Neue Entwicklungen in der Musikschulgesetzgebung diverser Kantone

Der Schweizer Föderalismus hat zur Folge, dass sich die Musikschulgesetzgebung von Kanton zu Kanton unterscheidet. Als Gewerkschaft für Musikpädagog*innen hat der SMPV die Aufgabe, diese Entwicklungen zu verfolgen und in Verhandlungen die Interessen der Musiklehrpersonen zu vertreten.

Marianne Wälchli Musikpädagogik steht im Spannungsfeld zwischen Kultur und Bildung, und bei der Ausarbeitung eines neuen Musikschulgesetzes muss man das Kulturförderungs- und das Volksschulgesetz des entsprechenden Kantons mitberücksichtigen. Ein ideales Musikschulgesetz legt die Grundlage dafür, dass möglichst viele Kinder und Jugendliche einzeln oder allenfalls in  Gruppen ausserschulischen Musikunterricht besuchen können und dass Kinder bildungsferner und finanzschwächerer Familien nicht benachteiligt werden. Es sorgt für transparente und faire Anstellungsbedingungen, regelt die Qualitätssicherung und legt die Grundlage für eine optimale Talentförderung. Zum Thema Qualitätssicherung gehört auch, dass möglichst viele Musikschullehrpersonen sowohl künstlerisch wie pädagogisch ausgebildet sind, sie also einen Master of Arts in Musikpädagogik oder ein gleichwertiges Diplom haben.

Die wunderbarsten Anstellungsbedingungen auf dem Papier bringen nichts, wenn Stundenpläne Musikunterricht nur z. B. zwischen 16.00 und 19.00 Uhr ermöglichen, Musiklehrpersonen also gar nicht auf eine vernünftige Lektionenzahl pro Woche kommen können. Da ist es entscheidend, dass die Volksschule und die Musikschulen vernünftig miteinander verhandeln.
Musikunterricht ist idealerweise  Einzelunterricht, der von hochqualifizierten Lehrpersonen erteilt wird. Und für den Unterricht benötigt man genügend geeignete Unterrichtsräume. Es ist offensichtlich, dass das kostenintensiv ist. Und auch wenn inzwischen allgemein bekannt ist, wie wichtig Musikunterricht für die geistige und seelische Entwicklung ist, gibt es vermeintlich findige Sparfüchse, die dann die Minutenzahlen pro Kind so sehr kürzen, dass sinnvoller Unterricht nicht mehr möglich ist. Oder sie verordnen Gruppenunterricht, wo er nicht praktikabel ist. In solchen Situationen muss sich der SMPV für die betroffenen Mitglieder einsetzen.

In den folgenden Abschnitten möchte ich auf die Entwicklung der Musikschulgesetzgebung in einzelnen Kantonen eingehen:

 

Tessin
Die neusten Entwicklungen im Kanton Tessin lassen Musiklehrpersonen und Musikschüler*innen hoffnungsvoll in die Zukunft blicken.
Zur Erinnerung: Die Initiative „100 giorni per la musica“, die verlangt, dass Musikunterricht für Kinder und Jugendliche subventioniert wird, wie es Artikel 67a der Bundesverfassung vorschreibt, wurde 2023 von einem Initiativkommitee eingereicht, dem auch SMPV-Mitglied, Emilio Pozzi, angehört. Im Moment übernimmt der Kanton Tessin erst rund 25% der Kosten anerkannter Musikschulen. Das führt dazu, dass Eltern von Musikschüler*innen rund 75% der Kosten selbst tragen müssen, während Eltern in der übrigen Schweiz durchschnittlich etwas mehr als 30% bezahlen. Kinder und Jugendliche finanzschwächerer Familien werden dadurch faktisch vom ausserschulischen Musikunterricht ausgeschlossen, was dem Artikel 67a klar widerspricht.
In der ersten Augustwoche wurde nun bekannt, dass der Tessiner Staatssrat in Zusammenarbeit mit dem Initiativkommitee einen Gegenvorschlag ausgearbeitet hat.
Die Regierung vertritt nämlich die Meinung, dass ein Gesetz über den ausserschulischen Musikunterricht, wie das Initiativkommitee es gefordert hat, „nicht geeignet und zweckmässig ist, um auf die von der Initiative aufgeworfenen gemeinsamen Herausforderungen eine zufriedenstellende Antwort zu geben“. Der Gegenvorschlag sieht dagegen eine Teiländerung des Kulturförderungsgesetzes vor, die unter anderem folgende Punkte beinhaltet:

  • Es soll eine unabhängige Qualitätskommission eingesetzt werden, die Qualitätskriterien definiert, die eine Musikschule erfüllen muss, um in den Genuss von Subventionen zu kommen.
  • Ausserschulischer Musikunterricht von Kindern und Jugendlichen bis zum Ende der obligatorischen Schulzeit oder für jungeErwachsene bis zum vollendeten 25. Lebensjahr, wenn sie sich in einer Ausbildung befinden, soll substantiell subventioniert werden.
  • Musikschüler*innen aus Familien mit geringem Einkommen sollen zusätzlich unterstützt werden.
  • Räumlichkeiten der kantonalen öffentlichen Schulen sollen für Musikunterricht kostenfrei benutzt werden können.

Für die Versuchsphase von 2026 – 2028 rechnet die Regierung mit jährlich wiederkehrenden Kosten von total 1.5 Mio. Die Kosten würden in dieser Versuchsphase komplett vom Swisslos-Fonds getragen.
Sollte dieser Gegenvorschlag vom Parlament angenommen werden, ist das Initiativkommitee bereit, die Initiative zurückzuziehen. Es ist also möglich, dass sich die Situation für Musikschüler*innen und Lehrpersonen im Kanton Tessin schon 2026 massiv verbessert!

 

Thurgau
Am 1. Januar 2024 trat im Kanton Thurgau eine revidierte Musikschulverordnung in Kraft. Der Weg dazu wurde als „lang und emotional“ beschrieben.
Im Juni 2018 wurde vom Thurgauer Volksschulamt eine Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern des Kantons und des Verbands Thurgauer Musikschulen VMTG eingesetzt, mit dem Ziel, «die Finanzierung und die Qualitätssicherung der Musikschulen zu überprüfen». An der Vernehmlassung hat sich auch der Vorstand des SMPV Thurgau beteiligt und u.a. gefordert, dass der Unterricht für junge Erwachsene, die sich in Ausbildung befinden, bis zum vollendeten 25. (statt 20.) Altersjahr subventioniert werden sollte, was leider nicht bewilligt wurde. In diesem Punkt könnten also bald Tessiner Musikschüler*innen bessergestellt sein als die Thurgauer.
Positiv zu bewerten ist die vom SMPV gewünschte Erhöhung des Anteils von diplomierten Musiklehrpersonen. Dieser muss jetzt statt der Hälfte mindestens zwei Drittel betragen. Für die Musiklehrer*innen gelten, wie bisher, die Besoldungstabellen Lohnband 2 und 3 der Volksschule, wobei für die diplomierten Lehrpersonen die Lohnkategorie A gilt und für die undiplomierten Kategorie B. Neu werden Lehrpersonen, die sich noch im Masterstudium befinden als „diplomiert“ eingestuft.
Eine wesentliche Neuheit ist zudem die Aufteilung des Kantonsbeitrags in eine Besoldungspauschale pro Unterrichtsstunde und in eine Betriebspauschale mit einem variablen Anteil, weil öffentlich rechtliche Musikschulen ja Schulräumlichkeiten kostenfrei benutzen dürfen, privatrechtlich organisierte Musikschulen hingegen für Unterrichtsräume bezahlen müssen. Der Kanton rechnet mit jährlichen Mehrkosten von rund 600’000 Franken.
Obwohl nicht alle Forderungen und Wünsche der Musikschulen erfüllt wurden, kann die total revidierte Musikschulverordnung als wichtiger «Meilenstein» für die musikalische Bildung im Kanton Thurgau bezeichnet werden.


Graubünden
Hier ist die Musikschulgesetzgebung im Kulturförderungsgesetz geregelt. Als dieses 2018 in Kraft trat, brachte es den Musikschulen eine klare Verbesserung. Die Regionen wurden verpflichtet, ein flächendeckendes Angebot an Sing- und Musikschulen zu führen. Dafür unterstützt der Kanton die Musikschulen jährlich mit 410’000 zusätzlichen Franken zu den Beiträgen der Regionen von ca. 550’000 .- Franken.
Der SMPV OSO möchte allerdings Details in der Umsetzung des Gesetzes optimieren. So beteiligt sich der Kanton aufgrund der Berechnungsart mit Schülerpauschalen manchmal nicht mit den in der Verordnung festgelegten 30% an den Musikschulkosten sondern nur mit 25%, und die Gemeinden müssen dann das Defizit tragen, obwohl der Kanton sein Budget nicht ausgeschöpft hat. Zweitens stört sich der SMPV OSO daran, dass der Lohn von Musiklehrpersonen mit Vollpensum zwar dem Primarlehrerlohn mit Vollpensum entspricht, dass die Musiklehrer-Lektion aber 60 Minuten dauert, während die Primarlehrer-Lektion nur 45 Minuten lang ist, Musiklehrpersonen also faktisch 25% weniger verdienen.

 

Der SMPV im Wandel der Zeit

Für den Wandel vom Verband, der für die private musikalische Berufsausbildung in der Schweiz verantwortlich war zum reinen Berufsverband für Musikpädagog*innen, blieben dem SMPV nicht einmal 20 Jahre Zeit.

Beim Räumen des Zentralsekretariats ist mir aufgefallen, in wie kurzer Zeit sich der SMPV Schweiz wie sehr verändert hat:

Vor 2005 drehte sich vieles im Verband um die Berufsausbildung: man wurde Mitglied, weil man selbst sein Lehrdiplom-Studium beim SMPV absolviert hatte, oder man war Mitglied, weil man über den SMPV selbst Studierende ausbildete.
Die Mitglieder profitierten schon damals von einzelnen Dienstleistungen, Dreh- und Angelpunkt war aber das private SMPV-Musikstudium.

Zur Erinnerung: 2005 beschloss der SMPV, die Berufsbildung zu verselbständigen, weil nur so die Anforderungen der „Bologna-Reform“erfüllt werden konnten, aber auch weil die Berufsstudien ein immer grösseres Loch in die Verbandskasse rissen. 2007 wurden die Verantwortung für die Berufsbildung der Stiftung SAMP übergeben, die 2009 mit der Kalaidos Fachhochschule zusammen die Musikhochschule SAMP AG gründete, die wiederum später zur Kalaidos Musikhochschule wurde.

Der SMPV hat die junge Musikhochschule unterstützt, bis alle für ein SMPV-Studium eingeschriebenen Studierenden ihr SMPV-Diplom erworben hatten. Der Hauptfokus des SMPV verschob sich aber zusehends weg vom Thema „Berufsbildung“.

Was nun?

Den Sektionen, deren Hauptaufgabe immer die Betreuung der Mitglieder und das Anbieten von für Musikpädagog*innen sinnvollen Dienstleistungen war, stand kein drastischer Richtungswechsel bevor.
Im Zentralverband stellte man sich hingegen viele Fragen: Braucht es uns noch? Was sind die Aufgaben des SMPV, wenn er keine Berufsausbildung mehr anbietet? Bringt uns die von der DV 2005 beschlossene Mitgliedschaft beim SGB etwas? Was sind die Aufgaben des „neuen“ SMPV?
Der Zentralvorstand organisierte 2011 für interessierte Mitglieder verschiedene Treffen in Luzern, an denen diese Fragen eifrig diskutiert wurden.
Schnell kristallisierte sich heraus, dass die Mitglieder ihren Verband bewahren und weiterentwickeln wollten. Sie fanden, er müsse zum reinen Berufsverband werden.
Aber während die einen sich eine reine Gewerkschaft wünschten, genügten anderen die beliebten Dienstleistungen und sie wollten gleich wieder aus dem SGB austreten. Alle waren sich einig, dass sich der SMPV für Professionalität in der Musikpädagogik einsetzen müsse. Der Verband dürfe nur diplomierte Musikpädagog*innen aufnehmen. Er setze damit ein Signal in Richtung geschützte Berufsbezeichnung „Musiklehrer*in SMPV“.

Der grosse Einschnitt

Mit der Corona-Pandemie hatte niemand gerechnet. Für viele unserer Mitglieder stellten sich plötzlich existenzielle Fragen. Vielen konnte der SMPV mit Rat und Tat zur Seite stehen: möglichst schnell alle wichtigen Informationen beschaffen, bündeln und an die Mitglieder weiterleiten. Manch ein Präsidium wurde quasi – learning by doing – zum/zur Krisenmanager*in „umgeschult“. Dass wir kaum Entschädigungen für die freischaffend Unterrichtenden erwirken konnten, liegt daran, dass unterrichtende Kulturschaffende wahlweise bei der Bildung oder der Kultur verortet werden, je nachdem wo man damit Kosten vermeiden kann. Wir konnten aber immerhin erreichen, dass möglichst viele unserer Anlässe stattfinden konnten, und weil wir mit guten Schutzkonzepten dafür sorgten, dass sich bei den Anlässen niemand ansteckte, konnten wir aufzeigen, dass Musiker*innen keine gefährliche Spezies sind – auch Sänger*innen nicht.
Leider mussten in dieser Zeit einige Mitglieder den Beruf wechseln. Andere machte die Krise besonders stark. Dem SMPV hat sie wahrscheinlich auf seinem Weg zur Professionalisierung sogar geholfen.

Der SMPV heute

Heute ist der SMPV ein reiner Berufsverband. In seiner 131-jährigen Geschichte sind beim Zentralverband und in den Sektionen immer wieder neue Dienstleistungsangebote entwickelt worden, und deshalb kann er seinen Mitgliedern ein so unüblich vielfältiges Angebot machen, dass eigentlich alle Musikpädagog*innen von einer Mitgliedschaft profitieren könnten.
Einige dieser Dienstleistungen muss man sich aber aktiv holen.
Der SMPV liefert: das SMZ-Abo, die bei vielen noch immer beliebte Agenda und die Richttarife für privaten Musikunterricht. Er setzt sich in Verhandlungen mit der Politik und im Austausch mit anderen Verbänden für eine grundsätzliche Verbesserung der Situation für Musikpädagog*innen ein. Bei Problemen am Arbeitsplatz findet man im Zentralverband oder den Sektionen Unterstützung und wenn notwendig, erhält man auch eine kostenlose juristische Erstberatung.
Aktiv bemühen muss man sich um sein Profil auf mein-musikunterricht.ch und auf rent-a-musician.ch – aber auch da beraten wir Sie gerne.
Bei der Pensionskasse Musik und Bildung können SMPV-Mitglieder ihren Verdienst im unterobligatorischen Bereich versichern.
Auf Sektionsebene kann man seine Schüler*innen an Musizierstunden auftreten lassen, an Lehrerkonzerten auftreten, praxisrelevante, vergünstigte Weiterbildung besuchen oder auch mal selbst einen Kurs erteilen. Alle Informationen dazu finden Sie auf smpv.ch/service
Profitieren Sie vom reichhaltigen Angebot und sagen Sie uns, wenn Sie eine Idee für eine weitere Dienstleistung haben!

Ausblick

Herausfordernde Zeiten stehen bevor: Die geburtenstarken Jahrgänge werden nach und nach pensioniert, und einige dieser Mitglieder werden aus dem Verband austreten. Mitgliederwerbung wird immer wichtiger, wollen wir nicht die Mitgliedergebühren stark anheben müssen oder die Dienstleistungen einschränken.
Die Berufsbezeichnung „Musikpädagog*in“ ist noch immer nicht geschützt, respektive nur in den Kantonen Waadt und Luzern und dort nur bei Anstellungen in Musikschulen.
Der durch die Pensionierungwelle ausgelöste Fachkräftemangel, der für die Instrumente Klavier und Gitarre schon real ist, kann dazu führen, dass Musikschulen pädagogisch ungeschultes Personal anstellen, dem man tiefere Löhne bezahlen kann, was allgemein zu einem Lohndumping führen könnte.
Und wir müssen politisch erreichen, dass Musik-, Tanz-, Theater- und Kunstpädagog*innen eine Lobby erhalten, und dass sie endlich als „Kulturschaffende plus Pädagogik“ anerkannt werden.

Musikschule SMPV Schaffhausen

In Schaffhausen gibt es neben der MKS Musikschule Schaffhausen seit 25 Jahren eine SMPV Musikschule, deren Trägerin der SMPV Schaffhausen ist.

Es kann sich lohnen, Musikschulgesetze ganz genau zu lesen. So entdeckten findige Köpfe im SMPV Schaffhausen 1999, dass ihr kantonales Musikschulgesetz dem Verband die Möglichkeit bietet, eine eigene Musikschule mit subventioniertem Unterricht zu gründen.
Die Formulierung des Zwecks unterscheidet sich zwar kaum von der anderer Musikschulgesetze:

„1. Der Kanton fördert als Ergänzung oder zur Fortsetzung des Musikunterrichts an den öffentlichen Schulen den Musikunterricht junger Menschen, mit dem Ziel, ihnen eine aktive Teilnahme am Musikleben zu ermöglichen.
2. Zu diesem Zweck leistet er Beiträge an anerkannte Musikschulen…“
Um anerkannt zu werden, müssen die Musikschulen ihren Sitz im Kanton Schaffhausen haben, aber dann steht unter „Trägerschaft“ auch:
„Als Schulträger werden Gemeinden, Gemeindeverbände sowie Vereine oder Stiftungen mit entsprechender Zwecksetzung anerkannt.“

Damit sahen der damalige Sektionspräsident, Werner Joos, Beat Studer, der erste Leiter der Musikschule SMPV, und Vorstandsmitglied Anne Marie Rohr die Voraussetzungen gegeben, erfolgreich eine eigene SMPV-Musikschule zu gründen.

Heute wird die Musikschule SMPV von Christoph Honegger geleitet, der variabel, je nachdem wieviele Schüler*innen an der SMPV Musikschule eingeschrieben sind, zu mehr oder weniger Prozent angestellt ist.

Die Lehrpersonen übernehmen organisatorisch viel Verantwortung; d.h. sie suchen und finden ihre Schüler*innen selbst durch Mund-zu-Mund-Propaganda oder z.B. auch über die SMPV-Privatunterrichtsplattform mein-musikunterricht.ch, und sie unterrichten sie in eigenen Unterrichtslokalen oder bei sich zu Hause, weil die SMPV-Musikschule keine Räumlichkeiten hat. Dafür erhalten sie eine kleine Raumzulage. Die Schule wird von Stadt, Gemeinden und Kanton mit 55% subventioniert, wobei wie bei „normalen“ Musikschulen natürlich nur der Unterricht nicht erwerbstätiger Schüler*innen unter 25 Jahren subventioniert wird.

Jedes Mitglied des SMPV Schaffhausen hat das Recht Schüler*innen im Kanton Schaffhausen über die SMPV-Musikschule zu unterrichten. Musiker*innen müssen ja zwingend sowohl einen künstlerischen wie einen musikpädagogischen Abschluss haben, um überhaupt dem SMPV beitreten zu können, und so haben Stadt und Kanton die Garantie, dass sie nur Unterricht von bestens ausgebildeten Musiklehrpersonen subventionieren – also eine Win-win-Situation für alle Beteiligten.
Eine Besonderheit der Schule ist die Lohn-Flatrate: Jede Lehrperson verdient unabhängig vom Alter genau gleich viel. Pro Kind gibt es allerdings eine schulspezifische Familienzulage von 5%. Die Schulleitung kümmert sich ums An- und Abmeldungswesen, das Inkasso, die Abrechnung mit den Sozialversicherungen  und die Lohnzahlungen, und sie organisiert jährlich einen schuleigenen Musiktag.
Rund 170 Schüler*innen sind zurzeit an der Musikschule SMPV eingeschrieben.

Ich habe mit zwei der aktuell vierundzwanzig  Lehrpersonen gesprochen:

Flor Stammer ist Bratschistin und erteilt seit 2021 Geigen- und Bratschenunterricht an der Musikschule SMPV; zusätzlich ist sie seit Kurzem an der MKS als Bratschenlehrerin angestellt. Offenbar gibt es eine sehr friedliche Koexistenz zwischen der MKS und der kleineren Musikschule SMPV und Flor fühlt sich von der MKS überhaupt nicht unter Druck gesetzt, ihre SMPV-Schüler*innen zum Wechsel an die MKS zu bewegen; Konkurrenz belebt ja auch das Geschäft, und eine grössere Auswahl an Lehrpersonen kann durchaus auch eine grössere Nachfrage nach Musikunterricht generieren.
Besonders beim Erwachsenenunterricht, der allerdings nicht subventioniert ist, findet sie, bietet die Musikschule SMPV Vorteile, weil man z.B. die Unterrichtswochen und -zeiten freier einteilen kann. Die Verbandsstrukturen bei der Musikschule SMPV führen auch zu vertieftem kollegialem Austausch, dazu dass für den Musiktag Ensembles aus verschiedenen Klassen zusammengestallt werden oder dass man Notenmaterial für den Unterricht austauscht.
Als sie mitten in der Covid-Pandemie ihr Studium abgeschlossen hat und es wegen der unsicheren Lage sehr schwierig war, eine Anstellung als Musikpädagogin zu finden, war sie besonders dankbar, dass sie quasi sofort ihre ersten Schüler*innen über die Musikschule SMPV unterrichten durfte.

Urs Bringolf ist seit der Gründung der Schule als Schlagzeuglehrer mit dabei und hat bisher am meisten Schüler*innen an der Musikschule SMPV unterrichtet.
Er schätzt an dieser speziellen Musikschule, dass er dort zwar subventionierten Unterricht erteilen kann, dass ihm aber trotzdem viel mehr Freiheiten bleiben als an einer staatlichen Musikschule; regelmässige Sitzungen vermisst er z.B. nicht. Er unterrichtet knapp 30 Schüler*innen über die Musikschule SMPV. Allerdings merkt auch er, dass es heute schwieriger ist, genügend Schüler*innen zu finden. Einerseits gibt es das Musikgeschäft nicht mehr, in dem er immer Probelektionen geben konnte; es fehlt ihm also der direkte Zulieferer, andererseits beobachtet er, dass die Leute seit Corona mit mehr Ängsten zu kämpfen haben. Es geht ihnen finanziell gefühlt oder real schlechter, die Nachrichten von Kriegen schüren zusätzliche Ängste, und so sind sie weniger bereit, Geld für Musikstunden auszugeben. V.a. wenn Kinder dann nicht viel üben, wird der Unterricht nach ein bis zwei Jahren beendet, wogegen früher die Schüler*innen oft zehn Jahre oder länger geblieben sind. Trotzdem unterrichtet er nach wie vor sehr gerne, und er erzählt begeistert davon, wie er an Musiktagen das Schlagzeug immer wieder umbauen muss, damit es jeweils mal für die Links- und dann für die Rechtshänder ideal steht und wie er im Publikum Gehörschutze verteilt, weil es in der Begeisterung des Auftritts halt auch mal „chlöpft“.

Weitere Informationen zur Musikschule SMPV

Stabübergabe

An der DV vom 16. März wurden Aita Biert und Sebastian Mäder in den Zentralvorstand gewählt. Sie lösen Ines Hübner ab, die bereits bei ihrem Amtsantritt 2023 angekündigt hatte, dass sie nur für ein Jahr zur Verfügung stehe.

Eine Besonderheit des SMPV ist seine Struktur: Er besteht aus fünfzehn Sektionen, die eigenständige Vereine sind, die unterschiedliche Tätigkeitsprogramme aufstellen und unterschiedliche Dienstleistungen anbieten. Ihre Ideen für die Entwicklung des Zentralverbands können sie in der Form von Anträgen an die DV stellen. Und ihre Präsidien diskutieren an den jährlich zweimal stattfindenden Präsidialkonferenzen darüber, welchen gewerkschaftlichen und kulturpolitischen Themen sich der Zentralvorstand widmen soll, welche Dienstleistungen er für die Mitglieder entwickeln soll, wie er die Mitgliederwerbung gestalten soll und wie er kommunizieren soll.

Der Zentralvorstand muss also bei Diskussionen über die Strategie des Verbands und bei der Planung ausserordentlicher Events immer daran denken, die unterschiedlichen Bedürfnisse der verschiedenen Sektionen miteinzubeziehen.
Eine möglichst heterogene Zusammensetzung des Vorstands in Bezug auf Alter, Erfahrungshorizont, berufliche Situation und besondere Interessen ist dabei ideal, und so freut sich der Zentralvorstand sehr auf die Zusammenarbeit mit den neuen Vorstandsmitgliedern:

Aita Biert kennt alle Facetten (musik)pädagogischer Berufe aus eigener Erfahrung. Sie ist als Primarlehrerin, Klavierpädagogin, Sozialarbeiterin und Musiktherapeutin ausgebildet, hat als Klavierlehrerin an verschiedenen Musikschulen gearbeitet, war Musikschulleiterin des Unterengadins und war immer gleichzeitig auch als Sozialarbeiterin tätig. Heute arbeitet sie u.a. als selbständige Musiktherapeutin und Klavierlehrerin, ist Grossrätin des Kantons Graubünden und ist auch Vorstandsmitglied des Verbands Sing- und Musikschulen Graubünden. Sie will sich stark für die Mitgliederwerbung einsetzen, weiss sie doch aus Erfahrung, wie wichtig Gemeinschaften und Interessensanbindungen sind, und sie ist entsetzt, dass so viele Musiklehrpersonen keinem Berufsverband angehören. Für das Erreichen politischer Ziele, will sie gerne ihre politischen Kontakte spielen lassen.

 Sebastian Mäder interessiert sich sehr für die Entwicklung der Musikpädagogik in der Schweiz und möchte sich vor allem für den Ausbau von Kompetenzen in Pop/Rock/Jazz einsetzen. Unter Musikpädagog*innen möchte er die Diskussion darüber anstossen, wie die zukünftige Musikpädagogik sein soll und welche Rolle der SMPV dabei spielen könnte.
Er hat sein Musikpädagogik-Studium als Schlagzeuger an der ZHdK absolviert und schliesst bald sein Musikmanagement-Studium an der HKB ab.  Er unterrichtet u.a. eine Drumsetklasse, leitet den Fachbereich Pop/Rock/Jazz an der Musikschule Kilchberg-Rüschlikon und lehrt an der HKB Kompetenzen in Popular-Musik.

 

Einschätzungen unseres abtretenden Vorstandsmitglieds

Liebe Ines, herzlichen Dank, dass Du uns trotz grosser beruflicher Auslastung im Zentralvorstand unterstützt hast. Wir vermissen schon jetzt Deine klugen, überlegten Voten, und wir haben von Deiner grossen Erfahrung im gewerkschaftlichen Bereich, die Du in den GAV-Verhandlungen fürs Musikkollegium Winterthur, als langjährige Arbeitnehmervertreterin aber auch in Deiner Arbeit für den SMV gemacht hast, enorm profitiert.
Wie schätzt du aus deiner Erfahrung der Zentralvorstandsarbeit die Situation des SMPV ein? Was funktioniert deiner Ansicht nach gut, wo gibt es Baustellen?

 Ines Hübner: Im Dienstleistungssektor ist der SMPV sehr gut und sehr modern aufgestellt, und da wird auch hochkompetente Arbeit geleistet. Ich nenne z.B. unsere beiden Vermittlungsplattformen.
Hingegen finde ich, dass der SMPV seine Präsenz an den Musikschulen deutlich erhöhen müsste und er den Musikschullehrpersonen bewusst machen müsste, dass er als ihre Interessensvertretung zur Verfügung steht – z.B. auch in GAV-Verhandlungen.
Ich kann nicht verstehen, dass nur eine einzige Musikschule einen GAV hat, dass die Lehrpersonen sich nicht darum bemühen, für ihre Musikschule einen solchen Vertrag auszuhandeln. Ein GAV schafft Transparenz, sorgt für gleiche Anstellungsbedingungen für alle und er schafft Gesprächsgefässe auf interkollegialer Ebene und in der Hierarchie nach oben für den Austausch auf Augenhöhe.

MW: Auf das Interview mit Herrn Munzinger zum Thema GAV hat kein Mitglied reagiert. Geht es den Musikschullehrpersonen einfach zu gut, als dass sie einen GAV benötigten?

 IH: Das möchte ich so nicht sagen. Es scheint diese aus einem „Patron-zentrierten“ Weltbild entstandene Wahrnehmung zu geben: „Es funktioniert ja alles, meine Musikschulleitung sorgt für mich.“ Aber aus Angst, dieses heile Weltbild ins Wanken zu bringen, wagt man dann nicht, etwas zu sagen oder zu hinterfragen. So gehen Arbeitnehmende bei leichten Problemen auf Tauchstation und sitzen diese Probleme aus, und bei grossen Problemen, wenn sie sich wehren müssen, riskieren sie, ihre Stelle zu verlieren. In den Gefässen, die ein GAV bietet, können solche Probleme angstfrei demokratisch ausdiskutiert werden.

Jede Musiklehrperson ist auf ihrem Gebiet ein Spezialist. Dank der demokratischen Strukturen, die ein GAV bietet, können sich alle mit ihrem Spezialwissen einbringen, was schliesslich für die ganze Musikschule ein Riesengewinn ist.

Aber ich weiss, es ist schwierig, Leute für die Gewerkschaftsarbeit zu gewinnen. Da sind kreative, neue Lösungen gefragt. Dort sehe ich eine sehr wichtige Aufgabe für den SMPV!

Rhythmustag am 22. Juni 2024 in Bern

Getreu seinem Motto „aus dem Verband für den Verband“ hat der SMPV Bern sechs Verbandskolleg*innen eingeladen, am 22. Juni 2024 am Rhythmustag in der NMS in Bern einen Workshop zu geben und ihre Erfahrungen aus ihrem musikpädagogischen Berufsalltag mit den Kursteilnehmer*innen zu teilen.

Elida Tirtopan gibt in Rhythmische Grundlagen für den Instrumentalunterricht“ Tipps, wie man im Anfängerunterricht in der dafür oft knapp bemessenen Zeit spielerisch die notwendigen rhythmischen Grundlagen vermitteln kann. In „Spiel mit farbigen Rhythmen“ lässt uns Susanne Maria Schwarz erleben, wie das Spiel mit farbigen Karten, Wörtern und Parcours-Möglichkeiten die Angst vor rhythmischen Problemen nimmt. In „Sound before sign!“ führt uns Regula Schwarzenbach in das Konzept des rhythmischen Lernens über Hören und Bewegen ein und lässt uns exemplarisch mehrstimmige Chants sprechen, während uns Josef Rédai zeigt, wie man dank dem „Marton-Rhythmus-Konzept“ auch komplizierte Rhythmen leicht erfassen kann. Oliver Schär stärkt in „Impuls / Im Puls“ mit diversen Übungen das Empfinden des musikalischen Pulses, wobei sich beliebige Rhythmen leicht auf dieses Fundament setzen lassen, und mit Barbara Wäldele-Hoppmann begeben wir uns in „Rhythmus im Blut“ auf eine vergnügliche körperliche Entdeckungsreise vom normalen Gehen bis zu tänzerischen Kombinationen.

Anmeldungen mit dem elektronischen Anmeldeformular
Anmeldefrist ist, Montag, 27. Mai 2024

Die Kursgebühr beträgt CHF 100.- für SMPV-Mitglieder und CHF 130.- für Externe.

Der SMPV Bern freut sich auf den kollegialen Austausch mit Ihnen!

Flyer

Wann erreicht der Fachkräftemangel die Musikschulen?

Während die städtischen Konservatorien bereits im 19. Jahrhundert entstanden, wurden die meisten Musikschulen erst in den 70er- oder gar 80er-Jahren gegründet. Aus der ersten Generation von Musikschullehrpersonen erreichen prozentual viele bald einmal das Pensionsalter.

Auch im SMPV ist die Gruppe der zwischen 1962 und 1967 geborenen Mitglieder die weitaus grösste. Es lohnt sich also, darüber nachzudenken, wie man einen zukünftigen Musiklehrpersonenmangel verhindern kann, wenn diese geburtenstarken Jahrgänge das Pensionsalter erreichen.

Zudem hat der Bundesrat angekündigt, in den Jahren 2025 bis 2028 trotz allgemeiner Teuerung bei „Bildung und Forschung“ eine halbe Milliarde Franken einsparen zu wollen, und es ist klar, dass die Sparübungen auch die Musikhochschulen treffen werden. Auch für Musikhochschulen muss es doch interessant sein, den Nachwuchs für Bereiche auszubilden, in denen die Studienabgänger*innen auch wirklich Arbeit finden können. Es ist also zu hoffen, dass sie trotz Spardruck eher mehr in die Sparte Musikpädagogik investieren und weniger reine Performance-Künstler*innen ausbilden, die längst nicht alle später Arbeit finden. Oder wie der letztes Jahr leider verstorbene Urs Frauchiger zu seinen Zeiten als Direktor des Konservatoriums Bern zu den Studienanfänger*innen zu sagen pflegte: „Ihr denkt, ihr seid hier in einer Talentschmiede; in erster Linie seid ihr aber in einem Musiklehrerseminar.“

Das heisst überhaupt nicht, dass die Musikstudierenden künstlerisch weniger gut ausgebildet werden sollten. Gerade zukünftige Musiklehrpersonen sollen hervorragende Musiker*innen mit profunder Technik, hoher Musikalität, grossem stilistischem Wissen und Können und mit einer gewinnenden Ausstrahlung sein. Sie sollen unbedingt auch regelmässig selbst auftreten und sie müssen zusätzlich die Fähigkeit haben, Ihr Wissen und Können ihren Schüler*innen jeglichen Alters weiterzugeben. Damit mehr sehr gute, junge Musiker*innen aus Überzeugung den musikpädagogischen Weg einschlagen, müssen Berufe im Bereich der musikalischen Bildung eine bessere gesellschaftliche Anerkennung bekommen.

Eine Kollegin, die an verschiedensten Musikschulen rund 35 Schülerinnen unterrichtet, wurde kürzlich von der Mutter einer Schülerin gefragt: „Was machen Sie eigentlich beruflich?“. Solche Szenen sollten unbedingt der Vergangenheit angehören. Und es sollte nicht mehr vorkommen, dass Kolleg*innen von sich selbst sagen: „Ich bin halt nur Musiklehrer/in.“

Musiklehrer*in ist ein wunderbarer, bereichernder, vielseitiger, anstrengender und wichtiger Beruf. Die fachdidaktische Ausbildung dafür ist genauso wichtig wie die künstlerische. Und der SMPV muss und wird sich dafür einsetzen, dass an Musikschulen nicht plötzlich, wie es an der Volksschule schon üblich ist, nicht dafür ausgebildete Personen (möglichst noch zu Dumpingpreisen) angestellt werden.

Studierendenmitglieder im SMPV

Seit 2017 nimmt der SMPV auch Studierende in den Verband auf, sofern sie im Studiengang Master Pädagogik Klassik oder Rock/Pop/Jazz sind. – Was schätzen unsere Studierendenmitglieder am SMPV, was erwarten sie vom Verband?

Auf meine sehr kurzfristige Anfrage an die Studierendenmitglieder hin haben sich drei von ihnen spontan die Zeit genommen, mir telefonisch oder per Zoom ein paar Fragen zu beantworten. Zufälligerweise sind alle drei Flötistinnen, und sie studieren alle an der HKB:

Dominique Bircher studiert im ersten Jahr Master Pädagogik. Im Januar wurde sie in den Vorstand des SMPV Bern gewählt, und sie ist somit das erste Studierendenmitglied im Vorstand einer Sektion des SMPV. In ihrem Motivationsschreiben stand unter anderem „Für mich ist das Unterrichten nicht nur eine Möglichkeit, Kindern Musik zu vermitteln. Ich lerne vor allem, mir selbst die bestmögliche Lehrerin zu sein, hoffentlich mein ganzes Leben lang.“
Lea Mirjam Hitz studiert im Master Performance, hat gerade erfolgreich ihre Masterprüfung Pädagogik abgelegt und freut sich darauf, ein Vollmitglied zu werden und endlich auch ein Profil auf mein-musikunterricht.ch zu bekommen. Sie unterrichtet bereits an der Musikschule Murgenthal.
Édua Nyilas ist gebürtige Ungarin, lebt aber seit ihrem Bachelorstudium in der Schweiz. Um sich ihr Studium im Master Pädagogik finanzieren zu können, arbeitet sie als Flötenlehrerin, Chorleiterin und Schulmusikerin.

Was hat euch dazu bewegt, SMPV-Mitglied zu werden?
Lea: Ich bin von einer Profi-Kollegin angeworben worden, die selbst MItglied ist. Und ich kannte natürlich schon die wichtigen und nützlichen Tariflisten. Und auch die Privatunterrichts-Plattform interessiert mich.
Dominique: Eine Kollegin hat mich auf den Verband aufmerksam gemacht. Für mich ist es v.a. interessant, mich mit anderen Musikpädagog*innen zu vernetzten und auch Kontakte in die Profimusiker*innen-Welt knüpfen zu können. Und ich schätze die Möglichkeit, mitgestalten zu können.
Édua: Ich habe immer wieder bei Dozierenden SMPV-Material gesehen und habe dann auf Google recherchiert. Dort habe ich sofort die beiden sehr professionell gemachten Plattformen entdeckt.

Welche SMPV-Dienstleistungen nutzt ihr schon und von welchen wollt ihr bald profitieren?
Dominique: Ich habe ein Profil auf rent-a-musician.ch, habe an einem Weiterbildungstag teilgenommen und konnte einmal von der Rechtsberatung profitieren. Bald möchte ich meine Schüler*innen an Musizierstunden auftreten lassen.
Édua: Ich habe auch ein Profil auf rent-a-musician.ch, bin froh, dass es die Tariflisten gibt, und ich werde sicher auch die Musizierstunden nutzen. Die Weiterbildungstage interessieren mich, aber die sind im Moment zu teuer für mich.
Lea: Bald kann ich ein Profil auf mein-musikunterricht.ch haben und die andere Plattform interessiert mich auch. Bei der Tarifliste würde ich mir wünschen, dass sie auch andere Lektionslängen einschliesst und dass es auch Tarife für Gruppenunterricht gibt.

 Was erwartet ihr vom SMPV gewerkschaftlich und politisch?
Édua: Der SMPV soll sich dafür einsetzen, dass an Musikschulen wirklich nur künstlerisch und pädagogisch professionell ausgebildete Lehrpersonen angestellt werden.
Dominique: Ganz allgemein soll er für die Rechte von professionellen Musiklehrpersonen einstehen. Wenn wir uns zusammenschliessen, haben unsere Anliegen mehr Gewicht.
Lea: Dass er sich gegen Dumpingpreise im Musikunterricht wehrt, ist wichtig.

Was sind die drängendsten Probleme in eurem Studien- und Berufsalltag und wie könnte der SMPV da helfen?
Alle: Wir haben zwar Berufskunde, aber wir wissen noch sehr wenig darüber, was wir praktisch im Übergang vom Studium zum Berufsalltag tun müssen. Wann müssen wir uns wo für welche Sozialversicherung anmelden, was braucht es, um (teilweise) selbständig-erwerbend zu werden, wie bewerben wir uns an Musikschulen und solche Fragen. Ein Merkblatt oder gar ein Kurs vom SMPV für Berufseinsteiger*innen wäre toll.

Dominique: Auch eine Liste, welche Stiftungen wir wofür anschreiben könnten, wäre hilfreich. Es ist ja auch nicht unwichtig zu wissen, wie wir unser Leben finanzieren können.
Édua: Genau, weil wir neben dem Studium arbeiten müssen, um es zu finanzieren, bleibt noch weniger Zeit fürs Üben auf dem Instrument, und wir haben sowieso schon viel zu viele Fächer, so dass fast nicht alles zu schaffen ist.
Lea: Vielleicht könnte uns der SMPV bei der Suche nach bezahlbaren Unterrichts- und Übungslokalen unterstützen.

Danke für die Anregungen! Einen solchen Kurs können wir sicher anbieten. Ihr könnt euch bei konkreten Fragen auch immer an die Präsidien und Geschäftsstellen eurer Sektionen und des Zentralverbands wenden! Räume und Mitmusiker*innen kann man im Marché auf smpv.ch suchen.

Wenn ihr euch irgendetwas wünschen dürftet, was könnte euch der SMPV idealerweise noch bieten?
Dominique: Ich träume von einem Coworking Space in jeder grösseren Stadt, wo wir Musiker*innen aus dem Berufsalltag treffen könnten und mit ihnen Kontakte knüpfen könnten. Und vielleicht ein etwas realistischerer Wunsch: es würde uns helfen, wenn der SMPV uns bei der Suche nach Übungsschüler*innen unterstützen könnte.
Lea: Der SMPV sollte den Kontakt zu den Hochschulen intensivieren.
Édua: Genau, er sollte näher zu den Studierenden rücken.

Pop/Rock/Jazz oder Klassik in der Musikpädagogik

Während die Ausbildung zum klassischen Musikpädagogen / zur klassischen Musikpädagogin eine lange Tradition hat, ist die Musikpädagogik Pop/Rock und bedingt Jazz noch eine relativ junge Disziplin. Auch wenn erste Schritte unternommen wurden, könnte die Zusammenarbeit der beiden Abteilungen sicher noch intensiviert werden.

Je ein Kollege aus beiden Fachrichtungen hat mich kürzlich darum gebeten, gelegentlich einen Artikel zum Thema zu schreiben:

Wünsche aus der Abteilung Pop/Rock/Jazz
Sebastian Mäder ist freischaffender Musiker Pop/Rock, unterrichtet an der Musikschule
Mutschellen eine Drumset-Klasse, leitet an der Musikschule Rüschlikon den Fachbereich Pop/Rock/Jazz und unterrichtet an der HKB Kompetenzen in Popular Music. Ihm ist es ein grosses Anliegen, dass mehr Lehrpersonen im Bereich Pop/Rock/Jazz gut ausgebildet werden. Es geht ihm dabei nicht primär um technisch anders ausgebildete Lehrpersonen sondern um solche, die stilistische Kompetenzen in der Musikrichtung haben, die Volksschulkinder täglich hören.

So können Kinder und Jugendliche aus (musikalisch) bildungsfernen Familien dort abgeholt werden, wo sie stehen. Die Lehrpersonen sollen fähig sein, für Volksschulkinder ohne Vorkenntnisse das Zusammenspiel in einer Gruppe so einfach zu gestalten, dass sie unkompliziert miteinander auf verschiedenen Instrumenten musizieren können, dass sie anfangen zu improvisieren und dass sie dabei auch eigene Ideen entwickeln. Die Freude am Tun soll im Vordergrund stehen, damit sie miteinander in einen Flow kommen, der sie dann wiederum motiviert weiterzuspielen. Weil es dabei nicht darum geht, richtig oder falsch zu spielen und zu singen sondern darum, es einfach zu tun, entstehen bei einem solchen Einstieg in den Musikunterricht keine Versagensängste.

Er denkt, dass von diesem Punkt aus musikpädagogische Brücken in jede stilistische Richtung gebaut werden können und dass ein solcher Einstieg dabei hilft, die Kinder überhaupt fürs Musizieren zu begeistern. So sind sie später eher bereit, sich auch auf andere Musikstile einzulassen. Der Ausbau der Pop-/Rock-/Jazz-Kompetenzen könnte also schlussendlich auch den klassischen Bereich befruchten.
Sehr wichtig sind auch die Kompetenzen im Bereich Audio-Produktion mit dem Ziel, eigene musikalische Ideen und Soundvorstellungen aufnehmen zu können. Dafür brauchen Musikpädagog*innen ein fundiertes Verständnis für die unterschiedlichen Sounds der diversen Subkulturen von Pop/Rock/Jazz.

Etwa 80% der angehenden Musikpädagog*innen werden in der Abteilung Klassik ausgebildet, und Sebastian Mäder findet dass es für Musikpädagog*innen im Bereich Pop/Rock/Jazz unbedingt mehr Studienplätze geben müsste. Er ist sich bewusst, dass es dabei einen Konkurrenzkampf mit der Abteilung Klassik um die finanziellen Resourcen gibt. Da in den nächsten fünf Jahren sehr viele Musikschullehrpersonen pensioniert werden, müssten aber grundsätzlich dringend mehr Musikpädagog*innen ausgebildet werden.

Bedenken in der Abteilung Klassik
Wolfgang Pailer ist Sänger, klassischer Gesangspädagoge und pensionierter Sekundar- und Gymnasialmusiklehrer. Er beobachtet mit Unbehagen, dass an renommierten Musikschulen und Gymnasien Gesangslehrerstellen zunehmend nur noch für Pop-/Rock-/Jazz-Sänger*innen ausgeschrieben werden. Er befürchtet, dass Kinder und Jugendliche, die meist nur Musik aus dem Bereich Pop/Rock hören, gar nicht zur klassischen Musik finden können, wenn sie sogar an subventionierten Musikschulen und Gymnasien nie mit klassischer Musik in Berührung kommen. Er findet, diese subventionierten Schulen hätten doch einen Bildungsauftrag, und sie müssten Kinder und Jugendliche auch an Musik heranführen, der diese im täglichen Umfeld nicht oder kaum begegnen. Denn erst wenn sie auch klassische Musik im weitesten Sinne gehört und gespielt hätten, könnten sie aus dieser Erfahrung heraus selbst entscheiden, welche Musik sie schlussendlich mehr fasziniert. Dann könnten sie gezielt eine Lehrperson aus der Abteilung Klassik oder Pop/Rock/Jazz auswählen. Der SMPV als musikpädagogischer Verband müsse auf diese Problematik aufmerksam machen und sich dafür einsetzen, dass klassische Musik von den Musikschulen und Gymnasien nicht vernachlässigt werde.

Synergien finden
Ich denke, dass diese Problematik je nach Instrumentenart unterschiedlich gross ist.
Die Blockflötistin und der Hornist z.B. müssen sicher weniger befürchten, Schüler*innen an die Kolleg*innen aus dem Bereich Pop/Rock/Jazz zu verlieren als der Sänger und die Gitarristin. Vielleicht sollte sich der SMPV dafür einsetzen, dass bei Instrumenten, die sich dafür eignen, grundsätzlich vorgesehen wird, dass Musikschüler*innen in einem noch zu definierenden Rahmen, auch Unterricht in der jeweils anderen Abteilung nehmen müssen, oder dass alle Musikschüler*innen grundsätzlich in ein Projekt einbezogen werden, in dem sie spielerisch praktische Erfahrung mit den Musikstilen der anderen Abteilung machen können.

Musikpädagogik ist keine exakte Wissenschaft. Sie entwickelt sich auf der Grundlage ihrer Tradition, die in der Klassik natürlich weiter zurückreicht als bei Pop/Rock/Jazz, sie wird beeinflusst von pädagogischen Modeströmungen oder von neuen technischen Möglickeiten. Sie entwickelt sich aber auch ständig durch die Menschen, die Musikunterricht erteilen und durch die, die diesen Unterricht positiv oder negativ erleben.

Im Gespräch mit Sebastian Mäder habe ich mich plötzlich ans letzte Symposium von Swissmedmusica erinnert, bei dem mehrere Referent*innen darüber gesprochen haben, wie erschreckend viele Hochschulstudierende Auftritte und Prüfungen nicht ohne Beta-Blocker oder ähnliches bewältigen können. Vielleicht könnte der von Pop/Rock/Jazz-Pädagog*innen propagierte nicht wertende Zugang zum Musizieren auch uns Klassiker*innen helfen, bei allem Streben nach Exzellenz keine Versagensängste zu entwickeln. Ganz sicher lohnt es sich für beide Abteilungen, sich in musikpädagogischen Fragen auszutauschen und unvoreingenommen voneinander zu lernen.

Welche Meinung haben Sie zu diesem Thema?

Neuer Zentralsekretär – Umzug des Zentralsekretariats

Der neue SMPV-Zentralsekretär, Christian Gertschen tritt am 2. März seine Stelle an.
Im Mai zieht das Zentralsekretariat nach 3066 Stettlen um.

Der Zentralvorstand freut sich sehr, als neuen Zentralsekretär ein junges Verbandsmitglied vorstellen zu können:
Christian Gertschen hat eine kaufmännische Lehre absolviert, hat 2023 an der HKB seinen Bachelor of Arts in Euphonium abgelegt und studiert zurzeit ebenfalls an der HKB im Studiengang Master Pädagogik. Er unterrichtet an zwei Bernischen Musikschulen und ist ein engagierter Dirigent und Instrumentalist in der Brass Band Szene. Deutsch ist seine Muttersprache, und er spricht fliessend Französisch und Englisch. Seit Januar ist Christian Gertschen Studierendenmitglied des SMPV.

Er wird ab dem 1. März 10% im Zentralsekretariat arbeiten und ab dem 1. Juni 20%. Der Zentralvorstand freut sich sehr auf die Zusammenarbeit mit ihm und wünscht ihm für seine neue Aufgabe viel Erfolg!

Zudem steht im Mai der Umzug des Zentralsekretariats an: Es ist dem Zentralvorstand gelungen, deutlich günstigere Büroräumlichkeiten an der Bernstrasse 118 in 3066 Stettlen zu finden.

Zum Gedenken an Franz Martin Küng (1948 – 2023)

Unser überaus geschätzter Kollege, Franz Martin Küng, ist am 26. November 2023 nach schwerer Krankheit gestorben. Er war Präsident der Sektion Aargau, und er organisierte unzählige Konzerte für talentierte Nachwuchskünstler*innen.

Im Hause Küng war Kultur und besonders Musik sehr wichtig. Franz Martins Mutter war Klavierlehrerin und sein Vater ein gefragter Coiffeur in Baden und ein Perückenmacher für die Stummfilmindustrie. Der kleine Franz begleitete seinen musikbegeisterten Vater schon früh in die Oper, und bei seiner stetig wachsenden Sammlung von Schellackplatten erkannte er als kleiner Knirps an den Rillen, um welche Stücke es sich handelte, bevor er die Aufschriften auf den Hüllen lesen konnte.

Als Unterstufenschüler erhielt er Ballettunterricht, wurde als Talent entdeckt und durfte bei Aufführungen am Opernhaus Zürich mittanzen. Dass Pianist und nicht Tänzer zu werden seine Berufung war, erkannte Franz erst in seiner Internatszeit in Zug, wo er sich zum Primarlehrer ausbilden liess. Er übte täglich viele Stunden auf dem Instrument und studierte schliesslich privat Klavier bei Irma Schaichet beim SMPV. Wichtige Impulse erhielt er auch von Magda Tagliaferro in Paris.

Offenbar spielte er Beethovens 1. Klavierkonzert in einer Klavierstunde bei Frau Schaichet, als Géza Anda bei ihr klingelte und sie sprechen wollte. Sie bat ihn, im Garten zu warten, bis die Klavierstunde zu Ende sei, und dort hörte Géza Anda durchs offene Fenster Franz Martins Klavierspiel. Dass er eine Vertretung für sich für das 1. Beethoven in Kroatien suchte, war ein glücklicher Zufall für den jungen Pianisten, der diesen Auftrag natürlich gerne übernahm. Seine weitere internationale Karriere führte ihn von London, nach Athen, nach Stockholm oder auch nach Rom. Vom dortigen Konzert mit Beethovens 3. Klavierkonzert unter Ricardo Muti erzählte er besonders gerne. Aber so sehr er das Klavier und die Auftritte liebte, so lernte er auch die Schattenseiten einer solchen Karriere kennen: das ständige Herumreisen, die damit verbundene Einsamkeit und die grosse körperliche Belastung machten ihm zusehends zu schaffen. Als er für einen Plattenvertrag mit ein und demselben Programm unzählige Konzerte hätte geben müssen „wie ein Fliessbandarbeiter“, realisierte er, dass er dafür nicht geschaffen war.

So nahm er die Stelle als Klavierlehrer an der Kanti Baden an und fand dort als begeisteter und begeisternder Klavierpädagoge seine wahre Berufung. Wenn jemand aus seiner Schülerschar ihm als „Urtalent“ auffiel, war er besonders streng. Er wusste ja, dass man für diesen Beruf neben Begabung und Fleiss auch unbedingt einen eisernen Durchhaltewillen  mitbringen muss. Er forderte viel von ihnen, aber er unterstützte sie auch, indem er ihnen gleichzeitig vermittelte, dass er an sie glaubte und dass sie bei entsprechendem Einsatz alles schaffen können. Und weil er wusste, wie wichtig Auftrittserfahrung für junge Künstler*innen ist, organisierte er jährlich mehrere Konzerte für die jungen Talente. Nach seiner Pensionierung nach 31-jähriger Tätigkeit an der Kanti Baden unterrichtete er weiter in seinem Elternhaus in Baden – oft bei geöffnetem Fenster, wie man sich erzählt. Ob er wohl gehofft hat, dass seine Studierenden so entdeckt werden wie er damals?

Dem SMPV fühlte er sich seit seinem Studium sehr verbunden. Und so liess er sich in den Vorstand der Sektion Aargau wählen und übernahm schliesslich deren Präsidium. Er amtete auch oft als Experte bei Diplomprüfungen, bei denen er kompetent, streng und doch wohlwollend beurteilte. Der „alte“ SMPV mit der Berufsausbildung war „sein“ SMPV. Nachdem diese ganz der Kalaidos Musikhochschule übergeben war, hielt er dem SMPV die Treue, sagte mir aber am Rande einer Präsidialkonferenz: „Ach weisst Du, ich bin wohl etwas aus der Zeit gefallen; es ist gut, dass ihr das jetzt macht.“. Am 24. November – von seiner Krankheit schwer gezeichnet – übergab er seiner Nachfolge die Unterlagen der Sektion Aargau – nur zwei Tage bevor ihn seine Kräfte verliessen.

 

Lettera di Capodanno delle co-presidenti della SSPM

Cari colleghi,

Un tema importante dell’anno scorso è stato il messaggio culturale, con il quale la Confederazione ha definito percorsi, priorità e obiettivi per i prossimi quattro anni. Un tema centrale è la „partecipazione culturale“, un tema che ci riguarda in modo particolare in quanto insegnanti di musica.

Attraverso la nostra attività pedagogica, permettiamo ai nostri studenti / alle nostre studentesse di partecipare alla cultura – nel nostro caso, alla musica – di contribuire attivamente, di creare, di realizzare le proprie idee e non solo di consumare passivamente la musica. L’espressione individuale è un bisogno fondamentale dell’essere umano e, pertanto, per mantenere sana la società, non solo deve essere resa possibile, ma anche promossa. Con il nostro lavoro, noi insegnanti di musica diamo un importante contributo alla promozione della salute globale e individuale. Che questo lavoro vi riempia anche l’anno prossimo, che i vostri studenti e le vostre studentesse si sviluppino e trovino la propria espressione per partecipare attivamente all’azione culturale. In questo modo, la nostra società forma una convivenza in cui ognuno e ciascuna può inserirsi nella comunità senza dover rinunciare a sé stesso.

In questo senso, auguriamo a tutti e tutte voi un nuovo anno ricco di successi e di creatività, affinché la cultura fiorisca e la nostra società rimanga sana e felice!

Annette Dannecker e Paola De Luca, co-presidenti SSPM

Neujahrsbrief der Co-Präsidentinnen SMPV

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ein wichtiges Thema im letzten Jahr war die Kulturbotschaft, in der der Bund kulturpolitische Schwerpunkte und Ziele für die nächsten vier Jahre gesetzt hat. Ein Schwerpunktthema ist dabei die „kulturelle Teilhabe“, ein Thema, das uns als Musiklehrpersonen besonders betrifft. Mit unserer pädagogischen Tätigkeit ermöglichen wir es unseren Schüler*innen, an der Kultur – in unserem Falle an der Musik – teilzuhaben, aktiv mitzuwirken, zu gestalten, eigene Ideen umzusetzen und die Musik nicht nur passiv zu konsumieren. Der individuelle Ausdruck ist ein Grundbedürfnis des Menschen und muss deshalb, um die Gesellschaft gesund zu erhalten, nicht nur ermöglicht sondern auch gefördert werden. Wir Musikpädagog*innen leisten also mit unserer Arbeit einen wichtigen Beitrag zur ganzheitlichen und individuellen Gesundheitsförderung.

Möge diese Arbeit Sie auch im kommenden Jahr erfüllen, mögen sich Ihre Schüler*innen entfalten und entwickeln, dass sie ihren eigenen Ausdruck finden, damit sie aktiv am kulturellen Geschehen teilhaben können. So bildet unsere Gesellschaft ein Miteinander, im dem jeder und jede sich in die Gesamtheit einfügen kann, ohne sich selber dabei aufgeben zu müssen.

In diesem Sinne wünschen wir Ihnen allen ein erfolgreiches und kreatives neues Jahr, damit die Kultur gedeiht und unsere Gesellschaft gesund und zufrieden bleibt!

Annette Dannecker und Paola De Luca

SMPV-Charta

Beim Überarbeiten der SMPV-Homepage bin ich auf diese sorgfältig formulierte Charta gestossen, und an der Präsidialkonferenz haben wir festgestellt, dass den Anwesenden gar nicht bewusst war, dass es diese Charta gibt.

Wie wir inzwischen durch Wolfgang Pailer erfahren haben, war es offenbar eine Herzensangelegenheit von Roland Vuataz, dass der SMPV eine solche Charta haben sollte, und so sorgte er gegen Ende seiner Tätigkeit als SMPV-Präsident dafür, dass sie formuliert und gedruckt wurde. Sie war also quasi sein Abschiedsgeschenk an den SMPV.

Damit unsere Charta eine Wirkung entfalten kann, müssen wir sie natürlich kennen. Und wir SMPV-Mitglieder müssen auch hinter unserer Charta stehen können. Deshalb laden die Sektionspräsidien Sie, liebe Mitglieder, dazu ein, uns bis Ende Jahr Ihre Wünsche mitzuteilen, wo etwas verändert oder ergänzt werden sollte.

Die Charta wurde auf Französisch getextet und auf Deutsch übersetzt. Ich erlaube mir, den deutschen Text leicht redigiert abzudrucken:

Charta der SMPV-Mitglieder
Diese Charta verknüpft die allgemeinen Ziele des Musikunterrichts mit einer gemeinsamen Berufsethik.

Menschenbildung durch Musik:
Musikerziehung regt die Fantasie an, sie fördert Kreativität, Intuition und Sensibilität, weshalb musikalische Bildung immer auch Menschenbildung ist.

Gegenseitiger Respekt
Musizieren bedeutet, anderen zuhören und sich selbst ausdrücken zu können. Ganzheitlicher  Musikunterricht trägt deshalb zum Aufbau einer Gesellschaft bei, deren Grundlagen Respekt, gegenseitige Achtung und Toleranz sind.

Recht auf optimale Musikerziehung
Die SMPV-Mitglieder  engagieren sich für eine optimale Musikerziehung, indem sie ihre Schülerinnen und Schüler fördern und sie dazu motivieren, das bestmögliche musikalische Niveau zu erreichen und sich dabei die Freude am Musizieren zu bewahren.

Freude am Lernen
Fortschritte bereiten Freude und Befriedigung. Sie resultieren aus persönlichem Engagement, Anstrengung und Konzentration. Die Freude am Lernen zu fördern, ist ein wichtiges Anliegen für den Musikunterricht.

Musikausübung als  Gewinn
Wenn Lehrpersonen selber musizieren und sich bemühen, ihre Fähigkeiten ständig zu vervollkommnen,  so wirkt sich dies auch positiv auf die Entwicklung ihrer Schülerinnen und Schüler aus.

Weiterbildung durch Erfahrungsaustausch
Die SMPV-Mitglieder informieren sich gegenseitig über musikpädagogische Entwicklungen und Fortschritte. Sie bilden sich weiter, tauschen Erfahrungen aus und stehen Neuerungen offen gegenüber.

 Öffentlichkeitsarbeit
Die Öffentlichkeit von der Notwendigkeit  einer  professionellen Musikerziehung zu überzeugen, gehört zu den wichtigsten Anliegen des SMPV und seiner Mitglieder.

Gegenseitige Wertschätzung
Die SMPV-Mitglieder zeichnen sich durch Offenheit, Kollegialität und gegenseitige Anerkennung aus, ungeachtet ihrer verschiedenartigen, künstlerischen und pädagogischen Tätigkeiten.

Der Text scheint mir noch immer aktuell zu sein, weil er ursprünglich so offen formuliert worden ist. Trotzdem wünschte ich mir als Ergänzung einen Abschnitt über den Umgang mit digitalen Medien und mit KI. Und das Thema „soziale Medien“ darf eigentlich auch nicht fehlen. Es braucht eine Vereinbarung, wie Lehrkräfte und Schüler*innen und SMPV-Mitglieder untereinander dort miteinander kommunizieren, was gepostet werden darf und wie wir die Persönlichkeitsrechte der anderen schützen.

Wichtig erscheint mir auch die Forderung, dass wir uns gemeinsam politisch und gewerkschaftlich für die Anliegen von Musiker*innen im Allgemeinen und von Musikpädagog*innen im Speziellen einsetzen, und dass wir dafür eng mit Partnerverbänden zusammenarbeiten, weil wir unsere Ziele nur gemeinsam erreichen können.

Schliesslich fehlt mir im Abschnitt „Freude am Lernen“ etwas zur Feedback-Kultur, die ja einen grossen Einfluss darauf hat, ob die Freude am Musizieren und am Üben erhalten bleibt oder nicht.
Und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, was möchten Sie im Text ändern oder ergänzen, so dass Sie schliesslich voll und ganz hinter der SMPV-Charta stehen können?

Themenwünsche, konkrete Änderungswünsche und Textvorschläge bitte bis 31. Dezember 2023 an marianne.waelchli@smpv.ch.

Angst vor dem GAV?

Während viele Berufsorchester bereits einen Gesamtarbeitsvertrag abgeschlossen haben, ist das Konservatorium Winterthur die einzige Musikschule mit GAV.

Der GAV habe einen Kulturwandel ausgelöst, sagt Benjamin Kellerhals, Präsident des Vereins der Lehrpersonen am Konservatorium Winterthur. Weil sie in allen wichtigen Belangen Mitspracherecht haben und sie in Entscheidungen eingebunden werden, solidarisieren sich die Lehrpersonen stärker mit ihrer Musikschule, und sie identifizieren sich eher mit gefällten Entscheidungen.

Ganz offenbar ist sowohl die Arbeitnehmer- wie die Arbeitgeberseite sehr zufrieden mit diesem Modell, und so stellt sich die Frage, warum sich nicht mehr Musikschulen ernsthaft mit diesem Thema befassen. Liegt es daran, dass alle Musiklehrpersonen in der Schweiz sehr zufrieden sind mit ihrer beruflichen Situation und gar nichts ändetn wollen, ist es Angst, die eigene Anstellung zu gefährden, wenn man der Schulleitung sagt, man möchte in GAV-Verhandlungen eintreten oder ist der Respekt vor der grossen Arbeit, die die Ausarbeitung eines solchen Vertrags mit sich bringt, einfach zu gross?

Bereits 2002 erhielt das Lehrpersonal des Konservatoriums Zürich einen Gesamtarbeitsvertrag. Die NZZ schrieb damals, dieser GAV „dürfe als richtungsweisend für die gesamtschweizerische Musikschullandschaft betrachtet werden.“ Wegen der Fusion des Konservatoriums Zürich mit der (öffentlich-rechtlichen) Jugendmusikschule Zürich zur MKZ wurde der GAV aufgelöst; nur privatrechtlich organisierte Musikschulen können einen GAV haben.
Seit dem 1. Januar 2006 gibt es am Konservatorium Winterthur einen GAV, der bis heute gut funktioniert.

Ich spreche mit Hans-Ulrich Munzinger, dem ehemaligen Direktor des Konservatoriums Winterthur, in dessen Amtszeit der GAV ausgehandelt wurde.

Herr Munzinger, was gab den Anstoss dazu, am Konservatorium Winterthur einen GAV auszuhandeln?

Einige Lehrpersonen haben mir mitgeteilt, dass sie solche Verhandlungen wünschten, und da ist es ganz klar, dass die Musikschulleitung darauf eingehen muss. Es gab ja schon erste Erfahrungen aus Zürich, und der fünf Jahre dauernde Prozess wurde vom MuV, vom VPOD und vom SMPV unterstützt. Sibylle Schuppli vom MuV war neben Martha Gmünder vom SMPV Initiantin des Zürcher GAVs, und sie konnte diese Erfahrung in die Winterthurer Verhandlungen einbringen.

Hat sich die grosse Arbeit gelohnt? Was bringt der GAV dem Lehrpersonal und der Musikschulleitung heute?

Das hat sich auf jeden Fall gelohnt! Schon der Verhandlungsprozess war sehr wichtig. Lehrpersonal und Schulleitung mussten sich genau in die Situation des Gegenübers hineindenken: die Schulleitung bekam alle Anliegen und Probleme des Lehrpersonals zu hören, und dieses wiederum erfuhr, welche Auflagen von Behördenseite und von der Politik für die Arbeit der Schulleitung bestimmend sind.

Danach galt es bei allen Streitpunkten sich gegenseitig zu überzeugen, bis schlussendlich ein Konsens gefunden werden konnte. Durch die Verhandlungen und den daraus resultierenden GAV erreichten wir eine sehr hohe Transparenz, was zu einer grösseren Zufriedenheit auf beiden Seiten führte.
Wir haben z.B. eine Lohnskala nach Alter eingeführt. Somit ist allen klar, wer wann wieviel verdient und dieses Rästeln drüber, warum wer wie eingestuft sein könnte, bleibt aus. – Die Lohnfrage muss man in einem GAV natürlich nicht so lösen; wichtig sind einfach klare Vorgaben und absolute Transparenz.

Hat die Schulleitung noch Handlungsspielraum mit einem GAV?

Natürlich bleibt ein gewisser Handlungsspielraum, man will ja auch etwas formen und gestalten. Wir haben den GAV bewusst schlank gehalten und regeln Details zusätzlich in einem „Anwendungsheft“, in dem einzelne Punkte, wenn sie sich in der Praxis nicht bewähren, mit dem Einverständnis von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite leichter verändert werden können.
Zudem kann die Schulleitung punkto Auswahl von zusätzlichen Kursen, besonderen Events und dem Auftritt der Schule nach aussen immer noch viel gestalten.
Übrigens hat auch das Lehrpersonal grosse Gestaltungsmöglichkeiten, was Stil und Inhalt des Unterrichts angeht, und die eigene künstlerische Tätigkeit ist explizit erwünscht und wird auch gefördert, indem z.B. Urlaube gewährt werden.

Welche Punkte im GAV oder im Anwendungsheft finden Sie in der Praxis besonders wichtig?

Da gibt es einige: z.B. dass bei Mitarbeitergesprächen allfällige Kritikpunkte im Voraus bekannt gegeben werden, damit sich die Lehrperson auf das Gespräch vorbereiten kann. Dass langjährige Lehrpersonen eine Pensengarantie für drei Semester basierend auf dem Durchschnitt der Stundenzahl der letzten vier Semester bekommen können. Und zentral: dass die Lehrpersonen klar wissen, was zu ihrer erwarteten Arbeitsleistung gehört, nämlich Vor- und Nachbereitung des Unterrichts, Schülerkonzerte, Teilnahme am Konvent, Weiterbildung und nicht zuletzt das eigene Üben auf dem Instrument. Das führt dann zu einem Lohnfaktor Unterrichtsstunden zu Arbeitsstunden von 1.75.

Was geschieht in einem Streitfall?
Es gibt die paritätische Kommission (PaKo), die entscheidet. Wenn sie zu keinem Ergebnis kommt, geht der Fall zur behördlichen Schlichtungsstelle, deren Entscheid bindend ist. Wir mussten aber zum Glück nie an sie gelangen. Das zeigt auch, wie gut der GAV funktioniert.

Vielen Dank für das Gespräch!

Liebe Leser*innen, wie stehen Sie zum Thema GAV? Der SMPV freut sich auf Zuschriften an marianne.waelchli@smpv.ch!
Als Berufsverband ist er u.a. dazu da, Mitglieder, die an ihrer Musikschule einen GAV aushandeln möchten, darin zu unterstützen.

Konservatorium Winterthur Foto by Oliver Pailer

Musikpädagogik ist Kultur und Bildung!

Im Juni wurde die Kulturbotschaft 2025 – 2028 von Herrn Bundesrat Alain Berset vorgestellt. Leider wird Musikpädagogik – und Kunstunterricht überhaupt – in der Botschaft, die die Grundlage für Subventionen und fürs Mitspracherecht bildet, stiefmütterlich behandelt.

Oft hiess es in der Pandemie: „Kunstunterricht ist nicht Kultur; ihr seid Bildung.“, wenn wir auf die schwierige finanzielle Lage von selbständigerwerbenden Musikpädagog*innen hingewiesen haben oder wenn wir bei Kulturthemen mitreden wollten.

Um diplomierte/r Musikpädagoge/in zu werden, muss man bei der Zulassungsprüfung einer Musikhochschule ein hohes technisches und künstlerisches Niveau auf seinem Instrument beweisen und man muss durch seine künstlerische Präsenz und Ausstrahlung überzeugen. Nach bestandener Prüfung studiert man mindestens fünf Jahre auf dem Instrument und entwickelt diese performativen Qualitäten weiter. Dann erwirbt man entweder im 4. und 5. Studienjahr oder nach dem Masterabschluss in einem zusätzlichen Studiengang fachdidaktische Kompetenzen. – Und damit beginnt das Problem: vom Bund aus gesehen sind Musikpädagog*innen, die ihre performative Tätigkeit nach dem Studium weiterführen und daneben oder hauptsächlich einer musikpädagogischen Tätigkeit nachgehen, nur noch „Teilzeitkünstler*innen“, obwohl sie sich beruflich  ausschliesslich mit ihrer Kunst beschäftigen – zum Teil performativ und zum Teil musikpädagogisch, indem sie Menschen jeden Alters ihr musikalisches Wissen und Können weitergeben, ihnen den Zugang zur Musik, zu verschiedenen Stilen, zu unterschiedlichster Literatur eröffnen, und sie durch musikalisches Improvisieren ihre eigene Musik entdecken lassen. Plötzlich ist ihr Tun, obwohl es sich ausschliesslich um Musik dreht, keine Kultur mehr sondern „nur noch“ Bildung. Salopp formuliert ist das so, wie wenn man einem Chirurgen, sobald er neben seiner medizinischen Tätigkeit an einer Hochschule lehrt, sagte: „Du bist jetzt Bildung und nicht Medizin.“

Das verliehene Label hat Konsequenzen: so erhält der Berufsverband SMPV, der rund 2500 Musiker*innen vertritt  vom Bund 0.00 Franken Strukturbeiträge, weil er nicht als Kulturverband anerkannt wird, obwohl er genau das ist, während der SMV mit deutlich weniger Mitgliedern substantielle Strukturbeiträge bekommt. Die Ironie dabei ist, dass der SMPV u.a. mit seinen Musizierstunden, Talentbühnen, Lehrer*innenkonzerten, Krabbelkonzerten,  Ad-hoc-Chorevents etc. viele Kulturanlässe organisiert, während der SMV auf seine gewerkschaftliche Arbeit fokussiert ist. An der grotesken Situation kann sich nichts ändern, wenn der SMPV national nicht als Kulturverband anerkannt wird und in Kulturfragen nicht endlich mitreden darf.

Viele in der Kulturbotschaft formulierten Forderungen werden vom SMPV als Verband und von seinen Mitgliedern in ihrer täglichen Arbeit bereits erfüllt:

  • Kulturelle Teilhabe der Bevölkerung: Zu Musizierstunden und Konzerten unserer Lehrkräfte oder zu Krabbelkonzerten kommen oft Leute, die sonst nicht zu Konzerten gehen, die sich aber davon faszinieren lassen und ermutigen, auch grössere Konzerte zu besuchen. Oder das aktive Singen in einem vom Verband organisierten Ad-hoc-Chor ist ein niederschwelliger Zugang zum Chorsingen. Dort und im täglichen Einzel- oder Gruppenunterricht unserer Mitglieder finden Menschen aller Altersstufen und jeder Herkunft Zugang zu verschiedensten Musikstilen. Unsere Schüler*innen erwerben Fähigkeiten, die sie dann in Laienorchestern und- chören einsetzen können. Inklusion ist dabei eine Selbstverständlichkeit.
  • Der gesellschaftliche Zusammenhalt wird durch gemeinsames Musizieren im Unterricht mit der Lehrkraft oder im oft generationenübergreifenden Ensemble gefördert.
  • Die Beratung unserer Mitglieder zu Themen des Sozialversicherungs- und Arbeitsrechts war im SMPV schon immer wichtig. Das Angebot wurde aber in der Pandemie ausgebaut.
  • Digitale Transformation: Mit seinem Ratgeber zum digitalen Musikunterricht, den der SMPV in der Pandemie in Windeseile zusammengestellt hat, mit seinem Weiterbildungsangebot zu digitalen Medien im Musikunterricht und mit den beiden verbandseigenen Arbeitsvermittlungsplattformen mein-musikunterricht.ch (für privaten Musikunterricht) und rent-a-musician.ch (für die Vermittlung von Konzertengagements) ist der SMPV hier schon sehr gut aufgestellt.
  • Die beiden Plattformen tragen auch zur Nachhaltigkeit bei, indem sie für Musikunterricht wie für Konzerte qualifizierte Musiker*innen quasi aus der Nachbarschaft vermitteln.

Lassen wir uns als Musikpädagog*innen also nicht mehr absprechen, Kultur zu sein, auch wenn ein Teil unserer Arbeit daraus besteht, diese zu lehren und zu vermitteln.
Wie öde wäre unser Unterricht, wenn wir im Unterrichtszimmer keine Künstler*innen mehr wären!

Wir müssen uns mit Verbänden anderer Kunstsparten zusammenschliessen und dafür kämpfen, dass musikalische Bildung und Kunstunterricht ganz allgemein als das wichtige Y zwischen Kultur und Bildung wahrgenommen wird und dass Verbände, die Kunstpädagog*innen vertreten, als Kulturverbände behandelt werden.

get_footer();