«Appassionata»

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die Sonate für Klavier Nr. 23 f-Moll «Appassionata».

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Wo genau nun Beethoven mit dem Manuskript seiner Klaviersonate durch einen offenbar ergiebigen Platzregen lief oder mit der Extrapost fuhr, wird wohl für immer ein Geheimnis bleiben. War es im mährischen Troppau (Opava), als er nach einer seinen Stolz untergrabenden Auseinandersetzung mit dem Fürsten Lichnowsky das Schloss Grätz überstürzt voller Grimm verlies? So berichtet es jedenfalls Theodor von Frimmel unter Verweis auf eine kolportierte Erinnerung des bei der Tafel anwesenden Arztes Anton Weiser. Oder drang auf der anschliessenden Fahrt nach Wien einfach nur Wasser durch eine Reisetasche, wie Paul Bigot de Morogues, einst Bibliothekar bei Fürst Rasumowsky, viele Jahre später auf einer Druckausgabe des Werkes notierte? In letzterem Fall soll Beethoven «lachend sein noch ganz nasses Werk» der Pianistin Marie Bigot gezeigt haben, die daraufhin die durchfeuchtete Komposition vom Blatt spielte. Im anderen Fall ist die Sonate (und damit auch ihr musikalischer Ausdruck) Teil einer Szene, bei der aristokratischer Hochmut und künstlerisches Selbstbewusstsein aufeinanderprallten. Ob Beethoven am folgenden Tag noch von Troppau aus einen Brief an den Fürsten schrieb, der ihm bis dahin mäzenatisch verbunden gewesen war, ist fraglich. Die folgende, offenbar nur dem Sinn nach überlieferte Aussage spiegelt aber (ähnlich wie bei der ebenfalls aus dem 19. Jahrhundert stammenden Anekdote über Mozart und Joseph II.) die unüberwindliche Diskrepanz zwischen Stand und Talent trefflich: «Fürst! Was Sie sind, sind Sie durch Zufall und Geburt, was ich bin, bin ich durch mich. Fürsten hat es und wird es noch Tausende geben, Beethoven gibt es nur einen.»

Vor diesem Hintergrund könnte daher für die Sonate f-Moll op. 57 der Beiname «Appassionata» kaum treffender gewählt sein: Leidenschaftlich und stürmisch sind die Charaktere der beiden Ecksätze allemal. Vor allem im Kopfsatz rüttelt die kaum abgeschlossen formulierte Thematik mit ihrem impulsiven Drängen an der äusseren Form, und die virtuos rasenden Kaskaden des Finales stürzen durch den Ambitus dem Ende entgegen. Vielleicht weil Beethoven im Gegensatz dazu die Tempoangaben recht neutral hielt (Allegro assai, Andante con moto und Allegro ma non troppo), war das Werk aber beim Publikum am Anfang nicht besonders beliebt. Dazu bedurfte es, wie so oft, erst eines posthumen Zusatzes: Die Bezeichnung als «Sonata appassionata» findet sich erstmals 1838 auf dem Titelblatt einer in Hamburg bei Cranz erschienenen vierhändigen (!) Bearbeitung und wurde alsbald von anderen Verlegern dankbar aufgenommen. Carl Czerny indes konnte diesem romantisierenden Beinamen nichts abgewinnen – weil in seinen Augen die Sonate «jedenfalls zu großartig ist».

Wer sich von dem Wasserschaden im Autograf überzeugen möchte, dem sei das Online-Faksimile auf den Seiten der Bibliothèque national de France empfohlen.
 


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Lizenzierung von Livemitschnitten geregelt

In Deutschland haben die Gesellschaft zur Wahrnehmung von Veranstalterrechten (GWVR) und der Bundesverband Musikindustrie (BVMI) einen Gesamtvertrag zur Lizenzierung von Mitschnitten von Veranstaltungen unterzeichnet.

Symbolbild: Jürgen Fächle/adobe.stock.com

Der Gesamtvertrag sieht für Veröffentlichungen von Live-Mitschnitten auf Ton- und Bildtonträgern Vergütungssätze zwischen 4 Prozent und 1.7 Prozent des Handelsabgabepreises vor. Die konkrete Höhe richtet sich nach der Gesamtspieldauer auf dem Tonträger enthaltener geschützter Mitschnitte.

Für Online-Auswertungen erhalten die Rechteinhaber eine Vergütung in Höhe von 4,5 Prozent des Betrags, den der Lizenznehmer für die Nutzung seiner Aufnahmen vom Online-Dienst erhält. Mitglieder des BVMI erhalten einen Einführungsrabatt und – wie bei entsprechenden Verträgen mit Verwertungsgesellschaften üblich – einen Gesamtvertragsrabatt.

Der Vertrag wurde rückwirkend ab 2017 bis Ende 2021 abgeschlossen. Den Mitgliedern der GWVR steht damit auch eine Vergütung für Nutzungen in den letzten drei Jahren zu.

Musikschule Luzern vermietet Musikzimmer

Die Musikschule der Stadt Luzern wird die Räumlichkeiten der Hochschule für Musik im Dreilindenpark ab 1. August 2020 zwischennutzen. Musizierende können zudem Musikzimmer zu Übungszwecken mieten.

Dreilinden (Foto: Wikimedia Commons/Leiju)

Die Hochschule Luzern – Musik wird im Sommer 2020 von Dreilinden in den Neubau beim Südpol in Kriens umziehen. Der Stadtrat hat deshalb die Neuvermietung der Liegenschaft Dreilinden 2017 öffentlich ausgeschrieben und der Finartis Kunsthandels AG den Zuschlag gegeben. Sie wird das Hauptgebäude als Geschäftssitz nutzen.

Da die Finartis Kunsthandels AG ihre Investitionen erst tätigen wird, wenn eine Umzonung rechtskräftig ist, wird die städtische Musikschule ab 1. August 2020 das Haupt- und das Ökonomiegebäude zwischennutzen. Sie wird in den Räumen eigene Kurse durchführen. Musikzimmer können zudem von Interessierten zu festen Zeiten oder einmalig für Musikstunden mit Unterricht oder zum eigenständigen Üben gemietet werden (Telefon: 041 208 80 10 / E-Mail: musikschule@stadtluzern.ch).
 

MK Winterthur unter neuer Leitung

Das Musikkollegium Winterthur ernennt Roberto González-Monjas zu seinem neuen Chefdirigenten ab der Saison 2021/22. Der 32-jährige spanische Geiger und Dirigent ist seit sieben Jahren Erster Konzertmeister des Ensembles

Roberto González-Monjas (Foto: IMG Artists)

González-Monjas wird in einem Jahr nahtlos die Nachfolge des aktuellen Chefdirigenten Thomas Zehetmair antreten. Als Konzertmeister leitete er das Orchester oft vom ersten Pult aus, bei grösseren Werken zuletzt vermehrt auch als Dirigent.

Roberto González-Monjas ist Professor im Fach Violine an der Guildhall School of Music & Drama in London und Artistic Director der Iberacademy in Medellín, Kolumbien. Seit der Saison 2019/20 ist er Chefdirigent und künstlerischer Berater der Dalasinfoniettan in Schweden und Artist in Residence beim Orquesta de Castilla y Leon in Spanien. Bis im Jahr 2019 war er auch Konzertmeister im Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom.
 

Basel hat ein neues Kulturleitbild

Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hat seine kulturpolitische Strategie für die Jahre 2020 bis 2025 verabschiedet. Er erteilt zudem den Auftrag, eine umfassende Auslegeordnung in der Musikförderung zu machen.

Symbolbild: Javier Allegue Barros / unsplash.com

Das Leitbild will Exzellenz und Vielfalt des Kulturangebots auch international verstärken. Weiter sollen kulturelle Innovation ermöglicht, die Chancen der Digitalisierung genutzt und die Förderpolitik gezielt auf neue Potenziale ausgerichtet werden. Zentral sei ausserdem, schreibt der Kanton, dass die ganze Bevölkerung aktiv am Basler Kulturleben teilhaben könne. Dies werde ermöglicht durch eine Kulturförderung, die bestrebt sei, Inklusion, Chancengleichheit und Gendergerechtigkeit im Kulturbetrieb zu verbessern.

Kritische Stimmen wurden in der Vernehmlassung vorab aus der Musikszene laut: Die angestrebte Konzentration und Sichtbarmachung der Musikstadt Basel ginge zwar in die richtige Richtung, aber nicht weit genug. Deshalb erteilt der Regierungsrat mit dem neuen Kulturleitbild nun den Auftrag, eine umfassende Auslegeordnung in der Musikförderung zu machen. Er will so eine Grundlage für fundierte Entscheide bekommen. Vielfach wurde erneut der Wunsch nach einem Festivalkonzept geäussert, das ebenfalls geprüft wird.


Wechsel beim CNZ

Das Collegium Novum Zürich hat die Kulturmanagerin und Musikerin Géraldine Camenisch zur neuen Produktionsleiterin gewählt. Johannes Knapp übernimmt neben der künstlerischen auch die administrative Leitung.

Géraldine Camenisch. Foto: zVg

Wie das Collegium Novum Zürich (CNZ) mitteilt, ist der Posten der Produktionsleitung angesichts des Wechsels von CNZ-Geschäftsführer Alexander Kraus per 1. August 2020 ans Theater Basel geschaffen worden. Kraus’ bisherige Aufgaben werden von Géraldine Camenisch und Johannes Knapp geleistet, wobei Knapp, seit Herbst 2019 Künstlerischer Leiter des Ensembles, fortan auch die Geschäftsleitung innehaben wird.

Géraldine Camenisch studierte Gesang an der Genfer Musikhochschule sowie Musikwissenschaft und Russische Sprach- und Literaturwissenschaften an der Universität Zürich. Seit April 2019 arbeitet sie bei der Tonhalle-Gesellschaft Zürich AG und absolviert den Weiterbildungsstudiengang Executive Master in Arts Administration an der Universität Zürich.

Basler Ausfallentschädigungen erhöht

Der Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt hat weitere 5 Millionen Franken für Kulturschaffende zulasten des Krisenfonds bewilligt, um die wirtschaftlichen Folgen des Corona-Virus im Kultursektor abzufedern.

Das Rathaus am Basler Marktplatz. Foto: Christian Heinz / pixelio.de

Der Bund hat die Massnahmen zur Sicherung der Schweizer Kulturlandschaft um vier Monate bis zum 20. September verlängert und seine Mittel für Ausfallentschädigungen im Kulturbereich erhöht. Zusammen mit den bereits im März aus dem Krisenfonds gesprochenen 10 Millionen Franken stellt der Kanton neu nun auch 15 Millionen Franken für Ausfallentschädigungen zur Verfügung. Zusammen mit den Bundesmitteln werden dem Kultursektor in Basel-Stadt damit 30 Millionen Franken zugesprochen.

Noch bis mindestens Ende August sind Grossveranstaltungen verboten, viele Festivals sind bereits abgesagt worden und Kulturbetriebe sind durch die notwendigen Schutzkonzepte stark eingeschränkt in ihrem Betrieb.

Die Ausfallentschädigungen können maximal 80 Prozent des finanziellen Schadens abdecken, sofern dieser nicht bereits über andere staatliche Massnahmen (bspw. Kurzarbeit oder Erwerbsausfall via Ausgleichskasse) aufgefangen wird. Die Abteilung Kultur im Präsidialdepartement nimmt noch bis zum 20. September Gesuche entgegen. Anrechenbar sind Schäden aufgrund von abgesagten, verschobenen und nur reduziert durchführbaren Veranstaltungen, die bis Ende Oktober 2020 geplant waren.
 

Trio für zwei Oboen und Englischhorn

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf das Trio für zwei Oboen und Englischhorn C-Dur.

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

«Diese Dreye sind Eins.» Schöner konnte der anonyme Rezensent in der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung das 1806 erstmals im Druck erschienene Werk nicht charakterisieren. Und dennoch ist dieses Trio op. 87 für zwei Oboen und Englischhorn (gemeinsam mit den für dieselbe Besetzung geschriebenen Variationen über Mozarts «Là ci darem la mano» WoO 28) bis heute in der allgemeinen Wahrnehmung eine periphere Komposition geblieben. Fast scheint es, dass der vergleichbar leichte, geradezu unkomplizierte Tonfall irritierte und vor dem Hintergrund rasch zum Standard gewordener Rezeptionstopoi schon unserem Zeitgenossen Schwierigkeiten bereitete: «Man bemerkt nirgends ein Missverhältnis, nirgends etwas Gesuchtes oder Unnatürliches; daher verschaft es das Trio, bey aller angewandten Kunst, einen angenehmen, ungetrübten, wenn auch nicht hohen Genuss. Die Beschränktheit der Instrumente, und auch die Einfachheit des dreystimmigen Satzes verursachen, dass es Manchem weniger scheinen mag, als es ist.» – Das liest sich fast wie eine werbende Entschuldigung.

Doch man darf sich von der hohen Opuszahl dieses Trios nicht täuschen lassen. Zunächst fälschlicherweise als «op. 29» gezählt, taucht sie erst 1819 ohne Beethovens Zutun in einer Werkliste auf. Entstanden war die Komposition aber bereits um 1795 – und keineswegs als Gelegenheitswerk. Sie steht vielmehr in Zusammenhang mit dem damals in Wien sehr beliebten, auch öffentlich auftretenden Ensemble der Gebrüder Teimer, für das Franz Anton Hoffmeister «concertirende Trios» geschrieben haben soll. Ferner befanden sich im Archiv der schwarzenbergschen Harmoniemusik bei deren Auflösung im Jahre 1799 weitere Werke für die drei Brüder u. a. von Johann Nepomuk Went, Joseph Triebensee, Franz Krommer und Anton Wranitzky; Beethoven reihte sich mit seinem viersätzigen Trio daher nur in ein damals bestehendes Repertoire für ein einzigartiges (Wiener) Spezial-Ensemble ein. So berichtet Johann Ferdinand von Schönfeld 1796 in seinem Jahrbuch der Tonkunst für Wien und Prag: «Wer kennt nicht diese berühmten Virtuosen auf der Oboe? Sie zieren unsere vornehmsten Akademien. Ihr Ton ist schmelzend, und ihre Kunst so auszeichnend, daß manche unserer Autoren eigends für sie schreiben. Auch auf dem englischen Horn sind sie Meister.» Nur wenig später nahm es jedoch mit dieser Formation ein jähes Ende, als im Mai und August 1796 die Brüder Franz und Johann Teimer plötzlich verstarben.

Parallel zur Erstausgabe erschien Beethovens Komposition 1806 klanglich adäquat auch in leichter zu besetzenden Arrangements für zwei Violinen und Viola sowie für Klavier und Violine. Noch immer eine willkommene Ergänzung musikalischer Unterhaltungen.
 


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Unterstützung für Kulturschaffende und Musikstudierende

Der Corona-Erwerbsersatz für selbständig erwerbende Kulturschaffende wird bis am 16. September verlängert und in Not geratene Musikstudierende erhalten Überbrückungshilfen über die Musikhochschulen.

Symbolbild: Claudio Schwarz@purzelbaum/unsplash.com (Link siehe unten)

Am 1. Juli, einen Tag nachdem die Taskforce Culture erneut die weitere Unterstützung des Kultursektors gefordert hat, beschloss der Bundesrat, dass die direkt oder indirekt von Massnahmen gegen das Corona-Virus betroffenen Selbständigerwerbenden weiterhin bis zum 16. September Erwerbsersatz beanspruchen können. Die Betroffenen bräuchten laut Medienmitteilung des Bundesrates keine besonderen Schritte zu unternehmen, die AHV-Ausgleichskassen nähmen die Auszahlung wieder auf.

Neu können Personen, die in ihrer eigenen Firma angestellt sind und sich in einer Härtefallsituation befinden, diesen Erwerbsersatz auch einfordern. Bei diesen Personen ist die Kurzarbeitsentschädigung der Arbeitslosenversicherung per 1. Juni ausgelaufen. Bis die Abläufe für diese neue Leistung eingerichtet sind, brauche es noch etwas Zeit. Deshalb empfiehlt der Bundesrat, mit der Anmeldung bei der AHV-Ausgleichskasse bis Mitte Juli zuzuwarten.

Zudem hat die Konferenz Musikhochschulen Schweiz (KMHS) bekanntgegeben, dass die Ernst von Siemens Musikstiftung in Not geratene Musikstudierende in der Schweiz, Deutschland und Österreich mit total zwei Millionen Franken unterstützt. Diese Mittel würden über einen Schlüssel direkt an die Musikhochschulen verteilt. Die Weitergabe der Unterstützungsbeiträge an Bedürftige wird von den Stipendienstellen der jeweiligen Musikhochschulen verantwortet und organisiert. Die KMHS schreibt, sie sei «sehr erfreut und dankbar, dass neben den eigenen aktuellen Anstrengungen ihrer Mitgliedshochschulen diese bedeutende Stiftung im Bewusstsein des internationalen Berufsfelds Musik agiert und gleichzeitig Studierende mehrerer Länder unterstützt.»
 

Jazzfestival Willisau 2020 abgesagt

Die Corona-Auflagen des Bundes für Veranstaltungen seien nicht kompatibel mit der Idee, wie das Jazz Festival Willisau über die Bühne gehen sollte, schreiben die Veranstalter. Sie haben sich deshalb entschieden, das Festival 2020 abzusagen.

Jazz Festival Willisau. Foto: Marcel Meier

Lange Zeit hätten die Zeichen auf Hoffnung gestanden, heisst es in der Mitteilung, finde doch der Anlass erst Ende August 2020 statt. Zudem habe man sich früh entschieden, dieses Jahr ausschliesslich auf Schweizer Musikschaffende zu setzen. Das schien unter den gegebenen Corona-Umständen nicht nur organisatorisch eine praktikable Lösung zu sein. Sie hätte auch einen wichtigen Pfeiler des Festivals gestärkt: Nämlich der einheimischen Szene eine attraktive Plattform zu bieten, wie das in Willisau in den letzten Jahren bereits erfolgreich der Fall gewesen ist.

Laufend hätten die Veranstalter die Pläne und die Umsetzung der geltenden Bestimmungen angepasst. Doch die jüngsten Auflagen des Bundes hätten nun die Durchführung so erschwert, dass das Jazz Festival Willisau seinen Charakter verlieren würde. Das habe nicht mit der Besucherobergrenze von 1000 Personen zu tun, sondern mit dem Umstand, dass die Veranstalter Sektoren von 300 Personen mit separaten Zu- und Abgängen hätten ausscheiden müssen, um den geforderten Tracing-Radius einzuhalten. Ein Festival, wie Willisau sich das vorstelle, könne keine Sektoren bilden. Das Jazz Festival Willisau sei ein offener Ort des Austausches und der Begegnung.

Deutschland sichert Kulturdaten

Eine Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) hat in Deutschland die Förderung eines Konsortiums beschlossen, das eine Nationale Forschungsdateninfrastruktur aufbauen soll. Zu den Daten, die gesichert werden sollen, gehören auch Musik- und Bühnenaufführungen.

Symbolbild: momius/stock.adobe.com,SMPV

Das Konsortium namens «NFDI4Culture» wird in der NFDI eine bedarfsorientierte Infrastruktur für digitale Forschungsdaten zu materiellen und immateriellen Kulturgütern aufbauen. Zu diesen Daten zählen 2D-Digitalisate von Gemälden, Photographien und Zeichnungen ebenso wie digitale 3D-Modelle kulturhistorisch bedeutender Gebäude und Denkmäler oder audiovisuelle Daten von Musik-, Film- und Bühnenaufführungen.

Konzept und Struktur des Konsortiums wurden über zwei Jahre in enger Zusammenarbeit zwischen 11 Fachgesellschaften, 9 Trägerinstitutionen und 52 Partnern entwickelt; die Federführung liegt bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz. Die Stiftung Preussischer Kulturbesitz wird in dem Konsortium insbesondere die Arbeit der Fachdisziplinen bei der Produktion und Anreicherung von Digitalisaten jeder Art (2D, 3D, aber auch Audio und Video) unterstützen und die bundesweite Abstimmung zwischen Digitalisierungszentren organisieren.

Mehr Infos: https://nfdi4culture.de/

Anton Haefeli gewürdigt

Die International Society for Contemporary Music (ISCM) hat an ihrer diesjährigen Generalversammlung Anton Haefeli mit der Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet.

Wie die Schweizer Sektion der ISCM mitteilt, wurde der Aargauer Musikwissenschaftler Anton Haefeli auf ihre Initiative hin am 27. Juni 2020 von der Generalversammlung der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik (ISCM) mit grosser Mehrheit zu deren Ehrenmitglied ernannt. «Anton Haefeli geniesst in der ISCM seit Jahrzehnten grosses Ansehen», schreibt die ISCM-Switzerland. Sie weist auf sein 1982 beim Atlantis-Verlag in Zürich erschienenes Buch hin:  IGNM – Die Internationale Gesellschaft für Neue Musik – Ihre Geschichte von 1922 bis zur Gegenwart. Dieses «epochale» und «referenzgebende» Werk wurde 1972 zum 50. Geburtstag der IGNM in Auftrag gegeben und dokumentiert neben der Geschichte die Bedeutung der Gesellschaft von 1922 bis 1980 «exemplarisch».

Weiter schreibt die ISCM-Switzerland: «Haefeli, 1946 in Brugg geboren, studierte in Zürich unter anderem Musikwissenschaft bei Kurt von Fischer und Musiktheorie bei Rudolf Kelterborn. Er promovierte zum Dr. phil. mit der erwähnten Arbeit zur Geschichte der IGNM (International Society for Contemporary Music ISCM). Danach Forschungs- und Lehrtätigkeit an der Musikhochschule der Musikakademie Basel, zuletzt als deren stellvertretender Direktor. Publikation zahlreicher Artikel zu musikpädagogischen Themen und zur Musik des 20. Jahrhunderts.

Haefeli ist nach Arthur Honegger (1950), Paul Sacher (1971) und Klaus Huber (1994) das vierte Schweizer ISCM-Ehrenmitglied. Zu den Ehrenmitgliedern der ISCM gehören bedeutende Komponisten, Dirigenten und Musikwissenschaftler des 20. Jahrhunderts, darunter Igor Strawinsky, Béla Bartók, Maurice Ravel, György Ligeti, John Cage, Hermann Scherchen und Arnold Schoenberg.

Die ISCM ist die älteste internationale Dachorganisation zur Förderung der Neuen Musik. Sie gilt als eine der bedeutendsten musikkulturellen Gesellschaften der Welt. Ursprünglich als eine Initiative der Zweiten Wiener Schule 1922 während der Salzburger Festspiele gegründet, versteht sie sich als internationales Netzwerk zur Förderung der Neuen Musik. Eine zentrale Aufgabe ist die Veranstaltung der Weltmusiktage (World New Music Days), die seit 1923 an jährlich wechselnden Orten stattfinden. Die Schweizerische Gesellschaft für Neue Musik ist die ebenfalls 1922 gegründete Schweizer Sektion der ISCM. Sie wird aktuell von Javier Hagen präsidiert.»

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