Jazznachwuchs in der Schweiz

Vom 15. bis zum 23. Oktober 2019 tourte der Schweizer Jazznachwuchs im Rahmen des Swiss Exchange Festival DKSJ durchs Land: Die besten Jazzstudierenden aus fünf Schweizer Musikhochschulen konzertierten in Basel, Bern, Lausanne, Luzern und Zürich. Ein Einblick in die junge Jazzszene der Schweiz.

MvO — Laurence Desarzens ist seit über 30 Jahren in der Schweizer Musikszene tätig: als Programmverantwortliche der Roten Fabrik, des Moods (Zürich) und der Kaserne Basel. Seit 2016 leitet sie die Abteilung Pop und Jazz an der Haute École de Musique de Lausanne, HEMU. Das Swiss Exchange Festival DKSJ unterstreicht aus ihrer Sicht primär den Kooperationsgedanken, deswegen wurde auch der Verein Direktor*innen-Konferenz Schweizerischer Jazzschulen DKSJ gegründet, der den Austausch unter den verschiedenen Hochschulen ermöglicht. Jedes Jahr steht eine andere Musikhochschule im Fokus, im 2019 war es die Hochschule Luzern – Musik. Unter dem Label DKSJ präsentieren die fünf Jazzabteilungen der Schweizer Musikhochschulen jedes Jahr das gemeinsame All Star Project. Zehn ausgewählte Studierende erarbeiteten unter der Leitung des irischen Bassisten und Komponisten Ronan Guilfoyle während drei Probetagen dessen Arrangements der Musik von Jack Bruce sowie seine Kompositionen, welche zu Ehren des 100. Geburtstages von Thelonious Monk entstanden sind. Das Programm präsentierten sie an fünf Konzerten in den Städten der beteiligten Musikhochschulen. Die Studierenden sammeln so einerseits Erfahrungen mit anderen Institutionen, andererseits kommen sie aber auch mit anderen Künstlern und Performern in Kontakt. Für Laurence Desarzens entsteht aus dieser Zusammenarbeit ein Atelier-Geist, der sehr wertvoll für alle Beteiligten ist. Am Ende geht es primär um eines: um die Förderung des Jazz-Nachwuchs in der Schweiz, weswegen das Projekt DKSJ auch in den kommenden Jahren weiterverfolgt werden soll, 2020 steht beispielsweise das Thema «Frauen im Jazz» im Vordergrund. Dieses Projekt unter dem Namen «Jazzlab» wurde vom Verein Helvetiarockt sowie den Jazzabteilungen der HKB Bern und der HEMU gemeinsam mit dem Cully Jazz Festival initiiert.

Sprungbrett

Florentin Setz studiert zurzeit Master of Arts in Music – Pedagogy an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Von Bernhard Bamert wird er im Hauptfach Jazzposaune unterrichtet, daneben vertieft er sich bei Ruven Ruppik in indischer Rhythmik und wird von Chris Wiesendanger am Klavier unterrichtet. Als nächsten Schritt will er den Pädagogik-Master im nächsten Jahr abschliessen und während den letzten beiden Jahren noch möglichst viel vom Angebot der ZHdK profitieren und lernen. Ob er nach dem Pädagogik-Master noch einen anderen Master machen will, weiss er noch nicht. Sein Ziel ist klar: sich als freischaffender Musiker in der Schweizer Musikszene als Posaunist, Bandleader und Dirigent zu etablieren. Dabei hofft er, möglichst viele Konzerte mit seinen Projekten spielen zu dürfen und seine eigene Musik einem breiten Publikum präsentieren zu können. Dazu bietet das Swiss Exchange Festival DKSJ eine wunderbare Gelegenheit. Aus diesen einmaligen Gelegenheiten können manchmal Bands entstehen, die über mehrere Jahre miteinander musizieren und sich gemeinsam entwickeln. Klar also, dass er das Swiss Exchange Festival DKSJ als Sprungbrett für seine eigene Band «MEDEA» sieht. Ihm gefällt die Idee sehr gut, dass jeweils ein Bachelor-Projekt einer Schweizer Jazz-Schule in einer anderen Schweizer Stadt präsentiert wird, denn so kann man Netzwerke knüpfen und lernt die Musik anderer Künstler kennen.

Grenzen der Jazz-Szene

Hannes Wittwer absolviert seit diesem Herbst den Masterstudien-gang Musikpädagogik (MA Music Pedagogy) im Profil Jazz mit Hauptinstrument Schlagzeug. Sein Fernziel besteht darin (ähnlich wie bei vielen jungen Musikerinnen und Musikern aus seinem Umfeld), eine teilzeitige Unterrichtstätigkeit wahrnehmen zu können und im Übrigen an seinen künstlerischen Projekten als Komponist, Bandleader oder als Sideman arbeiten zu können. Für ihn besteht zudem die Möglichkeit, dass er sich irgendwann auch in journalistische, wissenschaftliche oder transdisziplinäre Gefilde des Kulturbereichs wagt, da er auch hier Interessen hat – doch vorerst haben die pädagogische und künstlerische Tätigkeit klar Priorität. Für das diesjährige Swiss Exchange Festival DKSJ konnte Hannes Wittwer ein Panel organisieren, gestalten und moderieren. Eingeladen waren mit Andrina Bollinger und Philipp Hillebrand eine Absolventin und ein Absolvent der ZHdK-Jazz-Abteilung, die über Themen wie «Dinge, die es im Musikbusiness nach Abschluss des Studiums zu beachten gilt» oder«Chancen und Gefahren eines Jazzstudiums» referiert haben. Im Anschluss daran gab es eine Diskussionsrunde mit den beteiligten Gästen. Für Wittwer ist das Swiss Exchange Festival DKSJ wichtig, um die Vernetzung der Schweizer Jazzhochschulen zu verbessern und zu festigen. In seinem Umfeld und in Eigenerfahrung beobachtet er, dass Studierende der einzelnen Hochschulen, auch innerhalb der überschaubaren Deutschschweiz, insgesamt eher selten den Sprung in andere Städte wagen, sei es für Konzerte, Masterclasses, Panels, Jamsessions etc. Der Röstigraben scheint auch hier sehr stark präsent zu sein. Obwohl er einzelne Kontakte aus der Romandie pflegt, weiss er kaum, was «dort so abgeht», wie er sagt. So ist es auch für Studierende aus der Romandie schwierig, in der Deutschschweiz Konzerte zu ergattern – und umgekehrt eben auch. Es ist für Hannes Wittwer nicht leicht, Gründe zu finden, wieso es auch in der kleinen Schweiz, wo man eigentlich in ein bis zwei Stunden in allen grösseren Jazz-Städten sein könnte, alle in ihren «eigenen Gärtchen» werkeln. Ein Grund könnte sein, dass die meisten Jazzszenen, insbesondere Zürich, schon ein so grosses (Über-)Angebot an Curricula, Kultur und Möglichkeiten haben und so mit sich selbst beschäftigt sind, dass am Ende des Tages nicht mehr viel Zeit bleibt, sich auch noch mit Baslern oder Bernerinnen zu vernetzen. Ob hier die sozialen Medien eher eine förderliche oder hinderliche Rolle im Networking und Austausch haben, darüber kann Wittwer nur spekulieren. Hier ist also die Direktor*innen-Konferenz DKSJ ein wichtiges Standbein, um Menschen zusammenzubringen und die einzelnen Jazz-Szene-Grenzen etwas aufzuweichen. Doch die Bereitschaft zum Austausch muss nicht nur von «oben», sondern auch von der Studierenden-Basis kommen, und hier besteht seiner Ansicht nach definitiv noch Aufholbedarf.

Zusammenarbeit, Vernetzung

Tom Arthurs ist seit Anfang 2018 in Bern und geniesst die reiche Vielfalt des Schweizer Musiklebens, von den Festivals «Zoom In» und «Jazzwerkstatt» in Bern bis hin zum Musikfestival Bern, «unerhört» in Zürich und «earweare» in Biel. Er ist aber auch begeistert von der wunderbaren Vielfalt an unglaublichen Musikern, die jede Woche an der HKB, «seiner» Musikhochschule, unterrichten, darunter Colin Vallon, Andreas Schaerer, Patrice Moret, Julian Sartorius und Tom Arthurs Kollege Brit Django Bates. Für ihn sind Jazz und improvisierte Musik heute ein unverzichtbarer und zukunftsweisender Teil des internationalen zeitgenössischen Musizierens und der Ausbildung im Allgemeinen und haben deshalb auch eine hohe Bedeutung innerhalb der Konferenz der Schweizerischen Musikhochschulen. Die DKSJ besteht nun bereits seit mehreren Jahren und bietet eine fruchtbare Plattform für Zusammenarbeit, Austausch und Solidarität zwischen Bern, Zürich, Lausanne, Luzern und Basel – fünf Jazz-Schulen mit ganz unterschiedlichen Profilen, aber dennoch mit vielen gemeinsamen Zielen und Anliegen. Das Swiss Exchange Festival DKSJ ist aus seiner Sicht ein schönes jährliches Treffen. Es freut Arthurs, wenn das All Star Project Musiker aller Schulen in einem grossen Ensemble vereint, welches fünf Abende lang durch die Schweiz tourt, angeführt von einem internationalen Gastkünstler. Vor Ronan Guilfoyle waren dies etwa Sylvie Courvoisier, Rudi Mahall oder Erik Truffaz. In Bern spielte die Band in diesem Jahr in der wunderschönen Umgebung des BeJazz-Clubs in Bern. Für Tom Arthurs eine tolle Sache (auch im Hinblick darauf, dass jedes Jahr aussergewöhnliche Bachelor-Projekte ausgewählt werden) und einzigartig in der Schweiz, denn letztlich geht es um eines: Zusammenarbeit, Vernetzung und – Musik.

Fingerabdruck des Schweizer Jazznachwuchs

Gregor Hilbe (er war Mitglied des Vienna Art Orchestra, hat mit dem Projekt «TangoCrash» den Weltmusikpreis 2006 gewonnen und zahlreiche Alben aufgenommen) leitete bis 2016 die Schlagzeugklasse sowie den Studiengang Producing/Performance am Jazzcampus der Musik-Akademie Basel. Seit 2016 ist er der Leiter des Profils Jazz & Pop an der ZHdK. Auch für ihn ist die Zusammenarbeit mit den anderen Jazzabteilungen der Schweizer Musikhochschulen sehr positiv, was sich in den regelmässigen Treffen und den vielseitigen Kooperationen niederschlägt. Für das Exchange und das All Star Project sind beim Swiss Exchange Festival die Abläufe in der Zwischenzeit bestens bekannt, wovon letztlich auch die Studierenden profitieren. Hilbe wünscht sich für die Zukunft, dass noch mehr Bachelor-Studierende Interesse an diesen aussergewöhnlichen Gefässen zeigen. Für ihn besteht in diesen Projekten das Potential vor allem darin, dass Studierende ihre Berufskolleginnen und Berufskollegen kennenlernen können und so neben dem Studium wichtige berufliche Erfahrungen sammeln können. Nichtsdestotrotz zeigt er sich aber zufrieden mit der Entwicklung der letzten Jahre und bestätigt, dass die Formate in Zukunft noch angereichert werden sollen, um flächendeckend erfolgreich sein zu können. Der aktuelle Erfolg lässt sich auch in den aktuellen Rückmeldungen lesen, welche ausschliesslich positiv waren, so dass zuversichtlich in die Zukunft geblickt werden darf.

Innerhalb der KMHS geniessen die Jazzabteilungen einen guten Stellenwert, für Hilbe ist es aber wichtig, dass man dabei stets im gemeinsamen Dialog bleibt und schaut, wo man die kongruente Meinungsbildung allenfalls verbessern kann. Das Jahr 2020 wird, so Hilbe, ein spannendes Grossprojekt der Jazzabteilungen präsentieren, und auch die Planung für die nächste Edition des Swiss Exchange Festival DKSJ ist bereits angelaufen.

Neuer Direktor in Luzern

Valentin Gloor ist seit dem 1. September 2019 der neue Direktor des Departements Musik der Hochschule Luzern. Im hier folgenden Gespräch gibt er Einblicke in seine Sicht auf den Musikplatz Schweiz.

MvO — Die Schweizer Musikhochschullandschaft ist Valentin Gloor bestens bekannt. Er war vor seiner Tätigkeit am Konservatorium Winterthur u.a. Gründungsrektor des Departements Musik sowie später Mitglied des Fachhochschulrats der Kalaidos Fachhochschule Schweiz.

Valentin Gloor, wie sehen Sie die aktuelle Schweizer Musikhochschul-Szene?

Da sind hochprofessionelle Institutionen am Werk! Sie haben es geschafft, über die letzten zwanzig Jahre im grossen Wandel hin zu Fachhochschulen das Bild von Musikausbildungen, die Inhalte und die Profile stetig weiterzuentwickeln. Und das Berufsfeld selbst steht ebenfalls im Wandel – auch diese Aspekte wurden in die Studiengänge integriert, und durch die Ausbildungen wird der «Markt» mitgestaltet. Der vierfache Leistungsauftrag von Ausbildung, Weiterbildung, Forschung und Dienstleistungen hat sicher dazu beigetragen, dass wir heute diesen grossen Facettenreichtum an Perspektiven sehen. Und dann handelt es sich ja auch noch um ein Feld mit starken internationalen Beziehungen. Ich nehme diese «Szene» als lebendig, vielfältig und lernhungrig wahr.

Wo warten die grössten Heraus-forderungen in diesem Markt?

Dieser «Markt» war doch schon immer sehr anspruchsvoll, was die berufliche Etablierung betrifft. Da wird von Absolventinnen und Absolventen über die künstlerische oder pädagogische Kompetenz hinaus ein enormer Effort in der eigenen Profilierung und Positionierung verlangt. Und die gesellschaftlichen Entwicklungen hinsichtlich Demographie, Migration, Bildungsansprüchen, Digitalisierung – bitte entschuldigen Sie diese Schlagworte! – werden die Berufsrealität von Musikerinnen und Musikern in den nächsten zwanzig Jahren sicher stark verändern, und zwar die künstlerische und die pädagogische. Wie gelingt es den Musikhochschulen, solche Entwicklungen vorauszudenken, um sie in die Ausbildungen der Zukunft zu integrieren?

Sie haben eine sehr vielfältige Vita, welche vom praktischen Musizieren, über Forschungstätigkeit bis zu Managementaufgaben geht. Wie werden Sie diese Interessen in Zukunft bündeln?

Auf eine Vielfalt von Tätigkeiten und Interessengebieten stosse ich eigentlich immer, wenn ich mit Menschen spreche, die in der musikalischen Bildung Leitungsaufgaben erfüllen. Die Vielfalt scheint eine normale Voraussetzung zu sein. Sie spiegelt ja auch die berufliche Realität von Musikerinnen und Musikern: Künstlerisches Schaffen, Vermitteln von Musik in vielen Facetten, Organisation, Konzeption, Projektleitung… die ganze Bandbreite wird von den meisten Musikerinnen und Musikern gelebt. Die Leitungsfunktion einer Musikhochschule beinhaltet all diese Stränge. Manchmal sind sie aber «transponiert»: Das künstlerische Tun übersetzt sich vielleicht in Aspekte von Kreativität, Präsenz und Performance…es wäre spannend, vertieft darüber nachzudenken. Jedenfalls bündelt diese Aufgabe meine Interessen eigentlich schon per se.

Bleibt da auch noch Zeit für eigenes, kreatives Schaffen?

Als transponierte Tätigkeit im vorher erwähnten Sinne: Ja, garantiert! Im herkömmlichen Sinne verstanden: Ich hoffe es und arbeite daran.

Welche Bedeutung messen Sie der Forschungstätigkeit an den Schweizer Musikhochschulen bei?

Eine zentrale! Für das Verständnis dessen, was wir tun, wer wir sind, wo wir stehen und wohin wir uns bewegen, ist die Forschung unverzichtbar. Wie schaffen wir es, die Forschung als Feld, aber auch die «forschende Geisteshaltung» in unsere Aus- und Weiterbildungen zu integrieren? Das ist für mich eine grosse Frage.

Als Direktor der Hochschule Luzern – Musik nehmen Sie nun auch Einsitz in der KMHS (Konferenz Musikhoch-schulen Schweiz). Was sind aus Ihrer Sicht die Chancen und Möglichkeiten dieses Gremiums?

Die KMHS bündelt die Interessen von Institutionen, die zugleich miteinander kooperieren und zueinander im Wettbewerb stehen. Das ist hoch anspruchsvoll! Wenn der branchenpolitische Balanceakt aber gelingt, hat die KMHS ein grosses Potential, zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der musikalischen Bildung und Ausbildung, aber auch im Berufsfeld Musik beizutragen. Ich glaube, dass sie dies idealerweise mit starken Partnern zusammen tut.

Die KMHS hat sich kürzlich auch zur Kulturbotschaft des Bundesrates geäussert (s. September-Ausgabe der Schweizer Musikzeitung). Was ist Ihre persönliche Haltung zu dieser Botschaft?

Diese Kulturbotschaft berührt ein Herzensanliegen von mir – ich hoffe, ein Herzensanliegen von uns allen! Denn es geht um Nachwuchsförderung und um kulturelle Teilhabe. Die neue Kulturbotschaft ist ein wichtiger weiterer Schritt auf dem Weg zu einer vollständigen Umsetzung des Bundesverfassungsartikels 67a. Ein weiter Weg. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass über 70% der Schweizer Stimmbevölkerung dem Verfassungsartikel zur musikalischen Bildung zugestimmt haben. Über 70%! Das ist Ausdruck eines kraftvollen Auftrags an die Politik. Ein erster Schritt, gerade hinsichtlich Breitenförderung, wurde in der Botschaft 2016-19 gemacht. Das ist gut. Und diese neue Kulturbotschaft bringt das Potential mit, die Schweiz im Bereich der musika-lischen Talentförderung einen grossen Schritt voranzubringen und die wichtige Partnerschaft von Bildungsinstitutionen wie Musikschulen und Musikhochschulen weiter zu stärken. Aber im Bereich eines allgemeinen Zugangs aller Kinder und Jugendlichen zur musikalischen Bildung und im Bereich der schulischen Musikbildung, da wartet noch viel Arbeit auf uns zur Verbesserung der Rahmenbedingungen. Und die Kulturbotschaft 21-24 ist noch nicht im Trockenen. Wir müssen dranbleiben!

Die Politik oder der politische Einfluss auch im Bereich der Musikhochschulen dürfen nicht unterschätzt werden. Wie nehmen Sie diese Situation in der Schweiz wahr?

Wenn Politik gesellschaftliches Aushandeln von relevanten Themen und Positionen ist, kann ich damit gut leben. Wir sind ja davon überzeugt, dass das, was wir an Musikhochschulen tun, gesellschaftlich wichtig ist. Und wenn es wirklich gesellschaftlich wichtig ist, werden gesellschaftliche Ansprüche daran formuliert – zu einem guten Teil via Politik.

Luzern hat ein vielfältiges Kulturleben – wo möchten Sie da in Zukunft Ihre Musikhoch- schule am liebsten positionieren?

Die Hochschule Luzern – Musik ist bereits in diesem Kulturleben positioniert, ist ein wichtiger Teil davon. Natürlich ist es meine Aufgabe und mein Ziel, die bestehenden Partnerschaften zu pflegen, zu erweitern und neue Partnerschaften einzugehen. Aber es ist wichtig zu sehen, welch hervorragende Arbeit hier bereits geleistet wurde. Ich nehme diese Positionierung im Kulturleben als sehr überzeugend wahr.

Die Arbeiten sind im Plan, dank dem enormen Engagement meines Vorgängers Michael Kaufmann und dank dem Einsatz der vielen Beteiligten in Arbeitsgruppen, Projektleitungen und in der Ausführung. Die Eröffnung wird im Sommer 2020 über die Bühne gehen. Und uns erwartet als Musikhochschule eine ganz neue Situation. Wir ziehen zusammen, wir rücken zusammen. Es ist ein konsequenter Schritt in einem langen Prozess – mehrere Institutionen mit langer Geschichte, Tradition und mit eigener Kultur haben sich in unserer Musikhochschule zusammengefunden. Nun finden wir uns zu neuer Kultur zusammen. Wir werden uns alle viel mehr begegnen. Das wird uns zu neuen Ideen, neuen Projekten, neuen Sichten inspirieren. Wir wer-den uns weiter vorwärts bewegen. Das wäre mein Wunsch. Es wird ein pulsierender Musikort entstehen – wir sind ja am Südpol in Kriens einge- bettet in einen grossartigen Campus: Luzerner Sinfonieorchester, Veranstaltungsort Südpol mit der freien Szene, Luzerner Theater, Musik- schule – und eben Musikhoch- schule. Alles zusammen. Wir werden uns also intern in eine intensivere, inspirierende Zusammenarbeit begeben – aber auch mit Partnern.

Die Hochschule Luzern – Musik bietet eine musikalisch-künstlerische Aus- und Weiterbildung mitten im lebendigen kulturellen Umfeld der Musikstadt Luzern. Die Studierenden profitieren von einem flexiblen Ausbildungssystem, welches individuelle Zielsetzungen und einen grossen Spielraum in der Fächerkombination zulässt. Konzert- und Bühnenpraxis sind dabei von Anfang an wichtige Bestandteile der Ausbildung: Die zahlreichen Ensembles der Hochschule und die regelmässige Kooperation mit dem Luzerner Theater, dem Luzerner Sinfonieorchester, der Lucerne Festival Academy, den Jazzfestivals Willisau und Schaffhausen oder der Jazzkantine Luzern bieten dafür ein praxisnahes und abwechslungsreiches Umfeld.

Das breitgefächerte Bachelor- und Master-Studienangebot umfasst die Bereiche Klassik, Jazz, Kirchen- und Volksmusik, Dirigieren, Blasmusikdirektion, Komposition, Theorie sowie Musikpädagogik und Musik & Bewegung. Ergänzend kommt das PreCollege hinzu. Darüber hinaus bietet die Hochschule Luzern – Musik zahlreiche CAS-, DAS- und MAS-Programme sowie individuelle Kurse, Workshops und Akademien zur Weiterqualifikation an.

In den beiden Kompetenzzentren CC Music Performance Research und CC Forschung Musikpädagogik erforscht das Departement Musik Aspekte der Musikproduktion und -rezeption sowie der Musikausbildung und des Konsums von Musik.

Auf das Studienjahr 2020/21 bezieht die Hochschule Luzern – Musik den Neubau im Süden von Luzern. Dieser vereint sämtliche Institute, eine öffentliche Bibliothek, Forschungs-, Unterrichts- sowie Veranstaltungsräume unter einem Dach. Unter anderem verfügt der Neubau über einen eigenen Kammermusiksaal, einen Jazzclub sowie eine multifunktional einsetzbare Blackbox. Dank der durchmischten Nutzung wird ein offener, lebendiger Arbeits- und Begegnungsort für Studierende, Mitarbeitende, Partner und ein musikinteressiertes Publikum geschaffen.

Kulturbotschaft des Bundesrates: Guter Ansatz für Begabtenförderung

Die Schweizer Musikhoch-schulen bilden auf hohem Niveau professionelle Musikerinnen und Musiker aus. Der kulturelle Auftrag lautet, die Musikwelt zu bereichern und in aller Breite Musiklehrpersonen auszubilden.

MK/MvO — Musiklehrpersonen haben eine wichtige kulturelle Rolle in unserem Bildungssystem, geht es doch im Musikerberuf darum, vor allem auch jungen Menschen die Welt der Musik zu vermitteln und musikalische Talente zu fördern. Das Schweizer Volk hat sich im September 2012 mit einem erfreulich klaren Ja zur musikalischen Förderung der jungen Generation ausgesprochen. Im neuen Verfassungsartikel 67a haben wir seither die Grundlage, junge Menschen an die Musik heranzuführen, musikalische Ausbildung auf Ebene der Volks- und Musikschulen zu ermöglichen und durchaus auch, um junge Talente zu fördern. Dies wenigstens war die Auffassung der Politik und einer vom Bund eingesetzten Expertenkommission zur Umsetzung dieses Verfassungsartikels. Ähnlich wie im Sportbereich, welcher ebenso wie die Musik im Schweizer Bildungssystem breit verankert ist, sollen dabei sowohl Breiten- als auch Spitzenleistungen im Fokus stehen. Beide bedingen sich gegenseitig! Musikalische Bildung hat sicherlich in erster Linie das Ziel, junge Menschen an die Musik heranzuführen, an kulturelle Fragestellungen und an kreativ-künstlerische Sinnhaftigkeit und Sinnlichkeit. Das gleichzeitige Anwenden von Geist und Emotion, Können und Intuition, Wissen und Erfahren gehört integral zu jenen Qualitäten, welche eine Persönlichkeit ausmachen. Ob diese Persönlichkeit dann am Ende professionelle Musikerin oder Musiker wird, ist nicht die prioritäre Frage. Viele Fragestellungen in der Musik sind dieselben wie in anderen Bereichen auch, und musikalische Kenntnisse sind in fast allen Lebensbereichen wertvoll: Musik trainiert beide Hälften des Gehirns!

Deshalb haben die Musikhochschulen das durch die letzte Kulturbotschaft 2016-2019 lancierte Programm Jugend und Musik («j+m») sehr begrüsst, auch wenn es bei diesem Programm um die breite Musikförderung von Jugendlichen durch die Unterstützung von Kursen und Musiklagern geht, die in erster Linie von den Musikverbänden sowie den Musikschulen ausgerichtet wird. «j+m» ist aus Sicht einer möglichst lückenlosen Musikbildung ab dem Schulalter sicherlich eine erste wichtige Grundlage für ein Hinausgehen über den Normalunterricht an den Volksschulen. Diese Grundlage reicht aber weder von der Zielsetzung des Verfassungsartikels her noch bezüglich der finanziellen Ausstattung mit jährlich rund 3 Mio. Franken aus. Ein Blick auf das Sportförderungsprogramm Jugend und Sport («j+s»), welches insgesamt mit mittlerweile fast 100 Mio. Franken pro Jahr subventioniert wird, zeigt vor allem auf, dass es neben der Breitenförderung eben auch immer um Begabtenförderung gehen muss. Musik ist auf den ersten Blick nicht so kompetitiv wie der Sport – und doch ist der Ansatz der Begabtenförderung entscheidend, wenn es darum geht, junge Menschen mit einem höheren Interesse für Musik mit entsprechendem Zusatzunterricht (beispielsweise zusätzliche Lektionen am Instrument, Ensemblespiel, Gehörtraining, Musiktheorie) weiter zu bringen. Dies können die öffentlichen Musikschulen in gezielter Form nicht gewährleisten, systematische Begabtenklassen und weitere Massnahmen sind in den wenigsten Kantonen etabliert, und im Normalfall haben Musikschulen dazu die Mittel nicht.

Deshalb war und ist es auch aus Sicht der Musikhochschulen unabdingbar, das Setting der Umsetzung des Verfassungsartikels 67a über «j+m» hinaus mit dem Element der Begabtenförderung zu ergänzen.

Musikalische Bildung – auch Begabte speziell fördern!

Aus der Sicht der Schweizer Musikhochschulen sollte es eine systematische Begabtenförderung auf Ebene der kantonal verantworteten Musikschulen geben. Daran angeschlossen – sozusagen als letzte Meile für die Hochtalentierten, die eine professionelle Musiklaufbahn anstreben – folgt das PreCollege, also die Vorbereitung auf die Eintrittsprüfung an eine Musikhochschule. Egal ob vorbereitende Ausbildungen an Musikschulen, Gymnasien oder an den Hochschulen stattfinden: wichtig ist die gezielte und qualitativ hochstehende Ausbildung, damit die Studierenden eine echte Chance für eine professionelle Laufbahn als Musikerin und Musiker haben. Grundsätzlich sollten dabei, getragen von allen Kantonen oder eventuell auch durch Bundesgelder, alle Begabten aus allen Kantonen eine entsprechende PreCollege-Finanzierungsbasis haben. Eine Forderung, die bisher längst nicht in allen Landesregionen erfüllt ist.

Aus diesem Grund haben sich in den letzten Jahren die Konferenz Musikhochschulen Schweiz (KMHS) mit dem Verband Musikschulen Schweiz (VMS) zusammengetan und unter anderem das Leitbild über die «Förderung von musikalischen Begabungen in der Schweiz» erarbeitet, welches die gemeinsamen Positionen festhält und mögliche Förderangebote definiert. Es geht darum, gemeinsam die Modalitäten von PreCollege-Studiengängen zu definieren, um so die lückenlosen Übergänge von der schulischen Musikausbildung (Begabtenförderung an Musikschulen) zum professionellen Hochschulstudium zu gewährleisten. Dazu gehört auch die sogenannte «Talent Card» als Eintrittsbedingung für Talentprogramme auf Stufe Musikschulen und daran anschliessend ein «PreCollege Label». Letzteres soll an dazu geeignete Musikschulen und weitere vorbereitende Institutionen vergeben werden, die einen gewissen Minimalstandard der Vorbereitung auf eine Hochschule garantieren.

Nachholbedarf in der Schweiz

Nicht unerwähnt darf die Tatsache bleiben, dass die Schweiz in dieser Hinsicht einen deutlichen Nachholbedarf gegenüber vielen musikalischen Ausbildungsprogrammen für Junge und Begabte in unseren Nachbarländern hat. Dies zeigt etwa ein Vergleich, der im Leitbild von KMHS und VMS erwähnt wird und der sich insbesondere auch auf die Definitionen zur kulturellen Bildung von UNO und UNESCO abstützt. Den Hochschulen wird oft vorgeworfen, sie hätten einen zu hohen Anteil an ausländischen Studierenden. Die Tatsache ist aber, dass bei Aufnahmeprüfungen das Niveau der erwiesenermassen sehr begabten schweizerischen Bewerbenden oft tiefer ist, als jenes der gleichaltrigen ausländischen Talente. Eine systematische und qualitativ hochstehende Begabten- und PreCollege-Ausbildung in der Schweiz würde diesen Wettbewerbsnachteil rasch wett machen und das inländische Potenzial von professionellen Musikerinnen und Musikern besser ausschöpfen.

Vor dem Hintergrund all dieser Überlegungen und Konzepte kann man den neuen Vorschlag des Bundesrates und des Bundesamtes für Kultur im Rahmen der neuen Kulturbotschaft 2021-2024, nebst der Weiterführung von «j+m» in Zukunft auch die Begabtenförderung zu unterstützen, nur begrüssen. Der vorgeschlagene neue Absatz im Kulturförderungsgesetz ist die Rechtsgrundlage für die oben skizzierte Begabtenförderung, welche die Musikverbände und die KMHS in den letzten Jahren mit Nachdruck verlangt haben. Deshalb unterstützt die KMHS diesen Vorschlag. Sie erwartet allerdings, dass dieser verpflichtend ins Gesetz aufgenommen wird und dass die Politik mithilft, diese wichtige Lücke im Schweizer Musikbildungssystem zu schliessen. In einem gemeinsamen Vorgehen von Bund und Kantonen können hier effiziente kantonale Modelle gefunden werden, um die hohen musikalischen Potenziale noch besser zu nutzen. Dies nicht etwa als Selbstzweck, sondern weil die Gesellschaft Musik als Kulturgut dringend nötig hat – und vielmehr noch qualitativ hochstehend ausgebildete Musikpädagoginnen und -pädagogen, die an unseren Volks- und Musik-schulen Musik unterrichten und vermitteln.

 

Die Vernehmlassung der KMHS zur Kulturbotschaft 2021-2024 des Bundesrates finden Sie hier:

> www.kmhs.ch

Die Botschaft des Bundesrates finden Sie hier:

> www.newsd.admin.ch/newsd/message/attachments/57189.pdf

Digitalizzazione: Studieren und Digitalisierung

In dieser Ausgabe geht es nochmals um das Thema der Digitalisierung, nun mit einem Kooperationsbeispiel aus dem Tessin sowie den Möglichkeiten telematischer Formate in Zürich. Ergänzend dazu die Statements von zwei Studierenden, wie sie die Digitalisierung erleben.

Nadir Vassena — Cosa significano veramente «digitale», «digitalizzazione» nell’ambito musicale artistico e didattico? A questa domanda i più rispondono con degli esempi di applicazioni. Anche all’interno della Scuola universitaria del Conservatorio della Svizzera italiana ci sono esperienze che sfruttano le possibilità offerte dalle cosiddette «nuove» tecnologie. Se già da anni gli studenti le adottano – per esempio per registrarsi e valutare a freddo l’esecuzione di un brano (o la gestualità, nel caso di un aspirante direttore d’orchestra) – le prime iniziative originali per integrare musica e tecnologia sono quelle sviluppate da Spazio21, l’unità che si occupa della realizzazione di progetti interdisciplinari e attività legate soprattutto alla creazione contemporanea. I nostri progetti partono da esigenze molto concrete. Ad esempio, in ambito didattico abbiamo sviluppato un programma per l’ear training, modellato sulle richieste del nostro corso di ascolto per il bachelor e modificabile in base al livello di preparazione e alle necessità di apprendimento del singolo studente. Dopo la realizzazione di un primo prototipo (TiAscolto) distribuito come software, stiamo ora portando il prodotto sul web (SOLO: ear training web app) grazie alla preziosa collaborazione con il Software Institute della Facoltà di Informatica dell’Università della Svizzera italiana. Il materiale, in continuo aggiornamento, è liberamente disponibile sulla piattaforma empiricalbox.ch.

Ma la digitalizzazione non è solo un insieme di tecnologie. Per la musica l’avvento del digitale ha rappresentato un cambiamento epocale. Il settore è stato tra i primi in cui la conversione dall’analogico al digi- tale ha comportato non solo una modifica della tecnica impiegata per rappresentare il segnale sonoro – anche le partiture! – ma, di conseguenza e progressivamente, di tutta la produzione, la distribuzione e la fruizione. Di molti di questi processi non si è spesso consapevoli. Da un lato il formato digitale apre nuove opportunità di creazione, trasmissione, diffusione e condivisione ma contemporaneamente bisogna ricordarsi che queste operazioni – per esempio la catena di traduzioni analogico/ digitale – non sono mai neutrali.

EAR: Electro Acoustic Room

Per rendere attenti ai cambiamenti di paradigma in atto nella creazione e ricezione della musica elettronica – che in grandissima misura vive proprio dello sviluppo tenologico degli ultimi decenni – è nata EAR: Electro Acoustic Room, una serie di concerti dedicati alla musica acusmatica. Ormai giunta alla quarta stagione, questa coproduzione fra Conservatorio e LuganoMusica si concentra sul repertorio di musica su supporto che, proprio grazie alle facilità offerte dal digitale, è possibile diffondere e spazializzare efficacemente. Un compito complesso quello della diffusione, che richiede un’attenta interpretazione dell’opera e che trasforma ogni altoparlante in un vero e proprio strumento musicale. Per fare tutto ciò in modo rispondente alle nostre esigenze specifiche, abbiamo sviluppato un software che, concerto dopo concerto, continuiamo a perfezionare, sempre convinti che la «digitalizzazione» nella formazione va di pari passo con l’acquisizione della consapevolezza delle tecnologie che ci circondano.

Nadir Vassena

… è Professore di composizione alla Scuola universitaria di Musica del Conservatorio della Svizzera italiana e Responsabile di Spazio21.

 Timo Waldmeier, was bedeutet für Sie individuell Digitalisierung?

Digitalisierung bedeutet für mich Zentralisierung, Entmaterialisierung (in Bezug auf Noten) und höhere Geschwindigkeit bei der Informations-, Notenbeschaffung und in der Kommunikation. Sie kann aber gleichzeitig auch einen Bezugsverlust zur Realität und zur Materie begünstigen.

Worin sehen Sie Gefahr und Nutzen der Digitalisierung im Kontext der musikalischen Ausbildung oder der musikalischen Ausübung?

Ich denke, die Gefahr in der Digitalisierung besteht darin, dass sie unser Stresslevel durch zu häu-fige Erreichbarkeit und die dadurch möglich gemachte, zu kurzfristige Organisation massiv erhöhen kann. Ich versuche also, die Effizienz und die Zentralisierung der Digitali- sierung zu nutzen. Ich muss dabei allerdings darauf achten, dass ich arbeitsfreie und unerreichbare Zeiten viel aktiver gestalte und in meinen Alltag einbaue, um ihren «Gefahren» zu trotzen. 

Timo Waldmeier

… studiert Chorleitung an der Hochschule für Musik FHNW Basel.

Michelle Süess, wie hat die Digitalisierung Ihr Leben in den letzten Jahren verändert?

Einerseits hat die Digitalisierung meine Kommunikation verändert: Dadurch, dass die meiste Kommunikation bei mir durch Emails, SMS und Nachrichten-Apps erfolgt, welche alle mit dem Smartphone bedienbar sind, habe ich in den letzten Jahren immer mehr gespürt, wie die Erwartung an eine schnelle Antwort (bei mir, aber auch bei meinen Gegenübern) stieg. Andererseits ermöglicht die Digitalisierung den vereinfachten Zugang zu spezifischen Informationen und die Möglichkeit einer einfachen Verwaltung von Unterlagen. Ich bin wirklich sehr dankbar, dass ich spezifische Informationen für beispielsweise Recherchearbeiten nicht mehr (nur) durch stundenlanges Wälzen von Büchern, sondern auch durch das Suchen und Recherchieren im Internet finden kann. Auch finde ich es sehr praktisch, meine Unterlagen wie Unterrichtsmaterial, Arbeitsmaterial etc. immer auf meinem Laptop dabei zu haben, ohne immer alles zusammensuchen zu müssen.

Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf Ihr Studium resp. Ihre Laufbahn?

Da im Studium sehr viel durch Emails und auch teilweise durch Moodle kommuniziert wird, ist es manchmal schwer, den Überblick zu behalten und herauszufiltern, was wirklich wichtig ist. So gehen bei mir persönlich beispielsweise durch Emails kommunizierte Hausaufgaben/Informationen schneller unter als in der Stunde mitgeteilte. Einen Einfluss hat die Digitalisierung auch bei der Kommunikation der Werbung für Konzerte/Auftritte/Anlässe. Der Gebrauch der digitalen Plattformen und Medien zur Streuung von Flyern oder zum Einladen von Gästen ist sehr effektiv und inzwischen sehr wichtig. Im Bereich der Gehörbildung wird die Digitalisierung viel genutzt. So können zum Beispiel Melodiediktate bei uns individuell auf einem Gerät abgespielt werden. Die Lehrperson braucht die Melodie nicht jedes Mal am Klavier zu spielen, und die Studierenden können das Diktat in ihrem Tempo lösen.

Michelle Süess

… macht den Bachelor of Arts in Musik und Bewegung an der Musikhochschule Basel FHNW.

Patrick Müller — Estelle Lacombe studierte an den Universitäten von Zürich und Paris – allerdings ohne sich von ihrem Zuhause in Lauterbrunnen ob Interlaken fortbewegen zu müssen. Dies war 1951 – wenn auch nur in der Vorstellung eines Science Fiction-Autors, Albert Robida, der seinen Roman «La Vie Electrique» 1890 veröffentlichte. Estelle kommuniziert und studiert darin vermittels des sogenannten «Téléphonoscope», also eines Geräts, das dem heutigen Videochat entspricht. Was Ende des vorletzten Jahrhunderts noch in einer fernen Zukunft lag, ist inzwischen Alltag geworden – nicht nur auf einer technischen Ebene, sondern etwa auch im Hinblick darauf, wie die breite und schnelle Verfügbarkeit des Wissens die Beziehungen zwischen Lehrenden und Lernenden prägt. Gerade digitale Medien ermöglichen den sekundenschnellen Zugriff auf Wissensbestände unterschiedlichster Herkunft, die möglichen Autoritäten und Kanons haben sich vervielfacht. Heutige Studierende, Digital Natives, wissen dies mit grosser Selbstverständlichkeit und produktiv zu nutzen.

Telematische Formate 

Seit rund sechs Jahren erkundet eine Gruppe von Musikern, Künstlerinnen und Technikern, unter der Leitung von Matthias Ziegler und Patrick Müller, an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) Möglichkeiten, welche sich aus telematischen Formaten ergeben können. Darin werden Räume, die an geographisch unterschiedlichen Orten liegen, über das Internet so miteinander verbunden, dass Musikerinnen und Musiker (aber auch Schauspielerinnen, Tänzer, etc.) über Distanz in Echtzeit interagieren können: Ein Videochat also, in dem nun aber die digitalen Kommunikationstechnologien so eingesetzt werden, dass sie auch einen Austausch auf musikalisch-künstlerischer Ebene möglich machen. Das Projekt wurde in den letzten Jahren vom SNF unterstützt. Bisherige telematische Konzerte zwischen Zürich und Orten wie Bern, Belfast, San Diego oder Hong Kong haben gezeigt, dass nur ein sorgsamer Zugang künstlerisch sinn- und wertvolle Situationen schaffen kann. Erst das Wissen über technologische Möglichkeiten und Erfahrungen in der Gestaltung des szenischen Arrangements von vermittelnden Bild- und Klangmedien ermöglicht Musikerinnen und Musikern eine produktive Zusammenarbeit über geographische Entfernungen.

Diese Erfahrungen aus künstlerischer Perspektive werden an der ZHdK nun auch für pädagogische Settings produktiv gemacht. Einerseits wird der Umgang mit telematischen Mitteln und deren Ästhetik selbst über ein im Aufbau befindliches Online-Lerntool vermittelt. Andererseits interessieren Verwendungsweisen, die sich von den gängigen Vermittlungsformen im Online-Learning, die oft eine One-to-many-Struktur haben, unterscheiden (Webinars beispielsweise oder MOOCs): In Few-to-few-Settings beispielsweise können im Improvisationsunterricht Kleingruppen von verschiedenen Hochschulen zusammengeführt werden, kulturelle Differenzen der verschiedenen Standorte werden zum Thema. Im instrumentalen Einzelunterricht – one-to-one – schliesslich hat sich gezeigt, wie instrumentenspezifisch die entsprechenden Unterrichtsumgebungen gestaltet werden müssen: Im Gesangsunterricht etwa ist die Repräsentation des ganzen Körpers zentral, Cellistinnen und Cellisten hingegen benötigen eine Bildeinstellung in der Videoübertragung, welche die Bogenbewegung aus einem repräsentativen Winkel zeigt. Wertvoll hat sich ausserdem erwiesen, dass das ungewöhnliche Setting von selbst zu einer produktiven Selbstreflexion der Unterrichtspraxis führt, bei Lehrenden wie Studierenden. Und es gilt, Ausbildungsmodelle zu entwickeln, die telematischen Einzelunterricht nicht als ausschliessliches, aber als ergänzendes – und bereicherndes – Mittel verstehen.

Patrick Müller

… ist Leiter Transdisziplinarität an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK.

Digitalisierung und Musikhochschule

Einst hiess es, dass die Digitalisierung die Musikbranche zerstöre. Inzwischen ist klar, dass die Digitalisierung diese auch wieder aufgebaut hat. Welche Rolle spielen die neuen Technologien in der Ausbildung? In dieser und den folgenden Nummern wird dieser Frage nachgegangen, angefangen mit Eindrücken von der Kalaidos Musikhochschule und der Hochschule für Musik FHNW Basel.

Ingo Laufs — Man kann sich wahrhaftig nicht darüber beschweren, dass der Begriff «Digitalisierung» zu selten im täglichen Sprachgebrauch genutzt wird. Welche Einsatzmöglichkeiten, welche Entwicklungen und welche Vorteile sind für das Studium an einer Musikhochschule durch Digitalisierung vorstellbar? Dieser Frage ging die Kalaidos Musikhochschule nach, indem sie den gesamten Komplex Musiktheorie sozusagen auf den digitalen Prüfstand stellte.

Im Verlauf einer langen Arbeitsphase entstand so für die Einzelbe-reiche der Musiktheorie (Tonsatz, Gehörbildung, Höranalyse und Stilkunde, Formenlehre und Analyse, Akustik, Instrumentenkunde und Musikgeschichte (mit den Adaptionen im Jazz/Pop-Bereich)) ein System, das mehrere Unterrichtsarten in sich vereinigt. So besteht jeder der genannten Bereiche aus Unterrichtseinheiten in verschiedener Gewichtung mit unterschiedlicher ECTS-Anrechnung, und jede Unterrichtseinheit besteht aus einem Komplex aus Einzelunterricht, Gruppenunterricht, Unterricht mit Dozierenden und Unterricht ohne Dozierenden sowie einem relativ hohen Anteil an Selbststudium.

Wichtige Kontrolle

Der Unterrichtsstoff steht den Teilnehmerinnen und Teilnehmern für eine bestimmte Zeit über das hauseigene Kommunikationsportal zur Verfügung; so können die Studierenden ihn immer wieder abrufen und als Hilfestellung nutzen. Der grösste Teil dieser beschriebenen Situation wird online vermittelt, auch Prüfungen werden auf diese Art und Weise möglich. Studierende können also demnächst entspannt im heimischen Wohn- oder Arbeitszimmer ihren Theorieunterricht erhalten und ihre Prüfungen schreiben – was keineswegs gleichbedeutend mit fehlender Kontrolle ist. Mit Kontrolle ist das Nachvollziehen der Lernfortschritte gemeint, das Gewährleisten des Fortschritts in der Bewältigung des Lehrstoffes, also eine Betreuung, welche über das Unterscheiden zwischen «richtiger» und «möglicher» oder gar «falscher» Lösung hinausgeht. Denn letzteres lässt sich technisch leicht lösen, indem man die möglichen Lösungen dem Lernenden einsehbar macht. Hingegen ist ein kommentiertes Feedback nötig, richtig und falsch muss innerhalb eines ästhetischen Bezugsrahmens verstanden werden können. Gemeinsam mit einigen ihrer Kooperationspartner wird die Kalaidos Musikhochschule diese bisher nur mit einzelnen, freiwilligen Studierenden getestete Version ab April testen.

Eine weitere, sicher zu diskutierende Einsatzmöglichkeit digitaler Medien wäre die Anerkennung von Videoaufnahmen bzw. Links zu Youtube-Aufnahmen als Zulassungsprüfung im künstlerischen Bereich. Sicher gibt es viele Vorteile bei der physischen Präsenz, den Live-Klang, die Persönlichkeit. All das ist deutlicher wahrnehmbar, wenn man sich gegenüber sitzt. Aber ist es im Zeitalter der Digitalisierung und der Globalisierung nicht auch erlaubt, nicht nur über die Fragen der Nutzbarmachung dieser Entwicklungen für das Studium an einer Musikhochschule nachzudenken, sondern sie anzuwenden, sei es auch nur versuchsweise? Wer nicht probiert, kann nicht ablehnen. Und so hat sich die Kalaidos Musikhochschule, die schon lange Aufnahmeprüfungen via Youtube akzeptiert, wenn sie von Studierenden aus entfernten Ländern eingereicht werden, entschlossen, auch in ihrem Stipendienwettbewerb diese Form der Bewerbung und Teilnahme zu akzeptieren.

Blended Learning

Somit sind die Chancen der Digitalisierung für eine Musikhochschule deutlich. Die Digitalisierung ermöglicht zum einen das anschauliche Aufbereiten der Lehrinhalte: Bild, Ton und Analyse können zum einen zusammengebracht und die zu lehrenden/lernenden Aspekte fokussiert und an den Beispielen pointiert aufbereitet werden. Zum anderen können diese Inhalte über die Dauer einer traditionellen Unterrichtsstunde hinaus dauerhaft einsehbar bleiben. So wird die Zeit des Lernens verlängert. Das als «Blended Learning» bezeichnete Lernen kann also zu einer vertieften Form des Lernens führen.

Natürlich sind auch die Risiken zu beachten. Diese bestehen in einer allzu menschenfernen, quasi ausschliesslich auf das technisch Realisierbare reduzierten Darbietungsform der Lehrinhalte. Das Risiko besteht darin, den Menschen – und damit die Lehrperson – überflüssig machen zu wollen. Das wird nicht gelingen. Die Materie ist zu komplex, ferner ist die Lehrperson ein Bezugspunkt, welcher in seiner Funktion nicht zu unterschätzen ist. Die Lehre bekommt ein «Gesicht». Häufig – insbesondere bei Kreativaufgaben – entstehen Probleme, welche über das «Realisieren von Tönen» hinausgehen. Hier ist die persönliche Ansprache und Betreuung unumgänglich.

Technische Voraussetzungen

Die Studierenden müssen selbstverständlich auch über passende technische Voraussetzungen verfügen. Dies hängt von der Aufmachung der digitalen Medien ab. Es gibt zum Beispiel käuflich zu erwerbende Programme im Bereich Gehörbildung (Earmaster), für welche den Hochschulen Gruppenlizenzen vergeben werden. Hierfür ist ein Rechner mit Kopfhörer notwendig, zum Thema »Vom Blatt Singen» zusätzlich ein Mikrofon. Für die meisten Fälle sollte aber die Grundausstattung genügen, also: Internetzugang, Rechner mit Audio- und Videofunktion, Emailzugang, denn das Lehren muss mit jenen Möglichkeiten gelingen, über welche die Studierenden meistens verfügen, ohne sich in Unkosten stürzen zu müssen. Die Hochschulen ihrerseits benötigen Lehr-Lernplattformen, welche einen Zugriff den Studierende den Zugriff auf die Inhalte erlauben.

Ingo Laufs

… ist Fachbereichsleiter und Dozent für die Fächer Tonsatz, Analyse, Formenlehre, Arrangement, Komposition an der Kalaidos Musikhochschule.

Elke Hofmann — Der innovative Einsatz digitaler Technologien in der Lehre ist zum Attraktivitätsmerkmal einer Hochschule geworden. Die Verwirklichung des alten Traums von einer zeitlichen und örtlichen Flexibilisierung von Lehre ist ein Segen überall dort, wo Wissen möglichst individualisiert an viele Menschen vermittelt werden soll. Gleichzeitig bedeutet sie immense Herausforderungen, sowohl für die Entscheidungsträger über Investitionen im Umfeld rasant veraltender Technologien, als auch für die Lehrenden, die ihre medialen und didaktischen Kompetenzen den Anforderungen der jungen Studierendengeneration fortlaufend anpassen müssen.

Der digitale Wandel birgt für die tradierten, hoch individualisierten Lehrformen professioneller Musikausbildung andere Fragestellungen und Herausforderungen als für die typisch universitäre Wissensvermittlung.

Selbst mit Hilfe modernster digitaler Technologien lässt sich physische Präsenz, unerlässlich für die Vermittlung der künstlerischen und technischen Essenz der Beherrschung eines Instruments bzw. der Stimme oder des kreativen Prozesses einer Improvisation oder Komposition, bisher noch nicht in befriedigender Form übertragen. So scheint gerade im Kerngeschäft einer Musikhochschule, dem künstlerischen Einzelunterricht und den begleitenden Kleingruppenunterrichten, die verlockende zeitliche und örtliche Flexibilisierung derzeit (noch) nicht erreichbar. Für die Wahl des Studienortes bliebt bisher die Anziehungskraft der Hauptfachlehrkraft, zusammen mit der Attraktivität des Campus in Hinblick auf weitere praktische Erfahrungen im gewählten Hauptfach oder dessen Spezialisierung, ausschlaggebend.

Im Rückblick auf die Entwicklungen der letzten beiden Jahrzehnte scheint es eine Frage der Zeit, dass sich auch dieses Paradigma ändern wird; die bereits bestehenden Technologien werden europaweit intensiv beforscht und generieren schon jetzt eine neue Kultur der musikalischen Interaktion.

Digitale Medien prägen längst den Alltag an der Hochschule für Musik FHNW/Musik-Akademie Basel: Studierende und Lehrende spielen aus digital repräsentierten Noten auf Tablets, verwenden Online-Bibliothekskataloge und wissenschaftliche Rechercheportale und machen die eigene musikalische und/oder wissenschaftliche Arbeit in Webpräsenzen oder Social Media mittels digitaler Video- und Audioaufnahmen oder Live-Streaming sicht- und hörbar.

Innerhalb der tradierten Lehrformen entwickeln Lehrende digitale Werkzeuge für die Vermittlung spezieller Inhalte (z.B. Intonation/Stimmungssysteme) und erproben digital gestützte Prüfungsformate; Pädagogikstudierende beschäftigen sich mit der Didaktik von Lehrvideos. Learning Management Systeme und kollaborative digitale Gruppenräume ermöglichen neue Qualitäten in der Nutzung der Kontaktzeit.

Digitale Zukunft

Als eine von neun Hochschulen des Verbundes der Fachhochschule Nordwestschweiz befindet sich die Hochschule für Musik FHNW/Musik-Akademie Basel zudem in einer Umgebung, die sich mit der Überführung der Lehre in die digitale Zukunft intensiv auseinandersetzt. So wird die FHNW in den kommenden Jahren für ihre neun Hochschulen spezielle Räume einrichten, die ihren Lehrenden Ausprobieren digital unterstützter Lehrformen ermöglichen, Impulse zur Entwicklung digitaler und medienpädagogischer Kompetenzen geben, eine Plattform zur Präsentation innovativer Lehre entwickeln und den Diskurs über die Idee von der Zukunft exzellenter Lehre fördern. Hierbei hat sie den Anspruch, den unterschiedlichen Bedürfnissen der Teilhochschulen gerecht zu werden und gleichzeitig interdisziplinäre Synergiepotentiale zu nutzen. Für die Umsetzung individueller Projekte bietet die FHNW den Lehrenden kompetetitive Anreize; so konnten David Mesquita und Florian Vogt von der Schola Cantorum Basiliensis unserer Hochschule eine der ersten Förderungen des Lehrfonds für ihr Projekt «Singing upon the (note)book» gewinnen, in dessen Rahmen eine interaktive Website zu bestimmten Aspekten der historisch orientierten Gehörbildung entwickelt wird.

So sieht sich die Hochschule für Musik FHNW/Musik-Akademie Basel Teil eines umfassenden Prozesses, der die bewährte Exzellenz ihrer Lehre mit Umsicht in eine erfolgreiche Zukunft führen wird.

Elke Hofmann

… ist seit September 2018 Beauftragte für Digitalisierung an den drei Instituten der Hochschule für Musik FHNW Basel.

La composition jazz: une nouvelle option

La série en trois parties sur les études de composition dans les Hautes Écoles de musique suisses s’achève avec cet article. Thomas Dobler (Coordinateur de la Filière Bachelor Jazz & Musiques Actuelles) et Mátyás Szandai expliquent le program-me de la composition jazz à l’HEMU Lausanne.

Matthias von Orelli — Mátyás Szandai est étudiant de l’HEMU Lausanne (Master en Interprétation option performer composer) depuis deux ans. Il donne un aperçu personnel de ses études quotidiennes.

Mátyás Szandai quel est votre CV actuel et comment êtes-vous arrivé en Suisse et à Lausanne ?

J’ai étudié la contrebasse classique au Département de l’Académie de Musique Ferenc Liszt de Budapest et auprès de Gergely Járdányi. Puis la composition classique avec Jean-Michel Bardez au Conservatoire Hector Berlioz de Paris, et l’harmonie jazz avec Emil Spanyi au Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse de Paris. Après avoir vécu presque dix ans à Paris, j’ai décidé de continuer mes études. J’étais content de trouver la formation Master en Interprétation – option performer composer à l’HEMU de Lausanne. C’est exactement ce dont j’avais besoin.

Quelle est l’importance de la composition jazz pour vous, votre développement musical et votre carrière ?

J’ai des expériences plutôt comme interprète. Je pense que la pratique de la composition et l’arrangement m’aident à devenir un meilleur improvisateur aussi. J’ai toujours composé pour mes groupes, mais cela signifie rester dans de petits groupes, et il me manque toujours une formation qui m’aide à réaliser mes idées musicales et les met en pratique en même temps. La section jazz de l’HEMU m’a non seulement donné la possibilité d’apprendre à faire des arrangements pour des orchestres plus grands, mais j’ai également l’occasion de les interpréter, et de les enregistrer (dans le cadre de semaine de projet). Par exemple, cette année on joue une composition et un arrangement de moi dans le cadre de la création Oriental Tales pour le festival Cully Jazz en avril 2019, et en fin d’année je jouerai mes compositions avec mon ensemble pour mon examen-concert au BCV Concert Hall de Lausanne.

Qu’attendez-vous en principe de telles études ?

Mon but personnel est d’être capable d’écrire de la musique pour de grands ensembles, par exemple un orchestre de chambre, un big band ou un orchestre symphonique.

À quoi ressemble exactement l’étude de la composition jazz à Lausanne, en particulier par rapport à d’autres styles de composition ?

J’étudie avec Emil Spànyi qui a une connaissance globale et une vue d’ensemble sur l’histoire de la musique et sa théorie. J’ai des cours toutes les semaines. En début d’année, on établit un plan du travail. L’enregistrement dans le cadre de semaine de projet, et le concert de fin d’année donnent les dates limites et le rythme du travail. La première année, je voulais apprendre les techniques des arrangements pour harmoniser les standards du jazz dans le style d’Ellington ou de Gil Evans. L’année dernière, pour mon examen-concert de fin d’année, j’ai joué mes arrangements avec mon quintet. Cette année, je voudrais me concentrer sur mes compositions personnelles. J’ai quelques compositions que j’ai écrites pour mon quartet et je voudrais les arranger pour un ensemble qui contient une flûte, un hautbois, une clarinette, deux violons, un violoncelle, un vibraphone et une section rythmique. D’abord, on définit les formes, le style, on prend quelques exemples avec la même instrumentation du répertoire jazz ou classique, puis j’essaie de proposer quelques idées personnelles qu’on développe.

Selon moi, l’écriture et la composition jazz sont inimaginables sans les acquis de la musique classique. Pour moi, les différences dans la composition entre la musique classique et le jazz se situent dans l’improvisation, l’accentuation, les rythmes et les formes.

Thomas Dobler — La composition prend une place proéminente au sein de la filière Jazz de la Haute École de Musique de Lausanne (HEMU). En 2016, lors d’une révision des orientations de Master jazz, le Master en Composition a été intégré dans le Master en Interprétation, les liens entre la composition jazz et l’interprétation étant impératifs. Dans la pratique du métier, le compositeur est dans la plupart du temps également interprète de sa musique. En même temps, il est important que l’interprète dispose de compétences d’orchestration, arrangement et composition. Les liens entre l’improvisation, considérée comme l’élément clé du Jazz, et la composition sont évidents et indispensables. Le Master en composition sous son ancienne forme a donc disparu, mais il voit la lumière dans une nouvelle orientation : Le Master en Interprétation – option performer composer.

Cette réforme représente une valorisation conséquente de la composition au sein de l’institution. Elle a réussi à dynamiser la volonté de création, le facteur crucial pour une musique vivante et un jazz en mouvement. Le Master en Interprétation – option performer composer a été immédiatement fort apprécié et bien accueilli par les étudiants. Les inscriptions ont doublé en très peu de temps.

La formation offre à chaque étudiant, en plus des cours d’instrument principal, des cours individuels de composition et divers cours collectifs dans le domaine d’arrangement et orchestration. En plus, ce Master prévoit une forte possibilité d’individualisation du profil. Il existe notamment la branche « spécialisation », un cours individuel à choix qui permet à l’étudiant de mettre l’accent sur un domaine spécifique ou de renforcer une orientation (musique de film et média, musique électronique, composition selon thématique spécifique, orchestration, interprétation, etc.).

La mise en pratique

Le plus important est néanmoins la mise en pratique. Il est inefficace et dommage si les compositions restent des exercices qui terminent dans un tiroir. Il est au contraire primordial que l’étudiant puisse entendre et par conséquent modifier et retravailler son œuvre. Raison pour laquelle l’HEMU Jazz a mis en place un système très développé intégrant de nombreux concerts avec des partenaires externes. Tous les étudiants en « Master en Interprétation – option performer composer » sont obligés d’écrire au moins deux compositions/orchestrations par année pour les projets des ensembles de l’HEMU Jazz.

Ces commandes impliquent des contraintes en termes d’instrumentation et au niveau stylistique, mais surtout des échéances précises. Tous les processus sont soigneusement accompagnés par les professeurs de composition et directeurs artistiques des divers projets. La conception des projets envisage une très grande diversité de style afin de ne pas manœuvrer dans des esthétiques restreintes ou dogmatiques.

L’HEMU estime indispensable de transmettre les valeurs « classiques », voire de la culture générale, notamment une excellente connaissance du passé, une bonne maîtrise des techniques de composition et orchestration qui représentent les véritables outils de travail, avec la conviction que la créativité peut se développer à travers le travail. En sus de ces commandes de composition/orchestration, les étudiants composent pour leurs projets personnels avec lesquels ils se produisent lors des nombreux concerts, notamment dans le cadre d’un récital/concert public dans la salle de concert de l’HEMU en fin de chaque année. En deuxième année de Master, leurs projets sont enregistrés dans le studio de l’HEMU. Le travail de Master intègre ces enregistrements, accompagné par la création d’un site internet comprenant un dossier de presse en plusieurs langues explicitant la démarche artistique.

L’HEMU site du Flon (filières Jazz et musiques actuelles) réalise environ 200 concerts publics annuels, en collaboration avec de nombreuses institutions partenaires telles que la RTS (concerts d’Espace JazzZ), le festival « Cully Jazz », le Montreux Jazz Festival, le festival « Onze Plus » Lausanne, le festival « Périgord Noir » en France, le festival « Nova jazz » Yverdon, Jazzclub Chorus Lausanne, les concerts de Lancy – Cave Marignac, Théâtre de Vidy Lausanne, Label Suisse, Le Bourg Lausanne, Output Festival Zurich, « City Club » Pully, Esprit Sainf Lausanne et les Hautes Ecoles de Musique de Stuttgart, Linz, Graz, Lucerne, Berne, Zurich, Bâle.

Les créations

Une bonne partie de ces concerts intègrent des compositions et orchestrations des étudiants. Mais l’HEMU fait aussi des commandes pour ses créations auprès de ses professeurs ainsi que des intervenants externes (notamment Nik Bärtsch, Michel Godard). Le mélange de compositeurs « professionnels » et « étudiants » est particulièrement intéressant, étant donné que les étudiants peuvent alors observer comment leurs professeurs affrontent le même défi qu’eux. Un bon exemple représente la création « Oriental Tales » pour l’édition du festival Cully Jazz en avril 2019. Une heure de musique, composée par quatre étudiants et un professeur pour un ensemble plus qu’hétérogène : quatre musiciennes classiques, une section rythmique Jazz, un percussionniste oriental et deux musiciens traditionnels du Maroc.

Kann man Volksmusik komponieren?

Ein eigentliches Studium der Volksmusikkomposition gibt es (noch) nicht. Die Hochschule Luzern – Musik ist aber ein Kompetenzzentrum für Volksmusik, weswegen in dieser Ausgabe verschiedene Exponenten zu dieser Thematik Stellung nehmen.

MvO — Dominik Flückiger studiert an der Hochschule Luzern und beschäftigt sich intensiv mit der Komposition von Volksmusik. Das Komponieren beschäftigt ihn seit dem 14. Lebensjahr. Inspiriert von anderen Musikstilen, experimentierte er zunächst am Klavier und probierte Klänge aus, die mit Volksmusik gar nichts zu tun hatten. Mit 16 Jahren legte er den Fokus auf die Volksmusik und konnte diese im «traditionellen» Sinne rasch komponieren. Durch das Studium setze er sich dann mit den komplexeren Formen des Komponierens auseinander und machte sich musiktheoretische Überlegungen. Das Komponieren ist für ihn ein freier Prozess, bei dem viele verschiedene Stile zusammenfliessen. Frei bedeutet für ihn das Volksmusikalische. Frei verpflichtet aber trotzdem dazu, sich jeden Ton und jeden Akkord genau zu überlegen. Flückiger komponiert zahlreiche Werke für die Volksmusik-Formation Alpinis der Hochschule Luzern. Dabei hat er auch gelernt, wie welches Instrument klingt und was die verschiedenen technischen Möglichkeiten der Instrumente sind.

Flückiger unterteilt das Komponieren von Volksmusik in drei Kategorien. 1. Eine Neukomposition gleicht der alten, traditionellen Volksmusik, zum Beispiel mittels Stilkopie eines bestimmten Volksmusikkomponisten. Diese Art fällt jenen einfach, die schon viel Erfahrung mit Volksmusik haben, und sie eignet sich besonders, um andere möglichst rasch mitspielen lassen zu können. 2. Man komponiert im Stil der traditionellen Volksmusik, lässt dies aber modern klingen, etwa durch progressive Harmonik. Manchmal reicht es schon, wenn ein Volksmusikstück anstatt in Dur in Moll gespielt wird. Auch der Ablauf eines Stücks kann frei gestaltet sein, sei es durch die Ergänzung einer Introduktion oder die Improvisation über eine spezifische Stelle. Bei dieser Kompositionsart wird der «Volksmusik-Groove» beibehalten. Ebenfalls bereichernd kann der Einbezug von fremder Volksmusik sein. Bei den ersten beiden Varianten wird in der Regel nur ein Leadsheet mit der ersten und zweiten Stimme und den dazugehörigen Akkordsymbolen notiert, das Arrangement entsteht dann beim Spielen. Bei der 3. Kategorie wird die Musik in der Regel komplett ausgeschrieben und arrangiert. Das ist dann der Fall, wenn die Volksmusik mit anderen Musikstilen kombiniert wird. Dank dem Musikstudium sind einem die verschiedenen Stile bekannt, für das Komponieren bedarf es aber noch vertiefter musiktheoretischer Kenntnisse. Ob das noch Volksmusik ist? Flückiger ist der Ansicht, dass solche Kompositionen zwar «modern» oder «neu» klingen, aber keiner anderen Musikrichtung als der Volksmusik zugeordnet werden können.

Labor für Volksmusikkompositionen

Matthias von Orelli im Gespräch mit Albin Brun (Gastdozent an der Hochschule Luzern) und Kristina Brunner (Schwyzerörgeli-Studium im Hauptfach an der Hochschule Luzern, unterrichtet das Fach an den Musikschulen der Region Gürbetal und der Stadt Luzern).

Albin Brun, kann man Volksmusik-komposition überhaupt studieren? Ist Luzern dafür ein Zentrum und welche Rolle spielt dabei die Hoch-schule als Ganzes?

AB: Es gibt keinen eigentlichen Studiengang für Volksmusikkompo- sition in der Schweiz. Da aber Luzern die einzige Hochschule ist, wo man im Schwerpunkt Volksmusik studieren kann, nimmt sie schon eine Vorreiterrolle ein. Die Studierenden können aus einem grossen Angebot von Wahlfächern wählen und sich bei Dozenten wie z.B. Markus Flückiger auch mit Volksmusikkomposition auseinandersetzen. Zudem gibt es das hochschuleigene Volksmusik-Ensemble Alpinis, das ich momentan leite, welches sich als eigentliches Labor versteht, wo die Studierenden ihre Kompositionen mitbringen können, die wir dann gemeinsam erarbeiten und auch an Konzerten aufführen. Da man sich an der Hochschule für ein Profil Klassik oder Jazz entscheiden muss, kommen alle Studierenden zwangsläufig auch mit anderer Musik in Berührung. So hat z.B. der Akkordeonist Fränggi Gehrig im Minor Komposition bei Dieter Ammann belegt (und 2016 den Volksmusikpreis der Fondation SUISA gewonnen). Diese stilübergreifende Ausbildung und das gelernte Handwerk schlagen sich dann natürlich in den Kompositionen von jungen Musikern wie Marcel Oetiker, Pirmin Huber, Christoph Pfändler, Maria Gehrig, Nayan Stalder oder Adrian Würsch nieder. Bisher waren ja die meisten Volksmusikkomponisten Autodidakten, insofern denke ich, dass durch den Einfluss der Hochschulausbildung vermehrt auch anspruchsvollere und komplexere Kompositionen zu hören sein werden. Was aber nicht heisst, dass die «einfachere» Musik verdrängt werden soll! Die Volksmusik lebt ja von einer grossen Vielfalt, daran soll sich nichts ändern, es geht überhaupt nicht um eine Akademisierung. Aber es ist schön zu sehen, wie die Volksmusik im Kern lebendig ist und sich an den Rändern in verschiedenste Richtungen weiterentwickelt.

Was ist Ihr Eindruck, Kristina Brunner?

KB: Ein explizites Studium für Volksmusik-Komposition gibt es nicht. Im Bachelor studieren alle Studentinnen und Studenten im Hauptfach ein Instrument im Profil Jazz oder Klassik. Dazu besuchen sie den Schwerpunkt Volksmusik, indem die Komposition bei vielen in irgendeiner Form zum Thema wird. Das letzte Semester des Theorieunterrichts besteht dann aber für alle Studierenden darin, ein Stück zu komponieren und aufzuführen. Dazu hat man Einzelunterricht bei einem Kompositionsdozenten. Bis auf dieses Semester ist das Komponieren jedoch nicht obligatorisch. Im Masterstudium hat man dann die Möglichkeit den Minor Komposition zu wählen und sein Wissen in diesem Bereich zu vertiefen.

Wie unterscheidet sich das Komponieren von Volksmusik von anderen Kompositionsvorgängen, etwa in der Klassik?

KB: Da ich mich mit anderen Kompositionsstilen zu wenig auskenne, kann ich nur aus meiner eigenen Sicht antworten. Ich denke, dass man unter dem Begriff Volksmusik sehr viele Möglichkeiten und Freiheiten hat. Bei mir entsteht vieles durch das Improvisieren und Ausprobieren, wodurch für mich das Komponieren auch etwas sehr Intuitives hat. Im Allgemeinen denke ich auch, dass die Musikstilrichtungen und deren Kompositionsstile heutzutage nicht mehr so klar definiert sind und die Grenzen fliessend sind. In der traditionellen Volksmusik bestehen die Melodien meist aus Akkordbrechungen und Tonleiterabschnitten, die dann mit den Hauptstufen (I, IV, V, manchmal noch II oder VI) harmonisiert werden. Dieses Gerüst kann man mit anderen Einflüssen erweitern oder ergänzen. So entsteht ein sehr vielseitiges Feld, das ich in seiner ganzen Bandbreite sehr schätze.

Inwieweit wird das Komponieren an der Hochschule gefördert?

KB: Ich wurde vor allem von meinem Hauptfachdozent Markus Flückiger dazu ermuntert, eigene Stücke in den Einzelunterricht oder in die Ensemble Probe mitzubringen. Gerade im Volksmusik-Ensemble Alpinis, das sich immer wieder aus verschiedenen Studenten zusammensetzt, hat man die Möglichkeit, vieles auszuprobieren. Durch die grosse Bandbreite an Instrumenten kann man mit der Zeit herausfinden, welche Instrumente sich gut eignen oder worauf man technisch bei einem Arrangement schauen muss. Durch das eigene Ausprobieren und die Feedbacks der Dozierenden konnte ich sehr viel lernen. Im Schwerpunkt Volksmusik wird man grundsätzlich immer dazu ermutigt, eigene Stücke zu komponieren und zu spielen. Damit wird die Eigenständigkeit der Studentinnen und Studenten enorm gefördert, was ich sehr schätze.

Was ist das Individuelle, Einzig- artige bei der Volksmusik aus kompositorischer Sicht?

AB: Die Volksmusik lebt stark von Melodien, d.h. ohne erkennbare Melodie wird eine Komposition kaum als Volksmusik wahrgenommen. Einen allzu intellektuellen Zugang schränkt das schon mal ein. Und dann gibt es natürlich einen grossen Fundus an Tradition, an dem man sich reiben kann. Man kann Althergebrachtes ausdehnen, erweitern, aufbrechen, und man kann Erwartungen unterlaufen. Zudem geben Klangpotential und Spielweise von typischen Volksmusikinstrumenten wie Schwyzerörgeli, Hackbrett oder Halszither noch einiges her. 

Wie beurteilen Sie die aktuelle Pro-duktivität im Sektor der Volksmusik – ist diese besonders vielfältig, orientiert sie sich an Trends?

AB: Die Szene der Neuen Volks- musik, wie ich sie erlebe, ist relativ überschaubar. Trotzdem ist sie sehr vielfältig und lebt von individuel- len Persönlichkeiten. Jede von ihnen hat wieder eine eigene Ausrichtung. Nachdem in der Volksmusik über eine lange Zeit eher wenig Innovation passierte, ist seit einigen Jahren eine richtige Aufbruchstimmung zu spüren. Durch diese Öffnung interessiert sich plötzlich auch ein Publikum für diese Musik, das vorher überhaupt keinen Zugang hatte. Neben der Hochschule Luzern haben auch Festivals wie Alpentöne Altdorf oder Stubete am See in Zürich einen wichtigen Ein- fluss auf die Entwicklung dieser Szene. Auch Institutionen wie das Haus der Volksmusik in Altdorf, das Rothuus in Gonten oder Klangwelt Toggenburg tragen mit einem vielfältigen Kurs- angebot zur Lebendigkeit der Volksmusik bei.

Offenheit

Welche sind die Trends, die in der aktuellen, zeitgenössischen Volksmusik festgestellt werden können?

AB: Es gibt keine offenkundigen Trends, denen nachgeeifert wird. Aber wie gesagt, die Offenheit gegenüber anderen Stilen ist augen- und ohrenfällig, vielerorts fallen die Scheuklappen weg. Einen grossen Einfluss hat sicher die skandinavische Volksmusik, man lässt sich aber auch von Jazz, Klassik, Minimal-Music, Pop, Rock, Improvisation, elektronischer Musik etc etc inspirieren. Da wird experi-mentiert und ausprobiert, dass es eine Freude ist!

Wie beurteilen Sie den komponierenden Nachwuchs auf dem Gebiet der Volksmusik?

AB: Sehr vielversprechend. Wenn ich hier an der Hochschule Leute wie Kristina Brunner oder Dominik Flückiger erlebe, die es faustdick hinter den Ohren haben, muss man sich über die Zukunft der Volksmusik keine Sorgen machen.

KB: Wenn ich etwas komponiere, beabsichtige ich meist nicht bewusst, Volksmusik zu komponieren. Für mich ist es sehr wichtig, mich frei zu fühlen und keine starren Regeln befolgen zu müssen. So geschieht bei mir vieles auch aus der Improvisation heraus. Wenn ich auf dem Schwyzerörgeli oder Cello eine Idee habe, die mir gefällt, versuche ich diese zu vertiefen und daraus ein Stück zu machen. So entstehen meist Stücke, die von der Form oder Motivik her mit der Volksmusik verbunden sind, ohne dass dies aber meine konkrete Absicht war. Ich fasse den Begriff Volksmusik für mich persönlich aber auch weit und schliesse die Musik aus anderen Kulturen mit ein. Für mich ist das Komponieren immer auch eine Chance, mich musikalisch weiter zu entwickeln. Ich finde es sehr spannend und befriedigend, Musik nicht nur zu interpretieren, sondern auch selber zu entwickeln. Jedes Stück ist so ein ganz persönlicher Ausdruck und hat für mich eine besondere Bedeutung.

Link zum Bachelor of Arts in Music, Schwerpunkt Volksmusik:

> www.hslu.ch/de-ch/musik/studium/bachelor/volksmusik/

Komponieren, was heisst das heute?

Zum Auftakt des neuen Jahres wird im Folgenden das neue Kompositions-studium an der Hochschule der Künste Bern HKB vorgestellt.

Graziella Contratto — Seit gut einem Jahr laufen im Fachbereich Musik an der Berner Hochschule der Künste HKB verschiedene Entwicklungsprozesse in den Curricula ab: Als erster Studienbereich stellt nun die Kompositionsabteilung ihre Neukonzeption des Kompositionsstudiums vor, den Master in Composition/creative practice. In einem Workshop mit internationalen Künstlerinnen und Künstlern aus den Bereichen Komposition, experimentelle Performance, Konzept- und Klangkunst oder composed theatre entwickelte der Studiengangsleiter und Komponist Xavier Dayer mit seinem Kollegium ein neues Studienangebot: Nicht mehr «Klassik», «Jazz» oder «Sound Arts» gelten als Eintrittstore mit ihren tradierten Konsequenzen für künftige Kompositionstudierende, sondern das eigentliche kompositorische Profil soll im Prozess des Studiums erst entwickelt werden: dank einer hochindividualisierten Begleitung durch verschiedene Professorinnen und Professoren, durch flexible Kernfächer und eine stark akzentuierte Projekt- und Praxiserfahrung. Der Begriff der Creative practice möchte diese Offenheit und die schöpferische Haltung dahinter zum Ausdruck bringen, gleichzeitig weist er auch auf die spezifischen Berner transdisziplinären Strömungen und Vernetzungen hin, die ein Kompositionsstudium in einem übergeordneten Narrativ erleben lassen. Im Gespräch mit Graziella Contratto erläutert Xavier Dayer seine Überlegungen bei der Konzeption des neuen Studiums.

Xavier Dayer, vous avez repensé l’enseignement et la structure d’études pour le nouveau Master in Composition/creative practice à Berne. Pouvez-vous nous décrire les axes centraux de la filière ?

J’observe avec bonheur une jeune génération de créateurs aux idées paradoxales souhaitant à la fois l’individualisation et la création collective, la diversité des compétences et l’ultra spécialisation. Pour répondre à cela nous avons entrepris avec l’ensemble de mes collègues des réformes concernant notre formation et nous aurons à Berne, dés la rentrée en septembre 2019, un nouveau Master in Composition/Creative practice conçu sur trois grands axes:

Un enseignement extrêmement individualisé avec des enseignants choisis par les étudiant-e-s avec une ouverture totale des profils dans tous les styles.

Des cours de perfectionnement à choix dans des domaines variés allant de la musique électronique, au pratiques « curatorielles » jusqu’au Théâtre musical.

Et enfin plusieurs semaines intensives réunissant l’ensemble des étudiant-e-s de la filière et entièrement axées sur la créativité collective.

Ou faut-il placer le « moi » du (jeune) compositeur, de la compositrice aujourd’hui ?

A première vue la recherche du « moi » est extrêmement valorisée dans nos sociétés et la conception romantique de l’artiste comme celui qui franchit la « loi » pour imposer son « moi » rôde encore, le nouveau visage de cette conception est celui de la « disruption ». Cette vision doit être à mon avis questionnée et réfléchie car dans les faits personne ne sait précisément quelle est cette loi… alors comment franchir « héroïquement » une limite inexistante? A ce titre, j’ai été fasciné d’observer lorsque nous avons réuni de nombreux compositeurs de renommée internationale, dans le contexte du développement de notre Master en composition : aucun ne pouvait définir avec précision les apprentissages fondamentaux de la composition au 21e siècle !

Entre Superdiversité et Héritage, Selfie-ness et Participation – comment se prépare votre filière aux défis d’aujourd’hui ?

Je ne trouve qu’une possibilité pour répondre à un tel défi : la con-frontation des étudiants eux-mêmes directement et frontalement aux contradictions de notre époque. Le temps où un professeur ou une institution pouvait donner une réponse sur la part d’héritage devant être intégrée ou non intégrée est entièrement révolu. A Berne, le Master in Composition/Creative practice ne donnera aucune consigne de ce type mais nous nous efforcerons de créer le cadre optimum permettant d’accompagner nos étudiants en leur donnant les outils pour préciser leur pensée et leur artisanat. Mais cette pensée que cet artisanat doit venir de leurs cohérences et de leurs incohérences. L’incohérence, le vide et le chaos peuvent avoir un potentiel créatif immense. L’institutionnel n’aime pas le vide et le chaos mais l’art peut l’aimer amoureusement…

Vous enseignez vous-même avec un grand succès et une longue expérience didactique dans le domaine de la composition. Quelles autres figures phares avez-vous rassemblées dans votre filière et pour quelle raison ?

Simon Steen-Andersen, Cathy van Eck, Teresa Carrasco, Django Bates ou Stefan Prins sont des créateurs/créatrices très contrastés ayant chacun/e des mondes sonores mais aussi, pour certains, visuels propres. Ce qui les réunit est une force de précision, une ouverture constitutive à d’autres mondes musicaux que la stricte musique contemporaine (Jazz, sound arts, opéra ou théâtre musical) et un haut sens pédagogique. Avec ces figures, mais aussi avec de nombreux autres professeurs invités, un spectre important des directions esthétiques actuelles me semble couvert. J’insiste sur la présence régulière de Simon Steen-Andersen pour des semaines intensives. Il nous permet de poursuivre dans une perspective absolument actuelle la tradition de l’enseignement du théâtre musical initiée il y maintenant plus de 10 ans à Berne par Georges Aperghis. De plus notre corps professoral est extrêmement en lien avec les autres domaines artistiques présents à la HKB : opéra, littérature, arts visuels et théâtre.

Quel rôle jouent la Recherche et la réflexion au nouveau Master ?

Nous développons des liens forts et permanents avec le département de Recherche de la HKB. Certains enseignants sont d’ailleurs actifs dans les deux départements (Musique et Recherche) et des projets phares comme celui sur la Microtonalité sont menés en parallèle du point de vue de la création et de la Recherche.

Je suis assez radical en ce qui concerne la Recherche : nous voyons trop souvent à l’œuvre le modèle où l’essentiel de l’enseignement est l’artisanat puis on donne un « supplément d’âme » avec le réflexif. Ici dans le Master in Composition/Creative practice ce sera exactement l’inverse : la recherche et la réflexion sont le point de départ absolu permettant de définir quel artisanat l’étudiant veut ensuite développer. En d’autres mots, nous œuvrons afin que le cursus même des étudiants soit défini par leur recherche.

«Fantasie und Stringenz»

Peter Kraut im Gespräch mit Simon Steen-Andersen, Professor für Komposition an der HKB, zur Rolle von Komponist*innen und Ausbildung heute.

 

Simon Steen-Anderson, was bedeutet es heute, Komponistin, Komponist zu sein? Was ist ein Komponist?

Es ist gar nicht mehr so leicht, wenn überhaupt möglich, endgültig zu definieren, was eine Komponistin, ein Komponist ist. Komponieren heisst aber meistens: Ereignisse in einem zeitlichen Ablauf zu planen oder arrangieren. Und oft sind die Ereignisse auch klanglicher Natur oder die haben klangliche Aspekte, aber das muss nicht unbedingt sein. 

Was sind wichtige Eigenschaften und Skills, die man dazu benötigt?

Fantasie und Stringenz. Ideen eindampfen und Potenzialen analysieren zu können. Wille und Ehrgeiz, die Ideen und Visionen umzusetzen und sich neue Fähigkeiten und Informationen anzueignen, wenn das erforderlich ist. Und dazu kommen selbstverständlich die eigentlichen Skills: Instrumentieren, Notieren oder Programmieren, Arrangieren, Redigieren, etc. Die Letzteren sind aber viel leichter zu lernen.

Und wie lernt man das am besten? 

Ich würde sagen «by doing»: beim Spielen, Ausprobieren, Experimentieren. Und danach beim Analysieren, Diskutieren, Evaluieren.

Muss man als Komponist heute multimedial unterwegs sein oder kann man auch mit traditionellem Handwerk – Noten auf Notenpapier – aktuelle, relevante Musik schreiben?

Absolut nicht – und umgekehrt ist multimedial unterwegs zu sein keine Garantie für Relevanz und Aktualität. Vorausgesetzt, dass wir uns einigen können, was denn relevant und aktuell heisst. 

Etwa in der natürlichen und unbeschwerten Multidisziplinarität, die durch den erleichterten Zugang zu Technologien und Medien möglich geworden ist. Und damit die Felder und Gebiete, die sich nicht in die traditionellen Kategorien einteilen lassen, im Sinne von «Sowohl-als-Auch» bzw. Dazwischen statt «Entweder-Oder».

 

Zwei aktuelle Veranstaltungen der Kompositions- und théâtre musical-Klassen HKB:

Rising Stars: das Berner Kammerorchester interpretiert vier Uraufführungen der HKB-Kompositionsstudierenden Charlotte Torres, Jonathan March, John Michet und Ivo Ubezio.

30. März 2019, 19h30 im Konservatorium Bern, Leitung Dirigierstudierende der HKB.

Infos unter:

> www.bko.ch/konzerte/termine/RISING-STARS

 

Machinations von Georges Aperghis: Aufführungstournee mit dem Studierendenensemble des Théâtre musical, Leitung Pierre Sublet.

23. April 2019 HKB Auditorium , 26. April 2019 Gare du Nord Basel, 1. Mai 2019 Acht Brücken Köln, 13. Mai 2019 Lausanne SIMC, 22. August 2019 Cernier/Jardins Musicaux.

Infos unter:

> hkb-musik.ch

Ambivalente Rankings

Anknüpfend an die Ausgabe vom November äussern sich weitere Exponenten der Schweizer Musikhochschulszene zum Thema Ranking und Wettbewerb. So erläutert Christoph Brenner die Sicht des Tessins, Xavier Bouvier beleuchtet die Zusammenarbeit mit der Association Européenne des Conservatoires, Académies de Musique et Musikhochschulen (AEC).

Michael Eidenbenz — Hochschulrankings brechen in der Regel ungefragt über die Institutionen herein. Die jeweils in den Tagesmedien publizierten Resultate nennen nur den Rang und den erfolgten Auf- oder Abstieg der relevanten Schulen, die sich dann gegenüber Öffentlichkeit, Politik oder Geldgebern erklären müssen, ohne ernsthaft Ursachen analysieren zu können, weil sie die zugrunde liegenden Kriterien und deren Erhebungsmethoden nicht wirklich kennen. Hochschulrankings sind eine Form von Erpressung, man kann sich ihnen nicht entziehen. Musik- und Kunsthochschulen stehen bisher weniger im Fokus des omnipräsenten Ratings. Zwar herrscht allgemein eine unartikulierte und erstaunlich homogene gefühlte Meinung darüber, welche Institutionen «einen guten Ruf haben». Die wenigsten verweisen aber z.B. auf ihren Websites auf hervorragende Listenplätze irgendeiner Agentur. Tun sie es doch, gilt dies – noch – als eher peinlich. Die Skepsis gegenüber den notorischen Ranglisten ist gross.

Doch es gibt auch einen breiten Konsens darüber, dass dem simplifizierenden Wettbewerb über kurz oder lang nicht auszuweichen sei. Der Trend hält an und ist unter anderem auch einer ökonomischen Globalisierung der Bildungslandschaft geschuldet, die Standardisierungen fordert und sich somit externen, global kommunizierbaren Wertungen nicht versperren kann. Wenn etwa asiatische Länder die Wahl einer hochbewerteten Uni zur Bedingung für die Gewährung von Auslandstipendien machen, hat dies weltweite Auswirkungen auf die Studienplatznachfrage.

Wie also dem Druck begegnen? Abwehrend, kritisch, durch Nichtbeachtung und Verweigerung? – oder proaktiv, etwa durch die Etablierung eigener aussagekräftiger Kriterien und Messmethoden? Die Association européenne des conservatoires (AEC) hat Fragebogen und Indikatorenlisten erarbeitet für U-Multirank, eine Organisation, die verspricht, der Komplexität der Institutionen Rechnung zu tragen und anstelle von platten Ranglisten eine differenzierte Suche entlang spezifischer Leistungskategorien zu ermöglichen. Bisher erscheint die Musik mangels Beteiligung der Hochschulen freilich nicht auf der U-Multirank-Website. Auch die European League of Institutes of the Arts (ELIA) erstellt derzeit Kriterien für eine adäquate Bewertung künstlerischer Leistungen in Lehre und Forschung. Ob damit die Handlungshoheit gewahrt und die gefürchtete Trivialisierung vermieden wird, muss sich zeigen. Interessant ist immerhin die Ambivalenz der Debatte. Dass ausgerechnet im Kunstbereich, dessen Werte elementar von öffentlicher Meinung und Resonanz bestimmt werden, eine so grosse Abwehr gegenüber institutioneller Fremdbewertung herrscht, müsste eigentlich erstaunen. Vielleicht liegt aber genau hierin auch der Grund: Wir kennen selbst die Mittel der Magie und der Inszenierung, mit denen man Bedeutsamkeit erzeugt. Das lassen wir uns nicht nehmen.

 

Michael Eidenbenz … ist Direktor des Departement Musik an der Zürcher Hochschule der Künste.

MvO — Xavier Bouvier informe sur l’expérience de la HEM en matière de ranking. Ceci dans le contexte que la HEM a participé à un programme de ranking de l’AEC (Association Européenne des Conservatoires, Académies de Musique et Musikhoch- schulen).

 

Xavier Bouvier, vous vous orientez avec votre ranking sur les spécifications ou les expériences de l’AEC. À quoi ressemblent-ils exactement ?

L’Association Européenne des Conservatoires s’est emparée de la question du ranking dès 2014-2015. Un groupe de travail spécifique a été formé, et s’est penché sur l’évaluation et l’adaptation, pour le domaine de l’enseignement de la musique, du système U-Multirank promu et financé par la communauté Européenne. L’intérêt de U-Multirank est son approche multidimensionnelle, qui fait porter le focus davantage sur les spécificités, la «couleur» particulière des institutions, plutôt que sur leur classification sur une échelle unidimensionnelle. Pour tester la validité, la viabilité et la faisabilité des «dimensions» développées par son groupe de travail, un projet pilote a été mené par l’AEC en 2015-2016. Pour notre part, nous avons participé à la collecte de donnée l’année suivante.

Quelles sont les expériences de ce ranking et quelle influence a-t-il sur la perception de votre Haute École ?

La collecte des données nous a montré la pertinence des «dimensions» proposées par l’AEC. Le projet était exploratoire, et nous ne l’avons pas poursuivi jusqu’au point où nous pouvions publier les résultats et constater des changements concrets dans la perception de l’école par l’extérieur. Pour le pilotage interne, nous disposons par ailleurs d’autres outils, comme par exemple notre participation au projet IBE « International Benchmark Exercice » regroupant neuf écoles : Sydney, Helsinki, Boston, etc. Cette participation nous permet de disposer de bons éléments de comparaisons internationales.  

Que pensez-vous des rankings en général, et plus particulièrement dans le contexte des Hautes Écoles de Musique ?

Dans un monde où l’information et la communication sont omniprésentes, les institutions se doivent d’accorder une attention toute particulière à ce que les rankings diffusent une image fidèle de leur profil. De ce point de vue, l’approche fine de U-Multirank constitue un développement bienvenu par rapport aux classements plus conventionnels. Parmi les problèmes qui se posent, il faut mentionner que la plupart des Hautes écoles de musique en Suisse font partie de holdings plus larges, lesquels sont eux-mêmes l’objet de classements. Cela peut conduire à des distorsions, l’image multidimensionnelle du holding ne correspondant pas forcément à celle de sa partie Haute école de musique. D’autre part, il convient de vérifier systématiquement l’information qui circule dans les sites de ranking. Pour prendre un cas qui nous beaucoup amusé, l’un des sites classait la Haute école de musique de Genève dans le top 20 mondial, mais en la situant au « Swaziland » et non en « Switzerland ». L’éducation musicale est de plus en plus globalisée, et les étudiants mobiles : les sites de ranking peuvent jouer un rôle important en aidant les candidats à identifier l’école qui correspond le mieux à leurs attentes, non pas uniquement en termes de niveau d’excellence, mais également en termes de profil, de « couleur » particulière.

 

Xavier Bouvier

… est professeur ordinaire, membre du Conseil de direction et chargé de missions à la Haute Ecole de Musique de Genève (HEM)

> www.aec-music.eu/projects/completed-projects/u-multirank

 

 

Christoph Brenner — Siamo tutti consapevoli che il mondo della musica, internazionale com’è, sottostà a dei fattori di competizione evidenti. Concorsi ed audizioni mettono i concorrenti in una situazione di competizione naturale; lo stesso fenomeno si presenta nel momen- to degli esami di ammissione in una Scuola universitaria di musica. Nessuno mette in dubbio la com- petizione vera e propria, resta invece la questione sull’adeguatezza dei parametri di giudizio che spesso sembrano privilegiare il cosiddetto «mainstream».

Il discorso diventa più complesso se parliamo di benchmarking, che si basa su un confronto sistematico con strutture analoghe o simili. In un mercato di lavoro (e formativo) internazionale il confronto non è soltanto inevitabile, ma addirittura indispensabile se si vuole migliorare continuamente il proprio livello qualitativo. Basato su una struttura di «best practices» (intese come prassi effettive ed efficaci e non solo di facciata da «management speak») il confronto – con chi fa meglio di te – è uno stimolo nel lavoro quotidiano e nell’orientamento strategico di una scuola. Se segue invece un modello anemico di pura analisi di processi staccati dalla realtà vissuta da collaboratori e studenti, rischia di diventare un approccio con l’efficacia delle macchine di Jean Tinguely, senza il loro fascino, la loro estetica e la loro ironia.

Come la mettiamo invece col ranking? Certo, sia la competizione che il benchmarking si basano sul confronto, un ranking è quindi una conseguenza naturale. Il problema si pone nel momento in cui cerchiamo di definire una sovrastruttura che crea l’illusione di un’oggettività scientifica ossia un modello che si basa sui criteri che corrispondono alla nostra valutazione ed alla nostra gerarchia. Il dilemma sta quindi nella scelta dell’approccio: cerchiamo di costruire – o di partecipare – alla costruzione di un modello che riteniamo mediamente oggettivo e rappresentativo, nella speranza che questo s’imponga sugli altri – numerosi – ranking già esistenti, con il rischio reale che tutto il lavoro svolto sia vano! Ci rassegnamo al fatto che i ranking esistono e vengono diffusi, incuranti della loro pertinenza ed adeguatezza? Oppure, cerchiamo di seguire le regole dei ranking più importanti, puntando ad una valutazione migliore? O infine: cerchiamo di fare del nostro meglio, consapevoli dei meccanismi che ci circondano, nonché dei loro difetti, fiduciosi che alla fine i sistemi di ranking apprezzeranno, almeno parzialmente, quello che noi consideriamo la qualità del nostro lavoro?

 

Christoph Brenner

… è direttore del Conservatorio della Svizzera italiana.

 

Die 1992 in Litauen geborene Akvile Sileikaite, die seit 2015 an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK Klavier (Master Specialized Music Performance) studiert, hat zahlreiche Wettbewerbe gewonnen. Sie glaubt, dass nur eine Handvoll der Wettbewerbe wirklich etwas für ihre Karriere gebracht haben, bei den anderen war es einfach spannend und lehrreich, teilgenommen zu haben. Doch Wettbewerbe werden immer eine grosse Bedeutung haben, vielleicht, so ist Sileikaite überzeugt, dienen sie auch dazu, dass bei jungen Musikerinnen und Musikern eine grössere Motivation zum Üben und Weiterkommen vorhanden ist. Auch zum Ranking hat sie eine klare Meinung: Als Musikerin und Musiker weiss man, welche Musikhochschule für einen richtig ist oder wo das jeweilige Instrument besonders gefördert wird. Am wichtigsten ist natürlich der Umstand, dass man den Professor oder die Professorin kennt – da spielt es fast keine Rolle, wo er oder sie unterrichtet. Ausser im Fall, dass ein Professor oder eine Professorin an verschiedenen Hochschulen unterrichtet, denn genau in diesem Fall könnte das Ranking wichtige Hinweise für die Wahl der Musikhochschule liefern.

Musik messen: über Wettbewerbe und Rankings

Wettbewerbe und Rankings sind auch innerhalb von Musikhochschulen ein Thema. In dieser Ausgabe stehen die Bedeutung von Wettbewerben und deren Auswirkung auf die Wahrnehmung einer Hochschule im Fokus. In der nächsten Nummer wird das Thema der Rankings beleuchtet.

Philippe Dinkel — La notion de classement met les hautes écoles d’art face à un paradoxe insoluble : mesurer la qualité d’un cursus ou d’une institution à l’aide de critères quantitatifs. Certes, on peut chiffrer le nombre de candidatures rapporté au nombre d’étudiants admis, le taux d’insertion professionnelle ou encore le volume d’affaire des activités de recherche ou de formation continue – un peu à la manière du classement de Shanghai qui additionne le nombre d’ouvrages scientifiques publiés ou celui des prix Nobel liés à telle université. Mais l’analyste en saura-t-il davantage sur le profil de l’école concernée et sur les raisons de la préférer à une autre ?

En vérité, chaque haute école d’art est le produit d’une histoire et d’une géographie singulières, marquée par des personnalités – professeurs et étudiants – qui la façonnent encore aujourd’hui de manière d’autant plus frappante que la structuration des cursus (au moins dans les pays occidentaux) s’est beaucoup homogénéisée au fil de la mise en œuvre de la réforme de Bologne. Son code génétique la distingue de sa voisine de manière indubitable et explique une bonne partie de son attractivité spécifique. Il explique aussi pourquoi tel étudiant souhaite se perfectionner auprès de tel maître admiré au sein de telle communauté artistique. Il justifie enfin la nécessité de cultiver la diversité des conservatoires, à la manière de toutes les espèces vivantes.

Ainsi, les outils de développement d’une haute école d’art ne se chercheront pas dans sa place qu’elle occupe sur je ne sais quel podium olympique, mais bien plutôt dans la prise de conscience et l’approfondissement de la position unique et irremplaçable qu’elle occupe parmi ses voisines proches ou plus lointaines. Confiante dans son identité, elle se projettera alors plus sûrement dans l’avenir en misant sur ses qualités et sur ses atouts pérennes, tout en entretenant un dialogue fertile avec son environnement naturel et avec ses consœurs.

Un mot encore sur la notion d’excellence : si elle est souvent associée à la maîtrise technique et artistique du compositeur ou de l’interprète, elle ne doit pas occulter d’autres acceptions, comme celles liées à la transmission et à l’ouverture sociétales. Celles-ci se mesurent non pas à la vitesse atteinte sur le métronome ou à l’applaudimètre, mais bien plutôt à l’effet harmonieux produit sur le développement d’un enfant ou d’un groupe défavorisé, qui se répercutera tôt ou tard, directement ou indirectement, sur le bien-être de la société toute entière. Il en va finalement de la place de la musique dans notre vie.

 

Philippe Dinkel
… est directeur de la Haute école de musique de Genève.

 

 

Matthias von Orelli — Die in Berlin geborene Cellistin Nadja Reich studiert seit 2013 bei Thomas Grossenbacher an der Zürcher Hochschule der Künste.

Nadja Reich, hat das Ranking der Hochschule eine Rolle gespielt bei der Wahl der Musikhochschule?

Die Wahl der Musikhochschule hing für mich vom Hauptfachdozenten ab. Zugegebenermassen habe ich das Wort Ranking im Zusammenhang mit Hochschulen erst im Laufe meines Studiums kennengelernt.

Welche Wettbewerbe haben Sie bislang absolviert und gewonnen?

Ich habe bisher erste Preise bei folgenden Wettbewerben gewonnen: Internationaler Hindemith Wettbewerb Berlin, Kiwanis Wettbewerb der ZHdK, internationaler Suggia Wettbewerb (Porto) sowie einen Studienpreis des Migros Kulturprozent. Sonderpreise oder zweite Preise erhielt ich bei folgenden Wettbewerben: Tonali Wettbewerb (Hamburg), Orpheus Wettbewerb (Bern), Kiefer Hablitzel Göhner Musikpreis, Zeitgenössische Musik Wettbewerb der ZHdK. Leer ging ich bei diesen aus: Instrumentenwettbewerb der deutschen Stiftung Musikleben, Finale des Prix Credit Suisse jeunes solistes, Solistenwettbewerb der Schenk Stiftung.

Was sind Ihre, positiven wie negativen, Erfahrungen bei Wettbewerben?

Wettbewerbe bieten Herausforderungen. Das eigene Vorankommen sehe ich als Ziel eines Wettbewerbs — in der Vorbereitung arbeite ich konsequent kritisch an mir, um einen Schritt vorwärts zu kommen. Dabei kann ich mir selber nicht viel vormachen und gehe auch an meine Grenzen, um unter Druck bestehen zu können. Man lernt sich kennen; man lernt sich selber einschätzen. Der Austausch mit anderen Musikern ermöglicht es mir zu sehen, woran ich selber weiter arbeiten kann, was mir zusagt und mich inspiriert etc. Es kann aber je nach Atmosphäre auch ein bedrückender Konkurrenzkampf sein.

Welche Auswirkung hat ein gewonnener Wettbewerb auf die weitere Karriere? Und welche Auswirkung eine negative?

Positive Auswirkungen sind, wahrgenommen zu werden, Feedback und Resonanz zu bekommen. Durch einen Wettbewerb kann ich Kontakte knüpfen und erhalte Konzertmöglichkeiten. Ein verlorener Wettbewerb hat aus meiner Erfahrung keine Konsequenzen, man probiert es halt ein nächstes Mal wieder, macht es anders, besser. Man muss dabei versuchen, sein Selbstwertgefühl vor vorschnellen Schlüssen zu schützen. Es kann aber auch mal gesund sein, nicht überall bestens abzuschneiden. Das eigene Hinterfragen, die Selbstkritik oder die eigene Unzufriedenheit können dann weiter angenommen werden, man steht wieder auf und probiert es von Neuem.

Was macht einen guten Wettbewerb aus, was sind aus Ihrer Sicht die Kritikpunkte?

Das Messbare und die Perfektion im «Handwerk» spielen die freie Interpretation und Spontaneität oftmals aus bzw. unterstützen diese Aspekte des Musikmachens nicht unbedingt bei ihrer Vertiefung. Musik insgesamt zu messen ist eigentlich nicht möglich. So Vieles basiert auch auf dem persönlichen Eindruck, den man hinterlässt, und dem Geschmack. Toll finde ich, wenn man bei Wettbewerben durch eine eher freie Programmwahl die Möglichkeit hat, eigene Interessen zu vertiefen oder sich diesen bewusst zu werden. Ich gestalte gerne Programme und freue mich, wenn ich meiner Neugier freien Lauf lassen kann. Dann fällt es mir oft auch leichter, über längere Zeit an etwas dranzubleiben und Stück für Stück meinen persönlichen Weg der Umsetzung zu finden.

 

Georges Starobinski — Je nach Studienrichtungen ist der Stellenwert von Wettbewerben im Curriculum von Musikstudierenden sehr unterschiedlich. In einigen spezialisierten Masterprogrammen der Basler Hochschule für Musik, Klassik, gehören die Konzert- und Wettbewerbsaktivitäten zum Curriculum, so in den Studienrichtungen Kammermusik, Liedgestaltung, SolistIn und Zeitgenössische Musik. Dies ist aber an den anderen Instituten der Hochschule (Schola Cantorum Basiliensis und Jazz) nicht der Fall, was auch mit den unterschiedlichen Wettbewerbskulturen zu tun hat. Selbstverständlich nehmen Studierende aus anderen Studienrichtungen (vor allem aus dem Master Performance) an Wettbewerben teil, denn gute Wettbewerbe können eine sehr positive Rolle für den Einstieg in eine Karriere spielen, etwa wenn sie den Preisträgerinnen und Preisträgern für einige Jahre Auftrittsmöglichkeiten vermitteln, diese im PR-Bereich beraten oder bei vertraglichen Fragen unterstützen. So ist der Kurs «Psychophysiologisches Vorspiel- und Vorsingtraining» in Basel als Vorbereitung sehr beliebt. Wie alle Schweizer Musikhochschulen arbeitet auch die Basler Hochschule für Musik mit einigen Wettbewerben in der Schweiz zusammen, zum Beispiel wenn nur eine kontingentierte Anzahl von Kandidatinnen und Kandidaten auf Empfehlung der Hochschulleitung zugelassen wird.

Erfolge an renommierten Wettbewerben sind wichtig für die internationale Ausstrahlung einer Hochschule und für das Renommee der Dozierenden unter Fachkolleginnen und Fachkollegen. Und schliesslich möchten die besten Studierenden in Klassen studieren, welche ein besonders hohes Niveau aufweisen können. Andererseits darf nicht vergessen werden, dass der Ruf einer Hochschule auf der Exzellenz in allen Bereichen eines vielseitigen und vernetzten Ausbildungsangebotes, das nur teilweise mit dem Profil der Wettbewerbe kompatibel ist, beruht. Es wäre also falsch, die Relevanz und den Impact einer Ausbildung rein statistisch auf die Wettbewerbserfolge, die nur für eine Minderheit der Studierenden repräsentativ sind, zu reduzieren.

Die Landschaft der Musikwettbewerbe in der Schweiz ist breit und facettenreich in der Klassik, limitiert im Jazz und bedauerlicherweise nahezu inexistent in der Alten Musik. Am sichtbarsten sind die fünf Wettbewerbe, die Mitglieder der World Federation of International Music Competitions sind. Im internationalen Vergleich (122 Mitglieder) ist diese Zahl hoch für die Grösse unseres Landes, vor allem wenn man bedenkt, dass wir bei Wettbewerben eine sehr hohe internationale Attraktivität geniessen. Im Zentrum der Schweizer Wettbewerbslandschaft steht der Concours de Genève (1939 gegründet) als ältester und von den Disziplinen offenster Wettbewerb. Er ist umgeben von sehr renommierten Wettbewerben, die einem Instrument und dem Andenken einer grossen Musikpersönlichkeit gewidmet sind: Internationaler Klavierwettbewerb Clara Haskil (seit 1963 in Vevey, alle zwei Jahre), Tibor Varga International Violin Competition (seit 1967 in Sion, alle zwei Jahre) und der Concours Géza Anda (seit 1979 in Zürich, alle drei Jahre). Die Migration aus Osteuropa hat Spuren in der Schweizer Wettbewerbslandschaft hinterlassen! Erwartungsgemäss sind es die solistischen Instrumente par excellence (Klavier und Violine), welche dort vertreten sind.

Neben diesen Gipfeln gibt es weitere Wettbewerbe, die unsere Landschaft bedeutend erweitern, sei es weil sie einem spezifischen Repertoire gewidmet sind (Concours Nicati, Wettbewerb Soundzz.z.zzz…z für Zeitgenössische Musik, ORPHEUS – Swiss Chamber Music Competition für Kammermusik) oder weil sie ausdrücklich national ausgerichtet sind, wie jene der Schenk Stiftung, der Stiftung für junge Musiktalente Meggen, der Prix Credit Suisse Jeunes Solis- tes, der Kiefer Hablitzel Göhner Musikpreis oder die Studienpreise des Migros Kulturprozent.

Wichtig, insbesondere für den Nachwuchs in der Schweiz, ist der Schweizerische Jugendmusikwettbewerb, der auch eine Fachkommission Jazz und Pop hat, die von Bernhard Ley präsidiert wird, dem Leiter des Basler Instituts Jazz. Allerdings ist es der einzige überregionale Jazz und Pop-Wettbewerb in unserem Land. Die Situation ist eigentlich nicht viel besser im Ausland. Es gibt aber Bestrebungen, die Wettbewerbskultur für den Jazz und Pop einzuführen. Somit besteht in der Schweiz eine abwechslungsreiche und begehrte Wettbewerbs-Landschaft, in der einzig die Alte Musik fehlt. Dafür muss man ins Ausland gehen.

 

Georges Starobinski
… ist der Leiter der Hochschule für Musik, Klassik in Basel

Musik und Markt

Die dieser Ausgabe beige- legte Publikation der KMHS (Konferenz Musikhoch-schulen Schweiz) beschäftigt sich mit dem Thema «Musik und Markt». Ein paar grund-legende Überlegungen zum Thema des Musikmarkts sowie die Perspektive einer Musikhochschule sollen Lust auf die Lektüre des Jahres-magazins machen.

MvO — Besonders im 18. Jahrhundert entwickelte sich die Musik zu einem regelrechten Wachstumsmarkt. In London entstanden die so genannten Musikgärten (beispielsweise jener von Vauxhall, der einer breiten Bevölkerungsschicht zugänglich war), welche einzelne Musiker oder ganze Orchester engagierten. Während diese spielten konnten die Gäste promenieren. Für den Konzertbetrieb waren eigene Konzertreihen, wie sie etwa Johann Christian Bach oder Carl Friedrich Abel seit den 1760er Jahren in London organisierten, besonders wichtig und vor allem sehr lukrativ. Gleichzeitig kämpften verschiedene Konzertunternehmer um die Gunst von Künstlern und Publikum, ein bekanntes Beispiel war seit den 1790er Jahren der Musikverleger und Impresario Johann Peter Salomon, der Joseph Haydn und dessen Musik nach London holte. Im Vergleich zu England fand die Kommerzialisierung der Musik in Deutschland auf einem niedrigeren Niveau statt. Den wichtigsten Markt bildeten dort gedruckte Musikalien und weitere musikrelevante Publikationen. Daneben etablierten sich profitable Konzertgesellschaften wie etwa die Gewandhauskonzerte in Leipzig, welche ihren Anfang im November 1781 hatten. Mit dieser Markteroberung einher ging auch ein vermehrter Diskurs über die Musik. Das Rezensionswesen gewann immer mehr an Bedeutung, sei es in wissenschaftlichen Zeitschriften oder dann in spezialisierten Musikzeitschriften.

Pariser Weltausstellung

Als Beginn der Musikindustrie kann die Pariser Weltausstellung von 1889 betrachtet werden, in deren Folge die ersten industriellen Grammophone hergestellt und zeitgleich die ersten industriellen Musikaufnahmen gemacht wurden, welche in den neu erfundenen Jukeboxen abgespielt werden konnten. Die Gründung des Unternehmens Deutsche Grammophon im Jahr 1898 ist diesbezüglich von besonderer Bedeutung, da sie den Beginn der Massenproduktion von Tonträgern manifestiert. Mit der ersten Schallplattenaufnahme von Enrico Caruso im Jahr 1902 trat die neue Technologie den weltweiten Siegeszug an, und diese wurde in den Folgejahren technologisch immer weiter verbessert und perfektioniert. Die Entwicklung mündete in die CD-Technik, welche der Musikindustrie in den 80er und 90er Jahren des 20. Jahrhunderts goldene Zeiten bescherte – im Jahr 1997 erreichte die CD ihren Höchstumsatz.

Musikmarkt heute

Dieser Musikmarkt, der über Jahrzehnte florierte, sieht sich heute gänzlich anderen Voraussetzungen ausgesetzt. Exemplarisch dafür sind etwa die zahlreichen Schliessungen von traditionsreichen Musikhäusern auch in der Schweiz. Die Musikbranche spürt den beinahe vollständigen Wegfall des stationären Tonträgergeschäfts aber auch den einschneidenden Rückgang bei der Nachfrage nach physischen Noten oder Musikinstrumenten. Das CD-Geschäft ist in der Zwischenzeit vollständig vom Musik-Streaming überholt worden. Erhebungen aus Deutschland zeigen, dass der Marktanteil der Streaming-Dienste im ersten Halbjahr 2018 bei rund 48 Prozent lag, das CD-Geschäft dagegen macht gerade noch einen Anteil von 34 Prozent aus. Aufgrund dieser Erkenntnisse wird auch ein anderes Problem relevant: Wie kann sich die Branche in diesem Umfeld überhaupt noch behaupten, wie bleiben die Lizenzzahlungen an die einzelnen Künstlerinnen und Künstler auch in Zukunft noch gesichert, wenn der Ertrag pro gestreamtem Titel unter 0.01 Rappen liegt? Wie also sollen sich Künstlerinnen und Künstler in Zukunft im Markt überhaupt noch behaupten können?

PR, Marketing oder Audience Development sind inzwischen auch in der Klassikbranche zu wichtigen Instrumenten geworden (zahlreiche Publikationen zu dieser Wechselwirkung belegen dies), das Talent alleine genügt nicht mehr, der Markt will bearbeitet werden. Arrivierte Künstlerinnen und Künstler, und die Talente von morgen erst Recht, müssen erkennen, dass sich mit dem Verkauf von Tonträgern kaum mehr Geld verdienen lässt. Dies ist auch im Pop-Sektor nicht anders, wo primär mit Konzerten Profit gemacht werden kann. Gerade für junge, noch unbekannte Künstler stellt sich die Frage, ob man bei den minimalen Einkünften die Debüt-CD nicht gleich verschenken soll. Einnahmen sind kaum zu erwarten, doch die dank einer professionellen Aufnahme geschaffene Aufmerksamkeit ist nach wie vor eminent, wie auch die Tatsache, mit einer Aufnahme Tonmaterial zu haben, welches man Konzertveranstaltern oder Agenten vorlegen kann.

Vorteile für die Konsumenten

Es überrascht nicht, dass auch die Veranstalter ihrerseits erfinderisch sein müssen, wenn sie etwa den Künstlern eine tiefe Fix-Gage bezahlen, diese im Gegenzug an den Konzerteinnahmen beteiligen. Damit überträgt der Veranstalter das Risiko auf die Künstler – diese müssen dann für sich entscheiden, bis zu welchem Punkt es sich für sie noch lohnt und auszahlt. Der Beruf des Musikers, der Musikerin ist aufreibend, und gerade der Anfang der Karriere verlangt sehr viel ab. Ob es heute schwieriger ist als noch vor ein paar Jahrzehnten kann sicherlich nicht abschliessend beantwortet werden, weil die meisten Musikerinnen und Musiker diesen Weg aus Überzeugung gewählt haben. Man kann den goldenen Zeiten des CD-Marktes nachtrauern, gleichzeitig birgt die Digitalisierung auch für die Musikbranche ein riesiges Potential, welches ausgeschöpft werden will und den Musikmarkt positiv beeinflussen kann.

Handwerk hat einen Preis

Michael Kaufmann — Handwerksleute wie Schreiner, Uhrmacher, Schlosser oder Maurer lernen ein Handwerk. Sie verstehen ihre Arbeit zu Recht als Kunst. Sie sind schaffen Neues und geben die Präzision der Tradition mit Leidenschaft für Qualität weiter. Trotzdem müssen sie auf den Märkten bestehen, ihre Arbeit “verkaufen“. Sie müssen im Alltag bestehen. Bei den Musikerinnen und Musikern ist das auch so. Wenn auch sie sich in der Ausbildung und im Berufsleben mehrheitlich mit Handwerk, Kunstfertigkeit, Interpretationskultur, Harmonielehre, Rhythmik, musikwissenschaftlichen Fragen, Komposition und Bühnenpräsenz auseinandersetzen, gibt es im Musikleben auch Märkte, die man schlicht und einfach bedienen muss um zu überleben.

Was Musik eigentlich soll

An den Hochschulen geht es um das Erlernen von Musikinstrumenten auf höchstem Niveau, es geht um Ausbildung zur künstlerischen Persönlichkeit. Wichtig sind die Diskurse um Interpretation, musikalisches Material, historische Bezüge und über die Frage, was Musik eigentlich soll.

Kreative Menschen sollen das Resultat sein, die ihr Handwerk beherrschen und die zeitgemässe Aussagen zu unserer Zeit machen. Sie sollen gleichzeitig in der Lage sein, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten weiterzugeben an junge Menschen, die an Schulen zum Glück immer noch etwas mitbekommen vom Wesen der Musik und von dessen eminenter Bedeutung bei der Bildung lebensfähiger Menschen.

Link zum Markt

Die Musikhochschulen dürfen bei dieser hehren Aufgabe nicht im Elfenbeinturm verharren und den Blick nur auf rein musikalische Fragen richten. Es ist eine zentrale – und immer wichtigere – Aufgabe der Hochschulen, frühzeitig im Studium den Link zum Markt und zur alltäglichen Praxis herzustellen. Nicht zuletzt auch deshalb, weil nur ein kleiner Teil der professionellen Musikpersonen «einfach so» eine musikalische Karriere macht. Die meisten Musikprofis bewegen sich im realen Leben mehrdimensional in verschiedenen Welten: im Konzert, als Musiker im Theater oder Film, im Schulalltag, an einer Musikschule, im Kulturmanagement, usw. Praxisorientierte Lehrmodule zum Alltag, zur Praxis auf der Bühne, zum Musikmarkt, zur digitalen Welt, zur pädagogischen Praxis, zu Multimedia, zu Kommunikation, zu Musikvermittlung, usw. sind an einer zeitgemässen Musikhochschule ein «must». Ebenso Weiterbildungsangebote für alle jene, die sich in der Berufswelt solche Fertigkeiten zulegen wollen. Alles kann man sich im Studium nicht aneignen und je nach Entwicklung der Märkte muss man lebenslang flexibel bleiben.

Das Berufsprofil der Musikprofis ändert sich laufend und das Bewusstsein steigt hoffentlich auch Dank den Hochschulen, dass man sich frühzeitig auf die Marktentwicklungen ausrichtet. Dass Musik ihren Preis hat, weil deren gesellschaftlicher Wert gigantisch ist, dürften künftige Musikerinnen und Musiker ebenfalls und zunehmend im Bewusstsein tragen. Ebenso wie das die eingangs erwähnten traditionellen Handwerker durchaus tun.

 

Michael Kaufmann
… ist Direktor der Hochschule Luzern – Musik

Synapse HKB

Was haben eine App zur Erkundung von Kunst im öffentlichen Raum, ein dörfliches Treibhaus für Ausstellungen, ein Tischlein-deck-dich-Event oder ein Partiturservice gemein?

Graziella Contratto — Abgesehen von der Originalität der künstlerischen Idee verbindet sie alle das empathische Anliegen der Hochschule der Künste Bern, zwischen «Kunst» und «Gesellschaft» eine Brücke zu schlagen. Die Vielfalt der vermittlerischen, interkulturellen Konzepte, Projekte und Aktionen an der HKB ist nun auf einer eigens entwickelten Website zu erleben. Ein wichtiges Detail: Viele der Projekte haben Studierende der Hochschule konzipiert und gestaltet. Als zukünftige Kunstschaffende haben sie damit die an der HKB besonders geförderte Haltung verinnerlicht, den disziplinären persönlichen Lernraum immer wieder zu verlassen, um auf die gesellschaftlichen Bedingungen unserer Zeit «synaptisch» zu reagieren. Begleitet und unterstützt werden sie dabei von renommierten Vermittlerinnen und Vermittlern aus allen Kunstrichtungen.

Als Kunsthochschule fördert die HKB nämlich hierbei auch den Austausch zwischen den eigenen Fachbereichen wie Literatur, Musik, Gestaltung und Kunst, Theater, Oper, Forschung und Konservierung oder der Weiterbildung: Das weite Feld der Vermittlung eröffnet allen Beteiligten eine neue, da transdisziplinäre Sicht auf das eigene Tun, das «Werk» und auf sich selbst. Die Website will aber noch mehr: Nebst Informationen in Text, Bild, Film und Ton zu den einzelnen Projekten bietet sie interessierten Personen, Institutionen oder Gremien aus Politik, Kultur und Wirtschaft die Gelegenheit, mit der Hochschule in Kontakt zu treten, um spezifische Projekte wiederaufzunehmen, in einer neuen Umgebung weiterzuentwickeln und damit noch mehr in die «Welt da draussen» einzuführen. Kunst an der HKB genügt sich nicht selbst. Die Studierenden und Dozierenden wollen andere erreichen, Fragen stellen und sich selbst dabei immer auch in Frage gestellt sehen.

 

> www.synapse-hkb.ch

 

Gespräch mit zwei jungen VermittlerInnen aus der HKB

 

Arion Rudari, Sie sind ein klassisch ausgebildeter Bariton mit einem HKB-Masterabschluss. Was hat Sie dazu inspiriert, im spezialisierten Zweitmaster Musikvermittlung zu wählen?

Zuerst, fernab von der Musikvermittlung, merkte ich, dass ich noch nicht «ready» bin/war auf einem vokalen Level und mir da noch Zeit nehmen wollte, ein besserer Sänger zu werden. Zeitgleich merkte ich auch, dass ich neue Formen von Aufführungen entdecken wollte: eigene Konzepte kreieren und ausprobieren, mehr Kontakt zu meinem Publikum suchen und die klassische Musik auch mal wieder Unterhaltung werden zu lassen.

Was erwartet Sie Ihrer Meinung nach im Studium? Wie werden Sie sich selbst als performender Sänger entwickeln?

Nach einem Jahr kann ich sagen, dass ich vokal tatsächlich die erwünschten Fortschritte machen konnte und auch noch dran bin. Dazu erwünschte ich mir eine Erweiterung meines Repertoires in allen Sparten: Oper, Lied, Oratorium, Standard, Nische, Zeitgenössisch… alles hat(te) seinen Platz. In meinem Master in Specialized Music Performance «Vermittlung» lassen sich meine beiden Schwerpunkte, der Gesang und die Entwicklung von professionellen vermittlerischen Kompetenzen, komplementär miteinander verbinden. Innerhalb eines Jahres durfte ich an einer zeitgenössischen Oper teilnehmen, im Zentrum Paul Klee eine selbst konzipierte Vermittlungs-Musik-Performance aufführen und sogar Teile von Mahlers Wunderhornzyklus aufführen so wie aufnehmen – eine für mich ideale und überraschend gut funktionierende Vielfalt.

In welcher Richtung sehen Sie für sich persönlich besonders relevante Aufgaben einer Vermittlung?

Als Opernfan vor allem in der Oper, dass wenige Leute zu viel zu sagen haben am Schlussprodukt einer Opernproduktion. Dementsprechend versuche ich mich gerade an Projekten, welche a) die Inszenierung zurück in die Hände aller Beteiligten gibt, b) dabei auch Laien und Amateure auf die Bühne bringen und somit ein Zusammenspiel von Profis und Amateuren verlangen und c) wieder mehr in die Richtung Unterhaltung bringen. Unterhaltung, Intellekt und Kunst schliessen sich meiner Meinung nach nämlich nicht aus.

Wo möchten oder könnten Sie wohl in 10 Jahren arbeiten?

Die Frage, welche man ein Jahr vor dem Studienende am liebsten beantwortet. Ich träume davon, was ich bereits tue, nur will ich bis da- hin ein noch professionelleres Niveau erreichen: einerseits ein erfolgreicher Konzert- und Liedsänger sein und andererseits mit Laien und Profis zusammen Opern singen und inszenieren, quasi eine eigene Form von Opernstudio gründen. Zum Beispiel zusammen mit Friseuren Mozarts Figaro gestalten oder mal mit Süch-tigen einen Don Giovanni auf die Beine stellen. Quasi «Oper für wirk-lich Alle».

Salome Böni, Sie sind Flötistin und eine der ersten Alumnae des Master Specialized Performance «Musikvermittlung» Studiengangs an der HKB. Wie gestalten sich Ihre musikalischen Tätigkeiten im Moment?

Nach dem Studienende im letzten Sommer hatte ich das Glück, kopfüber in die Arbeitswelt eintauchen zu können. Ich unterrichte mit viel Herzblut eine Flötenklasse an der Musikschule Oberemmental und arbeite seit März 2018 bei Konzert Theater Bern in der Musikvermittlung. Daneben liegt mir die Weiterentwicklung unseres musikalischen Generationenprojektes «Silberwellen» wie auch meine persönliche Entwicklung als Flötistin am Herzen.

Sie hatten als eines Ihrer Studien-projekte mit grossem Erfolg das mit dem Silberbär ausgezeichnete SeniorInnenprojekt «Silberwellen» realisiert. Konnten Sie basierend aus diesem Vermittlungs- und Business-Modell weitere Projekte entwickeln?

Mein Kopf ist voller Ideen: Nach der Wiederaufnahme der «Silberwellen» im Berner Oberland folgen nun weitere Aufführungen dieses mobilen interkulturellen Seniorenprojekts an anderen Orten. Das erfolgreiche Konzept, ältere Menschen zusammen mit Klassikstudierenden in einem künstlerischen Vermittlungsprojekt auftreten zu lassen, hat alle Teilnehmenden sehr berührt, mich eingeschlossen. Des Weiteren fasziniert mich das Thema «Tod». Durch die persönliche Begegnung mit einem sterbenden Menschen, der mich gebeten hat, für ihn zu spielen, habe ich gemerkt, wie tröstend es sein kann, jemandem mit Musik zu geben, was mit Worten nicht mehr möglich ist. Die Idee «Sterbebe- gleitung mit Musik» möchte ich bald angehen.

Wie nehmen Sie als professionelle Vermittlerin heute die gesellschaft-liche Relevanz von Musik wahr? Was ist Ihre persönliche Position?

Heute ist Musik dank der technischen Möglichkeiten jederzeit und überall verfügbar – die Auswahl an Musikstilen und verschiedenen Interpretationen ist riesig. Der Gang in den Konzertsaal oder das Radioprogramm zuhause sind keine Voraussetzung mehr fürs Musikhören. Als Musikvermittlerin und Flötistin interessiert mich die Frage, wie man zusätzlich zum Live-Erlebnis im Konzert etwas bieten kann, das sich klar vom Angebot im Internet abhebt. Besonders wichtig scheint mir das Experimentieren mit dem Rahmen, in dem Musik präsentiert wird: Die Musik sollte noch öfters aus dem Konzertsaal ausbrechen und an ungewohnten Orten stattfinden. Damit fällt für viele Menschen eine grosse Hemmschwelle weg und die Begegnung mit der Musik wird spontaner, persönlicher und natürlicher.

 

Links

> www.synapse-hkb.ch/silberwellen/

> www.fluchtgespräche.ch

> www.felicitaserb.ch

> www.alejandra-martin.ch/vermittlerin

> www.karenbrubaker.com

Bauen war immer

Der Neubau einer Musik-hochschule ist hochspannend und anspruchsvoll. Man muss das Gebäude nicht nur denken, sondern auch hören. Einblicke in die Entstehungs-prozesse von Räumen an den Schweizer Musikhochschulen.

Stephan Schmidt — An zwei Orten, mitten in der Altstadt Basels, ist während der letzten Jahrzehnte eine Art institutionelles Gesamtkunstwerk für musikalische Bildung entstanden. Seit der Grundsteinlegung im Jahr 1903 mit dem Neubau des Hauptgebäudes und des grossen Saals an der Leonhardsstrasse wurde kontinuierlich weiter verbessert, umgebaut, wurden neue Gebäude hinzugewonnen, Nutzungskonzepte immer wieder verändert und optimiert. Pflege, Weiterentwicklung und Ausbau folgten dabei stets dem für alle Beteiligten gleichermassen gültigen Streben nach ständiger Verbesserung und zeitgemässer Qualität. Da sich die Musik selbst, die Bedingungen für ihre Produktion und Vermittlung, die Anforderungen an die Aufführungspraxis und damit einhergehend die Strukturen der Ausbildung und Vermittlung ständig ändern, sind bauliche Veränderungen immer auch begleitende Zeichen dieses kontinuierlichen inhaltlichen Wandels: Die Eröffnung der Vera Oeri-Bibliothek (2010), des Jazzcampus (2014) sowie der Umbau des Grossen Saals (2017) waren wichtige Meilensteine der institutionellen Entwicklung und Zeichen dafür, dass den vielfältigen Bedürfnissen und Anforderungen von Musikschulen, Instituten und Musikhochschulen in den Bereichen Lehre, Forschung und öffentliche Veranstaltungen gleichermassen Raum und Gewicht gegeben wird. Mit ca. 1000 gut besuchten Veranstaltungen pro Jahr und der zentralen Lage mitten in der Stadt gehört die Musik-Akademie Basel auch zu den wichtigsten Kulturträgern Basels.

Stephan Schmidt

… ist Direktor der Musik-Akadmie Basel und der Musikhochschulen FHNW

Xavier Bouvier — Projet majeur pour l’art musical en Suisse romande, la Cité de la Musique de Genève entre dans sa phase de projet définitif. Sélectionné à l’issue d’un concours d’architecture international, le projet Résonances des architectes Pierre-Alain Dupraz et Gonçalo Byrne sera mis en œuvre à l’horizon 2024, date prévue de l’ouverture de cette ambitieuse et généreuse infrastructure. À l’instar de nombreuses structures similaires d’autres villes (Helsinki, La Haye, Londres, etc.) la Cité regroupera en un seul lieu des infrastructures de production et d’enseignement. Son programme de salles publiques se décline principalement en une salle symphonique de 1750 places – dédiée à l’Orchestre de la Suisse Romande et à des orchestres invités – un grand studio, et une salle expérimentale « blackbox ». Largement ouvert au public, le bâtiment comprendra également une bibliothèque, des espaces de restauration et de médiation, et l’ensemble du programme de salles d’enseignement de la Haute école de musique de Genève. La cohabitation dans un même lieu des musiciens professionnels de l’OSR et d’autres ensembles genevois, et des professeurs et étudiants de la Haute école de musique sera facteur de dynamisme et d’émulation.

«Pôle culturel ouvert à tous les publics, à toutes les générations, créatif, onirique et stimulant l’imagination » selon la philosophie du projet, la Cité de la Musique amènera à Genève un développement majeur en terme d’urbanisme culturel. Historiquement, le pôle musical genevois s’est constitué au milieu du 19e siècle autour de la Place Neuve, avec les constructions emblématiques et ambitieuses du Conservatoire de musique (1855), du Grand-Théâtre (1876), et du Victoria Hall (1894). Ce pôle historique sera amené à entrer en résonance avec un nouveau lieu, sur la Place des Nations, au cœur même de la Genève internationale. Cette implantation ouvre des perspectives nouvelles pour les musiciens, mais également pour l’Organisation des Nations Unies : lieu de nombreuses manifestations de diplomatie de la culture, l’institution a immédiatement manifesté son intérêt pour une telle grande infrastructure culturelle à ses portes. Ecrin emblématique des pratiques musicales classiques et contemporaines, la Cité s’ouvrira ainsi à d’autres cultures musicales, se déployant dans un double espace de pratiques musicales : historiques et contemporaines, porteuses de tradition et ouvertes aux cultures.

Xavier Bouvier

… est coordinateur de l’enseignement à la HEM Genève.

Steff Rohrbach — Seit September 2014 findet die Basler Jazzausbildung im neuen Jazzcampus an der Utengasse statt. Ein Ort, der weltweit seinesgleichen sucht und der sich mit seinen idealen infrastrukturellen Möglichkeiten zum Kompetenzzentrum und Gravitationsort für den Jazz entwickelt. Wer den Jazzcampus erstmals betritt, mag zuerst etwas irritiert um sich blicken. Die Erwartung eines modernen Bauwerks wird nicht unbedingt auf Anhieb befriedigt, denn die verschiedenen Gebäude wirken fast, als stünden sie schon immer hier. Auf den zweiten Blick offenbaren sich eine überraschende Sprache und eine architektonische Haltung, die wir nicht gewohnt sind. Schon der Innenhof mit seinem Kamin, die Fassaden ringsherum mit ihren Erkern, und erst recht dann die Räumlichkeiten überzeugen uns schnell, dass hier eine ganz auf die Bedürfnisse der Jazzausbildung ausgerichtete Architektur etwas ermöglicht hat, das es so anderswo nicht gibt. Entstanden ist ein Gebäudeensemble, das bezüglich Akustik und Raumklang zu einem eigentlichen Referenzobjekt geworden ist. Ganz auf die Vorstellungen und Bedürfnisse heutiger Musikerinnen und Musiker bauend, haben Akustiker und Architekten von allem Anfang an zusammengearbeitet und dadurch akustisch notwendige Elemente in die architektonische Raumgestaltung integriert. Entstanden sind 49 Musikräume unterschiedlichster Grössen von kleinen Labs über Unterrichtsstudios bis zu Ensembleräumen mit fast durchwegs separater Luftzufuhr (keine Schallübertragung) und speziell entwickeltem, atmosphärisch veränderbarem Licht.

Steff Rohrbach

… verantwortet Kommunikation & Projekte an der Hochschule für Musik Basel, Jazzcampus

Marco Castellano — Am Standort der ehemaligen Grossmolkerei bot sich die einmalige Chance, erstmals die unterschiedlichen Disziplinen der ZHdK mit zahlreichen Ausstellungs- und Aufführungsorten unter einem Dach zu vereinen. Die Toni-Molkerei im Entwicklungsgebiet Zürich-West war im Bewusstsein der Bevölkerung als Produktions- und anschliessend als Kulturort bereits gut verankert. Die grösste Herausforderung bestand darin, die vielfältigen und komplexen Bauaufgaben, die sich aus den unterschiedlichsten Nutzungen unter einem Dach ergeben, zu realisieren. Die Traglast der alten Molkerei war begrenzt, so dass sämtliche Raumstrukturen (Musikunterrichtsräume, Konzertsäle, Tonstudios) nur mit Leichtbaukonstruktionen realisiert werden konnten, was in akustischer Hinsicht eine Herausforderung war. Im Vorfeld haben entlang den unterschiedlichen Disziplinen Vertretungen in Arbeitsgruppen Anforderungen an das Projekt definiert und den ganzen Prozess begleitet. Mit Repräsentanten von Musik, Film und Theater wurden beispielsweise von Beginn an die akustischen Anforderungen an die Räume sauber definiert und während des ganzen Realisierungsprozesses überprüft und angepasst. So unterscheiden sich die drei Konzert- und zwei Kammermusiksäle von den Anforderungen nicht nur in akustischer Hinsicht. In engem Dialog mit dem Akustikplaner haben die Architekten jedem Saal seine unverwechselbare Gestalt und Identität gegeben, die stark den Bau prägen, aber so, dass die Säle dennoch weit möglichst unterschiedlich flexibel genutzt werden können.

Marco Castellano

… ist Leiter Raum Bau an der ZHdK

Michael Kaufmann — Der Planungsstart zum Neubau der Hochschule Luzern – Musik erfolgte mit dem Landkauf im Jahr 2012. Zwei Jahre später wurde aus dem Architektur- und Planungswettbewerb das Siegerprojekt erkoren, worauf eine einjährige Phase der Optimierungen und finanziellen Anpassungen des Vorprojekts folgte. Im Frühjahr 2016 kam die Baubewilligung, im November 2016 der Baustart für das 80-Millionen-Projekt. Die gute Botschaft nach über drei Jahren Bauzeit: Die Hochschule Luzern – Musik kann im Sommer 2020 definitiv an den Standort «Südpol» am Rande der Stadt Luzern umziehen. Mitten hinein in das Stadtentwicklungsgebiet «Luzern-Süd» und in die direkte Nachbarschaft zum bereits bestehenden Südpolgebäude, das die städtische Musikschule Luzern, die Proberäume des Theater Luzern und des Luzerner Sinfonieorchesters sowie das alternative Kulturzentrum Südpol beherbergt. Damit entsteht auf dem Platz Luzern ein neuer und attraktiver «Kulturpol», schon jetzt «Kampus Südpol» genannt.

Das Ohr baut mit

Die klar wichtigsten Herausforderungen für die Architektur, für uns Nutzer und für alle Beteiligten sind jedoch die Fragestellungen rund um den Schallschutz und die Akustik: Beides sind planerisch und physikalisch hochkomplexe Themen, und letztlich wird das neue Gebäude in erster Linie genau an diesen Kriterien gemessen. Die wichtigsten Aspekte seien hier zusammengefasst und als Erfahrung weitergegeben:

• Akustikexperten von Anfang an dabeihaben: Unabdingbar ist der Einbezug der Akustikexperten beim Planungsstart. Sowohl Schalldämmung als auch Akustik für alle Raumkategorien sind bereits bei der Ausschreibung zum Architekturwettbewerb festzulegen.

• Erfahrungen von extern berücksichtigen: Zu empfehlen ist der Besuch von Konzertsälen und Musikhochschulen im In- und Ausland. Nur so kann man Erfahrungen anderer miteinfliessen lassen und unterschiedliche Konzepte miteinander vergleichen.

• Schalldämmung von A bis Z durchkomponieren: Die Gewährleistung einer absolut reduzierten Schallübertragung durch entsprechende bau- und konstruktionstechnische Massnahmen ist zentral. Dabei sind für Konzertsäle, Schlagzeugräume und Ensembleräume Box-in-Box-Konstruktionen vorzusehen. Meist sind diese gegenüber der Bauherrschaft zu erkämpfen, da sie erhebliche Mehrkosten mit sich bringen. Ebenso wichtig ist aufgrund der Standards auch die Festlegung von Schalldämmstufen für alle Raumkategorien, nur so ist während der Bauzeit auch eine Qualitätskontrolle möglich.

• Für Unterrichtsräume mit Standardakustik sind Musterräume zu empfehlen: Musikunterricht findet tagtäglich statt. Deshalb ist die Erstellung akustisch hochstehender Räume für alle Instrumentalgruppen – und damit auch der Einsatz flexibler Materialien wie Vorhänge, Teppiche, Panels usw. – wohl einer der anspruchsvollsten Aufgaben überhaupt. Wir haben uns in Luzern schon vor zwei Jahren für die Erstellung eines «Musterraums» entschieden, der in zwei Phasen durch das hochkomplexe Anbringen von differenzierten Panels und Reflexionsflächen optimiert wurde. Der grosse Vorteil dabei: Die Nutzenden können durch das Bespielen des Musterraums ihre Erfahrungen einbringen und direkt zur Verbesserung des Standards beitragen. Diese Investition lohnt sich, da damit hohe Korrekturkosten am fertigen Bau (und während des Betriebs) vermieden werden.

• Konzertsäle als akustische «Leuchttürme»: Zu guter Letzt ist auch das Erstellen akustisch vorzüglicher Konzert- und Clubräume wichtig, da nur so der «Wert» öffentlich bespielbarere Konzertorte entsteht. Hier sollten Kompromisse vermieden werden. Stattdessen lohnt sich der Beizug von weiteren Experten, die Akustiksimulation sowie der Einsatz der geeignetsten Materialien und die klare Fokussierung auf das, was man hören will. Wir setzen in Luzern bewusst auf einen hochstehenden Kammermusiksaal, der genau in diesem Aufführungssegment die optimale Akustik liefern soll.

Beim Bau einer öffentlichen Musikhochschule soll mit den finanziellen Mitteln sorgfältig umgegangen werden. Sparübungen bei Schall und Akustik sind jedoch fehl am Platz. Hier ist auf Perfektion und eine qualitativ hochstehende Ausführung zu setzen. Wenn man dafür bei der Ausgestaltung der übrigen Räume und beim Einbaustandard etwas zurückhaltender agiert, lässt sich eine Budgetbalance durchaus erzielen. Wir haben dies in Luzern mit dem Charakter einer «Musikwerkstatt» versucht.

Michael Kaufmann

… ist Direktor Hochschule Luzern – Musik.

Ticino: strategia networking

Quest’edizione mette in luce la Scuola universitaria di Musica del Conservatorio della Svizzera italiana, unico istituto universitario musicale svizzero al sud delle alpi. In un contesto come quello del Ticino la creazione di reti è fondamentale. Ciò vale a maggior ragione per il contesto culturale, dove gli attori principali hanno fatto del lavoro in rete la strategia vincente.

Christoph Brenner — Cosa fai se sei una scuola giovane e piccola in un mondo dominato da tradizioni? In un territorio piccolo abitato da appena 300 000 persone? Con un polo economico e culturale d’importanza mondiale ad appena 60 chilometri di distanza? In un mercato del lavoro condizionato dalla difficile situazione economica del paese limitrofo e dall’involuzione del settore economico principale?

Al momento della sua fondazione, 30 anni orsono, il Conservatorio della Svizzera italiana (CSI) sembrava non avere alcuna chance. Eppure… nonostante mezzi finanziari limitati e la presenza di concorrenti di peso sia a Nord che a Sud, il Conservatorio è riuscito a conquistarsi il suo spazio, puntando innanzitutto sulla cooperazione e sulla creazione di reti.

Reti interne, in quanto è strutturato in tre dipartimenti: in aggiunta alla Scuola universitaria di Musica (SUM) e alla Scuola di Musica, nel 1999 è stata fondata una scuola pre-professionale, oggi Pre-College. I tre dipartimenti, pur con direzione, contabilità e gestione dei contratti separati, cooperano in modo inter- e transdipartimentale, non solo per la formazione dei docenti strumentali/vocali e la relativa pratica professionale, ma anche nella pianificazione del personale, nella progettazione di un iter unico e continuato dell’allievo dalla Scuola di Musica alla SUM e nella presenza sul territorio: laddove la SUM si orienta chiaramente verso un orizzonte internazionale, gli altri dipartimenti sono fortemente ancorati al territorio, facendo del Conservatorio una vera scuola ticinese. Il Pre-College, tra parentesi, è co-diretto dai due direttori della SUM e della Scuola di Musica, fatto che – piuttosto sorprendentemente – gli ha permesso di sviluppare un forte profilo autonomo nell’interesse dei suoi allievi.

Cooperazione

La cooperazione è naturalmente quella con le altre realtà universitarie sul territorio, in primis la SUPSI (Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana), alla quale la SUM è affiliata, ossia integrata a livello universitario ed autonoma a livello amministrativo e finanziario, modello che si è dimostrato vincente: un Doppio Master per formare docenti di educazione musicale concepito assieme al DFA (Dipartimento Formazione ed Apprendimento, già Alta scuola pedagogica); un Master di Ricerca artistica assieme all’Accademia Teatro Dimitri (ATD), anch’essa affiliata alla SUPSI; le assi di ricerca tematiche e trasversali all’interno della stessa SUPSI. Inoltre, da quasi 20 anni, nell’ambito della Rassegna 900presente: SUPSIArts, con produzioni – in sinergia con la stessa ATD e con il Corso di laurea in Comunicazione visiva del DACD – di opere «tradizionali» (es. Rape of Lucretia di Britten), più sperimentali (es. Kraanerg di Xenakis, con riprese TV della RSI) e importanti commissioni (es. quella al compositore spagnolo Sánchez-Verdú per Il Giardino della Vita, spettacolo teatrale su testi di Isella).

Vent’anni fa, la musica contemporanea in Ticino non era neanche una nicchia di mercato: il Conservatorio ha quindi colto la possibilità di diventarne l’attore principale. Anche in questo caso la collaborazione è stata fondamentale: da due decenni Rete Due e RSI sono co-produttori della Rassegna 900 presente. Entrambi sono partner strategici anche in vari altri ambiti, dalla produzione musicale (coproduzioni, prestazioni di servizio) ai radiodrammi.

In una situazione di trasformazione si trova l’Orchestra della Svizzera italiana (OSI), da sempre un partner importante, non solo nella formazione (es. per i diplomi di solista), ma sempre più anche nella produzione, come in una memorabile Nona Sinfonia di Mahler, scelta per essere pubblicata in CD nel 2017 dall’Associazione degli Amici dell’OSI.

Una pietra miliare è stata infine posta nel 2015 con l’inaugurazione del LAC, il nuovo centro culturale di Lugano, con sala teatrale e concertistica, che funge da catalizzatore nello sviluppo della piazza culturale luganese. Numerose sono state le cooperazioni del CSI con il LAC (es. matinée domenicali) e con Lugano Musica (es. EAR, rassegna di musica elettronica, e approfondimenti tematici), e fortemente cresciute sono state le sponsorizzazioni per gli eventi al LAC, che sono regolarmente «sold out».

Il futuro

Se il Conservatorio vorrà aver successo anche in futuro dovrà mantenere l’equilibrio tra scuola a respiro internazionale ed ancoraggio al territorio. Dovrà cercare di consolidare i suoi punti forti (scuola piccola e flessibile a basso impatto burocratico, internazionale, multilinguistica), insistere sugli ambiti che gli permettono una posizione egemonica almeno relativa (pedagogia musicale in lingua italiana, musica contemporanea, attività orchestrale) e coltivare il suo eccellente corpo docenti e l’alto livello dei suoi collaboratori. Il lavoro in rete sul territorio è indubbiamente un elemento cardine per trasformare i punti deboli enunciati inizialmente in punti di forza, e le necessità in virtù.

Christoph Brenner

… è direttore del Conservatorio della Svizzera italiana.

Testimonianze dal territorio

Giulia Genini (Co-responsabile della formazione e musicista freelance), come può, secondo Lei, il Ticino affermarsi in un contesto artistico in Svizzera, risp. quali sono i suoi punti vendita unici? 

Se si pensa all’offerta culturale presente sul territorio ticinese in rapporto alla sua dimensione ci si rende conto molto bene di come questo triangolo di Svizzera sia eccezionalmente vivo e dinamico e di come sia al passo con gli altri importanti centri culturali svizzeri. Se prendiamo il frangente musicale i dati parlano chiaro: la presenza di un’orchestra stabile, l’OSI, con collaborazioni di prestigio internazionale tra solisti e direttori d’orchestra, un coro, il coro della RSI, con 80 anni di tradizione, un’orchestra barocca, I Barocchisti, tra le più affermate al mondo, il Conservatorio della Svizzera italiana, divenuto Scuola universitaria di Musica, che presenta un’ampia offerta formativa e di post formazione tra le più aggiornate e diversificate, la Scuola di Musica del Conservatorio della Svizzera italiana attiva in tutto il territorio ticinese nelle sue diverse sedi di Lugano, Mendrisio, Bellinzonese e tre valli e Locarno, la Civica Filarmonica di Lugano che vanta una tradizione addirittura centenaria, una sala da concerti nuova di zecca, il LAC, stagioni musicali di ampio respiro che spaziano dalla musica classica al pop, al Jazz. Per non parlare di musei, teatri, esposizioni, festival, il tutto in una cornice unica: un territorio ricco di storia a contatto con una natura esplosiva. Il Ticino è un vero concentrato di cultura e bellezza. C’è davvero tanto, e il tutto è a portata di mano. 

Che significato ha la creazione di reti nell’ambito dell’insegnamento e della ricerca per il Conservatorio della Svizzera italiana?

La rete intesa come interdisciplinarità, contatto e collaborazione – non solo in riferimento a insegnamento e ricerca ma direi tra tutte le componenti dell’istituto, siano essi i dipartimenti, gli insegnanti, gli allievi, i responsabili, le sedi eccetera – è senz’altro uno schema di vitale importanza per l’attività del Conservatorio della Svizzera italiana. Connettere e mantenere in comunicazione tra loro tutte le diverse componenti della Scuola universitaria di Musica è una sfida continua. Ciò permette di seguire delle linee comuni e di stabilire in modo definito e aggiornato gli obbiettivi della scuola. 

Luca Medici (Direttore della Scuola di Musica e Responsabile delegato del Pre-College del CSI) quali sono le principali sfide per il Ticino come Cantone e come centro culturale in Svizzera e in Europa?

Direi che la prima sfida a livello ticinese è quella di realizzare la ricchezza del mondo culturale e formativo della scena ticinese, sembra scontato, ma a fronte di tante eccellenze, forse ciò che oggi manca è un disegno, una politica culturale, delle linee guida. Questo è necessario per fare chiarezza e per delineare lo sviluppo futuro di questa scena: ogni ticinese è fiero di Daniele Finzi Pasca, dell’OSI, del Teatro Dimitri e del CSI, proprio per continuare con queste eccellenze e per farle diventare un traino della società necessitiamo di linee guida che ci traghetteranno in un sempre maggior coinvolgimenti di tutti gli strati della società. Dopodiché il nostro mandato culturale rispetto alla Svizzera e all’Europa risulterà più facile da interpretare, promuovere ciò che un piccolo territorio con risorse contenute da investire riesce a realizzare, creare una vera identità culturale ticinese e affermarla!

Michel Gagnon (Direttore generale del LAC Lugano Arte e Cultura), quali sono per Lei le grandi opportunità del Ticino come polo artistico e come sede del Conservatorio della Svizzera italiana?

Il Ticino è un luogo peculiare e virtuoso. È una realtà territoriale di piccole dimensioni con un’offerta culturale decisamente superiore ad altre simili per grandezza. Oltre ad essere la sede del centro culturale che dirigo, sono attivi sul territorio attori quali il Museo d’arte della Svizzera italiana, l’Orchestra della Svizzera italiana – fresca vincitrice agli ICMA -, la Fonoteca nazionale svizzera, il Conservatorio della Svizzera italiana, per citarne solo alcuni. Si svolgono eventi di importanza internazionale come il Locarno Festival o diffusi in Svizzera, tra cui il Festival della Danza STEPS, e rassegne contemporanee quali il FIT Festival Internazionale di Teatro. In questo contesto favorevole si è sviluppata un’importante tradizione musicale legata alla classica, con un numeroso seguito di appassionati. Al LAC abbiamo una sala concertistica con un’acustica eccezionale, che ha permesso di fare un ulteriore passo in avanti. Le rassegne di musica classica si sviluppano sull’arco di una stagione, da ottobre a giugno, e ospitano orchestre prestigiose, assieme a direttori e solisti di alto livello. Lo scorso anno, a inizio estate, abbiamo pure ospitato un paio di concerti spettacolo all’aperto in Piazza Luini. Al LAC trova casa l’Orchestra della Svizzera italiana (OSI) con la quale abbiamo siglato un progetto di residenza artistica da cui sono nati interessanti progetti in collaborazione con gli altri partner artistici: con LuganoInScena si è, ad esempio, realizzato lo spettacolo di danza con musiche dal vivo La mer + La sagra della primavera (interpreti Compagnia Virgilio Sieni e OSI). La scena musicale è inoltre supportata dalla Radiotelevisione Svizzera sia in qualità di produttore dei Concerti RSI sia per la sua diffusione con un canale radio culturale dedicato. Il Ticino è dunque un territorio fertile e virtuoso nel quale sia l’istituzione Conservatorio sia i suoi studenti possono crescere. In questa prospettiva si inserisce la collaborazione nata tra LAC e il Conservatorio della Svizzera italiana (CSI) che propone matinée musicali la domenica mattina aperte al pubblico nella grande Hall del centro culturale. Sono occasioni della durata di circa un’ora durante le quali si esibiscono gli studenti del CSI, suonando un repertorio costruito appositamente e introdotto da una breve presentazione. I concerti si rivolgono a tutti e tra il pubblico troviamo appassionati, neofiti della musica classica che cercano un modo per avvicinarsi a questo mondo e molte famiglie. L’atmosfera è informale e la relazione con il pubblico diretta, a due passi dai musicisti abbiamo grandi cuscini per i bambini.

Quali sono le principali sfide per il Ticino come Cantone e come centro culturale in Svizzera e in Europa?

Non arroccarsi su sé stesso, ma far prevalere la sua identità culturale e favorire le collaborazioni. Per il LAC è evidente che a fianco di un forte radicamento al territorio è fondamentale un respiro internazionale attraverso la qualità della programmazione, la tras­versalità e il dialogo fra le arti che vi trovano spazio. Allo stesso tempo, soffermandomi sempre sul LAC, è necessario essere un centro culturale contemporaneo, quindi dinamico, inclusivo e aperto a un pubblico quanto più vasto e internazionale possibile. Significa inoltre essere un centro di produzione e sviluppare un attento programma di mediazione culturale in grado di offrire occasioni di incontro con l’arte sorprendenti e piacevoli. È importante saper ben bilanciare questi diversi «ingredienti» e trarne il meglio. Se torno al paradigma della musica classica, al LAC accogliamo le migliori orchestre e direttori in un cartellone che è quello di una grande città europea, ma allo stesso tempo lavoriamo per sviluppare produzioni e iniziative importanti con l’Orchestra residente alla quale si aggiunge la collaborazione con il Conservatorio per diffondere la musica classica sul territorio e verso i giovani.

Affianchiamo così ai grandi concerti sinfonici e recital, concerti dell’Orchestra della Svizzera italiana per le scuole e per le famiglie, concerti spettacolo in Piazza Luini, matinée musicali assieme al Conservatorio, approfondimenti che creano collegamenti tra la musica classica e l’arte (Un quadro – una musica), e progetti digitali dedicati alla musica classica. In quest’ultimo ambito stiamo lanciando LAC orchestra, una piattaforma web ed un’applicazione per tablet che invita gli utenti a conoscere gli strumenti che formano un’orchestra e a capire la sua formazione attraverso il gioco, l’interattività e tanti filmati sorprendenti che ritraggono il singolo orchestrale o il maestro suonare la stessa aria da prospettive diverse e inedite. Riassumendo, sicuramente una sfida è quella di sapere bilanciare gli ingredienti qui sopra citati, un’altra è quella di garantire la qualità in ogni cosa e saper sorprendere in modo positivo. Questo, a mio parere, è quello che in soli 3 anni ci ha permesso di essere naturalmente adottati dalla comunità, essere conosciuti in Svizzera e fuori dai confini nazionali e continuare a crescere.

Die Forschung an der ZHdK

In dieser Ausgabe stehen, nachdem Genf in der November-Ausgabe beleuchtet wurde, die Forschungs­abteilungen der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) im Mittelpunkt und verdeut­lichen deren Vielseitigkeit.

MvO — Im Zuge der Etablierung der Forschung an den Fachhochschulen hat die ZHdK ihre Forschungstätigkeit intensiviert. Sieben Institute und zwei selbständige Forschungsschwerpunkte sind vor allem im Bereich der künstlerischen Forschung tätig, unter anderem auch in der Kulturvermittlung und in der Musikwissenschaft. Die Anfänge der Forschung an der ZHdK reichen bis in die neunziger Jahre zurück, als aufgrund der Forschungsverpflichtung Daniel Fueter, damals Direktor des Konservatoriums und der Musikhochschule Zürich, das Thema aufnahm und mit einer Gruppe Gleichgesinnter verfolgte. Bereits damals zeigte sich, dass der Bereich, den Gerald Bennett betreute (er war neben seiner Gründertätigkeit für das IRCAM in Paris auch Mitbegründer des Schweizerischen Zentrums für Computermusik) ein Alleinstellungsmerkmal für die spätere ZHdK bilden könnte. Daraus ist dann in der Folge die Gründung des Institute for Computer Music and Sound Technology (ICST) erfolgt, das Musik im Kontext neuer Technologien erforscht. Schon bald haben sich immer deutlicher einzelne Schwerpunkte herauskristallisiert. Die Forschungsprojekte der ZHdK werden von nationalen Institutionen wie dem SNF und innosuisse (ehemals KTI), von privaten Stiftungen oder von der EU gefördert oder sind Kooperationen mit Universitäten, der ETH, Fachhochschulen, anderen Forschungseinrichtungen und mit Wirtschaftspartnern.

Institute for Computer Music and Sound Technology (ICST)

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Forschung am ICST besonders interdisziplinär angelegt ist und über eine enorme Bandbreite verfügt, was gleichermassen naturwissenschaftliche wie auch künstlerische Aspekte aufweist. Einige Beispiele aus dem aktuellen Projektkatalog werden anbei vorgestellt.

Das Gebiet der Audiohaptik geht der Frage nach, welche Relevanz Schwingungen über ein haptisches Feedback bei Instrumenten für die Genauigkeit des Musizierens haben. Dazu hat das ICST Wahrnehmungsstudien und experimentelle Untersuchungen durchgeführt, aus welchen die Frage resultiert, wie elektronische Musikinstrumente in der Zukunft aussehen können und welche Verbesserungen das haptisches Feedback dabei ermöglicht. Da bisher auf diesem Gebiet systematisch wenig erforscht wurde, sind die Erkenntnisse des ICST umso wichtiger, zumal Stefano Papetti und seine Gruppe diese in Publikationen und auf internationalen Konferenzen vorstellen konnte.

Die Forschung im Bereich von Interfaces hat mittlerweile auch anwendbare Ergebnisse erzeugt. Ausgangspunkt war das Projekt SABRe, über eine mit Sensoren erweiterte Bassklarinette, aus dem sich zunächst ein startup-Unternehmen entwickelte, welches anfangs März den SABRe Multi Sensor auf den Markt bringen konnte. Es handelt sich dabei um ein modulares System mit diversen Sensoren, welches zwischenzeitlich nicht nur für Klarinetten und Saxophone anwendbar ist, sondern auf zahlreiche Objekte montiert werden kann.

Bei dem Projekt Trees, Ökophysiologische Prozesse hörbar machen und dem Folgeprojekt Sounding Soil geht es um die Erforschung von Naturklängen und ihrer Relevanz für das Verständnis von Ökosystemen. Mit Klanginstallationen können Menschen einerseits sensibilisiert werden, andererseits wird damit die Schnittstelle von Kunst und Wissenschaft erfahrbar. Der naturwissenschaftliche Aspekt wird in Kooperation mit der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald (WSL) und der ETH gemeinsam untersucht.

Das ICST stellt sich aber auch den Fragen der Kommunikation sowie der Erfahrung und den Möglichkeiten neuer Technologien. Welche Bedeutung hat ein telematisches Umfeld für die Musik(-aufführung), wie sieht eine telematische Performance aus, wie können neue Technologien eingesetzt werden, damit Musiker gemeinsam spielen können, ohne im selben Raum sein zu müssen? Was sind die Chancen und Probleme, die durch eine zeitliche Verzögerung (den so genannten delay) entstehen? Das Institut entwickelt hierfür Tools, um diese Phänomene verstehen und anwenden zu können. Ein weiteres Thema sind Games. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie man Gamestrategien in musikalische Kompositionen und Aufführungen integriert und was diese für einen Einfluss auf Musiker und Publikum haben.

Forschungsschwerpunkt Musikalische Interpretation

Ein bedeutender Forschungsschwerpunkt auf dem Gebiet der Musikalischen Interpretation bildet das Schaffen von Anton Webern. Da die Analyse einer performativen Interpretation von der Musik des 20. Jahrhunderts in der Interpretationsforschung noch kaum eine Tradition kennt, ist die Frage nach einer Aufführungslehre dodekaphoner Musik bzw. nach Regeln ihrer Aufführungspraxis (beispielsweise bei Tempo- oder Intonationsfragen) von grosser Bedeutung. Im Bereich der älteren Interpretationsgeschichte stehen Generalbass-Realisierungen des 19. und 20. Jahrhunderts zur Diskussion. Des Weiteren legt die Forschungsabteilung einen Schwerpunkt auf die Zürcher Musikgeschichte, hier wäre die Gesamtausgabe von Erich Schmid, aber auch Forschungen zu Leben und Werk von Stefi Geyer oder Adolf Busch oder die Betreuung der umfangreichen Tonbandsammlung von Fritz Muggler zu nennen.

Musikphysiologie

Zum Forschungsschwerpunkt Musikalische Interpretation des Departements Musik der ZHdK gehört auch der Schwerpunkt Musikphysiologie, welcher eine internationale Ausstrahlung geniesst. Geforscht wird etwa auf dem Gebiet von Lampenfieber und Bühnenkompetenz und zur Vorsorge und Überwindung der starken Belastungen und Fehlstellungen beim Spielen von Streichinstrumenten, Klavier oder Schlagzeug. Das Zürcher Zentrum Musikerhand (ZZM), auch Handlabor genannt, gehört ebenfalls zum Bereich der Musikphysiologie. Hier werden biomechanische Messungen durchgeführt und Beratungen angeboten, welche die verschiedenen Belastungsfaktoren eines Musikers erfassen und zu minimieren helfen. Schon daran erkennt man, wie breit das Gebiet ist, welches von der Physiologie bis zur Neuropsychologie reicht.

Forschung und Lehre

Ein Ziel der Forschung an der ZHdK besteht darin, einen grösseren Transfer zwischen der Forschung und der Lehre zu erreichen. Auch wenn im Moment noch nicht alle Praktiker grosses Interesse an der Forschung zeigen, so fliessen dank den Lehrveranstaltungen für Bachelor- und Masterstudierende die Ergebnisse aus der Forschung immer stärker in die Lehre ein. Dieser Konnex soll aber noch verstärkt und mögliche Synergien besser genutzt werden. Der Reader zur historischen Aufführungspraxis von Dominik Sackmann ist ein gutes Beispiel dafür. Die Musikphysiologie ist ebenso gewichtig in der Lehre verankert, was sich auch daran zeigt, dass auf der Basis eines kürzlich an der ZHdK abgeschlossenen SNF-Forschungsprojekts zu individuell geeigneten Violinpositionen ein Kinnhaltermodell mit dem Namen Zuerich vorgestellt werden konnte. Dieses erlaubt durch diverse Höhen- und Winkeleinstellungen verschiedene individuelle Kopfpositionen auch während des Spielens in Sinne einer Ermüdungsprophylaxe. Auch die ICST-Forschung ist eng mit der Praxis verknüpft, denn neben der experimentellen Forschung braucht es in allen Bereichen der Forschung die Interaktion mit Komponisten und Performern, einige Forscher sind gleichzeitig Dozenten. Das Potential der letztgenannten Forschung hat bewirkt, dass das Repertoire der elektronischen Musik an der ZHdK deutlich präsenter wurde, die Angebote für Master- und Bachelorstudierende auf dem Gebiet zahlreicher geworden sind und das Interesse an der Live-Elektronik bei Dozenten und Studierenden steigt, so dass das Repertoire einen immer natürlicheren Eingang in den Unterricht findet.

Gehört Musikforschung an eine Fachhochschule?

Im Gegensatz zur universitären Musikwissenschaft ist das Erklingende und deren Herstellung, die Arbeit mit Klängen oder am Klang oder die zum Klingen gebrachte Musikgeschichte der wesentliche Forschungsgegenstand an der ZHdK. Und diese Forschung, davon ist Dominik Sackmann überzeugt, hat eine grosse Bedeutung für das ganze Departement Musik, weil sie diese verändern kann. Denn aufgrund der Forschung wird die aktive Neugierde angeregt, was enorm wichtig ist für eine Hochschule. Gerade an einem Ort, wo Interpretation unterrichtet wird, muss auch die Frage nach einer inkompetenten oder unvollständigen Interpretation gestellt werden können. Doch eine solche kann nur aufgedeckt und korrigiert werden, wenn die Forschung zeitgemässe Antworten und Möglichkeiten dafür bereithält. So kann die Forschung zum Motor werden, um die Interpretationen auf dem Erkenntnisstand der Zeit zu halten. Und dieses Verständnis sollte sich auch auf die Studierenden übertragen, auf die nächste Generation von Künstlern, die offen und neugierig ist – letzten Endes aber auch auf die Dozierenden.

Diese Perspektive nimmt auch das ICST ein, im Bewusstsein, dass wir aufgrund neuer Medientechnologien anders kommunizieren, immer neue Kanäle haben, um Informationen auszutauschen, was unser Leben bisweilen radikal verändert. Die Kunst ist dabei eminent wichtig, weil sie die kritische Funktion einnimmt zu überlegen, wie diese Technologien uns verändern und wie sie die Kunsterzeugung und deren Rezeption beeinflussen. Es geht dabei nicht darum, noch mehr Gadgets zu erzeugen, sondern die Chancen und Risiken technologischer Innovationen im Bereich der künstlerischen Produktion zu erkennen.

Herausforderung und Ziele

Die Forschung an der ZHdK möchte noch näher an die Praxis gelangen, noch sichtbarer werden und enger mit den Studiengängen verschränkt sein. Dereinst müsste die Forschung an einer Kunsthochschule selbstverständlicher Bestandteil des Curriculums sein. Dabei bleibt aber die Frage, wie dies finanziert und wie die Drittmittelquote erreicht werden kann. Es stellt sich aber auch die Frage, wo der wissenschaftliche Nachwuchs dereinst herkommt. Das strukturelle Problem liegt darin, dass Schweizer Kunsthochschulen noch keine eigenen PhD-Programme anbieten können, dies wäre aber für den Nachwuchs wichtig und unterscheidet die Schweiz von anderen Ländern, bei denen die Kunsthochschulen durch den Universitäts-Status einen dritten Zyklus haben. Glücklicherweise kann sich das Department Musik der ZHdK mit einer intensiven Kooperation mit der Kunstuniversität Graz behelfen.

Eine weitere Herausforderung der Forschung besteht im Ziel, die Eigenständigkeit bei der Wahl von Methoden und Inhalten bewahren zu können. Dies ist vor allem hinsichtlich des Wettbewerbs um Drittmittel relevant und braucht Verständnisschaffung in der wissenschaftlichen Community. Es muss den Forschungsdepartementen gelingen, die Anliegen deutlich zu machen. Dafür können auch Kooperationen wichtig sein. Das ICST ist ein grosser Magnet für Kooperationen mit anderen relevanten Instituten auf dem Gebiet. So oder so ist es wichtig, dass gute Kontakte zwischen den Musikhochschulen gepflegt werden.

> www.zhdk.ch/forschung

> icst.net

> www.zhdk.ch/forschungsschwerpunkt-musikalische-interpretation-1414

> www.sabre-mt.com

> blog.zhdk.ch/soundingsoil/

> blog.zhdk.ch/trees/

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