Weiterhin Kultur in Thurgauer Schulen

Der Thurgauer Regierungsrat hat für das Projekt «Kultur und Schule Thurgau» erneut einen Lotteriefondsbeitrag von jährlich 100’000 Franken für die Periode von 2016 bis 2018 gesprochen.

Der Musiker Enrico Lenzin bietet auf der Plattform «Trommeln mit Kindern» an. Foto: zvg,SMPV

Das Projekt besteht laut der Medienmitteilung des Kantons im Wesentlichen aus zwei Teilbereichen. Zum einen konnte bereits in den Jahren 2013 bis 2015 zusammen mit den Kantonen St. Gallen und Appenzell Ausserrhoden die interkantonale Plattform für Kulturvermittlung www.kklick.ch aufgebaut werden.

Seit August 2014 werden auf dieser Webseite kulturelle Angebote in der Ostschweiz präsentiert, die nach Region, Sparte und Schulstufe geordnet sind. Diese betreuungsintensive Webseite, die von den Schulen bereits gut genutzt wird, soll mit den Lotteriefondsgeldern laufend angepasst und den Nutzerbedürfnissen entsprechend ausgebaut werden.

Der zweite Teilbereich des Projekts «Kultur und Schule» besteht aus einem Kontaktnetz von kulturverantwortlichen Lehrpersonen an Schulen, die in ihrer jeweiligen Schule für die Verankerung der Kultur zuständig sind.

Beide Teilbereiche des Projekts sollen mit dem gesprochenen Geld in den Jahren 2016 bis 2018 weiter betreut und ausgebaut werden. Neben der Volksschule rücken nun auch die Mittelschulen und die Berufsfachschulen in den Fokus. Das langfristige Ziel besteht darin, an jeder Schule im Kanton Thurgau eine für Kultur verantwortliche Lehrperson zu haben, damit kulturelle Aktivitäten einen festen Platz im Unterricht erhalten.

Wie bereits für die Projektzeit von 2013 bis 2015 werden auch für die Projektzeit von 2016 bis 2018 weiterhin Stephanie Kasper und Cornelia Spillmann für die Internetplattform sowie für das Netzwerk von Kulturverantwortlichen beauftragt sein.

 

Von der Nische zur Szene

Festivals für Neue Musik prägen zusehends das urbane Kulturleben. Ein Projekt des österreichischen Wissenschaftsfonds FWF beschreibt anhand von drei internationalen Beispielen die Entstehung und Wirkung dieser zeitgenössischen Plattformen.

Klangforum Wien. Foto: Judith Schlosser,SMPV

Musikwissenschafterinnen und -wissenschafter erforschen unter der Leitung von Simone Heilgendorff von der Universität Salzburg erstmals länderübergreifend die internationale Szene der neuen Kunstmusik. Renommierte Festivals in drei europäischen Hauptstädten stehen im Zentrum des Forschungsprojekts: das Festival Warschauer Herbst, das Pariser Festival d’Automne und das Festival Wien Modern.

Neben der Aufarbeitung von historischem Material versucht das international besetzte Forscherteam vor allem den Wandel in der Szene der neuen Musik abzubilden. Untersucht werden inhaltliche Aspekte, aber auch Faktoren wie Musikmanagement und -vermittlung. Als zentraler Teil des Erfolgs von Festivals stehen auch die Akteurinnen und Akteure im Fokus der Analysen: vor allem die Kuratorinnen und Kuratoren, Komponistinnen und Komponisten sowie die Musikerinnen und Musiker.

Das Forscherteam analysiert die Lebenswege ausgewählter Personen und Ensembles in biografischen Porträts, zum Beispiel von Jagoda Szmytka, Georg Friedrich Haas, Hugues Dufourt oder Helmut Lachenmann und des Ensemble Intercontemporain, Klangforum Wien und Orkiestra Muzyki Nowej.

Schliesslich ist auch das Publikum Teil des Forschungsprojekts, das in ausführlichen Befragungen, die 2014 durchgeführt wurden, Antworten liefert auf Fragen zu Alter, Bildung, Motivation, Erwartungen, Internationalität und zu den eigenen Verbindungen zu zeitgenössischer (Kunst-)Musik. Am 22. November findet in Wien die Präsentation der Resultate der Publikumsbefragung bei Wien Modern statt.

Mehr Infos: uni-salzburg.at/index.php?id=63709
 

Kulturelle Bildung und Kreativität in der Grundschule

Wie wirkt sich Kulturelle Bildung auf die Kreativität von Fünftklässlern aus? Dieser Frage gehen Forscher der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft in Alfter bei Bonn und der Universität Kassel nach.

Foto: Rainer Sturm/pixelio.de,SMPV

In mehr als 50 Schulklassen aus den Regionen Bonn/Rhein-Sieg, Köln und Kassel ist die erste Runde der Datenerhebung im Rahmen des Forschungsprojektes KuBiK5, kurz für «Wirkung Kultureller Bildung auf Kreativität im 5. Schuljahr», durchgeführt worden. Die Studie unterscheidet sich von bisherigen Untersuchungen, indem neben schulischen und ausserschulischen Merkmalen auch familiäre und individuelle Faktoren berücksichtigt werden.

In der Studie wird davon ausgegangen, dass Kulturelle Bildung von hoher Bedeutung für die Entwicklung der Persönlichkeit und der Kreativität ist. Kulturelle Bildung wird als unerlässlicher Bestandteil einer umfassenden Bildung betrachtet. In der Schule sind es meist die Fächer Kunst, Musik oder Sport, in denen die Kinder mit Kultureller Bildung in Berührung kommen.

Das Projekt ist Teil des «Forschungsfonds Kulturelle Bildung – Studien zu den Wirkungen Kultureller Bildung», einem Projekt des Rats für Kulturelle Bildung e. V., gefördert durch die Stiftung Mercator. Eine unabhängige Kommission wählte KuBiK5 neben fünf weiteren Projekten aus insgesamt 78 eingegangenen Projektanträgen aus.

Mehr Infos: www.alanus.edu

 

Luzern erhält ein neues Musikhaus

An der Klosterstrasse 11 in Luzern eröffnet das traditionsreiche Geschäft mit Sitz in Bern eine neue Niederlassung. Neben dem Verkauf von Musikinstrumenten bietet das Unternehmen auch einen umfangreichen Klavier- und Flügelservice an.

Foto: zvg,SMPV

Vor gut einem Jahr übernahm Alexander Steinegger, der bisherige Geschäftsführer, die Krompholz Musik AG im Rahmen eines Management-Buy-outs von der Loeb Holding AG an neuer Adresse: der Effingerstrasse 51 in Bern. Nun erhält das Musikhaus, das noch dieses Jahr sein 160-Jahr-Jubiläum feiert, einen weiteren Standort, eine Filiale in Luzern.

Krompholz ist spezialisiert auf akustische und elektronische Tasteninstrumente, akustische Gitarren sowie Kleinstrumente und Musikalien. Am neuen Standort bietet das Musikhaus ein breites Angebot an hochwertigen Instrumenten jeder Preisklasse an, und dazu ein umfassendes Paket an Serviceleistungen. «Luzern und Umgebung gilt bereits heute als wichtige Region, welche bis anhin von Bern aus betreut wurde. Wir freuen uns, nun näher bei unseren bestehenden Kunden zu sein und neue Partnerschaften aufzubauen», hält Alexander Steinegger fest. Mit einem umfangreichen Klavier- und Flügelservice ist Krompholz ein erfahrener und kompetenter Partner für Konzertveranstalter.

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An der Eröffnung vom 14. November 2015 spielt der Luzerner Gitarrist und Beatboxer Damian Lynn im Geschäft an der Klosterstrasse 11. Die aufstrebende Musikerin Ishantu bestreitet einige Live-Gigs in der Innenstadt (Raum Bahnhof).

www.krompholz.ch

Urheberrechte in Deutschland auf dem Prüfstand

Das deutsche Bundeskabinett hat den Entwurf eines Gesetzes zur kollektive Wahrnehmung von Urheber- und verwandten Schutzrechten verabschiedet. Der deutsche Kulturrat sieht Gefahren.

Foto: Rainer Sturm/pixelio.de

Der Deutsche Kulturrat ist erfreut, dass Verwertungsgesellschaften laut dem nun verabschiedeten Text kulturell bedeutsame Werke und Leistungen fördern und Vorsorge- und Unterstützungseinrichtungen für ihre Berechtigten einrichten sollen. Im Referentenentwurf war noch eine Kann-Vorschrift vorgesehen.

Als positiv erachtet der Deutsche Kulturrat ferner eine vorgesehene Regelung zur Sicherheitsleistung, um sicherzustellen, dass Hersteller und Importeure von Geräten und Speichermedien ihrer Vergütungspflicht auch nach langwierigen Rechtsstreitigkeiten nachkommen.

Bedauerlich ist laut der Mitteilung des Kulturrates hingegen, dass nach wie vor vorgesehen ist, Mitglieder in Aufsichtsgremien zur Offenlegung von sensiblen personenbezogenne Daten oder mit Blick auf Unternehmen von wettbewerbsrelevanten Informationen zu zwingen. Schade sei ferner, dass die Verwertungsgesellschaften auf ihren Internetseiten die geschlossenen Gesamtverträge veröffentlichen sollten. So müssten letztlich Geschäftsgeheimnisse dargelegt werden.

Besonders bedauert der Kulturrat, dass mit dem VGG «die Chance zur Klarstellung der Verlegerbeteiligung an Vergütungen der Verwertungsgesellschaften vertan wurde». Laut Olaf Zimmermann, dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, muss vor allem für  die «seit Jahren schwebende Verlegerbeteiligung an den Einnahmen der Verwertungsgesellschaften aufgrund von Nutzungsrechten oder gesetzlichen Vergütungsansprüchen» eine Lösung gefunden werden.
 

Wie klingt Weihnachten anderswo?

Die neue Folge des Liederprojekts, das die Förderung des Singens mit Kindern zum Ziel hat, widmet sich dem musikalischen Reichtum der Weihnachtslieder aus aller Welt.

Bethlehem: eine der doppelseitigen Illustrationen des Liederbuchs von Frank Walka,SMPV

Überall auf der Welt wird Weihnachten gefeiert, hierzulande im tiefverschneiten Winter, in anderen Ländern hingegen in glühender Hitze unter strahlender Sonne. Doch überall gehört das Singen von Weihnachtsliedern zum Fest. Manche Lieder, wie Adeste fideles oder Stille Nacht erklingen auf der ganzen Welt. Alle Länder haben auch ihre ganz eigenen Lieder, welche die jeweiligen Bräuche und Traditionen widerspiegeln. Ihnen widmet sich die neue Liederprojekt-Folge, die bei den Verlagen Carus und Reclam erschienen ist.

72 Lieder aus 40 Ländern enthält das neue Liederbuch Weihnachtslieder aus aller Welt. Das Spektrum ist breit gefächert. Zum Buch, das mit einer Mitsing-CD zum einfachen Kennenlernen der Lieder ausgestattet ist, erscheinen zwei CDs mit einer Auswahl der schönsten Lieder, ein Chorbuch und ein Liederheft im Taschenbuchformat.

Das Liederprojekt – ein Benefizprojekt für das Singen mit Kindern

ÖGMW begrüsst Berner Forscher

An der diesjährigen Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Musikwissenschaft (ÖGMW) vom 18. bis 21. November an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz ist die Berner Hochschule der Künste prominent vertreten.

Foyer des MUMUTH (Haus für Musik und Musiktheater) an der Kunstuniversität Graz. Foto: KUG/Wenzel

Bei ihrer Jahrestagung, die für dieses Mal an der Kunstuniversität Graz stattfindet, vereint die Österreichische Gesellschaft für Musikwissenschaft Wissenschaftler international führender Universitäten. Im Fokus steht die musikalische Aufführung. Die Tagung soll nicht zuletzt der Frage nachgehen, in welcher Weise praxisbezogenes intuitives Wissen und analytisch fundierte musikwissenschaftliche Erkenntnisbildung fruchtbar zusammenwirken können.

Die Hauptvorträge werden bestritten von Kai Köpp (Hochschule der Künste Bern, «Musikgeschichte als Interpretationsgeschichte – neue Quellen, neue
Herausforderungen»), Joshua Rifkin (Boston University), John Rink (University of Cambridge), Renee Timmers (University of Sheffield) und Sarah Weiss (YaleNUSCollege Singapore).

Weitere Präsentationen Berner Forscher: Johannes Gebauer referiert zu Notenausgaben von Pierre Rodes 24 Capricen für Violine, und Sebastian Bausch beschäftigt sich mit Interpretationsanalysen von Josef Pembaurs Beethoven-Einspielungen.

Im Rahmen der Tagung sind auch zwei Uraufführungen zu erleben sowie die Präsentation der Rekonstruktion eines historischen Trompeterautomaten.

Mehr Infos: www.kug.ac.at/performance-analysis

 

 

Genfer Kompositionspreis geht nach Japan

Den mit 15’000 Franken dotierten Prix de Composition des 70. Concours de Genève hat die Jury an den Japaner Shoichi Yabuta vergeben. Das Publikum würdigte den Südkoreaner Sunghyun Lee.

Foto: © Anne-Laure Lechat

Shoichi Yabuta gewann den Wettbewerb mit seinem Streichquartett «Billow». Der 32-Jährige studierte Komposition am Tokyo College of Music und gewann (neben zahlreichen weiteren Auszeichnungen) 2013 den Preis des Wiener Konzerthauses. Er hat sich auch intensiv mit den traditionellen Künsten Japans auseinandergesetzt.

Der Publikumpreis (1500 Franken), der Preis des jungen Publikums und der Preis der Studierenden (je 1000 Franken) gingen an den 20-jährigen Südkoreaner Sunghyun Lee. Den Preis der Otto und Regine Heim Stiftung (3000 Franken) konnte der Portugiese Aderito Valente entgegennehmen.

Die Jury des 70. Concours de Genève bestand aus Michael Jarrell (Präsident), Pascal Dusapin, Luca Francesconi, Dai Fujikura und Wolfgang Rihm.
 

Geld für Schweizer Labels und Künstlermanagement

Das Migros-Kulturprozent fördert zum elften Mal Pop- und Independent-Labels sowie Künstlermanagements mit Sitz in der Schweiz. Diese können ihre Gesuche bis zum 6. Dezember einreichen. Die Förderbeiträge sind mit 50 000 Franken dotiert.

Schweizer Independent-Labels und Künstlermanagements wie Two Gentlemen in Lausanne oder Bakara Music in Zürich leisten viel für die Schweizer Musikszene. Sie bewegen sich aber in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld. Seit 2006 engagiert sich das Migros-Kulturprozent deshalb in der Label- und Künstlermanagement-Förderung. Die geförderten Labels und Managements erhalten Beiträge zwischen 10 000 und 50 000 Franken. Philipp Schnyder von Wartensee vom Migros-Kulturprozent erklärt dazu: «Die Musikmanager und Agenten leisten unerlässliche Arbeit im Hintergrund von Künstlern wie Sophie Hunger, Lo & Leduc oder Fai Baba. Die Labelförderung hat zum Ziel, die Überlebenschancen und Professionalisierung dieser Strukturen zu stärken.»

Die Gewinner werden am 16. April 2016 in Zürich im Rahmen des m4music-Festivals bekanntgegeben.

Zugelassen sind Independent-Labels, die innerhalb der vergangenen 24 Monate mindestens vier Alben von in der Schweiz ansässigen Künstlern veröffentlicht oder eine vergleichbare Leistung erbracht haben. Bei den Künstleragenturen ist es wichtig, dass sie umfassende Managementaufgaben wahrnehmen. Zudem sollen sie mindestens zwei Schweizer Musikerinnen und Musiker betreuen, die bereits CDs veröffentlicht haben.

Einsendeschluss für die Gesuche um die Förderbeiträge 2016 ist der 6. Dezember 2015. Richtlinien und Anmeldeunterlagen unter www.migros-kulturprozent.ch/foerderung

Experimentelle Zonen

Junge Musikerinnen und Musiker aus dem Umfeld der Basler, Berner und Zürcher Hochschulen drückten dem Festival den Stempel auf.

EFIM und Schweizer Gästen bei der Probe zum «instant composing». Foto: saTo2015,Foto: saTo2015,Foto: saTo2015

Die Tage Neuer Musik in Weimar sind ein kleines, aber feines Festival, das mitten in der musealen Behaglichkeit der deutschen Klassik-Hauptstadt tapfer die Fahne der Neuen Musik gegen den Wind hält. Nicht erst seit der «Wende» pflegt der künstlerische Leiter Michael von Hintzenstern die experimentelle Ton- und Klangkunst in Thüringen, was sich auch im eigenen Ensemble mit dem programmatischen Namen Ensemble für intuitive Musik niederschlägt, das entscheidende Anregungen der früheren Zusammenarbeit mit Karlheinz Stockhausen verdankt. 

Klangachsen: Schweiz–Deutschland

Auch die diesjährige Festivalausgabe stand im Spannungsfeld von Improvisation, Komposition und Live-Elektronik und widmete sich vom 28. bis 31. Oktober den «Klangachsen: Schweiz–Deutschland». Das Bemerkenswerte daran: Es waren vor allem junge Musikerinnen und Musiker sowie Komponistinnen und Komponisten aus dem Umfeld der Schweizer Hochschulen, die dem Weimarer Festival ihren Stempel aufdrückten!

Den Anfang machte das Ensemble zone expérimentale Basel, das sich aus Studenten des Basler Masterstudienganges für zeitgenössische Musik rekrutiert. Hannah Walter (Viola), Pedro Pablo Cámara Toldos (Saxofon), Carlota Cáceres (Schlagzeug) und Haize Lizarazu (Klavier) spielten in einem vielfarbigen Eröffnungskonzert nicht nur Stücke von arrivierten Komponisten wie Heinz Holliger, Toshio Hosokawa und Michael Beil, sondern auch jüngere Werke: Jose Pablo Polo inszenierte in Better out than in (2014) eine perkussive Geräusch-Choreografie als «instrumentales Theater» um das Klavier herum; der Basler Martin Jaggi strickte in Strata (2010/11) ein polyfones Netzwerk, das auf der Ähnlichkeit des Verschiedenen respektive der klangfarblichen Annäherung der Instrumente (durch Verfremdung) beruhte.

Kompositorische Urgesteine aus der ehemaligen DDR und der Schweiz hatte der Berliner Pianist Frank Gutschmidt im Gepäck: filigran-poetische, auch das Klavierinnere einbeziehende Stücke, die Dichtung von Trakl, Nietzsche und Silvia Plath umkreisten und den Rahmen eines konventionellen «Klavierrecitals» weit hinter sich liessen. Holligers Ellis – Drei Nachtstücke für Klavier (1961/62) und Beat Furrers Voicelessness. The snow has no voice (1986) standen Kompositionen von Christfried Schmidt (geb. 1932) und Georg Katzer (geb. 1935) gegenüber. Schmidts virtuose Moments musicaux (1976) machten den Pianisten auch zum Rezitator von Nietzsches Spätwerk, Katzers Dialog imaginär Nr. 2 (1986) verstrickte Gutschmidt in ein Zwiegespräch mit einer Tonbandschicht.

Aus dem Moment

Die Interaktion von Live-Elektronik und Instrumentalklang ist ein wesentlicher Aspekt auch beim Ensemble für intuitive Musik Weimar (EFIM), das sich seit über 30 Jahren immer wieder neu und anders einer Musik verschreibt, die «im Moment der Aufführung erst entsteht». Unter dem Titel Instant Composing hatten die «Hausherren» Michael von Hintzenstern (Klavier), Matthias von Hintzenstern (Cello), Daniel Hoffmann (Trompete/Flügelhorn) und Klangregisseur Hans Tutschku (Elektronik) sich mit Hannah Walter, Pedro Pablo Cámara Toldos und Françoise Rivalland zusammengetan, um die Grenzbereiche von offener Form und gelenkter Improvisation auszuloten, was ganz unterschiedliche Ergebnisse zwischen den Polen von flächiger Stille und eruptivem Ausbruch provozierte.  

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Françoise Rivalland erklärt dem Publikum Techniken am Cymbalom

Françoise Rivalland war in einem mitreissenden Solo-Programm zu bewundern, wo die momentan in Bern an der Hochschule der Künste als Professorin für musikalisches Theater tätige Perkussionistin, Vokalperformerin und Regisseurin alle Register ihres breitgefächerten Könnens zog. Neben Einrichtungen für Cymbalom von Stücken György Kurtágs und John Cages begeisterte Rivalland mit superpräzis-rasanten, explosiven Darbietungen einiger Vokalstücke von George Aperghis, mit dem sie eine enge musiktheatralische Zusammenarbeit verbindet. Bezaubernd auch ein Bündel diverser Schwitters-Texte, bei denen ihr selbstgebautes «Esperou» zum Einsatz kam, eine Mischung aus Saiten- und Metallinstrument, das in der Lage ist, verblüffend unterschiedliche Klangfarben (darunter fast elektronische) miteinander zu verschmelzen; auch Schwitters Ursonate hat man lang nicht mehr so nuancenreich und rhythmisch packend gehört. 

Studierende an den Reglern

Eine dankenswerte Tradition des Festivals ist der Einbezug des Studios für elektroakustische Musik der Bauhaus-Universität (SeaM) unter Leitung von Robin Minard. Auch dort durften diesmal die Studierenden selbst an die Regler und stellten zusammen mit den «Kollegen» aus dem Institute for Computer Music and Sound Technology (ICST) und der Zürcher Hochschule der Künste aktuelle Arbeiten vor. Es wäre ungerecht, aus den vielschichtigen Stücken von Kenn Mouritzen, Ursula Meyer-König, Carlos Hidalgo (Zürich), Paul Hauptmeier, Martin Recker, Mikhail Yarzhembovskiy und Andreas Vorwerk (Weimar) etwas herauszuheben. Auffallend war, dass die Arbeiten aus den Schweizer Studios schwerpunktmässig auf der Transformation analoger Klangobjekte beruhten, während die Weimarer einen eher «narrativen» Ansatz pflegten und hybride Soundscapes aus Digitalklang, Stimme und Feldaufnahmen präsentierten. 

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Hans Tutschku

Die Aktivitäten des ICST, das Aspekte wissenschaftlicher und künstlerischer Forschung, digitale Technologie, Medienkunst und musikalische Praxis in einen fruchtbaren Dialog bringen will, standen auch im Zentrum des bemerkenswerten Abschlusskonzertes. Germán Toro Pérez (momentaner Leiter des ICST), Carlos Hidalgo, Hans Tutschku, Karin Wetzel und Florian Bogner hatten Stücke konzipiert, die virtuose Solo-Parts mit live-elektronischen Echtzeit-Bearbeitungen in mehrdimensionale Klangräume verwandelten. Als besonders eindrucksvolle, heterogen vibrierende «Raummusik» ereignete sich dies in Pérez’ Signos Oscilantes – verworren und schwankend (2012) dank einer tollen, ungemein akzentuierten Performance von Alejandro López (Saxofon). Aber auch Hugo Queirós (Bassklarinette) zeigte sich in den komplexen Lineaturen von Hans Tutschkus Interlaced 1 (2014) als total präsenter akustischer Bildhauer einer zerklüfteten Klanglandschaft im produktiven Austausch mit der Soundregie. Gerade die indifferenten Zwischenbereiche von Ton und Geräusch, Elektronik und instrumentaler Gestik öffneten hier Räume für eine Klangpoesie jenseits greifbarer Kategorien.

Ehrendoktor der Uni Köln für Max Haas

Die Philosophische Fakultät der Universität zu Köln hat Max Haas, emeritierter Professor für Musikwissenschaft der Universität Basel, die Ehrendoktorwürde verliehen.

Foto: zvg,SMPV

Mit dem Ehrendoktor würdigt die Philosophische Fakultät der Universität zu Köln laut der Mitteilung der Uni Basel «die besonderen akademischen und wissenschaftlichen Verdienste von Haas».

Der 1943 geborene Max Haas studierte Musikwissenschaft, mittelalterliche Kirchen- und Dogmengeschichte sowie slawische Philologie in Basel und Heidelberg. An der Universität Basel wurde er 1970 mit einer Arbeit über byzantinische und slawische Notationen promoviert. Sieben Jahre später habilitierte er sich mit Studien zur Beziehung zwischen mittelalterlicher Musiklehre und Scholastik. An der Universität Basel war er als Leiter des Mikrofilmarchivs des Fachbereichs Musikwissenschaft sowie ab 1982 als ausserordentlicher Professor für Musikwissenschaft tätig.

In den 1990er Jahren führten ihn Gastdozenturen nach Israel an die Bar Ilan-Universität und in die USA ans Graduate Department der City University of New York. Bis zu seiner Emeritierung 2005 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Dozent am Fachbereich Musikwissenschaft der Universität Basel. Seine jüngsten monographischen Werke behandeln Anschauungs- und Denkformen in der Musik (2002) sowie das musikalische Denken im Mittelalter (2005).
 

Martinů-Festtage in Basel

Auch zahlreiche Schweizer Orchester und Theater feierten den 125. Geburtstag des tschechischen Komponisten mit Aufführungen seiner Werke.

Martinů-Büste in Prag – Na Kampě 512/11. Foto: Matěj Baťha/WikiCommons

Seit zwanzig Jahren organisiert Robert Kolinsky in Basel die Martinů-Festtage, mit denen er das Werk von Bohuslav Martinůs (1890-1959) international bekannt machen will. 2015 wurde und wird nicht nur in Basel, sondern auch andernorts der 125. Geburtstag des tschechischen Komponisten gefeiert, der am Ende seines Lebens in der Schweiz lebte und in Liestal starb. Das Opernhaus Zürich etwa brachte im Februar eine Neuinszenierung der Oper Juliette, das Tonhalle-Orchester Zürich das Rhapsody-Concerto für Viola und Orchester oder das Orchestre de la Suisse Romande Les Paraboles.

Die 21. Martinů-Festtage vom 15. bis 29. November stehen unter dem Patronat von Bundesrat Alain Berset, dem Dirigenten Mariss Jansons und Madeleine Albright, US-Aussenministerin a.D. Eröffnet werden sie mit einem Konzert des London Symphony Orchestra unter der Leitung von Tomáš Hanus, das den Sinfonien Nr. 2 und 5 von Bohuslav Martinů die brahmssche Akademische Festouvertüre voranstellt. Im Basler Marionetten-Theater gibt es für Kinder ab acht Jahren Wer ist der Mächtigste auf Erden und das Hagen Quartett kombiniert im Kammermusikkonzert Werke von Mendelssohn, Kurtág und Martinů. Kabarettistisches (Duo Calva) fehlt ebenso wenig wie Jazziges. Abgerundet werden die Festtage mit der Wanderausstellung Bohuslav Martinů – Leben und Werk von Sibylle Ryser und Gabriele Jonté.

Weitere Informationen und Programm: www.martinu.ch
 

Uraufführung von Lourié-Liedern

Am grossen Konzertabend im Rahmen der 9. Musiktage Arthur Lourié, dem kleinen, weltweit einzigen Festival für den russischen Komponisten, werden sechs spät entdeckte Lieder erstmals zu hören sein.

Arthur Lourié. Foto: Arthur Lourié Gesellschaft Basel,SMPV

Arthur Lourié (1892-1966) ist einer der grossen unbekannten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Er gehörte zur russischen Avantgarde, arbeitete später für Igor Strawinsky und begeisterte sich für Debussy und Busoni. Seine Musik verknüpft auf originelle und persönliche Weise Traditionelles (und Archaisches) mit experimentellen, manchmal sogar postmodernen Konzepten. Viele seiner Vokalwerke, die grösstenteils noch nicht bekannt sind, atmen den reichen Geist des «Silbernen Zeitalters», jener Kunstepoche im frühen 20. Jahrhundert, als Russland die Schwelle zur Moderne betrat.

Höhepunkt der diesjährigen Lourié-Musiktage in Basel ist das Konzert vom 6. November in der Gare du Nord. Zur Eröffnung spielt Sasha Boldachev die Cinq préludes fragiles, die er für Harfe arrangiert hat. Danach interpretiert das Asasello-Quartett das 1915 entstandene 1. Streichquartett.

Robert Koller, Bassbariton, und Saori Tomidokoro, Piano, führen sechs späte Lieder weltweit erstmals auf. Es handelt sich dabei um folgende Werke für Bariton und Klavier: Two Poems (1941/nach James Joyce), Ave Atque Vale: Drei Dionysos-Dithyramben nach Fr. Nietzsche (1948) und Ernste Stunde (1959/nach Rilke). Abgerundet wird das Konzert mit einer Suite nach der Ballett-Musik aus Der Mohr Peter des Grossen (1949-61) arrangiert für Harfe von A. Boldachev, ebenfalls eine Uraufführung.

Die Arthur Lourié Gesellschaft Basel setzt sich seit 2005 für die Verbreitung und das Verständnis der Werke des Komponisten Arthur Lourié ein. Die künstlerische Leitung der 9. Musiktage, die vom 2. bis 6. November stattfinden, liegt bei Stefan Hulliger.

www.lourie.ch
 

«The Pixel» überzeugen MKZ-Jury

Dieses Jahr ist zum zweiten Mal der mit 5000 Franken dotierte Preis Förderpreis Pop/Rock/Jazz der Musikschule Konservatorium Zürich (MKZ) vergeben worden. Für den Finalwettbewerb vom 5. November 2015 hatten sich drei Solisten und eine Band qualifiziert.

Foto: zvg

Aus vielen sehr guten Vorträgen habe am Ende die Performance der jungen MKZ-Band aus dem Zürcher Seefeld herausgeragt, schreibt die Stadt Zürich in einer Medienmitteilung. Mit ihren leicht melancholischen Eigenkompositionen und ihrer äusserst kompakten Spielweise überzeugten die vier Teenager sowohl Publikum als auch Jury.

Das Preisgeld wird von der Förderstiftung MKZ zur Verfügung gestellt und ist an eine musikalische Verwendung gebunden, sei es für eine Ausbildung, oder zur Finanzierung von Aufnahme-Sessions. Obwohl in der Kategorie Solo kein Förderpreis verliehen wurde, sah Stiftungs- und Jurypräsident Andrea F.G. Raschèr nur Sieger auf der Bühne des Kanzlei-Clubs: «Es ist faszinierend, wie hoch das Niveau in den verschiedenen Sparten populärer Musik an MKZ ist.»
 

Neue Ideen für Gottesdienst und Konzert

Die katholische und die reformierte Kirche des Kantons Zürich schreiben zusammen mit der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) den Wettbewerb «Klang & Gloria» für Kirchenmusik aus. Beiträge können bis am 31. März 2016 eingereicht werden.

Orgel in der Schlosskirche Chemnitz. Foto: Sylvia-Verena Michel / pixelio.de

Neue Ideen für Gottesdienst und Kirche seien gesucht, schreiben die Organisatoren. Die Wettbewerbsaufgaben verlangen denn auch zwei Präsentationen, die als Video auf die Website www.klangundgloria.ch hochzuladen sind, und zwar die Bearbeitung eines Kirchenliedes und die Gestaltung eines Textes. Der Stil kann frei gewählt werden. Angesprochen sind engagierte Laien und angehende Berufsmusiker sowie Performer anderer Künste ab 18 Jahren.

Mit dem Wettwerb wollen die Organisatoren «auf die vielfältigen künstlerischen und beruflichen Möglichkeiten in der Kirchenmusik aufmerksam machen. Die ZHdK und andere Schweizer Hochschulen bieten verschiedene attraktive Studienangebote im Bereich der Kirchenmusik an. Interessante berufliche Perspektiven ermöglichen die Pfarreien und Kirchgemeinden der beiden Landeskirchen im Bereich Chorleitung und Orgel, da viele Stellen wegen Pensionierungen neu besetzt werden.»

Beat Schäfer präsidiert die Jury, der Burkhard Kinzler, Eugenio Giovine, Lislot Frei, Meinrad Furrer und Fabian Müller angehören.

Die Website www.klangundgloria.ch informiert über Wettbewerbsaufgaben und Teilnahmenbedingungen. Ebendort laden die Teilnehmenden ihre Wettbewerbsbeiträge bis spätestens am 31. März 2016 hoch. Das Preisträgerkonzert schliesslich findet am 28. Mai 2016 im Vortragssaal der ZHdK statt.

www.klangundgloria.ch
 

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