Zürcher Festspiele nur noch alle zwei Jahre

Wie die Festspiele Zürich mitteilen, wird der Anlass künftig nur noch alle zwei Jahre veranstaltet, und zwar in einem zeitlich konzentrierten Zeitraum von drei Wochen im Juni deutlich vor dem Ende der Spielzeit. Im Zwischenjahr soll der Zürcher Festspielpreis vergeben werden.

Foto: Festspiele Zürich

Mit Ursula Gut als Präsidentin und Alexander Keil als Geschäftsführer wird auch die Leitung neu zusammengesetzt. Sie ersetzen Peter F. Weibel und Elmar Weingarten. Ursula Gut war von 1998 bis 2006 Gemeindepräsidentin von Küsnacht und von 2006 bis 2015 Mitglied des Regierungsrats des Kantons Zürich. Alexander Keil arbeitete er unter anderem für das Staatsschauspiel Dresden, die Bayreuther Festspiele sowie zuletzt für das Schauspielhaus Zürich, wo er für Sonderveranstaltungen und Gastspiele zuständig war.

Neu soll zudem die Position eines Kurators geschaffen werden. Dafür wollen die Künstlerische Kommission und der Stiftungsrat «zeitnah eine geeignete Person verpflichten».

www.festspiele-zuerich.ch

Workaholic

Als Leiterin seines Instituts ist Susanne Popp die ideale Biografin für Max Reger. Sie stellt auch viele seiner Werke vor.

Untypisch: Max Reger auf dem Balkon sitzend, 1911. Foto: Max-Reger-Institut, Karlsruhe

Nun hat also auch er sein Jubiläum: Max Reger, der vor 100 Jahren starb und dessen Bekanntheitsgrad in merkwürdigem Verhältnis zum unentdeckten Œuvre steht. Dass Reger viele Orgelchoräle schrieb, sprach sich herum. Doch wer kennt schon das Violinkonzert A-Dur von 1908, die Streichquartette, die Sinfonietta von 1905 oder die kolossale Symphonische Fantasie und Fuge für Orgel op. 57 von 1901, die so gar nicht passt zum Bild des biederen Bewunderers Johann Sebastian Bachs?

Susanne Popp räumt mit Vorurteilen auf: Der stete Bezugspunkt war zwar der ausserordentlich bewunderte Bach, doch Reger begriff ihn als Anfang und Ende aller Musik zugleich. Wenn er wieder Fugen, Präludien und Choräle schrieb, dann niemals im Sinne einer Restauration, sondern im Dienste einer Fortführung eines gewaltigen Erbes unter fortschrittlichen Vorzeichen. Lebendig beschreibt Popp nicht nur das Leben, sondern auch so manches Werk: «wuchtige Klangmassen» in der Inferno-Fantasie zum Beispiel, «die kein tonales Zentrum haben und den ganzen Zwölftonraum umfassen». Oder auch das Spätwerk Requiem aeternam (1915), das Popp aufgrund seiner «Klangflächen und Expressionsfelder» sogar als Vorwegnahme der Ästhetik eines György Ligeti interpretiert.

Seit 1981 ist Susanne Popp Leiterin des Karlsruher Max-Reger-Instituts. Enorm vertraut ist sie daher mit den Quellen. Sie belegt, dass Richard Wagner den Ausschlag gab, Komponist zu werden. Der gelehrte Musikforscher Hugo Riemann macht Reger danach vor allem mit der deutschen B-Linie bekannt, also mit Bach-Beethoven-Brahms. Auf Italiener oder Franzosen war der Komponist zeitlebens nicht gut zu sprechen. Hier war er dogmatisch: Dass Scarlatti zwar Feuer habe, aber eben nicht Wärme wie Bach – das hätte er wie viele seiner deutschen Kollegen sofort unterschrieben.

542 Seiten hat diese Biografie. Allein 60 umfassen die Anmerkungen und Quellenverweise – ein Beleg dafür, wie viel Susanne Popp für dieses herausragende Buch gelesen hat. Viele zitierte Briefstellen vom Schreib- und Kompositionswütigen zeichnen ein sehr direktes Bild, das an manchen Stellen schmunzeln lässt, an anderen wiederum nachdenklich stimmt. Dem Alkohol war Reger ziemlich verfallen; auch dem ständigen Rauchen starker Zigarren. Sein Tod am 11. Mai 1916 war wohl aufs Rauchen zurückzuführen. Susanne Popp hat für den tödlichen Herzschlag am Ende auch eine andere, sehr einleuchtende Erklärung: «Von allen vorausgesehen und doch plötzlich war sein Herz dem permanenten Überdruck, komponierend gegen den Tod und konzertierend gegen das Vergessen anzukämpfen, nicht länger gewachsen.»

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Susanne Popp, Max Reger – Werk statt Leben,
542 S., 39.90 €, Breitkopf und Härtel, Wiesbaden 2015, ISBN 978-3-7651-0450-3

 

 

 

 

Rezensionen der Orgelwerke in der neuen Max-Reger-Werkausgabe:
Band I/4, Choralvorspiele 
Bände I/5–7, Orgelstücke I-III

Zwischen Sanz und Sor

Bisher war nur wenig spanische Gitarrenmusik aus dem Zeitalter der Klassik greifbar.

Gitarrensammlung im Musikmuseum von Barcelona. Foto: Sara Guasteví, wikimedia commons

Im Laufe des 18. Jahrhunderts entwickelte sich die Gitarre vom fünfchörigen Barockinstrument mit zwei Saiten pro «Chor» zur sechssaitigen Konzertgitarre mit einfacher Bespannung, wie sie uns auch heute noch vertraut ist. Aber leider ist insbesondere aus Spanien, dem eigentlichen Mutterland der Gitarre, aus dieser Zeit kaum entsprechende Musik überliefert. Zwischen Gaspar Sanz und Fernando Sor gibt es keine spanischen Gitarrenkomponisten, die heute regelmässig gespielt werden.

Der aus Deutschland stammende, aber seit einem Vierteljahrhundert in Spanien lehrende Gitarrist und Musikwissenschaftler Thomas Schmitt trägt dazu bei, diese Lücke zu schliessen. Im Band Arte de tocar la guitarra española stellt er uns Kompositionen von vier Musikern vor, die zwar zu Lebzeiten in Spanien durchaus beliebt waren, über die wir aber heute nur noch wenig wissen. Es sind dies Fernando Ferandiere, Juan Antonio de Vargas y Guzmán, Isidro de Laporta und Antonio Abreu. Dazu kommt die Sonate eines anonymen Komponisten, der wahrscheinlich aus Lateinamerika stammte. (Umgekehrt wurden einige der Stücke von de Vargas y Guzmán nur in Mexiko gedruckt.)

Die insgesamt zwanzig Nummern im Stile der Klassik sind weder spieltechnisch noch musikalisch besonders anspruchsvoll. Zum Teil gefallen sie sich in der Aneinanderreihung von Klischees und mehr oder weniger originellen Ideen, und die eine oder andere harmonische
Wendung mag die Entwicklung eines grösseren musikalischen Bogens beeinträchtigen. Hübsch klingen die Stücke, wenn sie auf einem zeitgenössischen Instrument mit Darmsaiten gespielt werden, wie es auf den Youtube-Beiträgen von Thomas Schmitt zu hören ist. Kommt noch – entgegen der Anweisung Fernandieres, sich streng an den Notentext zu halten – etwas spätbarocke Interpretations- und Verzierungspraxis hinzu, gewinnen sie weiter an Attraktivität.

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Arte de tocar la guitarra española. Spanische Gitarrenmusik des 18. Jahrhunderts, hg. von Thomas Schmitt, DM 1445, € 19.95, Doblinger, Wien 2015

Musik für Saitenclavier

Erweiterungen für das Repertoire sowie Bekanntes mit Fingersätzen und praktischen Hinweisen.

Foto: Toshiyuki Imai/flickr commons

Das «Camphuysen»-Manuskript, ein Album eines anonymen holländischen Dilettanten aus der Zeit um 1650, ist bereits 1961 von dem jüngst verstorbenen Alan Curtis ediert worden, damals allerdings ohne die neun Intavolierungen von Genfer Psalmen, die nun hier berücksichtigt sind. Nicht alle Stücke sind wirklich ergiebig: Sieben der zwölf Sätze sind einfache Harmonisierungen, deren Oberstimmen allerdings – aufführungspraktisch interessant – reich mit Trillern und Mordenten versehen sind. Insofern sind sie willkommene Zuwächse zur Literatur rund um den Genfer Psalter. Musikalisch am wertvollsten ist allerdings die weltliche Beigabe, eine anonyme drei-versige Bearbeitung der englischen Melodie Daphne.

Die vier Partiten von Georg Muffat, eine Erstausgabe nach einer wieder in Berlin befindlichen Handschrift (SA 4581), sind ein echter Repertoiregewinn. In letzter Zeit traten die Tastenwerke dieses für die Aufführungspraxis barocker Ensemblemusik so wichtigen Komponisten zunehmend ins Bewusstsein. Gegenüber den 2003/04 nach einer Wiener Handschrift edierten Partiten (Bärenreiter BA 8419 und 8460) ist das Notenbild hier angenehmer und leichter lesbar. Die Partita in F-Dur erscheint in beiden Editionen; allerdings sind – was der Herausgeber ungenau referiert – nur fünf Tänze gemeinsam, und beide Versionen enthalten noch zusätzlich je drei Sätze als Unikate.

Womit sollen Verlage nach Abschluss der Gesamtausgaben der zugkräftigen Komponisten noch Geld verdienen? Der Bärenreiter-Verlag legt einzelne Werke aus der Neuen Bach-Ausgabe neu auf, allerdings ergänzt um Fingersätze namhafter Interpreten. Die deutsche Pianistin Ragna Schirmer hat sich für die Goldberg-Variationen dieser Aufgabe unterzogen. Ihre Einträge garantieren weitgehend pianistisch-sicheres Legato. Merkwürdig ist, dass manchmal auch Fingersätze fehlen, wo sie dringend benötigt würden. Die Zuordnungen der Mittelstimmen zu einem der beiden Systeme mittels eckiger Klammern sind meistens hilfreich. Die Leserlichkeit hätte der Verlag an diesen Stellen jedoch verbessern können, wenn auch die Noten ins entsprechende System überführt worden wären, anstatt nur die alte Ausgabe zu übernehmen. Wertvoller sind da Schirmers «sopra»-Vermerke, um die gegenseitige Stellung der sich kreuzenden und ineinander greifenden Spielhände auf dem einmanualigen Klavier anzudeuten. Letztlich wundere ich mich aber, dass noch heute ein bachsches Werk, cembalistisch wie kein anderes, kommentarlos als Werk für modernes Klavier herausgegeben wird.

Neuf psaumes pour instruments à clavier suivis d’une page profane Daphne (après 1652), Extraits du Recueil de Camphuysen, CD 3099, Fr. 18.00, Editions Cantate Domino, Fleurier

Georg Muffat, Vier Partiten für Cembalo (D-Bsa SA 4581), Erstausgabe der vier unveröffentlichten Partiten aus dem Archiv der Sing-Akademie zu Berlin von Markus Eberhardt, EW 796, € 17.50, Edition Walhall, Magdeburg

Johann Sebastian Bach, Goldberg-Variationen, Vierter Teil der Clavier-Übung BWV 988, Urtext hg. von Christoph Wolff, BA 10848, € 10.95, Bärenreiter, Kassel

Addio di Rossini in zwei Versionen

Sowohl das Bravourstück wie das Solfeggio verlangen hohe Virtuosität.

Kärntnertortheater, Aquarell von Carl Wenzel Zajicek (1860–1923). Foto: dorotheum.com, wiki commons

Ob Rossini nun ein genialer Koch war oder nicht, ist umstritten. Sicher ist, dass er sich, als er sich im Alter von 37 Jahren aus dem aktiven Opernleben zurückzog und seinen Lebensabend mit dem Hobby «Komponieren» zubrachte, ausserdem als leidenschaftlicher Gourmet gutem Essen widmete und es liebte, sich mit der Verwaltung seines Vermögens zu beschäftigen. Auch unumstritten ist, dass der aus einem Musikerhaus stammende Gioachino Rossini einer der bedeutendsten Opernkomponisten des Belcanto war. 1792 geboren tritt er mit 20 Jahren das erste Mal als Komponist in Erscheinung. Er verfasst in zwei Jahrzehnten nicht weniger als 39 Opern, später auch Sakral-, Vokal-, Klavier- und Kammermusik., darunter zahlreiche Lieder.

La Cenerentola liegt bereits fünf Jahre zurück, Il Barbiere di Siviglia, eine in nur 26 Tagen fertiggestellte Oper, sechs Jahre (erst spätere Aufführungen sollen diesen beiden Werken den verdienten Ruhm bringen), als Rossini im Frühjahr 1822 eine Spielzeit mit etlichen seiner Opern am Wiener Kärntnertortheater bestreitet. Zum Abschied von Wien komponiert er die nun in der Edition Dohr neu erschienene Cavatina Addio di Rossini, die ursprünglich unter dem Titel Addio ai Viennesi erschien. Dieses Abschiedsgeschenk ist ein Paradestück rossinischer Kompositionskunst. Es wurde in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verschiedentlich nachgedruckt, die vorliegende Ausgabe stützt sich auf die Londoner Fassung aus dem Jahre 1824 und ist, wiewohl bereits von Marilyn Horne und anderen Rossini-Mezzos eingespielt, bislang in keiner modernen Notenausgabe erschienen.

Man tut gut daran, seine Koloraturen aufzupolieren, wenn man diese Cavatina singen will, ein Bravourstück, versehen mit allen Ingredienzen wahrhaften Rossini-Gesangs: grosse melodische Schönheit, reiche Koloraturen, opernhafte Seufzer, das berühmte Rossini-Crescendo. Eine Zugabe par excellence, für Sopran/Tenor oder hohen Mezzosopran/Bariton – allerdings nur mit erheblicher Virtuosität – zu bewältigen.

Interessant auch die Gegenüberstellung mit der im selben Heft herausgegebenen, von Rossini selbst angefertigten Adaption dieser Cavatina als Solfeggio. Sie erschien 1827 in den Gorgheggi e Solfeggi schlicht als Nummer 11. Den Untertitel dieser Vokalisensammlung, «per render la voce flessibile», dürfen wir hier getrost wörtlich nehmen, wenngleich die Solfeggio-Fassung an Virtuosität der originalen Cavatina nachsteht. Die Klavierbegleitung ist vereinfacht, Phrasierungen weichen ab, dieses Stück ist als Übestück gedacht und sogar im Gesangsunterricht einsetzbar. Das Solfeggio ist für vokalisierende Singstimme, wenngleich die Vokalise in der vorliegenden Ausgabe mit Text unterlegt wurde.

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Gioachino Rossini, Addio di Rossini, Cavatina für Singstimme (Mezzosopran oder Bariton) und Pianoforte in zwei Versionen, Partitur, E.D. 14209, € 12.80, Dohr, Köln

 

Ritterschlag im Repertoire

Die im Konzentrationslager entstanden Oper «Der Kaiser von Atlantis» in revidierter Ausgabe.

Felix Nussbaum (1904–1944): Triumph des Todes (Ausschnitt aus dem Titelblatt des Klavierauszugs)

Viktor Ullmann (1898–1944) gehört zu jenen Komponisten, die während der fatalen Jahre des «III. Reichs« nicht nur physisch vernichtet wurden, sondern deren Schaffen mit erschreckender Gründlichkeit auch aus dem Gedächtnis und dem Musikleben verbannt wurde. Erst Ende des 20. Jahrhunderts war das Interesse gross genug für eine wirkliche Aufarbeitung. Es kamen Werke ans Licht und, mehr noch, auf die Bühnen, welche aufgrund ihrer Qualität heute im Repertoire einen bleibenden Platz beanspruchen dürfen.

Dies gilt im schmalen Schaffen von Ullmann insbesondere für sein Streichquartett op. 46, mehr aber noch für die im KZ Theresienstadt entstandene Oper Der Kaiser von Atlantis, die nicht weniger als 32 Jahre auf ihre Uraufführung warten musste – obwohl doch gerade im Epilog zur Melodie des Luther-Chorals Ein feste Burg nach Erlösung gerufen wird: «Komm Tod, du unser werter Gast, / in unsers Herzens Kammer. / Nimm von uns Lebens Leid und Last, / führ uns zur Rast nach Schmerz und Jammer.»

Erstmals 1992 erschienen, wird das vielschichtige Werk nun in einer neu revidierten Ausgabe vom Schott-Verlag vorgelegt – und dass dies in der Reihe der Edition Eulenburg geschieht, darf als ein Ritterschlag im Repertoire angesehen werden. Die stilistisch flexible wie ihrer Instrumentation nach schillernde Partitur wird dabei ergänzt um einen Anhang mit alternativen Versionen, einen Kritischen Bericht und ein ausführliches Vorwort.

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Viktor Ullmann, Der Kaiser von Atlantis oder Die Tod-Verweigerung op. 49b (1943/44), Spiel in einem Akt von Peter Kien, hg. von Henning Brauel; Studienpartitur, ETP 8067, € 36.00; Klavierauszug,
ED 8197, € 36.00; Eulenburg/Schott, Mainz 2015

Hobby? Akkordeonspielen!

Eine breit angelegte und optimal aufbauende Schule für Jugendliche und Erwachsene.

Foto: Horst Benner/pixelio.de

Der Lehrgang von Sabine und Hans-Günther Kölz bezieht sich auf das Standardbass-Akkordeon mit Pianotastatur. Er ist übersichtlich gegliedert in verschiedene sogenannte Levels, die sich jeweils mit einem bestimmten Themenschwerpunkt auseinandersetzen. Was ebenfalls auffällt, sind die speziell bezeichneten Bereiche: «Beatbox» für Rhythmusschulung, «Freetime» für improvisatorische Anregungen, «Fingerfitness» für technische Übungen und «Musikwissen» für Theorie.

Der erste Band (es gibt zwei) ist mit über 100 Seiten sehr «gewichtig» geraten. Die Notensysteme sind gross, was mir bei einem Lehrwerk für dieses Kundensegment nicht zwingend nötig erscheint. Ich finde es wertvoll, dass in Level 1 etwas zur Geschichte des Akkordeons erzählt wird. Danach folgen jedoch Schlag auf Schlag Erklärungen zur Haltung des Akkordeons, zu Spielweise (Handhabung), Aufbewahrung und Pflege, Notensystem und Notenwerten, Takt, Taktangaben und Auftakt, Rhythmus, Artikulation, Dynamik … Wir haben hier also quasi ein Nachschlagewerk vor uns. Die meisten der musiktheoretischen Aspekte sind an dieser Stelle überflüssig, da sie innerhalb der nachfolgenden Übungen, Spielstücke und Lieder nochmals erklärt werden. Die Literaturpalette ist sehr vielfältig, und durch ansprechende Begleit- bzw. Partnerstimmen klingen bereits die einfachsten Stücke sehr interessant. Hinweise zu Komponisten, Musikformen, aber auch neue Thematiken werden jeweils sehr auffallend in einem farbig hinterlegten Kasten präsentiert. Die notierten Zählhinweise sowie die eingetragenen Balgzeichen finde ich überflüssig. Das Zählen gewährleistet nicht, dass der Grundschlag (Puls) bzw. Rhythmus gespürt wird. Die Wichtigkeit einer guten Balgeinteilung ist unbestritten, ebenso, dass man die dazugehörenden Zeichen kennen muss. Gerade bei Jugendlichen und Erwachsenen unterscheiden sich aber die Grössen der Akkordeons immens und der Luftverbrauch der Instrumente weicht stark ab, so dass sich eine genau eingetragene Einteilung der Balgwege im Lehrgang nicht bewährt.

Die beigefügte CD beinhaltet sämtliche Stücke und auch die entsprechenden Übungen. Für meine Ohren klingen die Aufnahmen zwar klar, aber zu monoton und synthetisch (Einbezug elektronischer Instrumente). Das Lehrwerk lässt genügend Raum für eigene Kompositionen und liefert interessante Hinweise zu Improvisationen, Übevarianten, Transpositionen usw. Der fortschreitende Aufbau bezüglich Tonumfang und rhythmischem Material ist optimal gelungen.

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Sabine und Hans-Günther Kölz, Akkordeon spielen –
mein schönstes Hobby. Die moderne Akkordeonschule für Jugendliche und Erwachsene, Band 1, ED 20951, mit CD,
€ 22.99, Schott, Mainz 2013

Orgelwerke vollständig

Die Bände der Reger-Werkausgabe umfassen sowohl gedruckte Noten wie digitale Zusatzmaterialien.

Max Reger im Konservatoriumsrock an der Orgel des Konservatoriums, Nachweis s. unten

Mit den vorliegenden drei Bänden geht das Grossprojekt einer neuen, wissenschaftlichen Gesamtausgabe der Orgelwerke Max Regers zu Ende. Gerade in den weniger bekannten Werkfolgen verbergen sich wahre Perlen, wie das sphärische Ave Maria aus op. 80 oder das streckenweise fast impressionistisch anmutende Präludium in h aus op. 129, die neben den «grossen» Klassikern Regers leider oft ein Schattendasein fristen, obschon sie zum Teil spieltechnisch durchaus auch für fortgeschrittene Laien zugänglich wären.

Neben den wunderschönen Notenbänden mit einem mustergültig präsentierten Text liefern die beiliegenden DVDs eine unglaubliche Fülle an Zusatzinformationen. Auf der einen Seite sind Entwürfe (wenn vorhanden), Manuskripte, Stichvorlagen, Erstausgaben und interessante spätere Editionen einsehbar, so Karl Straubes «Einrichtungen» dreier Stücke aus op. 59 oder diverser Präludien und Fugen aus op. 65 und 80 (seltsam allerdings, dass ausgerechnet die bekannte Toccata und Fuge in d/D aus op. 59 in Straubes Edition nicht berücksichtigt wurde) oder Regers eigene Bearbeitungen gewisser Werke für Harmonium. Visualisierungen der Abweichungen zwischen den Fassungen erlauben einen detaillierten Einblick in die Entstehungsgeschichte der Werke und legen die editorische Arbeit offen. Andererseits sind wiederum (vgl. Besprechung des Bandes mit den Choralvorspielen) diverse weitere Informationen zu den Werken greifbar, zeitgenössische Rezensionen, Korrespondenz Regers, Angaben zu den Organisten der Uraufführung etc. Mit dieser Editionspraxis dürfte Carus Massstäbe setzen, wie sich ein Werk und sein Kontext unter Einbezug modernster technischer Mittel «komplett» erschliessen lassen, begünstigt durch die Tatsache, dass im Falle Regers die entsprechenden Archivalien gut zugänglich sind. Erfreulicherweise hat sich der Verlag zudem dafür entschieden, die bekanntesten Werke (u. a. einige Choralfantasien, die meistgespielten freien Grosswerke, aber auch Choralvorspiele und kleinere Stücke wie op. 59) auch in Einzelausgaben zu publizieren, wodurch diese auch Interpreten und Interpretinnen zugänglich sind, die den sehr hohen – aber durch den Inhalt in jeder Beziehung gerechtfertigten – Preis für die Gesamtausgabe nicht leisten wollen.

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Max Reger: Werkausgabe; Bände I/5–7,Orgelstücke I–III, CV 52.805–52.807, jeder Band inkl. DVD, € 185–208, Carus, Stuttgart 2015

Max Reger: Werkausgabe; Bände I/5–7,Orgelstücke I–III, CV 52.805–52.807, jeder Band inkl. DVD, € 185–208, Carus, Stuttgart 2015

Besprechung der Reger-Biografie von Susanne Popp.

Bild oben: Max Reger im Konservatoriumsrock an der Orgel des Konservatoriums, 1908 (Ausschnitt). Foto: E. Hoenisch, Max-Reger-Institut (Nachlass Fritz Busch), Karlsruhe

Saxofonschulen 1846 und heute

Was soll ein solcher Lehrgang leisten? Ein Blick zurück und auf das neue «Magic Saxophone».

Foto: James Taylor/flickr commons

Georg Kastner hat 1846 die wahrscheinlich erste Méthode Complète et Raisonnée de Saxophone ediert. Dieses Unterrichtswerk wurde Adolphe Sax gewidmet und ist nur wenige Jahre nach der Erfindung des Instruments entstanden. In der Bibliothèque Royale in Paris erhält man Einblick in eine Methode, die, wie viele Instrumentalschulen des 19. Jahrhunderts, nach Einführung elementarer Musiktheorie und Aufführungspraxis instrumentaltechnische Anweisungen erteilt und die Baucharakteristik des Instrumentes beschreibt. Anschliessend folgen erste Übungen: «Les exercices doivent s’exécuter ad libitum, sous le rapport du mouvement, (…) il faut répéter plusieurs fois chaque exercice. L’attaque de chaque note doit s’effectuer par un coup de langue sec et soutenu toute la durée de la note.» – So lauten die Erklärungen für die Übungen in C, die mit Ganzen, Halben, Vierteln, Achteln und Sechzehnteln während mehreren Seiten in Intervallen ohne Alterationen den Umfang von zwei Oktaven erreichen. Danach wird das Gelernte im Duospiel mit dem Lehrer gefestigt und die Intonation geübt. Zwischen den fortschreitenden Übungen und Musikstücken aus Kastners Feder sind immer wieder kurze prägnante Merksätze eingefügt – im Grossen und Ganzen bedient sich die Methode der Notation als Vermittlungsgrundlage und lässt die Musik nicht zu kurz kommen: «Choix de morceau facile de divers auteurs.» Weiter Herausforderungen bieten Marschner, Cimarosa, Mozart, Rossini, Auber, Bellini und nicht zuletzt der Autor selbst in den «Variations faciles et brillantes».

Magic Saxophone nennt sich die neue Schule von Barbara Strack-Hanisch. Die vielseitige Musikerin (Flötistin, Saxofonistin, Instrumentalpädagogin und Musikwissenschaftlerin) legt mit ihrem umfassenden Unterrichtswerk eine beindruckende Sammlung von Übungen Spielanleitungen, Tipps, Musikstücken, Improvisations- und Kompositionsideen vor, die sorgfältig und durchdacht aufgebaut sind. Die Schule umfasst zwei Bände, jeweils für Altsaxofon oder Tenorsaxofon. Spielband eins und zwei ergänzen die in den Kapiteln behandelten Themen mit Volksweisen, Liedern aus Film und Fernsehen, klassischen und romantischen Melodien grosser Meister und swingenden Momenten aus der Feder von James Rae. Die Duette und Solostücke mit einfacher Klavierbegleitung laden zu eigenständiger Gestaltung ein, denn die Autorin hat bewusst auf das Setzen von Atemzeichen und Dynamikangaben verzichtet.

Einmal mehr wirft das Betrachten dieser Saxofon-Schulen Fragen auf: Was wollen wir heutzutage im Instrumentalunterricht wie und warum vermitteln? Welche Stoffe scheinen uns von Bedeutung und welche wecken die Neugierde der Kinder, Jugendlichen und erwachsenen Lernenden? Was hat ein Kind um 1846 motiviert, mit welchen Mitteln können wir heutzutage unsere Schülerinnen und Schüler begeistern? Haben historische Instrumentalschulen gegenwärtig noch eine pädagogische Relevanz? Inwiefern sind zeitgenössische Publikationen über diese Inhalte hinausgewachsen?

In einer stark vom Individualismus geprägten Welt scheint mir ein auf die verschiedenen Schülerinnen und Schüler zugeschnittener Weg erstrebenswert. Modularität ist hier das Schlagwort – Aufteilung eines Ganzen in individuell abgestimmte Teile, die nach und nach zusammengefügt und ausgetauscht werden können oder allmählich an Schnittstellen interagieren. So fusst der Unterricht auf einem Gesamtsystem, das – ähnlich wie eine Instrumentalschule – in Form und Inhalt geprägt ist durch den Lehrenden und dessen implementierter Musiktradition. Durch die Modularität der teilweise standardisierten Elemente tritt sie dem Schüler jedoch in wahrhaft magischer Weise entgegen und kann von ihm mitbestimmt werden.

Viele Wege führen zur Musik. Gewiss ist: Die Wanderung ist schöner und macht mehr Freude, wenn wir als selbstbestimmte Lernende beteiligt sind. Eine Wanderkarte ist nicht für jeden ein Erlebnisgarant, eine Saxofonschule kein verlässliches Rezept für musikpädagogische Höhenflüge. Auch ein Bergrutsch ist nicht auszuschliessen: Eine Methode trägt das Risiko mit sich, Selbstzweck zu sein, anstatt den betreffenden Schüler zu fördern. Ob Magic Saxophone tatsächlich – wie Daniel Gauthier in der Einleitung schreibt – eine Schule für Kinder unserer Zeit ist, können nur die Schüler selbst beantworten.

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Barbara Strack-Hanisch, Magic Saxophone, Altsaxofonschule, Der spielerische Einstieg für Kinder
ab acht Jahren sowie Jugendliche und Erwachsene;
Band 1, UE 36001; Band 2, UE 36003;
je € 16.00 mit CD, Universal Edition, Wien

id., Spielband für Altsaxofon;
Band 1, UE 36002; Band 2, UE 36004; je € 12.50

id., Tenorsaxofonschule, UE 36421 und UE 36423;
Spielband für Tenorsaxofon, ­UE 36422 und UE 36424

Muster-gültig

Fünf Hits für variable Besetzung, die aus einfachen Bausteinen zusammengesetzt sind und sich anpassen lassen.

Ausschnitt aus dem Heftcover

Ein universales Unterrichtsmittel, das von Ulrike Schimpf und Alexander Kowalsky bei der Edition Peters herausgegeben worden ist, verspricht «easy» zu sein: fünf Stücke die im Baukastenprinzip beliebig zusammengesetzt und in beliebiger Besetzung gespielt werden können. Die Hefte zu diesem Konzept sind erhältlich für alle Band- und Orchesterinstrumente

Versammelt sind drei bekannte Hits (La Bamba, Tequila und Get the Party Started von Pink) sowie eine von Kowalsky komponierte Rapnummer und ein reines Perkussionsstück mit Choreografie-Vorschlag. Alle Titel sind von starken Grooves geprägt und in einzelne Patterns zerlegt worden. Diese mehrstimmig notierten Bausteine werden für die Spieler jeweils auf einer Doppelseite übersichtlich dargestellt. Für jeden Song gibt es Melodieteile, Fills, Breaks, Basspatterns und Improvisationshilfen. Ergänzend geben die Autoren zu jedem Stück ein eintaktiges Bodypercussion-Pattern an und unten auf jeder Doppelseite ist ein Formschema abgedruckt, welches Platz zum Eintragen des individuellen Arrangements lässt.

Die beiliegende CD enthält einen Audioteil, auf welchem eine komplette Demoversion jedes Titels in hervorragender und mitreissender musikalischer Qualität, eine Play-along-Fassung in verlangsamtem Tempo sowie eine reine Begleitversion mit Bass und Schlagzeug zu finden ist. Darüber hinaus sind auf einem Datenteil sämtliche Pattern einzeln als mp3-Versionen gespeichert.

Jedem Baustein sind auf der Übersichtsseite Handzeichen zugeordnet. Damit kann der Bandleader in der Probe oder im Konzert den Ablauf und die Form des Stücks steuern. Die Autoren geben ausserdem vier ausführlich beschriebene Spielvorschläge, wie die Stücke präsentiert werden können.

Easy pattern beindruckt durch eine enorme Vielseitigkeit und Offenheit des Konzepts, wodurch es sich tatsächlich an fast jedes Niveau und alle möglichen Besetzungen anpassen lässt, und ebenso durch seine übersichtliche Darstellung, die ausführlichen und klaren Erklärungen sowie die hervorragend gemachte Begleit-CD.

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Ulrike Schimpf, Alexander Kowalsky, Easy pattern.
5 Hits für jede Besetzung, EP 11377-1 bis EP 11377-9,
je € 9.95, Edition Peters, Leipzig u.a. 2015

Fit für die Flöte

Eine gelungene Sammlung von Atem- und Körperübungen für Unterricht und eigenes Spiel.

Foto: epics – fotolia.com

Das Buch entstand, wie die Autorin am Anfang schreibt, weil sie selbst ihr Flötenspiel als zu verkrampft empfunden hatte. Daraufhin begann sie sich mit den Vorgängen im Körper während des Spielens zu befassen. Angela Buer-Meinschien, die Flöte und Klavier unterrichtet und eine Eutonieausbildung hat, beschäftigt sich dabei mit der Körperspannung beim Musizieren, die sowohl zu stark als auch zu schwach sein kann, und dem bewussten Einsatz des Zwerchfells. Im ersten Kapitel «Ankommen» werden verschiedene Übungen zur Lockerung vorgestellt wie Beinschwingen, Armschwingen und Körperabklopfen, auch wurden Übungen aus der Kinesiologie integriert, wie die Überkreuzübung. Im zweiten Kapitel widmet sich die Autorin dem Aufrichten und dem Bodenkontakt, um dem Flötenspiel eine stabile Grundlage zu geben. Dabei geht sie auch auf die Lockerung der Muskulatur von Nacken, Schultern, Gesicht und Hals ein.

Das Kapitel «Atmung» beginnt mit der Anregung der Atmung durch Schnuppern und Schnüffeln und der Druckpunktübung der bekannten Atemtherapeutin Ilse Middendorf. Es folgen Übungen zur Erweiterung der Einatmungskapazität bei der Bauch-, Rippen-Flanken- und Brustatmung und wie man diese in einem Atemgang zur Vollatmung vereinen kann; ebenso zur besseren Führung der Ausatmung. Das grundlegende Thema der Atemstütze beschreibt sie als Koppelung der Anspannung des Zwerchfells und der Vollatmung und illustriert dies mit weiteren Übungen. Am Schluss werden noch kurz die Themen «Kräftiger Ton» und «Schlanker Ton» beleuchtet. Zusammenfassend bietet die Autorin noch verschiedene Übungsprogramme für die «Müde Grundstimmung» und die «Unruhige Grundstimmung» als Vorbereitung auf das Flötespielen.

Das Buch gibt einen vielseitigen Überblick über die verschiedenen Atemübungen, mit denen das Körpergefühl beim Spielen verstärkt und Spannungen ausgeglichen werden können. Welche der 60 Übungen dem eigenen Spiel am meisten nutzen, wird jeder und jede am besten selbst erproben.

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Angela Buer-Meinschien, Mach dich fit fürs Flötespielen! 60 Körperübungen zu Atemtechnik, Haltung und Entspannung, UE 36 389, 34 S., € 9.95, Universal Edition, Wien 2015

Kontrapunkt-Rezepte

Ein klar aufbauendes Lehrbuch, das sich auf Quellen stützt und Lust auf eigene Versuche macht.

Foto: Michael Apmann/pixelio.de

Die Monografie Kontrapunkt I: Die Musik der Renaissance von Johannes Menke bildet den zweiten Band der vom Laaber-Verlag veranlassten Reihe Grundlagen der Musik. Menke ist Professor für historische Satzlehre an der Schola Cantorum in Basel und seine Publikation ist u. a. aus der Arbeit mit seinen Studenten hervorgegangen. Das Buch soll keine Abhandlung zur Geschichte der Satzlehre, sondern vielmehr ein Lehrbuch sein, das informieren, anregen und orientieren möchte. Der Autor erreicht sein Ziel mit einer begeisternden Art, einem äusserst systematischen und durchdachten Aufbau sowie nicht zuletzt einer einfachen und verständlichen Ausdrucksweise. Dabei verfolgt er konsequent einen historischen Ansatz, fügt gekonnt (selber übersetzte) Quellentexte ein und scheut sich beispielsweise im Einleitungsteil «Allgemeine Grundlagen» auch nicht, grafische oder tabellarische Darstellungen aus Traktaten einzufügen. So wird dem Leser die Welt der Renaissance eindrücklich vor Augen geführt und gleichzeitig werden Sachverhalte wie die Solmisation, Musica ficta oder Modalität auf verständliche Weise erklärt. Besonders die Modalität mit ihren im 16. Jahrhundert drei parallel koexistierenden Systemen (die klassischen acht Modi, die zwölf Modi Glareans sowie die acht Psalmtöne) wurde bisweilen auch schon auf verwirrende und konfuse Art erörtert.

Für Menke sind Traktate weniger Gesetz- als vielmehr Rezeptbücher, die Möglichkeiten aufzeigen und in denen sich die verschiedenen Autoren über ihre persönlichen Vorlieben äussern. Bei einer solch unverkrampften Einstellung, die nicht unverzüglich die Energie auf zu vermeidende Fehler lenkt, fällt es dem Leser leicht, bald mit den ersten eigenen Kompositionsübungen zu beginnen oder zumindest einige der vielen abgebildeten Notenbeispiele selber zu spielen. Menke beginnt rasch mit relativ einfachen vollstimmigen Beispielen (etwa mit Kadenzbildungen, sogenannten clausulae), damit gar nicht erst eine Hürde vor der Vollstimmigkeit aufgebaut wird. Obwohl Kontrapunkt I: Die Musik der Renaissance als Lehrbuch und nicht als eigentliches Arbeitsbuch angelegt ist, enthält es zahlreiche Anregungen und Orientierungshilfen, um selber kompositorisch aktiv zu werden. Insofern bietet Menkes Buch sowohl Studenten, Berufsmusikern und Musikliebhabern eine gewinnbringende Lektüre und kann auch Lehrpersonen mit wertvollem Anschauungsmaterial oder als Nachschlagewerk dienen. Einen kleinen Wermutstropfen stellen lediglich einige fehlerhafte doppelte Leerzeichen oder die wenigen sprachlichen Fehler dar, die bei einer zusätzlichen Textkorrektur ohne Weiteres gefunden worden wären.

Ganz seinem Konzept folgend, überlässt Menke auch das letzte Wort den Quellen und zitiert im Nachwort Gallus Dresslers Empfehlungen an Lernende und Lehrende aus dessen Praecepta musicae poëticae (1563).

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Johannes Menke, Kontrapunkt I: Die Musik der Renaissance, Grundlagen der Musik 2, 324 S., € 29.80, Laaber-Verlag, Laaber 2015, ISBN 978–3–89007–825–0

Florian Favre Trio gewinnt Grand Prize Albert Michiels

Das Schweizer Florian Favre Trio hat am Festival Leuven Jazz 2016 sowohl den Grand Prize Albert Michiels als auch den Sabam for Culture Prize für die beste Interpretation eines vorgegebenen Werkes gewonnen.

Foto: @ Reto Andreoli

Das Trio, bestehend aus Florian Favre (Klavier) und Manu Hagmann (Kontrabass) – beide Absolventen der Hochschule der Künste Bern (HKB) im Studienbereich Jazz – sowie dem Schweizer Ausnahmeschlagzeuger Arthur Hnatek, konnte sich im Finale gegen die weiteren fünf Finalisten aus fünf verschiedenen Ländern durchsetzen.

Die Jury lobte das hohe Mass an Professionalität und Sachverstand sowie das differenzierte Spiel des Trios, das keine dramaturgischen Schwächen zuliess. Die drei hätten mit hoher Kohärenz und Interplay immer das Gleichgewicht zwischen Ernsthaftigkeit und sichtlicher Spielfreude sowie den Draht zum Publikum gefunden.

Das Festival Leuven Jazz verselbständigte sich 2013 von dem städtischen Festival Kulturama, von dem es zuvor ein Teil war. Neben lokalen und internationalen Musikern präsentiert es Filme und Literatur zum Jazz. 

Theater ohne Drama

Huldigende Planeten interpretiert vom Barockorchester La Cetra und dem Vokalensemble Basel.

Bild: Manuel Tellur/pixelio.de

Selbst das ehrwürdige Label Archiv Produktion ist bei der Gestaltung der CD-Covers der Mode verfallen, Bilder auszusuchen, die überhaupt keinen Bezug haben zum musikalischen Inhalt. Auf der Ersteinspielung einer Serenade des Wiener Hofkapellmeisters Antonio Caldara bewundern wir das Porträt einer maskierten jungen Dame, deren Gesicht und Décolleté mit bunten Schmetterlingen bedeckt ist. Dabei bietet das Werk vieles an, was die Fantasie der Hörer und Leser beflügeln könnte.

Caldara schrieb La concordia de’ pianeti 1723 als Glückwunsch und Huldigungsgabe für die Kaiserin Elisabeth, die damals gerade schwanger war. Die Gattungsbezeichnung ist wörtlich zu nehmen: Die Serenade wurde unter freiem Himmel – a ciel sereno – uraufgeführt. Zwar weist das Libretto die übliche Folge von Rezitativen und Da-capo-Arien auf, die Unterschiede zu einer Oper sind aber relevant. Es gibt vier Chöre, statt dem in Opern üblichen Tutti im Finale; anstelle einer fortschreitenden Handlung besingen die verschiedenen Götter des griechischen Olymp im Turnus die kaiserliche werdende Mutter. Die Arien der Götter werden ihren unterschiedlichen Persönlichkeiten entsprechend vertont, Mars beispielsweise singt mit Trompetenbegleitung (Nr. 28, Da mia tromba). Ohne Spannung, ohne Story könnte das Ganze langweilig werden. Die Musik bleibt aber recht abwechslungsreich, oft mit einem tänzerischen, nie schwermütigen Charakter.

Vor allem sorgt das Barockorchester La Cetra unter Andrea Marcon für einen glanzvollen Musikgenuss. La Cetra ist ein wichtiger Bestandteil des Basler Musiklebens, besonders die jährliche Produktion am Theater Basel. Auch im Ausland werden die Musiker geschätzt; Caldaras Serenade wurde im Januar 2014 in Dortmund aufgeführt und aufgenommen. Das Orchester spielt hervorragend: energisch, präzis, klanglich eine Freude. Die Sänger vermögen insgesamt auf diesem Niveau zu bleiben. Besonders zu erwähnen sind die Leichtigkeit und der Geschmack in den Verzierungen von Carlos Mena (Mars), beispielsweise in seiner Arie Non v’è bella che non creda (Nr. 12). Die Stimme von Franco Fagioli (Apoll) ist sehr eindrucksvoll, jedoch würde eine etwas deutlichere Aussprache sicher nicht schaden (Nr. 13, So ch’io dal suolo alzai).

Das Booklet liefert alle Informationen über das Werk und den Komponisten, die man sich beim ersten Kennenlernen wünschen kann; das Libretto ist viersprachig abgedruckt. Auf den 52 Seiten haben neben den Gesichstzügen Antonio Caldaras und Andrea Marcons leider keine weiteren Bilder Platz gefunden.

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Introduzione
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Aria «Questo dì così giocondo» (Apollo)
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Coro «Tu sei cara in pari guisa» (tutti, coro)
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Drescher Leiter der Schola Cantorum Basiliensis

Die Fachhochschule Nordwestschweiz hat Thomas Drescher per April 2016 zum neuen Leiter der Schola Cantorum Basiliensis gewählt. Er leitet die Schule bereits heute interimistisch.

Foto: zvg

Thomas Drescher ist promovierter Musikwissenschaftler und bereits seit 26 Jahren an der Schola Cantorum Basiliensis tätig, zuerst als Mitglied der Forschungsabteilung und seit 1998 als Stellvertretender Leiter. Ebenso war er über zwanzig Jahre als freier Musiker (Ensemblesänger/Barockvioline/Viola) in verschiedenen Ensembles und Orchestern der Alten Musik tätig.

Die 1933 gegründete Schola Cantorum Basiliensis ist ein Ausbildungs- und Forschungsinstitut für Alte Musik. Seit 2008 bildet sie zusammen mit der Hochschule für Musik die Musikhochschulen FHNW. Sie ist damit auch Teil der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW).
 

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