Schweizer Jazz-Archiv geht nach Deutschland

Die bedeutende Jazz-Sammlung des St. Gallers Kurt Müller geht nach Deutschland: Das Archiv der Eisenacher Lippmann + Rau-Stiftung übernimmt seine einzigartige Kollektion, in der sich auch Dokumente Benny Goodmans, unter anderem seine Klarinette, finden.

Benny Goodman ca. 1946. Foto: Gottlieb Jazz Photos, Library of Congress (20.789), flickr commons

Müller gehörte zu den Swing- und Jazzfreunden aus der Schweizer Szene der 40er und 50er Jahre. Er war lange Zeit eng mit dem amerikanischen Jazzmusiker Benny Goodman befreundet. Nach dessen Tod erhielt Müller zahlreiche persönliche Unterlagen und Gegenstände des Musikers.

Kurt Müller, der vor wenigen Wochen im Alter von 92 verstarb, hatte verfügt, dass seine Sammlung einen Platz im Archiv der Lippmann + Rau-Stiftung und damit in der Nähe des Bachhauses erhalten soll. Der Grund: Eine der populärsten Goodman-Aufnahmen heisst «Bach goes to town!».

Die symbolische Übergabe am 21. März übernimmt – stellvertretend für die Familienstiftung Müller – Kurt Müller jr.. Teilnehmen wird ausserdem der Bandleader Pepe Lienhard, der zu den Vorstandsmitgliedern der Familienstiftung gehört. Der Schweizer Honorarkonsul Guy Montavon sowie Eva Demski und Siegfried Schmidt-Joos (sowie die Kuratoriumsmitglieder der Lippmann + Rau + Stiftung) werden ebenfalls im Bachhaus dabei sein.
 

Erste Summer School der Musikwissenschaft

Die Abteilung Musikwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und die Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Mainz, laden Studierende im August zur Summer School ein. Zum Thema gemacht werden musikalische Gesamtausgaben.

Hauptportal der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Foto: Thomas Hartmann,SMPV

Mitarbeiter der Gluck- und Hindemith-Gesamtausgaben sowie von Opera – Spektrum des europäischen Musiktheaters in Einzeleditionen werden jeweils einen grösseren Block der Lehrveranstaltungen leiten. In der praktischen Arbeit wird die Anwendung philologischer Kenntnisse und Techniken vermittelt.

Ein weiterer Block, der vom Mainzer Forschungsschwerpunkt zur Schauspielmusik getragen wird, geht der Frage nach, inwieweit sich Philologie auch mit Phänomenen der Performanz und der konkreten Aufführungssituation zu befassen hat.

Die einwöchige Veranstaltung findet vom 11. bis 16. August auf dem Mainzer Campus und in den Räumen der Mainzer Akademie statt und wird nach dem European Credit Transfer System (ECTS) bestätigt und bewertet. Sie richtet sich an Studierende der Musikwissenschaft im In- und Ausland.
 

Zweite Heidelberg Music Conference

An der zweiten Heidelberg Music Conference, die sich unter dem Titel «Neues schaffen statt Copy & Paste» mit «Innovation als Teil einer ganzheitlichen Strategie kultureller Einrichtungen» beschäftigt, ist die Schweiz prominent vertreten.

Foto: heidelberg music conference 2013

Zu den Teilnehmern gehören die Intendanten grosser Festivals und Konzerthäuser aus Deutschland, Österreich und der Schweiz — mit von der Partie sind Martin Engström (Verbier Festival), Michael Häfliger (Lucerne Festival) und Ilona Schmiel (Tonhalle Zürich) —  sowie weitere Experten. Jedes Panel wird eingeleitet durch eine Keynote von Musikjournalisten überregionaler deutscher Tageszeitungen, unter anderem vom NZZ-Kritiker Peter Hagmann.

Begleitend führt die Markforschungsgesellschaft GIM eine explorative Trendstudie zum Thema «Innovation im Kulturbereich» durch, deren erste Auswertungen schon während der Tagung vorgestellt werden.

Die Bloggerin Ulrike Schmid begleitet während der gesamten Tagung das Geschehen live per Twitter (#hdmc), darüber hinaus werden alle Panels per Video dokumentiert und einige Tage später online unter www.heidelberger-fruehling.de zu sehen sein.

Kanton und Stadt Luzern mit gemeinsamer Kulturstrategie

Kanton und Stadt Luzern koordinieren ihre Kulturstrategien. Die grossen Kulturbetriebe sollen gemeinsam finanziert werden. Auch Perspektiven für das professionelle und freie Theater, die Festivalförderung sowie die ausserinstitutionelle Kulturförderung sind im Fokus.

Blick vom KKL auf die Stadt Luzern. Foto: Paolo, wikimedia commons

Kanton und Stadt Luzern entwickeln laut der offiziellen Mitteilung zu der heutigen Medienorientierung den Zweckverband Grosse Kulturbetriebe weiter. Neben dem Luzerner Theater, dem Kunstmuseum und dem Luzern Sinfonieorchester (LSO) werden neu das Verkehrshaus der Schweiz, das Lucerne Festival und das Museum Rosengart über den Zweckverband finanziert.

Aufgrund des innerhalb des Zweckverbandes geltenden Finanzierungsschlüssels von 70% Kanton und 30% Stadt stehen der Stadt rund eine Million Franken pro Jahr für die Umsetzung anderer Massnahmen im Rahmen der Kultur Agenda 2020 zur Verfügung.
Zudem leisten Kanton und Stadt Beiträge zur Substanzerhaltung des KKL Luzern für die
nächsten 15 Jahre. Jährlich bezahlt der Kanton 0.5 Millionen Franken an den Unterhalt, die Stadt wie bisher 4,1 Millionen Franken, die ab 2019 an die Teuerung angepasst werden.

Als einmalige Zahlung für die langfristige Werterhaltung leisten Kanton wie Stadt je 2,5 Millionen Franken. Zudem erhält das KKL finanzielle Unterstützung für die Dachsanierung in Form von Bürgschaften von Stadt (4.5 Millionen Franken) und Kanton (9 Millionen Franken).

Der Kanton Luzern will verbesserte Produktionsbedingungen für Kulturschaffende und -veranstalter schaffen sowie ein punktuell international wettbewerbsfähiges Angebot sichern. Er fördert die freie Szene stärker und garantiert die Weiterentwicklung der grossen Kulturbetriebe.

Die Stadt wiederum sorgt für eine breite, vielfältige kulturelle Produktion, die Laien und
Professionelle gleichermassen berücksichtigt. Zuständig für die Einzelförderung ist in erster Linie der FUKA-Fonds, der von der Billettsteuer gespiesen wird.

Musikrat verleiht Musik-Gordi an Kretschmann

Der Deutsche Musikrat verleiht heute im Rahmen der Frankfurter Musikmesse einen «Musik-Gordi» an den Baden-Württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, weil dieser sich gegenüber Protesten zur geplanten Fusion der SWR-Klangkörper immun zeige.

Foto: © Deutscher Musikrat e.V.

Nationale und internationale Proteste würden in den Gängen des Staatsministeriums verhallen, erklärt dazu Martin Maria Krüger, der Präsident des Deutschen Musikrates. Die Art und Weise der Kommunikation sei dabei «schlicht schlechter Stil» und setze sich «über die breite Front des Engagements von Künstlern und Kultureinrichtungen sowie die Vielfalt der Argumente ohne eine inhaltliche Auseinandersetzung von Seiten des Ministerpräsidenten hinweg».

Der «Musik-Gordi» wurde von dem Magazin Musikforum gemeinsam mit der neuen musikzeitung ins Leben gerufen. Die Verleihung findet am Donnerstag, 13. März 2014 um 14.30 Uhr in Halle 3.1, Stand D41 der Musikmesse Frankfurt statt. Der Preis selbst hat die Form einer verknoteten Blockflöte und wurde im vergangenen Jahr erstmals an Harald Augter, Rundfunkratsvorsitzender des SWR, vergeben.
 

Schwierige Zeiten für Instrumentenhändler

Die deutsche Musikinstrumenten- und -equipmentbranche hat im 2013 einen Umsatzrückgang hinnehmen müssen. Der Konjunkturbericht der SOMM (Society Of Music Merchants e. V.) hat im Vergleich zum Vorjahr ein leichtes Minus von 1,9 Prozent ermittelt.

Foto: Tobias Zeller/pixelio.de

Die Branchenstatistik fiel in der Jahresauswertung im Vergleich zum Vorjahr um 18 Millionen Euro auf 897 Millionen Euro Umsatz zu Endverbraucherpreisen. Zugewinne in Bereichen wie Recording Hardware, Beschallung und Computer-Software haben den Umsatzrückgang nicht kompensieren können.

Stark an Kraft verloren haben die Bereiche Schlagzeug & Percussion, Blasinstrumente, Saiteninstrumente und Tasteninstrumente sowie Mikrofone und Kopfhörer als auch DJ-Equipment.

Verantwortlich für den Einbruch ist mutmasslich die schwache Konjunkturentwicklung innerhalb des deutschen und des gesamteuropäischen Marktes. Zudem drängten immer mehr fachfremde Onlinehändler auf das Parkett, die Musikinstrumente und deren
Zubehör als profitablen Markt für sich entdeckt hätten, schreibt die SOMM.

Famm im A-cappella-Wettbewerb Leipzig

Das reine Frauen-Vokalensemble Famm ist als einzige Schweizer Gruppe an den 8. Internationalen A-cappella-Wettbewerb in Leipzig eingeladen worden. Es tritt gegen Gruppen aus sechs Ländern an.

Foto: famm

Aus zahlreichen Bewerbungen, schreibt der Wettbewerb, hätten die Juroren elf Ensembles ausgewählt, die am 15. und 16. Mai um den Leipzig A cappella Award, den amarcord Sonderpreis und einen Publikumspreis singen und am A cappella Workshop mit Matthias Becker teilnehmen können. Die Gewinnergruppe wird ausserdem eingeladen, 2015 ein Konzert beim Festival für Vokalmusik a cappella zu gestalten.

Die Mitglieder von Famm haben sich im Schweizer Jugendchor kennengelernt, fanden als Quartett erstmals im Herbst 2006 zusammen und bestehen in der jetzigen Formation seit dem Sommer 2010. Was ursprünglich als einmaliges Projekt gedacht war, sei auf so viel positive Resonanz gestossen, dass sich das Ensemble entschlossen habe, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen, schreibt das Ensemble in seiner Selbstcharakterisierung.

Schweizer Filmmusikpreis neu ausgeschrieben

Ab sofort nimmt die Fondation Suisa Bewerbungen für den diesjährigen Filmmusikpreis entgegen. Der Preis ist mit 15’000 Franken dotiert und honoriert ausserordentliche Leistungen im Bereich der Filmmusikkomposition.

Bild aus dem letztjährigen Preisträgerfilm «Trapped».

Zur Kandidatur zugelassen sind Originalkompositionen zu Spielfilmen ab einer Dauer von mindestens 60 Minuten, die 2013 oder 2014 veröffentlicht worden sind oder veröffentlicht werden. Die Anmeldeformulare und das Reglement zum Filmmusikpreis sowie alle weiteren Informationen finden Sie unter www.fondation-suisa.ch/filmmusikpreis. Die eingereichten Kandidaturen werden von einer Fachjury bewertet. Anmeldeschluss ist der 31. Mai 2014.

Der Preis wird seit dem Jahr 2000 vergeben, die letzten Preisträger waren Thomas Fischer (2013) für Trapped, Michael Sauter (2012) für Mary & Johnny, Nicki Reiser (2011) für Das Blaue vom Himmel, Diego, Nora & Lionel Vincent Baldenweg (2010) für 180°, Marcel Vaid (2009) für Tandoori Love und Jérôme Baur (2008) für Les petites vacances.

 

Editions Leduc in britischen Händen

Das traditionsreiche französische Verlagshaus Alphonse Leduc ist an die britische Music Sales Group verkauft worden. – Ein Blick auf die Verlagslandschaft in Frankreich und ihre Veränderungen.

Rue Saint-Honoré. Foto: Daniel Stockman, wikimedia commons,SMPV

Der älteste aktive Musikverlag Frankreichs, der 1841 von Alphonse Leduc gegründet wurde, hat einen beeindruckenden Katalog, Durch zwei Geschäftsübernahmen konnte er noch vergrössert werden: 1980 kamen die Editions Heugel (gegründet 1839) dazu, 1990 Hamelle (1877). So zählten die folgenden Komponisten zum verlegerischen Grundstock: Gounod, Fauré, Delibes, Widor, Massenet, Offenbach, Gustave Charpentier, Poulenc, Milhaud, Jolivet, Tournemire, Franck, Messiaen, Honegger, Tomasi. Dazu kamen die Zeitgenossen Henry Dutilleux, Pierre Boulez, Charles Chaynes, Betsy Jolas, Thierry Escaich, um nur wenige zu nennen.

Nun ist Leduc vom grössten Musikverlag Europas, die britische Music Sales Group, übernommen worden. Der traditionsreiche Verlagssitz an der Rue Saint-Honoré in Paris wurde schon vor einigen Monaten verkauft.

 

Aus Anlass dieser Übernahme bietet Michèle Worms im Editorial der Zeitschrift La Lettre du Musicien einen kleinen Überblick über die französische Verlagslandschaft und ihre Veränderungen (Übersetzung Pia Schwab):


Vor dreissig Jahren gab es in Frankreich Verlagshäuser von ganz klein bis ganz gross mit unterschiedlichster Ausrichtung. Von den grossen, den Flagschiffen des französischen Kulturerbes, war Heugel, der Verlag Jacques Offenbachs und Reynaldo Hahns, bereits an die Editions Alphonse Leduc übergegangen. Leduc, mit Sitz an der Rue Saint-Honoré, hielt lange die Rechte an den Werken Faurés und war für Orchester und Opernhäuser als Anlaufstelle für wertvolles Aufführungsmaterial unumgänglich. Die schönste Aufgabe des Verlags war zweifellos die Drucklegung von Messiaens Saint François d’Assise im Jahr 1983, dessen Partitur 2400 Seiten umfasste!

Der Verlag Durand (1869) thronte an der Place de la Madeleine, im Salon der Flügel, auf dem Debussy und andere gespielt hatten, während sie auf ihren Verleger warteten. Er hatte vor allem die grossen Namen des «Moment 1900» im Programm und wurde sehr beneidet um die Rechte von Ravels Boléro. 1986 kaufte Durand den Verlag Max Eschig (1907), der ein internationaleres Sortiment mitbrachte. Der böhmischstämmige Gründer war der König der Wiener Operette, publizierte grosse spanische und südamerikanische Komponisten und ebenso Martinů und Szymanowski.

Für den Geschäftserfolg der Editions Choudens sorgten Bizets Carmen und Gounods Faust. Salabert dagegen setzte auf Operetten, Chansons, aber auch die Werke der Groupe des Six und heute auf eine reiche Auswahl an zeitgenössischen Werken; Henry Lemoine auf Klassiker der Klavierliteratur bis Bruno Mantovani. Sie alle konnten mit den grossen mithalten. Weitere Verlage wie etwa Jobert, der 2007 von Lemoine übernommen wurde, widmeten sich dem zeitgenössischen Repertoire.

Während nun Durand-Salabert-Eschig schon seit einiger Zeit zu Universal Music gehören (wie übrigens auch Ricordi, Anm. der Red.), betrifft die jüngste Übernahme Alphonse Leduc, der unter das Dach der Music Sales Group kommt.

Die Editionslandschaft hat sich also stark verändert: Von den historischen Häusern in Frankreich bleiben Henry-Lemoine (1772) und die Editions Gérard Billaudot (1896), die moderne Komponisten verlegen oder hochstehende pädagogische Literatur. Dank einer Unzahl von kreativen Kleinverlagen scheinen die Wegweiser auf Spezialisierung zu stehen.

In Deutschland und Österreich halten sich die grossen Häuser Schott, Peters, Breitkopf, Bärenreiter, Henle und Universal. Die vier letzten leisten beachtliche Forschungs- und Urtexteditonsarbeit, die sie unentbehrlich macht. Die Britischen Häuser dagegen halten das Zepter der Unterhaltungsmusik in Händen. Und sie führen in ihren Katalogen künftig nun auch Massenet, Franck, Poulenc, Milhaud, Dutilleux … ohne dass ihre Herzen besonders dafür schlagen. Schade!

Französischer Text

Liederbuch für künftige Fussballstars …

… kluge Hexen und alle anderen ganz normalen Kinder von heute. Mit Texten und Melodien, die Lust aufs Singen machen.

Ausschnitt aus dem Titelblatt von Chasper Würmli

Der Titel hält, was er verspricht: Abrakadabra birgt unerwartete musikalische Wendungen, verblüfft mit wechselnden Rhythmen und zaubert mit Gespenstern, Tieren und Seeräubern. Die Lieder richten sich an 5- bis 10-Jährige und nehmen Bezug auf deren fantastische Vorstellungswelten. Der Ritt auf dem musikalischen Hexenbesen führt von Ich ha-n Angscht über ’S isch heiss bis zu I wett , i wär e Fuessballstar, e wohrs Geni am Ball!

Alle dreissig Kompositionen hat Susanne Würmli-Kollhopp selber geschrieben, die meisten in Mundart. Es handelt sich hier um Gebrauchsmusik, geschrieben für die Kinderchöre, die Würmli-Kollhopp leitet. Während viele herkömmliche Kinderlieder ein veraltetes Weltbild transportieren oder moralisieren, sind die vorliegenden wohltuend einfach. Dafür umso eingängiger. Aber nicht immer ganz einfach zu singen: Tonartenwechsel und Taktwechsel überraschen da und dort und geben so den Liedern eine neue Farbe.

A propos Farbe: Chasper Würmli, der Sohn der Komponistin und Texterin, hat das Liederbuch illustriert, mit wunderschönen Collagen von tierischen Fabelgestalten. So ist ein sorgfältig und liebevoll gestaltetes Buch entstanden, das man gerne in den Händen hält.

Auf der Webseite der Autorin sind alle Lieder mit einfachen Klavierbegleitungen als Einstudierhilfe zu hören. Und dabei bekommt man auch gleich erste Ideen für die Umsetzung in der Schulklasse oder im Kinderchor, die über das «absingen» hinausgehen. Hier einzelne Beispiele:

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I wett , i wär e Fuessballstar
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Ich ha-n Angscht
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’S isch heiss
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Geigerische Mengenlehre

Eine systematische Darstellung aller Violinbewegungen in sechs Bänden, die zu neuartigem Üben anregt.

Foto: style-photography.de – Fotolia.com

Eine vierteilige Blüte veranschaulicht, wie die vier Elemente Bogen-, Saiten-, Finger- und Lagenwechsel allein zwei-, drei und vierfach kombiniert werden können. Dies ergibt die 15 Teile des systematischen Überblicks über die Violintechnik, verteilt auf sechs Bände (ED 21161 bis 21166, auch als Paket 21161-1 erhältlich). Gedacht haben sie Helmut Zehetmair, emeritierter Violinprofessor in Salzburg, und sein ehemaliger Assistent Benjamin Bergmann, jetzt Violinprofessor in Mainz, als «Hausapotheke für Geiger» zur Übung aller Bestandteile der Technik – quasi ein moderner Ševčík.

Die hier besprochenen zwei ersten Bände behandeln die grossen «Blütenblätter», noch ohne die Kombinationen. Die Anleitungen in der Einführung deklarieren das Üben von Technik als künstlerische Tätigkeit, indem es mit Rhythmus, Artikulation, Dynamik, Phrasierung, Agogik, Klang und Vibrato schöpferisch verbunden werden soll: «Echte Virtuosität macht technische Not zur musikalischen Tugend (lvirtus).»

Die vielfältigen Stricharten- und -artikulationen sind vollständig beschrieben. Bogenstrich hat aber auch mit Physik zu tun: Es ist nicht dargestellt, dass der Bogen beim nicht rechtwinkligen «X-Strich» eigentlich wie eine Fähre von den Saitenschwingungen in Richtung des stumpfen Winkels abgetrieben wird, was sehr nützlich ist für Kontaktstellenwechsel. Wenn der Bogen dabei auf die Strichstelle gezwungen wird, entsteht eine Beimischung hochfrequenter Longitudinalschwingungen. Das Sautillé entsteht nicht durch besondere Stellung der Finger, sondern dadurch, dass die Streichrichtung dank Oberarmrollung oder Handgelenkschwingen steiler als die Bogenrichtung ist, so entsteht bei jedem Abstrich ein Schleuderbrett-Effekt. Die klar beschreibbaren Relationen zwischen Lautstärke, Frequenz und Bogenstelle, die Voraussetzung zur bewussten Beherrschung des Sautillé sind, fehlen auch.

Das Bewusstsein für die sieben Saitenebenen und demzufolge halben und ganzen Saitenwechseln ist wertvoll. Sehr verdienstvoll ist die Ermutigung zu Legato-Saitenwechseln mit Saitenüberspringen.

Beim Kapitel Fingerwechsel werden viele liegende Stützfinger empfohlen zur Stabilisierung des Quartraumes, leider nicht die effizientere Art, die Fingerabstände voraus in der Luft einzustellen. Warum fehlt bei der Aufzählung der Griffarten diejenige innerhalb der verminderten Quart? Beim Flageolett sollte darauf hingewiesen werden, dass dabei ganz wenig höher gegriffen werden muss, weil die Saite lockerer ist, also tiefer tönt, als beim festen Griff am selben Platz. Wertvoll sind die vielfältigen Übungen zu Fingersaitenwechsel und gedehnten Quint- und Sextgriffarten.

Das Kapitel über Intonation ist sowohl informativ als auch philosophisch. Zur Intonationskontrolle ist der Kombinationston empfohlen, warum aber mit keinem Wort die Resonanz der leeren Saiten? Die verschiedenen Vibratoarten sind gut beschrieben aber die Oberarmrollung als Ursprung der Vibratoerzeugung wird nicht erwähnt.

Der zweite Band ist eine Schatzkiste von Übungen für direkte Lagenwechsel: ausschliesslich mit einem Finger oder bei Doppelgriffen mit denselben Fingern. Das gerne vergessene Pivoting, d. h. teilweise in andere Lagen langen dank Verankerung des Daumens, wie es Paganini offenbar getan hat, wird erklärt und empfohlen.

Wenn die Folgebände so anregend sind, wie die zwei ersten, können sie viele Geigerinnen und Geiger zum Nachdenken und zu neuartigem Üben anregen.

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Helmut Zehetmair und Benjamin Bergmann, Systematische Violintechnik. Die Bausteine des Violinspiels; Band 1, Bogen-, Saiten- und Fingerwechsel, ED 21161; Band 2, Direkte Lagenwechsel, ED 21162; je € 18.99, Schott, Mainz 2013

 

Leiterin der Zürcher Kulturförderung tritt zurück

Nach 17 Jahren als Leiterin der kantonalzürcherischen Kulturförderung tritt Susanna Tanner auf Ende August 2014 von ihrem Amt zurück. Tanner, die in diesem Jahr 60 Jahre alt wird, verlässt die Stelle auf eigenen Wunsch.

Viel Zürcher Kultur ins Rollen gebracht. Foto: Tram auf der Quaibrücke, picswiss

In die Zeit von Susanna Tanners Wirken fallen zahlreiche Weichenstellungen in der kantonalen Kulturförderung. So fliessen heute kleinen und mittelgrossen Kulturzentren deutlich mehr Betriebsbeiträge zu als früher, schreibt der Zürcher Regierungsrat in seiner offiziellen Mitteilung.

Der Intendantenwechsel am Opernhaus Zürich sei geglückt, das Theater Kanton Zürich künstlerisch erfolgreich tätig. Unter Tanners Mitwirkung sei es auch gelungen, die Zürcher Filmstiftung zu gründen und zu etablieren und eine interkantonale Kulturlastenvereinbarung mit Einnahmen von acht Millionen Franken für den Kanton Zürich zu sichern.

Die Fachstelle selber hat Tanner innerhalb der 17 Jahre mehrfach umstrukturiert, da Budget und Personalbestand gewachsen sind.

Eine Maschine für zwei Instrumente

Das Ravel-Duo für Violine und Violoncello stiess die ersten Zuhörer vor den Kopf.

Bild: Didi01/pixelio.de

Heute ist es kaum vorstellbar, dass Maurice Ravels viersätzige Duosonate für Violine und Violoncello bei der Uraufführung 1922 und unmittelbar danach beim Publikum auf Unverständnis stiess. Die bis dahin ungewohnte Behandlung der Streichinstrumente – Ravel liess sich von den Interpreten beraten, was auf der Geige und dem Cello an Spieltechniken alles möglich war – und die «Versachlichung» und «Entromantisierung» der Tonsprache markieren einen Wendepunkt im Schaffen des Komponisten. Als «eine Maschine für zwei Instrumente» hat er diese Sonate selbst bezeichnet. Hélène Jourdan-Morhange, die Geigerin der Uraufführung, berichtet in ihren Memoiren von der akribischen Arbeit mit dem Komponisten und meint: «Das Duo, von geradezu abstossender Wirkung bei der ersten Begegnung, verbirgt Schätze, aber es behandelt die Violine sehr hart.»

Heute gehört das Ravel-Duo zu den Hauptsäulen des Repertoires für diese Besetzung, wenn es auch hohe Ansprüche an die Ausführenden stellt. An die «Härte» haben wir uns längst gewöhnt, empfinden gar weite Teile dieser Sonate als ausgesprochen lyrisch! Neben der traditionellen Ausgabe von Durand & Co., Paris, bietet jetzt Bärenreiter eine neue Urtext-Edition des Werks. Die herangezogenen Quellen werden im Vorwort und im Anhang angegeben und teilweise sogar als Faksimile des Autografs abgebildet; ferner werden die Beschreibungen von Jourdan-Morhange ausführlich zitiert. Ausgesprochen hilfreich für die Aufführung sind die Darstellung als grossformatige Spielpartitur (wahlweise kann das Violoncello den ersten Satz auch «einstimmig» lesen) und der ausgeklügelte Seitenumbruch, der ein lückenloses Spiel ermöglicht. Allerdings muss einige Male der Geiger oder die Geigerin für das Violoncello umblättern!

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Maurice Ravel, Sonate en quatre parties
pour violon et violoncelle,
Urtext hg. von Douglas Woodfull-Harris,
2 Spielpartituren, BA 9417, € 22.95,
Bärenreiter, Kassel 2013

Die Finalisten des Swiss Jazz Award 2014

Beim Swiss Jazz Award, der zum achten Mal von Radio Swiss Jazz und dem Festival JazzAscona vergeben wird, verengt sich das Bewerberfeld auf drei Gruppen. Wer gewinnt, wird nach Live-Auftritten beim Final-Abend am Festival JazzAscona (21. Juni) vor Publikum und einer Experten-Jury entschieden.

Bild: JazzAscona

Für den Final qualifiziert haben sich Blue Bolero, Nicole Herzog-Stewy von Wattenwyl und die Westschweizer Band Y-Jazz. Blue Bolero ist ein junges Zürcher Trio, das mit dem Debüt-Album Introducing … Blue Bolero auf sich aufmerksam gemacht hat.

Die Sängerin Nicole Herzog hat zusammen mit der Band des Berner Pianisten Stewy von Wattenwyl das Album Intimacy eingespielt und Y-Jazz aus Yverdon-les-Bains ist mit der aktuellen CD happ’y-jazz event auf dem Markt.

Sechs Bands waren für den diesjährigen Award nominiert. In der ersten Publikums-Abstimmung ausgeschieden sind das Daniel Blanc Quartet, das Ralf Ruh Trio und Belleville. Rund 2000 Stimmen wurden in der ersten Phase des Publikums-Votings abgegeben, das am 5. März wieder neu gestartet hat und bis 21. Juni 12 Uhr dauert.

Abgestimmt werden kann online auf www.swissjazzaward.ch oder via SMS an die Nummer 919 (CHF 0.40/SMS) mit den Codes SJA BLU für Blue Bolero, SJA NIC für Nicole Herzog-Stewy von Wattenwyl und SJA YJA für Y-Jazz.
 

Die beste Musikerin der Stadt

Caroline Boissier-Butini hatte es zu Beginn des 19. Jahrhunderts im calvinistischen Genf trotz grossbürgerlicher Herkunft nicht leicht.

Caroline Butini 21-jährig, gemalt von Firmin Massot. Ausschnitt. Privatbesitz. Foto: Monique Bernaz

Die Übersetzerin, Genderforscherin und Musikpublizistin Irène Minder-Jeanneret schuf mit ihrer Doktorarbeit eine umfassende Darstellung des Musiklebens in Genf und, im Zusammenhang damit, im Europa des beginnenden 19. Jahrhunderts, ausgehend vom Leben der fast vergessenen Pianistin und Komponistin Caroline Boissier-Butini.

Die farbig illustrierte, übersichtlich gegliederte, mit vielen Tabellen und einem umfangreichen Anhang versehene Arbeit reflektiert die besondere Stellung dieser in einer komplizierten gesellschaftlichen Konstellation aufgewachsenen Tochter. Sie wurde von ihrem Grossvater und Vater in der Musik gefördert, auch in den damals aufkommenden Wissenschaften instruiert (sie hätte gerne Medizin studiert).

Eigentlich hatte Irène Minder geplant, mit dem gesammelten Material einen Roman über Caroline Boissier-Butini zu schreiben. Dieser entsteht nun im Kopf beim Lesen der mit ausgedehnten Tagebucheinträgen, Reiseberichten, Briefen und Zeitzeugenzitaten gespickten Dissertation! Die Quellen sind aufschlussreich kommentiert und miteinander so verbunden, dass sie ein lebendiges Bild der Zeit ergeben (alle französischen übrigens exzellent auf Deutsch übersetzt).

Die calvinistisch engen, aber dank Aufklärungsideen und der französischen Revolution geweiteten, dann wieder durch die napoleonische Besatzung bedrängten Verhältnisse in der Genfer Republik ergaben für Boissier-Butini sehr komplexe Lebensumstände. Ein Ergebnis davon kann man ihrem Werkverzeichnis ablesen: Zwar sind Orgel-, Klavier- und Kammermusikwerke als Manuskripte erhalten, aber nur von einem ihrer sieben (!) Klavierkonzerte ist die Solostimme vorhanden. Sie durfte zuhause und in standesgemässen anderen Salons vor Gästen spielen, es geziemte sich aber nicht, in öffentlichen Konzerten, und schon gar nicht, für ein Salär aufzutreten. Den Töchtern war es nicht erlaubt, mit gleichaltrigen Demoiselles zusammenzutreffen, sie sollten so lange wie möglich in der alleinigen Gesellschaft der Mutter bleiben. Gemäss Rousseaus konservativer Aussagen in seiner Lettre à d’Allembert und im L’Émile müsse die naturrechtliche Perspektive der Frauen zugunsten der gesellschaftlichen Notwendigkeit zurücktreten: Die Frau sei da zum Wohlsein des Ehemannes und zur Erziehung der Kinder! Erst Albertine Necker-de Saussure kämpfte ab 1838 für eine Kursänderung.

Glücklicherweise wurde Caroline mit dem musikliebenden, selber auf eigenen zwei Stradivari spielenden Agronomen Auguste Boissier verheiratet, der viel Verständnis für die Aktivitäten seiner Frau hatte, mit ihr auch duettierte oder in Kammermusikgruppen auftrat. Dank ihrer privilegierten Stellung war sie vernetzt mit vielen berühmten Durchreisenden und das Genfer Exil nutzenden Persönlichkeiten (u. a Isabelle de Charrière, Germaine de Staël-Necker). Ihr Talent befähigte sie, diese Anregungen mit spärlichem Unterricht und vor allem autodidaktisch zur Meisterschaft in Klavierspiel und Komposition zu entwickeln. Aufwändige Reisen nach Paris und London zum Kauf von Flügeln, zum vergeblichen Versuch, ihre Kompositionen zu veröffentlichen, und zum Erkunden der grossstädtischen Kultur machten sie bekannt mit berühmten Pianisten, denen sie auch selber – Anerkennung erntend – vorspielte. Liszts, Kramers und Kalkbrenners empfindsames Spiel bewegten sie zur Einsicht, Musik zu schaffen, die «berührt, statt zu blenden». Einen Winter lang liess sie ihre Tochter Valérie in Paris von Liszt unterrichten. Ihr Bericht Liszt pédagogue erschien erst 1923 unter dem Namen «Mme Auguste Boissier», 1930 auf Deutsch missverständlich reduziert auf «Auguste Boissier»! Da die Familie im Sommer auf ihrem Landgut bei Yverdon lebte, hatte sie die Freiheit, dort mit einfachen Leuten in Kontakt zu kommen, was sie dazu anregte, sich auch mit Volksmusik zu befassen. Einmal komponierte sie einem durchziehenden Dorfgeiger gratis im Versteckten schnell ein paar Tänze. Ihr einziges aufführbares Concerto No. 6 «La Suisse» enthält im Mittelsatz alle drei Elemente des Ranz des vaches.

Viele Hindernisse erschwerten die Entfaltung ihres Könnens. Schon die calvinistische Tradition Genfs, die Musik fast nur in Form von Psalmen zuliess, machte die öffentliche Aufführung weltlicher Musik schwierig. Obschon sie Orgel spielen konnte und Orgelstücke komponierte, durfte sie kaum in Gottesdiensten spielen. Die nach dem Eintritt Genfs ins eidgenössische Bündnis entstandene Société de musique de Genève (1823) nahm Frauen nur als nicht stimmberechtigte membres actives honoraires mit eingeschränkten Auftrittsmöglichkeiten auf. Immerhin halfen die auf die ganze Schweiz ausgedehnten Musikfeste, ein mit der Eidgenossenschaft vernetztes Musikleben in Genf anzubahnen. Caroline Boissier-Butini spielte trotz allem eine auch in anderen Schweizer Städten bekannte, herausragende Rolle als Klaviervirtuosin, Komponistin und Musikförderin, obschon sie überall nur privat spielte.

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Irène Minder-Jeanneret, «Die beste Musikerin der Stadt» Caroline Boissier-Butini (1786-1836) und das Genfer Musikleben zu Beginn des 19. Jahrhunderts, Dissertation Universität Oldenburg; gedruckte Ausgabe mit Zusatzmaterialien auf CD-Rom, 528 S., € 44.90; Ausgabe auf CD-Rom, € 24.90; EpOs Electronic Publishing, Osnabrück 2013, ISBN 978-3-940255-36-5

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