Benedikt Wieland

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Benedikt Wieland

Was hat es in deinem Fall gebraucht, dass du dich als Musiker derart schön hast entfalten können?

Den Mut, den Willen und den Drang es trotzdem zu tun!
Ob ich mich dabei schön entfaltet habe, ist sehr relativ, sicherlich war und ist mein Weg nicht unbedingt gradlinig, dafür laufe ich mit zu offenen Armen, Augen und Ohren durch die Welt. Immer wieder entdecke ich etwas Neues, was mich fasziniert. Die Balance zwischen all meinen Tätigkeiten zu halten ist oft nicht einfach, aber ich empfinde es als grosses Glück, das zu tun was mir Spass macht.
Bei mir ist die Entfaltung ein stetiger Prozess indem es auch darum geht, Wünsche, Visionen und Erwartungen in Einklang mit meinem Handeln zu bringen.

Sind die Verhältnisse in der Schweiz einer musikalischen Entfaltung zuträglich oder hinderlich?

Für mich müsste die Frage lauten: Macht die Schweiz, ein Land mit einer hohen Lebensqualität und hoher wirtschaftlicher Stabilität, genug, um die musikalische Entfaltung zu fördern?
Ja und nein. Die Schweiz hat eine starke und vor allem sehr breite Kulturförderung, die uns natürlich viel ermöglicht.
Gerade in der Nischenmusik entsteht dadurch viel Spannendes, weil es dort leichter ist, einfach mal etwas auszuprobieren.
Mal abgesehen davon, dass die sozialen Verhältnisse in der Schweiz ja nicht besonders toll sind insbesondere für künstlerische Berufe oder allgemein für Leute, die nicht in erster Linie dem Geld hinterherrennen, wären die Voraussetzungen wohl gar nicht sooo schlecht.
Aber könnte man noch mehr tun? Definitiv. Geld zu haben ist nicht innovativ. Innovativ ist, was man daraus macht, und da tut sich die Schweiz schwer, mehr Farbe zu bekennen, gerade in unseren musikalischen Breitengraden. Ausserdem spielt die gesellschaftliche Denkweise eine grosse Rolle. Musik hat dabei noch lange nicht die Akzeptanz, wie zum Beispiel der Sport.
Ich kenne kein anderes Land, wo man mich nach meinem Beruf fragt und dann gleich nach gegebener Antwort nochmals nachhakt, was ich denn sonst noch mache …

Ist es für eine musikalische Selbstverwirklichung unabdinglich, ins Ausland zu gehen?

Nö, unabdinglich würde ich nicht sagen. Ich kenne so viele Musikerinnen und Musiker, die sich ohne längere Auslandaufenthalte ebenso verwirklicht haben.
Aber ich kann es trotzdem jedem empfehlen. Vor allem, wenn du den Drang verspürst, mal aus der «Wohlfühlzone» auszubrechen. Für mich ist Musizieren auch eine ständige Suche und mich würde es einengen, wenn ich nicht die Möglichkeit hätte, mein vertrautes Umfeld, meine Zone mal verlassen zu können.
Zudem finde ich all die neuen Eindrücke, die ich in einem fremden Land bekomme, sehr erfrischend: andere Lebensformen, andere Denkweisen, andere Menschen, andere Perspektiven … All das empfinde ich als grosse Bereicherung für meinen Weg. Und es ist doch auch spannend, die Schweiz mal von aussen zu betrachten, da sieht Vieles ganz anders aus, als wenn man drin lebt …
Ich habe jetzt natürlich vor allem vom Leben im Ausland gesprochen. Oder meintest du Touren? Bei Nischenmusik ist es natürlich unabdingbar, ins Ausland zu gehen, weil die Schweiz dafür viel zu klein ist. Wir müssen sofort raus. Am besten gleich am 2. Tag!:-)

 

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Benedikt Wieland ist Gründer und Mitglied der Band Kaos Protokoll.

 

kaosprotokoll.ch

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Joana Aderi

Foto: Mario Heller
Joana Aderi

Was hat es in deinem Fall gebraucht, dass du dich als Musikerin derart schön hast entfalten können?

Ich habe ein Umfeld gebraucht, das mich «machen liess». Die Narrenfreiheit einer Ausländerin kam mir da entgegen.
Grundsätzlich bin ich neugierig und sehr fleissig. Ich erschrecke mich manchmal selber mit meiner Selbstdisziplin. Aber die Motivation muss zu hundert Prozent von mir herkommen. Mein ganzes Lernsystem fällt sofort in sich zusammen, wenn mir von aussen etwas aufgezwungen wird. (suffering punk soul stellt sich quer.) Darum war eine Schweizer Musikhochschule für mich viel zu eng. An der Schule in Trondheim, Norwegen, habe ich dann den für mich essenziellen Freiraum gefunden. Ich bin unmittelbar aufgeblüht. Mein spätpubertäres Dasein erhielt im Norden oben die Möglichkeit, sich kompromisslos auszuprobieren, das heisst auch mal vollständig zu scheitern, um die eigenen Grenzen zu fühlen, mich kennenzulernen. Das hätte hier nicht in dieser Weise geklappt. Ich habe acht Jahre in Norwegen gelebt und hätte auch durchaus noch viel länger bleiben können. Für mich war es wichtig, mich ganz von der Schweiz abzumelden, um wirklich das Gefühl zu haben, ich falle ins Unbekannte hinein. Ein Atelier-Stipendium hat mich nie gereizt.

Sind die Verhältnisse in der Schweiz einer musikalischen Entfaltung zuträglich oder hinderlich?

Die Schweizer Verhältnisse: Crabs in a bucket mentality!! Das habe ich fast nicht ausgehalten. Du musst noch nicht mal Taten an den Tag legen, es reicht schon, etwas grösser zu denken und du wirst zurückgepfiffen. Ich habe schon im ersten Jahr Musikstudium gewusst, dass ich auf die experimentellen Bühnen Europas will, ich wollte nie Musiklehrerin werden. In der Schweiz wurde mein junger Traum immer perforiert, Luftschlösser sofort zum Einsturz gebracht. Also bin ich ins Ausland gegangen und habe es einfach gemacht. Und es hat funktioniert.
Wir haben uns in Trondheim oft unter Sängerinnen getroffen, uns unsere verschiedenen Stimmen präsentiert, zusammen Dinge ausgecheckt. In einer grundsätzlich wohlwollenden Atmosphäre, wo wir uns ob der Andersartigkeit der anderen gefreut haben. Wir haben uns gegenseitig gepusht. No more crabs. Die Krabben finde ich ganz schlimm und es war ein Hauptgrund, weshalb ich weg musste.
Jetzt bin ich zurück in der Schweiz und bin sehr gerne hier. Ich glaube, es hat sich ein bisschen verändert. Oder vielleicht fühlt es sich anders an, wenn man seine innere Haltung zur Musik gefestigt hat und nicht mehr so sehr vom Umfeld abhängig ist?


Ist es für eine musikalische Selbstverwirklichung unabdinglich, ins Ausland zu gehen?

Ich kenne wunderbare Musikerinnen und Musiker, die noch kaum je aus ihrer Kleinstadt herausgekommen sind. Ich bewundere das sehr, wenn Menschen am gleichen Ort, im gleichen Umfeld eine riesige Entwicklung durchlaufen können. Wie machen sie das bloss? Ich habe die Reibung im Unbekannten, wo ich unbekannt bin, unbedingt gebraucht, um mich zu erspüren.
 

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Joana Aderi ist in allerhand experimentellen Projekten engagiert.

 

Profil bei Helvetiarockt

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Sonderpreis der Kritiker für Simon Wiener

Am Internationalen Violinwettbewerb Leopold Mozart hat der der 1994 geborene Simon Wiener aus Uster, derzeit Student an der ZHdK Zürich, in Augsburg den Sonderpreis der Kritikerjury gewonnen.

Simon Wiener (Bild: zvg)

Ausserdem erhielt Wiener noch den Sonderpreis Kammermusik für die beste Interpretation des 1. Satzes aus dem Trios Nr. 1 d-Moll op. 49 von Felix Mendelssohn-Bartholdy. Die Kritikerjury lobte insbesondere Wieners musikalische und expressive Intelligenz sowie seinen einzigartigen Zugang zu den Kompositionen.

Simon Wiener erhielt ab dem Alter von viereinhalb Jahren Violinunterricht. Von 2010 bis 2014 war er Schüler von Zakhar Bron. Anschliessend führte er sein Masterstudium bei Renaud Capuçon an der Hochschule Lausanne weiter, wo er 2018 sein Solistendiplom mit Auszeichnung abschloss. Derzeit ist er Schüler von Ilya Gringolts an der ZHdK in Zürich.

Der alle drei Jahre durchgeführte Augsburger Leopold Mozart Wettbewerb zählt zu den angesehensten Violinwettbewerben. Er ist Mitglied im Weltverband der Internationalen Musikwettbewerbe (WFIMC), Genf.

 

 

Wie klingt die Zukunft?

Eine Konferenz des Netzwerks Junge Ohren stellte in Berlin experimentelle Ansätze der Klangarbeit mit Kindern in Schulen vor. Referiert hat auch Barbara Balba Weber aus Bern.

Fotos: Maren Strehlau

Konzentriert stehen die Fünftklässler auf der Bühne. Einige bearbeiten Schlaginstrumente, ein Mädchen hat eine Gitarre auf den Schoss gelegt und zupft daran. Eine Gruppe Kinder pfeift und macht Laute mit dem Mund: brummen, quietschen, ploppen, schnalzen. Ein Kind lässt Wasser in ein Gefäss laufen, das Geräusch wird über Mikrofone verstärkt.

Das Stück, das hier erklingt, haben die Kinder im Rahmen des Projekts Klangradar erarbeitet. Das Konzept: Komponistinnen und Komponisten gehen drei Monate lang in eine Schule und begeben sich gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern auf eine Klangexpedition. Klangradar und die Ergebnisse der diesjährigen Projektphase zum Thema «Glück. Eine Klangspurensuche» wurden an der Konferenz Aufbruch in neue Hörwelten. Schule & Klangforschung am 23. Mai 2019 in Berlin vorgestellt. Organisiert und dazu eingeladen hatte das Netzwerk Junge Ohren.

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Führen und folgen

Wer einen solchen gemeinschaftlichen Kompositionsprozess anleiten wolle, so erläuterte die Komponistin Cathy Milliken in ihrer einleitenden Keynote, müsse die paradoxe Fähigkeit haben, gleichzeitig zu führen und zu folgen. Denn nur wer sich wirklich auf die Klangwelten einlässt, die die anderen Teilnehmenden mitbringen, kann eine «neue» Musik entstehen lassen und über die Begrenzungen der eigenen Klangvorstellungen hinausgehen.

Auch die Musikvermittlerin Barbara Balba Weber von der Hochschule der Künste Bern betonte, dass Offenheit eine der Eigenschaften sei, die es für solche Musikvermittlungsprojekte brauche. In der Begegnung von Schülern, Lehrpersonen und professionellen Musikschaffenden treffen ganz unterschiedliche Vorstellungen davon aufeinander, was Musik ist – und verschmelzen im besten Fall zu einem unerhörten neuen Ganzen. Darin hat jede Klangfarbe, jede Klangvorstellung ihren Platz, und so wird das gemeinschaftliche Komponieren ganz nebenbei sogar zu einer Übung in Demokratie, Vielfalt und Gleichberechtigung.

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Spazieren und konstruieren

Wie sich Klangexperimente im schulischen Alltag unterbringen lassen, wurde in einem Rundgang zur «Klangforschung in der schulischen Praxis» vorgestellt. Zum Beispiel der «Soundwalk». Angeleitet vom Musiker und Kulturwissenschaftler Manuel Schwiers bewegte sich eine Gruppe lauschend durch den Kreuzberger Sommernachmittag. Wie klingt eigentlich der Übergang vom Hinterhof auf die Strasse? Auf welche Klangumgebungen treffe ich, während ich mich durch die Stadt bewege? Und welchen Einfluss nehme ich, indem ich meine Aufmerksamkeit auf verschiedene Aspekte des Stadtklangs richte? Ist das vielleicht schon eine Art von Komposition? Nach mehreren intensiven Phasen des Lauschens diskutierte man überall solche Fragen, und es wurde deutlich, dass alleine das Hinhören auf die Umgebung, für das weiter keine Materialien notwendig sind, viele Ansatzmöglichkeiten für die Arbeit mit Schülerinnen und Schülern bieten kann – jedenfalls wenn es gelingt, dass sie sich auf diese Art der geschärften Wahrnehmung einlassen.

Die Komponistin Steffi Weismann bringt die Umgebung der Schüler auf etwas andere Art zum Klingen, nämlich indem diese aus Alltagsgegenständen selber Instrumente bauen. Eine ihrer Entdeckungen: die Quietschgeräusche, die Styropor macht, wenn man es anfeuchtet und an Glasscheiben reibt. Auch aus Eimern, Plastikverpackungen und Gummibändern baut Weismann mit den Kindern Instrumente, die in die Kompositionsprojekte Eingang finden.

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Loopen und kneten

Wie man Apps für die pädagogische Klangarbeit nutzen kann, stellte der Musiker Matthias Krebs vor, der in Hamburg das Gebäude der Elbphilharmonie gemeinsam mit Schülern auf seine Klangmöglichkeiten hin abklopft. Dabei erstellen sie mithilfe von Tablets kurze Videosequenzen, die sich digital bearbeiten, kombinieren und loopen lassen und so ebenfalls zu selbst gestalteten Klangsequenzen führen.

Der Klangkünstler und Galerist Knut Remond erweitert die Dimensionen dessen, was Klang eigentlich ist, hin zur Skulptur. Sein vorgestelltes Experiment im Rahmen der Konferenz: hinausgehen, auf die Umgebung lauschen – und das Gehörte dann mit Hilfe von Knete oder Ton in eine «Klangskulptur» umwandeln. Welche Klänge wohl entstehen, wenn diese Skulpturen wiederum von Musikern interpretiert werden?

An Ideen zu Klangexperimenten, das hat die Konferenz bewiesen, mangelt es nicht. Und in der Podiumsdiskussion «Wie klingt die Schule der Zukunft?» wurde deutlich, dass sich mehr und mehr Schulen auf solche Projekte einlassen, auch wenn die festen Strukturen des schulischen Alltags das nicht gerade einfach machen. Gewiss haben die Konferenzteilnehmer Inspirationen mit nach Hause genommen, wie auch sie in Zukunft dazu beitragen, dass Schule nach Vielfalt, Gemeinschaft und Aufbruch klingt.

PGM: Harmonisch, dissonant, temperiert?

Der bundesrätliche Entwurf der Kulturbotschaft 2021–2024 stand im Zentrum des Treffens der Parlamentarischen Gruppe Musik mit Delegierten der Musikorganisationen. Diese können bis am 20. September Stellung nehmen.

Bundeshaus in Bern mit Fontänen. Foto: Katharina Wieland Müller / pixelio.de

Die Veranstalter freuten sich: Der Aufmarsch am 5. Juni im Allresto in Bern war gross, rund 35 Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlichster Musikverbände und des Parlaments hörten David Vitali zu, dem Leiter der Sektion «Kultur und Gesellschaft» im Bundesamt für Kultur (BAK). Eingeladen zu diesem Treffen hatte die Parlamentarische Gruppe Musik (PGM) mit ihrem Präsidenten, Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. Der Einladung mit dem Titel Die neue Kulturbotschaft druckfrisch: Die Vorschläge des Bundes und die Forderungen des Musiksektors – harmonisch oder dissonant? beigelegt waren die Bemerkungen und Fragen des Schweizer Musikrates zur Kulturbotschaft 2021 ff.

Die Grundlagen für dieses Papier hatte der Schweizer Musikrat (SMR) bereits im Sommer 2018 zusammen mit seinen Mitgliedern erarbeitet und die aus diesen Konsultationen hervorgehenden sieben Kernanliegen des Musiksektors am 6. September 2018 mit dem BAK und Pro Helvetia besprochen. Zusammengefasst waren es: 1. Wertschätzung der Musik im Allgemeinen, 2. Debatte über eine faire Entschädigung von Urheber- und Interpretenrechten vs. Internetfreiheit, 3. Ermöglichung bereichsübergreifender Projekte, 4. Anschubfinanzierungen, 5. langfristige Entwicklungsstrategien für die drei Genres Volksmusik, aktuelle Musik, Klassische Musik, 6. Promotion der Schweizer Musik im Ausland und 7. Umsetzung des Artikels 67a «Musikalische Bildung» der Bundesverfassung.

Schwerpunkt musikalische Bildung

Vitali erläuterte zunächst den Hintergrund der am 29. Mai veröffentlichten Kulturbotschaft und verwies auf die Kontinuität ihrer strategischen Entwicklungslinien «Kulturelle Teilhabe», «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» sowie «Kreation und Innovation», bevor er auf Neuerungen zu sprechen kam. Seine Ausführungen konzentrierte er auf die Umsetzung des Musikartikels, wofür seine Sektion zuständig ist. So soll das Programm Jugend und Musik weiter ausgebaut und ein Talentförderungsprogramm in Zusammenarbeit mit den Musikschulen und Musikhochschulen aufgebaut werden. Vorgesehen ist die Einführung einer Talentkarte nach dem Vorbild von Jugend + Sport. Dazu beantragt das BAK für die gesamte Förderperiode 25.6 Millionen Franken – rund 8 Millionen mehr als in der Vorperiode. Zudem soll der Musikartikel 67a BV um einen vierten Absatz ergänzt werden, Wortlaut zur Zeit: «Er [der Bund] kann musikalisch Begabte durch spezifische Massnahmen fördern.» Die mangelnde Verbindlichkeit dieser Kann-Formulierung hob Christine Bouvard, Präsidentin des Verbandes Musikschulen Schweiz, in der anschliessenden Fragerunde hervor.

Alle anderen Aspekte des Entwurfs die Musik betreffend wurden lediglich gestreift, da weder eine Vertretung aus der BAK-Sektion «Kulturschaffen» noch von Pro Helvetia anwesend waren. Die Delegierten von Sonart – Musikschaffende Schweiz formulierten die Erwartung, dass die Organisationen professioneller Kulturschaffender in der Kulturbotschaft nicht ausschliesslich auf ihre Rolle als gewerkschaftliche Dienstleister beschränkt werden. Sie müssen – wie ihre Partnerorganisationen im Ausland – ebenso wahrgenommen werden als die einzigen landesweit agierenden und darum unverzichtbaren Vermittler von Netzwerk, Diskurs und inhaltlichem Austausch, auch wenn die Mittel für letzteres nicht mehr aus der Bundeskasse fliessen.

Wie geht es weiter?

Jetzt gilt es, die Chance der Vernehmlassung zu ergreifen und die spezifischen Anliegen klar und deutlich zu formulieren. Der Schweizer Musikrat wird ein Muster zuhanden seiner Mitglieder entwerfen. Sie sind frei, die Vorlage nach ihrem Wunsch zu bearbeiten oder eine eigene Stellungnahme zu verfassen. Bis am 20. September 2019 können diese an die Adresse StabsstelleDirektion@bak.admin.ch geschickt werden. Die Verabschiedung der Kulturbotschaft wird im Februar 2020 erwartet, danach geht sie ins Parlament und soll am 1. Januar 2021 in Kraft treten.

Link zur Kulturbotschaft 2021-2024

Die Botschaft kann von dieser Seite heruntergeladen werden:
https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-75271.html

Auszeichnung für Walter Labhart

Das Aargauer Kuratorium verleiht dem Musikforscher und -dramaturgen, Kurator und Kulturpublizisten Walter Labhart den Anerkennungspreis 2019.

Walter Labhardt (Bild: zvg)

Der 1944 am Bodensee geborene, seit langem im aargauischen Endingen wohnhafte Labhart arbeitete als Redaktor und Journalist für Radio, Fernsehen und Printmedien. Seit über 40 Jahren ist er freiberuflich als Musikforscher, Dramaturg und Kurator tätig. In dieser Zeit konzipierte und gestaltete er Dutzende von Ausstellungen, organisierte Konzertreihen von Aargauer oder internationalen Komponisten, verfasste Monografien über Aargauer Künstler wie Peter Mieg, Martin Ruf oder Werner Wehrli. Mit der Unterstützung durch seine Frau Dora hat er zudem über die Jahrzehnte ein grosses Archiv mit Fachliteratur, Partituren, Autographen, Tonträgern, Konzertprogrammen und vielem mehr zusammengetragen.

Mit dem 2017 neu geschaffenen Anerkennungspreis zeichnet das Aargauer Kuratorium besondere Verdienste auf dem Gebiet der Kulturvermittlung aus. Wie mit dem Kunstpreis des Kantons Aargau verfolge es, schreibt der Kanton Aargau, damit nicht zuletzt das Ziel, die Aufmerksamkeit eines breiteren Publikums auf ein Schaffen zu richten, welches oft wenig im Scheinwerferlicht stehe.

 

Scholz folgt in Bern auf Märki

Der Stiftungsrat von Konzert Theater Bern (KTB) hat Florian Scholz zum neuen Intendanten für das KTB gewählt. Der 49jährige Florian Scholz leitete die letzten sieben Jahre das Stadttheater Klagenfurt in Österreich, welches wie das KTB als Mehrspartenhaus organisiert ist.

Florian Scholz. Foto: Arnold Pöschl, Stadttheater Klagenfurt

Florian Scholz startet bereits in der nächsten Spielzeit als designierter Intendant und wird ab 2021 die künstlerische Gesamtverantwortung am Konzert Theater Bern übernehmen. Ab dieser Spielzeit wird auch der Schweizer Theaterregisseur Roger Vontobel zum KTB stossen

Zentral für die Wahl sei insbesondere Scholz‘ Schaffen an einem Mehrspartenhaus gewesen, schreibt KTB: Als Intendant des Theaters des Landes Kärnten und der Stadt Klagenfurt bringe er seit sieben Jahren mit über 250 festangestellten Mitarbeitenden pro Saison circa 15 Neuproduktionen in den Sparten Oper und Musiktheater, Schauspiel, Tanz sowie im Kinder-und Jugendtheater in rund 200 Aufführungen auf die Bühne. Er zeichnet für alle Sparten verantwortlich und ist als Intendant des Kärntner Sinfonieorchesters ebenfalls für das Konzertwesen zuständig.

Vor seiner Intendanz am Stadttheater Klagenfurt arbeitete Florian Scholz, der an der Universität Zürich ein Aufbaustudium zum Theaterleiter absolviert hat, als Direktor für Internationale Beziehungen und Sonderprojekte an der Bayerischen Staatsoper bei Nikolaus Bachler in München (2006-2012). Dort war er unter anderem für die Kuratierung des Sonderprogramms der Münchner Opernfestspiele verantwortlich. Zuvor war er an der Opéra National de Paris als Assistent von Gerard Mortier und am Deutschen Nationaltheater Weimar als Spielstättenleiter tätig sowie an der Schaubühne Berlin bei Thomas Ostermeier als Regieassistent. Zwischen den Jahren 1995 und 2000, nach seinem Studium an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch Berlin, arbeitete der gebürtige Heidelberger als Schauspieler an verschiedenen deutschsprachigen Bühnen.

Zum Team von Florian Scholz stösst der Schauspieldirektor Roger Vontobel. 1977 in Zürich geboren, studierte Vontobel Schauspielregie an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Er führte Regie unter anderem am Schauspiel Essen und am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg sowie an den Münchner Kammerspielen, dem Deutschen Theater Berlin, Maxim Gorki Theater, Schauspiel Köln, am Royal Danish Theatre in Kopenhagen und in Paris am Théâtre National de la Colline. Von 2011-2016 war Vontobel Hausregisseur am Schauspielhaus Bochum, seit 2016 ist er in gleicher Funktion am Schauspielhaus Düsseldorf tätig.

Die Intendanz wurde von der Findungskommission in einem mehrstufigen Verfahren ausgewählt. Geleitet wurde sie von Nadine Borter, der Stiftungsratspräsidentin von KTB. Weitere Mitglieder der Findungskommission waren Anna Badora, Georges Delnon, Marcel Brülhart, Markus Hongler, Ueli Studer, Hansueli Glarner und Giulia Meier.

Winterthur hebt Subventionskürzung auf

Der Winterthurer Stadtrat hat die im Rahmen eines Haushaltsanierungsprogramms beschlossene, ausserordentliche Kürzung der Subventionsbeiträge für das Musikkollegium Winterthur mit Wirkung ab dem Beitragsjahr 2019 aufgehoben.

Musikkollegium vor dem Stadthaus. Foto: Paolo Dutto

War das Haushaltsanierungsprogramm vor fünf Jahren Grund für diese ausserordentliche Massnahme, seien die dazu nötigen Voraussetzungen heute nicht mehr gegeben, schreibt die Stadt. Die ebenfalls als Sanierungsmassnahme beschlossene, temporäre Anhebung des kommunalen Steuerfusses sei darum vom Grossen Gemeinderat mit Hinweis auf die eingetretene Entspannung der städtischen Finanzlage wieder rückgängig gemacht worden.

In der Folge erachtete es der Stadtrat als richtig und vertraglich angezeigt, die Subventionskürzung an die beiden betroffenen Institutionen Musikkollegium Winterthur und Swiss Science Center Technorama ab 2019 aufzuheben. Für die Rückgängigmachung dieser Sparmassnahme ist der Stadtrat zuständig. Der Grosse Gemeinderat hat der vom Stadtrat beantragten Budgetanpassung ebenfalls zugestimmt.

Die Rückgängigmachung rechtfertige sich umso mehr, so die Stadt weiter, als für sämtliche übrigen subventionierten Kulturinstitutionen die Beiträge einerseits im Rahmen der Gesamtbeurteilung der befristeten Verträge, andererseits im Rahmen des Museumskonzepts durch den Grossen Gemeinderat bereits angepasst worden seien.
 

Uni Freiburg erhält Pink-Floyd-Kollektion

Das Zentrum für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) der deutschen Universität Freiburg hat im Rahmen einer Schenkung eine in ihrem Umfang einzigartige Fankollektion zu den britischen Rock-Legenden Pink Floyd erhalten.

Musikkassette des Albums «More» von Pink Floyd, 1969 Foto: KarleHorn (s. unten)

Die Sammlung stammt von Rolf Ossenberg. Sie umfasst beispielsweise etwa 300 Bücher in verschiedenen Sprachen, die sich mit der Band beschäftigen. Nicht minder bedeutend seien die in 27 Aktenordnern gesammelten Berichte aus Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen sowie audiovisuelle Quellen, schreibt die Uni Freiburg. Letztere sind in der Sammlung in Form von mehr als 500 Videokassetten vertreten, die unter anderem Mitschnitte von Fernsehauftritten und Konzerten der Band zeigen. Komplettiert wird die Sammlung durch Tonträger, DVDs, Pressefotografien, Flyer, Plakate, Merchandise-Artikel sowie Autogramme und Konzerttickets.

Die Pink-Floyd-Sammlung ist die zweite grosse Fankollektion zu einer grossen britischen Rockband, die am ZPKM erforscht wird: 2017 hatte das Zentrum bereits die Reinhold Karpp Rolling Stones Collection als Dauerleihgabe erhalten.
 

Foto: KarleHorn / wikimedia commons

Raff-Porträt aus dem Jahr 1850 entdeckt

Das Lachner Raff-Archiv hat in Berlin ein Skizzenbuch mit originalen Künstlerbildern erworben. Darunter befinden sich auch Bleistiftzeichnungen, die den damals 28-jährigen Komponisten sowie seinen Schwiegervater Eduard Genast zeigen.

Eine seltene Anschaffung konnte dieser Tage das Raff-Archiv in Lachen tätigen. Dank guter Beziehungen hat es im Auktionshaus Bassenge in Berlin ein Buch von 1850 mit acht Original-Bleistiftzeichnungen des ungarischen Malers und Bildhauers Carl Dosnyai, der von 1848-1850 in Weimar lebte, erworben. Unter den Porträtierten befindet sich auch Joachim Raff. Die Zeichnung gilt als bisher erstes bekanntes Porträt des damals 28-jährigen Lachner Komponisten.

Franz Liszt, der langjährige Mentor von Raff war bekannt für seine grosszügige Förderung junger Künstler. Aus Dankbarkeit widmete Dosnyai «Seinem edlen Wohltäter Herrn Doctor Franz Liszt» diese Porträtzeichnungen. Alle acht ganzseitigen Darstellungen zeigen wichtige Künstler des Weimarer Hoftheaters und der Hofkapelle. Gleichzeitig waren sie gute Bekannte von Franz Liszt, der damals die Künstlerkolonie der «Neu-Weimaraner» anführte.

Für die Joachim-Raff-Gesellschaft besonders bedeutsam ist, dass sich darunter auch das Bild von Raffs Schwiegervaters, des Regisseurs und Hofschauspielers Eduard Genast (1797-1866), der noch unter Johann Wolfgang von Goethe am Hof von Herzog Alexander diente, befindet. Auch die übrigen Porträtierten waren mit Joachim Raff bekannt oder gar befreundet. So der aufkommende Star unter den Violinisten Joseph Joachim, der später auch mit Johannes Brahms eng befreundet war. Ähnlich wie bei Joachim Raffs Darstellung gilt auch diese Zeichnung als das erste bekannte Kunstwerk dieses nachher so erfolgreichen Geigers. Zudem sind der berühmte damalige Bariton Hans Feodor von Milde (1821-1899), der Cellist und Komponist Bernhard Cossmann (1822-1910) oder der Pianist, Organist und Komponist Alexander Winterberg (1834-1914) unter den Porträtierten. Bernhard Cossmann hob in Weimar während des silbernen Zeitalters in den 1850er-Jahren verschiedene Kammermusikwerke von Raff aus der Taufe.

Dass das Raff-Archiv nun das früheste bekannte Porträtbild des damals 28-jährigen Joachim Raff in seinen Sammlungen besitzt, darf als kleine Sensation gewertet werden. Raff vermied es so gut es ging, sich bei Malern oder Fotografen zur Schau zu stellen. Darum gibt es leider nur wenige Aufnahmen und Bilder von ihm. Und diejenigen, die bestehen, zeigen ihn immer wieder mit dem gleichen Motiv, einmal als Zeichnung, Fotografie, Stich oder sonstigen Druckverfahren aus seiner erfolgreichsten Schaffensperiode, den 1870er-Jahren.

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Carl Dosnyai (1813-1850), Porträt Joachim Raffs, Bleistiftzeichnung aus dem Skizzenbuch, 22.5 x 18 cm

Wie die Abbildung zeigt, erscheint der junge Raff 1850, als er eben bei Liszt in Weimar seine Assistenzzeit begann, erstaunlicherweise als äusserst lockerer, selbstbewusster, beinahe dandyhafter junger Künstler mit offenem Jackett und Hemd und einer Zigarre in der Hand. Nur fünf Jahre vorher hatte Raff sich als junger Lehrer aus Rapperswil und damit aus der Schweiz verabschiedet. In allen späteren Darstellungen sieht man Raff als ernsten, gesetzten, strengen, vielleicht sogar besorgten und nachdenklichen älteren Herrn.

Der immer wieder als Gelehrter eingeschätzte Raff verfasste als Einziger der Porträtierten am 29. Oktober 1850 eine persönliche und hochinteressante Widmung an Franz Liszt: «Wenn die Selbstironie den Humor eines Menschen bekundet, so wird man mir nachsagen müssen, dass ich ihre bittersten Forderungen nicht zurückgewiesen habe».

Die Originalzeichnungen samt Widmung von Joachim Raff an Franz Liszt können ab sofort im Raff-Archiv zu den bekannten Öffnungszeiten an Samstagen oder auf Voranmeldung im Archiv besichtigt werden.

Über allem schwebt der Geist von Benjamin Britten

Das traditionsreiche Aldeburgh Festival ist heute Teil eines umfassenden Kulturprojekts an der englischen Ostküste.

Kulturzentrum Snape Maltings, einige Kilometer von Aldeburgh entfernt. Foto: Emmerson Productions

Wie die Kultur zum Wirtschaftsmotor in einer ländlichen Gegend werden kann, lässt sich modellhaft am Beispiel von Aldeburgh studieren. Es war einst ein verschlafenes Fischerdorf, zwei Autostunden nordöstlich von London gelegen. Dann liessen sich hier nach dem Zweiten Weltkrieg der Komponist Benjamin Britten und der Tenor Peter Pears nieder und gründeten 1948 ein Musikfestival. Das war der Beginn einer einzigartigen Entwicklung. Heute ist Aldeburgh eine Kulturdestination mit internationaler Ausstrahlung. Zum zweieinhalbwöchigen Festival im Juni kommen die Besucher nicht nur aus dem ganzen Königreich, sondern inzwischen auch vom Kontinent angereist.

Der Geist des 1976 hier gestorbenen und begrabenen Britten scheint über dem Ort zu schweben. Hier entstanden seine Opern, die von Aussenseiterschicksalen, repressiver Moral und rauher Natur handeln, sein Name findet sich auf Gedenktafeln und Strassenschildern. Das Landhaus, wo die beiden gewohnt haben, ist heute ein Museum sowie Sitz des umfangreichen Britten-Archivs und der finanzstarken Britten-Pears Foundation.

Kunst aus der Malzfabrik

Die Stiftung lebt von den weltweiten Urheberrechtseinkünften und widmet sich hauptsächlich der Pflege des Britten-Erbes, unterstützt aber auch diverse kulturelle Initiativen. Vor allem beteiligt sie sich massgeblich an den Aktivitäten der Snape Maltings, einem Kulturzentrum am Rande des Dorfs Snape, einige Kilometer von Aldeburgh entfernt. Hier finden auch die meisten Veranstaltungen des Festivals statt. Die Maltings: Das ist das weitläufige Areal einer ehemaligen Malzfabrik, allein in der offenen Landschaft gelegen, zwischen Wiesen und einem ausgedehnten Schilfgebiet. Natur und Kultur bilden einen einzigartigen Gleichklang.

Schon 1967 hatte Britten ein Fabrikgebäude zu einem akustisch hervorragenden Konzertsaal umbauen lassen; zur Eröffnung war damals sogar die Königin erschienen. Heute bilden die Maltings einen kulturellen Cluster mit Konzertreihen über das ganze Jahr, Kursen für Laien und Profis, Probenräumen, Künstlerateliers, Galerien und einer Infrastruktur mit Restaurants und Läden. Geleitet wird das Ganze von Roger Wright, früherer BBC-Mann und Chefplaner der Londoner Proms. Er hat vor, die internationalen Verbindungen in den kommenden Jahren markant auszubauen.

Konzertpause in der Abendsonne. Foto: Max Nyffeler

Fremdartiges Licht

Britten ist nicht nur unsichtbar in den Institutionen präsent, sondern auch konkret musikalisch im weitgefächerten Programm des Festivals. In diesem Jahr spielte das ausgezeichnete junge Castalian Quartet das zweite Streichquartett von 1945, eine Hommage an Henry Purcell mit sinfonischen Dimensionen. Britten operiert hier mit historischen Formideen und schliesst provokant mit dem C-Dur-Akkord – Tonalität erscheint plötzlich in einem neuen, fremdartigen Licht.

Wegen solcher Ideen hat vor allem die deutsche Avantgarde über Britten stets die Nase gerümpft. Auf der Insel hingegen gilt er als Jahrhundertfigur, und dies bei einem breiten Publikum – verständlich angesichts eines Werks wie dieses Quartetts, das durch seine emotionale Kraft und musikalische Intelligenz unmittelbar anspricht. Vielleicht wäre es an der Zeit, sich auch hierzulande mit dem instrumentalen Schaffen dieses Komponisten etwas näher zu befassen.

Erst recht drängt sich dieser Gedanke bei den ebenfalls 1945 entstandenen Holy Sonnets of John Donne. Britten schrieb den Liederzyklus nach dem denkwürdigen Konzert, das er gleich nach Kriegsende zusammen mit Yehudi Menuhin vor den befreiten Häftlingen im deutschen Konzentrationslager Bergen-Belsen gegeben hatte. Der Schrecken und die Empörung über das Gesehene hallen in den Liedern nach und verbinden sich mit der inneren Zerrissenheit der Gedichte zum aufwühlenden persönlichen Bekenntnis. Das ist grosse Kunst von zeitloser Aktualität. Der Tenor Mark Padmore, am Klavier unterstützt von Andrew West, traf den Tonfall perfekt, und vor dem Konzert führte er mit der Schriftstellerin Lavinia Greenlaw und der Musikologin Kate Kennedy auf der Bühne ein kenntnisreiches Gespräch über die Lieder und ihre Autoren.

Mark Padmore im Gespräch über Brittens «Holy Sonetts of John Donne». Foto: Aldeburgh Festival

Weiter ästhetischer Horizont

Von den Künstlern locker moderierte Konzerte sind ein Markenzeichen des Festivals, das sich erfolgreich um den Abbau kultureller Barrieren bemüht. Der ästhetische Horizont ist weit gefasst, auch Sperriges von Boulez bis Birtwistle findet seinen Platz. Oder, wie im Klavierabend von Pierre-Laurent Aimard, kaum Bekanntes von Luigi Dallapiccola und die pianistisch imposanten Shadowlines von George Benjamin. Den Gegenpol markierte das englische Vokalensembles Tenebrae mit Werken der englischen Renaissance, vorgetragen in vollendeter Reinheit und gemischt mit Vokalsätzen von James MacMillan, der an diese Tradition anknüpft.

Als Artist in Residence wurde diesmal neben Padmore und der Sopranistin und Dirigentin Barbara Hannigan auch der 1963 in Innsbruck geborene Thomas Larcher eingeladen, Komponist und ehemaliger Klavierprofessor in Basel. Von ihm erklang nun unter anderem der Liederzyklus A Padmore Cycle, den er dem befreundeten Sänger gleichsam auf den Leib geschrieben hat. Larcher geht hier konsequent seinen Weg zwischen Miniaturen à la Kurtág und Schubert-Reminiszenzen, musikalischen Alltagsimpressionen und neotonalen Einsprengseln. Auch in Poems, zwölf Stücke für Pianisten und andere Kinder, klingen solche Töne an. Gekonnt thematisiert er seine alpine Herkunft und Nähe zur Natur, deren Verlust er zugleich in zivilisationskritischer Manier beklagt. Damit erweist er sich als echter Romantiker unserer Zeit.

Appenzell AR schreibt Kompositionswettbewerb aus

Das Amt für Kultur von Appenzell Ausserrhoden setzt einen Schwerpunkt in der Förderung der Musik und lädt Musikerinnen und Musiker aller Stilrichtungen erstmals zum Wettbewerb für Kompositionen und Songwriting ein.

Foto: Tadas Mikuckis / Unsplash (s. unten)

Mit dem Wettbewerb für Kompositionen und Songwriting verfolgt der Kanton laut seiner Mitteilung die Umsetzung des im Kulturkonzept verankerten Ziels, die Musik zu fördern. Neben der Pflege des Bewährten sollen dabei auch Experimente ermöglicht und künstlerisch musikalische Talente spezifisch gefördert werden.

Gesucht sind Ideen für Kompositionen und Arrangements, die das Repertoire von Musikformationen und Bands erweitern. Die Komponistin oder der Komponist definiere mit der Eingabe die Stilrichtung und für welchen Klangkörper oder welche Besetzung die Komposition geschrieben wird, schreibt der Kanton. Eingeladen sind Musikerinnen und Musiker der Stilrichtungen Klassik, Neue Musik, Volksmusik, Jazz, Rock, Pop, Electronica und so weiter.

Komponistinnen und Komponisten sind eingeladen, ihre Bewerbungen bis am 31. August 2019 beim Amt für Kultur einzureichen. Die Eingaben werden von einem Kreis von Expertinnen und Experten beurteilt. Diese wählen aus den eingehenden Bewerbungen bis Ende November 2019 diejenigen Projekte aus, die bis im Frühling 2020 realisiert und zur Aufführung kommen sollen.

Es stehen insgesamt 30’000 Franken für die Umsetzung zur Verfügung. Pro Komposition wird ein Betrag von maximal 12’000 Franken gesprochen. Die Höhe des Beitrags wird dem zeitlichen Aufwand für die Komposition angepasst. Detaillierte Informationen über den Ablauf und die Bedingungen finden sich auf der Website des Kantons: www.ar.ch/kompositionswettbewerb.
 

Handbuch zur kulturellen Teilhabe

Ein neues Handbuch dokumentiert den aktuellen Schweizer Diskussions- und Wissensstand zum Thema der kulturellen Teilhabe und zeigt, wie sie gefördert werden kann. Die Publikation ist dreisprachig und wird vom Nationalen Kulturdialog herausgegeben.

Foto: Edwin Andrade / Unsplash

Das Handbuch versammelt deutsch-, französisch- und italienischsprachige Beiträge, denen jeweils Zusammenfassungen in diesen drei Sprachen vorangestellt sind. Das «Handbuch Kulturelle Teilhabe» ist über den Buchhandel erhältlich sowie kostenlos als PDF auf den Websites des Bundesamtes für Kultur, der Konferenz der kantonalen Kulturbeauftragten KBK, der Städtekonferenz Kultur SKK und des Seismo Verlags abrufbar.

Der Nationale Kulturdialog wurde 2011 ins Leben gerufen und vereinigt Vertreter und Vertreterinnen der politischen Instanzen und der Kulturförderung der Kantone, Städte, Gemeinden und des Bundes. Seine Arbeit basiert auf einer Vereinbarung aus dem Jahr 2011 und dem im April 2016 verabschiedeten Arbeitsprogramm 2016-2020. Die politischen Instanzen bilden das strategische Steuerungsorgan des Nationalen Kulturdialogs mit dem Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), Vertretern und Vertreterinnen der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), des Schweizerischen Städteverbands (SSV) und des Schweizerischen Gemeindeverbands (SGV).

Link zum Download:
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Anerkennung für Pfäffikoner A-cappella-Festival

Der Verein «A-cappella-Festival Pfäffikon» wird mit dem Kultur-Förderpreis 2019 des Kantons Schwyz ausgezeichnet. Das Festival geniesst heute einen ausgezeichneten Ruf innerhalb der Schweizer Szene und lockt Bewerbungen von Gruppen aus dem In- und Ausland an.

Symbolbild. Foto: Tof Locoste / stock.adobe.com

Das Festival ziehe jedes Jahr rund 350 Besucherinnen und Besucher «mit einem einzigartigen Klangerlebnis» an, schreibt der Kanton. Die aktive Förderung der A-cappella-Musik bereichere das Ausserschwyzer Musikangebot, zumal das Festival den A-cappella-Gesang «in all seinen unterschiedlichen Formen und in den Klangwelten von der Klassik über internationale Volksmusik bis hin zu Pop und Jazz pflegt».

Seit fünf Jahren bildet zudem der Talentwettbewerb «Sing dein Ding» einen festen Bestandteil des Festivals, mit dem junge Schweizer A-cappella-Gruppen eine Chance erhalten, sich erstmals vor Publikum zu präsentieren.

Die Kulturkommission des Kantons Schwyz zeichnet zudem den Historiker, Volkskundler, Dozenten und Kulturvermittler Werner Röllin mit den Anerkennungspreis 2019 des Kantons Schwyz aus. Einen Förderpreis erhält überdies der bildende Künstler und Kurator Mischa Camenzind. Ein Kulturförderpreis des Kantons ist mit 5000 Franken dotiert.

Hommage an eine Spätberufene

Das Neue-Musik-Duo UMS ’n JIP ehrt die Zürcher Komponistin Maria Porten zu ihrem 80. Geburtstag mit einer Konzertreihe.

UMS ´n JIP in Aktion mit Werken von Maria Porten am Teatro Colon (CETC) in Buenos Aires. Foto: zVg

Am kommenden Sonntag, 16. Juni, spielt das Walliser Neue Musik-Duo UMS ´n JIP (Ulrike Mayer-Spohn und Javier Hagen) im Kunstraum Walcheturm in Zürich zusammen mit Eva Nievergelt, Sopran und Walter Prossnitz, Klavier ein Konzert zum 80. Geburtstag der Zürcher Komponistin Maria Porten. Maria Porten ist eine Spätberufene: Mitten in den Kriegswirren in Deutschland geboren, war ihr eine Laufbahn als Komponistin zunächst versagt. Als Musikwissenschaftlerin und -professorin wirkte sie in den USA, dann in Zürich und wagte mit 60 Jahren schliesslich, ihrer Berufung als Komponistin zu folgen. Politisch engagiert, mit einem sicheren Gespür für griffige und aktuelle Texte und einer plastischen Kompositionssprache hat sie in den vergangenen 20 Jahren mit über 50 Werken ein reiches Œuvre geschaffen. Viele davon sind vom Schweizer Radio dokumentiert oder auf CD festgehalten. UMS ´n JIP war sie von Anfang an eine treue Weggefährtin und Förderin: Im Gegenzug haben UMS ´n JIP ihre Werke in über 40 Ländern, darunter am Teatro Colon in Buenos Aires, auf Schloss Solitude in Stuttgart oder an den Cairo Contemporary Music Days gespielt. UMS ´n JIP sind eines der produktivsten und aktivsten Neue Musik-Labors der Gegenwart: Über 1000 Konzerte haben sie seit 2007 gegeben und dabei einzelne Werke über 100 Mal performt. Ihr beispielhaftes und nachhaltiges Produktionskonzept als Interpreten und Komponisten wurde mit über 20 internationalen Preisen gewürdigt. Mit diesem Konzert präsentieren sie nicht nur eine Hommage an Maria Porten, sondern auch an den Mut, in jedem Lebensabschnitt neue Herausforderungen anzunehmen. Das Konzert in Zürich beginnt um 20 Uhr.

Weitere Konzerte finden in Basel (heute, 14. Juni, Unternehmen Mitte, 20 Uhr), und Bern (17. Juni, 20 Uhr, Ono, das Kulturlokal) statt.
 

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