Bundesamt für Kultur fördert Musikjournalismus

Die kommende Bad Bonn Kilbi in Düdingen steht nicht nur im Zeichen von viel Musik, sondern gewährt auch dem Pilotprojekt «Where the hell is the press?» Gastrecht. Unter diesem Titel lanciert das Bundesamt für Kultur vom 23. bis 25. Mai ein Mentoringprogramm für junge Musikjournalistinnen und –journalisten.

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«Where the hell is the press?» bietet sechs Musikjournalistinnen und –journalisten, die am Anfang ihrer Karriere stehen, eine praxisnahe Aus- und Weiterbildung. Das als Mentoringprogramm konzipierte Pilotprojekt möchte zudem eine Diskussion über die Befindlichkeit des Kulturjournalismus in den Schweizer Medien und die aktuellen Rahmenbedingungen des Kritikerberufs anregen.

Als Mentoren konnten die Musikjournalisten Ane Hebeisen (Der Bund) und Yann Zitouni (RTS) verpflichtet werden. Sie entwerfen und betreiben gemeinsam mit den Teilnehmenden vom 23. bis 25. Mai 2013 den Festival-Blog www.wherethehellisthepress.net, der eine alternative Berichterstattung zur Bad Bonn Kilbi 2013 anbietet.

Die Teilnehmenden Eva Hediger (Winterthur), Laurent Küng (Lausanne), Louis Rossier (Fribourg), Andreas Ruf (Olten), Fabienne Schmuki (Zürich) und Pascaline Sordet (Lausanne) wurden im Rahmen einer Ausschreibung ausgewählt.

Das Pilotprojekt wird nach der ersten Ausgabe evaluiert und soll im Rahmen anderer Festivals und Disziplinen weiterverfolgt werden.

Musik aus Wimpernschlägen und Fingerzeigen

Der an der Bauhaus-Universität Weimar tätige Tänzer und Choreograph Robert Wechsler will mit einem Gerät, das Bewegung in Musik verwandelt, Menschen mit Behinderung differenzierte Möglichkeiten des eigenen musikalischen Ausdrucks öffnen.

HfM Weimar

Das «Motioncomposer» genannte Gerät kann aus jeder Bewegung, und sei es nur ein Wimpernschlag, Töne, Musik und Poesie generieren. Damit hofft Wechsler Menschen mit Behinderung zu genuinem musikalischem Ausdruck, einer verbesserten Körper- und Selbstwahrnehmung und damit der Entwicklung eines realistischen Körperbildes zu verhelfen.

Im Rahmen eines Symposiums für barrierefreie interaktive Klangkunst wird der Motioncomposer zur Zeit im Werkstattstudio der Bauhaus-Universität Weimar vorgestellt.

In einem Workshop arbeiten vier Gastkomponisten aus Norwegen, Spanien, Italien und Deutschland mit Experten der Bauhaus-Universität sowie Gästen des Instituts Infomus aus Genua (Italien) an neuen Musikszenarien für das Gerät.

Mehr Infos: www.motioncomposer.com

Motivation und musikalische Bildung

Am 13. September findet an der Pädagogischen Hochschule Fribourg das 1. Schweizerische musikpädagogische Forschungskolloquium statt. Beiträge zum Thema «Motivation und musikalische Bildung» sind bis am 24. Juni anzumelden.

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Musik ist in der Gesellschaft präsent wie noch nie und trotzdem ist festzustellen, dass sich Schülerinnen und Schüler weniger für den Musikunterricht begeistern als früher. Die Initianten des Kolloquiums orten offene Fragen wie: Darf Musikunterricht anstrengend sein? Müssen Lehrmittel und Ausbildungsgänge angepasst werden?

Das mehrsprachige 1. Schweizerische musikpädagogische Forschungskolloquium will gemäss einer Mitteilung der Organisatoren

  • «Kenntnis nehmen von schweizerischen und internationalen Forschungen über die Motivation in Bezug auf die Musikalische Bildung;
  • Praxisanalysen austauschen, die Motivation und Musik(unterricht) verbinden;
  • Weichen stellen für eine sprachübergreifende Zusammenarbeit zwischen Forschenden und Praktikerinnen bzw. Praktiker der Musikalischen Bildung.»

Das Kolloquium richtet sich an Praktiker (Instrumentallehrpersonen, Musiklehrpersonen an allgemeinbildenden Schule, Dirigenten), Forscher und politische Entscheidungsträger. Geführt wird es von der Gruppe für Musikpädagogische Forschung der Pädagogischen Hochschule Fribourg. Im Organisationskomitee arbeiten: Jérôme Schumacher, Pierre-François Coen, Olivier Blanchard, Catherine Vernaz und Jérôme Fracheboud.
Beiträge zum Thema können bis am 22. Juli eingereicht werden. Alle Eingaben werden mittels doppelblinder Lektüre überprüft.

Weitere Informationen: www.musique2013.ch

 

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Fachausdrücke übersetzen

Ein neues Wörterbuch bietet den Grundwortschatz Musik in Deutsch, Englisch und Russisch sowie erstmals in den asiatischen Sprachen Chinesisch, Japanisch und Koreanisch.

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Sowohl Lehrpersonen wie Studentinnen und Studenten an Musikhochschulen werden immer internationaler. Da fehlt es – auch in der Musik – manchmal an der Übersetzung des passenden Fachausdrucks.

Das Wörterbuch Musik von Johanna Heutling bietet den Grundwortschatz musikalischer Fachbegriffe in Deutsch, Englisch und Russisch sowie erstmals in den asiatischen Sprachen Chinesisch, Japanisch und Koreanisch. Bei den Vortragsbezeichnungen sind zudem italienische und französische Fachwörter aufgenommen. Durch die Register im Anhang lassen sich die Stichwörter rasch auffinden.

Angesprochen ist ein großer Benutzerkreis von Hobby- und Berufsmusikern, vor allem aber die Studierenden an Musikhochschulen. Darüber hinaus wird das Wörterbuch bei deutschen oder englischsprachigen Musikern, die in Osteuropa oder Asien tätig sind, Verwendung finden. Da aufgrund der internationalen Angleichung des Studiensystems ein Auslandsstudium attraktiver denn je geworden ist, enthält das Buch auch administrative Begriffe, die über das reine Fachvokabular hinausgehen und den Studienalltag erleichtern.

Johanna Heutling, Wörterbuch Musik deutsch – japanisch – koreanisch – chinesisch – russisch − englisch, 380 Seiten, € 28.00, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-7651-0397-1 

Der Regierungsrat hat drei neue und acht bisherige Mitglieder der Kommission für Kulturfragen für die Amtsperiode 2013–2016 gewählt. Die Kommission berät die Regierung in kulturpolitischen Fragen.

Neu als Kommissionsmitglieder gewählt sind: Sabina Binggeli-Brogle, langjährige Stiftungsrätin und Präsidentin der Kulturstiftung Pro Argovia, Lenzburg; Walter Leimgruber, Ordinarius für Volkskunde an der Universität Basel und Franziska Reck, Filmschaffende und Filmproduzentin, Zürich.

Präsident der Kommission für Kulturfragen ist weiterhin der Kulturdirektor, Landammann Alex Hürzeler. Als Vizepräsident amtet Hanspeter Thür, Eidgenössischer Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragter, Präsident Theater Tuchlaube, Aarau.

Die wiedergewählten Mitglieder sind: Lieni Füglistaller, alt Nationalrat, Rudolfstetten-Friedlisberg; Hedy Graber, Leiterin der Direktion Kultur und Soziales des Migros Genossenschafts-Bundes, Zürich; Linus Hüsser, Historiker, Ueken; Josef Meier, Präsident des Aargauer Kunstvereins, Wettingen; Ruth Soland, künstlerische Leiterin von Klanc, Mezzosopranistin und Musikpädagogin, Zofingen; Maja Wanner, Präsidentin Klosterspiele Wettingen, Würenlos.

Für die Amtsperiode 2013–2016 nicht mehr zur Verfügung gestellt haben sich: Simon Libsig, Autor und Erzähler, Baden; Urs Pilgrim, Präsident Murikultur, Muri; Gillian White, Bildende Künstlerin, Leibstadt.

Zu den Aufgaben der Kommission gehört insbesondere die Beratung hinsichtlich der Vergabe von Betriebsbeiträgen an kommunale und private Kulturinstitutionen von mindestens kantonaler Bedeutung. Ebenfalls wird die Kommission beigezogen bei grossen Kulturvorhaben, die den Swisslos-Fonds betreffen, bei übergeordneten Projekten aus den Bereichen Denkmalpflege, Archäologie, Museen, Bibliotheken und Archiven oder bei richtungsweisenden Entscheidungen der Kulturvermittlung vom Regierungsrat.

 

Die sechs Finalisten von bandXaargau 2013 stehen fest. Sie sind aus 23 Bewerbern von einer Fachjury ausgewählt worden und werden am 25. Mai im KiFF Aarau um den Sieg und um Auftritte am Open Air Gränichen und am Musig i de Altstadt Aarau spielen.

Geschafft haben es die vier Bands Dinner 4/5 aus Wettingen, Pinut aus Aarau, Crystal Minds aus Untersiggenthal, Last Sorrow aus dem Wynental sowie die zwei besten Schulbands (unter der Leitung eines Lehrers): high/low city aus Reitnau und SPAM aus Schöftland.

Die sechs Finalistinnen und Finalisten werden von einer Fachperson aus dem Musikbusiness gecoacht. Dabei wird im eigenen Übungsraum an Arrangements und der Live-Performance gearbeitet und es werden Tipps für die Bandkarriere weitergegeben. Am Finale wird überdies ein Zuschauer-Preis vergeben.

Der Berner Verein BeJazz schreibt ein Programm zur Förderung jazzverwandter Musik in grenzüberschreitender musikalischer Zusammenarbeit aus. BeJazz TransNational findet ab 2014 in einem jährlichen Turnus statt.

BeJazz TransNational richtet sich an lokale und nationale MusikerInnen, welche die finanziellen Hürden einer grenzüberschreitenden musikalischen Zusammenarbeit überwinden möchten. Im Vordergrund steht der Austausch mit Musikern und Musikerinnen aus dem Ausland.

Aus den Bewerbungen wählen die Organisatoren drei Projekte aus. Die Ausgewählten spielen je ein öffentliches Konzert im BeJazz Club. Alle Auftretenden erhalten die bei BeJazz übliche Gage, zuzüglich Spesen.

Als Förderbeitrag werden die Reisekosten der ausländischen Partner von BeJazz TransNational getragen, ebenso die Kosten für maximal drei zusätzliche Übernachtungen. Dies ermöglicht den Bands im Vorfeld des Auftritts eine intensive Proben-Phase.

Anhand der Auftritte bestimmt eine Jury das förderungswürdigste der drei Projekte. Die auserkorene Band erhält von BeJazz TransNational den Förderpreis im Wert von 8000 Franken zur Unterstützung weiterer projektbezogener Aktivitäten.

Mehr Infos: www.bejazz.ch/transnational

Jahr des Aufbruchs der ZHdK

2064 Studierende in 17 Bachelor- und Master-Studiengängen, 705 Personen, die Vor- und Weiterbildungen besuchten, sowie rund 80 Forschungsprojekte: Das war die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) 2012.

Eigentlich hätte die ZHdK im Sommer 2013 den neuen Campus Toni-Areal beziehen sollen. Intensiv sind deshalb inhaltliche, organisatorische und technische Vorbereitungen für das Grossprojekt vorangetrieben worden, in dessen Rahmen über 35 Standorte zusammengelegt werden. Seit Februar 2013 steht nun fest, dass sich der Bezug wegen Bauverzögerungen um ein Jahr verschiebt.

2012 ist die internationale Akkreditierung sämtlicher Master-Studiengänge abgeschlossen worden. Mit der Akkreditierung all ihrer Studiengänge habe die grösste Kunsthochschule der Schweiz einen Meilenstein erreicht, der nicht zuletzt für ihre internationale Profilierung bedeutsam sei, schreibt die ZHdK.

Auch die Forschung habe sich etabliert, so die ZHdK weiter. Die gute Erfolgsquote beim Schweizerischen Nationalfonds (SNF) im vergangenen Jahr zeige, dass sie sich auf dem richtigen Weg befinde.

2012 standen auch die Promotionsprogramme, welche die ZHdK in Kooperation mit ausländischen Kunstuniversitäten führt, im Fokus des Interesses. Dank dieser internationalen Kooperationen können junge Dozierende und Forschende in den Künsten und im Design gefördert werden. Diese Disziplinen sind an den hiesigen Universitäten nicht vertreten.

Laut Thomas D. Meier strebt die ZHdK mittelfristig ein eigenes Promotionsrecht an. Er will sich als neu gewählter Präsident der Rektorenkonferenz der Fachhochschulen der Schweiz für einen konstruktiven Dialog mit den universitären Hochschulen zum Thema Promotion einsetzen.

Etienne Reymond, der Leiter des künstlerischen Betriebsbüros des Tonhalle-Orchesters Zürich, wird künstlerischer und geschäftsführender Direktor von Lugano Festival. Er folgt auf Pietro Antonini, der sein Amt nach Beendigung des diesjährigen Festivals niederlegen wird.

Als künstlerischer Direktor von Lugano Festival wird Reymond für die Konzertprogrammierung verantwortlich sein, der sich dank dem zukünftigen Konzertsaal im LAC (Lugano Arte e Cultura) neue Möglichkeiten auftun werden.

Zu seinen Aufgaben gehört auch die Harmonisierung des Konzertangebots von Lugano Festival mit den Programmen anderer örtlicher Musikinstitutionen, insbesondere der RSI (Radio und Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz) und der Stiftung Orchester der italienischen Schweiz. Das Festival wird sein bisher auf die Frühlingsmonate beschränktes Programm auf das ganze Jahr ausdehnen.

Das Kulturzentrum LAC ist ein Werk von Architekt Ivano Gianola und soll im Jahre 2015 seine Tore öffnen. Der als Mehrzweckzentrum konzipierte Bau bietet Raum für Tätigkeiten im Rahmen der visuellen Künste, der Musik und der Bühnenkunst und beherbergt nebst den Ausstellungsflächen für das Neue Kunstmuseum einen Konzert- und Theatersaal.

Kreatives Glockenspiel statt Pausenklingel

Kunst am Bau fürs Ohr ist nach wie vor selten. Umso erfreulicher die Initiative der Stadt Aarau. Sie hat sich für eine Klanginstallation entschieden, welche die Fassade und die Umgebung eines Schulhauses in ein Instrument und eine Abhöranlage verwandeln.

Pestalozzischulhaus Aarau, Foto: Voyager, Wikimedia commons

Ein «Glockenspiel» des Künstlers Lorenz Schmid wird nach dem Umbau des Pestalozzischulhauses den monotonen Pausengong ersetzen.  Die seit der Fertigstellung des Hauses leerstehenden, in die Fassade der Seitenflügel des Gebäudes eingelassenen Nischen werden mit je einer Glocke bestückt. Von einer programmierbaren Schal­tung ausgelöst, erklingt anstelle der monotonen Melodie des bestehenden Pausengongs ein variantenreiches Glockenspiel, welches sich mit der vorhandenen Geräuschkulisse mischt.

Die in den obersten Nischen angebrachten Mikrofone fangen den Klang am Ort seiner Entstehung ein und tragen ihn ins Innere des Schulhauses. Über die hauseigene Lautsprecheranlage wird der Klang innerhalb des Gebäudes verteilt.

Der Stadtrat und die Handelsschule KV Aarau laden alle Interessierten am 23. Mai 2013 um 11 Uhr zur Vernissage mit Apéro ins Pestalozzischulhaus ein.

 

Rusconi erhält Echo Jazz als Live-Act des Jahres

Das Crossover-Trio Rusconi um den Schweizer Pianisten und Komponisten Stefan Rusconi wird dieses Jahr mit dem Echo Jazz als Live-Act des Jahres ausgezeichnet. Der Belgier Toots Thielemans erhält den Echo Jazz als Würdigung seines Lebenswerkes.

Foto: Jean-Baptiste Millot

Label des Jahres ist erneut die Firma ACT; das auf Jazz spezialisierte Label mit Sitz in München erhält diese Auszeichnung bereits zum vierten Mal in Folge. Beide Preisträger, Live-Act und Label des Jahres, wurden in den letzten Wochen per Publikumsvotum auf jazzthing.de ermittelt. 

Rusconi setzte sich beim Publikum gegen die Grössen Wayne Shorter, Enrico Rava, Esperanza Spalding und Rudresh Mahanthappa durch. Rusconi, bestehend aus Stefan Rusconi, Fabian Gisler und Claudio Strüby, ist seit 6 Jahren unterwegs und spielte bislang über 200 Konzerte hauptsächlich in Europa und Asien sowohl auf renommierten Festivalbühnen als auch in Indie-Locations.

Treffsicher analysiert dieses Buch die Rolle der Musik bei gesellschaftlichen Umbrüchen, geschichtlichen Ereignissen und für staatspolitische Ziele.

In welchem Verhältnis stehen Musik, Macht und Staat? Macht Musik Staat? Macht Staat Musik? Dass sich diese einleitenden Fragen der beiden Herausgeberinnen des Sammelbandes Musik – Macht – Staat, Sabine Mecking und Yvonne Wasserloos, keineswegs nur auf Musikpraxis in faschistischen oder totalitären Staaten beziehen, wird anhand der zahlreichen Beiträge zum Thema rasch überdeutlich.

Klaus Pietschmann etwa durchmisst die höfische Musik der frühen Neuzeit aus dem Blickwinkel ihrer Propagandawirkung und Herrschaftssymbolik. Dabei kommt er zum Schluss, dass mit geistlichen Kompositionen mitunter eine «Strategie zur sakralen Überhöhung der Person des Herzogs» verfolgt werden konnte, während sich die Oper im 17. Jahrhundert zunächst der Darstellung eines «gütigen Herrschers» verschrieb, um im Laufe des 18. Jahrhunderts «zunehmend in den Dienst einer nationalpatriotischen Identitätsstifung» gestellt zu werden. Hier setzt auch Michael G. Esch an, der sich mit Musik in der Französischen Revolution beschäftigt, während Sebastian Hansen die Bedeutung der Musik in den napoleonischen Kriegen untersucht: «Die Töne der Schlacht waren auch Töne der Kunst», resümiert er, auch unter Verweis auf Beethovens Wellingtons Sieg.

Dass Militärmusik «immer als klingendes Abbild des jeweils etablierten gesellschaftlich-politischen Systems und seines Militärs» wirkte, bestätigt auch Manfred Heidler in seinen Anmerkungen zur Militärmusik zwischen Reichsgründung und Weimarer Republik. Eine solche Verquickung lässt sich freilich auch abseits des Militärischen erkennen. Sabine Mecking etwa betont die enge Verknüpfung von Gesang und Nationsbildung im 19. Jahrhundert und stellt fest, dass die «Synthese von Monarchie und Nation» auch überaus folgenreich für die Sängerbewegung gewesen sei: «Nun gingen ihre Repräsentations- und Ausdrucksformen zunehmend mit den obrigkeitlichen Selbstdarstellungen des monarchischen Staates einher.» In der Folge beobachtet Andreas Jacob eine «Pluralisierung der Lebens- und Musikstile» in der Weimarer Republik, die jedoch – zunächst – von kurzer Dauer war. Wie sehr sich die staatliche Macht in musikgestalterische Fragen einzumischen begann, wird an Volker Kalischs Beitrag zur Musik im Nationalsozialismus deutlich: Er untersucht Goebbels‘ «Zehn Grundsätze deutschen Musikschaffens» vor der Folie der NS-Kulturpolitik. Ein wesentlicher Teil der Beiträge befasst sich ausserdem mit der Nachkriegszeit – sie bestätigen einen wiedergewonnenen musikalischen Pluralismus, wenn auch unter anderen Vorzeichen als nach dem Ersten Weltkrieg. Von Erörterungen zur Musikpolitik der Sowjetunion (Kerstin Armborst-Weihs) über diverse überaus erhellende Popularmusikanalysen von Christoph Nonn, Detlef Siegfried, Carsten Dams und Andreas Kühn bis zu einer musikfokussierten Betrachtung des Nordirland-Konflikts von Yvonne Wasserloos bespiegelt der Sammelband das Musikphänomen Macht mit dem Machtphänomen Musik in ansehnlicher Breite und mitunter mit beträchtlichem Tiefgang.

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Musik – Macht – Staat. Kulturelle, soziale und politische Wandlungsprozesse in der Moderne, hg. von Sabine Mecking und Yvonne Wasserloos, 399 S., € 49.90, V&R unipress, Göttingen 2012, ISBN 978-3-89971-872-0

Das Manuskript des beliebten Konzerts für Klappentrompete ist als Faksimile erschienen. Eine Einladung zum Tüfteln.

An der Hochschule der Künste Bern (HKB) wird die Forschung mit dem Schwerpunkt Interpretation stark gefördert. Resultate dieser profunden und gewissenhaften Studien sind einige wertvolle Publikationen im Blechbläserbereich, die in der SMZ zum Teil schon rezensiert wurden. (vergl. Neuausgabe der Trompetenschule von Eugène Roy, SMZ 10/2010, S. 34)
Johann Nepomuk Hummel (1778–1837) schrieb sein Konzert für Trompete und Orchester in E-Dur für Anton Weidinger (1766–1852), den Wiener Klappentrompetenvirtuosen, für den auch Joseph Haydn im Jahre 1796 sein Trompetenkonzert in Es-Dur schrieb. Die Uraufführung fand am 1. Januar 1804 am kaiserlichen Hof in Wien statt. Das Originalmanuskript liegt in der British Library, London.
Das vorliegende Faksimile zeigt die ganze Partitur in gut lesbarer Handschrift. Der Herausgeber Edward H. Tarr kommt durch Schriftvergleiche zum Schluss, dass es sich um die autografe Handschrift des Komponisten handeln muss, obwohl die Partitur in mehreren Arbeitsschritten entstand. Die Solostimme wurde in einer anderen Schriftfarbe notiert und ist an manchen Stellen mit Melodievarianten überkritzelt (Vereinfachungen des Solisten?). Mehrere Sprünge sind eingezeichnet, an zwei Stellen sogar mit eingeklebten Einlageblättern realisiert.
In Tarrs kritischem Kommentar (dt./frz./engl.) werden die Änderungsvorschläge untersucht und können in der Solostimme direkt mit dem Original verglichen werden. Ein weiteres Kapitel widmet sich der Klappentrompete, dem ursprünglichen Forschungsprojekt und -objekt. Die meisten der heute noch vorhandenen ca. 150 Originalinstrumente sind linksgriffig und mit 5 Klappen ausgestattet – leider ist keines von Weidinger erhalten geblieben. Somit bleiben viele Fragen zur historischen Aufführungspraxis mit diesem Instrument Spekulation und dem Tüfteln jener Trompeter überlassen, die sich auf das Spiel mit der Klappentrompete einlassen.

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Johann Nepomuk Hummel, Concerto a Tromba principale 1803, Facsimile, (= HKB Historic Brass Series 4), TP 306, Fr. 85.00, Editions Bim, Vuarmarens 2012

id., Einführung, Historische Betrachtung, Analyse, Kritischer Kommentar, Original-Solostimme, von Edward H. Tarr; deutsch TP 306d; französisch TP 306f; englisch TP 306e; je Fr. 22.00, Editions Bim, Vuarmarens 2012

Eine besonders gelungene Einführung in die Jazzimprovisation, nun auch für Tenorsaxofon; Klezmer für zwei und ein gut angeleiteter Einstieg in den Jazz.

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Charlier und Sourisses führen in die Improvisation ein.

CD-Rezension: Hier wird keine musikhistorische Leiche exhumiert. Die Musik von Gaspard Fritz pulsiert und begeistert.

«Er ist ein hagerer alter Mann, mit dem ich bald bekannt ward. Er war so gefällig, mir eins von seinen Solos vorzuspielen, welches zwar sehr schwer, aber dennoch gefällig war. Ungeachtet er an die siebzig Jahre sein muss, so spielt er doch mit ebensoviel Eifer als ein Jüngling von fünfundzwanzig.» Der berühmte englische Musikreisende Charles Burney erzählt hier von seinem Besuch 1770 bei einem grossen Schweizer Komponisten (wenn man Genf als zugewandten Ort zur Eidgenossenschaft zählen mag): bei Gaspard Fritz (1716–1783), den es bei uns immer noch ein wenig zu entdecken gilt. Fritz erhalte sich gut in der Übung, schrieb schon Burney, «ungeachtet er so wenig Gelegenheit hat, seine Talente zu zeigen und gehörig dafür belohnt zu werden». Die heimische Musikgeschichtsschreibung hat ihn zwar durchaus gewürdigt; Hermann Scherchen setzte sich einst für ihn ein, in Noteneditionen und Aufnahmen. Die Konzertveranstalter vernachlässigen ihn aber eher, dabei ist seine Musik durchaus bemerkenswert. Burney hat ihn treffend beschrieben: diesen Eifer wie von einem Jüngling (auch wenn Fritz da erst 54 war). Auch Händel soll seine Musik gelobt haben.

Die neue Aufnahme von fünf Sinfonien aus den Opera 1 und 6 bestätigt dieses Urteil – und nicht nur deshalb, weil das Orchester La Stagione Frankfurt unter der Leitung von Michael Schneider mit Schwung ans Werk geht. Vom ersten Ton an wird deutlich: Mit einem biederen helvetischen Kleinmeister haben wir es hier nicht zu tun. Diese Musik pulsiert lebhaft, stürmt und drängt, arbeitet mit Kontrasten und kann im nächsten Moment verliebt ein Detail umschwärmen. Es sind schönste Zeugnisse eines musikalischen Stils, der die Gemüter direkt ansprechen wollte: durch Unmittelbarkeit, Klarheit, Vielfalt und Spontaneität des Ausdrucks. Nichts dabei wirkt gekünstelt, kein Gran Fett ist daran, man hört dem jederzeit gern zu und hat dabei nie den Eindruck, hier werde bloss wieder mal eine musikhistorische Leiche exhumiert. Fritzens Musik lebt und fetzt!

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Gaspard Fritz: 5 Sinfonias (op. 1 Nr. 5 & 6, op. 6 Nr. 3, 5, 6). La Stagione Frankfurt; Leitung Michael Schneider; cpo 777 696-2

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