Entwicklung am Widerpart

Zu seinem 75. Geburtstag hat sich (und uns) der Winterthurer Komponist und Pianist Max E. Keller eine CD mit jüngeren Aufnahmen eigener Musik geschenkt.

Max E. Keller. Foto: Stefan Kubli

Das Album trägt den charakteristischen Titel weitergehen, meint also das Gegenteil von Stehenbleiben, und das ist gut so. Kontinuierlich hat sich Kellers Musik über die Jahre entfaltet. Die acht Stücke zeigen unterschiedliche Facetten. In hasten und warten etwa gerät der virtuose Geiger (Egidius Streiff), unterstützt von der Live-Elektronik des Komponisten, in einen Stop-and-go-Prozess. Energien ziehen vorwärts und werden wieder angehalten. Vielleicht ist das ein adäquates (klanglich übrigens sehr apartes) Bild für unsere Epoche. Ähnliches spricht ein anderes zentrales Werk, ein Höhepunkt dieser CD an: das Sextett stillstehen, aufsteigen, improvisieren, das sich ebenso überraschend wie folgerichtig entwickelt und improvisatorische Formen enthält. So begegnet man hier einigen wesentlichen Aspekten von Kellers Musik wieder – eben auch der freien Improvisation, die mit einem kurzen Ausschnitt aus einem WiM-Konzert mit dem Posaunisten Günter Heinz vertreten ist. Max E. Keller war in den Sechzigerjahren einer der ersten Schweizer Freejazzer und 1968 zum Beispiel beim Zürcher Jazzfestival zu hören.

Die CD enthält Kammermusik vom Flötensolo bis zum Septett. Ergänzt wird die Kompilation durch «autobiografische Skizzen», in denen Keller von Stationen seines Lebens berichtet. Erkennbar wird dabei auch jener Keller, den man auf der neuen CD vermisst: den offensiv politischen Komponisten. Mit seinen Werken hat er sich ja immer wieder mal zu gesellschaftlichen Fragen exponiert. Hat er sich inzwischen davon zurückgezogen? Oder ist in der Sperrigkeit gewisser Momente nicht doch etwas von einer kritischen, sich dem Schönklang versagenden Haltung zu spüren? Exemplarisch dafür ist etwa das Duo Dialog – Einheit – Kontrast für Flöte und Gitarre, das aus Versatzstücken ein fast musikantisches Spiel zu bilden versucht, daraus aber immer wieder ausbricht. Aus solchen Gegensätzen entsteht Kellers Musik häufig. Er braucht den Widerpart.

Max E. Keller: weitergehen. Egidius Streiff, Violine; Evgeniya Spalinger, Flöte; Marisa Minder, Gitarre, Ensemble via nova; Ensemble Horizonte, Ensemble Aventure u.a. Streiffzug SC2101

Bienengleiche Bewegungen

Mit dem Album «branches» widmet sich das Quintett SwingThing einem ebenso variablen wie subtilen Sound. Dabei zeigt sich ihre von Swing, Jazz und Klezmer geprägte Musik von mitreissender Kraft.

Hätte sie eine Zeitmaschine, würde Dela Hüttner in die 1930er- und 1940er-Jahre aufbrechen. In erster Linie, um die Blütezeit des Swings live mitzuerleben, wie die Sängerin in einem Interview verriet. Diese Vorliebe fürs Genre lässt sich sogar am Namen ihrer Formation ablesen: SwingThing. Auf seinem Album branches fokussiert das aus Baden und Zürich stammende Quintett nicht zuletzt auf den Dialog zwischen Hüttners elastischem Gesang, dem facettenreichen Klarinettenspiel von Adrian Mira sowie Thomas Goralskis Piano.

Obschon der Swing der Band als Referenz- und Ausgangspunkt dient, schwärmt diese – und das mit Verve – nur zu gerne auch zu anderen Jazzvarianten, zum Klezmer oder sogar Folk aus. SwingThing bewegen sich dabei bevorzugt bienengleich: Mal wird am Chanson schnabuliert, mal am balladesken Jazz. Und zwischendurch labt man sich sogar an Einflüssen literarischer Grössen wie Emily Dickinson oder Paul Verlaine.

Das aus dem Repertoire von Josephine Baker stammende Mayari etwa beginnt mit laszivem Cabaretsound, wendet sich allerdings alsbald französischen Vocals mit dick aufgetragenem Akzent zu und streut kurz darauf ein bluesiges Gitarrensolo ein. Derweil sich I’m Nobody bei Duke Ellingtons Five o’Clock Drag bedient, präsentiert sich Dela Hüttners Quiet Love zunächst als Gutenachtlied, nur um sich zunehmend als melancholische Serenade zu entpuppen.

Die insgesamt zehn Tracks kommen einem kontinuierlichen Blick ins Kaleidoskop gleich: Ein leichter Dreh und schon ergibt sich eine Veränderung. Dabei gelingt es SwingThing, ihre Musik nicht nur in einen natürlichen Fluss zu bringen, sondern sie auch stetig voranzutreiben und weiterzuentwickeln. Das mündet in einer Veröffentlichung, die zusehend mitreisst. Branches überzeugt weniger mit offensiven Mitteln und stattdessen mit ausgeklügelten Arrangements, subtilen Grooves und einer Musikalität, die von Kraft und Wärme zugleich durchzogen ist.

Swing Thing: Branches. Dela Hüttner, Gesang; Adrian Mira, Klarinette; Mischa Frey, Kontrabass; Samir Böhringer, Drums; Thomas Goralski, Hammond/Piano; Mario Mauz, Gitarre. Narrenschiff NAR 2020152

Zeitgenössische Musik weltweit und virtuell

2022 finden die World New Music Days in Auckland und Christchurch statt, die für Shanghai und Nanning geplanten mussten bis auf weiteres verschoben werden. Auf der Plattform Virtual Collaborative Series sind derzeit ukrainische Komponistinnen und Komponisten im Focus. Von bisher 126 vorgestellten Werken stammen 9 aus der Schweiz.

Foto: ISCM / WMD 2022 NZ,Bild: ISCM

Das seit 1923 alljährlich stattfindende Festival der International Society for Contemporary Music, die ISCM World New Music Days, finden 2022 vom 23. bis 30. August in Auckland und Christchurch (Neuseeland) statt. Sie wurden aufgrund von Covid-Pandemie von 2020 auf 2022 verschoben. Die ISCM World New Music Days 2022 überschneiden sich mit dem Festival der Asian Composers League ACL, das vom 28. August bis zum 2. September dauert. Die lokalen Veranstalter des Doppelfestivals, die Composers Association of New Zealand (CANZ) sowie die ACL, führen das Festival 2022 an denselben Stätten unter weitgehender Beibehaltung des Programms von 2020 durch. Die Schweiz wird mit dem Werk Guarda i lumi von Esther Flückiger an den ISCM World New Music Days vertreten sein.

Die ISCM World New Music Days in Shanghai und Nanning, coronabedingt von 2021 auf März 2022 verschoben, sind erneut wegen der Covid-Pandemie – die Stadt Shanghai ist aktuell im Lockdown – abgesagt bzw. bis auf Weiteres verschoben worden. Einzelheiten zum Verschiebungsdatum werden gemäss der ISCM zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben. An den ISCM World New Music Days in Shanghai und Nanning ist für die Schweiz die elektroakustische Komposition Glass Body von Karin Wetzel programmiert.
 

ISCM Virtual Collaborative Series

Die ISCM trotzt der Corona-Pandemie. In Ermangelung von Konzertaufführungsmöglichkeiten lancierte sie im Herbst 2020 die ISCM Virtual Collaborative Series, bei welcher Werke von Komponistinnen und Komponisten aller ISCM-Sektionen zweimal pro Woche online vorgestellt werden.

Ziel des Projekts ist es, die Online-Präsenz und die Berichterstattung über zeitgenössische Musik über die sozialen Medien zu fördern und so Brücken zwischen den verschiedenen Arten zeitgenössischer Musik zu schlagen, die in den verschiedenen Regionen der Welt komponiert und aufgeführt werden. Die Werke werden mit Aufnahmen und ausführlichen Biografien dokumentiert und auf den Seiten und Social Media-Kanälen der ISCM und deren Länder- und Ortssektionen promotet.

Aus aktuellem Anlass werden in diesen Wochen schwerpunktmässig Werke ukrainischer KomponistInnen, darunter von Oleksandr Kozarenko, der jüngst verstorbenen Hanna Havrylets, von Olexiy Voytenko, Alla Zagaykevych, Ivan Ostapovych und Julia Gomelskaya vorgestellt.

Insgesamt sind seit dem Start des Programmes 126 Kompositionen vorgestellt worden. Aus der Schweizer Auswahl von über 40 vorgeschlagenen Werken wurden von der ISCM-Jury bis dato 9 Werke Schweizer Komponistinnen und Komponisten in die ISCM Virtual Collaborative Series-Auswahl aufgenommen. Es sind dies (in alphabetischer Reihenfolge):

Heidi Baader-Nobs Evasion
Arturo CorralesFlow
Aglaia GrafBirth of Gods
Klaus HuberTenebrae
Sachie KobayashiLes cieux roulent des yeux
Hanspeter KyburzCells
Ulrike Mayer-SpohnfKFW
Abril PadillaGrimja
Karin WetzelGlass Body

Die gesamte ISCM Virtual Collaborative Series Selection ist unter den folgenden Links nachzusehen:
https://iscm.org/iscm-activities/collaborative-events/iscm-virtual-collaborative-series-2020/
https://www.facebook.com/media/set?vanity=ISCMSwitzerlandOFFICIAL&set=a.2741059042811093
https://www.facebook.com/international.society.for.contemporary.music

Für die Auswahl der Schweizer Werke an den Weltmusiktagen in die Virtual Collaborative Series der ISCM zeichnet die Schweizer ISCM-Sektion (Schweizerische Gesellschaft für Neue Musik / ISCM Switzerland) verantwortlich. In deren Vorstand walten aktuell David Rossel, Antoine Fachard, Arturo Corrales und Javier Hagen (Präsident).
 

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Aktuelle Schweizer Beteiligung an der ISCM Virtual Collaborative Series Selection (v.l.n.r. und o.n.u.): Heidi Baader-Nobs, Aglaia Graf, Abril Padilla, Klaus Huber, Hanspeter Kyburz, Ulrike Mayer-Spohn, Arturo Corrales, Sachie Kobayashi, Karin Wetzel

Vertagtes Programm, verlässliche Partner

Das Festival Alte Musik Zürich präsentiert ein altes Programm – und kommt so unverhofft zu einem Jubiläumskonzert.

Selten kann man gleich zwei Festivals in einem besuchen. Doch dieses Frühjahr fand nicht nur die 36. Ausgabe des Festivals Alte Musik Zürich statt, sondern auch (oder eigentlich) die Nummer 32. Der Grund für diese merkwürdige Nummerierung ist einfach. Vor zwei Jahren ging das schöne Programm «Tageszeiten – Jahreszeiten» in der Brandung der ersten Coronawelle unter. Und da Alte Musik nicht dazu neigt, von der Tagesaktualität zu leben, konnte man ein solches Programm problemlos auf später verschieben. Es wäre aber auch schade gewesen, die klug zusammengestellten musikalischen Gänge durch den Jahres- und Tageslauf einfach in der Versenkung verschwinden zu lassen, zumal dahinter eine Menge konzeptueller Arbeit steckt.

Um einen Eindruck von der Vielfalt des Programms zu erhalten, reichen eigentlich bereits ein paar Stichworte. Während etwa die St. Galler Bach-Stiftung mit Ausschnitten aus diversen Kantaten durch Bachs Kirchenjahr führte, präsentierte Els Biesemans am Fortepiano Fanny Hensels grandiosen Klavierzyklus Das Jahr. Oder es wurden Christopher Simpsons Zyklen The Monthes und The Four Seasons – aufgeführt durch das Cellini Consort resp. die Sirius Viols – mit von Aaron Hitz gesprochenen Auszügen aus Samuel Pepys Tagebüchern von 1660–1664 resp. 1665–1669 kombiniert. Mutig gar war, auf Vivaldis Schlager Quattro Stagioni im Original zu verzichten und stattdessen die Les Saisons amusantes genannte Bearbeitung von Nicolas Chédeville zu bringen. Es sind solche Details, die den Wert dieses Festivals anzeigen. Der 400. Geburtstag der Komponistin und Nonne Isabella Leonarda wurde vor zwei Jahren zum Anlass genommen, auf die wichtige Rolle von Komponistinnen in der italienischen Musik des 17. Jahrhunderts hinzuweisen. Auch wenn dieses Jubiläum inzwischen verjährt ist, bleibt das Anliegen berechtigt und lohnt es sich vor allem noch immer, die Musik von Isabella Leonarda kennenzulernen.

Jahrelange Vertrautheit im Basler Vokalensemble

Bei einem anderen Konzert wurde die Verschiebung zum «Glücksfall». Für die ursprünglich 32. Ausgabe stellte das noch junge Basler Vokalensemble Voces Suaves das Programm «Tageszeiten und Jahreszeiten in Mantua» zusammen. Jetzt, zwei Jahre später, fällt das Konzert unverhofft mit dem Jubiläum zum zehnjährigen Bestehen des Ensembles zusammen. Zwei Jahre wohlgemerkt, in denen die Karriere von Voces Suaves trotz der Pandemie so richtig an Fahrt aufgenommen hat, wie der Gründer, der Bariton Tobias Wicky, am Telefon erklärt. Von diesem gesteigerten Renommee profitierte auch das Festival, wie das ausverkaufte Konzert am 19. März in der Helferei Zürich bewies. Es zeigte aber auch, wo der Erfolg herrührt.

Das beginnt beim Programm, das ein Schlaglicht auf eine Merkwürdigkeit der Musikgeschichte wirft. Zwei politisch unbedeutende italienische Fürstentümer, das Mantua der Gonzagas und das Ferrara der d’Estes, wurden im 16. Jahrhundert zu Zentren der Musik. Kleine Welten, die in die grosse hinausstrahlten. Mit sicherem Gespür kombinierten die für die Programme verantwortlichen Ensemblemitglieder Dan Dunkelblum und Davide Benetti Madrigale des unvergleichlichen Monteverdi mit solchen seiner Vorgänger in Mantua: Giovanni Giacomo Gastoldi, Salomone Rossi und Giaches de Wert. Besonders die hohe Wertschätzung des Ensembles für die Musik des aus Flandern stammenden de Wert fällt auf und wird von Tobias Wicky unter anderem dadurch begründet, dass er einer der ersten Madrigalkomponisten war, mit dem sich Voces Suaves beschäftigte. Ein Grund auch, ihm eine ganze CD zu widmen, die im Herbst erscheinen wird.

Das Ensemble zeichnet sich also durch eine gewisse Treue aus, die sich auch musikalisch bewährt. Die während der zehnjährigen Zusammenarbeit der acht Sängerinnen und Sänger entstandene Vertrautheit war während des Konzertes spür- und hörbar, perfekt vermischten sich die Stimmen, obwohl gleich zwei Mitglieder krankheitsbedingt ersetzt werden mussten. Auch bei den Ersatzleuten achtet das Ensemble darauf, Kontinuität zu schaffen, und verlässt sich besonders in der intimen Gattung des Madrigals auf Bekannte. Dieser Vertrautheit verdankt sich eine weitere Besonderheit: Die Voces Suaves arbeiten ohne musikalischen Leiter, erarbeiten ihre Interpretationen quasi basisdemokratisch. Ein manchmal nervenaufreibender Prozess, der sich laut Wicky aber lohne.

Und er funktioniert, auch weil durch die Kooperation mit anderen Ensembles stets Impulse von aussen kommen. Bewährt hat sich beispielsweise die Zusammenarbeit mit dem Capricornus Consort Basel. Ebenfalls krankheitsbedingt stark umbesetzt, begleitete es unter der Führung von Peter Barczi kongenial die diversen Madrigale und zeigte in den rein instrumentalen Sonaten, welche Energie in der Musik dieser Zeit steckt. Als enorm wichtig bezeichnet Tobias Wicky aber vor allem die Zusammenarbeit mit Festivals, ohne die es für ein Ensemble wie seines unmöglich wäre, grössere Projekte zu stemmen. Und nennt als Beispiel Monteverdis Marienvesper, welche diesen Herbst am 37. Festival Alte Musik Zürich von den Voces Suaves aufgeführt werden wird.

 

Orchestervereinigung ehrt Fehlmann

Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) verleiht den Kulturpreis der deutschen Orchester an den Schweizer Beat Fehlmann. Damit würdigt sie das beispielhafte Engagement des Intendanten der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz für die gesamte Orchesterlandschaft.

Beat Fehlmann (Bild: zVg)

Beat Fehlmann wurde 1974 in Aarau geboren, lebt teilweise in Basel und übernahm nach Stationen unter anderem in Graubünden und Konstanz im September 2018 die Intendanz der Staatsphilharmonie.

Mit seinem Bemühen um mehr Diversität, der Beschäftigung mit dem Thema «Musik und Gesundheit», Livestreams in 360 Grad-Kameratechnik und vor allem der Gewinnung neuen Publikums entwickelte Beat Fehlmann das Orchester in Ludwigshafen zu einem Innovationsstandort, lautet die Jurybegründung.

Die DOV verleiht ihren Kulturpreis bereits seit 1979 in der Regel alle drei Jahre an Persönlichkeiten, die sich um die Orchester und Rundfunkensembles besonders verdient gemacht haben. Zu den Ausgezeichneten gehören unter anderem NRW Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen, Gewandhaus-Kapellmeister Kurt Masur und Lothar Späth, seinerzeit Ministerpräsident von Baden-Württemberg.

Verband Aargauer Musikschulen

Über den Aargau – und den Verband Aargauer Musikschulen

Instrumentenmesse an der Musikschule Unteres Fricktal (Bild: ZvG)

1803 entschied Napoleon, die damaligen Kantone Aargau, Baden und Fricktal zusammenzulegen – damit legte er den Grundstein für das heutige Kantonsgebiet des Aargaus. Politisch zählt der Kanton Aargau anders als noch im 19. Jahrhundert zu den konservativsten der grösseren Schweizer Kantone. Er ist kleinräumig und nebst den mittelgrossen Städten wie Aarau, Baden oder Wettingen ländlich geprägt. Die Kleinräumigkeit zeigt sich auch bei der musikalischen Bildung, wie der VMS-Delegierte Valentin Sacher berichtet. «Fast jede Gemeinde hat ihr eigenes Reglement», sagt er. Tarife, Fächer, Subventionen oder Löhne sind nicht kantonal geregelt. Deshalb entwickelte der Verband Aargauer Musikschulen kantonale Guidelines, die den Gemeinden als Grundlage dienen sollen. Sie enthalten Minimalstandards, die auf dem quarte open Label des VMS basieren. Gesetzlich festgelegt – im kantonalen Schulgesetz seit 1865 – ist einzig, dass Schüler*innen der 6.-9. Klasse pro Woche für 15 Minuten Musikunterricht und ab sechs Teilnehmenden zusätzlich ein Ensemble kostenlos besuchen dürfen.

Mit knapp 70 Musikschulen und rund 22’000 Fachbelegungen ist die Zahl der kleinen und kleineren Musikschulen im Kanton hoch. «Dass wir fast überall vor Ort Unterricht anbieten können, ist unser grosses Plus, im Gegensatz zum Sport zum Beispiel», sagt Sacher. «Andererseits ist es wichtig, dass wir den kompletten Fächerkatalog an allen Orten anbieten und den Verwaltungsapparat professionalisieren können.» Sacher ist selber seit 17 Jahren Schulleiter der Musikschule Unteres Fricktal – ein Amt, für das er seine Tätigkeit als Schlagzeuglehrer aufgab. Seine musikalische Seite lebt er heutzutage als Leiter der Brass Band Zuzgen aus.

Für die musikalische und musikpädagogische Zukunft des Kantons ist er optimistisch gestimmt, da von Seiten Kanton eine Komplettrevision des Instrumental- und Sologesangsunterricht geplant ist. «Ich sehe die Situation in unserem Kanton als Riesenchance», sagt er, «Wir können in den nächsten 2-3 Jahren sehr viel bewegen.» Eine wichtige Rolle könnte dabei der neu eingesetzte Verbandsrat des VAM spielen, der mit Personen aus der Politik besetzt ist, was eine zunehmende politische Abstützung verspricht.

www.vam-ag.ch

Valentin Sacher, Präsident des Verbandsrats und VMS-Delegierter für den Kanton Aargau (Bild: Ismael Lorenz)

Geniet gewinnt Belgrader Cellowettbewerb

Joël Geniet, ein Student von Antonio Meneses an der Hochschule der Künste Bern, ist gemeinsam mit dem Serben Vuk Simon Ovaskainen erster Preisträger der International Jeunesses Musicales Competition Belgrad.

Joël Geniet. Foto: zVg

Der 2002 geborene Joël Geniet studierte bis 2017 mit Auszeichnung am am Conservatoire Régional de Montpellier. 2019 wurde er zum Bachelor in der Klasse von Antonio Meneses an der Hochschule der Künste Bern zugelassen.

Die Jeunesses Musicales Belgrade wurden 1954 gegründet und sind seit 1962 Mitglied von Jeunesses Musicales International – JMI mit Sitz in Brüssel. Seit 1974 sind sie Mitglied der World Federation of International Music Competitions – WFIMC mit Sitz in Genf. Sie veranstalten jährlich einen Wettbewerb für wechselnde Instrumente.

Uni Bern ehrt Tina Turner

Die Universität Bern verleiht der Rocksängerin Tina Turner die Ehrendoktorwürde. Die Wahlschweizerin lebt heute in Küsnacht.

Hauptgebäude der Universität Bern. Foto: Pugefco (Nachweis s. unten)

Die Laudatio ehrt Tina Turner für ihr «einzigartiges musikalisch-künstlerisches Lebenswerk». Sie habe sich als Frau in einem zuvor männlich dominierten Bereich erfolgreich durchgesetzt, mit ihrer künstlerischen Arbeit etablierte Grenzen und Stereotype durchbrochen und mit ihrer Authentizität und künstlerischen Ausstrahlung viele Menschen berührt. Turner, so die Laudatio weiter, habe mit ihrer Kunst beispielhaft einen Weg aus mehrfach diskriminierten Verhältnissen gezeigt und sei deshalb ein Rollenmodell über Generationen, Gesellschaftsschichten und Bildungsvoraussetzungen hinweg.

Tina Turner war von 1960 bis 1976 Mitglied des Duos Ike and Tina Turner, das die Rockgeschichte nachhaltig geprägt hat. Ab den frühen 1980er-Jahren verfolgte sie eine international erfolgreiche Solokarriere als Sängerin, später auch als Schauspielerin.

Umsätze mit Musikaufnahmen legen zu

Weltweit haben sich die Umsätze mit Musikaufnahmen im siebten Jahr in Folge positiv entwickelt: Der globale Branchenumsatz 2021 betrug insgesamt 25,9 Milliarden US-Dollar.

Foto (Symbolbild): FPVmatA/unsplash.com

Das bedeutet ein Plus von 18,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie die International Federation of the Music Industry IFPI, der Dachverband des Bundesverbandes Musikindustrie (BVMI), in London bei der Veröffentlichung des jährlichen Global Music Report bekanntgab.

Einen massgeblichen Anteil an dieser Entwicklung haben die Einnahmen aus kostenpflichtigen Streaming-Abonnements, die um 21,9 Prozent auf 12,3 Milliarden US-Dollar zulegten. Ende 2021 gab es insgesamt 523 Millionen bezahlte Abonnements. Streaming insgesamt, also bezahlte und werbefinanzierte Zugänge, wuchs um 24,3 Prozent auf 16,9 Milliarden US-Dollar, das entspricht 65 Prozent des weltweiten Branchenumsatzes.

Aber auch Zuwächse bei physischen Formaten (plus 16,1 Prozent) und Aufführungsrechten (plus 4 Prozent) trugen zu dieser Entwicklung bei. Deutschland nimmt in der Rangfolge der weltweiten Musikmärkte weiterhin Platz 4 nach den USA, Japan und dem Vereinigten Königreich ein.

Mikrotöne in der Dampfzentrale

Das Klavierduo Susanne Huber und André Thomet stellt zusammen mit Gästen aus dem In- und Ausland das musikalische und visuelle Schaffen von Ivan Wyschnegradsky vor.

Mouvements 3, Ivan Wyschnegradsky, Zeichnung auf Papier. Bild: Paul Sacher Stiftung,Bild: Paul Sacher Stiftung
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Ivan Wyschnegradsky, 1930

Der russisch-französische Künstler Ivan Wyschnegradsky (1893-1979) gilt als Pionier der Mikrotöne. Susanne Huber und André Thomet kontrastieren während zweier Tage in der Dampfzentrale Bern seine Werke mit Uraufführungen von Auftragskompositionen an die drei jungen Komponistinnen Anda Kryeziu, Eleni Ralli und Elnaz Seyedi sowie Kompositionen von Georg Friedrich Haas, Edu Haubensak, Bruce Mather und Pascale Criton. Ergänzt werden die vier Konzerte mit Gesprächsrunden, in denen auch Zeitzeuginnen und -zeugen zu Wort kommen. Barbara Barthelmes und Roman Brotbeck referieren und moderieren, der amerikanische Schriftsteller Paul Auster, der Wyschnegradsky als erster in The Locked Room literarisch verarbeitet hat, wird direkt aus New York für eine Nocturne zugeschaltet.

Umfassende Studie zum Musiklernen

In einem vierjährigen Forschungsprojekt haben der Verband Musikschulen Schweiz und die Hochschule Luzern in Zusammenarbeit mit 37 Fachverbänden und Institutionen der Musikbildung die ausserschulische Musiklernlandschaft der Schweiz untersucht.

Foto: monkeybusiness/depositphotos.com

Musikschulen werden heute vor allem von Kindern (47 Prozent) und Jugendlichen (29 Prozent) besucht. Hingegen unterrichten selbstständige Musiklehrpersonen hauptsächlich Personen, die älter als 20 Jahre sind (63 Prozent). Erwachsene stellen auch in (Blasmusik-)Orchestern (71 Prozent) und Chören (70 Prozent) die grösste Gruppe dar. Bei Letzteren fällt der hohe Anteil an Seniorinnen und Senioren auf (30 Prozent).

Hauptsächlich finanziert werden die Musiklernangebote laut der Studie mit Kursgebühren und Mitgliedsbeiträgen der Lernenden (durchschnittlich 42 Prozent) und durch jährliche Beiträge des öffentlichen Sektors (durchschnittlich 27 Prozent).

Nebst dieser Art der Finanzierung gehören die Kleinteiligkeit und ein hoher Anteil an Mehrfachtätigkeiten in Teilzeitpensen zu den besonderen Merkmalen der Branche. So sind zwei Fünftel der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer sowohl als Musiklehrperson an einer Musikschule als auch als selbstständige Musikschaffende tätig. 72 Prozent der Musikschulen geben an, mit einer Volksschule intensiv zusammenzuarbeiten.

Mehr Infos:
https://www.hslu.ch/de-ch/hochschule-luzern/ueber-uns/medien/medienmitteilungen/2022/03/18/studie-musiklernen-schweiz/

Von der Jazzszene, für die Jazzszene

Ende Februar fanden in Bern erstmals die Swiss Jazz Days statt. Am zweitägigen Event gab es viel Musik, Workshops und Diskussionsrunden. Der Anlass fand grossen Anklang und wird 2023 fortgeführt.

Die Aula im Progr Bern war gut gefüllt, als über die Utopie «Chancen einer Dachkampagne für den Schweizer Jazz» gesprochen wurde. Foto: Gabriele Spalluto / Swiss Jazz Days

Die Swiss Jazz Days sind ein neuer Networking- und Szeneevent, der gemäss Programmheft auf aktuelle Themen der nationalen und internationalen Musikbranche fokussiert. Der zweitägige Anlass, der Ende Februar in Bern erstmals über die Bühne ging, diente auch dazu, «zusammen Ideen und Strategien zu erarbeiten, um gemeinsamen Herausforderungen zu begegnen».

Initiiert wurden die Swiss Jazz Days namentlich von Simon Petermann und Christoph Jenny. «Das Aha-Erlebnis hatte ich bereits 2015. An der Messe Jazzahead in Bremen wurde mir bewusst, woran es mir in der Schweiz mangelte – am Gefühl, in eine Szene eingebunden zu sein», erinnert sich Petermann. Der Musical Director des Fischermanns Orchestra und Sendungsmacher bei Radio RaBe machte sich deshalb 2020 gemeinsam mit seinem Kompagnon Christoph Jenny daran, einen Event «von der Jazzszene für die Jazzszene» zu entwickeln. Rasch habe sich abgezeichnet, dass ein solcher Anlass nicht nur auf lebhaftes Interesse stosse, sondern sich auch finanzieren lasse.

Grüner werden

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Chris Jenny und Simon Petermann: Das Team hinter den Swiss Jazz Days. Foto: Gabriele Spalluto / Swiss Jazz Days

An den 1. Swiss Jazz Days wurden nicht nur Workshops wie «Social Media & Digital Communication» und «Medienpromotion für Musikschaffende» angeboten, sondern auch Konzerte und Diskussionsrunden – etwa zum Thema Entrepreneurship im Jazz oder zu den «Chancen einer Dachkampagne im Schweizer Jazz». Beim Panel «Nachhaltige Förderstrategien» standen laut Moderatorin Milena Krstic die ökologischen Aspekte im Mittelpunkt. Lea Heimann, die beim Berner Jazzklub Bee-Flat für Booking, Fundraising und Vermittlung zuständig ist, erklärte, dass sich diesbezüglich eigentlich noch alle in einem Lernprozess befänden. Der Ressortleiter Popkredit Zürich, Niklaus Riegg, betonte hingegen: «Zum sogenannten Green Booking habe ich ein gespaltenes Verhältnis.» Zwar sei es absolut richtig, dass sich die Festivals bemühten, zusehends «grüner» zu werden, doch die Verantwortung dafür dürfe keinesfalls an die Musikschaffenden delegiert werden.

Moderatorin Krstic, selbst Musikerin, erzählte von ihren eigenen Bemühungen, sowohl privat als auch beruflich möglichst selten mit dem Flieger unterwegs zu sein. Sie gab zu bedenken: «Wer als Musiker wirklich Erfolg haben will, kommt fast nicht umhin, viel herumzufliegen.» Ein Statement, das Riegg mit der Erkenntnis ergänzte, dass die hiesige Jazzszene ihren Protagonisten zu wenig Auftrittsmöglichkeiten biete: «Als Schweizer Jazzer ist man mehr oder weniger gezwungen, im Ausland zu touren.» Zwar erweist sich der Zug innerhalb Europas als gute Alternative zum Flugzeug, doch die Distanzen dürfen nicht unterschätzt werden, wie ein von Lea Herrmann angeführtes Beispiel verdeutlichte: Beim Booking eines Konzertes habe sie von den Auftretenden verlangt, per Zug anzureisen. Was dazu führte, dass die Musiker aus Sizilien 21 Stunden unterwegs und auf der Bühne entsprechend ausgepowert waren. Eine frühere Anreise inklusive einer zusätzlichen Übernachtung wäre aus Erholungsgründen angebracht gewesen, bloss: Dafür fand sich kein Budget.

Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass eine bessere Absprache unter den veranstaltenden Schweizer Klubs vonnöten sei. Wodurch sich mitunter verhindern liesse, dass Formationen zum Beispiel heute in Madrid, morgen in Basel und übermorgen in Barcelona auftreten. «Es braucht mehr Kollaboration und weniger Konkurrenzsituation», so Niklaus Riegg. Aus dem Publikum zu Wort meldete sich auch Carine Zuber, bis letzten Herbst Leiterin des Zürcher Jazzklubs Moods. Sie berichtete etwa von Gesprächen mit den SBB über einen möglichen Interrailpass für Künstlerinnen und Künstler. Entwicklungen, die darauf hindeuten, dass das Thema für die Musikbranche zusehends an Relevanz gewinnt.

Vielseitiger vernetzen

Und welches Fazit zieht Simon Petermann nach den 1. Swiss Jazz Days? «Der Start ist gelungen und dank der vielen positiven Rückmeldungen fühlen wir uns in der Idee bestärkt, den Anlass zukünftig jedes Jahr durchzuführen.» Aus Petermanns Sicht wäre es erstrebenswert, wenn der Event künftig vermehrt Veranstalter sowie Vertreter der Kulturförderung, von Stiftungen und Labels anziehen würde. Diesmal waren die rund 130 Teilnehmenden in erster Linie Musikerinnen und Musiker. Womit bereits das erste Ziel erreicht wäre: Jazzerinnen und Jazzer miteinander zu vernetzen.

«Wir sind sehr offen, wie es mit den Swiss Jazz Days weitergehen soll», hält Petermann fest. Um den Puls der Jazzszene künftig noch besser zu fühlen, haben er und Christoph Jenny sich fix zum Ziel gesetzt, den Anlass nicht ausschliesslich in der Bundesstadt durchzuführen. Dieser Schritt soll dazu beitragen, der Fragmentierung der Jazzszene bestmöglich entgegenwirken. Eins liegt Petermann besonders am Herzen: «Ganz wichtig ist uns die Zusammenarbeit mit anderen Szenen, wir verschliessen uns weder dem Pop noch dem Rock.»

 

O Herr, schläfst Du?

«Musik in finsteren Zeiten 1914–1943»: Selten sind Konzerte mit klassischer Musik derart aktuell wie das neueste Programm des Männerchors Zürich.

Beinahe aufreizend lange liess Chorleiter Roger Widmer die letzten Töne verklingen, liess die Hände nur langsam, nacheinander nach unten sinken und erzwang so Stille. Oder besser, er verhinderte damit, dass der verdiente Applaus den tiefen Eindruck sofort wegwischte, den Bohuslav Martinůs Feldmesse am Ende eines mutigen und leider unheimlich aktuellen Programms hervorgerufen hatte.

Anklage und Angst

Mutig war das Programm gleich in mehrfacher Hinsicht. Es sind keine einfachen Stücke, die sich der Männerchor Zürich gemeinsam mit der Stadtharmonie Oerlikon-Seebach vorgenommen hat. Sie zählen zwar nicht zu den technisch avanciertesten Kompositionen der auch musikalisch unruhigen 30 Jahre zwischen 1914 und 1943, dennoch ist in ihnen die stürmische Entwicklung der Musiksprache dieser Zeit spürbar. Besonders die gehäuften Dissonanzen, die im Rahmen der gemeinsamen Thematik durchaus mit Schmerz assoziiert werden können, stellten den Chor vor einige Herausforderungen. Am deutlichsten erkennbar war dies in Kurt Weills Berliner Requiem von 1928 nach Texten Bertolt Brechts. Doch trotz einiger Unsicherheiten schafften es Chor und Ensemble, die Anklage gegen Kriegstreiber, wie man das Werk zusammenfassend nennen könnte, eindringlich darzustellen.

Ihren Anteil daran hatten selbstverständlich die beiden Solisten Matthias Aeberhard und Robert Koller, der kurzfristig für Marc Olivier Oetterli eingesprungen war. Besonders der Tenor Aeberhard verlieh der zynischen Ballade Marterl den vokalen Schmelz, der dem Stück in Verbindung mit dem lakonischen Bericht begangener Grausamkeiten erst die so abstossende Wirkung verlieh.

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Robert Koller

Das Berliner Requiem ist ein Werk, das mittels sprachlicher und musikalischer Drastik aufrütteln, etwas bewirken will. Damit stand es in diesem Konzert trotz vielleicht unterschiedlicher kompositorischer Mittel nicht alleine da, im Gegenteil. Alle Werke berichteten von den Versehrungen, die Gewalt anrichtet, und stellten damit auch das Publikum vor nicht zu unterschätzende Herausforderungen. Da schien keine Sonne nach dem Regen, kein Wintersturm wich dem Wonnemond. Doch das klug zusammengestellte Programm liess einen dennoch nicht in der Dunkelheit verzweifeln, sondern gestattete einem zumindest einige Lichtblicke.

So schillert Gustav Holsts zu Beginn gesungenes A Dirge for Two Veterans (Ein Klagelied für zwei Veteranen) gespenstisch zwischen Trauer und dem Pomp einer feierlichen Prozession. Damit spiegelt das 1914 entstandene Werk präzise die zu Beginn des Ersten Weltkriegs herrschende Mischung aus naiver Kriegsbegeisterung und berechtigter Angst. Und Benjamin Brittens 1943 komponierte Ballad of Little Musgrave and Lady Barnard endet nach Lord Barnards Mord an seiner Frau und deren Liebhaber eben nicht mit Klängen des Schreckens, sondern in den lichten Tönen der Erkenntnis des Lords, dessen sich beruhigender Puls ihm die Einsicht ermöglicht, ein Unrecht begangen zu haben. Nur Samuel Barbers A Stopwatch and an Ordnance Map (Eine Stoppuhr und eine Generalstabskarte, 1940) verharrt in stiller, unendlicher Trauer über den Verlust des Kameraden.

Traurige Aktualität

Mutig war auch der Termin des Konzertes, 12. März in der Tonhalle Zürich. Gerade für Chöre ist die Auftrittsplanung trotz gelockerter Corona-Massnahmen noch immer ein Wagnis. Und als das Datum festgelegt wurde, waren die Signale in Richtung Öffnung noch nicht eindeutig. Noch weniger konnte man damals ahnen, wie nah uns die Kriegsthematik dieses Programmes dann gerückt sein würde. Was vielleicht als Rückblick geplant war auf schwierige Zeiten, als Hinweis darauf, dass es schlimmeres als Corona-Massnahmen gibt, wurde so unversehens zum Kommentar zu den Ereignissen im Hier und Heute, 1500 Kilometer von Zürich entfernt.

Es ist schon verflixt: Man erhofft sich eigentlich immer, dass ein Konzert mehr als die blosse Wiedergabe von Klängen sein möge. Dass irgendwie eine Brücke geschlagen werde zwischen der Musik und unserem Leben. Und wenn es dann geschieht, mag man sich doch nicht so recht darüber freuen. Zumindest an diesem Abend, bei dieser Thematik. Doch am Ende behielt zum Glück die Musik das letzte Wort.

Zum einen, weil Martinůs Feldmesse ein Werk ist, das man gehört haben muss. Unbändig im Zorn und stark selbst dann, wenn wehmütig zurückgeblickt wird. Ein Furor, der in der anklagenden Frage «O Herr, schläfst Du?» gipfelt und danach dennoch zu trostvoller Zuversicht findet.

Zum andern, weil hier alle Beteiligten zur Höchstform aufliefen. Der Chor strahlte die Sicherheit aus, die bei Weill noch stellenweise gefehlt hatte, das Ensemble unter der klanglichen Führung von Andreas Gohl-Alvera am Klavier und Mark Richli am Harmonium kommentierte aufmerksam und scharf. Und der Bariton Robert Koller bewies, dass er nicht nur singen kann, sondern auch über ein ausgeprägtes schauspielerisches Talent verfügt. Das sichtlich bewegte Publikum hätte Roger Widmers gekonnte Applausverzögerung wahrscheinlich gar nicht benötigt – es hätte vor dem Klatschen wohl auch so erst einmal tief durchatmen müssen.

Doch noch ein Eidgenössisches in Basel

Nachdem das geplante Eidgenössische Jodlerfest Basel aufgrund der Covid-Pandemie weder 2020 noch 2021 stattfinden konnte, wird dieser nationale Grossanlass nun 2026 am Rheinknie stattfinden.

Foto (Symbolbild): Elmar Gubisch/depositphotos.com

Die Delegierten des Eidgenössischen Jodlerverbandes (EJV) haben dem Nordwestschweizerischen Unterverband die Austragung im Jahr 2026 zugesprochen. Dies erfolgt ausserhalb des regulären 15-Jahre-Turnus der Unterverbände, da der Bernisch-Kantonale Jodlerverband auf die Durchführung 2026 zugunsten des abgesagten Fests in Basel verzichtet.

Der Termin des 33. Eidgenössischen Jodlerfests Basel 2026 steht noch aus, doch wird dieses erfahrungsgemäss während drei Tagen an einem Wochenende Ende Juni oder anfangs Juli 2026 stattfinden. An diesem Grossanlass für urschweizerisches Brauchtum in Basel werden rund 10’000 aktive Jodlerinnen, Jodler, Alphornbläserinnen und
-bläser, Fahnenschwingerinnen und -schwinger sowie rund 150’000 Besucherinnen und Besucher erwartet.

Das Organisationskomitee wird zu einem späteren Zeitpunkt zusammengestellt, obwohl bereits ein Grossteil der OK-Mitglieder sich auch für die Durchführung 2026 ehrenamtlich zur Verfügung stellt. Die Geschäftsstelle wird wiederum durch die Basel Tattoo Productions GmbH geführt. Das Eidgenössische Jodlerfest findet alle drei Jahre in einer anderen Landesgegend statt. 2023 wird es in Zug durchgeführt.

Mairitsch folgt an der ZHdK auf Meier

Der Fachhochschulrat der Zürcher Fachhochschule hat Karin Mairitsch zur neuen Rektorin der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) gewählt. Die Bildungs- und Kulturmanagerin mit langjähriger Hochschulerfahrung wird ihr Amt am 1. Oktober 2022 antreten.

Karin Mairitsch (Foto: Sam Khayari)

Karin Mairitsch folgt auf Thomas D. Meier, der das Amt seit 2009 innehat und per Ende September zurücktritt. Sie studierte Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Ihre Promotion an der Kunstuniversität Linz schloss sie zum Thema Studienprogrammentwicklung und bildungspolitische Leitziele ab.

Von 2003 bis 2018 war sie in verschiedenen leitenden Positionen an Hochschulen tätig, darunter die Hochschule Luzern, die Fachhochschule Salzburg sowie die Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.

Zudem arbeitet sie als freischaffende Künstlerin, Kuratorin, Dozentin und Autorin. Aktuell leitet Karin Mairitsch den Eigenbetrieb Kultur123 der Stadt Rüsselsheim mit den Teilbereichen Kultur & Theater, Volkshochschule, Musikschule und Stadtbücherei. 

Mit rund 2100 Bachelor- und Masterstudierenden zählt die Zürcher Hochschule der Künste zu den führenden Kunsthochschulen Europas. Das Studien- und Forschungsprogramm umfasst die Bereiche Art Education, Design, Film, Fine Arts, Musik, Tanz, Theater und Transdisziplinarität.

Aktuell stellt die ZHdK ihr Studienangebot auf das Major-Minor-Modell um. Ab Herbst 2023/24 wird die ZHdK als erste Kunsthochschule in Europa ihren Studierenden ermöglichen, Angebote aus verschiedenen Disziplinen in ihrem Studium zu kombinieren.

 

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