll die Baglama in den Fächerkanon der Universität der Künste Berlin aufgenommen werden. Ziel sei, vermehrt auch Menschen mit Migrationshintergrund für ein Lehramtsstudium im Fach Musik zu interessieren und durch die Integration dieses traditionsreichen Instruments in den Unterricht vor allem der Grundschulen einen wesentlichen Beitrag zur Integration von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund zu leisten.

Die Baglama nehme – ähnlich wie die Gitarre in Deutschland – im gesellschaftlichen Leben der türkischstämmigen Migrantinnen und Migranten wie auch in der Türkei selbst einen hohen Stellenwert ein. Sie entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einem Instrument mit immer virtuoseren Spieltechniken und hohem künstlerischen Anspruch. Mittlerweile sei die Baglama auch aus der kommerziell erfolgreichen Musik nicht mehr wegzudenken und habe sich – gerade durch ihren Einsatz in der Pop-Musik – im Alltag der Jugendlichen, unabhängig von ihrem kulturellen Hintergrund, einen festen Stellenwert erobert.
 

Ein lange unter Verschluss gehaltenes Kapitel der Familiengeschichte sorgfältig aufgearbeitet.

Dass Richard Wagners weitläufige Familie auch einen Zweig in der Schweiz hat, verwundert nicht. Dass dies aber bis vor einiger Zeit selbst den engeren Familienangehörigen unbekannt war, schon eher. Wie es dazu kommen konnte, und was es mit den Schweizer Wagner-Nachkommen auf sich hat, das decken Verena Naegele und Sibylle Ehrismann in ihrer neuen Monografie auf. Die Beidlers. Im Schatten des Wagner-Clans ist mehr als nur Begleitband zur Ausstellung, welche die beiden Musikpublizistinnen zu diesem Thema konzipierten und im Sommer 2013 im Stadtarchiv Zürich zeigten. Es ist eine eigenständige Aufarbeitung der komplexen Vorgänge, die zum Bruch zwischen den Familien Beidler und Wagner führten – und liest sich zeitweise spannend wie ein Krimi, den man nur ungern aus der Hand legt.

In einer raffinierten Ouvertüre setzen die Autorinnen mit dem brisanten Vaterschaftsprozess ein und werten hier erstmals unbekannte Quellen aus: Isolde, erstgeborene Tochter Richard Wagners, verheiratet mit dem Schweizer Dirigenten Franz Beidler, kämpfte um ihr Recht, den Namen Wagner tragen zu dürfen. Da sie (wie auch ihre Geschwister Eva und Siegfried) jedoch zu einem Zeitpunkt geboren wurde, an dem ihre Mutter Cosima noch mit Hans von Bülow verheiratet war, war sie juristisch betrachtet eine geborene von Bülow. Welche Folgen der verlorene Prozess für die Familie Beidler, namentlich für den ersten Wagner-Enkel Franz Wilhelm Beidler hatte, das zeichnen die Autorinnen detailliert, aber nicht detailverliebt nach. In sachlichem, ihrem Gegenstand aber zugewandten Ton wird ein weiter Bogen gespannt von Luzern über Bayreuth und das Berlin der Zwanzigerjahre bis nach Zürich, wo Franz Wilhelm Beidler als Sekretär des Schweizerischen Schriftstellerverbandes das kulturelle Leben der Schweiz über viele Jahre mitprägte.

«Beidler – der Name war uns unbekannt», lässt Nike Wagner im Vorwort dieses genau recherchierten Bandes verlauten, der nun eine Lücke in der Wagner-Genealogie schliesst.

Image

Verena Naegele und Sibylle Ehrismann,
Die Beidlers. Im Schatten des Wagner-Clans,
336 S., Fr 38.00,
Rüffer & Rub, Zürich 2013,

ISBN 978-3-907625-66-8

 

Erstmals erscheint ein Streichquartett des Schweizer Romantikers Friedrich Theodor Fröhlich im Druck.

Während der im selben Jahr gestorbene Schicksalsgenosse Norbert Burgmüller (1810-1836) seit 2002 in den Denkmälern rheinischer Musik mit einer Gesamtausgabe seiner vier Streichquartette gut aufgehoben ist, hat es der Aargauer Friedrich Theodor Fröhlich (1803-1836) diesbezüglich immer noch schwer. Von den fünf Gattungsbeiträgen, die zu seinen instrumentalen Hauptwerken zählen, liegt einzig das 1827/28 in Berlin entstandene Quartett E-Dur gedruckt vor. Nach dem Autograf herausgegeben und mit einem Vorwort versehen wurde es von Carola Gloor, einer Brugger Musikstudentin und Violoncellistin. Ihre Fröhlich gewidmete Maturaarbeit brachte ihr mit dem Prädikat «hervorragend» den Sonderpreis Schweizer Jugend forscht: Kultur des 47.Nationalen Wettbewerbs ein, nachdem sie den Text mit dem Streichquartett-Experten Antonio Baldassare überarbeitet hatte.

Der in nur 280 Exemplaren veröffentlichte Erstdruck (Partitur und Stimmen) basiert auf Carola Gloors Transkription von Fröhlichs Handschrift mittels des Notenschreibprogramms Sibelius. In der bekannten Stichqualität des vom Bratschisten Bernhard Päuler geleiteten Amadeus Verlags erschienen, stellt das viersätzige Werk eine wesentliche Bereicherung des frühromantischen Quartettrepertoires dar.

Hätte Fröhlich dieses Werk seinen Berliner Lehrern Karl Friedrich Zelter und Bernhard Klein vorgelegt, wären sie mit den vielen Eigenwilligkeiten wohl kaum einverstanden gewesen. Sie erhöhen aber den Reiz der formal und klanglich unkonventionellen Komposition beträchtlich. Obschon er keine Durchführung enthält, entspricht der Kopfsatz der Sonatenform. Im Adagio erschweren komplizierte Rhythmen und unterschiedlich phrasierte Sextolen das Zusammenspiel. Das besonders einfallsreiche, in freier Rondoform geschriebene Finale zitiert über weite Strecken aus dem Kopfsatz und überrascht mit rezitativartigen Einschüben und einem wirkungsvollen Fugato.

Der Herausgeberin und ihrem wissenschaftlichen Berater entging es offenbar, dass das sanft wiegende Hauptthema des Kopfsatzes im Sechsachteltakt keine Erfindung Fröhlichs ist. Es entstammt der 1826 erstveröffentlichten Klaviersonate E-Dur op.6 von Felix Mendelssohn Bartholdy. Derselbe Komponist, den Fröhlich in Berlin mehr schätzte als erfolgreich kontaktierte, hat auch im Scherzo seine Spuren hinterlassen. Die Kombination von langen Sechzehntelketten mit Staccato- Begleitachteln in tiefer Lage findet sich bereits in dessen 1826 gedrucktem Capriccio fis-Moll op.5 für Klavier.

Was lange als Fröhlichs Missa I galt, erwies sich eines Tages als nur gering veränderte Abschrift einer Messe von Johann Gottlieb Naumann (1741-1801). Einmal mehr fällt Fröhlich als fröhlicher Plagiator auf, was jedoch bezüglich des kurzen Hauptthemas des Streichquartetts den Wert des Werkganzen keineswegs zu vermindern vermag.

Image

Friedrich Theodor Fröhlich,
Streichquartett E-Dur,
hg. von Carola Gloor,
BP 1842, Fr.68.00,
Amadeus Verlag, Winterthur 2012

Verwickelte Entstehungsgeschichte

Die Glagolitische Messe, ein grosses Stück Kirchenmusik in zwei Partituren und einem Klavierauszug.

Janáčeks Unterschrift, wikimedia commons

Janáčeks Glagolitische Messe für Soli, Chor und Orchester hat einen komplexe Entstehungsgeschichte. Zwischen der Fassung vor der ersten Aufführung im Jahre 1927 und der endgültigen Druckvorlage bestehen grosse Unterschiede. Jirí Zahrádka, der Herausgeber dieser Neuausgabe, löste das Problem, indem er auch zwei Partituren vorlegte (die Fassung «September 1927» als BA 6863; und die Fassung letzter Hand als BA 6862). Die spätere wurde als die für Aufführungen gültige Fassung berücksichtigt. Sie ist instrumental reicher, in der Einstudierung einfacher und an einigen, wichtigen Passagen gerafft.

Der hier vorliegende Klavierauszug folgt dieser späteren Fassung. Der kirchenslawische Text wurde von dem Slawisten Radoslav Vecerka eingerichtet; das Aufführungsmaterial ist im Bärenreiterverlag leihweise erhältlich.

Image

Leoš Janáček,
Mša glagolskaja,
Klavierauszug nach der Kritischen Gesamtausgabe,
bearb. von Martin Zehn,
BA 6862-90, € 34.95,
Bärenreiter, Kassel 2012

Überaus hellhörig interpretieren die Schwestern Huh Klaviertrios von Haydn und Schostakowitsch.

Klaviertrio Es-Dur Nr. 29,Klaviertrio Nr. 1,Klaviertrio Nr. 2

Unterschätzte unter sich: Joseph Haydn und Dmitrij Schostakowitsch teilen nicht nur das Schicksal, im Schatten anderer gestanden zu haben, sondern offenbaren auch erstaunliche Gemeinsamkeiten. Ihre Klarheit ist frappierend. Dazu kommt ein Sinn für Humor, der im Falle Schostakowitschs schon mal umschlagen kann in bitterbösen Sarkasmus. In seinem Frühwerk, dem 1923 entstandenen Klaviertrio Nummer 1 in c-Moll kommt das noch nicht so stark zum Ausdruck. Umso drastischer aber im zweiten Klaviertrio Opus 67 von 1944. In dessen letztem Satz frönt Schostakowitsch jener bohrenden Beharrlichkeit, für die er berühmt (und berüchtigt) wurde.

Dem Huh-Trio entgeht nichts. Energisch – «Tonschönheit ist Nebensache» – nehmen sie solch rhythmisch stampfenden Passagen auf. Fein ziseliert formulieren sie auf der anderen Seite das Vokabular Joseph Haydns in dessen Es-Dur Trio Nummer 29 von 1784. Viele wissen mit Haydns Kammermusik nicht viel anzufangen, überreizen das variationsreiche Spiel mit Tempi und Klangfarben. Ganz anders bei den Huhs: Mit dem ersten kräftigen Akkord nimmt alles seinen selbstverständlichen, zugleich sehr flexiblen Lauf. Selten hat man so ein feines Attacca gehört wie beim Übergang vom Andantino zum Finale.

Übergänge kultureller Art prägen die Biografien der der Schwestern Huh. Sie sind in Korea geboren und spielen im dortigen Kulturleben eine wichtige Rolle, konzertieren aber auch oft in Europa. Die Cellistin Yun-Jung und die Geigerin Hee-Jung unterrichten in Seoul, die Pianistin Seung-Yeun dagegen ist Dozentin an der Zürcher Hochschule der Künste und Schulleiterin der Musikschule Konservatorium Zürich City.

Übergänge anderer Art interessieren den Tonmeister der CD, Jan Zácek. Auch weil er den Weg von den Instrumenten auf die Festplatte so kongenial gestaltete verdient die Einspielung höchstes Lob. Einfach eine grandiose Hörfreude!

 

About JW Player 6.0.2813…

    00:00           

00:00

 00:00 

 

         

 

Fullscreen

 

 

Joseph Haydn
About JW Player 6.0.2813…

    00:00           

00:00

 00:00 

 

         

 

Fullscreen

 

 

Dmitri Schostakowitsch
About JW Player 6.0.2813…

    00:00           

00:00

 00:00 

 

         

 

Fullscreen

 

 

Dmitri Schostakowitsch
Image

Klaviertrios von Joseph Haydn und Dmitri Schostakowitsch. Huh-Trio: Seung-Yeun Huh, Klavier; Hee-Jung Huh, Violine; Yun-Jung Huh, Cello. Acustica Records

Spielfreude und Witz

«Lorie» für B-Trompete und Klavier begeistert mit Anklängen an irische Volksmusik.

Foto: H. D. Volz / pixelio.de

Jean-François Michel (*1957) geniesst als brillanter Trompeter und als Professor für Trompete an der Hochschule für Musik (Lausanne, Fribourg, Sion) in der Schweiz einen sehr guten Ruf. Als Solist tritt der ehemalige Solotrompeter der Münchner Philharmoniker auch auf der internationalen Bühne auf und bietet Meisterkurse an. Ein ebenso zentrales und erfolgreiches Betätigungsfeld Michels ist das Komponieren von Kammermusikstücken in verschiedenen Stilen und Schwierigkeitsgraden.

Lorie ist eine leichte, in drei kurzen Sätzen angelegte modale Komposition mit starken Bezügen zur mitreissenden Volksmusik Irlands mit keltischen Wurzeln. Der erste Satz ist eine Jig mit einer vitalen dorischen Melodie, die zum Teil von perkussiven Elementen begleitet wird (Rhythmen sind auf das Holz des Klaviers und auf den Mundstückrand zu schlagen), was an das rhythmische Klopfen der Schuhe der Tänzer bei einem Irish Reel erinnert. Der langsame Mittelsatz wird von einer einfachen Melodie in Dur geprägt und bietet mit seinem Legatocharakter einen Gegensatz zu den beiden Ecksätzen. Auch der Schlusssatz ist – wie ein fiddle tune – mit punktierten Rhythmen und einer mixolydischen Melodie mit Ausweichungen nach Dur und Moll, voller Energie, Spielfreude und Witz.

Das rund fünf Minuten dauernde Stück würde sich sehr gut als Wettbewerbsstück der Mittelstufe eignen.

Image

Jean-François Michel,
Lorie,
für B-Trompete und Klavier,
(=Swiss Composers Series),
TP332, Fr. 20.00,
Edition Bim, Vuarmarens 2011

Überaus hellhörig interpretieren die Schwestern Huh Klaviertrios von Haydn und Schostakowitsch.

Klaviertrio Es-Dur Nr. 29,Klaviertrio Nr. 1,Klaviertrio Nr. 2

Unterschätzte unter sich: Joseph Haydn und Dmitrij Schostakowitsch teilen nicht nur das Schicksal, im Schatten anderer gestanden zu haben, sondern offenbaren auch erstaunliche Gemeinsamkeiten. Ihre Klarheit ist frappierend. Dazu kommt ein Sinn für Humor, der im Falle Schostakowitschs schon mal umschlagen kann in bitterbösen Sarkasmus. In seinem Frühwerk, dem 1923 entstandenen Klaviertrio Nummer 1 in c-Moll kommt das noch nicht so stark zum Ausdruck. Umso drastischer aber im zweiten Klaviertrio Opus 67 von 1944. In dessen letztem Satz frönt Schostakowitsch jener bohrenden Beharrlichkeit, für die er berühmt (und berüchtigt) wurde.

Dem Huh-Trio entgeht nichts. Energisch – «Tonschönheit ist Nebensache» – nehmen sie solch rhythmisch stampfenden Passagen auf. Fein ziseliert formulieren sie auf der anderen Seite das Vokabular Joseph Haydns in dessen Es-Dur Trio Nummer 29 von 1784. Viele wissen mit Haydns Kammermusik nicht viel anzufangen, überreizen das variationsreiche Spiel mit Tempi und Klangfarben. Ganz anders bei den Huhs: Mit dem ersten kräftigen Akkord nimmt alles seinen selbstverständlichen, zugleich sehr flexiblen Lauf. Selten hat man so ein feines Attacca gehört wie beim Übergang vom Andantino zum Finale.

Übergänge kultureller Art prägen die Biografien der der Schwestern Huh. Sie sind in Korea geboren und spielen im dortigen Kulturleben eine wichtige Rolle, konzertieren aber auch oft in Europa. Die Cellistin Yun-Jung und die Geigerin Hee-Jung unterrichten in Seoul, die Pianistin Seung-Yeun dagegen ist Dozentin an der Zürcher Hochschule der Künste und Schulleiterin der Musikschule Konservatorium Zürich City.

Übergänge anderer Art interessieren den Tonmeister der CD, Jan Zácek. Auch weil er den Weg von den Instrumenten auf die Festplatte so kongenial gestaltete verdient die Einspielung höchstes Lob. Einfach eine grandiose Hörfreude!

 

About JW Player 6.0.2813…

    00:00           

00:00

 00:00 

 

         

 

Fullscreen

 

 

Joseph Haydn
About JW Player 6.0.2813…

    00:00           

00:00

 00:00 

 

         

 

Fullscreen

 

 

Dmitri Schostakowitsch
About JW Player 6.0.2813…

    00:00           

00:00

 00:00 

 

         

 

Fullscreen

 

 

Dmitri Schostakowitsch
Image

Klaviertrios von Joseph Haydn und Dmitri Schostakowitsch. Huh-Trio: Seung-Yeun Huh, Klavier; Hee-Jung Huh, Violine; Yun-Jung Huh, Cello. Acustica Records

Schallpattenkritik zeichnet La Scintilla und Bartoli aus

Die Produktion von Vincenzo Bellinis Norma der Mezzosopranistin Cecilia Bartoli und dem Orchestra La Scintilla unter der Leitung von Giovanni Antonini (Decca) hat einen Jahrespreis der deutschen Schallpattenkritik zugesprochen erhalten.

Foto: Nikolaus Gatter

Es gebe die traditionelle Linie der Norma-Lesarten, mit Maria Callas, Joan Sutherland oder Edita Gruberova. Und es gebe Cecilia Bartoli, schreibt die Jury der Deutschen Schallplattenkritik.

Bartoli habe der Norma die Belcanto-Partie des ursprünglich gemeinten Fachs des Mezzosoprans zurückgegeben. Sie tue dies mit der ihr eigenen Kunst des Singens: ein Singen «quasi mit geballten Fäustchen, voll knallender Koloraturen, explosionshafter Fiorituren und unter gekonnter Überwindung jener leicht ältlichen Grandezza, wie sie uns, nicht zuletzt wegen der herkömmlichen Orchester, aus vielen Aufnahmen dieses Werkes entgegenweht».

Unter den diesjährigen Preisträgern finden sich überdies unter anderem Solo-Motetten von Antonio Vivaldi mit Julia Lezhneva und Il Giardino Armonico (Decca), Scarlattis Dove è amore è gelosia mit dem Hoforchester Schwarzenberg (Naxos) und eine Anniversary Edition mit Einspielungen von Alfred Cortot (EMI)

Der Preis der deutschen Schallplattenkritik wurde in seiner jetzigen Form im Jahr 1980 von einer Gruppe von Schallplattenkritikern gegründet, die sich im Dezember 1988 zu einem unabhängigen eingetragenen Verein zusammenschlossen; er knüpft an die Tradition des gleichnamigen ersten deutschen Schallplattenpreises an, der im Jahre 1963 von dem Bielefelder Verleger Richard Kaselowsky gestiftet wurde.
 

Suisa und Youtube einigen sich auf Lizenzvertrag

Suisa und Youtube haben sich auf einen Lizenzvertrag geeinigt. Dank dem Vertrag erhalten die von der Suisa vertretenen Rechteinhaber eine Vergütung für die Nutzung ihrer Musikwerke auf Youtube in der Schweiz. Gleichzeitig ist das Repertoire der Schweizer Urheber auf Youtube in einer Vielzahl von Ländern lizenziert.

Foto: Laurentiu Iordache – Fotolia.com

Der Vertrag tritt per 1. September 2013 in Kraft. Die Abkommen ermöglichen den Schweizer Komponisten und Textautoren, auch Erlöse für die Werknutzung auf Youtube im Ausland zu erhalten.

Neben dem Vertrag mit der Suisa hat Youtube weltweit Vereinbarungen mit über 40 weiteren Verwertungsgesellschaften abgeschlossen. Dazu gehören zum Beispiel PRS for Music in Großbritannien, Sacem in Frankreich, SGAE in Spanien, SIAE in Italien, Buma Stemra in den Niederlanden und und seit Kurzem AKM/austro Mechana in Österreich.

Das deutsche Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass es keinen Rechtsanspruch darauf gibt, die Vergütungen von Orchestermusikern analog zum öffentlichen Dienst anzupassen – trotz bisherigen Usanzen.

Die Deutsche Orchestervereinigung e.V. (DOV) konnte sich damit gegenüber dem Arbeitgeberverband Deutscher Bühnenverein (DBV) in letzter Instanz nicht durchsetzen.

Bereits seit 2010 hatte sich der DBV geweigert, die seit Jahrzehnten geltende tarifliche Regelung zur Übertragung von Lohnprozenten auf die Staats- und Kommunalorchester weiter umzusetzen. Dadurch liegen die tariflichen Orchestervergütungen aktuell rund 8 Prozent unter denen der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes.

DOV-Geschäftsführer Gerald Mertens bedauert die Entscheidung des BAG und «fordert den Deutschen Bühnenverein nun auf, unverzüglich durch Tarifvertrag endlich neue Lohntabellen für die Staats- und Kommunalorchester abzuschliessen, die alle prozentualen Erhöhungen von Ländern und Kommunen seit 2010 nachholen».

Leider drohten jetzt womöglich jährlich massive Tarifkonflikte, schreibt der DOV in einer offiziellen Mitteilung weiter. .

Roger Bischofberger tritt als Direktor der Schule für Gestaltung Basel auf Ende Oktober zurück. Er habe sich zu diesem Schritt entschlossen, weil in den letzten Monaten die Zusammenarbeit innerhalb der Schulleitungsgremien sehr belastet gewesen sei, schreibt der Kanton Basel-Stadt.

Trotz grosser Anstrengungen habe sich innerhalb der Leitungsgremien ein tragfähiges Vertrauensverhältnis nicht wiederherstellen lassen, schreibt er Kanton weiter. Roger Bischofberger beurteilt die Zusammenarbeit als so belastet, dass er keine Möglichkeit sieht, die anstehenden Entwicklungsaufgaben erfolgreich zu bewältigen.

Die Leitungsgremien der SfG haben beschlossen, in dieser Sache Stillschweigen zu bewahren.

Roger Bischofberger, 55 Jahre alt, trat die Direktion als Nachfolger von Dorothea Flury im August 2011 an. Vorher war er als Gymnasiallehrer für Bildnerisches Gestalten tätig. Während seiner Direktion ist es gelungen, bestehende Ausbildungsgänge zu differenzieren und die Entwicklung neuer Angebote in Gang zu setzen.

Die Stelle einer Direktorin oder eines Direktors der Schule wird ausgeschrieben. Ursula Gysin, stellvertretende Direktorin, und Christoph Reber, Leiter der Verwaltung, übernehmen die Co-Leitung bis zum Stellenantritt der Nachfolgerin oder des Nachfolgers von Roger Bischofberger. Sie werden in der Interimszeit von Hans Georg Signer, Leiter Bildung, unterstützt.
 

get_footer();