Zapfsäule Urheberrecht

Das Portemonnaie des Hörers würden sie anzapfen. Das wirft man den Verwertungsgesellschaften oft vor. Zu unrecht, denn damit es Musik gibt, müssen diejenigen entlöhnt werden, die sie schaffen. Zum Glück sieht es für die Suisa auch im zunehmend digitalen Musikmarkt nicht allzu düster aus. 2017 war sogar ein Jahr des Übergangs.

2017 waren die erzielten Urheberrechtserträge aus der digitalen Musiknutzung (Streaming und Download) erstmals höher als diejenigen aus der Produktion von Tonträgern. Die Entwicklung vom physischen Datenträger zur Online-Datei findet überall statt, etwa auch bei den audiovisuellen Angeboten, wo traditionelle Videotheken fast vollständig verschwunden sind, während Download-Portale wie Netflix ihren Platz eingenommen haben.

Für die Suisa und die Rechteinhaber ist diese Umwälzung gleichbedeutend mit sinkenden Einnahmen, denn die abgeführten Beträge stehen in einem Verhältnis zur Summe, die der Nutzer insgesamt für seine Musik zahlt. In der Regel sind es etwa 10 %. Wenn also ein Musikliebhaber eine CD für 15 Franken kauft, kommen rund 1.50 Franken den Urhebern zugute, den durchschnittlich ein bis zehn Personen, die die Musik auf dem Tonträger geschaffen haben. Bei einem Spotify Premium Abonnement werden dagegen von den 12.95 Franken Monatsgebühr rund 1.20 Franken unter den Urhebern all der Stücke verteilt, die der Abonnent in diesem Zeitraum hört. Für den einzelnen Komponisten oder Interpreten bleiben so nur minimale Beträge.

Suisa investiert im digitalen Sektor mit Mint

Auch wenn die Online-Einnahmen (7.9 Millionen Franken) diejenigen aus dem Tonträgerverkauf (6.5 Millionen Franken) überholt haben, so sind diese Erträge zusammengenommen doch weit unter dem Niveau des Jahres 2000. Damals, ein Jahr vor der Lancierung von iTunes, beliefen sie sich auf über 30 Millionen Franken! Obwohl sie aus den oben angeführten Gründen bestimmt nie wieder so hoch ausfallen werden wie vor 20 Jahren, schöpft Suisa alle Möglichkeiten aus, um die Einnahmen aus dem Musikkonsum im Internet zu erhöhen. So hat sie vor über einem Jahr mit der amerikanischen Verwertungsgesellschaft Sesac die Mint Digital Services gegründet, eine Organisation, die mit den Online-Plattformen Lizenzverträge aushandelt. Suisa verspricht sich durch die Verbindung mit Sesac günstigere Lizenzbedingungen, weil auch das Musikangebot, das die beiden Gesellschaften zusammen den Plattformen anbieten können, grösser ist. Sesac nimmt beispielsweise die Rechte von Musikern mit Weltruf wie Bob Dylan und Adele wahr.

Durch das Joint Venture von Suisa und Sesac können verschiedene Kompetenzen gebündelt werden, insbesondere die Möglichkeit, Urheberrechte sowohl nach europäischer wie nach angelsächsischer «Methode» zu verwalten. Es bestehen zahlreiche Unterschiede vor allem bei der Abgeltung der mechanischen Rechte. Dies ist essenziell, wenn man sich vergegenwärtigt, dass es seit 2006 kein Gebietsmonopol im Online-Sektor mehr gibt: Die Verwertungsgesellschaften vertreten nicht mehr das weltweite Repertoire, das über Schweizer IP-Adressen genutzt wird, sondern lediglich die Werke ihrer eigenen Mitglieder in zahlreichen Ländern. Die Verlage und Label können zudem die Verwaltung ihres Online-Repertoires einer Verwertungsgesellschaft ihrer Wahl übertragen. Mint ist zwar noch in der Einführungsphase, aber die ersten Resultate sind ermutigend. So hat beispielsweise Warner/Chapell Music, der drittgrösste Musikverlag weltweit, Mint sein Repertoire anvertraut, was die Nutzung über iTunes anbelangt. Verhandlungen mit weiteren grossen Verlagen laufen.

Steigender Umsatz, insbesondere dank der Privatkopie

Trotz den schwierigen Verhältnissen beim Online-Konsum ist die Gesamtentwicklung im Bereich der Urheberrechte positiv. 2017 wurden in der Schweiz 139.2 Millionen Franken abgerechnet, 2 % mehr als 2016, in dem auch schon sehr gute Ergebnisse erzielt wurden. Die Aufführungsrechte (insbesondere Konzertaufnahmen) sind leicht gestiegen (auf 46.9 Mio. Fr., + 1 %). Der höchste Anstieg ist aber durch die Abgeltungen für den Speicherplatz in digitalen Geräten zu verzeichnen (Abgeltung für Privatkopien). Dies vor allem, weil diese Geräte, allen voran Smartphones, immer mehr Speicherplatz zur Verfügung stellen.

Entgegen der Kritik, die manchmal zu hören ist, sind es die Suisa-Mitglieder, die in hohem Masse von diesen gesteigerten Erträgen profitieren. 2017 gingen neben den 60 Millionen Franken, die direkt an die Autoren und Verleger ausgeschüttet wurden, noch 2.7 Millionen Franken an die Fondation Suisa (www.fondation-suisa.ch), die einen unabhängigen Teil der Gesellschaft bildet. Und 8.1 Millionen an die Vorsorgestiftung der Musikautoren und -verleger. Die Fondation Suisa fördert das aktuelle schweizerische Musikschaffen in all seinen Facetten und ebenso Projekte mit Bezug zum Musikschaffen im Fürstentum Liechtenstein. Die Vorsorgestiftung ermöglicht den Suisa-Mitgliedern, ab dem 63. Altersjahr eine Rente von maximal 38 500 Franken zu beziehen.

Die gesetzliche Grundlage für die Beiträge an beide Stiftungen bildet Art. 48 des Urheberrechtsgesetzes. Darin wird verfügt, dass mit Zustimmung der Generalversammlung der Suisa Teile des Verwertungserlöses für Kulturförderung und Sozialvorsorge verwendet werden können. Dabei muss hervorgehoben werden, dass die bewilligten 10.8 Millionen Franken nicht zulasten der Musiknutzer gehen, sondern, genau aufgeteilt, von den auszuschüttenden Beträgen an die Mitglieder abgezogen werden. Die Mitglieder haben insofern Mitsprache, als sie diesen Vorgang an der Generalversammlung gutheissen müssen. Derselbe Abzug wird auch auf den Vergütungen gemacht, die Mitgliedern von ausländischen Verwertungsgesellschaften zugute kommen. Sie leisten damit ebenfalls einen Beitrag an die Entwicklung der Schweizer Musik und an den Ausbau der Vorsorgeeinrichtungen der Suisa-Mitglieder.

Nicola Pont
… ist Verantwortlicher des Rechtsdienstes bei der Suisa in der Westschweiz.