Schnitzen, Schleifen, Schrauben für den guten Ton

An den Swiss Skills vom 12. bis 16. September in Bern stellten Lernende aus 135 Berufen ihre Arbeit vor. Auch die verschiedenen Fachrichtungen des Musikinstrumentenbaus waren vertreten und zogen viel Publikum an.

Fotos: Pia Schwab

In Halle 1.1 auf dem Gelände der Bernexpo präsentieren sich die Kleinstberufe vom Küfer bis zur Seilbahn-Mechatronikerin. Und eben auch Musikinstrumentenbauer: In dem Geviert aus Werkbänken und improvisierten Vitrinen mit Orgelpfeifen, Schalltrichtern und Messgeräten sind Lernende am Hobeln, Leimen, Bohren, Stimmen. An mechanischen Klavier- und Orgelmodellen erläutern sie die Funktionsweise der Instrumente. Von den unabsehbar vielen Jugendlichen, die vorbeiströmen – über 115 000 Personen haben die Swiss Skills besucht –, bleiben denn auch etliche stehen, schauen zu, stellen Fragen. Wer weiss, vielleicht entschliesst sich ja der eine oder die andere zu einem der sechs Berufe, die man in der Schweiz im Musikinstrumentenbau in einer vierjährigen Lehre erlernen und mit einem eidgenössischen Fähigkeitszeugnis abschliessen kann: Orgelbauer, Orgelpfeifenbauer, Klavierbauer, Blasinstrumentenbauer, Blasinstrumentenreparateur und Geigenbauer.

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Elias Graf, künftiger Geigenbauer im 2. Lehrjahr, arbeitet an einer Geigenschnecke und erklärt, warum langsam gewachsener Bergahorn das beste Holz dafür ist.

Die Ausbildung zum Geigenbauer – wobei es um die Herstellung der ganzen Streicherfamilie bis zum Kontrabass geht – ist an der Geigenbauschule Brienz als Lehrwerkstätte organisiert. Sie bietet sowohl den handwerklichen wie den berufskundlichen Unterricht vor Ort an und ist soeben in ein neues Gebäude gezogen. «Beim Bauen von neuen Instrumenten mit traditionellem Bezug können die Jugendlichen alles lernen, was sie im späteren Berufsleben auch für Servicearbeiten brauchen», erzählt Hans Rudolf Hösli, der Leiter der Geigenbauschule. «Nachwuchssorgen haben wir keine. Wir können unter den Bewerberinnen und Bewerbern auswählen und bringen die jungen Leute nach der Lehre problemlos in die freie Marktwirtschaft. Übers Jahr kommen zwischen 20 und 40 Personen an einem Besuchstag oder zwischendurch vorbei, um sich ein Bild zu machen. Wer sich mit einem vollständigen Dossier bewirbt, wird zu einer zweitägigen Eignungsprüfung eingeladen. Dort besetzen wir zwei bis drei Plätze pro Jahr. Insgesamt haben wir im Moment zehn Lernende. Wir bleiben klein, sind auf die Grösse der Schweiz ausgerichtet, wobei man mit diesem Beruf auch gut im Ausland eine Anstellung findet.»

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Stefanie Munz, künftige Orgelbauerin in 4. Lehrjahr, schiftet auf einer Glasplatte Leder, das sie später mit der passenden Holzkonstruktion zu einem Balg verleimt.

Die fünf anderen Berufe lernt man, wie im dualen schweizerischen Berufsbildungssystem üblich, in einem Lehrbetrieb, besucht die Gewerbeschule sowie verschiedene fachspezifische überbetriebliche Kurse. Für die Lernenden aus der ganzen Schweiz finden diese im Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg am Bodensee statt. Dort besuchen sie rund 9 Wochen pro Jahr in zweisprachigen Blockkurse die Berufsfachschule. 41 junge Leute sind es im Moment, verteilt auf die 4 Lehrjahre und 5 Fachrichtungen. Das entspricht dem Durchschnitt der letzten 10 Jahre, seit sich diese Berufszweige zu einer gemeinsamen Ausbildung zusammengeschlossen haben, wobei im ersten Lehrjahr etwa 80 % des Unterrichts gemeinsam erteilt wird, im letzten dann noch 20 %, der Rest fachspezifisch. Jörg Gobeli, ehemaliger Leiter der Fachschaft Musikinstrumentenbau am Arenenberg gibt aber zu, etwas mehr Interessierte könnten nicht schaden, damit die Lehrbetriebe mehr Auswahl hätten. Und es gebe jetzt auch noch einzelne freie Lehrstellen.

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Marius Aebi, künftiger Klavierbauer im 4. Lehrjahr, kontrolliert die Form der Hammerköpfe, nachdem er sie mit Schleifpapier abgezogen hat. Das Schleifen bringt die Rillen, die die Saiten im Laufe der Zeit hinterlassen haben, zum Verschwinden.

«Arbeit gibt es genug», bestätigt Oliver Zanella, der sowohl Orgel- wie Klavierbau gelernt hat und sich soeben selbständig macht. «Ausgebildete Musikinstrumentenbauer haben kein Problem, eine Stelle zu finden, denn es gibt in den nächsten Jahren eine Art Generationenwechsel. Man ist mit der hiesigen Ausbildung auch weltweit sehr angesehen und hat gute Möglichkeiten, im Ausland zu arbeiten.» Die vierjährige Lehre in der Schweiz suche international ihresgleichen. In den meisten Ländern gebe es gar keine geregelte Ausbildung, aber auch in Deutschland sei die Lehre nur dreieinhalbjährig. Schwieriger sei es, einen Lehrbetrieb zu finden, jedenfalls in der gewünschten Region. Das bleibe aber der erste Schritt. Zanella empfiehlt auch dringend, in möglichen Lehrbetrieben schnuppern zu gehen.

Die Interessengemeinschaft Musikinstrumentenbauer IGMIB bietet Informationen für angehende Lernende und führt eine Liste der Betriebe, die bereits ausgebildet haben.

www.musikinstrumentenbauer.ch

www.geigenbauschule.ch

Anika Batt, künftige Geigenbauerin im 3. Lehrjahr, sticht die Schnecke einer Bratsche. Jana Zurkinden, künftige Blasinstrumentenreparateurin im 4 Lehrjahr, löst ein durchgespieltes Polster aus einer Saxofonklappe und ersetzt es durch ein neues. Corina Baumann, künftige Geigenbauerin im 3. Lehrjahr, hobelt die Wölbung einer Decke.
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