1 Feuerwerk und 2–3 Nischen

Mit einem farbigen musikalischen Feuerwerk wurde der Wettbewerb 2022 abgeschlossen. Für 2023 gibt es mindestens zweieinhalb neue Formate zu entdecken.

Heinrich Baumgartner — Ein buntes musikalisches Feuerwerk auf extrem hohem Niveau wurde am 1. Mai im Grossen Saal von Musikschule Konservatorium Zürich an der Florhof-gasse zum Abschluss der diesjährigen Ausgabe des Schweizerischen Musikwettbewerbs gezündet.

Neunundzwanzig Einzel- und Ensemble-Preisträger*innen aus allen vier Alterskategorien brachten in einem so ausführlichen wie abwechslungsreichen Programm Musik von Haydn bis Wieniawski, von Saint-Saëns bis Schubert, von Karg-Elert bis Brahms, von Piazzolla bis Bach, aber auch viel Musik aus dem 20. Jahrhundert – teils Musik für den Unterricht komponiert, aber durchaus konzerttauglich – von Keiko Abe, Gene Koshinski, Deborah Henson-Conant, Felix Holler, Greg Pattillo, Gilles Silvestrini, Fuminori Tanada und die Eigenkomposition eines elfjährigen Wettbewerbteilnehmers zur Aufführung.

Zwischen dem ersten Satz eines Haydn-Streichquartetts, das den Marathon eröffnete und dem Geiger, der mit einer feurigen Paraphrase über Rossini’s Barbier von Sevilla vier Stunden später das Publikum in bester Laune in den sonnigen Sonntag-Nachmittag entliess, formte Musik auf dem Klavier, der Blockflöte, der Harfe, dem Fagottino, dem Kontrabass, dem Marimbaphon, der Snare Drum, der Klarinette, der Querflöte, dem Sopransaxophon, der Oboe und dem Englischhorn sowie ein Sänger zu einem Programm mit vielen Überraschungen und durchwegs hohem künstlerischem Niveau. Zur guten Atmosphäre beigetragen hat auch der leckere Apero, der zwischen den beiden Programmhälften Publikum, Auftretende und Helfer*innen erwartete.

Obwohl in diesem Feuerwerk auch ein Blues auf der Keltischen Harfe nicht fehlte und eine Preisträgerin auf der Querflöte beatboxte, Solostücke für Snare Drum und Marimbaphon im landläufigen Sinn wenig «klassisch» klangen, handelte es sich bei diesem Konzert um das «Finale Classica». Auf der Startseite der Homepage des Musikwettbewerbs steht «Classica» zwar zu oberst, «Jazz & Pop», «Free Space» und «Composition» stehen aber gleich gross daneben.

Dies bildet allerdings für das Finale des Wettbewerbs nicht ganz die tatsächlichen Verhältnisse ab: Neben den hunderten von Anmeldungen im Bereich Classica, gingen bei den Kompositionen gerade mal ein Dutzend Werke ein, bei Free Space und Jazz & Pop meldeten sich noch weniger an. An den Bedingungen kann es nicht gelegen haben. Am Finale des Bereichs Jazz& Pop wurden am 9. April im BeJazz-Club in Bern drei Acts präsentiert, die unterschiedlicher nicht hätten sein können. Ein Kontrabassist gestaltete zusammen mit seiner Sampling-Machine einen Soloauftritt eines Thelonious Monk-Tunes von erster Güte. Darauf war der Popsong einer Teilnehmenden zu hören, die ihn stimmlich berührend darbot und sich am Klavier selber begleitete. Zum Abschluss trat nochmals der Kontrabassist auf, allerdings diesmal als Teil einer achtköpfigen Band, die Standards und eine Ballade des Bassisten vortrugen und auch ausführlich Raum für Improvisationen nutzten. Trotz der wenigen Teilnehmenden wirkte der Anlass weniger wie ein Wettbewerb, als wie ein reguläres Konzert in einem Jazzclub. Durch die Zusammenarbeit mit der Musikschule Bern waren die Vorspiele des Musikwettbewerbs, die unter dem Titel Come Together stattfanden, gut eingebettet.

Die Vorspiele von Free Space und Komposition fanden am 29. April in der Aula des Schulhauses Hirschengraben in Zürich statt. Und auch hier war viel Erstaunliches und Erfreuliches zu hören und zu erleben. Von der freien Improvisation am Klavier über die erstaunlich konzisen Klavierstücke mit klingenden Namen wie Tropfsteinhöhlen, Himmelsleiter oder Die wundersame Welt der Elfen und Trolle frisch und virtuos vorgetragen von den Komponierenden bis zum Musiktheater mit fünf Mitwirkenden, die unter dem Titel L’escargot furieux einen Mix aus Nino Rota, Chanson und französischem Rap mit einer Prise Zappa darbrachten. Eröffnet wurde das Free Space-Vorspiel durch ein Stück für zehn Trompetenspielende, die ihr Stück inmitten des Publikums darbrachten.

Jazz&Pop und Free Space& Komposition sind zwei spannende neue «Spielfelder», zwei Nischen des Schweizerischen Musikwettbewerbs, die durchaus das Potential haben, den gesamten Wettbewerb weiterzuentwickeln. Die Komposition eines jungen Teilnehmenden hat es ins Programm des klassischen Finals geschafft und ist neben den anderen Programmpunkten absolut nicht abgefallen. Voraussetzung dass diese spannenden Gefässe ihr volles Potential ausschöpfen können, ist dass sie jeden Berührungspunkt mit dem Klassik-Bereich zum Austausch nutzen, und das ist erst möglich, wenn diese Gefässe bei Teilnehmenden wie auch bei den Lehrpersonen bekannter und beliebter werden. Idee und Teilnahmebedingungen sind auf der Internetseite des Wettbewerbs beschrieben. Bei Fragen hilft auch gerne die Geschäftsstelle weiter.

25 Jahre Engagement für gesundes Musizieren

Bei körperlichen oder seelischen Beeinträchtigungen des Musizierens bietet die SMM Beratung an. Wie läuft diese ab?

SMM — Sie sind Musikerin oder Musiker und suchen Unterstützung in Fragen der Gesundheit? Für eine Beratung können Sie per Mail bei der Beratungsstelle der Schweizerischen Gesellschaft für Musik-Medizin (SMM) um Kontaktnahme bitten (siehe Kästchen) und dazu eine Telefonnummer oder Mail-Adresse hinterlegen. Sie werden innert ein bis zwei Werktagen kontaktiert. Die Beratungen durch die SMM kosten nichts, sind vertraulich und unverbindlich. Sie können von Betroffenen aller Stilarten, sei es Klassik, Jazz, Pop, Volksmusik oder weiteren Stilen, in Anspruch genommen werden. Vor allem die ersten Schritte im Beratungsprozess unterscheiden sich nicht. Anatomische, physiologische und emotionale Gegebenheiten sind letztlich für alle diesselben.

In dem Mail können Sie, wenn Sie dies möchten, bereits darlegen, weshalb Sie die SMM kontaktieren. Es hilft unserer medizinischen Beraterin, sich auf das Gespräch vorzubereiten. Sie können aber auch ohne weitere Details einfach mitteilen, dass Sie eine Kontaktnahme wünschen. Gerne würden wir eine ständig besetzte und erreichbare Hotline anbieten. Allerdings würde eine solche die Ressourcen der Gesellschaft bei weitem übersteigen. Unsere Erstberaterin, eine äusserst erfahrene HNO-Spezialistin ist im Praxisalltag als Ärztin und kann deshalb Telefonate nicht jederzeit entgegennehmen.

Ist für Sie ein telefonischer Erstkontakt aus welchen Gründen auch immer dennoch die einzige Wahl, können Sie zunächst unser Sekre-tariat kontaktieren. Unser Sekre-tär Pascal Widmer wird Sie gerne über weitere Schritte informieren,ist allerdings nicht medizinischer Fachmann. Die Sekretariats-Tele-fonnummer können Sie ebenfalls einem Kästchen unten auf dieser Seite entnehmen. Aus Gründen des Arztgeheimnisses sollten Sie sich im Kontakt mit unserem Sekretär auf Fragen des formellen Vorgehens beschränken.

Unsere Beraterin hört Ihnen in einem Erstgespräch zu, schätzt Ihre Situation und Beschwerden ein und empfiehlt Ihnen gegebenenfalls weitere Abklärungen oder Behandlungen, wenn möglich in ihrer Wohnregion. Über weitere Schritte entscheiden Sie selbstbestimmt und alleine. Ihre Daten werden von der SMM nicht abgespeichert und schon gar nicht weitergegeben.

Die SMM ist vor 25 Jahren ursprünglich als Basisorganisation von Hilfesuchenden gegründet worden, in einer Zeit, in der gesundheitliche Herausforderungen im Musizieralltag noch stärker tabuisiert waren als heute und es in der Schweiz keine spezialisierten musikermedizinischen Fachkräfte gab. Im seither vergangenen Vierteljahrhundert hat sie in der Schweiz ein Netzwerk an Spezialistinnen und Spezialisten in Medizin und zahlreichen Therapieformen aufgebaut. So will sie verhindern, dass spezifische musikermedizinische Phänomene nicht übersehen oder falsch behandelt werden.

Die SMM verfolgt ausschliesslich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Sie arbeitet eng mit internationalen Fachgesellschaften auf dem Gebiet der Musikermedizin zusammen. Die Mitglieder sind Musiker, Ärztinnen, Psychologen, Therapeutinnen, Institutionen sowie Fördermitglieder und Gönner. Die Fachleute unserer Beratungsstelle sind von allen Institutionen (Orchester, Musikhochschulen, Verbände und so weiter) unabhängig. Sie haben keine finanzielle Interessen und favorisieren auch keine Therapieformen.

Wir freuen uns auch über ein allgmeines Interesse an den medizinischen Aspekten des Musizierens. Eine Mitgliedschaft in der SMM nützt Musikern und Musikern und der Musik und trägt dazu bei, dass Menschen auch in dieser stark kompetitiven Berufswelt gesund bleiben und die Musik als Quelle der Freude erhalten können.

Unverwechselbare Atmosphäre

1919 schrieb Egon Wellesz seine «Sechs Klavierstücke» op. 26. Nun sind sie erstmals gedruckt greifbar.

«Ich fühlte mich nie gedrängt, wenn ich zu komponieren begann, denn wenn mich ein Vorwurf fesselte, so war ich völlig im Bann der Ideen und schrieb meine Musik, ohne mich von etwas anderem aufhalten zu lassen.»

Egon Wellesz (1885–1974) war zeitlebens ein unabhängiger Geist. Sein mehr als hundert Opuszahlen umfassender Werkkatalog zeugt davon. Nebst viel Kammermusik und zahlreichen Sinfonien finden sich darin nicht weniger als elf Bühnenwerke. Stilistisch liess sich Wellesz nie festlegen. Seine frühen Drei Skizzen für Klavier op. 6 sind beispielsweise radikaler als alles, was sein Lehrmeister Arnold Schönberg bis zu diesem Zeitpunkt komponiert hatte. Andererseits bewegt sich sein Klavierkonzert op. 46 von 1931 in einem Feld zwischen Neobarock und Postromantik. Seine in England entstandenen neun Sinfonien bedeuteten für ihn «eine geistige Rückkehr zu seinen grossen Ahnen», was ihm seitens der Avantgarde heftige Kritik einbrachte.

Die Sechs Klavierstücke op. 26 hat nun die Universal Edition mehr als hundert Jahre nach ihrer Entstehung erstmals veröffentlicht. Auch sie zeigen, wie eigenständig Wellesz mit der Harmonik umgeht und wie er in der Lage ist, mit wenigen Noten sofort eine unverwechselbare Atmosphäre zu kreieren. Dies gilt ganz besonders für die beiden meditativen Nr. 1 (Tranquillo) und Nr. 3 (Lento). In Nr. 2 und Nr. 4 dominiert dagegen das spielfreudige, tänzerische Element.

Auch pianistisch sind die kurzen Stücke abwechslungsreich, jedoch im Allgemeinen recht anspruchslos. Nr. 4 erfordert allerdings eine flinke rechte Hand, wenn das vorgeschriebene Tempo auch realisiert werden soll. Und in Nr. 6 sind grosse Hände von Vorteil, falls man die weitgriffigen Akkorde in ihrer dramatischen Wirkung nicht durch Arpeggieren mildern möchte. Gerade dieses Stück weist über das Klavier hinaus; und Wellesz hat das thematische Material später auch für seine Oper Alkestis verwendet.

Im Anhang dieser Erstausgabe findet sich noch ein weiteres Klavierstück zu Opus 26, dessen Schicksal genau das gegenteilige war. Wellesz hat es aus nicht ganz unverständlichen Gründen verworfen. Hier sind die musikalischen Ideen tatsächlich zu kurzatmig, der Funke will nicht so recht springen.

Insgesamt sind die Sechs Klavierstücke op. 26 aber «definitiv eine Bereicherung der Klavierliteratur der Wiener Schule», wie Herausgeber Hannes Heher im Vorwort zu Recht feststellt.

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Egon Wellesz: Sechs Klavierstücke op. 26, Erstausgabe von Hannes Heher, UE 38225, € 19.95, Universal Edition, Wien

Bild oben: Vossische Zeitung vom 22. November 1924 / wikimedia commons

Komponieren wie Brotbacken

Ein Sammelband stellt Henri Vieuxtemps’ Werke für Violine und Klavier vor; in der Air Nr. 3 lässt sich die Kompositionskunst des Jugendlichen bewundern.

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Henri Vieuxtemps (1820–1881) war eine frühe Begabung. Das Air varié Nr. 3 schrieb er mit 13 Jahren: «Ich mache ein Air varié jeden Tag wie einen Laib Brot!» Die Introduktion des Stücks für Violine und Streichquartett oder Streichorchester hat dramatisch punktierte Aufstiege und Doppelschlag-Seufzer. Das schlichte Thema wird fünf Mal in verschiedenen Rhythmen und in Doppelgriffen durchgeführt und von viertaktigen kräftigen Tutti unterbrochen. Eine Coda beendet das Stück brillant.

Die hier vorliegende Version für Violine und Klavier ist hübsches Studienmaterial für junge Geigende mit meist akzeptablen Fingersätzen; das Klavier hat nur unterstützende Funktion. Das Vorwort geht auf Biografie und Werk ein und ist anregend, der kritische Bericht lässt dem Interpretierenden Freiraum für eigene Entscheidungen. Der Schweizer Verlag Kunzelmann hat in den letzten Monaten in verdienstvoller Weise noch etliche weitere Stücke für Violine und Orchester von Henri Vieuxtemps als Klavierauszüge veröffentlicht.

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In seinem späteren Leben konzertierte Vieuxtemps in Amerika, Europa und Russland, er war ein begabter Lehrer (Ysaïe, Hubay) und (immer noch) fleissiger Komponist. Nebst seinen Violinkonzerten und Streichquartetten hat er auch für Violine und Klavier geschrieben.

Die im umfangreichen Auswahl-Heft Henri Vieuxtemps Repertoire für mich herausragenden Stücke sind die 3 Romances sans paroles: Chant d’amour, Désespoir und Souvenir, die zwischen drei und vier Minuten dauern. Ihr Titelcharakter kommt deutlich zum Ausdruck und wird verstärkt durch pianistisch reiche Rhythmik und überraschende harmonische Wendungen. Die anderen längeren Stücke sind mit viel Virtuosität gespickt, an welcher auch das Klavier beteiligt ist. Lustig ist das dritte Morceau de salon: La Chasse, bei dem die G-Saite auf b hinaufgestimmt werden muss und so die notierten Töne eine Terz höher klingen. Das Vorwort schildert Vieuxtemps’ Leben und Verdienste und charakterisiert die im Heft enthaltenen Werke. Die Violinstimme hat Friedemann Eichhorn mit Fingersätzen und Bogenstrichen versehen. In der Klavierstimme ist die Solostimme so wie in den Erst- und Frühdrucken belassen.

Henri Vieuxtemps: Air varié Nr. 3, Ausgabe für Violine und Klavier, Erstdruck, hg. von Olaf Adler, GM-1954a, Fr. 14.00, Edition Kunzelmann, Adliswil

Henri Vieuxtemps Repertoire. Die schönsten Stücke für Violine und Klavier, hg. von Wolfgang Birtel und Friedemann Eichhorn, ED 22603, € 28,00, Schott, Mainz u.a.

Bild oben: Musée Wittert, Université de Liège; wikimedia commons

Referenz an Maurice Gendron

Der französische Cello-Virtuose hat nicht nur Adrien-François Servais’ «Grande Fantaisie» angereichert, sondern beispielsweise auch Tschaikowskys «Pezzo capriccioso».

Die Fantasien und Souvenirs des belgischen Virtuosen Adrien-François Servais (1807–1866) gehören zu den technisch anspruchsvollsten Werken des Cellorepertoires. Nicht umsonst wurde der Komponist auch Paganini des Cellos genannt, treiben doch seine Werke die Virtuosität bis an die Grenze des Möglichen. Ein grosser Erfolg war seiner 1843 geschriebenen und 1847 veröffentlichten Grande Fantaisie sur des motifs de l’opéra Le Barbier de Séville de G. Rossini op. 6 beschieden. Servais variiert darin beliebte Motive der populären Oper wie Buona sera, Ecco ridente in cielo oder La testa vi gira ma zitto, dottore.

1958 erstellte der französische Cellist Maurice Gendron (1920–1990) davon eine eigene Konzertfassung, in der er als Einleitung die Rossini-Arie Una voce poco fa einschob, die Tutti straffte, um dafür die Kadenzen auszuschmücken und schliesslich das Figaro-Thema als krönendes Finale variierte. So erhielt diese Pièce de genre eine persönliche Note des virtuosen Ausnahmekönners.

Gendron richtete zudem zahlreiche andere Werke berühmter Komponisten nach seinem Geschmack für die eigene Praxis ein. Er betrachtete deren Vorlagen nicht als starren Urtext, sondern als Basis für eine freie künstlerische Auseinandersetzung. Ein bekanntes Beispiel ist seine Fassung des Pezzo capriccioso op. 62 von Peter Tschaikowsky, erschienen bei Schott (CB 212).

Die Neuedition der Fantaisie op. 6 besorgte der Schweizer Cellist Walter Grimmer, der seinem Lehrer Maurice Gendron zu dessen 100. Geburtstag im Jahre 2020 eine Referenz erwies.

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Adrien-François Servais: Grande Fantaisie sur des motifs de l‘opéra Le Barbier de Séville de G. Rossini op. 6, version de concert de Maurice Gendron, révision Walter Grimmer, pour violoncelle et piano, GB 10263, ca. € 19.50, Editions Billaudot, Paris

Aufstrebende Gattung

Die Streichquartette von Johann Matthias Sperger gehören zu den zahlreichen Beiträgen, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhundert für diese eben aufgekommene Besetzung geschaffen wurden.

Die fünf Jahrzehnte zwischen Johann Sebastian Bachs Tod 1750 und Beethovens zukunftsweisenden sechs Streichquartetten op.18 gelten als primäre Entwicklungsphase und als Höhepunkt der quantitativen Produktion für das neue Genre der vier Streichinstrumente. Der Viererbund und die entsprechenden Werke waren derart populär, dass es kaum Komponisten gab, die sich nicht darin versucht hätten. Diese grandiose Phase des Suchens nach Expansion der Vierstimmigkeit, parallel zur ebenfalls mit Hochdruck nach neuen Ausdrucksformen suchenden Sinfonie, führte zu einer schwer überschaubaren Menge an Werken, von denen nur wenige regelmässig auf den Konzertbühnen zu hören sind. Unter den selten gespielten sind auch solche, deren Schöpfer klangvolle Namen haben wie beispielsweise Luigi Boccherini.

Der Auswahlprozess der Zeit liess aus diesem halben Jahrhundert neben Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart keinen einzigen weiteren Komponisten gleichrangig im Repertoire bestehen. Die Gründe sind vielfältig, auch bei qualitativ überdurchschnittlichen Erzeugnissen: die mangelnde Bandbreite eines Komponisten bezüglich der unterschiedlichen Gattungen; eine zahlenmässig kleine Produktion an Streichquartetten bzw. die Beschäftigung mit diesen über einen nur kurzen Zeitraum ohne Weiterentwicklung; die Beibehaltung eines einmal etablierten Stils; wenig oder keine Veröffentlichungen in Druck; geringe Aufmerksamkeit für einen Komponisten zu Lebzeiten oder ein unerwartet frühes Ableben. Und natürlich und zuallererst: die Abwesenheit eines individuellen Stils. Die seit dem Aufkommen der CD zahlreichen Neuveröffentlichungen auf Tonträgern schliessen erfreulicherweise viele Lücken, ebenso neue Editionen.

Die fünf im Schweriner Verlag Edition Massonneau verdienstvoll und in vorbildlicher Qualität herausgegebenen Quartette von Johann Matthias Sperger sind ein weiterer Beleg dafür, wie erfolgreich sich das Streichquartett im deutschsprachigen Raum etablierte. Insgesamt neun davon schrieb Sperger – sechs sind König Friedrich Wilhelm II. höchstpersönlich gewidmet –, der trotz seiner niederen Herkunft als Sohn eines «Küh-Halters» mittels seines aussergewöhnlichen Kontrabassspiels bis in die Vorzimmer der Mächtigen gelangte und ihnen sogar direkt zu Diensten wurde. Erst zu Spergers Zeit wurde es als Kontrabassist möglich, aus dem Schatten des ewigen Bassknechts zu treten und mit virtuoseren Kompositionen Aufmerksamkeit zu erregen. So liegt sein Augenmerk als Komponist auch besonders auf dem eigenen Instrument, das er mit zahlreichen Solokonzerten in den Fokus rückte und gleichzeitig die Spieltechnik erweiterte.

Dass ihm das Komponieren als Mittel zum eigenen Zweck nicht ausreichte, beweisen die Streichquartette, die ohne den Kontrabass auskommen. Komponiert 1788 und erschienen 1791, stehen sie zeitlich in unmittelbarer Nähe zu Mozarts Preussischen Quartetten und Haydns Opera 50 bis 64, zu jener Zeit also, als das Streichquartett in der Wiener Klassik Meisterwerke ersten Ranges hervorbrachte, die erst von Haydns Opus 76/77 und später Beethovens Erstlingen wieder in den Schatten gestellt wurden.

Kann Sperger auf Augenhöhe mit diesen Zeitgenossen konkurrieren? Sind seine hörbaren Versuche, Anschluss zu finden an die wohlbekannten Vorbilder, erfolgreich? Ja und Nein. Zunächst erreicht Sperger eine ohrenfällige Nähe, indem er die etablierten Stilmittel nutzt, die Themenfindung abwechslungsreich gestaltet und den klar vorgegebenen formalen Gesetzen der späten Klassik Folge leistet. Dabei hat man immer wieder das Gefühl, Ähnliches schon einmal gehört zu haben, ohne ein direktes Plagiat festzustellen. Man nimmt eine Verinnerlichung und Nutzung der gerade modischen Farbpalette wahr, die übrigens wunderbar zu unterhalten weiss. Worin Sperger scheitert, ist die Etablierung einer eigenständigen Musiksprache, aber auch, auf der Höhe seiner Zeit zu sein. Man stellt dies schon anhand der Dreisätzigkeit der Streichquartette fest, die Haydn bereits in seinen ersten vollgültigen Quartetten op. 9 (1769) nicht mehr nutzte, Mozart ab den sechs Wiener Quartetten KV 168 bis KV 173 (1773) verwarf. Viel bedeutender aber ist, wie sparsam Sperger die Themen verarbeitet, wie er nie zu einem vergleichbar durchdrungenen Satz findet, besonders auffällig in den knappen Durchführungen und Codas. Die Begleitfiguren der Mittelstimmen, ob nun zu erster Violine oder Cello, sind zuweilen schablonenhaft und harmonisch sehr vorhersehbar. Die Stimme der ersten Violine, die bei Haydn wahrlich akrobatisches Geschick erfordert, verlässt selten den Tonraum bis zur dritten Lage.

Trotz dieser eher rückwärtsgewandten Musiksprache sind seine Quartette sehr angenehm, heiter, eloquent und handwerklich perfekt gemacht. Für ein Laienensemble sind sie sehr gut spielbar, für Profis eine dankbare Musizierfreude prima vista, besonders in den volkstümlich mitreissenden Schlussrondi. In den langsamen Mittelsätzen schliesslich geht Sperger am tiefsten, kostet er sängerische Mittel schön aus. Will man Werke eigenständigeren Charakters spielen, bieten sich beispielsweise die Quartette von Franz Xaver Richter, Antonio Rosetti und die späten Werke von Joseph Martin Kraus an.

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Johann Matthias Sperger: Streichquartette Band I, 3 Quartette op. 1, hg. von Reinhard Wulfhorst, Partitur und Stimmen, EM 0421, € 35.20, Edition Massonneau, Schwerin

id.: Band II, Quartette B-Dur und g-Moll, EM 0521, € 32.00

Eine «Handgelenksarbeit»

Richard Strauss’ zweites Hornkonzert entstand in den reifen Jahren. Um die Uraufführung und die Schweizer Erstaufführung kursieren einige Gerüchte.

Im März 2021 besprach ich die Neuausgabe des ersten Hornkonzertes op. 11 von Richard Strauss (SMZ 3/2021), und es ist mir eine Freude, nun die Neuausgabe des zweiten Hornkonzertes aus dem Jahre 1942 im Urtext und in ebensolch luxuriöser Ausgabe vor mir zu haben. Der Klavierauszug soll laut Herausgeber, entgegen dem für Begleiter halsbrecherischen Auszug der Boosey & Hawkes-Ausgabe, vereinfacht worden sein.

Sechzig Jahre reichen Schaffens waren seit der Entstehung von Opus 11 vergangen, und das zweite Konzert, nach der letzten Oper Capriccio entstanden, gehört zusammen mit dem Oboenkonzert, den Metamorphosen, und den Vier letzten Liedern zu den Werken der letzten Lebensjahre des Komponisten. Der Solohornist der Bayerischen Staatsoper, Josef Suttner, der die Hornpartien der Straussopern unter des Komponisten Leitung spielte, hatte um ein zweites Konzert für sein Instrument gebeten. Für die Uraufführung an den Salzburger Festspielen unter Karl Böhms Leitung im August 1943 sah die Festspielleitung allerdings den Solohornisten der Wiener Philharmoniker, Gottfried von Freiberg anstelle des sechzigjährigen Suttner vor.

Alle diese Geschichten, teils aus der Gerüchteküche der Festspiele, über die vorzeitige Abreise von Richard Strauss aus Salzburg nach einer Probe des Hornkonzertes sowie die erste Aufführung des Werks in der Schweiz mit dem Solisten Hans Will und dem Dirigenten Hermann Scherchen 1944 in Winterthur, die eine abenteuerliche Notenmaterialbeschaffung nötig machte, erzählt der Herausgeber Hans Pizka in seinem äusserst spannend zu lesenden Vorwort.

Eher als Kuriosität legt der Herausgeber, selbst einstiger Student Gottfried von Freibergs, eine Hornstimme bei mit Bezeichnungen der Ventilgriffe für das heute gebräuchliche Doppelhorn, vergleichend mit dem bei der Uraufführung vermutlich gespielten Wiener F-Horn: Eine Sisyphusarbeit für interessierte Hornspieler, die sich durch solche Hieroglyphen durcharbeiten wollen. Das zweite Hornkonzert, für Richard Strauss laut eigenen Angaben eine «Handgelenksarbeit», hat sich fin der Horn-Welt als das zentrale Solowerk für dieses Instrument herausgestellt.

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Richard Strauss: Hornkonzert Nr. 2 Es-Dur, hg. von Hans Pizka, Klavierauszug, HN 1255, € 23.00, G. Henle, München

Unerreichtes Original

Michael Töpels Bearbeitung von Mozarts Hornquintett ist nicht die erste.

Eine Bearbeitung von Mozarts Hornquintett KV 407 als Trio für Violine, Horn und Klavier rechtfertigt sich lediglich als Programmergänzung zum berühmten Horntrio op. 40 von Johannes Brahms, obwohl doch Originalalternativen zur Kombination vorhanden wären: Lennox Berkeley, Don Banks, Charles Koechlin u. a. Abgesehen davon, dass bereits eine Transkription des Mozartquintetts für Trio von Carl Ernst Nauman (1832–1910) im Verlag Breitkopf greifbar ist.

Die besondere, dunkle Klangmischung des Originals, Horn, Violine, 2 Violen, Violoncello, spricht deutlich für die ursprüngliche Version.

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Wolfgang Amadeus Mozart: Trio in Es nach dem Hornquintett KV 407, für Violine, Horn und Klavier bearb. von Michael Töpel, EM 2157, € 24.00, Edition Merseburger, Kassel

Klingende Konversationen

Insgesamt 27 Gespräche mit den unterschiedlichsten Menschen führten die Pianistin Anicia Kohler nicht nur zu ihrer betont harmonischen Soloplatte «Songs vom Dach» an, sondern auch zu einem lesenswerten Begleitband.

Mit dem Lockdown im Frühling 2020 gingen auch Anicia Kohlers Strukturen flöten. Weshalb sich die Berner Pianistin selbst Hausaufgaben auferlegte, wie sie im Vorwort des Begleitbandes zu ihrem neuen Album Songs vom Dach schreibt: «In normalen Zeiten ist mein Leben von Begegnungen mit den unterschiedlichsten Leuten geprägt.» Diesen Austausch vermisste sie aufs Schmerzlichste, was die Künstlerin zu 27 Gesprächen anregte – etwa mit einem Landwirt, einer Gemeindepräsidentin oder einer Opernsängerin. In der Folge dokumentierte sie diese Konversationen sowohl schriftlich als auch musikalisch.

Das 150-seitige Büchlein mit dem Titel Die Wände hoch aufs Dach und die Platte bilden zwei Veröffentlichungen, die sich wunderbar ergänzen, aber auch alleine funktionieren. An dieser Stelle soll auf den Tonträger fokussiert werden, erschienen beim neuen Basler Label «Clap Your Hands», das die Saxofonistin Sarah Chaksad und der Produzent Patrik Zosso vor Kurzem gegründet haben. Die neun Stücke für Flügel, gesampelte Klaviere und Haushaltsgeräusche fussen im solitären Jazz. Während der Opener Vielleicht anders wie eine Studie der Kontemplation und Melancholie daherkommt, präsentiert sich das anschliessende Entgegenkommen als perlende und zugleich getragene Suche nach Offenheit. Laut Anicia Kohler beschäftigen sich die Songs samt und sonders mit den goldenen Regeln des Zusammenlebens. Welche das im Einzelnen sind, verrät sie zwar nicht, doch sie lässt durchblicken, dass sich die Platte mit Zuhören, Mut oder Respekt beschäftigt.

Folgerichtig zeigt sich die Musik auf Songs vom Dach nicht nur betont harmonisch, sondern auch aufgeschlossen, neugierig und stets auf einen gangbaren Weg aus. Obschon Tracks wie Mehr, Mehr auch mal die Krallen auszufahren imstande sind, verströmt die Musik mehrheitlich eine Atmosphäre der Verbindlichkeit und Versöhnung. Dass die Songs vom Dach ebenso reif wie gelassen klingen, fügt sich da bestens in das von Anicia Kohler kreierte Soundpuzzle.

Anicia Kohler: Songs vom Dach. 9 Stücke für Flügel, gesampelte Klaviere und Haushaltsgeräusche. Clap Your Hands CYH 0003B

id.: Die Wände hoch aufs Dach. 27 Gespräche über Natur, Kunst und Zuhausesein (Buch), 150 S., CYH, ISBN 978-3-033-08988-4

Ein Jahr vor fast zwei Säkula

Der Cellist Christoph Dangel und seine Kammermusikpartner spielen, was Rossini, Hummel, Romberg und Schubert 1824 so komponiert haben.

Die Idee ist einfach, aber in diesem Fall bestechend. Man schneidet die Zeitwurst mal nicht der Länge nach, sondern quer auf und schaut, was nebeneinander zu liegen kommt. Zum Beispiel im Jahr 1824, als Beethovens Neunte uraufgeführt wurde. Es ist ein bewegtes Jahr, wie das reichhaltige CD-Booklet von Johannes Bosch aufzeigt, aber auch ein musikalisch bewegendes Jahr, allein jenes jungen Wieners wegen, der einen enormen Schaffensschub erlebt, grandiose Musik komponiert und nach neuen Formen strebt: Schubert. Dessen Arpeggione-Sonate mag derAusgangspunkt für das Programm gewesen sein. Der in Basel tätige Cellist Christoph Dangel, die zentrale Figur, um die sich hier alles dreht, spielt sie zusammen mit dem Gitarristen Stephan Schmidt – eine aparte und schlüssige Kombination, denn die Arpeggione war ja eine Streichgitarre.

Daneben erscheint der etwas ältere Rossini, der Schubert zwei Jahre zuvor im Wiener Opernbetrieb den Schneid abgekauft hatte und hier mit einem Duett für Cello und Kontrabass vertreten ist – was man zuallerletzt von ihm erwartet hätte. Dann ist da der brillante Johann Nepomuk Hummel mit der reifen Cellosonate op. 104 – am Fortepiano die quirlende Els Biesemans. Und schliesslich der ein bisschen vergessene Cellovirtuose Bernhard Romberg mit einem ungewöhnlichen Trio für Solocello, Bratsche (Katya Polin) und Cello (hier Kontrabass).

Es fehlt ausgerechnet der überlebensgrosse Beethoven in diesem Querschnitt, aber die CD des innovativen Zürcher Labels Prospero wartet dafür mit reizenden Entdeckungen und sorgfältigen Interpretationen auf. Etwa bei Rossini: Dangel und der Kontrabassist Stefan Preyer umspielen das, was daran schematisch ist, mit Charme, feinem Witz und bedachtsamer Phrasierung, führen den Walking Bass delikat vor und sind gleichberechtigte Partner. So kann man sich via Musik und Booklet in jenes fast zwei Säkula ferne Jahr zurückträumen. Die CD wird ein kleines Kunstwerk zum Lesen und Lauschen.

1824 (Rossini, Hummel, Romberg, Schubert). Christoph Dangel, Cello; Els Biesemans, Fortepiano; Katya Polin, Viola; Stefan Preyer, Kontrabass; Stephan Schmidt, Gitarre. Prospero PROSP 0016

Filigran verspielter Post-Post-Rock

Die Lausanner Band Honey for Petzi zeigt auf «Observations + Descriptions» eine völlig neue Klangpalette.

Seit dem letzten Album des eigenartig benamsten Trios aus Lausanne ist ein halber Weltuntergang verstrichen. Während diesen elf Jahren sind die Geschmäcker von Honey for Petzi offensichtlich einer umfassenden Revision unterzogen worden. Damals bauten Sami Benhadj Djilali, Philippe Oberson und Christian Pahud noch ganz auf die Kraft einer konventionellen Bestückung mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und drei Stimmen. Damit strickten sie postrockende Klangmuster, die mit petardenartigen Synkopen und vertrackten Sprüngen gespickt waren und dem pionierhaften Produzenten Steve Albini aus Chicago so gut genug gefielen, dass er ein Album für sie produzierte (Heal All Monsters, 2001). Acht LPs veröffentlichte die Band im Verlauf ihrer ersten Schaffensphase und brachte es damit zu einigem Ruhm auch auf internationaler Ebene.

Dass es in den Köpfen von Honey for Petzi in den Jahren der Stille mächtig gegärt hat, zeigt sich schon im ersten Stück auf ihrem freudvollen Comeback-Album. Ecoute nimmt ein paar alte Elemente – rhythmische Finten, repetitive Gitarrenmuster – und verpasst ihnen eine gänzlich neue Klangpalette. Zum konventionellen Schlagzeug gesellt sich nun Mbira-artige Perkussion, die wohl vom Computer generiert wurde, auch andere «präparierte» Klänge sind auszumachen. Die Gitarre hat eindeutig weichere Saiten aufgezogen als anno dazumal, dem feisten Bass kommt eine melodietragende Funktion zu. Dazu kommt eine gelassene Gesangsmelodie in ungewohnt hohen Lagen, und noch ungewohnter für die Petzis: Gesungen wird auf Französisch.

Auch die Wärme der detailreichen Produktion von Ecoute ist typisch für die versöhnliche, ja heitere Stimmung der nachfolgenden Stücke. Weder die neuen, elektronischen Zutaten noch die deutlich weniger zackige Gangart tun den angestammten Qualitäten oder gar der Dynamik der Band Abbruch – im Gegenteil: Die fein gesponnene Komplexität der Muster kommt nun eher besser zur Geltung. «Wir haben da weitergemacht, wo wir mit General Thoughts and Tastes aufgehört haben», heisst es im PR-Text. «Es war ein Album, das bereits mehr ‹Pop›-Formate enthielt, als wir zuvor gemacht hatten.» Wenn mit «Pop» smarte, leichtfüssige, elektronische Bands wie Hot Chip gemeint sind, nun gut. Ansonsten liegt Observations + Descriptions in all seiner schillernden Ideenvielfalt meilenweit entfernt von gängigen Pop-Schemen. Der Höhepunkte hat es viele, herauszuheben wäre vielleicht noch das verträumte Infini mit seinen sphärischen Gitarrenmustern. Herrlich.

Honey for Petzi: Observations + Descriptions. Two Gentlemen TWOGTL 093

Rätsel lösen und Oper spielen

Vom Klassenmusizieren im Schulzimmer auf die Opernbühne. Kinder und Profis führen in Basel gemeinsam Detlev Glanerts «Die drei Rätsel» auf.

Das Inselschulhaus steht in einem der sozial schwächsten Quartiere Basels. Der Ausländeranteil und die Anzahl der Sozialhilfeempfänger gehören zu den höchsten im Kanton. Hier nahm vor acht Jahren ein spannendes Klassenmusizier-Projekt seinen Anfang. Im zweiten und dritten Primarschuljahr steht drei Mal pro Woche das Erlernen eines Streichinstruments auf dem Lehrplan. Vor sechs Jahren gründete die Cellistin und Leiterin des Klassenmusizierens, Dorothee Mariani, den Verein Orchesterschule Insel, um den Kindern die Möglichkeit zu bieten, in einem Orchesterverband mit Profis zusammen musikalische Erfahrungen zu sammeln. Der Verein hat sich über das angestammte Schulhaus hinaus geöffnet und zählt inzwischen rund 50 musizierende Kinder. Sie bekommen jeweils freitagnachmittags unter der Anleitung von Berufsmusikerinnen und -musikern instrumentenspezifischen Gruppenunterricht. Am Samstagvormittag wird gemeinsam geprobt: «Der Unterricht ist gratis und die Kinder erhalten unentgeltlich ein Instrument, das sie zum Üben mit nach Hause nehmen dürfen. Als Gegenleistung werden der regelmässige Probenbesuch sowie eine entsprechende Vorbereitung verlangt», schreibt die Musikerin auf der Webseite. Es gibt vier Leistungsniveaus. Ein wichtiges Prinzip des Unterrichts besteht darin, dass die Fortgeschrittenen den Anfängern beim Lernen helfen. Neben klassischem Streicherrepertoire spielt die Orchesterschule Volksmusik aus den verschiedenen Herkunftsländern der Kinder.

Funktionierendes Konzept

Die Aufführung der Kinderoper Die drei Rätsel beweist, dass das instrumentale Lernen in heterogenen Gruppen an der Volksschule eine gültige Alternative zum konventionellen Instrumentalunterricht an Musikschulen sein kann. Der in die Stundentafel integrierte Instrumentalunterricht erreicht Kinder, die niemals an eine Musikschule gehen würden, dies aus sozialen, aber vor allem auch aus finanziellen Gründen. Die Arbeit in einem Orchester mit professioneller Anleitung, wie sie an der Orchesterschule angeboten wird, scheint die Kinder mächtig zu motivieren. Rund 100 Kinder und Jugendliche der Orchesterschule Insel, der Mädchen- und Knabenkantorei Basel, der Primarschule Insel, von Musikschulen sowie einige Mitglieder des Sinfonieorchesters Basel waren beteiligt an dieser gelungenen Aufführung. Zu den 20 fortgeschrittensten Streicherinnen und Streichern der Orchesterschule gesellten sich Instrumentengruppen aus verschiedenen Musikschulen beider Basel, z. B. Flöten, Gitarren, Blasinstrumente und Perkussion. Es war ein wunderbares Erlebnis, die vielen kleineren und grösseren Kinder anderthalb Stunden konzentriert am Pult sitzen und aufmerksam den Signalen des Dirigenten folgen zu sehen. Die restlichen Kinder der Orchesterschule spielten, sangen und tanzten auf der Bühne zusammen mit den jungen, hervorragenden Gesangsprofis, oder sie halfen hinter der Bühne mit. An der besuchten Vorstellung am 13. Mai spielte der 11-jährige Yannick Köllner die Hauptrolle des Lasso. Er besucht die Musikschule Liestal, und sein Lehrer war als Solist mit auf der Bühne. Mit hübscher, intonationssicherer Stimme bewegte er sich darstellerisch souverän und bewältigte ohne Probleme die rhythmischen Klippen seiner umfangreichen Partie. – Chapeau!

Pyjamaparty mit Prinzessin

Unter der klaren Leitung von Stefano Mariani wurde die abwechslungsreiche, farbig instrumentierte und rhythmisch anspruchsvolle Partitur von Detlev Glanert überzeugend interpretiert. Trotz widriger räumlicher und akustischer Umstände – das Stadt-Casino ist als Theaterraum nun einmal nicht geeignet – gelang ein unterhaltsamer Opernabend. Maria Riccarda Wesseling setzt in ihrer Regie auf Bewegung, Humor und Symbolik. Die Figuren werden theatralisch und plastisch herausgearbeitet. Das lieblose Elternhaus des kleinen Lasso personifiziert sich in seiner hysterischen Mutter (Christina Campsall), die aggressiv mit ihrem Staubsauger hantiert, die Erwachsenenwelt versteckt sich hinter uniformen und bedrohlichen Masken. Lasso flüchtet aus seiner biederen Welt und erträumt sich eine Prinzessin am Königshof. So einfach lassen sich seine Träume allerdings nicht umsetzen. Auf der Flucht wird er fast durch den vergifteten Kuchen seiner Mutter getötet und am Hof trifft er einen vertrottelten König (Robert Koller) und lauter skurrile Figuren. Die Prinzessin (Sophia Schwendimann) ist spröde und schützt sich mit einer übergrossen Krinoline. Er kann sie nur für sich gewinnen, wenn er ihr drei Rätsel stellt, die sie nicht lösen kann. Dieser Plan geht auf. Der König findet die Rätsel alle nur dumm und niemand am Hof weiss die Lösungen. Er darf eine Nacht mit der Prinzessin verbringen, ohne sie anzufassen. Während dieser gemeinsamen unschuldigen Pyjamaparty blüht sie auf, der Königshof geht unter und das junge Paar geht zusammen mit dem Galgenvogel (Akinobu Ono), einem guten Freund, hinaus ins Leben.

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Stefano Mariani probt mit dem Orchester.

100 Jahre Orchesterverein Dottikon

Der Orchesterverein Dottikon feiert heuer sein 100-jähriges Bestehen. Als Orchester zur Umrahmung des Gottesdienstes im damaligen 1000-Seelen-Dorf gegründet, präsentiert sich der OVD 2022 als dynamisches Sinfonieorchester.

Nadine Lang — Der Orchesterverein Dottikon (OVD) geniesst im Freiamt den Ruf eines ausgezeichneten Laienorchesters. Das traditionsreiche Orchester tritt seit 1998 in sinfonischer Besetzung auf und kann auf ein breites Repertoire aus Barock, Klassik und Romantik zurückgreifen. Dreimal im Jahr präsentiert der Orchesterverein Dottikon ein neues Programm: Neben klassischen Sinfoniekonzerten erarbeitet das Orchester auch Projekte mit Chor, Kammermusik auf dem Schloss, Serenaden im Rosengarten und Wiener Heurigenabende, sinfonische Kirchenkonzerte und Musical-Potpourris. Dabei steht stets das Ziel im Vordergrund, eine musikalisch gültige Interpretation zu liefern.

Zur Verschönerung der Gottesdienste

Gegründet wurde der Orchesterverein Dottikon im Jahre 1922 vom legendären Pfarrer und späteren Domherrn Leopold Seiler. Anfänglich diente der Verein zur Verschönerung und zur musikalischen Umrahmung der Gottesdienste an Ostern, Pfingsten, Maria Himmelfahrt, Bettag, Weihnachten und Neujahr. Der Pfarrer selbst erteilte damals gratis Violinunterricht und verstand es, die Bevölkerung von Dottikon, damals ein 1000-Seelen-Dorf, für die Orchestermusik zu begeistern. Leopold Seiler war nicht nur der Gründer, er war auch der erste Präsident und dirigierte den Orchesterverein Dottikon während 24 Jahren. Auch Kurt Fischer, Cellist und ebenfalls langjähriger Präsident, prägte den Verein. Er war über 60 Jahre Aktivmitglied und baute selber Streichinstrumente. Einige Musikantinnen und Musikanten spielen ein Instrument aus dem Geigenbau-Atelier Fischer.

Von Brugg nach Lübeck und zurück nach Dottikon

Aktuell hat der Verein 40 aktive Mitglieder im Alter zwischen 17 und 79 Jahren. Langjährige Konzertmeisterin ist die Hausener Violinistin Sonja Jungblut. Dirigent ist seit 2016 der international tätige Roman Brogli-Sacher, der aus Brugg stammt. Er dirigierte von 2000 bis 2015 das Orchester der Hansestadt Lübeck. 2012 wurde das Ensemble des Theaters Lübeck unter der Operndirektion von Roman Brogli-Sacher für Wagners Der Ring des Nibelungen in der Kategorie Musik-DVD-Produktion des Jahres mit dem ECHO Klassik ausgezeichnet. Von 2012 bis 2015 war Roman Brogli-Sacher künstlerischer Leiter der Oper Schloss Hallwyl. Im Weiteren ist er seit 2012 ständiger Gastdirigent des Orchesters und Theaters in Verona und seit 2015 Chefdirigent des Jiangsu Symphony Orchestra in Nanjing, China. Ausserdem ist er Leiter des Jugendsinfonieorchesters Zürichsee.

Anlässlich seines 100-jährigen Bestehens präsentiert der Orchesterverein Dottikon übers ganze Jahr verteilt mehrere grössere Konzertprojekte. Romantische Frühlingskonzerte voller Höhepunkte am ersten Aprilwochenende in Wohlen, Dottikon und Brugg (vgl. Artikel nebenan) machten den Anfang.

Die nächsten Konzerte des OVD imJubiläumsjahr sind die Matinee am Sonntag, 12. Juni, 11 Uhr bei Rosen Huber in Dottikon und die Serenade am Sonntag, 19. Juni, 15 Uhr in der Pflegi Muri.

Dieser Text wurde von Redaktorin Nadine Lang verfasst und ist zuerst im Wohler Anzeiger/Bremgarter Bezirks-Anzeiger/Der Freiämter erschienen. Wir durften den Artikel in leicht abgeänderter Form mit freundlicher Genehmigung für die SMZ übernehmen.

«Eine kleine Zukunftsmusik»: I. Allegro vivace

Beeinflusst Musik (und Kunst) die Entwicklung unserer Gesellschaft oder ist sie vielmehr einfach ein Spiegel unserer Zeit? Die Antwort lautet wahrscheinlich: sowohl als auch.

Michael Bühler — Denn auf der einen Seite hat die Forschung1 im Bereich «Big Data» (wo also aus all den über uns gesammelten Daten Verhaltens-Korrelationen abgeleitet werden) jüngst festgestellt, dass heitere Musik indirekt den Aktienkurs beflügelt.

Als Ableitung davon ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen u.a. in der Ukraine zu hoffen, dass sich diese Erkenntnis bewahrheitet, indem sich die Strömung der sog. «New Classics» mit ihrem filmmusikähnlichen Wohlklang, der Harmonie und der deutlichen Entschleunigung (als Gegenbewegung zu den experimentellen, teilweise schrillen und hektischen Klängen zeitgenössischer Klassik), positiv auf das Verhalten der Menschen überträgt und für Frieden sorgt.

Auf der anderen Seite übernehmen Komponisten, aber auch Künstler wie z.B. Ai Weiwei mit ihrem Schaffen heute die Aufgabe, für welche früher ein Hofnarr verantwortlich war: im Zentrum seines Wirkens stand nicht primär die Belustigung des Hofes, sondern kunstvolle Provokation und Irritation. Er konnte also als einziger dem König wahrheitsgetreu spiegeln, wie es dessen Volk wirklich geht, ohne dass ihm der Kopf abgeschlagen wurde.

Kunst und Musik sind also Spiegel unserer Gegenwart und prägen sie gleichsam.

Doch wie entwickelt sich unsere Gesellschaft in Zukunft und welche gesellschaftliche Funktion wird dabei die Musik haben?

Ganze Forschungsinstitute widmen sich ausschliesslich der Frage, wie unsere Gesellschaft in Zukunft aussehen wird. Anhand aktueller Daten werden mögliche oder wahrscheinliche Szenarien entwickelt, wie sich Wirtschaft, Politik und Gesellschaft entwickeln. Und die Musik?

Aus ökonomischer Sicht scheint dieser Sektor weltweit zu unbedeutend zu sein, sodass Musik nicht oder kaum bei der Entwicklung von Megatrends wie Globalisierung, Digitalisierung, Individualisierung oder Silver Society berücksichtigt wird. Angesichts der Erkenntnis, dass Musik selbst den Börsenkurs beeinflusst, erscheint dieses Zukunftsbild aber unvollständig, wenn die Wirkung von Musik auf die Gesellschaft ignoriert wird.

Wagen wir in Ermangelung empirischer Daten ein kleines Experiment: Wie würden Sie für sich folgende Fragen beantworten:

Wird man, getrieben vom technologischen Fortschritt, als Konzertbesucher/in im Jahre 2040 nicht mehr im Konzertsaal sitzen, sondern sich in einen virtuellen Konzertsaal einloggen und es sich mit einem Glas Bio-Prosecco und einer (dann hoffentlich nicht mehr so klobigen) Öko-Strom-betriebenen, CO2-neutral hergestellten Fairtrade-VR-Brille auf dem Kopf während eines der regelmässig angeordneten Lockdowns in den eigenen vier Wänden gemütlich machen? Und erstellt man sich für die gesellschaftliche Interaktion während den Pausen zwischen den maximal 7minütigen «Musik-Häppchen» (denn dank der stark verkürzte Aufmerksamkeitsspanne ist es ja bereits heute vielen nicht mehr vergönnt, eine ganze Beethoven-Sinfonie zu bewältigen) wie im gleichnamigen Film einfach einen genderneutralen Avatar und unterhält sich live und in HD im virtuellen Foyer des Web 3.0 mit anderen Konzertbesuchern/innen über Gott und die Welt?

Reine Fiktion? Zugegeben, die Vorstellung mag provokant und fremd sein – aber ganz so unrealistisch scheint dies angesichts der laufenden Entwicklung gar nicht zu sein.

In der Konsequenz muss aber aus Sich von Universitäten und Hochschulen zwingend die Anschlussfrage gestellt werden, welche Skills und Wissen für künftige Generationen von Musikern/innen bereitgestellt werden muss und wie dieses Wissen adäquat vermittelt werden soll?

Wird ein emeritierter Profes-sor im Vorruhestand am Montag um 08:00 Uhr im Auditorium eine Vorlesung halten und den Studierenden Buch-Tipps abgeben? Wohl kaum.

Von der Vorstellung, von fixen Vorlesungszeiten, müssen wir uns ge-mäss der «New Work»-Entwicklung wohl schon bald verabschieden. Stattdessen stehen Online-Studien, Learning Landscapes oder Flipped Classrooms im Vordergrund.

Der Wissenstransfer verläuft je länger je mehr nicht mehr von alt zu jung, sondern umgekehrt. Denn die sog. Digital Natives, die in unse-re digitale und komplett vernetzte Welt hineingeboren wurden, setzen mit neuen Denkmustern neue Mass-stäbe. Und vergessen Sie gedruckte Bücher! Denn gerade die Digitalisierung entwickelt sich bereits heute so rasant, dass gedruckte Bücher schon völlig veraltet sind, bevor sie noch im Buchhandel im Regal stehen. Und gemäss dem Megatrend «Wissenskultur» wird dann noch viel weniger als heute «auf Vorrat» gelernt. Man lernt also keine Musikgeschichte mehr auswendig, sondern eignet sich im sog. Tutorial-Learning situativ (z.B. per YouTube-Video) lediglich das spezifische Wissen an, welches für eine bestimmte Herausforderung vonnöten ist.

Die Fragen und Herausforderungen in Bezug auf die gesellschaftliche Funktion von Musik in der Zukunft als auch des Musik-Business liegen also eigentlich offen auf dem Tisch. Deshalb geht es im Hier und Jetzt daran, Antworten zu suchen – und (möglichst bald) zu finden.

1. Harvard Business Manager, 3/2022

2. SMG-Studientag

Am 24. September findet am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Basel der 2. SMG-Studientag statt.

Helen Gebhart — Dieser Anlass soll ein Schaufenster für die junge Musikforschung in der Schweiz sein und bietet dem wissenschaftlichen Nachwuchs die Möglichkeit, sich miteinander zu vernetzen, musikwissenschaftliche Themen zu diskutieren und neue Leute in der Wissenschaft kennen zu lernen. Zum Abschluss der Tagung wird der Marta-Walter-Preis für den wissenschaftlichen Nachwuchs verliehen.

Die Förderung des Nachwuchses in der Musikforschung ist ein gros-ses Anliegen der SMG und mit diesem Studientag soll ein Beitrag zur Vernetzung von Personen in der Musikwissenschaft in der Schweiz geleistet werden. Nach der erfolgreichen Einführung des Studientages in Bern im Jahr 2020 mit 50 Teilnehmenden veranstaltet die SMG wieder eine Tagung, die im Zeichen der Nachwuchsförderung steht. Der Studientag besteht aus einer Poster-Ausstellung, einem Symposium, der Verleihung des Marta-Walter-Preis sowie einem reichhaltigen Apéro.

Die Veranstaltung bietet dem wissenschaftlichen Nachwuchs in der Schweiz die Möglichkeit, ihre Projekte im Bereich der Musikforschung zu präsentieren und untereinander Kontakte zu knüpfen. Der Studientag, welcher alle zwei Jahre ausgerichtet wird, findet dieses Jahr in Basel statt und soll auch in den nächsten Jahren in verschiedene Regionen der Schweiz «weiterwandern».

Ausschreibung für den Studientag

Der Studientag beginnt mit einem Symposium, bei welchem wissenschaftliche Projekte, Arbeiten und Erkenntnisse in verschiedenen Formaten präsentiert werden können.

Zum einen kann ein 20-minütiges Referat gehalten werden. Damit neben der mündlichen und visuellen Prä-sentation der Ergebnisse auch eine musikalisch-performative Darstel-lung möglich ist, wird neu auch das Format eines Lecture-Recitals, auch zwanzig Minuten dauernd, angeboten. Zum Symposium hinzu kommt die Poster-Ausstellung. In diesem Format können wissenschaftliche Themen in Form eines A0 Posters dargestellt werden. Die Produktionskosten für die Poster werden vollumfäng-lich von der SMG übernommen. Am 17. Juni 2022 bietet die SMG an der Universität Bern einen Workshop zur Gestaltung eines wissenschaftlichen Posters an. Die Ausschreibung für den Studientag richtet sich an alle Bachelor- und Masterstudierenden, Doktorierenden, junge Postdocs von Schweizer Universitäten und Musikhochschulen, welche gerne ein wissenschaftliches Thema vorstellen wollen.

Interessierte Personen, die eine wissenschaftliche Arbeit in Form eines Posters präsentieren, in einem Vortrag / Lecture-Recital vorstellen und die Erkenntnisse gemeinsam mit dem Publikum diskutieren möchten, können ihre Projektidee oder ihr Thema bis am 12. Juni 2022 bei der Geschäftsstelle der SMG anmelden.

Marta-Walter-Preis

Der Studientag am 24. Septembergipfelt in der Verleihung des Marta-Walter-Preis, vormals bekannt als Handschin-Preis. Seit 2009 verleiht die Schweizerische Musikforschende Gesellschaft den Preis für den wissenschaftlichen Nachwuchs, welcher mit einem Preisgeld dotiert ist.

Interessierte Leute können sich seit 2014 direkt bei der Geschäftsstelle der SMG bewerben. Inzwischen ist der Preis sechs Mal vergeben worden, zuletzt an die Musikwissenschaftlerin Laura Decurtins und den Musikwissenschaftler Raphael Rennicke für ihre Dissertationen. Der Preis für den musikwissenschaftlichen Nachwuchs war bis 2020 nach dem Musikwissenschaftler Jacques Handschin benannt. Im Jahr 2020 hat sich der Zentralvorstand der SMG entschlossen, den Preis nach Marta Walter umzubenennen, um die Schweizer Musikforscherin zu würdigen, die mit ihrem grosszügigen Legat an die SMG die finanzielle Grundlage des Preises gestiftet hat.

Marta Walter (1896–1961) warein langjähriges Mitglied der SMG und eine der ersten Musikforsche-rinnen der Schweiz. Sie studierte Gesang in Basel und Genf und war für viele Jahre Mitarbeiterin des Basler Musikwissenschaftlers Wilhelm Merian. Für die Basler Nachrichten war sie als Musikreferentin tätig, schrieb über Konzerte im Basler Musikleben und berichtete im Feuilleton von Fundstücken aus ihrer Forschung.

Nach ihrem Tod wurde eine Auswahl ihrer Artikel in der Sammlung Miszellen zur Musikgeschichte (1967) herausgegeben. In den Tex-ten wie «Musikalische Seltenheiten der Universitätsbibliothek Basel», «Die Schriftgiesserei Haas und der Notendruck», «Die Wanderschaft eines Kuhreihens» zeigt sich ihr vielseitiges Forschungsinteresse. Mit der Umbenennung des Preises möchte die SMG diese wichtige Musikforscherin würdigen. Nach der Verleihung des Marta-Walter-Preis 2022 sind alle Teilnehmenden zu einem herzhaften Apéro einge-laden.

Weitere Informationen:

 

 

24. September, Musik-wissenschaftliches Seminar, Universität Basel

Anmeldung für Präsentation / Poster bis am 12. Juni unter

info@smg-ssm.ch

 

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