Das Fach Musik in der Schweiz

Das Schulfach Musik ist regional unterschiedlich geprägt. Welche Entwicklungen hat es in den letzten Jahrzehnten erlebt und wohin bewegt es sich?

Dieses Buch trägt zwei Titel, und das ist programmatisch. Dank Zweisprachigkeit kommen verschiedene Sichtweisen auf kulturelle Fragen und Realitäten zusammen – ganz im Sinn und in der Tradition der SMZ. Die Co-Autorinnen Sabine Chatelain und Gabriele Noppeney verfassen sogar ihren Buchbeitrag zweisprachig. Sie stellen zwei unterschiedliche Unterrichtssequenzen (Spracherwerb durch Liedtexte und bilingualer Musikunterricht) vor, die sich zwar an einem gemeinsamen Referenzmodell (Integrated Music Education) orientieren, aber je an einer französisch- und an einer deutschsprachigen Lehrerausbildungsstätte durchgeführt wurden.

Jedem der zehn Beiträge ist ein dreisprachiges Résumé / Zusammenfassung / abstract vorangestellt, was sich besonders bei der Lektüre fremdsprachiger Texte als sehr hilfreich herausstellt.

Madeleine Zulauf blickt in «Le role de la recherche dans le développement de l’éducation musicale scolaire» auf die gut vierzigjährige Geschichte der Musikpädagogik in der Westschweiz zurück und stellt fest, dass sich das Forscherinteresse zunehmend neu ausrichtet und auf Innovationen in der Praxis zielt: «La posture des chercheurs passant de rétroactive à proactive.» Im Gegensatz zur Westschweiz fehlt in der Deutschschweiz eine wissenschaftliche Tradition in der Musikpädagogik. Schulmusik wird hier vor allem als praktische Disziplin angesehen, die von Praktikerinnen und Praktikern angeleitet wird. Doch welche konzeptionellen Vorstellungen liegen dabei zugrunde? Dieser Frage geht Olivier Blanchard in seinem Beitrag «Schweizer Schulmusik. Schule oder Musik?» nach. Hier Leistungsorientierung, da Musizieren, das Emotionales und Gemeinschaftsbildendes stärker gewichtet als messbare Leistungen.

Jürg Huber fragt grundsätzlich nach: Was eigentlich ist Sinn, Zweck, Inhalt und Didaktik von Schulmusik, und wie wird darüber diskutiert? Während in den Siebzigerjahren «Singen» und «kritische Hörerziehung» im Mittelpunkt standen, liegt heute ein umfassenderes Verständnis von Musikunterricht vor, wie beispielsweise ein Blick in den Lehrplan 21 oder aktuelle Lehrmittel zeigt. Nur, wie heisst unser Fach eigentlich, «Singen» oder «Musik»? Das Schulfach wurde im Jahr 2000 in der ganzen Deutschschweiz umgetauft. Doch die Frage nach der Priorisierung des Singens scheint nach wie vor virulent, meint Christoph Marty: Soll Singen nach wie vor die zentrale Rolle im Musikunterricht einnehmen oder soll es bloss einer von verschiedenen, gleichberechtigten Unterrichtsinhalten sein? Auch im vorliegenden Buch beschäftigen sich drei der zehn Beiträge mit der Stellung des Gesangs bzw. Lieds im Musikunterricht: «Singen oder Musik. Beweggründe zur Änderung einer Fachbezeichnung» (Marty), «Das Vermitteln von Kinderliedern in der Schule als Kulturbestandteil und musikdidaktische Kernaufgabe» (Stadler Elmer) und «Chorarbeit als Beitrag zur künstlerischen Bildung auf der Sekundarstufe II» (Beat Hofstetter).

Eine Untersuchung der Hochschule Luzern bestätigt die Beliebtheit des Singens an Gymnasien. Ganz schlecht hingegen schneiden Musiktheorie und Musikgeschichte im Ranking der Schülerinnen und Schüler ab. Noch beliebter als «Singen / Musik machen» ist allerdings «Musik hören». Was bedeuten diese Resultate für den Unterricht? Eine vordergründige Konsequenz wäre: Musik machen statt Musik studieren! Dieter Ringli schlägt einen anderen Ansatz vor, der sich nach dem Primat der Handlungs- und Schülerorientierung richtet: «Die Lust am Singen nutzen und mit Musiktheorie verbinden!» Wie das geht? Die Schülerinnen und Schüler (SuS) erarbeiten einen Popsong: eigenes Arrangement erstellen, Rhythmen (body)perkussiv zum Grooven bringen, Gesangslinien finden, Begleitungen harmonisieren, Texte schreiben – die Lösungsversuche praktisch-handwerklicher Probleme führen gleichsam intrinsisch zur Musiktheorie, die nun praktisch nützlich ist. Die Untersuchung zeigt weiter, dass selbstgesteuertes Arbeiten in kleinen Gruppen für die SuS sehr motivierend ist.

Welche Konsequenzen haben diese Forschungseinsichten für die Rolle und Aufgaben der Musikunterrichtenden? Und was bedeuten sie für deren Ausbildung? Jürg Zurmühle skizziert ein «Rahmenmodell für Unterrichtskonzepte für den schulischen Musikunterricht in Kindergarten und Primarschule», das produktive Spannungsfelder zwischen Offenheit und Strukturiertheit, Prozess- und Produktorientierung sowie konstruktivistischem und rezeptivem Lernen öffnet. Durch die Balance antinomischer Bedürfnisse bietet das Modell eine Orientierungshilfe für die Planung und Durchführung von Musikunterricht und erlaubt die Setzung ganz unterschiedlicher Schwerpunkte im schulischen Dreieck von Musik, Lehren und Lernen.

Zum Abschluss des Buches folgt noch ein Blick über unseren zweisprachigen Tellerrand hinaus, denn: Musik ist global; Musikkulturen aber sind lokal. Und die Musikpädagogik? Alexandra Kertz-Welzel meint in ihrem Beitrag, dass gerade im «Kontext der Internationalisierung und Globalisierung von musikpädagogischen Unterrichts- und Wissenschaftskulturen» eine kultursensible, die verschiedenen Traditionen berücksichtigende Musikpädagogik gefragt ist. Zwar sind musikpädagogische Konzepte wie das Orff-Schulwerk oder die Methoden von Suzuki und Dalcroze rund um die Welt bekannt. Neuere Ansätze kommen jedoch vorwiegend aus dem anglo-amerikanischen Raum. Kertz-Welzel, selber jahrelang in den USA forschend, fragt, ob wir uns mit dieser Dominanz in der musikpädagogischen Forschung abfinden müssen. Nein, denn Musikpädagogik sei zwar ein globales Fachgebiet und Englisch die Lingua franca, das Grundprinzip eines «transnationalen Austausches» sei aber die Diversität. Hilfreich ist an dieser Stelle der Hinweis auf https://www.isme.org, die International Society für Music Education. Anzufügen wäre noch https://eas-music.org, die European Association of Music in Schools, die jährlich spannende Treffen organisiert und zum Austausch einlädt.

Kulturen der Schulmusik in der Schweiz bringt zehn engagierte und profund recherchierte Beiträge – und regt in viele Richtungen zum Mitdenken an. Gehört in jede Schulmusikstube.

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Kulturen der Schulmusik in der Schweiz – Les cultures de l’enseignement musical à l’école en Suisse, Hg./éd. Jürg Huber, Marc-Antoine Camp, Olivier Blanchard, Sabine Chatelain, François Joliat, Regula Steiner, Jürg Zurmühle, 200 S., Fr. 38.00, Chronos, Zürich 2021, ISBN 978-3-0340-1627-8

«Taurus»-Gala erstmals in der Schweiz

Am 24. September 2022 wird die Europäische Kulturpreisgala zur Verleihung des «Taurus» in der Tonhalle Zürich zu Gast sein. Der Preis ist eine der wichtigsten Auszeichnungen Europas und wird zum ersten Mal in der Schweiz verliehen.

Mit dem Taurus-Award werden Persönlichkeiten, Initiativen, Künstler, Politiker und Institutionen für ihre herausragenden Verdienste und Leistungen um und für Europa und die Menschen Europas geehrt. In den letzten Jahren waren das unter anderem die Tenöre Thomas Hampson, René Pape, Piotr Beczala und die Sopranistin Nina Stemme, das Jugendorchester der Europäischen Union, die Wiener Staatsoper sowie Dirigentin Simone Young.

Gastgeber des Abends ist das Tonhalle-Orchester Zürich unter der Leitung seines Musikdirektors Paavo Järvi. Auftreten werden unter anderem die Cellistin Sol Gabetta, die Wagner- und Strauss-Interpretin Camilla Nylund, der Bassbariton Bryn Terfel und der Geiger Nigel Kennedy.

«Taurus»-Gala erstmals in der Schweiz

Am 24. September 2022 wird die Europäische Kulturpreisgala zur Verleihung des «Taurus» in der Tonhalle Zürich zu Gast sein. Der Preis ist eine der wichtigsten Auszeichnungen Europas und wird zum ersten Mal in der Schweiz verliehen.

Tonhalle-Orchester Zürich. Foto: Gaëtan Bally

Mit dem Taurus-Award werden Persönlichkeiten, Initiativen, Künstler, Politiker und Institutionen für ihre herausragenden Verdienste und Leistungen um und für Europa und die Menschen Europas geehrt. In den letzten Jahren waren das unter anderem die Tenöre Thomas Hampson, René Pape, Piotr Beczala und die Sopranistin Nina Stemme, das Jugendorchester der Europäischen Union, die Wiener Staatsoper sowie Dirigentin Simone Young.

Gastgeber des Abends ist das Tonhalle-Orchester Zürich unter der Leitung seines Musikdirektors Paavo Järvi. Auftreten werden unter anderem die Cellistin Sol Gabetta, die Wagner- und Strauss-Interpretin Camilla Nylund, der Bassbariton Bryn Terfel und der Geiger Nigel Kennedy.

«Presenza» mit Sol Gabetta

Unter der künstlerischen Leitung von Sol Gabetta findet vom 3. bis 5. Juni erstmals das Festival «Presenza» im LAC Lugano statt. Es will klassisches Repertoire in neue Zusammenhänge setzen.

Sol Gabetta beim Proben im LAC Lugano. Foto: Luca Sangiorgi,Foto: Kaupo Kikkas,SMPV

Das moderne Luganeser Kulturzentrum, die Heimstätte des Orchestra della Svizzera italiana (OSI), bietet den Rahmen für die Inszenierung und Visualisierung von bekannten Werken. Das OSI hat der argentinischen Cellistin und Wahlschweizerin, die am Festival auch als Interpretin zu hören ist, eine Carte blanche für «das Festival Presenza» gewährt. Es ist auf mehrere Jahre angelegt.

Der Kurator Balthazar Soulier setzt die von der künstlerischen Leiterin Sol Gabetta programmierten Werke in Szene. Bekannte Cello-Konzerte werden dabei mit wenig aufgeführten Stücken kombiniert. Ziel ist, gewohnte Konzertabläufe zu durchbrechen und eine theatralische Dimension zu schaffen.

«Wir sind überzeugt, dass bereits kleinere Anpassungen des klassischen ‹Konzert-Rituals› und des Programms eine grosse Wirkung haben können», wird Sol Gabetta in der Medienmitteilung vom 22. Mai zitiert. «Was das Repertoire betrifft, werde ich mit dem OSI Cellostücke aus dem 19. Jahrhundert wiederbeleben. Darunter Werke, die von populären Opernarien inspiriert wurden, leider in Vergessenheit geraten sind und heute kaum mehr gespielt werden. Dabei agiere ich nicht als klassische Solistin, sondern integriere mich voll und ganz ins Orchester und werde Teil eines neuen musikalischen Erlebnisses.»

https://www.osi.swiss/presenza
 

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Das Orchestra della Svizzera italiana vor dem Kulturzentrum LAC in Lugano

Soziale Konzerterlebnisse dank virtueller Realität

Die Technische Universität Chemnitz entwickelt mit Partnerinnen und Partnern eine soziale Virtual-Reality-Anwendung (VR) zum gemeinsamen Erleben von Konzerten und Theateraufführungen abseits von TV und Live-Stream.

Foto: Maxim Hopman/unsplash.com (s. unten),SMPV

Mit Virtual Reality (VR) soll das Erlebnis von kulturellen Live-Shows nun zum ersten Mal von der Bühne nach Hause gebracht werden können. Ein Projektverbund entwickelt dazu derzeit eine VR-Anwendung, die Bühneninhalte live und dreidimensional in virtuelle Veranstaltungsräume überträgt, die von interessierten Personen als Avatare gemeinsam besucht werden können.

Neben der TU Chemnitz sind das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS aus Erlangen, Die Etagen GmbH aus Osnabrück, die YOUSE GmbH Berlin sowie die point omega AG aus Heidelberg am Forschungsprojekt beteiligt.

Homepage des Projektes: www.socialstagevr.de

 

Erfolg für Kamisarau in Cantú

Raman Kamisarau hat am 30. Concorso Internazionale per Pianoforte ed Orchestra in Cantù (Italien) mit seiner Interpretation des 2. Klavierkonzertes von Rachmaninow den 1. Preis gewonnen.

Raman Kamisarau bei der Preisübergabe. Foto: Berner Fachhochschule

Der weissrussische Student der Hochschule der Künste Bern (HKB) lebt seit 2018 in Bern. Er schloss das MA Music Performance Programm in der Klasse von Professor Tomasz Herbut mit Auszeichnung ab und studiert derzeit im MA Music Pedagogy Klassik. Während seiner Konzerttätigkeit ist Raman bereits in vielen Ländern Europas und Lateinamerikas aufgetreten und hat internationale Klavier- und Ensemblewettbewerbe gewonnen.

Am 30. Concorso Internationale per Pianoforte e Orchestra Città di Cantù trat Raman Kamisarau trat in der Kategorie Konzerte des 19. & 20. Jh mit Rachmaninows 2. Klavierkonzert, c-Moll, op.18, an.

ZHdK-Fagottstudierende brillieren

Minju Kim (1996), Kenichi Furuya und Minju Kim (1999) wurden am Wettbewerb des Internationalen Musikfestivals Prager Frühling (Pražské Jaro) mit den ersten drei Preisen ausgezeichnet.

v.l.n.r. Minju Kim (1999), Minju Kim (1996), Kenichi Furuya. Foto: Ivan Malý/Pražské Jaro

Die drei Ausgezeichneten studieren in der Klasse von Matthias Racz an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Der erste Preis ging an die 1996 geborene koreanische Fagottistin Minju Kim, der zweite an Kenichi Furuya aus Japan und der dritte an die 1999 geborene Fagottistin Minju Kim aus Korea. Alle drei erhielten neben den Hauptpreisen weitere Auszeichnungen.

Der Wettbewerb wird jedes Jahr im Mai in zwei Instrumentalkategorien durchgeführt. Teilnehmen können Musikerinnen und Musiker bis dreissig Jahre. Dieses Jahr war er für Klarinette und Fagott ausgeschrieben. Neben Geldpreisen sind Konzertauftritte zu gewinnen, darunter ein Auftritt am Festival Prager Frühling im Folgejahr.

2023 ist der Wettbewerb für Viola und Posaune ausgeschrieben, 2024 für Violine und Horn.
 

Ins Freie und zu Ende gebracht

Die Wittener Tage für neue Kammermusik im Abschiedsjahr des Festivalleiters – und mit gelungenen Schweizer Beiträgen von Lilian Beidler, Daniel Ott und Beat Furrer.

Witten ist nicht schön. Witten zeigt das typische Erscheinungsbild einer im Zweiten Weltkrieg stark zerstörten Ruhrgebiets-Stadt. Schneller Wiederaufbau hiess es in den Fünfzigerjahren. Ohne ästhetische oder stadtplanerische Rücksicht pflanzte man eine schmucklos-gerade Fussgängerzone ins Zentrum, drum herum Neubauten und halt diverse Industriehallen. Aber trotz aller Tristesse: Man findet sie, die kleinen Oasen, in diesem Städtchen mit etwa 100 000 Einwohnern. Dazu gehört ganz bestimmt der Wittener Schwesternpark. Seit Beginn des 20. Jahrhunderts bot dieser verwunschene Park Krankenschwestern Entspannung, auch ein Stück Heimat. Hier konnten sie flanieren auf verschlungenen Wegen, sich auf die Wiesen legen, Fangen spielen, lachen, einfach Spass haben.

Schon im letzten Jahr standen Klanginstallationen im Schwesternpark auf dem Programm der Wittener Tage für neue Kammermusik. Es waren Lockdown-Zeiten und die sicher gut gemeinte Radioübertragung inklusive Moderation konnte nur einen schalen Eindruck von dem vermitteln, was diesmal in aller Pracht sich entfaltet: Da sind die Musiker, die sich in Daniel Otts Raum-Interventionen Schwesternpark Fragmente frei durch den Park bewegen. Sie spielen sich scheinbar die Bälle zu, lassen dabei der Stille Raum und treten manchmal in Kontakt mit im Park verstreuten Vokalisten.

Stimmen aus der Unterwelt

Otts Kollegin, Lilian Beidler, ebenfalls aus der Schweiz, zeigt im Schwesternpark ihre besondere Arbeit namens Lustwurzeln und Traumrinden. Wie aus dem Nichts hört das Publikum bei bestem Sonnenwetter allerhand Insektenlaute. Sicher könnten diese auch live aus der Natur kommen. Als jedoch ein weibliches Lachen und Kichern zu hören ist, wird man skeptisch. In der Tat kommen die Stimmen und Geräusche aus der Erde, wo Beidler ihre Lautsprecher unter einer Torfschicht versteckt hat. Die 1982 in Bern Geborene stellt sich offenbar vor, wie die Schwestern im Park ihren Spass hatten. Das hat aber nicht nur eine humorige, sondern auch eine geheimnisvolle Note. Irgendwann taucht mal ein tieferes «Buhu» aus den Lautsprechern auf: Ja, Stimmen aus der Unterwelt.

Altmeister zum Abschied

Es ist ein besonderer «Wittener Jahrgang». 33 Jahre lang leitete Harry Vogt das Festival. Er verlagerte viel in die freie Natur mit manchmal sensationellem Erfolg, etwa Manos Tsangaris’ «Hörfilm» Schwalbe, wo Musiker auf einem Ausflugsschiff auf der Ruhr spielten. Vogt betont, dass er das – in Kammermusik eingeschriebene – Thema «Dialoge» ausweiten wollte: hin zu Dialogen mit der Natur, aber auch hin zu einem verstärkten Dialog mit Interpreten, der sich als besonders fruchtbar erwies. Sehr gute Musiker, die Nähe zur Musik, auch eine gewisse (und berechtigte) Skepsis gegenüber manchen Moden waren Markenzeichen des verdienten Festivalleiters, der sich nun verabschiedet.

Jahrelang musste Vogt sich offenbar gedulden bis zu der mit grosser Spannung erwarteten Uraufführung des Trios des mittlerweile 86-jährigen Helmut Lachenmann. Nun spielen die drei unfassbar versierten Streicherinnen des Trio Recherche also endlich das Streichtrio Nr. 2. Seinem ästhetischen Credo, der Definition von «Schönheit als Verweigerung», bleibt Lachenmann treu. Oft tonlos bestreichen die Musikerinnen die Saiten vorsichtigst mit dem Holz. Aus dem kaum vernehmbaren – dafür umso intensiveren – rauschenden Pianissimo kommen urplötzlich laute Attacken in Form von sich überschlagenden, dichten, kaum mehr zu entwirrenden Linien. Aufsehen erregend, wie frisch und dramaturgisch perfekt der «Altmeister Lachenmann» noch klingt!

Ein steter, immer wiederkehrender Wittener Gast ist der 1954 in Schaffhausen geborene Beat Furrer. Ideen zu seinem Trio kursieren offenbar – so Furrer im Programmbuch – auch schon zwanzig Jahre. Nun heisst es schlicht in’s Offene und ist dem Trio Accanto mit Markus Weiss (Saxofon), Nicolas Hodges (Klavier) und Christian Dierstein (Schlagzeug) auf den Leib geschrieben. Vom einfachen Unisono geht Furrer aus. Zunehmend entfernen sich die Partien voneinander bis hin zu einer fulminanten, fast autistisch anmutenden Virtuosität insbesondere des Saxofons. Virtuos ist auch das kompositorische Handwerk. Furrer fängt das sich zerfransende Trio immer wieder ein. Am Ende klingt es nach all den Entfernungen vielleicht nicht schön, aber schlüssig – und gibt diesem fantastischen Wittener Abschiedsjahrgang eine weitere, ganz besondere Note.

Swiss Jazz Award 2022 geht an Quinn

Das Jazz Ascona Festival verleiht den Swiss Jazz Award 2022 an den jungen Tessiner Trompeter Nolan Quinn.

Nolan Quinn (Foto: zVg)

Der 1996 in Lugano geborene und aufgewachsene Trompeter, Komponist und Produzent Quinn habe sich durch seine stilistische Vielseitigkeit und sein Verständnis der Jazzsprache einen Namen gemacht, heisst es in der Medienmitteilung. Nolan Quinn begann im Alter von neun Jahren Trompete zu spielen. Nach einem klassischen Studium schloss er 2014 in Bern das Master of Arts in Music Performance Jazz ab. Seitdem hat er über fünfhundert Live-Auftritte für eine Vielzahl von Produktionen, Fernseh- und Radiosendungen verzeichnet – mit Tourneen, die ihn durch Europa und den USA geführt haben.

Dabei ist er mit vielen international anerkannten Instrumentalisten und Sängern auf der Bühne gestanden, darunter Paul Anka, DJ Bobo, Tony Momrelle, Roberto Blades, Frank Dellé, Rick Margitza, Lutz Häfner und Guillermo Klein. In der Schweiz arbeitet er seit vielen Jahren mit dem Swiss Jazz Orchestra, der Swiss Army Big Band und als erste Trompete in Musicalproduktionen am Theater St. Gallen und den Thunerseespielen zusammen.

Der Swiss Jazz Award, der bereits an Musiker wie Pepe Lienhard, Raphael Jost, Bruno Spoerri, Franco Ambrosetti oder, im Jahr 2019, an die verstorbene Othella Dallas ging, wird dieses Jahr wieder im Rahmen des JazzAscona Festivals verliehen.

Prix Serdang erstmals vergeben

Der 25-jährige britische Pianist Martin James Bartlett ist erster Preisträger des neugeschaffenen und mit 50’000 Franken dotierten Solothurner Klavierpreises «Prix Serdang». Ausgewählt werden die Ausgezeichneten vom Pianisten Rudolf Buchbinder.

Die Idee des «Prix Serdang» ist laut der Medienmitteilung in der Pandemiezeit entstanden und dient zur «Förderung und Erhalt des künstlerischen Schaffens». Er soll ab 2022 jährlich vergeben werden. Kurator Rudolf Buchbinder empfiehlt maximal drei junge Talente. Die Wahl wird letztlich vom Initiator Adrian Flury und dem Kulturmanager Thomas Pfiffner getroffen.

Martin James Bartlett begann seine musikalische Ausbildung im Alter von sechs Jahren. Sein erster öffentlicher Erfolg war der Gewinn des BBC Young Musician of the Year im Jahr 2014. Im folgenden Jahr gab er sein Debüt bei den BBC Proms mit dem Royal Philharmonic Orchestra. 2021 schloss er sein Studium am Royal College of Music ab.

Die Villa Serdang in Feldbrunnen bei Solothurn, ursprünglich im Jahre 1644 erbaut und im Jahre 1892 als Jugendstilvilla umgebaut, wird seit der Renovation 2012 als Begegnungsstätte für kulturelle Zwecke betrieben. Der Prix Serdang wird dort erstmals am 2. Juli 2022 im Rahmen eines Rezitals übergeben.

Musiktherapie lindert Folgen von Autismus

Eine aktuelle Cochrane Review findet Hinweise auf eine Reihe günstiger Effekte von Musiktherapie bei autistischen Menschen.

Foto (Symbolbild) Noah Silliman/unsplash.com (s. unten),SMPV

Musiktherapie führt im Vergleich zu Placebo-Therapie oder Standardbehandlung wahrscheinlich zu einer Verbesserung der Gesamtsymptomatik bis zum Ende der Therapie (GRADE-Bewertung der Vertrauenswürdigkeit der Evidenz: moderat). Sie trägt wahrscheinlich auch dazu bei, die Lebensqualität zu verbessern und einzelne Symptome zu lindern.

Musiktherapie führt dabei wahrscheinlich nicht zu unerwünschten Ereignissen. Aus der Evidenz lässt sich nicht ablesen, ob Musiktherapie die soziale Interaktion sowie verbale und nonverbale Kommunikation bis zum Ende der Therapie verbessert. Es bleiben etliche offene Forschungsfragen, insbesondere zur längerfristigen Wirkung von Musiktherapie.

Originalpublikation:
Geretsegger M, Fusar-Poli L, Elefant C, Mössler KA, Vitale G, Gold C. Music therapy for autistic people. Cochrane Database of Systematic Reviews 2022, Issue 5. Art. No.: CD004381. DOI: 10.1002/14651858.CD004381.pub4.

Sobotka wechselt von Bregenz nach Berlin

Die Bregenzer Festspielintendantin Elisabeth Sobotka wechselt im Herbst 2024 nach Berlin. Sie übernimmt die Intendanz der Staatsoper Unter den Linden. Die frei werdende Position in Bregenz soll nach dem kommenden Festspielsommer zur Neubesetzung ausgeschrieben werden.

Die erste Festspielsaison der neuen Intendantin oder des neuen Intendanten ist laut der Mitteilung des Bregenzer Festspielhauses somit im Sommer 2025, die erste Neuproduktion des Spiels auf dem See unter der neuen künstlerischen Leitung wird im Sommer 2026 sein. Nach dem Spiel auf dem See Madame Butterfly der Jahre 2022 und 2023 steht in den Sommern 2024 und 2025 Carl Maria von Webers Der Freischütz in der Regie von Rigoletto-Regisseur Philipp Stölzl auf dem Programm.

Sobotkas Vorgänger in Berlin, Matthias Schulz, übernimmt mit dem Beginn der Saison 2025/26 das Amt des Intendanten des Opernhauses Zürich.

Sobotka wechselt von Bregenz nach Berlin

Die Bregenzer Festspielintendantin Elisabeth Sobotka wechselt im Herbst 2024 nach Berlin. Sie übernimmt die Intendanz der Staatsoper Unter den Linden. Die frei werdende Position in Bregenz soll nach dem kommenden Festspielsommer zur Neubesetzung ausgeschrieben werden.

Elisabeth Sobotka. Foto: Bregenzer Festspiele/Anja Köhler

Die erste Festspielsaison der neuen Intendantin oder des neuen Intendanten ist laut der Mitteilung des Bregenzer Festspielhauses somit im Sommer 2025, die erste Neuproduktion des Spiels auf dem See unter der neuen künstlerischen Leitung wird im Sommer 2026 sein. Nach dem Spiel auf dem See Madame Butterfly der Jahre 2022 und 2023 steht in den Sommern 2024 und 2025 Carl Maria von Webers Der Freischütz in der Regie von Rigoletto-Regisseur Philipp Stölzl auf dem Programm.

Sobotkas Vorgänger in Berlin, Matthias Schulz, übernimmt mit dem Beginn der Saison 2025/26 das Amt des Intendanten des Opernhauses Zürich.

Frauen im Musikbusiness

Vom 18. bis 22. Mai erhalten junge Jazzmusikerinnen mit dem Programm Sofia bereits zum 5. Mal vielfältige Unterstützung für ihre Karriere.

Die sechs Teilnehmerinnen des diesjährigen Sofia-Programms. Fotocollage: Sofia 2022

Das von Nicole Johänntgen gegründete und 2014 erstmals durchgeführte Programm Sofia (Support of Female Improvising Artists) findet alle zwei Jahre statt. Es bietet jungen Musikerinnen die Möglichkeit zur künstlerischen Profilierung und fördert ihre Vernetzung und Selbstvermarktung. Die diesjährigen sechs von einer Jury ausgewählten Musikerinnen nehmen aktiv an zahlreichen Workshops teil, die auch von Publikum besucht werden können. Wer zuhören möchte, meldet sich, auch kurzfristig, per Mail an und erhält die genauen Angaben, wo die einzelnen Workshops stattfinden: hello@SOFIA-Musicnetwork.com

Ausserordentlich dieses Jahr: Am Samstag, 21. Mai, jammt die Ukrainian Youth Jazz Band zusammen mit den Workshopteilnehmerinnen ab 12 Uhr in der Villa Schneckenmann in Zürich.
 

Frauen im Musikbusiness

Vom 18. bis 22. Mai erhalten junge Jazzmusikerinnen mit dem Programm Sofia bereits zum 5. Mal vielfältige Unterstützung für ihre Karriere.

Die sechs Teilnehmerinnen des diesjährigen Sofia-Programms. Fotocollage: Sofia 2022,SMPV

Das von Nicole Johänntgen gegründete und 2014 erstmals durchgeführte Programm Sofia (Support of Female Improvising Artists) findet alle zwei Jahre statt. Es bietet jungen Musikerinnen die Möglichkeit zur künstlerischen Profilierung und fördert ihre Vernetzung und Selbstvermarktung. Die diesjährigen sechs von einer Jury ausgewählten Musikerinnen nehmen aktiv an zahlreichen Workshops teil, die auch von Publikum besucht werden können. Wer zuhören möchte, meldet sich, auch kurzfristig, per Mail an und erhält die genauen Angaben, wo die einzelnen Workshops stattfinden: hello@SOFIA-Musicnetwork.com

Ausserordentlich dieses Jahr: Am Samstag, 21. Mai, jammt die Ukrainian Youth Jazz Band zusammen mit den Workshopteilnehmerinnen ab 12 Uhr in der Villa Schneckenmann in Zürich.
 

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