Heimische Acts nutzen internationale Plattform

Die Schweizer Acts Evelinn Trouble, Velvet Two Stripes und Peter Kernel haben die Gelegenheit, ihr Schaffen im Rahmen des bedeutenden Branchenfestivals The Great Escape im britischen Brighton Veranstaltern und Produzenten zu präsentieren.

Foto: Reto Schmid

The Great Escape gilt als einer der wichtigsten Umschlagplätze Europas für zeitgenössisches Musikschaffen. Besucht wird er sowohl vom breiten Publikum als auch von Talentscouts und weiteren Branchenprofis. Erwartet werden dieses Jahr 15’000 Besucher.

In Brighton werden im Rahmen des 2006 gegründeten Festivals 30 Lokale bespielt. Darüberhinaus werden Debatten, Workshops und Networking-Anlässe veranstaltet. Insgesamt treten 350 lokale und internationale Künstler auf. Der Anlass ist ausverkauft.

Die Schweizer Promotionsorganisation Swiss Muisc Export veranstaltet in Brighton in Zusammenarbeit mit der Fondation SUISA und Pro Helvetia zum ersten Mal einen eigenen Event, den Swiss Business Mixer. Die drei Schweizer Gruppen präsentieren sich sowohl im Rahmen dieses Anlasses als auch im offiziellen Festival-Programm.

Mehr Infos: mamacolive.com/thegreatescape
 

Die St. Galler Regierung hält im Grundsatz an der aktuellen Förderpolitik fest. Die eingeleitete Entwicklung in der Kulturpolitik werde auch in Zeiten des Sparens vorangetrieben, versicherte Regierungsrat Martin Klöti anlässlich einer kantonalen Kulturkonferenz.

Weitergeführt werde die regionale Förderung, sei es im Rahmen von Südkultur, Thurkultur, Kultur Toggenburg oder der Rheintaler Kulturstiftung und auch weiteren noch aufzubauenden Kulturförderplattformen.

Die kantonalen Schwerpunkte bleiben das Schloss Werdenberg, das Kunst(Zeug)Haus Rapperswil-Jona, die Lokremise St.Gallen, sowie in Sachen Musik Konzert und Theater St.Gallen und das geplante Klanghaus Toggenburg.

Ein neuer Akzent ist in der Kulturvermittlung geplant. Als Beispiel dafür, dass sich die Kulturförderung ständig weiterentwickle, nannte der Departementsvorsteher Klöti laut einer Mitteilung des Kantons «die sehr erfolgreich entwickelte Filmförderung im vergangenen Jahr».

Im Zentrum der diesjährigen Kulturkonferenz stand der Austausch über die Chancen eines kreativen Umgangs mit Baukultur. Unter dem Titel «Spiel-Raum – Architektur als kulturelle Inszenierungsplattform» trafen sich rund 100 Kulturinteressierte aus dem ganzen Kanton in Murg.

Johannes Knapp wird künstlerischer Koordinator beim STV

Der Vorstand des Schweizerischen Tonkünstlerverein (STV) hat den deutschen Cellisten und Musikmanager Johannes Knapp zum neuen künstlerischen Koordinator des Vereins gewählt.

Der Vorstand habe mit Johannes Knapp «eine begeisterungsfähige und flexible Persönlichkeit ausgewählt, die ein grosses Interesse für zeitgenössische Musik» mitbringe, schreibt der STV.

Der 1990 in eine Musikfamilie in Erfurt hineingeborene Knapp hat an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt Philosophie und Musikwissenschaft und an der Hochschule für Musik Saar bei Ulrich Voss Violoncello studiert. An der Universität Saarbrücken hat er überdies Musikmanagement studiert.

Am Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Saarbrücken hat Knapp als wissenschaftliche Hilfskraft gewirkt. Er war verantwortlich für die Redaktion der Abendprogramme der Salzburg Biennale 2013. Ausserdem hat er Rezensionen und Programmheftartikel verfasst.

Klingende Museen

Ende Mai und anfangs Juni bereichern musizierende Kinder und Jugendliche die kulturelle Vielfalt von 32 Museen im Kanton Zürich.

Vertonte Vitrinen 2010. Foto: VZM

Streicherklänge und Vogelgezwitscher im Besucherzentrum Sihlwald, Solisten, Kammermusikensembles oder Orchester im Museum Schloss Kyburg – 21 Zürcher Musikschulen bieten zusammen mit 32 Museen am 1.und 2. Juni 2013 (sowie 25. Mai und 7./8./9. Juni 2013) vielfältige Konzerte und musikalisch-kulturelle Veranstaltungen.

Wie der Verband Zürcher Musikschulen (VZM) und der Verein muse-um-zürich in einer Mitteilung schreiben, wird das Projekt «Klingende Museen» kantonsweit zum zweiten Mal durchgeführt. Oft finden sich in der Nähe eines Wohnortes interessante Raritäten aus Kunst und Kultur in kleineren und grösseren Museen. Sei es Historisches, Kunsthandwerk oder Bildende Kunst: Mit Musik aus allen Epochen und Stilrichtungen, gespielt von Kindern und Jugendlichen, werden Ausstellungsräume lebendig und laden zu ungewöhnlichen Kulturerlebnissen ein. Die mitwirkenden Museen aus dem Verein muse-um-zürich öffnen ihre Türen für alle, besonders auch für Familien.

Im Kanton Zürich besuchen zurzeit rund 66 500 Musikschülerinnen und -schüler den Instrumental- und Vokalunterricht, spielen oder singen in einem Ensemble mit oder besuchen die in die Volksschule integrierte Musikalische Grundausbildung. Das Wochenende der Klingenden Museen ist unter den etwa 3000 jährlichen Musikschulveranstaltungen ein besonderes Ereignis, indem sich die Lebendigkeit aktiven Musizierens mit der kulturellen Vielfalt der Museen verbindet.

Informationen zum detaillierten Programm unter:
www.klingende-museen.ch
www.vzm.ch
www.muse-um-zuerich.ch
 

Der Kanton Schwyz ist am 6. Mai 2014 offizieller Gastkanton an der Vereidigung der päpstlichen Schweizergarde. Teil des Rahmenprogramms sind ein Musikkorps und ein Chor aus dem Kanton.

Mit der Vereidigungsfeier für die neuen Rekruten gedenkt die Schweizergarde jeweils am 6. Mai dem Sacco di Roma, der Plünderung Roms am 6. Mai 1527, bei der die Schweizergarde Papst Clemens VII verteidigt hatte.

Seit 2008 wählt die Schweizergarde jedes Jahr einen Gastkanton für diese Feierlichkeiten. 2014 ist dies der Kanton Schwyz zu, der mit einer offiziellen Delegation nach Rom reisen wird. Die Delegation wird angeführt vom Regierungsrat, der in corpore am Sacco die Roma teilnehmen wird.

Begleitet wird er von einem Musikkorps und einem Chor aus dem Kanton Schwyz. An der Teilnahme interessierte Musikvereine und Chöre können sich beim Regierungsrat bewerben.

Jahresbericht 2012 der Pro Helvetia

Mit der Unterstützung von rund 3000 Projekten ermöglichte die Schweizer Kulturstiftung Auftritte von Schweizer Künstlerinnen und Künstler rund um den Globus.

Bild: Aleksandar Mijatovic – Fotolia.com

Neben ihren Aktivitäten im Inland hat Pro Helvetia letztes Jahr Schweizer Kulturprojekte in 92 Ländern gefördert. Von den 34 Millionen Franken, die der Stiftung 2012 zur Verfügung standen, flossen 88,3 % direkt in die Kultur. Die administrativen Kosten konnten trotz steigenden Gesuchszahlen gesenkt werden. Insgesamt bearbeitete die Stiftung 3457 Anfragen, 1710 wurden bewilligt. Die Zustimmungsquote war mit 49,2 % etwas tiefer als im Vorjahr. 21,3 Mio. flossen in Projekte von Gesuchstellenden, 3,3 Mio in Projekte von Aussenstellen, 4,5 Mio. in Impuls- und Austauschprogramme und 0,9 Mio. in Kulturinformation.

Die Musik steht mit 5,5 Mio. Franken an dritter Stelle hinter den Visuellen Künsten mit 7.3 Mio. und Literatur und Gesellschaft mit 6,1 Mio. Es folgen Theater (3,9 Mio.), Tanz (3,8 Mio.) und Interdisziplinäres (3,4 Mio.). 993 Gesuche kamen aus der Musikwelt.

Ebenfalls im letzten Jahr entwickelte Pro Helvetia gemeinsam mit dem Verband Schweizerischer Berufsorchester die Grundlagen für eine verbesserte Förderung von grossen Orchestern.

Der französische Fernsehsender Mezzo wurde bei der Herstellung von Porträt-Dokumentationen über zehn Schweizer Komponisten unterstützt: Dieter Ammann, Oscar Bianchi, Xavier Dayer, Martin Jaggi, Daniel Ott, Michael Pelzel, Katharina Rosenberger, Annette Schmucki, Nadir Vassena, Michael Wertmüller. Die rund zehnminütigen Porträts sind auch auf der Website von Pro Helvetia zu sehen.

Alle 2012 unterstützten Projekte können alle in einer Online-Datenbank eingesehen werden, und zwar sind Empfänger, Betrag und Art des Projekts aufgeführt.

www.prohelvetia.ch

Musikermigration der Frühneuzeit wird erforscht

Ein Forschungsprojekt, das sich mit Musikermigrationen in der Frühen Neuzeit zwischen Ost-, West- und Südeuropa beschäftigt, wird von der EU in den kommenden drei Jahren mit knapp einer Million Euro gefördert.

Europakarte von Gerhard Mercator, 1598, Tartu University Library/Wikimedia Commons,SMPV

Das Projekt hat zum Ziel, möglichst viele Informationen über die Migration von Musikern im 17. und 18. Jahrhundert zu sammeln und in einer Datenbank zusammenzuführen.

Informationen über einzelne Personen – darunter nicht nur Instrumentalisten, sondern ebenso Komponisten, Sänger, Musiktheoretiker und Musikverleger – sollen aber auch in einen grösseren Zusammenhang gebracht werden, um Migration und die Mobilität der frühen modernen Musiker als kulturelles Phänomen zu erfassen.

An dem Forschungsprojekt sind Wissenschaftler der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Forschergruppen in Berlin, Zagreb (Kroatien), Warschau (Polen) und Ljubljana (Slowenien) beteiligt. Es gehört zu 15 Projekten, die von insgesamt 593 Anträgen für eine EU-Förderung im Rahmen der Linie «HERA – Humanities in the European Research Area» ausgewählt worden sind.

Die Datenbank-Arbeiten werden auf einem Vorläuferprojekt zur Erfassung von Musikermigration (ANR-DFG-Projekt Musici) aufbauen.

Mehr Infos: www.musici.eu

Buchrezension: Keine Angst vor der ambivalenten Figur Wagners und seinem «grossformatigen» Musiktheater. Eine gekonnte Einführung.

Richard Wagner hat viele Jahre seines Lebens in der Schweiz verbracht. Als Revolutionär flüchtete er 1849 von Dresden nach Zürich, wo er fast zehn Jahre lebte und immer wieder Gönner und Freunde aufsuchte. Von 1866 an wohnte er in Tribschen bei Luzern. Von dort zog er 1871 nach Bayreuth. Die Schweiz war also viel mehr als eine Durchgangsstation eines unruhigen Künstlers. Richard Wagner ist zwar ein «deutscher» Komponist, der aber der Schweiz viel zu verdanken hat. Und umgekehrt hat er viele Schweizer ausserordentlich fasziniert.

Das Schrifttum über Richard Wagner ist enorm: Biografien, Monografien, Brief- und Dokumentensammlungen, Hagiografien und Schmähschriften. Ist denn immer noch nicht alles gesagt? Offenbar ist Richard Wagner bei einer älteren Generation nach wie vor hoch aktuell. Doch wie sieht es wohl bei der Jugend aus, wie ist deren Verhältnis, deren Interesse an Leben und Werk eines grossen Musikers, der so viele Jahre in unserem Land gelebt hat?

Fragt man nach geeigneter Literatur, um jungen Menschen den Zugang zu Wagners Musik zu erleichtern, schrumpft das Riesenangebot sogleich empfindlich zusammen. Offenbar braucht es heute sowohl auf der Seite der Autoren wie auf jener der Verlage sehr viel Mut zu einem derartigen Unterfangen. Der Berliner Verlag Bloomsbury hat den Schritt gewagt. Mit Schönheit, Glanz und Wahn. Richard Wagner und die Magie der Musik ist es der Musiktheaterpädagogin Iris Winkler gelungen, eine echte Lücke zu füllen. Das Werk ist spannend, farbig und überrascht immer wieder mit humorvollen Sprachbildern und Erklärungen von Fachausdrücke wie «Kadenz», «mystischer Abgrund» oder «Wagnertuben». Ausserdem gelingt es der Autorin ganz besonders gut, sich in die Sprache Jugendlicher einzufühlen ohne sich anzubiedern. Hans Baltzer hat das Buch mit schönen, aussagestarken Illustrationen geschmückt.

Man nimmt den schmalen Band (167 Seiten) gerne zur Hand, blättert mit Vergnügen darin, freut sich an den vielen Illustrationen – und erlebt gleichzeitig die Inszenierung eines Opern- Dramas in fünf Akten. Sogar ein «Vorspiel» darf nicht fehlen: So hat die theatererfahrene Autorin das Leben Wagners gegliedert. Gekonnt sind die vielen Szenenwechsel in diesem rasanten Lebenslauf als «Verwandlungen» eingeblendet. Damit rollt Wagners Leben mit all seinen Verwerfungen vor den Augen des jungen Lesers, der jungen Leserin ab, als sässen sie selber in der Loge eines grossen Opernhauses.

Die Sprache Winklers ist wohltuend gradlinig und voll feinen Humors, der auch den erfahrenen Musikfreund zum Schmunzeln bringt. Geschickt vermeidet sie jegliche Wertung der Persönlichkeit Wagners. Er ist in ihrer Darstellung ein grosser Magier der Klänge und gleichzeitig ein hoch problematischer Mensch mit vielen Brüchen. Dem noch wenig Musikerfahrenen gibt die Autorin viele echte Hilfen an die Hand: Jeder Fachausdruck wird mit einfachen Worten erläutert, die Inhalte der Opern kurz und prägnant auf dunkler getöntem Hintergrund zusammengefasst und mit weiterführenden kleinen Kommentaren versehen. Notenbeispiele sind eingefügt und – als besondere Beigabe des Verlags – gibt es eine eigens für dieses Buch eingerichtete Website, auf welcher man sich die erwähnten Musikauszüge auch gleich anhören und Szenen aus den Opern anschauen kann! Eine Zeittafel fasst die wichtigsten Stationen kurz zusammen. Das gelungene Werk schliesst charmant mit «Tipps für einen guten Beginn».

So ist es wenig verwunderlich, wenn ein 13-jähriger Junge dazu meint:
«Ich habe das Buch gern gelesen und dafür nur drei Tage gebraucht. Das Buch ist seeeehr interessant und das romanhafte Erzählen mit Dialogen macht es spannend und toll zu lesen. Das Buch ist für mich ein Roman, ein Buch über Musik und die Oper, eine Lebensgeschichte, ein Geschichtsbuch – alles zugleich und nie verwirrend, denn es ist gut unterteilt, damit habe ich die Übersicht behalten können.
Ich konnte mich beim Lesen sehr gut in die damalige Zeit und manche Situationen im Leben von Richard Wagner hineinversetzen. Ich habe über vieles gestaunt: wie z.B. Wagner das Komponieren ‚erforscht‘ und die gesamte Partitur von Beethovens 9.Sinfonie per Hand abschreibt – echt verrückt und doch verständlich, wenn man sich für ein bestimmtes Thema eben richtig begeistert. Besonders gefallen hat mir, dass das Buch auch über seine Freunde, Begleiter und Vorbilder berichtet und man so fast nebenbei auch noch viel über andere große Musiker erfährt …
Das Buch ist besonders schön und abwechslungsreich illustriert. Beim Lesen habe ich mich einfach auf die nächste Seite gefreut! Einfach das Durchblättern des Buches machte mir schon Spaß und man kann gut auf einzelnen Seiten hängenbleiben …
Ich habe das Buch nun meiner Mutter empfohlen – sonst ist es immer umgekehrt!»

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Iris Winkler, Hans Baltzer, Schönheit, Glanz und Wahn – Richard Wagner und die Magie der Musik, ab 12 Jahren, 167 S., € 16.99, Bloomsbury (Ars Edition), Berlin 2012, ISBN 978-3-8270-5505-7

Ein Buch aus der Reihe «Sound Studies» fragt, wie wir im Alltag in Klänge eingebunden sind und welchen Einfluss sie auf unsere Entscheidungen haben.

Die Biografie eines Komponisten, ein Buch über die Musikgeschichte der Romantik oder eines über neue Spieltechniken der Oboe wecken konkrete Erwartungshaltungen. Dann gibt es aber auch Bücher, und hierzu zählt der von Holger Schulze herausgegebene Sammelband Gespür – Empfindung – Kleine Wahrnehmungen, die ihren Inhalt nicht unmittelbar preisgeben, die sich etablierten Methoden und traditionell hermeneutischen Verfahren entziehen. Vorerst lautet also die Frage: Worüber schreiben die 15 Autoren des Sammelbandes eigentlich?

Grundsätzlich geht es um nichts weniger als um andere Wege und Formen der Erkenntnis, um die Rolle von Stimmungen oder von Empfindungen sowohl fürs alltägliche Dasein als auch fürs rationale Denken. Letzteres wird unisono relativiert. Hajo Eickhoff schreibt aber auch: «Entscheidungen nach Gespür haben gegenüber der Vernunft den Vorteil, dass sie schneller, sicherer und präziser getroffen werden.» (S. 33) Solche Worte klingen einleuchtend. Wem sich das nicht erschliesst, der findet auf mehr als 260 Seiten immer wieder Belege. Das Kleinkind mit einem angeborenen Herzfehler begibt sich, sobald das kleine Herzchen aus dem Takt gerät, instinktiv in die Hocke, um dessen Belastung zu reduzieren (Eickhoff, S. 29 f.). Susanne Nemmertz wiederum beschreibt sehr subjektiv, durchaus aber anschaulich die Auswahl eines geeigneten Biwakplatzes in den Bergen. Stimmungen und klangliche Atmosphären überwiegen gegenüber rationalen Erwägungen. Die erfahrene Bergsteigerin und Dozentin am Institut für Landschaftsarchitektur an der ETH Zürich lässt sich schliesslich an dem Ort nieder, der ihr der eigene ganzheitlich empfindende Körper nahelegt (S. 107).

Dem Klang komme in der Herstellung von Raum eine besondere Bedeutung zu, schreibt Nemmertz etwas lapidar am Ende ihres Aufsatzes. Daher überrascht es, wenn in einem Buch mit dem Untertitel «Klanganthropologische Studien» so wenig von der Wirkung des Akustischen auf den «Innengrund» (Ulrich Pothast, S. 81 f.) die Rede ist. Eine Erklärung mag sein, dass Begriffe wie Instinkt, Stimmung oder Gespür schwerlich zu differenzieren sind; verständlicherweise scheuen ganzheitlich denkende Wissenschaftler die Separierung unterschiedlicher Empfindungsformen. Warum es an konkreteren Informationen über den Einfluss von Grossstadtgeräuschen, von Meeresrauschen oder Instrumentalklängen mangelt, liegt aber auch an ganz elementaren methodischen Problemen. Unsere Sprache, auch dies thematisiert das Buch, ist am «rationalen Prinzip» geschult; Gespür, Empfindung, Instinkt hingegen sind begrifflich schwer zu fassen. Der richtige Ausdruck für solch «weiche Faktoren» ist in der heutigen Wissenschaftskultur weder akzeptiert noch gefunden. Ein Anfang aber ist mit solchen Büchern aus dem Umfeld der Cultural Studies gemacht.

 

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Gespür – Empfindung – Kleine Wahrnehmungen,
Klanganthropologische Studien, hg. von Holger Schulze, 268 S., kart., zahlr. Abb., mit CD-ROM, € 28.80, transcript-Verlag, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-8376-1316-2

Neu vergibt Pro Helvetia Beiträge an Tonträgerproduktionen in den Bereichen Jazz und Pop. Dieses Förderinstrument fasst die bisherige Labelförderung Jazz und die Werkbeiträge Pop zusammen.

Bewerben können sich Schweizer Musikerinnen und Musiker, Bands oder unabhängige Labels. Das Gesuch soll die vollständige Produktion eines Albums umfassen. Dazu gehören die Erarbeitung eines neuen Repertoires, die Studioaufnahme, das Mastering, der physische und/oder digitale Release sowie der internationale Vertrieb.

Der Release muss durch ein unabhängiges Label erfolgen, welches eine breite internationale Distribution garantieren kann. Erstlingsproduktionen werden nicht berücksichtigt. Der Entscheid obliegt einer Jury.

Bei positivem Entscheid geht ein Teil des gesprochenen Beitrags an die Musikschaffenden und ein Teil an das Label für die internationale Promotion des Albums. Gesuche können zweimal jährlich, jeweils am 1. März und am 1. September eingereicht werden. Der Eingabetermin muss mindestens vier Monate vor dem Release liegen.

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite von Pro Helvetia in der neuen Wegleitung Musik.
 

Zwei geistliche Chorwerke von Komponisten, die sonst eher für die Opernbühne schrieben.

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Emanuele d’Astorga lebte von 1680 bis 1757(?). Geboren in Sizilien siedelte er um nach Rom, wo damals Scarlatti und Gasparini wirkten. Von hier aus bereiste er ganz Europa und schrieb vornehmlich Opern und weltliche Kompositionen. Als Adliger nahm er keine Aufträge von weltlichen oder geistlichen Oberhäuptern entgegen.
Das Stabat mater ist sein einziges geistliches Werk. Es umfasst neun Sätze, vier davon sind dem Chor zugeeignet: der Eingangschor, Eja mater, Virgo virginum und der Schlusschor mit einem anspruchsvollen Amen-Satz. Solosopran und Solobass sind mit je einer Arie bedacht. Daneben werden zwei Duette mit SA und AT besetzt und ein Trio mit ATB.

Emanuele d’Astorga, Stabat Mater, pour soli (SATB), chœur mixte, orchestre à cordes et basse continue, partition chant-piano, CD 1195, Fr. 18.00, Cantate Domino, Fleurier 2011
 

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Antonio Caldara (1670–1736) erreichte zu seinen Lebzeiten grosse Popularität mit seinen zahlreichen Opern und Oratorien. Daneben komponierte er aber auch eine Vielzahl kleinerer Vokalwerke. Sein Stabat mater ist wohl das bekannteste und wirkungsvollste davon.
Die Neuausgabe basiert auf einer Edition von Eusebius Mandyczewski. Schlüsselung und Notation wurden dem heutigen Standard angepasst. Besonders reizvoll erscheint der Instrumentalpart mit zwei Posaunen und Streichern, welche den Charakter des Werks wirkungsvoll unterstützen. Der Basso continuo kann auch von der Orgel übernommen werden. Die stimmliche Besetzung besteht aus vier Solisten (SATB) und gemischtem Chor. Die Chorsätze sind sehr getragen, ausgenommen der Eingangs- und der Schlusschor. Klavierauszug und Partitur umfassen je 25 Seiten.
Vom Umfang der einzelnen Sätze her eignen sich beide Werke ausgezeichnet für den liturgischen Gebrauch.

Antonio Caldara, Stabat mater; Partitur, BA 8955, € 11.95; Klavierauszug von Andreas Köhs, BA 8955-90, € 9.95; Bärenreiter, Kassel 2012
 

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