Klassik-Openairs immer beliebter

Open Air-Konzerte von Orchestern werden beim Publikum immer beliebter. Die populären Sommerauftritte seien ein weiteres Indiz, dass sich immer mehr Menschen, darunter viele junge, für klassische Musik interessierten, schreibt die Deutsche Orchestervereinigung (DOV).

Staatsoper für alle, Berlin 2016. Foto: Thomas Bartilla

Laut der DOV kamen über 40’000 Zuhörer am 9. Juli in Berlin zum Staatsoper-für-alle-Konzert mit der Berliner Staatskapelle und Daniel Barenboim. Beim Sommernachts-Open Air des Kasseler Staatsorchesters waren am 16. Juli mehr als 30’000 Zuhörer. Dem hr-Sinfonieorchester hörten am 17. August in Frankfurt 20’000 Menschen zu, und zum NDR Classic Open Air am 23. Juli in Hannover versammelten sich 37’000 Musikliebhaber. Viele Konzerte werden auf Leinwände oder per Livestream, im Radio und Fernsehen übertragen.

Auch in der Schweiz schnuppern die Sinfonieorchester immer mehr frische Luft. So tritt am kommenden 27. August vor der Tonhalle St.Gallen an seinem 16. Klassik-Openair-Konzert das Sinfonieorchester St. Gallen auf. Am 8. bis 10 Juli bespielte das Musikkollegium Winterthur an seinem Classic Openair den Winterthurer Rychenbergpark.

Sacher Stiftung verkauft Bach-Manuskript

Die Basler Paul Sacher Stiftung will das bedeutende Manuskript der Bach-Kantate BWV 20, «O Ewigkeit, du Donnerwort», dem Leipziger Bach-Archiv verkaufen. Bis zum Ende des Jahr 2016 offeriert sie dem Archiv das Dokument exklusiv für 1,98 Millionen Euro.

Ausschnitt aus dem Manuskript (Bach-Archiv Leipzig)

Nach Bachs Tod ging das originale Stimmenmaterial der Kantate laut dem Bach-Archiv Leipzig in den Besitz der Thomasschule über. Es wird heute im Bach-Archiv Leipzig aufbewahrt. Die Partitur hingegen sei im frühen 19. Jahrhundert in Berlin aufgetaucht und habe im Jahre 1917 von Henri Hinrichsen für die Musikbibliothek Peters erworben werden können.

Nach der Ermordung Hinrichsens in Auschwitz nahm sein Sohn Walter die Partitur 1945 an sich und brachte sie nach New York. 1982 wurde sie von Paul Sacher auf einer Auktion der Firma Sotheby’s für seine Sammlung in Basel erworben. Die mit zwölf Blättern aussergewöhnlich umfangreiche Partitur dokumentiert Bachs schöpferischen Prozess besonders instruktiv und detailliert. Sie sei dadurch für die Erforschung seiner Schaffensweise und Revisionstätigkeit ausserordentlich wertvoll, schreiben die Leipziger.

Durch die Hilfe öffentlicher Fördermittelgeber sowie privater Unterstützerinnen und Unterstützer konnte die Stiftung Bach-Archiv bereits rund 1,5 Millionen Euro für den Erwerb der «um ein Vielfaches wertvolleren Handschrift» zusammenbringen. Für die Finanzierung der verbleibenden rund 500’000 Euro bittet das Archiv um Spenden.

Mehr Infos: www.bach-leipzig.de/de/bach-archiv/o-ewigkeit-du-donnerwort

Bayerische Staatsbibliothek baut RISM-Engagement aus

Die Bayerische Staatsbibliothek hat zwei Kooperationsverträge unterzeichnet und baut damit ihr Engagement bei den internationalen Projekten RISM (Répertoire International des Sources Musicales) und RIdIM (Répertoire International d’Iconographie Musicale) weiter aus.

Bayerische Staatsbibliothek. Foto: Janericloebe, wikimedia commons,SMPV

Im RISM-Vertrag, der zwischen dem Verein Internationales Quellenlexikon der Musik e.V., der Staatsbibliothek zu Berlin und der Bayerischen Staatsbibliothek abgeschlossen wurde, verpflichtet sich die Staatsbibliothek zu Berlin, das Hosting des neuen RISM-Erschliessungssystems Muscat zu übernehmen. Muscat wird Ende 2016 das bisherige System Kallisto ablösen, das auch schon in Berlin gehostet wird.

Die Bayerische Staatsbibliothek hat sich dazu verpflichtet, das Präsentationssystem für die RISM-Daten (RISM-OPAC) weiterhin zu hosten und auch weiter zu entwickeln. Der RISM-OPAC (opac.rism.info) wurde 2008 in einem gemeinsamen Projekt zwischen RISM, der Staatsbibliothek zu Berlin und der Bayerischen Staatsbibliothek konzipiert.

Der zwischen der Association RIdIM, der RISM-Arbeitsgruppe Deutschland und der Bayerischen Staatsbibliothek abgeschlossene RIdIM-Vertrag regelt die regelmässige Weitergabe der deutschen RIdIM-Daten an die internationale RIdIM-Datenbank (db.ridim.org). Die an der Bayerischen Staatsbibliothek angesiedelte und von der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften in Mainz geförderte deutsche RIdIM-Arbeitsstelle erschliesst seit 1979 musikikonografische Quellen, die seit 2007 in einer online bereitgestellten Datenbank recherchierbar sind: www.ridim-deutschland.de.

Karl Burris Instrumente gerettet

Die Zukunft der Instrumentensammlung von Karl Burri war lange Zeit unklar. Eine Stiftung konnte die Bestände sichern. Die Ausstellung wird Anfang 2017 in Bern neu eröffnet.

Karl Burri mit Posaune. Foto: Klingende Sammlung

Karl Burri, der schweizweit bekannte Instrumentenhändler, Förderer der Blasmusik und Sammler historischer Instrumente, hinterliess nach seinem Tod eine bedeutende Sammlung von weit über 1000 Blasinstrumenten und Trommeln aus 300 Jahren. Obschon das öffentliche Interesse gross war und das Museum in Zimmerwald von Laien wie Fachpersonen gut besucht wurde, musste um das Fortbestehen der Sammlung gebangt werden. Gut zehn Jahre später ist damit endlich Schluss: Die eigens zu diesem Zweck gegründete «Stiftung Instrumentensammlung Burri» hat die Sammlung vollumfänglich übernommen und wird sie mitten in der Berner Altstadt zugänglich machen.

Burris Erbe wird künftig als «Klingende Sammlung» an der Kramgasse 66 (zwischen Zytglogge und Konsi) ausgestellt sein. Für das Konzept konnte der Szenograf Martin Birrer verpflichtet werden; private Sponsoren werden den Betrieb gewährleisten.

Die Klingende Sammlung wird mehr sein als ein Museum. Neben der Dauerausstellung und Führungen zu verschiedenen Themen (Brass Band, Instrumentenbau) werden auch Workshops angeboten. Musikbegeisterte dürfen einige der Instrumente selber ausprobieren und spielen. Zudem erforscht die Klingende Sammlung die historisch bedeutenden Instrumente und verleiht sie auch an Spezialisten.

Die Klingende Sammlung wird am 21. Januar 2017 Eröffnung feiern.

Weitere Informationen unter: www.klingende-sammlung.ch

Keine Vertragsverlängerung für Bringuier

Lionel Bringuier, der Chefdirigent und Musikalische Leiter des Zürcher Tonhalle-Orchesters und die Tonhalle-Gesellschaft Zürich haben «gemeinsam entschieden, den Vertrag, der noch bis Ende Saison 2017/18 dauert, auslaufen zu lassen».

Foto: Paolo Dutto

Laut der offiziellen Mitteilung der Tonhalle-Gesellschaft Zürich «freuen sich der Vorstand und die Geschäftsleitung über die weitere Zusammenarbeit mit Lionel Bringuier in den kommenden zwei Jahren und über die gemeinsamen Herausforderungen und Chancen am neuen Spielort in Zürich West ab 2017/18».

Lionel Bringuier hat das Amt in Zürich 2014 von David Zinman übernommen. Bisherige gemeinsame Höhepunkte seien unter anderem die Uraufführung des Orchesterwerks «Karawane» von Esa-Pekka Salonen zum Saisonstart 2014/15 gewesen, die Einspielung sämtlicher Orchesterwerke Maurice Ravels bei der Deutschen Grammphon sowie die beiden erfolgreichen Europa-Tourneen mit Wiedereinladungen, schreibt die Tonhalle-Gesellschaft.

Familienzone

Vom 6. bis 20. August 2016 bestimmen am Davos Festival verwandtschaftliche Beziehungen das Programm und eine freundschaftliche Atmosphäre den künstlerischen Austausch.

Alle Fotos stammen von der Landpartie am 7. August

Die Noten werden mit Wäscheklammern befestigt. Auf dem Büfett-Tisch warten Birchermüesli, Gipfeli und Schweizer Käsevariationen auf die Konzertbesucher. «Landpartie – der Familienbrunch am See» heisst das zweite Konzert des Davos Festivals. Der Anlass am Schwarzsee ist eine Premiere. Wieder einmal hat Intendant Reto Bieri einen neuen Konzertort entdeckt, der vertraute Musik in eine ungewohnte Umgebung setzt. Ein Sonntagsausflug in Freizeitkleidung mit Musik, netter Gesellschaft und leckerem Essen – eine Kombination, die an diesem Morgen bei strahlendem Sonnenschein perfekt funktioniert. Dabei ist das Open-Air-Konzert kein blosser Versuch, klassische Musik für den heutigen Konzertbesucher schmackhafter zu machen, denn die Bläser-Serenaden wurden von Wolfgang Amadeus Mozart wirklich für eine Aufführung im Freien komponiert. Wenn nun die acht jungen Bläser und ein Kontrabassist die Serenade in Es-Dur KV 375 spielen und man an Bierbänken sitzend zuhört, dann dringt Musik auf selbstverständliche Weise in den Alltag. Der Davos-Festival-Kammerchor unter der Leitung von Andreas Felber verzückt nicht nur mit perfekt intonierten Schubert-Sätzen, sondern singt auch gemeinsam mit dem Publikum die Volkslieder Meitäli, wenn dü witt go tanzä und Il Cucu. Auch die alpenländischen Klänge der Wiener Formation Alma passen sehr gut zu diesem lauschigen Platz am See. Kitschfreies Jodeln trifft hier auf knackiges, stark rhythmisch geprägtes Violinspiel. Ziehharmonika und Kontrabass sorgen für Farbe und Erdung.

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Reichhaltiges Menu

«Familienzone» heisst das diesjährige Motto. Entdeckt hat es Bieri in den Bahnwagen der SBB. Theoretische Dramaturgiekonzepte interessieren den kreativen Festivalmacher nicht. Seine Ideen entstammen dem Alltag und führen dorthin wieder zurück. «Ich bin wie eine Spinne und versuche, ein Netz von Beziehungen zu entwickeln. Hier in Davos begegnen sich 80 junge Künstler aus der ganzen Welt. Sie lassen sich ein auf dieses musikalische Abenteuer. Ich möchte, dass bei ihnen und den Besuchern etwas hängen bleibt», sagt Bieri. Deshalb hat er für seine dritte Festivalausgabe wieder 25 Konzertprogramme komponiert, die griffige Titel tragen wie «Habemus Papam», «Stammbäumchen» oder «Muttersprache». Kostenlose Konzerte im Kaffeehaus und Bahnhof, eine offene Bühne, ein Hörgang in der Natur für Kinder und der Workshop Junge Reporter ergänzen das Angebot. Die Familienzone beschäftigt sich mit verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen Komponisten und Tonarten. Es geht um Kindheit und Heimat. Zu Beginn des Konzertes «Nussdorferstrasse 54» malt der Intendant selbst das Geburtshaus Franz Schuberts auf einen Overheadprojektor. Mit der Ausgrabung von Joseph Weigls Die Schweizer Familie (1809), die Schubert geliebt hat, ist sogar eine Kammeroper in Davos zu erleben.

Auf den Tisch trommeln

Das Eröffnungskonzert im nüchternen Saal des Hotels Schweizerhof führt in die Familienzone von Clara und Robert Schumann. Die von Julian Lehr sensibel vorgetragenen Ausschnitte aus dem Ehetagebuch, in dem sich Clara von Robert wünscht, komponieren zu dürfen, korrespondieren mit den Binnensätzen des zur gleichen Zeit komponierten Klavierquintetts in Es-Dur op. 44. Das Quatuor Ardeo siedelt es gemeinsam mit dem Pianisten Benedek Horváth zwischen Glück und Verzweiflung an. Eröffnet wurde der Abend durch eine virtuose Performance von Thierry de Meys Table Music, die Eléna Beder, Carlota Cáceres und Frank Dupree mit blossen Händen auf den Tisch trommeln und streicheln. Der 24-jährige Deutsche ist eigentlich als Pianist zum Festival eingeladen, aber für das anspruchsvolle Werk wurde er vom Intendanten auch für sein Zweitinstrument Schlagzeug angefragt. «Hier in Davos ist alles ganz anders. Man tritt mit ganz verschiedenen Besetzungen auf. Es wird viel geprobt. Auch experimentelle Stücke finden hier ihren Raum. Neben Schlagzeug habe ich schon auf dem Flügel, dem Klavier, einem E-Piano und einem Spielzeugklavier gespielt», sagt Dupree und präsentiert sich als unkomplizierter, vielseitig einsetzbarer Musiker, der mit Franz Liszts Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen genauso viel anfangen kann wie mit John Cages Suite for Toy Piano (1948), die er im Yogasitz auf einem Hockerchen spielt. Er ist einer der vielen Hochbegabten, die in Davos zu hören sind. Mi-sa Yang vom französischen Quatuor Ardeo berührt in der Kirche Davos Laret mit einer reifen Interpretation von Bachs zweiter Partita für Violine solo in d-Moll. Das Kölner Asasello Quartett, das wie die andern Streichquartette auch kleinere Werke mit dem Festivalorchester einstudiert und vom Pult aus leitet, zeigt im «Kinderzimmer»-Konzert eine klanglich ausgewogene Interpretation von Mozarts d-Moll-Quartett KV 421.  

Nicht überessen

Das Festival-Budget wurde nochmals erhöht, auf 750 000 Franken, weil im Februar erstmalig eine Singwoche dazugekommen war. Die Hälfte des Etats wird von Unternehmen oder Förderstiftungen gestemmt. Nur knapp 15 Prozent sind Subventionen. Nicht alles gelingt gleich gut beim Festivalauftakt. Die Stücke von Valentin Silvestrov, dem diesjährigen Composer in Residence, wirken in ihrer Nostalgie und ungebrochenen Tonalität wie eine zarte Stilkopie von Franz Schubert oder Frédéric Chopin. Auch regen die kleingliedrigen, von Umbaupausen durchbrochenen Programme manches Mal nur den Appetit an, der dann nicht zur Gänze befriedigt wird. Aber diese Lust auf Mehr ist von Reto Bieri durchaus mit eingeplant. Die Zuhörer sollen angeregt werden, aber nicht übersättigt. Es soll Raum bleiben zum Nachdenken – und auch Nachsingen. Für Letzteres besteht jeden Morgen im Living Room des Hotels gemeinsam mit dem Davos-Festival-Kammerchor kostenlos die Gelegenheit. Deep River klingt nach einer halben Stunde Lockerungsübungen, Einsingen und Probe mit Andreas Felber im fünfstimmigen Satz schon aufführungsreif. Ein Konzert ist aber nicht geplant. Die Freude am gemeinsamen Singen reicht den Beteiligten.

www.davosfestival.ch
 

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Deutsche Künstlersozialabgabe sinkt definitiv

Die deutsche Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles hatte im Juni eine Absenkung der Künstlersozialabgabe angekündigt. Sie ist nun im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Der Deutsche Kulturrat ist erfreut.

Sitz der Künstlersozialkasse in Wilhelmshaven. Foto: Gerd Fahrenhorst/wikimedia commons

Laut Olaf Zimmermann, dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates, sinkt die Abgabe im kommenden Jahr von 5,2 Prozent auf 4,8 Prozent. Damit werde  spürbar, dass eine bessere Überprüfung der Unternehmen zu deutlichen Entlastungen führe.

Ein letztes Jahr eingeführtes Gesetz zur Stabilisierung des Künstlersozialabgabesatzes funktioniert offenbar. Es zielt darauf ab, dass alle, die freiberufliche Aufträge an Künstler und Publizisten vergeben, der Abgabepflicht nachkommen. Sie werden deshalb bei den üblichen Sozialversicherungsprüfungen auch mit Blick auf die Künstlersozialabgabe geprüft.

Die Abgabe wird in Deutschland fällig, wenn Unternehmen, aber auch Vereine oder die öffentliche Hand Honorare für freiberufliche künstlerische Tätigkeiten zahlen. Damit werden 30 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge zur Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung von freiberuflichen Künstlern gedeckt. Für 20 Prozent des Beitrags kommt der Bund auf. Die in der Künstlersozialversicherung versicherten Künstlerinnen und Künstler zahlen ähnlich angestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern 50 Prozent des Beitrags.
 

Russische Musik in Biel

An der Matinee vom 21. August in der Bieler Pasquart-Kirche spielt Mikhail Ovrutsky unter der Leitung von Valentin Reymond das 1. Violinkonzert von Schostakowitsch. Die SMZ verlost freie Eintritte.

Mikhail Ovrutsky. Foto: Steven Haberland

Am kommenden Sonntag ist das Festivalorchester der Jardins Musicaux unter der Leitung von Valentin Reymond mit zwei herausragenden Werken der russischen Moderne in der Bieler Pasquart-Kirche zu Gast. Den Anfang macht Strawinskys viersätzige Suite (Divertimento) aus dem Ballett Le baiser de la fée, zu dem er sich von Andersens Märchen Die Schneekönigin inspirieren liess. Der russische Revolutionär verneigt sich in diesem Werk vor Tschaikowski, dem Meister des klassischen Balletts schlechthin. Des Weiteren steht Schostakowitschs 1. Violinkonzert auf dem Programm der Matinee. Seit dem Skandal um seine sarkastische 9. Symphonie im Jahr 1945 stand Schostakowitsch auf der schwarzen Liste der Partei und seine Musik auf dem Index. 1948 vollendete er sein monumentales 1. Violinkonzert, doch die Partitur blieb bis zum Tode Stalins auf seinem Schreibtisch. 1955 erst konnte das Werk von David Oistrach, dem es gewidmet war, und der Leningrader Philharmonie unter der Leitung von Mrawinsky gespielt werden. Zwei Monate später führte Oistrach es mit den New Yorker Philharmonikern zum Triumph. Mit seinen symphonischen Ausmassen greift das Konzert auf das gesamte vorstellbare technische, physische und emotionale Register zurück. Zweifellos handelt es sich um eines der schönsten Konzerte des 20. Jahrhunderts.

Verlosung von Eintrittskarten
Die Schweizer Musikzeitung verlost einige Gratiseintritte für diese Matinee. Schicken Sie bitte eine E-Mail mit dem Stichwort «Russische Musik» und Ihrem Namen bis spätestens am Samstag, 20. August, 12 Uhr, an: contact@musikzeitung.ch. Bitte teilen Sie uns mit, ob Sie eine oder zwei Karten bräuchten, sollten Sie zu den glücklichen Gewinnerinnen und Gewinnern zählen. Die Benachrichtigung erfolgt am Samstagnachmittag per E-Mail.

Musik als schönste Nebensache der Welt

Auch wenn Musik nicht Beruf ist, können Gesundheits-aspekte wichtig sein. Ihnen widmet sich im Oktober das 14. Symposium der SMM.

SMM — Das Symposium, das dieses Jahr in den Räumen der Hochschule der Künste Bern (HKB) durchgeführt wird, deckt eine breite Palette an gesundheitlichen Aspekten ab. Auch die Liebhaber und Liebhaberinnen der Musik, die sich ungeachtet finanziellen Drucks dem Hobby widmen können, sehen sich einer Vielzahl physischer und psychischer Herausforderungen gegenüber: Selbst ohne Anspruch auf professionelle Spitzenleistungen sind sie gefordert, Technik und Ausdruck klug zu schulen oder mit fortschreitendem Alter Körper und Geist für die klingende Kunst fit zu halten. Die Zeit und Energie, die Profis zu investieren in der Lage sind, fehlt Amateuren angesichts sonstiger beruflicher Belastungen dazu allerdings oft.

Andreas Cincera, der an der HKB als Studienleiter Weiterbildung Musik amtet, fragt sich, ob es in einem qualitativ «guten» Musikunterricht einen Unterschied macht, ob Kinder, Jugendliche oder Erwachsene am Lernen sind. Welche fachlichen, körperlichen, emotionalen und anderweitigen Herausforderungen sind bei Erwachsenen häufiger anzutreffen? Wie werden diese genussvoll und gesundheitsfördernd bewältigt? Und der Bremer Psychologe und Musiker-Coach Andreas Burzik zeigt auf, wie Üben im Flow als Übemethode die Unbefangenheit des Amateurs mit der extremen Genauigkeit des Profis verbinden und so die neurobiologischen Anforderungen an ein ideales Lernfeld erfüllen kann.

Die Fachärztin FMH ORL Salome Zwicky vom SingStimmZentrum Zürich erörtert die Faktoren, die über die Qualität einer Stimme entscheiden – mit der Einsicht, dass Stimmstörungen nicht immer Folge intensiven Gebrauchs sind, und auch nicht immer eine schlechte Technik Ursache sein muss. Der Neurologe Jürg Kesselring wiederum stellt in Frage, ob die Trennung zwischen Profis und Amateuren wirklich scharf ist. Er macht darauf aufmerksam, dass es einerseits voll ausgebildete, professionelle Musiker gibt, die von ihrem Beruf nicht leben können und daher einem anderen Lebensunterhalt nachgehen, und anderseits auch nicht- oder nur nebenberuflich ausgebildete Amateure, die ihren Lebensunterhalt durch Musik bestreiten. Die (Aus-)Bildungsvoraussetzungen sind, so Kesselring, in der Musik, wie in vielen künstlerischen Berufen, nicht alleine ausschlaggebend für den Erfolg und schon gar nicht für die Freude, die sich in der Ausübung ergibt.

In drei Workshops widmen sich am Symposium Andreas Burzik, die Atem-, Sprech- und Stimmlehrerin Nicole Martin Rieder sowie die Physiotherapeutinnen Marjan Steenbeek und Sibylle Meier Kronawitter der Atmung, dem Üben im Flow und der richtigen Körperhaltung beim Musizieren. Rieder beleuchtet die Systeme und Regelkreise, über welche die Atmung auf Stimme, Aufrichtung und Haltung sowie das vegetative Nervensystem wirken und macht die Zusammenhänge mit praktischen Übungen am eigenen Körper erlebbar. Burzik zeigt im Rahmen einer Unterrichtsdemonstration die vier Prinzipien des Übens im Flow: ein besonderer Kontakt zum Instrument, die Entwicklung eines speziellen Klangsinns, das Gefühl der Anstrengungslosigkeit im Körper sowie der spielerische Umgang mit dem Studienmaterial. Steenbeek und Meier Kronawitter schliesslich erörtern die Anatomie der verschiedenen Körperabschnitte und zeigen, wie anhand von Bewegungen ihre Wahrnehmung geschult werden kann.

Neuzeitliche Vorstellungen musikalischer Vergangenheit

Wie hat sich zwischen Spätmittelalter und Früher Neuzeit eine Vorstellung von «musikalischer Vergangenheit» entwickelt? Dieser Frage geht das europäische Forschungsprojekt «Sound Memories: The Musical Past in Late-Medieval and Early-Modern Europe» (SoundMe) nach.

Foto: Wikimedia/Commons,SMPV

Mit Hilfe mehrerer Fallstudien wollen die Forscher aus fünf Ländern ausserdem analysieren, auf welche Weise musikalische Traditionen für bestimmte politische und religiöse Zwecke bewusst aufgegriffen wurden. Das Projekt «Sound Memories: The Musical Past in Late-Medieval and Early-Modern Europe» (SoundMe) wird mit insgesamt rund 1,2 Millionen Euro durch die Europäische Förderinitiative HERA unterstützt.

Eine Arbeitsgruppe um Inga Mai Groote vom Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Heidelberg wird sich insbesondere mit Beispielen aus dem protestantischen Deutschland beschäftigen. Dort blieben trotz der Neuerungen in Liturgie und Musikpraxis ältere Repertoires wie der lateinische Choral ganz bewusst in Gebrauch.

Neben Groote gehören dem internationalen Forschungsteam Wissenschaftler der Universitäten Cambridge (Großbritannien) und Prag (Tschechien) sowie der Polnischen Akademie der Wissenschaften in Warschau an. Die Koordination des Gesamtprojekts liegt bei Karl Kügle von der Universität Utrecht (Niederlande).
 

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Beitragserhöhung beim Urner Werkjahr

Die Kunst-und Kulturstiftung Uri schreibt ein viermonatiges Berlin-Atelier für das Jahr 2018 aus. Ferner erhöht sie die Werk- und Förderungsbeiträge. Sie erwartet Bewerbungen bis am 14. Oktober 2016.

Foto: m.a.r.c./flickr commons

Im Juni 2016 bewilligte der Urner Regierungsrat die Weiterführung der Stiftung (2016 bis 2019) und die Anpassung der Stiftungsvereinbarung und -richtlinien. Ab 2016 kann das Stiftungskuratorium 30‘000 Franken für Werk- und Förderungsbeiträge sprechen, 6000 Franken mehr als bisher.

Auch dieses Jahr schreibt das Kuratorium ein viermonatiges Berlin-Atelier-Stipendium aus. Nebst der Benützung des Wohnraums beinhaltet der Auslandaufenthalt auch einen Reise- und Lebenskostenzuschuss. Verantwortlich für die Jurierung ist ein neunköpfiges Kuratorium. Es setzt sich aus den verschiedenen Kultursparten zusammen und wird vom Kunstverein Uri und vom Regierungsrat gewählt. Als Musikexperten haben der Komponist und Musiker Fabian Müller und der Theater- und Musikwissenschafter Franz-Xaver Nager Einsitz.

Die Kunst- und Kulturstiftung Uri (bis 2015 Stiftung Heinrich Danioth) hat seit 1982 rund 169 Beiträge in der Höhe von 933‘000 Franken zugesichert. Dabei handelte es sich um sechs New York- und acht Berlin-Ateliers, 17 Werkjahre und rund 134 Förderungs- und Projektbeiträge.

Auf den Spuren afghanischer Musiktradition

Nach 100 Jahren wird afghanische Musik erstmals in Konzerten wieder hörbar gemacht: Das Safar-Projekt präsentiert Aufnahmen afghanischer Musik, die unter Mitwirkung eines Kriegsgefangenen in Deutschland während des Ersten Weltkriegs entstanden.

Das Safar-Ensemble (Foto: Oliver Potratz)

Bei diesem musikhistorisch bedeutsamen Fund handelt es sich um Aufnahmen des afghanischen Sängers Abdul Kadir Khan, die im sogenannten «Halbmondlager» entstanden und von deutschen Forschern für ethnologische und linguistische Forschungszwecke mit der damals neuartigen Grammophon-Technik aufgenommen wurden. Das Halbmondlager wurde als Kriegsgefangenenlager, in dem vorwiegend muslimische Kriegsgefangene inhaftiert waren, in Wünsdorf bei Berlin errichtet.

Die 1916 produzierten Aufnahmen entdeckten Forscher des Afghanistan Music Research Centres (AMRC) der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar in den akustischen Sammlungen des Lautarchivs der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie wurden wieder zurück nach Afghanistan gebracht und dort mit afghanischen Meistermusikern und dem türkischen Sufi-Meister Kudsi Erguner einstudiert.

Zu hören sein werden die Resultate an zwei Konzerten: am 10. September in der Alten Oper in Frankfurt a. M. und am 12. September im Festsaal Fürstenhaus der Weimarer Musikhochschule. Im Anschluss wird das Safar-Ensemble mit dieser besonderen Musik im afghanischen Fernsehen in Kabul auftreten.

Im Projekt Safar (zu Deutsch: Reise) arbeiten seit nunmehr fünf Jahren afghanische und deutsche Musikerinnen und Musiker zusammen, um die afghanische Musikkultur zu bewahren und an eine neue Generation weiterzugeben. Es ist ein Projekt des Lehrstuhls für Transcultural Music Studies der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar. Die Safar-Forscher kooperieren dabei eng mit dem Afghanistan National Institute of Music (ANIM) in Kabul.

Musikakademie Basel freut sich über Echos

In diesem Jahr gehen einige der deutschen Echo-Klassik-Awards an Sol Gabetta, Rainer Schmidt sowie Christophe Coin – und damit an zwei Dozierende der Hochschule für Musik FHNW und an einen Dozenten der Schola Cantorum Basiliensis.

Orchester Le Phénix. Foto: zvg

Sol Gabetta – sie hat bereits in Basel studiert und unterrichtet heute an der Hochschule für Musik – erhält den Preis «Instrumentalistin des Jahres». Christophe Coin, Dozent an der Schola, und das Orchester le Phénix werden in der Kategorie beste Konzerteinspielung des Jahres für Musik bis und mit 18. Jahrhundert ausgezeichnet.

Rainer Schmidt, Dozent an der Hochschule für Musik FHNW und Mitglied vom Hagen Quartett, wird für die beste Kammermusikeinspielung für Streicher bis und mit 18. Jahrhundert geehrt.

Mit dem Musikpreis Echo Klassik ehrt die Deutsche Phono-Akademie jährlich angesagte Musikerinnen und Musiker. In diesem Jahr wird der Preis am 9. Oktober im Konzerthaus Berlin verliehen.

Webseite des Echo Klassik: www.echoklassik.de

Deutsche lieben Verdi, Tschick und den König der Löwen

Verdis «La Traviata» war in der Saison 14/15 mit 31 Inszenierungen laut dem Deutschen Bühnenverein in Deutschland die meistgepielte Oper, gefolgt von Mozarts «Zauberflöte» (30) und Bizets «Carmen» (26).

La Traviata, die meistinszenierte Oper 2014/15 in Deutschland. Foto: udaberri17, flickr.com

Dass die «Zauberflöte» vom bisher üblichen Spitzenplatz verdrängt worden ist, liegt an einer neuen Zählweise in der Werkstatistik – Bearbeitungen werden nun als eigene Werke geführt, vor allem im Kinder- und Jugendtheater.

Spartenübergreifend hat «Tschick» nach Wolfgang Herrndorf (mit 52 Inszenierungen) die «Zauberflöte» nun auch als meistinszeniertes Werk auf den zweiten Platz verwiesen (insgesamt 32 Inszenierungen). Bei den Schauspielzahlen liegt «Tschick» mit 27 Inszenierungen vor «Der Vorname» von Matthieu Delaporte/Alexandre de la Patelliere (23 Inszenierungen) und «Ein Sommernachtstraum» von William Shakespeare (22 Inszenierungen).

Bei der Zahl der Aufführungen hat die Romanbearbeitung ihre Führung gegenüber dem Vorjahr sogar noch einmal deutlich ausgebaut. Mit 1156 Aufführungen liegt «Tschick» hier weit vor «Blue Man Group» (auf Platz 2 mit 476 Aufführungen), dem Musical «König der Löwen» (421 Aufführungen, Platz 3) oder der «Zauberflöte» (310, Platz 16).
 

Harenberg in Berlin Varèse-Gastprofessor

Der Komponist, Musik- und Medienwissenschaftler Michael Harenberg, Studiengangsleiter Musik und Medienkunst an der Hochschule der Künste Bern (HKB) erhält die Edgar Varèse Gastprofessur an der TU in Berlin für das Wintersemester 2016. Die Gastprofessur wird seit 2000 vom DAAD und der TU-Berlin vergeben.

«Raumplastik» (1970) vor dem Franz-Fischer-Bau der TU Berlin. Foto: Mangan2002 (sv.wikipedia.org)

Harenberg leitet den an der Hochschule der Künste in Bern den Studiengang «Musik und Medienkunst» (www.medien-kunst.ch), wo er Komposition und Medientheorie unterrichtet.

Seine Gastprofessur beinhaltet laut Harenbergs Mitteilung «Lehre, die kritische Auseinandersetzung mit zeitgenössischen künstlerischen und theoretischen Inhalten sowie den Austausch zwischen der Berner Hochschule der Künste und der TU Berlin».

Die Gastprofessur an der TU Berlin besteht seit dem Sommersemester 2000 und wird vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) mit dem Ziel der Internationalisierung von Studium und Lehre finanziert. Sie dient generell «der Vermittlung und kritischen Reflexion neuerer Entwicklungen in der Wechselbeziehung zwischen Medientechnik und Kunst, zwischen elektronischem Studio und Musik.»

Michael Harenberg studierte Musikwissenschaft in Giessen, Komposition in Darmstadt und promovierte zu musikalischen Virtualisierungsstrategien in Basel. Seine Arbeitsschwerpunkte sind digitale Soundculture, experimentelle Interfaces und kompositorische Virtualitätsmodelle des Digitalen.

 

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