Klingende Sternbilder
Die CD «Constellations Ardentes» vereint zeitgenössische Duos von Jean-Luc Darbellay und Stefan Wirth mit romantischen Trios von Charles Koechlin und Johannes Brahms.
Diese CD sei eine «family affair» heisst es im Booklet; diese Familiensache hat ein Programm, das im CD-Titel angedeutet wird: Constellations Ardentes – glühende Sternbilder; dieser Titel wiederum bezieht sich auf das Stück Ori, das der Berner Komponist Jean-Luc Darbellay (*1946) im Jahr 2007 für seine beiden Kinder Noëlle-Anne (Violine, Viola, Stimme) und Olivier (Horn) geschrieben hat. Ori meint Orion, ein Sternbild, dessen Kraftzentrum im Stern Beteigeuze liegt, ein Riesenstern mit dem tausendfachen Durchmesser unserer Sonne. Das elf Minuten dauernde Stück wirkt wie ein klanggewordenes Gravitationsfeld von Horn und Violine, die einander in wechselnden Bewegungen umkreisen, umflirren, umschmeicheln und kontrastieren.
Für die gleichen Interpreten hat der Zürcher Komponist Stefan Wirth (*1975) das Stück Lunules électriques (2012) geschrieben. Wirth intendierte darin weniger ein Gespräch zwischen Violine und Horn als vielmehr Verbindungen und Verschmelzungen der beiden Instrumente in einem neuen Klang. So werden z. B. die Flatterzungen-Töne des Horns von den Tremoli der Violine aufgenommen, und im Obertonspektrum der beiden Instrumente entstehen fortwährend neue Farbverbindungen. Gegen Ende des Stücks vereinigen sich die Instrumente in einer choralähnlichen Passage, wo sich zum Klang von Horn und Violine noch die Stimme der Geigerin gesellt, mit einer Vokalise über «lunules électriques» aus Rimbauds Gedicht Le bateau ivre.
Schön ist die Bereicherung des Programms durch zwei romantische Trios: die Quatre Petites Pièces von Charles Koechlin (1867–1950) und das Trio op. 40 von Johannes Brahms (1833–1897). Die vier Miniaturen des Fauré-Schülers Koechlin entstanden 1890 bis 1909 und bilden eine träumerische, sehnsüchtige Erinnerung an den Duft der Jahrhundertwende. Der Fassung für die Standard-Besetzung, Violine, Horn und Klavier, liess Koechlin noch eine weitere mit Viola anstelle der Geige folgen, und in dieser selten zu hörenden, ausserordentlich schönen Version wurde das Werk hier eingespielt.
Das Schwergewicht der CD liegt auf Brahms’ Opus 40 für Klavier, Violine und Waldhorn. Er schrieb das gedankenvolle Trio in einer Stimmung tiefster Trauer über den Tod seiner Mutter.
Die Interpretation ist ein Glücksfall: Zu den beiden Darbellay-Geschwistern gesellt sich der ausgezeichnete Schweizer Pianist Benjamin Engeli, auch er aus einer Musikerfamilie. Die drei finden sich in kraftvollem, subtilem und technisch makellosem Zusammenspiel.
-
00:00
- «Ori», Duo für Violine und Horn
-
00:00
- «Lunules électriques» für Violine und Horn
-
00:00
-
00:00
- Arie Bass – Wolf Matthias Friedrich
-
00:00
- Arie Tenor – Bernhard Berchtold
-
00:00
- Chor
Bachkantaten Nr. 20 (BWV 67, 96, 121). Chor und Orchester der J.S. Bach-Stiftung, Leitung: Rudolf Lutz.
Allgemein bekannte Melodien aus russischen Opern, Balletten und Kammermusik des 19. und 20. Jahrhunderts (Tschaikowsky, Borodin, Prokofiew, Rimski-Korsakow, Mussorgski, Schostakowitsch und Chatschaturjan) sind hier mittelschwer für zwei Violinstimmen arrangiert. Das melodische Material und die Begleitung sind auf beide Spieler verteilt. Die Fingersätze in der Duopartitur müssen an einigen Stellen verbessert oder ergänzt werden. Es ist sehr motivierend, diese anregenden Stücke zu spielen, was wiederum den Willen fördert, den technischen Anforderungen (chromatische Folgen, rhythmisches Zusammenspiel, Flageoletts, Pizzicato) gerecht zu werden.
David Brooker: Classical Favourites from Russia, arr. für zwei Violinen, UE 36749, € 16.95, Universal Edition Wien 2017