Manuel Herren mit Ober-Gerwern-Masterpreis geehrt

Die Gesellschaft zu Ober-Gerwern hat dieses Jahr zum dritten Mal den Ober-Gerwern-Masterpreis für herausragende Masterarbeiten an der HKB in der Höhe von 20’000 Franken vergeben, und zwar an den Musikpädagogen Manuel Herren

Musik ohne Grenzen (Bild: Videostill)

Herren ist Absolvent des MA Music Pedagogy. Den Preis erhält er für sein musikalisches Integrationsprojekt Musik ohne Grenzen. In drei Workshops für Musik, Rhythmik und Tanz wurden interessierten Asylsuchenden aus Asylzentren im Raum Bern musikalische Inhalte vermittelt, die schliesslich gemeinsam mit dem Jugendblasorchester KMB im vollbesetzten Kulturcasino Bern zur Aufführung kamen.

Manuel Herren hat die «völkerverbindende Sprache» Musik genutzt, um Brücken zum gegenseitigen Verständnis zu bauen und um alle Beteiligten an einem persönlichen, kulturellen und musikalischen Austausch teilhaben zu lassen.

Webseite des Projektes: musikohnegrenzen.ch

Stadt Aarau erhält eine Kulturabteilung

Die Stadt Aarau erhält per 1. Januar 2019 eine neue Abteilung «Kultur». Sie umfasst Bereiche, die heute der Stadtkanzlei angegliedert sind: Abteilungsleitung und Kultursekretariat sowie das Museum, die Bliothek und das Archiv der Stadt.

Aarauer Kunsthaus. Foto: Rudolf Künzli

Die Leitung der Abteilung Kultur und das Kultursekretariat sollen insgesamt 120 Stellenprozente umfassen. Die Stadt Aarau schreibt die Stelle der künftigen Leiterin oder des künftigen Leiters extern aus. Die neue Abteilungsleitung wird unter anderem auch sämtliche Kommissionen im Kulturbereich, die ebenfalls neu strukturiert werden, betreuen.

Weitere Aufgaben sind das Begleiten der Budgetierung und das Sicherstellen der Controlling-Funktionen, das Betreuen von Stadtratsgeschäften aus dem Kulturbereich und das Vertreten der Kulturanliegen innerhalb der Stadtverwaltung sowie gegenüber dem Stadtrat und Dritten.

Der Kulturbereich der Stadt sei in den letzten zwanzig Jahren gewachsen. Aarau habe sich zu einer Kulturstadt entwickelt und sich mit ihrem Kulturschaffen bis weit über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus einen Namen gemacht, schreibt die Stadt. Mit der Schaffung der neuen Abteilung könne «eine Stärkung der Organisations- und Führungsstrukturen, eine stufengerechte Bearbeitung von Fachfragen, die einheitliche Bearbeitung von Querschnittsfunktionen sowie eine erhöhte organisatorische Flexibilität erreicht werden».

Cinzia Catania gewinnt JazzCompGraz 2017

Cinzia Catania, Kompositionsstudentin der Luzerner Musikhochschule, hat am diesjährigen Wettbewerb JazzCompGraz den ersten Preis sowie den Publikumspreis gewonnen.

Cinzia Catania (Foto: Facebookseite Cinzia Catania)

Die 1988 in Aarau geborene Cinzia Catania ist in Lenzburg aufgewachsen und entdeckte im Projekt Jazzaar ihre Leidenschaft für den Jazz. Sie studierte ein Jahr in Groningen und anderem bei Dena DeRose, Alex Sipiagin, Don Braden und Mark Gross. Als Dena DeRose ihre Lehrtätigkeit in Groningen aufgab, entschied sie sich, ihrer Lehrerin und Mentorin nach Graz zu folgen, um ihr Studium am Jazzinstitut der Kunstuniversität Graz weiterzuführen.

2014 schloss sie das Bachelorstudium in Jazzgesang mit Summa Cum Laude ab. Es folgte ein Masterstudium in Gesangspädagogik an der Hochschule Luzern unter anderem bei Susanne Abbuehl, das sie 2016 erfolgreich abschloss. Zurzeit macht sie ihren Zweitmaster in Komposition ebenfalls an der Hochschule Luzern bei Ed Partyka und Dieter Ammann als Hauptdozierenden.
 

Förderpreis der Bernburger für Dana

Die Burgergemeinde Bern hat zum 23. Mal ihren Jugendpreis verliehen. Ein Förderpreis für ausserordentliche musikalische Begabung geht an das Bandprojekt Dana.

Dana (Bild: danamusic.ch)

Die Mitglieder des Bandprojekts Dana erhalten einen Förderpreis für ihre ausserordentliche musikalische Begabung. Die Frontsängerin aus Biel schreibt selber Soul-Pop-Songs und performt diese mit ihrer Band. Die bemerkenswerte Stimme der 20-Jährigen begeistere zusammen mit der energiegeladenen Musik der vierköpfigen Band das Publikum, heisst es in der Begründung.

Seit diesem Herbst studiert Dana Burkard in London Musik und Gesang. Regelmässig kehrt sie aber nach Bern zurück und arbeitet zusammen mit der Band an der Veröffentlichung ihrer neuen CD, die 2018 erscheinen soll.

STV, SMS und MSS fusionieren

Der Schweizerische Tonkünstlerverein, der Verein Musikschaffende Schweiz und das Schweizer Musik Syndikat gründen am 25. November im Konservatorium Bern den neuen Verband «Sonart – Musikschaffende Schweiz».

Ein «historischer Tag» für drei Musikverbände: Abnahme des Gründungsprotokolls. Foto: SMZ

Vor der eigentlichen Gründungsversammlung tagten die Mitglieder des Schweizerischen Tonkünstlervereins (STV), des Schweizer Musik Syndikats (SMS) und des Vereins Musikschaffende Schweiz (MSS). Je einzeln beschlossen sie mit überwältigender Mehrheit den Zusammenschluss zu «Sonart – Musikschaffende Schweiz» per 1. Januar 2018. Sämtliche formellen Traktanden und die Abnahme des Gründungsprotokolls gingen oppositionslos, speditiv und mit grosser Zustimmung über die Bühne.

Der neue spartenübergreifende Verband für (in erster Linie) freischaffende Musikerinnen und Musiker zählt ungefähr 1600 Mitglieder und wird bis zur ersten ordentlichen Mitgliederversammlung im Frühjahr 2018 von einem Interimspräsidium geleitet: Käthi Gohl Moser (STV), Christoph Trummer (MSS) und Marianne Doran (SMS). Die weiteren Vorstandsmitglieder sind Christian Kobi und Dragos Tara (STV), Salomé Christiani und Jaël Malli (MSS) sowie Anja Illmaier und Matthias Spillmann (SMS).

Nach der Konsolidierung des neuen Verbandes bilden berufsspezifische Dienstleistungen für freischaffende Musikerinnen und Musiker eine der Hauptaufgaben – was den Vorgaben des Bundesamtes für Kultur für die Unterstützungsberechtigung kultureller Organisationen entspricht. Neben weiteren Tätigkeiten wie Information, Repräsentation und Interessenwahrnehmung werden drei Fachkommissionen (Neue Musik/Komposition, Jazz/Impro, Pop/Rock/Elektro) die bislang verbandsspezifischen inhaltlichen Anliegen vertieft bearbeiten.
 

Webseiten der bisherigen Verbände

Klaviermusik rot und schwarz

Im Rahmen von Lucerne Festival sind vom 18. bis 26. November legendäre Meisterpianistinnen und -pianisten sowie Nachwuchstalente zu hören.

Opening «Piano Off-Stage» am 21. November. Foto: Priska Ketterer/Lucerne Festival

Ein schwarzer und ein roter Konzertflügel stehen auf der Bühne des Luzerner Saals im Kultur- und Kongresszentrum Luzern (KKL). Schon eine Stunde vor dem Opening von Piano Off-Stage ist jeder Platz besetzt. Die Präsentation der acht Jazz- und Bluespianisten, die an den Abenden auch in Luzerner Hotelbars spielen, ist schon seit der Einführung im Jahr 2003 eine Kultveranstaltung des gut einwöchigen Lucerne Festivals Piano. Hier sitzt man bei freiem Eintritt um die Pianisten herum und kann ihnen beim Improvisieren auf die Finger schauen. Hier kann man sogar sein Bier mit an den Platz nehmen. Mit Alessandro d‘Episcopo betritt der erste Pianist den Ring. Mit der seiner Tochter gewidmeten ruhigen Jazznummer Lunita startet der Abend besinnlich, ehe die klassisch ausgebildete Pianistin Ayako Shirasaki aus New York mehr Swing entwickelt. Die Zuhörer erleben auf der Bühne keinen Kampf der Eitelkeiten, sondern eine freundschaftliche Atmosphäre und eine grosse stilistische Bandbreite zwischen Jazz, Blues, Boogie-Woogie und Ragtime. Der junge Schweizer Maurice Imhof präsentierte ein groovendes James-Bond-Medley, Lluís Coloma aus Barcelona macht aus dem Klavier mit virtuosen Bassläufen und akzentuierten Akkorden eine stampfende Rhythmusmaschine. Noch aufregender wird es, wenn Moderator Andreas Müller-Crepon zwei Pianisten zu Sessions zusammenmixt. Ein improvisierter Spass mit faszinierenden musikalischen Dialogen, ehe sie nach getaner Arbeit Arm in Arm wieder an die Bar schlendern. Ganz am Ende stehen und sitzen alle acht Pianisten an den beiden Flügeln und spielen gemeinsam einen Blues. Kreatives Gedränge auf den Tastaturen! Und das Publikum staunt und geniesst.

Ausnahmekonzerte und Debüts

Auch beim Rezital von Güher und Süher Pekinel stehen zwei (schwarze) Konzertflügel auf der Bühne des grossen Saals. Seit den 80er-Jahren gehören die türkischen Zwillingsschwestern zur internationalen Spitze der Klavierduos. Im Gegensatz zu den Kollegen sitzen sie beim Spielen nicht gegenüber, sondern seitlich versetzt. Ohne Blickkontakt vertrauen sie beim Zusammenspiel ausschliesslich ihrem Gehör. Ein kräftiges Einatmen von Güher Pekinel am 1. Klavier reicht – dann setzen die beiden Schwestern bei Mozarts Sonate für zwei Klaviere in D-Dur KV 448 auf die Millisekunde genau gemeinsam ein. Faszinierend, wie deckungsgleich auch Unisonopassagen oder Schlussakkorde gelingen. Mit Martha Argerich, Evgeny Kissin und Daniil Trifonov präsentiert der Herbstableger des Sommerfestivals in diesem Jahr wieder absolute Ausnahmekünstler der Klavierszene. Mit dem sogenannten Tastentag, der drei Rezitals mit einem Vortrag von Martin Meyer zur Debussy-Interpretation verbindet, versucht man, durch günstigere Eintrittspreise und kürzere Konzerte ein anderes Publikum zu erreichen. Auch bei der am Mittag stattfindenden Debütreihe mit Beatrice Rana, Aglaia Graf und Christopher Park in der Lukas-Kirche geht es legerer zu. Hier gibt es keinen Sekt, sondern «nur» gute Musik von jungen Talenten. Christopher Park hat im Sommer schon beim Freiburger Zeltmusikfestival gespielt und gerade beim SWR-Symphonieorchester mit dem A-Dur-Konzert von Mozart KV 488 debütiert. Der deutsch-koreanische Pianist ist ein kluger Gestalter, der in seinem Spiel immer einen erzählerischen Ton anschlägt. Das für ihn komponierte Trurl-Tichy-Tinkle (2016) von Olga Neuwirth ist ein virtuoses Spiel mit Kontrasten, das Park in der gut gefüllten Lukaskirche lustvoll zelebriert. In Strawinskys Petruschka imaginiert der draufgängerische Pianist am Flügel ein ganzes Orchester. Nur in Franz Liszt einsätziger Dante-Sonate türmt er die Akkordberge zu hoch. In den vielen Fortissimo-Passagen wird der Klavierklang hart und metallisch. Hier fehlt es an Zwischentönen und der richtigen Balance.

Von der Interpretation zur Improvisation

Wie sensibel man mit Farbnuancen und dynamischen Differenzierungen umgehen kann, zeigt exemplarisch die venezolanische Pianistin Gabriela Montero. Ihre Kinderszenen von Robert Schumann sind helle, verbindliche Miniaturen. Die Interpretation der zweiten Schostakowitsch-Sonate verbindet unerbittliche Motorik mit mächtigen, aber nie brutalen Klangausbrüchen. Bekannt geworden ist die Pianistin durch ihre Improvisationen. Eine Besucherin singt von der Empore des KKL das Schweizer Volkslied Dört äne am Bärgli, do stoht a wyssi Geis. Montero spielt die Melodie zweimal nach, ehe sie das Thema nach Moll wendet und es Stück für Stück auseinandernimmt. bachsche Kontrapunktik trifft auf höchste Variationskunst. Montero erfindet immer neue Charaktere, ehe sie das Ganze charmant zusammenfasst und zu einem heroischen Ende führt. Auch das mexikanische Revolutionslied La Cucaracha behandelt sie in ähnlicher und doch wieder ganz anderen Weise. Am Ende landet sie beim Ragtime – und könnte so locker mit den Jazzkollegen mithalten. Da hat nämlich vor dem Konzert schon Rossano Sportiello am roten Flügel im Foyer gezeigt, wie man elegant und mit einem Lächeln von Beethovens Ode an die Freude zu einer entspannten Jazzballade wechseln kann.

Lucerne Piano-Festival 2017, noch bis am 26. November

www.lucerne-festival.ch

Doppelleitung für Basler Kulturabteilung

Ab Januar 2018 leiten Sonja Kuhn und Katrin Grögel im Rahmen eines Topsharing-Konzepts gemeinsam die baselstädtische Kulturabteilung. Das Leitungskonzept wird in der Verwaltung des Kantons erstmalig umgesetzt.

Sonja Kuhn (links) und Katrin Grögel (Bild: zVg)

Sonja Kuhn und Katrin Grögel decken laut der Mitteilung des Kantons das Profil für die Leitung der Abteilung Kultur aufgrund ihres jeweiligen beruflichen Hintergrundes und ihrer breiten Erfahrungen ab. Sonja Kuhn war bisher stellvertretende Leiterin der Abteilung Kultur und Katrin Grögel Beauftragte für Kulturprojekte in der Abteilung Kultur.

Das Präsidialdepartement reagiert mit dem Topsharing-Modell «auf gesellschaftspolitische Veränderungen und auf die Ansprüche von hochqualifizierten Arbeitnehmenden, die Verantwortung in Leitungsfunktionen im Rahmen einer Teilzeitanstellung wahrzunehmen». Sonja Kuhn und Katrin Grögel werden mit einem Beschäftigungsgrad von je 70 Stellenprozent angestellt sein. Für alle Leitungsentscheide und Geschäfte der Abteilung Kultur zeichnen sie gemeinsam verantwortlich. Im Modell integriert ist auch die gegenseitige Stellvertretung.

Berufliche Vorsorge von Kulturschaffenden

Stadt und Kanton Zürich organisieren die berufliche Vorsorge von Kunst- und Kulturschaffenden differenzierter. Ab 1. Januar 2018 gilt eine neue Regelung. Zur Finanzierung werden die zur Verfügung stehenden Fördergelder entsprechend gekürzt.

Foto: Bärbel Gast/pixelio.de

Für Kulturschaffende, die von Stadt oder Kanton Zürich einen Unterstützungsbeitrag erhalten und nachweisen, dass sie 6 Prozent des Unterstützungsbeitrages in die gebundene Vorsorge einzahlen, leisten die Förderstellen zusätzlich zum Unterstützungsbeitrag einen Beitrag in gleicher Höhe. Diese Regelung gilt für Werkjahre, Werkbeiträge, Werkstipendien und Freiraumbeiträge. Sie gilt ab einem Unterstützungsbeitrag von mindestens 10’000 Franken pro Jahr, Förderstelle und Kunstschaffenden.

Stadt und Kanton Zürich wirken überdies bei den von ihnen unterstützten Kulturinstitutionen darauf hin, dass den beschäftigten Kunst- und Kulturschaffenden eine Vorsorgelösung ab dem ersten Tag und Franken angeboten wird. Bei der Erneuerung von Verfügungen, Vereinbarungen oder Subventionsverträgen fliesst die Aufforderung, eine verbindliche Vorsorgeregelung in ihren Betrieben und Projekten zu etablieren, ein. Projektleitungen sind eingeladen, unter den Personalkosten neben den Sozialkosten Beiträge an die gebundene Vorsorge vorzusehen.

Die Beiträge für die Kulturförderung werden insgesamt allerdings nicht erhöht. Es stehen also entsprechend weniger Mittel für die direkte Unterstützung von Kulturschaffenden und Kulturprojekten zur Verfügung. Das sei auf den ersten Blick schmerzlich, schreiben Stadt und Kanton. Wenn es aber gelinge, «Kulturschaffende für das Thema zu sensibilisieren und sie damit vor der Fürsorgeabhängigkeit im Alter zu bewahren», dann zahlten sich diese Investitionen langfristig aus.

Puerta Sur für BMW Welt Jazz Award 2018 nominiert

Das Trio Puerta Sur ist für den BMW Welt Jazz Award 2018 nominiert worden. Es tritt am 18. März 2018 in München mit seinen eigenen Adaptionen von Trouvaillen des Tango Nuevo und argentinischen Volksliedern an.

Marcela Arroyo (Bild: zVg)

Das Trio Puerta Sur besteht aus Marcela Arroyo (Gesang), Andreas Engler (Violine) und Daniel Schläppi (Bass). Thomas Schläppi ist auch Mitbetreiber des Labels Catwalk, auf dem das Ensemble seine Tonträger veröffentlicht. Die aktuelleste ist «Tres Mil Uno», die orchestrale Weltmusik aus Argentinien auf Kammermusikformat reduziert.

Der BMW Welt Jazz Award wird seit 2009 in München vergeben. Der erste Preis ist mit 10’000 Euro dotiert, der zweite mit 5000 Euro. Zudem wird ein Publikumspreis vergeben. Sechs Ensembles bestreiten zwischen Januar und März Wettbewerbskonzerte. 2014 gewann das Schweizer Ensemble Hildegard lernt fliegen den ersten Preis.

«Music as expression»

Ein Symposium der Berner Hochschule der Künste gab Einblick in die heutige Interpretationsforschung. Im Zentrum standen Werke Beethovens und ihre künstlerische Wiedergabe.

Beethoven in seinem Arbeitszimmer. Bild: Carl Schloesser, 1823?

«Rund um Beethoven» bewegte sich das Berner Symposium vom 13. bis zum 16. September 2017. Dabei bildeten nicht nur der etablierte Forschungsschwerpunkt Interpretation an der Hochschule der Künste Bern (HKB), sondern insbesondere drei aktuelle, vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte Projekte Anlass und Rahmen für das viertägige Forum: Während im Projekt «Vom Vortrag zur Interpretation» die Wandlung der Interpretationspraxis am Beispiel der Solo-Klavierwerke Beethovens untersucht wird, stehen bei «Annotated Scores» die mit Notizen versehenen Dirigierpartituren und Orchestermaterialien jener Werke im Fokus, die für Richard Wagner in seiner Perspektive auf den Dirigenten wichtig waren. Ein drittes Forschungsprojekt, «Verkörperte Traditionen romantischer Musikpraxis», setzt sich mit instruktiven Notenausgaben des 19. Jahrhunderts in ihrer Beschreibung musikpraktischer Details auseinander und versucht diese mittels der «Embodiment»-Methode in die Gegenwart zu transferieren. Basierend auf diesem thematisch weitangelegten Feld standen Beethovens Werke und ihre interpretatorische Umsetzung zwar immer wieder im Mittelpunkt, zugleich wurden grundsätzliche Begrifflichkeiten und Methoden geklärt sowie Aspekte der Bearbeitung als Interpretation, organologische Fragen und nicht zuletzt musiktheatralische Elementen betrachtet. Insgesamt fünfundvierzig Vorträge bildeten so ein aufschlussreiches Ganzes – ergänzt von Concert Lectures und filmischen Dokumentationen, welche sich hervorragend in das Programm einfügten und zugleich darüber hinauswiesen.

«Die wahre Reproduktion ist die Röntgenfotografie des Werkes. Ihre Aufgabe ist es, alle Relationen, Momente des Zusammenhangs, Kontrasts, der Konstruktion, die unter der Oberfläche des sinnlichen Klanges verborgen liegen, sichtbar zu machen – und zwar vermöge der Artikulation eben der sinnlichen Erscheinung.» – Mit diesen Worten Theodor W. Adornos begrüsste Thomas Gartmann, Leiter der Forschungsabteilung der HKB sowie der Berner Graduate School of the Arts die Musikwissenschaftler, die Musiker und Zuhörer im Konzertsaal der Hochschule.
 

Interpretation und Tradition

Ganz im Zeichen der Klaviermusik des 19. Jahrhunderts stand sodann die Folge der ersten fünf Vorträge – gemeinsam mit der Frage: «Was heisst Interpretation, was kann Interpretation leisten?» Dass sich Interpretation nicht nur im Spannungsfeld zwischen Notentext und Aufführung bewegt, sondern auch «kreatives» Aufführen von Musik vom reinen Interpretieren unterschieden werden sollte, zeigte John Rink (Cambridge) u. a. anhand von notationsspezifischen Eigenheiten bei Chopins Klavierwerken. Denn trotz dieser hochspezifischen, ja zum Teil idiosynkratischen Notationsweise sollte der Chopin-Interpret, so Rink, seinen eigenen Einfallsreichtum nicht zu kurz kommen lassen – nur so kämen interessante, aber auch fragliche und damit diskussionswürdige Interpretationen zustande. Dem musikalischen Ausdruck jenseits des Notentextes widmeten sich auch die beiden folgenden Präsentationen von Carolina Estrada Bascunana (Tokio) und Manuel Bärtsch (Bern). Sowohl im Falle der Schülerschaft Enrique Granados‘ als auch bei verschiedenen Interpretationen von Beethovens op. 111 erwies sich quellenkritische Arbeit mit verschiedenen Editionen, pädagogischen Handleitungen und Aufzeichnungssystemen wie den Welte-Klavierrollen als unabdingbar, um dem individuellen Interpreten nahe zu kommen und seine Spielweise in eine eventuelle Tradition stellen zu können. Beiden Vorträgen gemeinsam war die kritische Perspektive auf den «heiligen Interpreten, welcher sich in einem auratischen, metaphysischen Kontext bewege» (Bärtsch) – eine Auffassung, die revidiert werden solle. Während sich Georges Starobinski (Basel) u. a. ebenfalls der letzten Sonate op. 111 widmete und sich in einer feinen und detaillierten Darstellung mit der Vortragsbezeichnung «semplice» bei Beethoven auseinandersetzte, standen bei Kai Köpp (Bern) die methodischen Ansätze zur Interpretationsforschung im Zentrum. Die vielfältigen Quellengattungen (user interfaces aus der Organologie, Instruktionen, Tondokumente und Bewegte Bilder), die in den unterschiedlichen Forschungsprojekten der HKB untersucht wurden, boten hierbei reiches Anschauungsmaterial für eine Verortung der Historischen Interpretationsforschung zwischen historischer und systematischer Musikwissenschaft.

Wende zur Moderne

Den Schritt ins 20. Jahrhundert wagte László Stachó (Budapest), indem er Aufnahmen von in der Liszt-Tradition stehenden Pianisten wie Eugen d’Albert, Béla Bartók und Ernő Dohnányi mit solchen von Igor Strawinsky verglich und ihre Interpretationen zwischen sprachgebundener und eher metrisch-strukturalistischer Herangehensweise positionierte. Dass Igor Strawinsky dieser objektiven, gerade für die Zeit zwischen den Kriegen charakteristischen Musizierhaltung am ehesten entsprach, liess sich den Tondokumenten deutlich entnehmen. Stachó beliess seine Ausführungen jedoch nicht bei blosser Analyse der Interpretationen, er zog zudem die Verbindung von der beobachteten modernistischen Ästhetik zur «Musik als einem räumlich ausgedehnten Gegenstand»: Dem Interpreten obliege es, zwischen Zeit und Raum zu vermitteln und sich für ein weit oder enger strukturiertes Spiel zu entscheiden. Nach einem weiteren Beitrag, welcher die Musik Anton Weberns aus der Sicht von Tempogestaltung und Intonationsfragen beleuchtete, durfte man der Concert Lecture Robert Levins (Boston) als einem der Höhepunkte des Symposiums beiwohnen. Unter dem Titel «Wende zur Moderne. Beethoven als Vollstrecker C. Ph. E. Bachs» zeigte sich der weltbekannte Pianist und Musikwissenschaftler in musikalischem wie sprachlichem Vortrag eloquent, intensiv und unmittelbar. Ausgehend von der Aufführung einiger Klavier-Fantasien von Carl Philipp Emanuel Bach demonstrierte er deren Einfluss auf Komponisten wie Haydn, Mozart und Beethoven. Allein die von Levin gelebte Synthese aus Praxis und Reflexion war hierbei höchst eindrücklich. Ganz wörtlich nahm der Künstler aber die «Wende zur Moderne», als er sich, explizit an die jungen Teilnehmer und Zuhörer gewandt, für ein Engagement im Bereich der Neuen Musik aussprach. Denn sich als Interpret für die Aufführung von neuem Repertoire einzusetzen, bedeute, an der Musikgeschichtsschreibung Anteil zu nehmen.

Notation und Aufführung

Sich den komplexen Beziehungen zwischen Werk, Komponist und Interpret zu nähern, insbesondere wenn die Werkentstehung Jahrzehnte zurückliegt, bedarf selbstverständlich gewissenhafter methodischer Arbeit. So stand auch am zweiten Tag des Symposiums vorerst die Vielfalt dieser Methoden im Mittelpunkt. Clive Brown (Leeds) thematisierte die Kluft zwischen einer praxisorientierten Forschung und dem professionellen Musizieren: Viele der heutigen kommerziellen Tonaufnahmen würden von wenig Verständnis für das Verhältnis zwischen Notation und Aufführung zeugen, wie dieses im 18. und 19. Jahrhundert von Komponist und Interpret gesehen wurde. Ausgehend von einem seiner Spezialgebiete, Interpretationsforschung im Bereich der Streichinstrumente, zeigte Brown, wie er sich die Überbrückung dieser Kluft mittels historisch informierter Editionen sowie Vermittlung historischer Spieltechniken vorstellte. Wie informativ dabei ein Vergleich zwischen einer überlieferten Tonaufnahme und der Edition des eingespielten Werkes sein kann, demonstrierte auch Neal Peres da Costa (Sydney) – ausgiebig – am Klavier innerhalb seines Vortrages. Seine Methode des Nachahmens historischer Klangdokumente vermochte gerade improvisatorische Elemente und rhythmische Freiheiten deutlich zu machen, die Teil von Carl Reineckes oder Jan Ladislav Dusseks Spiel waren – freilich, ohne dass damals etwas davon im Notentext zu lesen gewesen wäre. Erneut um die wissenschaftliche und ästhetische Bedeutung von Klavierrollen ging es in der Präsentation von Sebastian Bausch (Bern), allerdings unter dem speziellen Gesichtspunkt der Oral History, der Befragung von Spezialisten im Bereich der Reproduktionsklaviere und deren angemessener Regulierung. Abgerundet wurde dieses grosse Kapitel durch einen Vortrag von Olivier Senn, welcher eine neue Methode der computergestützten Messung von Agogik vorstellte – und sich damit mit einem feinen interpretatorischen Detail auseinandersetzte, das jedoch epochen- und stilübergeifend relevant war und ist. Wie sich eine Tempoverlaufskurve aus musikalisch expressiver Zeitgestaltung ableiten lässt, demonstrierte er am Beispiel von Debussys Aufnahme der Danseuses de Delphes aus dem Jahr 1912.

Sprechende Bearbeitungen

«Ich habe eine einzige Sonate von mir in ein Quartett für Geigeninstrumente verwandelt […], und ich weiss gewiss, das macht mir nicht so leicht ein andrer nach.» Mit Beethovens eigenen Worten wurde der Block «Bearbeitung als Interpretation» eingeleitet. Thomas Gartmann widmete Beethovens eigener Quartettbearbeitung seiner Klaviersonate op. 14 Nr. 1 eine detaillierte Analyse von Stimmführung, Dynamik und Artikulation und wies auf den wissenschaftlichen Wert dieser Bearbeitung hin. Auf ein zentrales, aber bis jetzt wenig erforschtes Verbreitungsmedium des 18. bis 20. Jahrhunderts machte Michael Lehner (Bern) aufmerksam. Die Kulturtechnik des Partiturspiels wurde als eine «Interpretation durch Reduktion» untersucht, insbesondere anhand der Einspielungen, die Gustav Mahler und Richard Strauss von ihren eigenen Orchesterwerken vornahmen. Welche Rückschlüsse können aus Phrasierung, Tempogestaltung und Rhythmik im Hinblick auf die Orchesterversion gezogen werden?

Hieran schloss sich hervorragend die Concert Lecture von Ivo Haag und Adrienne Soós (Luzern) an: Wie die Klavierauszüge waren auch die vierhändigen Bearbeitungen von Orchesterwerken ein probates Mittel, die eigenen Kompositionen publik zu machen. Das Klavierduo stellte an diesem Nachmittag die Arrangements von Brahms‘ Sinfonien in den Mittelpunkt von aufführungspraktischen Fragen. Nachdem an diesem Abend das Forum für den forschungsinteressierten Nachwuchs in kleinen Präsentationen zu verschiedensten Themen geöffnet wurde, hielt man gar einen kleinen Meisterkurs ab: Die Spezialisten der Interpretationsforschung nahmen sich des Cellisten David Eggert (Bern) und der Pianistin Gili Loftus (Montréal) an, welche – selbstverständlich bei einem Beethoven-Symposium – Werke des Komponisten spielten, jedoch im Spiegel der Zeit um Clara Schumann und der damals herrschenden Aufführungspraxis.

Am thematischen Randbereich und doch viel näher an unserer Zeit befand sich der dritte Tag des Symposiums. Die Referenten um Leo Dick (Bern) präsentierten die Ergebnisse ihrer Forschungen im musiktheatralischen, choreografisch-tänzerischen und literaturwissenschaftlichen Bereich. Der daraus entstehende Perspektivwechsel auf Werk und Person Beethovens erwies sich dabei als genauso spannend und informativ wie der übergeordnete Begriff der «Mise en scène als Interpretation» in ihrer verschiedenartigen und transdisziplinären Ausformung.
 

Die Rolle der Instrumente

Verschiedene Experten auf dem Gebiet der Organologie, der Instrumentenkunde, führten die Teilnehmer wieder zurück in Beethovens Zeit und zu den Errungenschaften des damaligen Klavierbaus. Einen Überblick über die Bautraditionen in den Zentren Wien, Paris und London lieferte hierbei Giovanni Paolo Di Stefano (Amsterdam). Ein nicht direkt mit Beethoven assoziiertes Instrument, die Orgel, brachte Stefano Molardi (Lugano) ins Spiel. Den frühen, organistischen Ausbildungsjahren des Komponisten spürte er durch Analysen späterer Werke nach – die pianistische Imitation beispielsweise des Fauxbourdon oder der Imitatio Tremula Organi stellen laut Molardi wichtige Indizien dar. Auf ein instrumentenbauliches und zugleich musikalisches Detail verwies Martin Skamletz (Bern): In den Jahren nach 1800 erweiterte sich der ursprünglich fünf Oktaven fassende Umfang der Klaviere, was sich natürlich auf die Disposition der komponierten Werke auswirkte. Diese gegenseitige Relation illustrierte Skamletz mit einer Vielzahl an Notenbeispielen und stellte sie in den Kontext des Zeitgeschehens. Ebenfalls differenzierte Quellenarbeit leistete Patrick Jüdt (Bern) im Kontext des Streichquartetts op. 18/6. In einem anschaulichen Vortrag, in welchem die vier jungen Musiker des Quatuor Ernest genauso wie die Zuhörerschaft an die Hand genommen wurden, erarbeitete er Dynamik und Intensität beethovenscher Sforzati im Scherzo aus op. 18/6. «Mitspracherecht» erhielten dabei Musiktheoretiker des 18. und 19. Jahrhunderts in ihren Äusserungen zu metrischem und melodischem Akzent.

Schreibprozesse und Ergebnisse der Verschriftlichung wurden am letzten Tag, dem 16. September, behandelt. Federica Rovelli (Bonn) berichtete von den Hindernissen, welche die Edition beethovenscher Skizzenbücher beeinflussen können: Neben dem meist fragmentarischen Zustand der Skizzen ist es vordergründig die Zeitlichkeit des Schreibens, die Chronologie des Schreibprozesses, welche in einer einfachen Transkription nicht darzustellen sei; sehr wohl kann Geschriebenes dargestellt werden, nicht jedoch das Schreiben selbst. In Auseinandersetzung mit diesem Problem stellte Rovelli eine im Beethoven-Haus in Bonn verwendete Software vor, die verschiedene Schreibschichten eines Faksimiles offenlegt. Durch die Transparenz und visuelle Erfassbarkeit wird dieses grafische Programm von einem internationalen Kreis für wissenschaftliche Zwecke zu nutzen sein.
 

Aufführungspraxis und Werktreue

Einmal nicht im Dienste der Textkritik, sondern zur Nachzeichnung einer aufführungspraktischen Entwicklungsgeschichte standen bei Johannes Gebauer (Bern) editionsphilologische Untersuchungen. In detailgenauer Arbeit verglich er unterschiedliche Ausgaben u. a. der Capricen von Pierre Rode, deren Eigenheiten, Zusätze und Änderungen nicht nur Hinweise auf bestimmte Spieltraditionen geben, sondern uns auch den Herausgebern der jeweiligen Editionen näherbringen können.

Das Berner Forschungsprojekt «Annotated Scores», Richard Wagners Perspektive auf Eigenheiten in Werken seiner Zeit, bestimmte die letzten Präsentationen des Symposiums. Chris Walton (Bern) beleuchtete Wagners Aufführung von Beethovens Neunter Sinfonie im Jahr 1846 und die zahlreichen Änderungsvorschläge, die von ihm gemacht wurden. Dass, wie aktuellsten Forschungen in Bern zeigen, Wagner diesen eigenen Änderungen selbst nicht zur Gänze umsetzte, hinderte viele spätere Dirigenten nicht daran, Wagners Angaben als Massstab zu sehen. Ein ganz vergleichbares Phänomen in der Beethoven-Rezeption behandelte Lena-Lisa Wüstendörfer (Basel): 1904 führte Gustav Mahler Fidelio, die einzige vollendete Oper Beethovens auf – in einer von ihm umgestalteten Version, welche vom Wiener Publikum auch dann noch als die wahre gesehen wurde, als Felix Weingartner die Nachfolge Mahlers antrat und sich für mehr Werktreue bei Fidelio einsetzte.

Einen runden Abschluss erfuhr das viertägige Symposium durch Roger Allen (Oxford), der über Wagners Interpretation von Beethovens Klaviersonate op. 101 referierte. Den ersten Satz dieser Sonate charakterisierte Wagner als ein perfektes Beispiel für den von ihm geprägten Ausdruck der «Unendlichen Melodie», auch im Hinblick auf die fehlenden stark kadenzierenden Einschnitte. Betont spekulativ zog Allen Querverbindungen von Beethovens Werk zu Wagners Vorspiel zu Tristan und Isolde und deckte vergleichend mögliche kompositorische Einflüsse aus der Klaviersonate auf. Auch den Bogen zu den vergangenen Tagen spannte Allen, wenn er Wagner zu Beethoven zitierte: Jener habe in dieser Sonate «dem ureigensten Wesen der Musik» nachgespürt. In Allens eigenen Worten: Es gehe, auch während des Berner Symposiums, um «Music as expression», um Musik in ihrem Vermögen, auszudrücken und Eindruck zu hinterlassen.
 

Musik wie ein Bild von Mondrian

Das Kunstmuseum Solothurn zeigt bis am 4. Februar 2018 die grafischen Partituren Hermann Meiers. Am 2. Dezember sind einige Werke zu hören.

«Stück für grosses Orchester», 1960. © Paul Sacher Stiftung, Basel, Sammlung Hermann Meier

«Ich muss Ihnen gestehen, dass ich dieses Konzerts wegen schlecht zweg bin. Ich zittere davor. Hab Angstträume. Leberbeschwerden. Kann nicht mal Wein trinken. Fürchterlich. Dieses Konzert wird sicher mein letztes sein.» So schrieb der Solothurner Komponist Hermann Meier (1906–2002) am 31. Januar 1984 an den Pianisten Urs Peter Schneider, der sich immer wieder und als einer der ersten für sein Œuvre einsetzte.

Wie wäre es Meier wohl ergangen, wenn er gewusst hätte, dass sich die Leute bei der Vernissage in der Eingangshalle eines Kunstmuseums drängen würden, um seine Partituren, Skizzen, Zeichnungen und Pläne zu betrachten? Und dass das Sinfonie Orchester Biel Solothurn unter Kaspar Zehnder in einem anschliessenden Konzert in der Solothurner Franziskanerkirche sein Orchesterstück Nr. 6 von 1957 aufführen würde, mitten hineingesetzt zwischen die Sätze von Beethovens Vierter? Wie wäre er sich vorgekommen, der sich selber – in einem wahrscheinlich nie abgeschickten Gruss an den Lehrer Wladimir Vogel – als «das kleine Hänschen» bezeichnete?
 

Hermann Meier mag all jenen als Beweis gelten, die schon immer wussten, dass die wahre Kunst fernab der Zentren und ihrer Betriebsamkeit entsteht. Die Schweiz hat einige von dieser Spezies aufzuweisen, man denke nur an den Zofinger Alfred Wälchli oder die Künstler der Art brut. Meier ist ja immer noch nahezu unbekannt, dieser «Schönberg aus dem Schwarzbubenland», wobei man ihn mit Schönberg ein wenig in die falsche Ecke drängt. Gewiss entdeckte er früh die Atonalität für sich, und gewiss hat er sich bei Vogel in die Zwölftontechnik eingearbeitet, aber so gern und streng angewandt hat er sie offenbar nicht, und wenn man seine Kompositionen hört, versteht man auch warum. Diese Musik ist eher auf klangliche Massen ausgerichtet, die sich herb nebeneinanderstellen, mit vielen Pausen, sehr eigen und kompromisslos. Eher ist er ein helvetischer Ustwolski, ein erratischer Block, im Hauptberuf Primarlehrer in Zullwil.

Ein Aussenseiter mit Gespür für fundamentale Strömungen

Ein schwarzer Bube zumindest in der Musik, schroff oft und kantig, mit vielen Abgründen – und wohl auch nicht fürs Kompromisslerische geeignet. Lang tüftelte er an seinen Stücken, wie seine Skizzen und Pläne andeuten. Sie bilden das Zentrum der Solothurner Ausstellung Mondrian-Musik, die vergleichsweise wenig Musik bereithält, sondern diesen ausstellbaren Aspekt betont. Zu Recht. Denn diese «graphischen Welten des Komponisten Hermann Meier», wie der Untertitel lautet, weisen jenseits der Musik noch in ganz andere Richtungen. Es sind, ähnlich wie beim Basler Robert Strübin (1897–1965), einer weiteren Aussenseiterfigur, Augen-Musiken oder Ohren-Grafiken – und in ihrer Eigenwilligkeit und konstruktiven Strenge irgendwie typisch helvetisch: visueller Serialismus, verwandt mit den Zürcher Konkreten, mit Max Bill und Richard Paul Lohse. 1936 sprach Bill erstmals von «Konkreter Kunst», Ende der 40er-Jahre wurde Meier darauf aufmerksam. Eine tiefe Anregung waren dabei auch die Bilder Piet Mondrians. Und so schuf er zu einer Zeit in der Provinz grafische Partituren, als auch die berühmten Partituren etwa von Earle Brown, Morton Feldman und Iannis Xenakis entstanden, die längst ihren Platz in der Musikgeschichte gefunden haben. Die Paul-Sacher-Stiftung, wo der Meier-Nachlass liegt, hat zum Vergleich einige dieser Partituren beigesteuert. Ein Fund: Brown benutzte für sein epochales December 1952 ebenso wie Meier Millimeterpapier.

Vor allem dienten ihm diese Grafiken – «Grundrisse», wie Meier sie nannte – als Vorlagen für elektronische Musik, mit der er sich von 1973 bis 1983 intensiv befasste. Auch damit war er ähnlich wie Benno Ammann oder Oscar Wiggli ein in der Schweiz einsamer Pionier. Tatsächlich könnte man das jetzt alles auf den Millimeter genau zumindest in der Grafik studieren, denn leider blieben ausser den Klangschichten alle Projekte unrealisiert: Es ist Musik im imaginären Raum. Erst heute werden die Aufzeichnungen nach und nach zu Klang gebracht. Am «Konzerttag» (2. Dezember) sind einige Versionen zu hören.

Aber gerade diese Imagination fördert die Ausstellung auch. Der visuelle Gesamteindruck allein ist repräsentativ und äusserst lohnenswert. Der reichhaltige Katalog stützt sich auf Vorträge des Meier-Symposiums Das Auge komponiert letzten Januar an der Hochschule der Künste Bern (siehe Bericht von Azra Ramić auf musikzeitung.ch/de/berichte/tagungen). Der Kuratorin Michelle Ziegler ist zusammen mit den Musikwissenschaftlern Roman Brotbeck (HKB) und Heidy Zimmermann (Sacher-Stiftung) hier ein Meier-Kompendium gelungen, das hoffentlich dazu beiträgt, diese Musik bekannter zu machen.

Ziegler arbeitet zurzeit an einer Dissertation über das Klavierwerk Meiers; weitere Projekte sind am Laufen. Demnächst soll eine neue Aufnahme seiner Klaviermusik mit Dominik Blum erscheinen, und vielleicht taucht Hermann Meier denn auch gelegentlich in einem grösseren Konzert auf. Was er wohl dazu sagen würde?
 

Katalog
Heidy Zimmermann, Michelle Ziegler, Roman Brotbeck: Mondrian-Musik. Die graphischen Welten des Komponisten Hermann Meier; 223 S. mit zahlreichen Illustrationen; Zürich, Chronos Verlag, 2017.
 

Diapason d’Or für Schabernack

Das französische Fachmagazin Diapason hat die CD «Schabernack» von Les Passions de l’Ame mit dem Diapason d’Or ausgezeichnet. Der Preis ist eine der bedeutendsten unabhängigen europäischen Anerkennungen für klassische Musik.

Les Passions de l’Ame (Foto: Guillaume Perret)

Der Diapason d’Or wird monatlich vergeben und ist neben dem Preis der deutschen Schallplattenkritik und den englischen Gramophone Awards einer der gewichtigsten Preise der Branche. Vor kurzem erhielt Meret Lüthi, die künstlerische Leiterin von Les Passions de l’Ame, auch den Musikpreis des Kantons Bern für ihre «herausragende und langjährige musikalische Tätigkeit».

Bereits die CD «Spicy» (2013) des Ensembles ist mit dem Diapason d’Or ausgezeichnet worden, «Bewitched» (2014), mit dem Supersonic Award. Die drei CD sind beim Label Sony Music Switzerland erschienen. Der Name des Orchesters verweist auf einen Aufsatz von René Descartes aus dem Jahre 1649. Darin spricht der Philosoph von der Leidenschaft, die zwischen Körper und Seele vermittelt.

Pro Helvetia mit neuen Stiftungsrätinnen

Der Bundesrat hat für die Kulturstiftung Pro Helvetia zwei neue Stiftungsrätinnen gewählt: Françoise Simone König Gerny ersetzt Felix Uhlmann und Marie-Thérèse Bonadonna ersetzt Anne-Catherine Sutermeister.

Pro Helvetia Hauptsitz. Foto: zVg

Die bisherigen Stiftungsräte Anne-Catherine Sutermeister (Fachbereich Kunst- und Kulturwissenschaft) und Felix Uhlmann (Fachbereich Recht) erreichen das Ende ihres Mandats. Der Fachbereich Recht wird ab 1. Januar 2018 von Françoise Simone König Gerny vertreten. Sie ist Co-Leiterin des Rechtsdiensts im Generalsekretariat des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt, Basel-Stadt. Den Fachbereich Kunst- und Kulturwissenschaft übernimmt ebenfalls per 1. Januar 2018 Marie-Thérèse Bonadonna, Kulturdelegierte des Club 44 in La-Chaux-de-Fonds.

Die derzeitige Amtsperiode dauert bis 2019. Die weiteren Stiftungsräte sind Susanna Fanzun, Marco Franciolli, Guillaume Juppin de Fondaumière, Johannes Schmid-Kunz, Nicole Seiler und Peter Siegenthaler.

Der neunköpfige Stiftungsrat der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia ist das strategische Organ der Stiftung. Er repräsentiert die unterschiedlichen Fachbereiche des kulturellen Lebens und die vier Sprachregionen der Schweiz. Der ehemalige Genfer Staatsrat Charles Beer wurde vom Bundesrat in seinem Amt als Präsident der Stiftung bestätigt und wird seine zweite Amtszeit am 1. Januar 2018 antreten.

Rück- und Ausblicke

In dieser Ausgabe werfen die Schweizer Musikhochschulen individuelle Blicke zurück: was waren Höhepunkte und besondere Momente im laufenden Jahr, und was ist geplant, vorgesehen und erhofft im 2018.

Luzern: Richtung Südpol

In Luzern geht’s Richtung Zukunft. An der Gegenwart wird gleichzeitig hart gearbeitet. Es ist wie bei guter Musik: Das Lineare krümmt sich, das Vergangene kommt erst, das Zukünftige ist schon vorbei. Sich erinnernd hört man voraus. Nach vorne schauen wir auf unseren Bauplatz am Luzerner-Südpol, dem neuen Luzerner Campus für die Musik. Erstmals Jazz, Kirchenmusik, Forschung, Volksmusik, Pädagogik, Performance, Klassik, Schulmusik und alles, was dazwischen ist, unter einem Dach, in neuen Räumen, im kreativen Chaos. Daraus soll die Kultur einer zeitgemässen Musikhochschule entstehen. Das Künftige ausdenkend beschäftigen wir uns mit Gegenwart: Neu geschnürt haben wir im 2017 alle unsere Bachelor-Studiengänge, abgewehrt auf der politischen Ebene haben wir Streichkonzerte bei den Precollege-Studiengängen, in Konzerten glänzten wir zusammen mit dem Luzerner Sinfonieorchester und am Lucerne Festival. Mit dem Luzerner Theater stemmten wir Musiktheater-Events und zusammen mit Kolleginnen und Kollegen aus Irland und der Türkei schafften unsere Volksmusikstudierenden überraschende Fusionsgigs am Festival Alpentöne. Und die Jazz-Bigband tourte durch die halbe Schweiz. Wir fühlen uns wie die Kollegen auf unserer realen Baustelle und haben eine gemeinsame Partitur: Wir sind «sur place», wir bauen an neuen Ideen und Strukturen, wir wissen, dass es von unten nach oben geht und jeder Schritt überlegt sein will. Oben kommt man ohne Katastrophe nur an, wenn die Grundsteine gelegt sind, wenn die inhaltlichen Räume realistisch aufgespannt sind. Diese sollen heute das bergen, was wir am Ende haben wollen. Vordergründig bauen am Südpol Handwerker, Ingenieure, Architekten. Hintergründig füllen Dozierende, Studierende, Pädagoginnen und Pädagogen, Forschende und Administrierende das Entstehende mit Inhalten auf. Jedes heute gesetzte Steinchen hat morgen seine Bedeutung im Ganzen.

Michael Kaufmann, Direktor Hochschule Luzern-Musik

Kalaidos: Mein Studienjahr 2017

Ich fing das Jahr mit dem ernsten Vorsatz an, den ersten Teil der Musiktheorieprüfung abzulegen: Akustik und Musikgeschichte. Die Prüfungstermine waren Anfang Mai und Anfang Juli. Ausserdem wechselte ich Anfang des Jahres zu Ting Sun als Hauptfachlehrperson. Ich lernte sie im Rahmen ihrer Akkreditierung kennen und war sofort von ihrer Art zu unterrichten beeindruckt. Ende Februar gab es Abwechslung im Lernalltag, einen szenischen Opernkurs in Basel mit Maria Gessler und Martin Kronthaler sowie dem Pianisten Riccardo Bovino. Drei Tage lang wurden Opernszenen geprobt unter der fachkundigen Anleitung der Dozenten. Dort habe ich viel wertvollen Input erhalten. Im Frühjahr besuchte ich das Modul Musik und Forschung, in dem es um Forschungsthemen und das Schreiben von Forschungsarbeiten ging. Dieses Modul wird sowohl von Studenten im klassischen Profil als auch von Studenten im Jazz/Pop Profil besucht. Ich fand es sehr spannend, einen Einblick in andere Stilrichtungen der Musik zu bekommen, die dieser gemeinsame Kurs bot. Vor den Sommerferien bestand ich die beiden Prüfungen, und mein Wissen über Musikgeschichte und Akustik war markant angestiegen. Der Herbst brachte einen neuen Opernkurs in Basel und ein neues Modul: Mastervorbereitung Pädagogik. Im nächsten Jahr stehen dann der zweite Teil der Musiktheorieprüfung an und die noch fehlenden Module, welche zum Studium gehören. Vor allem aber Singen!

Grete Einsiedler, Bachelor Gesang Klassik, Kalaidos Musikhochschule

Lugano: Numerose sorprese

Sono una flautista all‘ultimo anno del Bachelor of Arts in Music al Conservatorio della Svizzera Italiana. Questo corso ha arricchito notevolmente le mie conoscenze in campo musicale in generale e flautistico in particolare. Tra gli eventi più significativi dell‘anno accademico appena trascorso, spicca a mio avviso l‘incontro con uno dei flautisti più importanti nel panorama musicale attuale: il primo flauto dei Berliner Philharmoniker, Emmanuel Pahud. Questa non è stata sicuramente la prima volta in cui abbiamo avuto l‘opportunità di confrontarci con musicisti di livello eccelso. Noi studenti, infatti, oltre ad essere seguiti da maestri di fama internazionale, spesso seguiamo masterclasses con concertisti importanti. Per esempio, alcuni allievi della classe di pianoforte, hanno più volte seguito corsi e concerti della conosciutissima pianista Martha Argerich. Sicuramente l‘anno accademico 2017/2018 non sarà meno stimolante del precedente. Per quanto mi riguarda seguirò corsi molto interessanti, tra cui uno in collaborazione con gli allievi del DEASS (SUPSI) che prevede concerti per persone in stato di sofferenza e difficoltà (presso il teatro del Centro Sociale Di Mendrisio). Inoltre, il 12 febbraio al LAC, sarò impegnata in una delle numerose produzioni orchestrali del conservatorio. Per finire, a conclusione del mio percorso formativo, avrò occasione di esibirmi in un concerto solistico in conservatorio nel mese di giugno. Non è detto però che vi abbia elencato tutti gli avvenimenti che mi impegneranno in quest‘anno. Il conservatorio infatti riserva ai suoi iscritti numerose sorprese!

Chiara Ritoni, studentessa del Bachelor of Arts in Music, flautista

Lausanne : diversité

Revenir sur l’année écoulée, c’est notamment savourer l’ampleur et la variété des projets artistiques réalisés par l’HEMU au travers des nombreuses vidéos et photos mises en ligne. Les partenariats y figurent en nombre : avec l’Orchestre de Chambre de Lausanne, l’Opéra de Lausanne, la Société de Musique Contemporaine, le Festival Archipel, le Cully Jazz Festival, le Montreux Jazz Festival, pour n’en citer que quelques-uns. Ces collaborations permettent à nos étudiants et étudiantes de côtoyer des artistes de renom et de se créer un réseau fort utile à l’aube de leur carrière. En mars 2017, L’HEMU et l’EJMA ont accueilli la Montreux Jazz Academy, qui a sélectionné, parmi ses dix candidats, une étudiante de l’HEMU pour une semaine de création avec six icônes mondiales du jazz. Dans la série Le Flon Autrement, une carte blanche a été donnée à la brillante mezzo-soprano Marina Viotti, qui a laissé chanter sa créativité autour du thème Love has no borders. La cantatrice s’est également largement démarquée lors de la première édition du concours Kattenburg, nouveau venu dans le paysage romand du chant lyrique et fondé sur la volonté de créer un point de rencontre bisannuel entre les étudiants de l’HEMU et ses alumnis. De quoi entrer en 2018 avec énergie pour nos étudiants et étudiantes ! L’année s’ouvre avec plusieurs conférences sur des thèmes de musiques actuelles proposées en janvier 2018 et un workshop innovant voué à expérimenter de manière interactive la question du leadership en orchestre. En avril 2018 sera marqué du retour de l’HEMU Jazz Orchestra au Cully Jazz Festival, et on ne peut que vous conseiller de suivre l’annonce de la programmation de près.

Haute École de Musique de Lausanne

(HEMU)

Bern I: drumming

Anfangs Juni spielte die Schlagzeugklasse der HKB drumming von Steve Reich unter der Leitung von Brian Archinal am Festival «HKB geht an Land» in St. Imier. Im September nahm ich an der Student competition des Ostschweizer Solisten- und Ensemblewettbewerbes teil, an dem ich den ersten Preis gewann, und schliesslich war ich im Rahmen des Musikfestivals Bern Teil des Projektes bei der Aufführung von Gerard Griseys Le Noir de l’Étoile, geleitet von Pascal Viglino und Benoît Piccand, für sechs Schlagzeuger in der emblematischen Reithalle Bern. Die vielen Eindrücke in der Begegnung mit zeitgenössischer Musik und der Musikvermittlung zeigten mir neue Sicht- und Spielweisen auf, welche in mein jetziges Schaffen einfliessen und es so tiefgründiger und nuancierter machen.

Mirco Huser, Schlagzeugstudierender HKB in den Klassen Brian Archinal, Jochen Schorer und Christian Hartmann

Bern II: Das wilde Europa erfinden

In Les Indes galantes, dem opéra ballet von Jean-Philippe Rameau, wird die Praxis der Liebe in fernen Ländern beschrieben – es ist der europäische Blick auf das Fremde. Rameau war aber auch Musiktheoretiker und einflussreicher Kulturpolitiker. Alles zusammen also eine perfekte Startrampe für ein multidisziplinäres Grossprojekt, das man an vier Spielorten rund um die Ostermundigenstrasse 103, am neuen Standort des Fachbereichs Musik HKB, wird erleben können. Ein High-Tech Auditorium, ein alter Hörsaal, eine leere Shedhalle, ein Theatersaal und diverse Verbindungswege werden von Regisseur Joachim Schloemer mit rund 50 Studierenden und Dozierenden eindrucksvoll in Szene gesetzt. Dabei wird aber nur wenig Barockmusik zu hören sein – vielmehr komponieren, bauen, inszenieren, interpretieren, vermitteln und librettieren Studierende aus Musik, Theater, Literatur, Oper, Gestaltung und Kunst, Sound Arts und anderen Bereichen grosse Teile dieses HKB Laboratoriums. Eine wilde Sache eben, aktuell und dramatisch, poetisch und auch kulinarisch angereichert. L’Europe sauvage, so der Titel, ist eine verpflichtende Ansage für ein wunderbares Spektakel im industriellen Galgenfeld.

Peter Kraut, Stellvertretender Leiter Fachbereich Musik, Hochschule der Künste Bern

Zürich: 2017 und 2018

Ich bin jedes Mal sehr aufgeregt, wenn ich eine Möglichkeit habe, bei Musikprojekten aufzutreten: Kammermusik zu spielen, zeitgenössische Musik aufzuführen, im Orchester zu spielen… Im Jahr 2017 hatte ich die Ehre, zusammen mit meiner Kollegin, der Saxophonistin Valentine Michaud, beim Lucerne Festival ein Debut-Konzert zu spielen und meine Hochschule dort zu repräsentieren. Gemeinsam bilden wir das Duo AKMI und haben unser internationales Debüt in Russland und den USA gegeben und dabei die Erstaufführung von Kevin Juillerats L’étang du Patriarche gespielt, was eigens für unser Duo komponiert wurde. Des Weiteren war ich stark mit Kammermusik und zeitgenössischer Musik beschäftigt. Ich habe mit meinen Kollegen von der ZHdK im Rahmen der «Prelude» und «Surprise» in der Tonhalle gespielt, neue Kompositionen von ZHdK-Studierenden aufgeführt und dabei sehr viel Erfahrung gesammelt. Zudem hat mir die ZHdK die Gelegenheit gegeben, meine Ideen im Abschlussrecital zum Thema Crossover zu realisieren, daher habe ich das Konzert für zwei Klaviere und Schlagzeug op. 104 (aus dem Jahr 2002) von Nikolai Kapustin aufgeführt, ein Stück, das ich schon lange spielen wollte. Im Jahr 2018 werde ich die Gelegenheit wahrnehmen, weiter interessante Konzerte zu spielen und neue musikalische Erfahrung zu sammeln. Es gibt wie immer Projekte mit dem Ensemble Arc-en-Ciel, dem Orchester der ZHdK, ausserdem Konzerte bei der Musikwoche Braunwald, beim Lilienberg Rezital oder in der Maison Blanche sowie ein Workshop mit Brett Dean und vieles mehr.

Akvile Sileikaite, Master Specialized Music Performance, Klavier, Zürcher Hochschule der Künste

Basel: Gesang im Aufwind

In Basel stand 2017 Gesang im Zentrum bedeutender Projekte der Schola Cantorum Basiliensis (SCB) und der Hochschule für Musik (HSM). Einige davon wurden von beiden Instituten gemeinsam veranstaltet, wie die inspirierenden Kurse der langjährigen Gastdozentin Margreet Honig, ein Meisterkurs mit Christine Schäfer und das Projekt Lamento in Kooperation mit der Gare du Nord. Unter diesem Titel verband Désirée Meiser Teile aus Monteverdis Orfeo und Sciarrinos Luci mie traditrici zu einer Musiktheater-Produktion, die unter der musikalischen Leitung von Giorgio Paronuzzi und Jürg Henneberger erklang und gleichzeitig zum Programm des Jubiläums zum 150-jährigen Bestehen der Musik-Akademie Basel gehörte. Lamento war das dritte Opernprojekt an der HSM, nach Richard Ayres Die Genesung der Grille am Theater Basel und einer Projektwoche von Regina Heer zu Le nozze di Figaro. Das Jubiläumsjahr wurde mit einer Uraufführung von Rudolf Kelterborn Musica profana für Sopran, Bariton und drei Instrumental-Ensembles unter der Leitung von Heinz Holliger eröffnet. Weitere ehemalige Basler Direktoren und Professoren standen in einem Chorkonzert unter der Leitung von Raphael Immoos auf dem Programm. An der SCB bleiben die Fragen des historischen Singens stets im Zentrum. Eine CD (Label: Glossa) des Ensembles Profeti della Quinta mit Musik des frühen 17. Jh. aus der Feder des mysteriösen «Carlo G.» hat die Verzierungspraxis dieser Quelle beleuchtet; Ensembleprojekte in Bogotá und ein Senfl-Konzert in Basel (27.1.2018) bemühen sich um Aufführungen aus originaler Chorbuchnotation und im Projekt «Studio 31» (SCB/HSM) wird vieltönige Musik im Vokalensemble experimentell erprobt und aufgeführt.

Musik-Akademie Basel (FHNW), Hochschule für Musik Basel, Schola Cantorum Basiliensis, Hochschule für Alte Musik

Genève : consolider l’identité propre

Après que l’année 2016 se soit conclue sur le vote de l’Assemblée générale des Nations Unies mettant à disposition de la Cité de la musique un terrain à proximité de son siège de Genève, l’année 2017 se termine avec la proclamation du vainqueur du concours international d’architecture sur invitation destiné à sa construction. Les bureaux de Pierre-Alain Dupraz (Genève) et Gonçalo Byrne (Lisbonne), ainsi que Nagata Acoustics (responsables notamment de la Philharmonie de Paris, de l’Elbphilharmonie à Hambourg et de la salle Boulez de Berlin) se sont associés pour concevoir un grand ensemble comprenant une salle philharmonique de 1700 places (siège de l’Orchestre de la Suisse Romande), une salle de récital d’environ 450 places, une salle lyrique d’environ 250 places et une blackbox destinée aux spectacles expérimentaux, ainsi que la totalité des activités de la Haute école de musique de Genève. Magnifiquement située au cœur de la Genève internationale, faisant la part belle aux interactions entre ses différents occupants et largement ouverte sur la région et sur le monde, la Cité de la musique devrait s’ouvrir en 2023.

Le défi principal de 2018 pour la Haute école de musique sera également immobilier avec la fermeture pour rénovation du bâtiment historique de la Place neuve et le déménagement de ses activités de production dans diverses salles genevoises, lui permettant d’aller encore davantage à la rencontre de la population et de consolider son identité propre.

Haute Ecole de Musique de Genève

Prekäre Lehrtätigkeiten für Komponisten in Bayern

Die Fachgruppe E-Musik (FEM) des DKV und der Landesverband Bayern des Deutschen Komponistenverbands (DKV) solidarisieren sich mit den streikenden Lehrbeauftragten der staatlichen bayerischen Musikhochschulen.

Der Protest formiert sich in der Aula der Musikhochschule München. Foto: Juan Martin Koch

Ohne die vielen Lehrbeauftragten an den staatlichen Musikhochschulen in München, Nürnberg und Würzburg wäre deren reichhaltiges Bildungsangebot nicht aufrechtzuerhalten, schreibt der DKV. Die Lehrbeauftragten seien ein tragender Pfeiler der akademischen Musikausbildung in Bayern. Wie ihre festangestellten Kolleginnen und Kollegen leisteten sie vielfach die gleiche Arbeit. Dafür würden sie aber nur mit einem Bruchteil dessen honoriert, was das festangestellte Personal erhält.

Wie dieses erteilen die Lehrbeauftragten Einzelunterricht, geben Seminare und halten Vorlesungen in fast allen Abteilungen und Fächern. Besonders in den Fächern Musiktheorie, Gehörbildung und Komposition unterrichten auch viele Komponistinnen und Komponisten. Das machen sie zum Teil bereits seit Jahrzehnten und müssen laut DKV dennoch jedes Semester um die Verlängerung ihres Lehrauftrags bangen, müssen sich im Gegensatz zu den festangestellten Kolleginnen und Kollegen selbst krankenversichern und selbst für ihre schmale Alterssicherung vorsorgen, ohne Honorarfortzahlung im Krankheitsfall.

Die Lehrbeauftragten sind deshalb für zwei Wochen in den Streik getreten. Sie verlangen unter anderem eine angemessene Honorierung, eine «würdige Alterssicherung», eine für den Lebensunterhalt genügende Wochenstundenzahl, um nicht in Existenznot zu geraten, Mitgestaltungsrecht in den Gremien der Hochschule und Honorarfortzahlung im Krankheitsfall.

Mehr Infos:
www.nmz.de/kiz/nachrichten/deutscher-komponistenverband-landesverband-bayern-solidarisiert-sich-mit-lehrbeauftr
 

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