Klingende Bäume

Das Notenbuch zu den Baumliedern von Roland Zoss erlaubt die eigene Gestaltung. Einfach zuhören kann man mit den beiden CDs «Bäume des Nordens» und «Bäume des Südens».

Foto: veeterzy/unsplash.com (s. unten)

Der Schweizer Singer-Songwriter Roland Zoss hat sich aufgemacht, Bäume zu vertonen. Ganze 28 Baumlieder hat er geschrieben, jedes auf der Suche nach der klimatischen, mythologischen und morphologischen Eigenheit eines Baumes – und seiner Bedeutung für uns Menschen. Als Erstes kommt der Mammutbaum, denn er ist der älteste von allen. Er wird 3000 Jahre alt und ist bis 120 Meter hoch. Oft treffen ihn Blitze, aber die entstehenden Waldbrände überlebt er dennoch. Den indianischen Ureinwohnern gilt er als heilig.

Wer jetzt, bei so vielen Bäumen, einen hölzernen Sound vermutet, liegt falsch. Die Musik ist rockig, groovig und lädt ein zum Mitsingen oder Selber-Gestalten. Dank dem Notenbuch oder dem Textbuch und den beiden CDs Bäume des Nordens und Bäume des Südens ist das auch möglich. 27 Musiker und Sängerinnen hat Zoss dafür aufgeboten, darunter grosse Namen wie Corin Curschellas oder Markus Flückiger. Die Lieder erklingen, je nach instrumentaler Zusammensetzung, in verschiedenfarbigen Gewändern. Die melancholische Duduk umspielt den Olivenbaum (seit 10 000 Jahren nachweisbar) und das Trümpi leitet das Lied zum Karube-Baum ein. Der Karube ist der Johannisbrotbaum aus Ägypten, und ja, der Name geht auf Johannes den Täufer zurück. Der Baum lieferte das Mass für das Wägen von Gold: 24 Karubensamen wiegen 24 Karat Gold. Heute kommt Karubenmehl als E 410 in Babynahrung und Tabletten vor. Man lernt viel über die Bäume in diesen Liedern.

Zoss ist Baumspezialist. Er umarmt sie, hört ihnen zu und kennt ihre Geschichte. «Du kämpfisch für d Natur, u we der Muet di mal verlaht, chum gang u hol dir d Chraft – us em Karubeboum!» – diese Refrainzeile ist typisch für die Baumlieder. Das Baumliederbuch ist nicht nur eine Ode an die Bäume, sondern Kraftquelle für unseren Kampf für die Natur.

Gehaltvolle Texte, schöne Melodien, farbig begleitet: geglückte CDs! Und ein Notenbuch (als E-Book), das weit über die Wiedergabe der Melodien hinausgeht. Offen bleibt nur der Wunsch nach einer Playback-Version zum Mitsingen.

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Roland Zoss: Baumlieder. Notenband Album 1 & 2: 28 Notenblätter, Songtexte und Infos in Berner Mundart, E-Book, 89 S., Fr. 20.00, ISBN 978-1-09830-676-2; Textbuch: 27 Songtexte & Bauminfos, Fr. 4.00;
CD 1: Bäume des Nordens;
CD 2: Bäume des Südens, je Fr. 20.00;
www.baumlieder.ch

 

Der unbekannte Bekannte

Ein internationales Editionsprojekt unter dem Dach des Bärenreiter-Verlags gibt die Instrumentalwerke von Camille Saint-Saëns neu heraus. Von den geplanten 39 Bänden hat sich unser Rezensent denjenigen mit den «Poèmes symponiques» angeschaut.

Camille Saint-Saëns (am Klavier) mit Orchestermusikern in der Salle Gaveau 1913. Nachweis s. unten

«Saint-Saëns ist der seltene Ruhm zuteil geworden, bereits zu Lebzeiten als Klassiker zu gelten.» Dies schrieb der französische Literat und Musikkritiker Romain Rolland im Jahre 1901, zu einer Zeit, als Camille Saint-Saëns noch zwei Jahrzehnte leben und schöpferisch tätig sein sollte. Zugleich wies Rolland darauf hin, wie schwer sich die Kritik mit Saint-Saëns’ Musik getan hatte, wie unversöhnlich sich die Protagonisten der Ars gallica, der französischen Schule, auf der einen Seite und auf der anderen die Wagnerianer um den Franck-Schüler Vincent d’Indy gegenüberstanden. Umso bemerkenswerter ist das nüchterne Selbstbild des Komponisten, der sich seine schöpferische wie stilistische Unabhängigkeit bewahrte: «Ich bin wenig empfänglich für Kritik und für Lob, nicht aus übersteigertem Selbstgefühl, was eine Dummheit wäre; doch da ich Werke hervorbringe, um eine Funktion meiner Natur zu erfüllen, so wie ein Apfelbaum Äpfel hervorbringt, brauche ich mich um die Meinung, die man über mich äussern mag, nicht zu beunruhigen.»

Auch persönliche Schicksalsschläge liessen Saint-Saëns als Mensch über die Jahrzehnte still werden. Als er schliesslich im Alter von 86 Jahren am 16. Dezember 1921 in Algier starb, hatte er sich nicht nur musikalisch, sondern auch in der Wahrnehmung der Zeitgenossen überlebt. Bis heute ist er daher einer der ebenso grossen wie unbekannten Komponisten geblieben: Auf der einen Seite stehen der Carnaval des animaux und die sogenannte Orgelsinfonie (beide aus dem Jahre 1886), vielleicht auch noch zwei der fünf Klavierkonzerte, das erste Konzert für Violoncello und das dritte für Violine, die Danse macabre und die Oper Samson et Dalila – vollkommen unbekannt sind bis heute hingegen seine weiteren zwölf (!) Opern, ferner Orchestergesänge, Chorwerke, nahezu die gesamte Kammermusik und ein ganzes Tableau von Orchesterwerken.

Hier setzt das internationale Editionsprojekt Œuvres instrumentales complètes an: Während Opern und andere Vokalwerke im heutzutage nahezu abgeschlossenen Repertoire nur schwerlich Eingang finden werden (und verlegerisch ein kaum absehbares Risiko darstellen), dürfte es ohne mitunter zweifelhafte Texte und Kontexte sowie ohne Sprachbarrieren leichter fallen, Saint-Saëns endlich umfassend als Komponist im Konzertsaal wahrzunehmen. Wie notwendig dazu gedruckte Neuausgaben sind, muss nicht betont werden: Sie machen nicht nur die Werke verlässlich zugänglich, sondern laden in der Überschau insgesamt zu einer tieferen Auseinandersetzung ein, um Topoi der Rezeption zu überwinden. Geplant sind 39 Bände in vier Serien – erschienen sind bisher fünf, darunter auch der mit den Poèmes symphoniques, in dem sich einst gefeierte und aktuell kaum mehr anzutreffende Werke finden: Neben Danse macabre sind dies Le Rouet d’Omphale, Phaéton und La Jeunesse d’Hercule. In der Nachfolge von Berlioz und Liszt konkurrieren sie bei Saint-Saëns nicht ideologisch mit der Gattung der Sinfonie, sondern ergänzen diese auf ganz eigene Weise – ermöglichen eine fantasievolle, motivisch gebundene Erfindung, und eröffnen reichlich Raum für eine herausragende, farbenreiche Instrumentation.

Editorisch von Hugh Macdonald betreut, ist dem Band ein umfangreiches dreisprachiges Vorwort von Michael Stegemann beigegeben, das zum Einlesen und Weiterhören einlädt. Sauberer Satz und präziser Druck entsprechen dem anhaltend hohen Niveau der Bärenreiter-Gesamtausgaben. Der geschmackvolle Leineneinband verleiht dem Ganzen auch nach aussen hin jenes ästhetische Gewicht, das man bei praktischen Partituren immer vermisst.

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Camille Saint-Saëns: Œuvres instrumentales complètes, Bd. I/4: Poèmes symphoniques, hg. von Hugh Macdonald, Partitur, geb., BA 10307-01, € 378.00, Bärenreiter, Kassel

 

 

Foto: Agence Rol., Bibliothèque nationale de France
 

Eine App schult unser Ohr

Mit der Gehörbildungs-App von Daniel Schenker lassen sich das aktive und das passive Hören trainieren. Sie ist vor allem auf Jazz, Pop und improvisierte Musik ausgerichtet, aber längst nicht nur.

Erinnern wir uns an unseren ersten Kontakt mit der Gehörbildung als schulische Disziplin, so denken wir meist an erste Kurse an der Musikhochschule zurück, in denen einzelne absolut, die meisten jedoch noch absolut nichts hörten. Dieser Streuung an Begabungen gerecht zu werden, war im frontal angebotenen Unterricht die grösste Herausforderung für Dozierende. In der an der Zürcher Hochschule der Künste unter der Leitung des Jazztrompeters und IT-Spezialisten Daniel Schenker entwickelten Gehörschulungs-Applikation ET-Ear Trainer nehmen die Benutzenden die individuellen Anpassungen an den jeweiligen Lernstand in den übersichtlichen Grundeinstellungen gleich selber vor. Wird das Kästchen «Easy» aktiviert, so werden etliche Parameter wie Abspieltempo, Referenztonangabe oder Antwortzeit der Aufgaben zu Gunsten der Lernenden verändert.

Zu Beginn der Übesequenz kann eines von 21 Themenfeldern ausgewählt werden. Von der diatonischen Imitation über das Erkennen von Vierklängen über einem Basston inklusive Tensions bis zum Antippen der richtigen Skala bieten die einzelnen Menüs reichlich Stoff und Herausforderung. Genaues Zuhören, Erkennen, Imitieren, Analysieren und Memorieren werden gleichermassen geschult und strukturiert gefördert. Der inhaltliche Umfang der App und die vorausgesetzten Termini machen deutlich, dass nicht einfach im Spielen drauflos trainiert werden kann, sondern dass das Grundwissen vorgängig oder parallel zu erwerben ist. Lediglich das nicht allgemein bekannte «Resolution Game» zur Intervallbestimmung wird mit Notenbeispielen erläutert. Zielpublikum sind in erster Linie Musikstudierende an Fachhochschulen. Für jüngere Schüler oder Amateure sollte das Programm zum Beispiel noch um Tetrachorde oder Fünftonräume ergänzt werden. Auch fehlen harmonische Verbindungen (Kadenzen) mit entsprechenden Stimmführungen oder polyfones Hören noch gänzlich.

Da die App in der vorliegenden Version 1.02 (auf dem iPhone S) nur im Hochformat bedient werden kann, schleichen sich beim Antippen der abgebildeten Tasten immer wieder Fehler ein. Auch lässt das relativ träge reagierende Bildschirm-Keyboard die rhythmisch korrekte Wiedergabe im Memory-Spiel nicht zu. Die zehn interaktiven Übungen, welche über das Mikrofon gesteuert werden, machen daher ungleich mehr Spass. Dieses blinkt zwar etwas zögerlich auf, reagiert jedoch sehr subtil auf das Gespielte, und sowohl Stimme als auch Blas- oder Streichinstrumente und Klavier lösen die korrigierende Reaktion des Geräts bis hin zur Oktavbestimmung zuverlässig aus. Achtung: Im Prüfungsmodus können die drei Sekunden zwischen Frage und Antwortmöglichkeit schummelnd zum raschen Herantasten an die Lösung missbraucht werden, bevor diese bewertet wird. Im anspruchsvollen Modus werden die Skalen sehr rasch abgespielt, wobei die Tonlängen leider nicht dem Tempo angepasst werden. So verschwimmen zwei drei Töne zu einem Cluster, was das Hören zusätzlich erschwert.

Das Design der App kommt sehr schlicht und zielführend übersichtlich daher. Es ist kein Spiel, sondern eine Lernapplikation! Dass schon nach kurzer Zeit etliche Verbesserungen wie die Erklärungstour (inklusive Links zu Youtube-Clips in Deutsch oder Englisch) oder der Replay-Button aufgenommen werden konnten, lässt hoffen, dass die App eine immer breitere Community ansprechen wird. Nicht nur improvisierenden Musikern sei sie wärmstens empfohlen, auch Interpretinnen und Komponierende können durch den Ear Trainer mehr Präzision in Vorstellung und Gedächtnis erlangen.

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ET – Ear Trainer, Professionelle Hörtrainings-App
von Daniel und Elia Schenker,
Apple App Store / Google Play, Fr. 6.00,

https://eliaschenker.com/ET_App/

Nach Gedichten von Meinrad Lienert

Die Sopranistin Sybille Diethelm und die Pianistin Fabienne Romer stellen viele vergessene Lieder von (fast) vergessenen Schweizer Komponisten vor.

Sybille Diethelm und Fabienne Romer. Foto: zVg,Friedrich Niggli,Friedrich Niggli,Gottfried Bohnenblust,Hans Jelmoli

Während sie im Konzertsaal immer noch selten erklingen, sind Kunstlieder in Schweizerdeutscher Mundart jetzt vermehrt auf CDs anzutreffen. Mit Kostproben u.a. von Volkmar Andreae, Walter Lang, Irma Levaillant, Friedrich Niggli, Heinrich Pestalozzi und Werner Wehrli vollbrachte der Aarauer Pianist Werner Schmid 2010 mit den Sängerinnen Christina Lang und Margrita Sarbach unter dem Motto Und ’s Meiteli singt (Selbstverlag, Aarau) eine anregende Pioniertat.

Mit der Lienert-Vertonung Plange von Friedrich Niggli, deren Ersteinspielung Regula Mühlemann auf ihrer Produktion Lieder der Heimat 2019 vorgelegt hatte, eröffnen nun die Sopranistin Sybille Diethelm und die Pianistin Fabienne Romer eine CD, die ausschliesslich Gedichten des Schwyzer Schriftstellers gewidmet ist. Die beiden Interpretinnen, die sich mit besonderem Eifer für vergessene Kunstlieder schweizerischer Komponisten einsetzen, bieten unter den 30 Stücken zahlreiche Entdeckungen aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an.

Dem CD-Titel Plangliedli, Lanzigliedli, Herbstliedli, Heiwehliedli werden sie mit einer Auswahl gerecht, die allein schon ihres musikalischen Gehalts wegen aufhorchen lässt. Die Darstellungen zeugen überall von Begeisterung, einzig bei der Textverständlichkeit bleiben Wünsche offen. Die Pianistin unterstützt die Sängerin in allen Ausdrucksnuancen, ob es sich um humorvolle Wendungen oder melancholische Empfindungen handelt, mit feinstem Fingerspitzengefühl für Meinrad Lienerts bilderreiche Poesie. Volkstümliches Kolorit schimmert erstaunlich selten durch. Als originellste Kompositionen fallen das harmonisch kühne Herbstliedli und das chansonartige Bijou I wett i wär … von Volkmar Andreae auf; mit vielen Chromatismen und Ostinati überrascht ´s häluf Maitli von Walter Schulthess.

Unter den vielen Ersteinspielungen sind solche von Gottfried Bohnenblust, Gustav Haug, Hans Jelmoli, Ferdinand Oscar Leu, Felix Pfirstinger und Heiner Vollenwyder zu nennen. David Schwarb steuerte einen profunden Einführungstext bei. Alle Gedichte sind im Booklet im Original und mit hochdeutschen Übertragungen enthalten.
 

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Überänne
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Weniger wäre mehr

In seiner «Kulturgeschichte der europäischen Musik» bringt Gernot Gruber überraschende Bezüge zu Tage, die Ausführungen sind aber oft abstrakt und bringen die Musik nicht wirklich nahe.

Seit dreissig Jahren suche ich ein Buch über «europäische» Musikgeschichte für Studierende. Trotz der Fülle an anregenden Gedanken und Ideen («kritische Phantasie», S. 8) ist Gernot Grubers Kulturgeschichte der europäischen Musik für meinen Zweck ungeeignet. Hier wird – trotz einleuchtender Gedanken dazu – nicht Musikgeschichte erzählt, sondern über sie räsoniert. Dass unterschiedliche Epochen unter verschiedenen Perspektiven abgehandelt werden, ist zwar pragmatisch und wohltuend. Dennoch ist die Bandbreite vom blossen Referieren von Erforschtem (Musik des ersten Jahrtausends), komplizierten musikhistoriografischen Erwägungen (18. Jahrhundert) und blossem Namedropping (immer wieder) etwas gar gross.

Die letzte von sieben Abbildungen steht auf S. 77, Notenbeispiel gibt es kein einziges. Wie will der Autor so die Trias von «Wissen, Sehen und Hören» (S. 1) einlösen? Hier strahlen nicht die Errungenschaften der Komponisten und die Schönheiten von Musik, sondern die Gelehrsamkeit des Historikers. Allzu häufig braucht es beträchtlichen Sachverstand, um zu vermuten, was der Autor mit Nebenbemerkungen andeuten will. Dabei stellt ihm die deutsche Sprache mit abstrahierenden Wortendungen wie -ung und -ation unüberwindliche Fallen, statt dass er musikalische Leistung so konkret wie einfach vor dem geistigen Auge und Ohr der Lesenden sich entfalten lässt. Was ist mit «bewegliche Strukturierung» und «Verdichtung» gemeint bei einem Komponisten (J. S. Bach), von dem keine einzige Komposition als Beispiel zur Erläuterung herangezogen wird? Besonders ärgerlich ist die Nennung von Komponisten (und höchstens Werktiteln) ohne eine einzige Bemerkung zu deren Musik.

Wenn die Schweizer Musik von 1968 bis 1991 mit drei Namen (Klaus Huber, Rudolf Kelterborn und Heinz Holliger) umrissen wird, ist dies einseitig. Bleibt vom Letztgenannten nicht mehr übrig als «Der als Oboist weltberühmte Heinz Holliger (*1939) war ab 1975 Professor an der Freiburger Musikhochschule und ist auch als Dirigent und Komponist bis heute in der und für die Schweiz sehr einflussreich», so ist dies nichtssagend, nur bedingt richtig und deswegen innerhalb einer «[…]geschichte der […] Musik» unzuträglich.

Mein Ausgangspunkt war eine bestimmte Frage; die Antwort darauf ist negativ. Als Rezensent interessieren mich die Ausrichtung, das Konzept und dessen Umsetzung. Das heisst nicht, dass man das Buch als Informationsquelle nicht mit Gewinn lesen könnte. Der Autor versteht es, neue und ungewohnte Bezüge einsichtig zu machen und aus der Fülle seines Wissens ein neuerliches Nachdenken über Musikgeschichte zu provozieren.

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Gernot Gruber: Kulturgeschichte der europäischen Musik. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, 832 S., € 49.99, Bärenreiter/Metzler, Kassel/Stuttgart 2020, ISBN 978-3-7618-2508-2

Kulturdialog begrüsst Massnahmen-Verlängerung

Der Nationale Kulturdialog hat sich an seiner Sitzung vom 22. November 2021 zur Umsetzung der Covid-Unterstützungsmassnahmen im Kulturbereich ausgetauscht. Kantone, Städte und Gemeinden unterstützen die vom Bundesrat vorgeschlagene Verlängerung der Kulturbestimmung im Covid-19-Gesetz bis Ende 2022.

Foto: Volodymyr Hryshchenko/unsplash.com

Der Nationale Kulturdialog stellt fest, dass sich die seit März 2020 geltenden Covid-Unterstützungsmassnahmen im Kulturbereich bewährt haben. Bisher wurden insgesamt über 23’000 Gesuche gutheissen und 420 Millionen Franken ausgerichtet. Ziel sei, die kulturelle Vielfalt der Schweiz zu erhalten, schreibt der Bund in seiner Medienmitteilung.

Die aktuelle Rechtsgrundlage der Covid-19-Kulturmassnahmen läuft Ende 2021 aus. Das Eidgenössische Parlament wird in der kommenden Wintersession über eine Verlängerung der Kulturmassnahmen im Covid-19-Gesetz entscheiden. Kantone, Städte und Gemeinden unterstützen den Vorschlag des Bundesrates, die Kulturbestimmung im Covid-19-Gesetz bis Ende 2022 zu verlängern. Die Mitglieder des Kulturdialoges rufen die Stimmbevölkerung im Weiteren dazu auf, sich am 28. November 2021 für die Änderung des Covid-19-Gesetzes auszusprechen.

Der Nationale Kulturdialog hat ausserdem Herausforderungen thematisiert, die bereits vor der Pandemie bestanden, in den letzten Monaten aber noch an Bedeutung gewonnen haben, so wie etwa die angemessene Entschädigung von Kulturschaffenden.

Der Nationale Kulturdialog wurde 2011 ins Leben gerufen und vereinigt Vertreter der politischen Instanzen und der Kulturbeauftragten der Kantone, Städte, Gemeinden und des Bundes. Seine Arbeit basiert auf einer Vereinbarung aus dem Jahr 2011 und einem jeweils mehrjährigen Arbeitsprogramm. Die politischen Instanzen bilden das strategische Steuerungsorgan des Nationalen Kulturdialogs mit dem Vorsteher des Eidgenössischen Departements des Innern (EDI), Vertretern der Schweizerischen Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK), des Schweizerischen Städteverbands (SSV) und des Schweizerischen Gemeindeverbands (SGV).

Knochenflöten, Darmsaiten und vegane Basler Trommeln

Die Fragen nach der Musikalität der Tiere und unserer Verwendung tierischer Substanzen für den Bau von Musikinstrumenten stehen im Zentrum einer Ausstellung, die noch anderthalb Jahre zu sehen ist.

Unter dem Motto «tierisch!» vereinigen sich in Basel vier Museen zu zeitlich weiträumigen Auseinandersetzungen mit der Tierwelt in vielen Kulturen. Nebst dem Antikenmuseum Basel und Sammlung Ludwig (Tiere und Mischwesen in der Antike), dem Pharmaziemuseum der Universität Basel (Vom Tier zum Wirkstoff) und dem Museum der Kulturen Basel (Keine Kultur ohne Tiere) beteiligt sich an diesem Grossprojekt auch das Musikmuseum des Historischen Museums Basel. Seine Ausstellung in den Räumen des ehemaligen Untersuchungsgefängnisses Lohnhof trägt den doppelbödigen Titel Der Klang der Tiere. Er gilt für die von Tieren selber erzeugte sowie die vom Menschen mit tierischen Materialien hervorgebrachte Musik.

Versammelt der erste Teil allerlei Singvögel zum Musizieren, so führt der zweite ebenso eindrücklich vor Augen und Ohren, wieviel Substanz von Tieren in Musikinstrumenten steckt.

Über 16Multimediastationen ist nicht nur viel über den Walgesang, Tiere in der klassischen Musik oder den Klang der Naturhörner zu erfahren, sondern auch über Skurrilitäten. So wird etwa die historische Vogelorgel «Serinette» kommentiert, deren Name sich vom Zeisig (französisch: Serin) ableitet (Anm. Red. siehe Artikel Le serinage des oiseaux von Laurent Mettraux in SMZ 1/2019, S. 16). Sie diente dazu, einem im Käfig gefangenen Singvogel bestimmte Melodien beizubringen. Um Vögel allgemein zum Singen zu animieren, wurde eine Vogel-Flageolett genannte Blockflöte verwendet. Natürlich fehlen im Kinderzimmer musizierende oder tanzende Tiere nicht, wie denn zahlreiche Exponate speziell auf Kinder ausgerichtet sind. In kleinen Höhlen können die in Kinderliedern vorkommenden Lieblingstiere ausfindig gemacht werden.

Herkömmliche und künftige Materialien

Am ausführlichsten vorgestellt werden tierische Werkstoffe im musikalischen Umfeld. Kaum zu glauben, was es für die Herstellung einer Schellackplatte brauchte: 12 600 asiatische Lackschildläuse, kaum einen Millimeter kleine Winzlinge, lieferten ihr Sekret zur Gewinnung von 15 Prozent Schellack-Anteil an diesem historischen Tonträger. Weniger lausig, jedoch immer noch bedenklich gross sind die von Tieren geforderten Opfer bei der Herstellung von Saiten. Für zwölf dünne Violin-E-Saiten werden 29 Meter Tierdarm benötigt, für eine dicke Kontrabasssaite Darm von acht Schafen.

Bisher kaum Bekanntes ist über den Beruf des Pergamenters zu erfahren; Ungewohntes ist zu sehen wie etwa in einem Glas konservierte Tierdärme, ein Spannrahmen zur entsprechenden Saitenproduktion, Perlmutter an einer Handharmonika, Schildpatt an diversen Instrumenten und vielerlei Arten von Tierhäuten. Eine eigens für die Ausstellung aus künstlichen Materialien konstruierte vegane Basler Trommel weckt Hoffnungen auf eine längst fällige Reduzierung der tierischen Rohstoffe. Spätestens mit diesem Objekt regt die Ausstellung zum Nachdenken über Tierrechte und neues Materialbewusstsein an.

Farbige statt klangliche Umsetzung

Als ältestes Exponat springt eine zwischen 70 und 110 n. Chr. in Augusta Raurica aus Hundeknochen gefertigte römische Flöte in die Augen. Ob eine weitere aus Kranichknochen einen sangbareren Klang erzeugte, ist nicht zu erfahren, wohl aber die Menge von Pferdeschwanzhaaren, die es zur Bespannung eines Streicherbogens braucht, rund 170 – eine beachtliche Zahl.

Nach bedrückenden Informationen über Elfenbeinhandel zugunsten von Klaviertasten und anderes Tierleid wirkt die letzte Gefängniszelle wie ein fröhlicher Befreiungsschlag. Speziell für Kinder eingerichtet, stellt der farbenfrohe Raum aus ästhetischer Sicht das abschliessende Highlight der Ausstellung dar. Die Wände sind mit Vergrösserungen von Notenheften tapeziert, deren Titelblätter von renommierten Künstlern und Grafikern wie Pierre Bonnard, Clérisse Frères, Fritz Erler oder Willy Herzig gestaltet wurden. Da kommt der Klang der Tiere in Klavierstücken, Liedern, Modetänzen und Schlagern aus den 1920er-Jahren zu einer zwar stummen, künstlerisch aber vielstimmigen Entfaltung. Unter den Komponisten ragen Reger und Tschaikowsky, Bartók und Benatzky, Jacques Ibert und Richard Strauss hervor. Die aus der Privatsammlung des Basler Grafikers Jacques Hauser stammenden Titelblätter zu Kompositionen über vielerlei Tierarten rufen nach klanglicher Umsetzung. Die Rahmenveranstaltungen drehen sich jeweils um ein «Tier des Monats». Es ist zu hoffen, dass nach den bis im Sommer 2022 geplanten Vorträgen entsprechende Konzerte dazuzählen werden. (www.hmb.ch und www.tierischbasel.ch).

Isabel Münzner und Anne Hasselmann haben mit starker Berücksichtigung von Basler Leihgaben und geschärftem Umweltbewusstsein die ungemein informative Ausstellung kuratiert, in Zusammenarbeit mit der ebenso einfallsreichen Gestalterin Manuela Frey.

Für Schulen werden Führungen und Workshops angeboten. Ein Dossier für Lehrpersonen enthält zudem Einführungen in die Themenbereiche und Fragen, die in der Ausstellung zu lösen sind. Auch die Nutzung von Tieren und deren Rechte wird einbezogen. Die von allen vier Museen gemeinsam herausgegebene Begleitpublikation enthält einen Beitrag von Isabel Münzner, der besonders auf die umstrittene Musikalität der Tiere und den Gesang der Wale eingeht.

Rapp leitet Barenboim-Said-Akademie

Regula Rapp, die frühere Rektorin der Schola Cantorum Basiliensis und jetzige Rektorin der Stuttgarter Hochschule für Musik und Darstellende Kunst wird per Ende März 2022 Rektorin der Barenboim-Said-Akademie in Berlin. Sie folgt in dem Amt auf den Gründungsrektor Michael Naumann.

Regula Rapp. Foto: Thilo Haeferer (Nachweis s. unten)

Die 1961 in Konstanz geborene Rapp hat in Berlin historische Tasteninstrumente sowie Musikwissenschaft, Philosophie und Kunstwissenschaft studiert. Von 1990 bis 1998 war sie stellvertretende Leiterin der Schola Cantorum Basiliensis, an die sie von 2005 bis 2012 als Rektorin zurückkehrte. Dazwischen wirkte sie als Chefdramaturgin an der Staatsoper Unter den Linden Berlin. Seit 2012 ist sie Rektorin der Musikhochschule in Stuttgart.

Die staatlich anerkannte Barenboim-Said Akademie bietet in Berlin einen Bachelor-Studiengang in Musik für begabte junge Menschen vor allem aus dem Nahen Osten und Nordafrika an. Das intensive Studium setzt einen zweiten Schwerpunkt in geistes- und musikwissenschaftlichen Themen. Neben dem Bachelor kann ein Artist Diploma in allen Orchester-Instrumentalfächern sowie Klavier, Komposition und Dirigieren erworben werden. Das Artist Diploma bereitet angehende Musiker auf eine professionelle Laufbahn vor.

Das Orchester auf der Stuhlkante

Das Argovia Philharmonic ist Residenzorchester in der zum Kulturraum umgebauten Alten Reithalle in Aarau. Am 29. Oktober wurde der Konzertsaal eingeweiht.

«Bald», frohlockt die Besucherin, als sie die Alte Reithalle in Aarau erblickt. «Bald» verheisst für sie in dem neuen Mehrspartenhaus für Musik, Theater, Tanz und modernen Zirkus besonders orchestrales Glück. Hierher wird das Argovia Philharmonic, 58 Jahre nach seiner Gründung, als Residenzorchester einziehen – und den 2000 Quadratmeter grossen, flexibel nutzbaren Raum mit der Bühne Aarau teilen. Dieser Ort lebt von seiner Vergangenheit als Reithalle für das Dragonerregiment der Aarauer Armeegarnison, worauf die Architekten Barão-Hutter mit dem Belassen des ungeschönten Gemäuers und Dachgebälks anspielen. Über die von Martin Lachmann verantwortete Akustik hat die Besucherin schon viel Gutes gehört, umso mehr ersehnt sie das Eröffnungskonzert: «Neue Bahnen» verspricht das erste Programm und bietet Ludwig van Beethovens 1. Klavierkonzert mit dem Aargauer Pianisten Oliver Schnyder, Johannes Brahms’ 1. Sinfonie und Daniel Schnyders Argovia. Symphonie Nr. 5 «Pastorale», eine Auftragskomposition des Orchesters, die in der Alten Reithalle uraufgeführt wird.

Dies alles im Kopf steuert die Besucherin die Geschäftsstelle des Argovia Philharmonic an. Hier ist der neue Intendant Simon Müller zu Hause, der nach einer bewegten Saison 2020/21 die künstlerische Zukunft des Orchesters mit dem Chefdirigenten Rune Bergmann gestaltet. Der Norweger hatte seinen Einstand mitten in der Pandemie, im Herbst 2020, gegeben. Danach ging erst einmal nichts mehr.

Von Asien bis Zofingen

Weil es den Kontakt zum Publikum nicht verlieren wollte, streamte das Argovia Philharmonic in dieser Zeit erstmals drei Konzerte – mit Erfolg. «Diese Ergänzung zum normalen Orchesterbetrieb will auch künftig gut geplant sein», sagt Simon Müller und spricht an, was angedacht ist: Streaming von Konzerten in Asien. «Rune Bergmann hat eine Vision: Er will mit dem Argovia Philharmonic in die Welt hinaus, weil er in diesem Orchester sehr viel Potenzial sieht. In diesem Zusammenhang wird das Marketing eine wichtige Rolle spielen. Aber natürlich wollen wir uns in erster Linie noch stärker als bis anhin in der Schweiz positionieren», betont der Intendant: «Wir sind seit Kurzem auch Mitglied im Orchesterverband, obwohl wir ein Projektorchester sind.» Simon Müller bringt es so auf den Punkt: «Das Argovia Philharmonic ist für mich das Orchester auf der Stuhlkante», will heissen: «Anders als die Sinfonieorchester mit Jahresverträgen, ist für das Argovia Philharmonic auch Beethovens fünfte Sinfonie keine Routine.»

Mit dem Einzug in der Alten Reithalle erhält das Orchester nun eine akustisch vorzügliche Heimat, in der pro Jahr 40 Tage für fünf Abonnementszyklen eingeplant sind; dazu kommen Spezialanlässe und Kammerkonzerte. Anders als bei den Sinfoniekonzerten mit rechteckigem Zuschauerraum und ansteigender Tribüne sitzt das Publikum bei diesen intimen Veranstaltungen an den Seiten einer kleinen Arena. «Einmal mehr zählt das Gesamterlebnis – die unmittelbare Nähe zum Publikum», sagt Müller dazu. Diese Nähe sucht das Orchester auch bei seinen Abstechern nach Beinwil am See, Villmergen, Zofingen, Rheinfelden sowie Baden.

Baden ist sozusagen die zweite Heimat des Orchesters. Während 20 Jahren hat das Argovia Philharmonic im Trafo-Saal gespielt – in Nachbarschaft zu grossen Kinos. Nun wird es ins Kurtheater umziehen, das dank einer ebenso fachkundigen wie sensiblen Renovierung und Erweiterung ein Juwel geworden ist. Ein genuiner Konzertsaal ist der Theaterraum zwar nicht, aber dank der neuen Akustikmuschel auf der Bühne dürfte das Konzerterlebnis erfreulich sein. Die bisherigen Veranstaltungen anderer Orchester in diesem schmucken Theater haben jedenfalls gezeigt: Dies- und jenseits der Rampe herrscht jene knisternde Spannung, die zu einem Konzert gehört. Das Argovia Philharmonic hat also viel vor in der Saison 2021/22, an deren Ende es Aufnahmen auf CD herausbringen wird. Welche? «Die vier Brahms-Sinfonien, die wir zuvor in unseren Konzerten mitgeschnitten haben», sagt Simon Müller. Das Eröffnungskonzert wird von Radio SRF2 am 9. Dezember übertragen.

Warmer, klarer Klang ohne Schärfe

Dann ist es soweit: Die Besucherin sitzt erstmals im neuen Konzertsaal in der Alten Reithalle. Er ist durch eine schiefergraue Wand vom Theaterraum getrennt, verfügt über viele Parkettreihen und eine Tribüne, die beste Sicht garantiert. Doch wie klingt der Saal? Wunderbar! Als die ersten Takte mit Alphorn und Orchester von Daniel Schnyders viele Musikstile witzig mischender Argovia-Sinfonie erklingen, traut man seinen Ohren nicht: kein Verschwimmen im Nachhall; das Klangbild ist warm und dazu von einer Transparenz, die nichts mit der analytischen Schärfe anderer moderner Konzertsäle zu tun hat. Natürlich werden Chefdirigent Rune Bergmann und das Aargauer Ensemble noch manches justieren, doch an der Eröffnung zeigt sich, was mit dem «Orchester auf der Stuhlkante» gemeint ist. Für das Argovia Philharmonic ist nichts selbstverständlich. Deshalb packt es alles aus, was es seit jeher kann, was aber jetzt so richtig leuchten kann: Streicherglanz, exzellente Bläsersoli und ein ganz eigenes, aufmerksames Aufeinander-Hören. Dass Oliver Schnyder das Tüpfelchen auf dem i der Eröffnung ist, verwundert nicht. Seine Interpretation von Beethovens Klavierkonzert Nr. 1 auf einem Bösendorfer federt förmlich in den schnellen, fein austarierten Ecksätzen und ist im Largo von einer Innigkeit, die man liebend gerne konservieren möchte. Kurz: Mit dem Einstand in der Alten Reithalle Aarau meldet sich das Argovia Philharmonic nachdrücklich in der Schweizer Orchesterlandschaft.

Hodel gibt Leitung der HSLU Ende 2022 ab

Markus Hodel wird nach 16 Jahren als Rektor der Hochschule Luzern per Ende des nächsten Jahres zurücktreten. Unter seiner Leitung wuchsen die ursprünglich fünf, später sechs Departemente zusammen.

Markus Hodel. Foto: Hochschule Luzern

Hodels erste Amtsperiode bis 2008 war durch die Einführung der Bachelor- und Master-Studiengänge, der sogenannten Bologna-Reform, geprägt. Zusätzlich umfasste sie eine weitreichende Neuorganisation der Hochschule, bei der die damals fünf autonomen Teilschulen Technik & Architektur, Wirtschaft, Soziale Arbeit, Design & Kunst und Musik unter dem Dach der «Hochschule Luzern» vereint und die Services zentralisiert wurden.

Seine Rückkehr an die Hochschule Luzern 2012 fiel in eine anforderungsreiche Zeit, in der die öffentliche Hand sparen und Markus Hodel um die Finanzierungsbeiträge der sechs Zentralschweizer Trägerkantone ringen musste. Er trieb zudem die organisatorische und räumliche Integration der Hochschule unter Einbezug der gesamten Hochschulleitung schrittweise voran.

Für die Nachfolge von Markus Hodel wird eine Findungskommission unter der Leitung des Fachhochschulrates mit Vertreterinnen und Vertretern des Konkordatsrates, der Mitarbeitenden, der Studierenden sowie der Hochschulleitung gebildet. Die Stelle wird öffentlich ausgeschrieben.

Originalartikel:
https://www.hslu.ch/de-ch/hochschule-luzern/ueber-uns/medien/medienmitteilungen/2021/11/16/markus-hodel-gibt-die-leitung-der-hochschule-luzern-ende-2022-ab/

Abgesagt: Der Ring an 1 Abend

Der Veranstalter melder am 9. Dezember 2021, dass das Konzert wegen der Covid-Pandemie nicht durchgeführt werden kann.

«Der Ring an einem Abend» wurde 1992 in Mannheim erstmals aufgeführt. Foto: © Loriot,Foto: Joachim Gern,SMPV

Der Veranstalter meldet am 9. Dezember 2021:

Heavy Metal in der DDR

Heavy Metal war eine der grössten Jugendsubkulturen der späten DDR. Nikolai Okunew vom Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF) hat diese Szene erstmals historisch erforscht.

Nikolai Okunew mit seiner Studie «Red Metal». Foto: ZZF

Okunew hat private wie staatliche Archive durchforstet und Dutzende Interviews geführt. Das Ergebnis ist eine popgeschichtliche Studie über die Entstehung und Entwicklung einer bislang kaum beachteten jugendlichen Subkultur: die Heavy-Metal-Szene der DDR. Sie wurde in den 1980er-Jahren von der staatlichen Kulturpolitik ähnlich kritisch beäugt wie die Punks. Denn die Jugend sollte sich «niveauvoll» kleiden, in der FDJ engagieren und Lieder singen, die sie fröhlich stimme und die Liebe zur sozialistischen Heimat stärke.

Doch viele junge Menschen fühlten sich davon schon lange nicht mehr angesprochen. Immer stärker und offener wandten sie sich westlicher Popkultur zu. AC/DC, Motörhead, Metallica und Slayer begeisterten die Jugendlichen. So wuchs die Metal-Szene in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre zur vermutlich grössten jugendlichen Subkultur in der DDR heran.

Mehr Infos:
https://zzf-potsdam.de/de/presse/kutte-statt-blauhemd-neue-studie-erforscht-die-heavy-metal-szene-hinter-dem-eisernen
 

Aargauer Kuratorium unter neuer Leitung

Der Kinospezialist Daniel Waser wird zum neuen Geschäftsführer des Aargauer Kuratoriums ernannt. Er folgt in dem Amt auf den Musikkenner Peter Erismann, der die Leitung des Ensemble Proton Bern übernommen hat.

Daniel Waser. Foto: zVg

Der 1963 geborene Daniel Waser ist in Bern aufgewachsen und schloss seine Ausbildung als Bernischer Fürsprecher ab. Er bringt über 25 Jahre Erfahrung im Kulturbereich mit einem nationalen und europäischen Netzwerk mit. Insbesondere baute er nach erfolgreicher Volksabstimmung ab 2005 die Zürcher Filmstiftung auf. Er leitete die Stiftung während 14 Jahren als Geschäftsführer und positionierte die regionale Filmförderung erfolgreich als international anerkanntes Kompetenzzentrum.

In seiner beruflichen Laufbahn war er unter anderem freiberuflicher Journalist bei der Tageszeitung Der Bund, Gründer und Geschäftsführer der Cinématte AG sowie Geschäftsführer der Quinnie Cinéma Films in Bern und Zentralsekretär bei impressum, dem Schweizer Journalistenverband in Freiburg.

Hohe Ehren für Mozart-Forscher Konrad

Der Musikwissenschaftler Ulrich Konrad hat mit dem Maximiliansorden die höchste Auszeichnung bekommen, die der Freistaat Bayern für akademische Leistungen vergibt.

Ulrich Konrad (li) mit Ministerpräsident Markus Söder. Foto: Bayerische Staatskanzlei,SMPV

Der 1957 geborene Ulrich Konrad hat seit 1996 einen Lehrstuhl für Musikwissenschaft an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) inne. Er studierte Musikwissenschaft, Germanistik sowie Mittlere und Neuere Geschichte an den Universitäten Bonn und Wien. Nach der Promotion zum Doktor der Philosophie lehrte und forschte er ab 1983 am Musikwissenschaftlichen Seminar der Universität Göttingen. Dort habilitierte er sich 1991.

Nach der Vertretung des Musikwissenschaftlichen Lehrstuhls an der Freien Universität Berlin und einer Lehrtätigkeit in Göttingen leitete er von 1993 bis 1996 die C4-Professur für Musikwissenschaft an der Staatlichen Hochschule für Musik Freiburg. Danach wechselte er als Lehrstuhlinhaber und Leiter des Instituts für Musikwissenschaft an die JMU. Unter seiner Führung wurde das Institut neu ausgerichtet und ausgebaut.

Paul Hindemith ist wieder da

Am 27. Oktober wurde das Paul-Hindemith-Archiv mit einer festlichen Veranstaltung in der Aula der Universität Zürich eröffnet. Tabea Zimmermann spielte dessen Sonate op. 25/1 für Bratsche solo und Christine Lubkoll hielt den Festvortrag.

Blick ins Archiv. Foto: Musikwissenschaftliches Institut der Universität Zürich,SMPV

Eigentlich hätte das Archiv schon letztes Jahr im April eröffnet sein sollen. Die Fondation Hindemith hatte dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich das Archiv des Komponisten und von dessen Frau aus ihrer Villa in Blonay geschenkt (siehe SMZ 6/2020, S. 24). Pandemiebedingt musste der Festakt mehrmals verschoben werden. Die Freude darüber, dass es am 27. Oktober endlich dazu kam, war in der Aula der Universität Zürich gross. «Hindemith ist wieder da», brachte es Katharina Michaelowa, Dekanin der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich, auf den Punkt. Die Pflege der Erinnerung an Paul Hindemith mache dessen Kreativität deutlich spürbar und motiviere, Neues zu versuchen. Andreas Eckhardt, Präsident der Fondation Hindemith, Blonay, wies auf das Anliegen dieser Schenkung hin, Hindemiths Bibliothek im Sinne des «angemessenen Erinnerns» als Ganzes zu erhalten und für die Wissenschaft und die Öffentlichkeit nutzbar zu machen.

In die Feier integriert war die sogenannte «Hindemith-Vorlesung 2021». Seit 2006 erinnert das Musikwissenschaftliche Institut jeweils im November mit einem Vortrag an den ersten Lehrstuhlinhaber. Christine Lubkoll, Professorin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, sprach zum Thema «Verpflichtendes Erbe»: Paul Hindemith und die Kulturtradition. Mit Bezug auf die Rede, die Hindemith am 12. September 1950 in Hamburg gehalten hatte (Johann Sebastian Bach. Ein verpflichtendes Erbe), beleuchtete sie Hindemiths Leben als Exilant und Heimkehrer, sein Verhältnis zur Tradition und schloss: «Verpflichtendes Erbe ist immer Aufbruch.»

In ihren Begrüssungsworten wies Inga Mai Groote, als Direktorin des Musikwissenschaftlichen Instituts der Universität Zürich die Gastgeberin dieses Anlasses, schon darauf hin: Das Zürcher Hindemith-Archiv will die Schätze bewahren, aber auch zum Klingen bringen. Und so rundete Tabea Zimmermann mit ihrer höchst eindrucksvollen Interpretation von Hindemiths Sonate für Bratsche solo op. 25/1 diese Eröffnungsfeier aufs Schönste ab.
 

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