Schutzkonzepte der Basler Musikhochschule

Auf dem Campus der Musik-Akademie Basel wird mit Hilfe eines umfassenden Schutzkonzeptes (Hygiene- und Abstandsregeln, Maskenpflicht) die Kultur des Präsenzunterrichts und der Live-Aufführungen sichergestellt.

Talentförderung an der Musik-Akademie Basel (Bild: Lucía de Mosteyrín)

Auch unter den gegebenen schwierigen Umständen planen Hochschule für Musik FHNW und Musik-Akademie Basel laut ihrer Mitteilung eine ganze Reihe musikalischer Highlights für das kommende Herbstsemester: ein Symposium zum Thema Tanz als Musik, Podiumskonzerte mit jungen Nachwuchstalenten, ein Kooperationsprojekt mit dem Theater Basel, die Konzerte der neuen Focusyear Band im Jazzcampus Club und nicht zuletzt den traditionsreichen Tag der Offenen Tür der Musikschule Basel.

Die Musikhochschulen eröffnen das Herbstsemester, schweizweit koordiniert, Mitte September. Zurzeit finden wegen des Lockdowns vom Frühling noch verschobene Abschlussprüfungen, Konzerte und Rezitals statt. Oberstes Ziel der Leitung Hochschule für Musik FHNW/Musik-Akademie Basel ist es, den Lehr- und Konzertbetrieb und somit die wertvolle Kultur des Miteinanders vor Ort unter Einhaltung eines ständig aktualisierten Schutzkonzepts aufrecht zu erhalten.

Originalartikel:
https://www.fhnw.ch/de/medien/newsroom/medienmitteilungen/medienmitteilungen-2020/studien-lehr-und-konzertbetrieb-nimmt-wieder-fahrt-auf-praesenzmodus-dank-schutzkonzept
 

Ausgaben für Musik stark rückläufig

Von einer Langzeitstudie der Universität Hamburg liegen die Ergebnisse von insgesamt sechs Befragungswellen vor. Danach sind in Corona-Zeiten die monatlichen Ausgaben für Musik in nahezu allen Formaten stark eingebrochen.

Foto: SMZ

Lediglich die Ausgaben für Streaming zeigen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Wachstum von 22 Prozent. Demgegenüber ist jedoch insbesondere der Absatz physischer Tonträger drastisch zurückgegangen, bei CDs fielen die Ausgaben um 25 Prozent. Noch härter traf es den Live-Bereich: Die Ausgaben für Konzerte sanken um 80 Prozent.

Beim Blick auf die Zeit, die die Menschen in Deutschland mit dem Konsum von Musik verbringen, ist ebenfalls ein Rückgang zu verzeichnen. Seit dem Start der Studie im August 2018 hat der wöchentliche Musikkonsum um acht Prozent (eine Stunde und 46 Minuten) abgenommen: Er fiel von 21 Stunden und 29 Minuten auf mittlerweile 19 Stunden und 43 Minuten.

Als konstant rückläufig schlägt hier insbesondere das herkömmliche Radio mit einem Minus von 15 Prozent zu Buche, was allerdings teilweise durch starke Zugewinne der Online-Radios kompensiert wird. Letztere verzeichnen einen Zuwachs von 73 Prozent. Eine mögliche Erklärung für den rückläufigen Musikkonsum ist aus Sicht der Forscher in der eingeschränkten Mobilität und dem Fokus auf Nachrichten in Zeiten der Corona-Pandemie zu suchen.

Die von DIW Econ durchgeführte Studie «Musikwirtschaft in Deutschland» basiert auf einer zwischen dem 11. Mai und dem 29. Juni 2020 getätigten Online-Befragung, an der sich 861 Unternehmen und Selbstständige beteiligt haben.

Originalartikel:
https://www.musikindustrie.de/presse/presseinformationen/studien-zu-musikwirtschaft-und-musiknutzung-in-hamburg-vorgestellt

Corona-Cluster in Wiener Opernszene

Im Wiener Theater an der Gumpendorfer Strasse, an der mutmasslich eine unzulässige Vermischung zwischen Publikum und Bühne erfolgte, ist es zum Corona-Cluster gekommen. Die Ansteckungen haben auch Auswirkungen auf die Staatsoper.

Das TAG – Theater an der Gumpendorfer Strasse in Wien. Foto: Manfred Werner (s.unten)

Offenbar habe sich während der Proben im Theater an der Gumpendorfer Strasse (TAG) innerhalb des Produktionsteams das Corona-Virus unbemerkt verbreitet, schreibt die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK) . Erst im Anschluss an die Premiere habe der im Theater anwesende Geschäftsführer des TAG erfahren, dass es in der Produktion im Probenzeitraum einen Verdachtsfall gegeben habe, der später positiv getestet worden sei.

Laut Wiener Medien hätten im TAG unter anderem Tanzszenen im Zuschauerraum stattgefunden, also eine unzulässige Vermischung zwischen Bühne und öffentlichem Bereich. Eine Mitarbeiterin der Staatsoper, die nur als Publikumsmitglied mit Maske anwesend gewesen sei, sei zu spät verständigt worden, um sie sofort zu isolieren. Sie wurde später positiv getestet. Aufgrund dessen mussten an an der Staatsoper Umbesetzungen vorgenommen werden.

Nicht betroffen von den Vorfällen ist die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw).

 

Musikinstrumente sind keine Virenschleudern

Musikinstrumente sind keine Virenschleudern, dass haben Studien mit Lasertechnik eines Team am Institut für Strömungsmechanik und Aerodynamik der Universität der Bundeswehr München ergeben.

Foto: Wim van ‚t Einde / unsplash (s. unten)

Gleichwohl wurde vor allem bei Flöten, Oboen und Klarinetten ein abweichendes Strömungsverhalten festgestellt, was Mitglieder des Bundesverbandes der deutschen Musikinstrumentenhersteller (BDMH) veranlasst hat, zusammen mit dem Teamleiter Christian Kähler nach Schutzvorrichtungen zu suchen, um Abhilfe zu schaffen, mit dem Ziel jegliche Infektionsgefahr auszuschliessen.

Im Rahmen weiterer Studien haben die Forschenden herausgefunden, dass Raumluftfilter es ermöglichen, Musikunterricht durchzuführen; eine wichtige Erkenntnis zum Start nicht nur der allgemeinbildenden Schulen, sondern auch Musikschulen und so weiter und mit Blick auf die Systemrelevanz der Musik, der Kultur allgemein.

In diesem Zusammenhang wurde eine ausgesprochen hohe Kohlendioxyd-Belastung bereits nach kurzer Unterrichtsdauer festgestellt. Diese führt zu Konzentrationsproblemen und hat Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit wie Effektivität; ebenso betroffen sind zahlreiche, ähnlich geartete Bereiche des öffentlichen Lebens. Damit einher geht die Forderung durch Einsatz von modernen Raumluftfiltern nicht allein dem Coronavirus, sondern darüber hinaus und in Zukunft der Kohlendioxyd-Problematik entgegenzuwirken.
 

Semesterstart an der ZHdK

Morgen nehmen 697 Studierende ihr Studium an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) auf dem Toni-Areal auf. Aufgrund des Covid-19-Schutzkonzepts ist dieses Jahr vieles neu.

ZHdK auf dem Toni-Areal. Foto: Micha L. Rieser / wikimedia commons

Von den Studienanfängerinnen und -anfängern an der ZHdK haben sich 292 für einen Bachelor- oder Masterstudiengang im Bereich Musik immatrikuliert, 114 in Design, 83 in Fine Arts, 109 in Art Education und Transdisziplinarität sowie 99 in Darstellenden Künsten und Film.

Die ZHdK führt das Herbstsemester 2020 Corona zum Trotz im Präsenzunterricht durch. Dafür gilt im Herbstsemester in den öffentlichen Zonen sowie in den Lehrveranstaltungen, beim Arbeiten in Gruppen oder in den Werkstätten eine generelle Maskenpflicht. Zusätzlich wird es einige digitale Lehrangebote geben. Masken für den Gebrauch an der ZHdK werden allen ZHdK-Angehörigen und Gästen zur Verfügung gestellt.

Die Richtlinien und Vorgaben der ZHdK können jederzeit ändern. Aufgrund der Erfahrungen im Frühlingssemester 2020 könnte der Anteil an digitalem Unterricht falls nötig schnell ausgebaut werden.

Insgesamt studieren an der ZHdK 2194 Personen. Davon absolvieren 1246 einen der acht Bachelor- und 948 einen der elf Masterstudiengänge. Die Studierendenzahl ist gegenüber den letzten Jahren konstant geblieben.

Drei Equale für vier Posaunen

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die drei Equale für vier Posaunen.

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Was wäre die Musikgeschichte ohne den schöpferischen Augenblick? Oder auch schlichtweg ohne die aufführungspraktische Gelegenheit? So war es auch eher ein Zufall, der zur Entstehung der Equale WoO 30 für vier Posaunen führte, die heute schon hinsichtlich der Besetzung etwas seltsam anmuten. Zu verdanken haben wir die knappen Sätze einem Aufenthalt Beethovens in Linz im Jahre 1812, bei dem er sich mit dem damaligen Domkapellmeister Franz Xaver Glöggl (1764–1839) anfreundete. Dieser soll ihn schliesslich darum gebeten haben, «für den Aller-Seelen-Tag (den 2. November) sogenannte Equale für 4 Posaunen zu componiren, um solche in herkömmlicher Weise an diesem Feste von seinen Musikern abblasen zu lassen». So lautet jedenfalls eine durch Ignaz von Seyfried mitgeteilte Erinnerung. Da Beethoven die Anlage dieser bloss lokal tradierten Stücke nicht kannte, bat er darum, «ein Aequal, wie es in Linz bei den Leichen geblasen wurde, zu hören». Und der damals erst 16-jährige Sohn des Domkapellmeisters, Franz Glöggl, fährt in seiner viel späteren Aufzeichnung fort: «So geschah es, daß mein Vater an einem Nachmittage 3 Posaunisten bestellte, da Beethoven ohnedies bei uns speiste, und ein solches Aequal blasen ließ.»

Unterstützt wurden die drei Posaunisten vermutlich von Vater Glöggl selbst, und gespielt wurden Stücke, die wohl zu jenen 1200 Instrumentalpiecen zählten, auf die der Domkapellmeister beim Abblasen vom Turm zurückgreifen konnte. Der weitere Verbleib dieser Sammlung ist allerdings vollkommen ungeklärt. Auch die sonderbare Werkbezeichnung «Equal» scheint dieser lokalen Tradition homofon konzipierter Sätze zu entstammen. Sie findet sich auch in Stücken eines gewissen Wenzel Lambel (vierstimmig, vor 1844) oder beim jungen Anton Bruckner (nur dreistimmig, 1847). Somit dokumentieren die an einem Nachmittag im Herbst 1812 entstandenen Gelegenheitsstücke einen einst lebendigen Brauch, der sonst im Strudel der Geschichte versunken wäre. – In Wien hingegen konnte man mit den drei knappen Sätzen offenbar nur wenig anfangen; sie wurden für Beethovens eigenes Leichenbegräbnis sowie zur Einweihung des Grabsteins mit Texten versehen und mit einem Männerchor aufgeführt.


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Verschiebungen der feinen Art

Vom 2. bis 6. September fand das Musikfestival Bern statt. Das Thema «Tektonik» hätte aktueller nicht sein können. Dank der grossen Flexibilität aller Beteiligten wurde ein dichtes und vielseitiges Programm realisiert.

Studierende des Interpretationskurses im Steinatelier Bernasconi in Hosokawas «Birds Fragments III»,Fotos: © Annette Boutellier/Musikfestival Bern

Wer sich im Festivalkalender umschaut, hat längst bemerkt, dass Anfang September in Bern seit Jahren ein programmatisch dichtes, diskursives, ideenreiches und klangbuntes Musikfestival über traditionelle wie unkonventionelle Bühnen geht. Das diesjährige Festivalthema «Tektonik» spürte gross- und kleinräumigen Verschiebungen, Schichtungen, Faltungen und Rissen nach. Da sich indes der Grundgedanke des Kuratoriums, «So trittfest uns die Erdkruste scheint, so birgt sie doch Ungewährtes», durch die Corona-Krise auf eine derart radikale Weise bewahrheitete, wurden die Leitungsgremien des Musikfestivals Bern vor schwierige Entscheide gestellt. Kuratorium, Geschäftsstelle und Vorstand waren sich jedoch schon während des Lockdowns im Grundsatz einig gewesen, das Festival auf jeden Fall mit einem je nach Entwicklung der Dinge strengen Schutzkonzept durchzuführen. Allenfalls sollte das Programm in fragmentierter oder auch sehr reduzierter Form realisiert werden – unter Umständen gar in Splittern, das Thema gleichsam paraphrasierend. Eine Absage stand nicht zur Debatte, gerade mit Blick auf die Situation der freischaffenden Musikerinnen und Musiker. Dass die neue Lage partielle Programmumstellungen, grössere Räume und insbesondere eine grosse Flexibilität aller Beteiligten erforderte, ist naheliegend. Die Dichte und Vielseitigkeit der beinahe vierzig Veranstaltungen innerhalb von fünf Tagen tangierte dies erstaunlicher- und erfreulicherweise nicht. Einzig auf die Anwesenheit von Toshio Hosokawa, den Composer in Residence, musste verzichtet werden, nicht jedoch auf seine Musik und seine Präsenz via Videozuschaltung. Der mit ihm geplante Interpretationskurs für die Studierenden der Hochschule der Künste Bern wurde durch das Arditti-Quartett übernommen. Dass ein Ensemble von diesem Renommee sich für dieses zusätzliche Engagement zur Verfügung stellte, war ein einzigartiger Glücksfall, aber auch ein Zeichen der Sympathie des Ensembles, hatten sich doch die vier Musiker bereits bei ihrem letztjährigen Auftritt begeistert zu Konzept und Programm des Festivals geäussert.

Die Auftritte des Quartetts prägten denn auch die diesjährige Ausgabe deutlich. Die Kooperation mit jungen Musikerinnen und Musikern in der Aufführung von Toshio Hosokawas Monodram The Raven (Text E. A. Poe) liess ein wesentliches Kennzeichen des Festivals Wirklichkeit werden: Die Zusammenarbeit hiesiger Interpreten und Interpretinnen mit hochkarätigen Gästen. Das Eröffnungskonzert in der grossen Halle der Berner Reitschule mit der Mezzosopranistin Christina Daletska (Hosokawa) und der Basel Sinfonietta (Ives) bildete einen wunderbaren Einstieg.

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Toshio Hosakawa: «The Raven»
Christina Daletska, das Arditti-Quartett und das Festivalensemble

Ausdruck einer aktuellen Wirklichkeit

Mit der grossen Halle ist ein weiteres Charakteristikum des Festivals angesprochen: die Verbindung thematisch gebundener Projekte mit speziellen, mitunter auch überraschenden Spielorten. So trat die neuentwickelte Contrabassclarinet extended (Ernesto Molinari) im Klingenden Museum in den Dialog mit Live-Elektronik, so liessen performative Interventionen im Inneren der Monbijoubrücke seismografische Aktivitäten erfahrbar machen und so interpretierte das Trio Tramontana Kaija Saariahos New Gates im Blutturm an der Aare. Eine zauberhafte wie bedenkenswerte Konstellation erwartete das Publikum mitten im Dählhölzliwald, wo das Kollektiv Mycelium gemeinsam mit Brane Project (akustische Installation) und Idéehaut (Bauten) in den Bäumen ein schwebendes Netz zum Konzertort gestaltete und in einem komponierten Programm zeitgenössische Musik mit Gesängen der Penan aus dem Regenwald von Borneo verband.

Wer sich in die Schichtungen der Erdkruste begibt, kann sich den unterschiedlichen Steinklängen nicht entziehen. In den Steinateliers der Firma Bernasconi demonstrierten das Mondrian-Ensemble und Erika Öhmann (Perkussion) die mal schwebende, mal elektrisierende Klangwelt der Serpentinsteininstrumente Orgalitho und Lithofon in Werken von Edu Haubensak, Hans-Jürg Meier, Matthias Steinauer sowie in einer Uraufführung von Samuel Cosandey. Wie bernische Baumaterialien, seien es Sandstein oder Granite, naturbelassen klingen, war durch Peter Streiff und das Ginger-Ensemble in der Nydeggkirche und im Stadttheater zu erfahren.

Nicht allein eine «grandiose Katastrophe», eine buchstäblich erschütternde Erfahrung machte das Publikum in der Krypta der Kirche St. Peter und Paul, als René Waldhauser zu Peter Conradin Zumthors gehämmerter Flügelperformance das Instrument bis zum saitenbullernden Geräusch runterstimmte.

Die einzigartige Vielseitigkeit des Festivals verbietet beinahe, von Main Acts zu sprechen. Das Konzert im Berner Münster mit dem Ensemble BernVocal (Leitung Fritz Krämer), dem Arditti-Quartett und einem Perkussionsquartett auf der Orgelempore (Mihaela Despa, Peter Fleischlin, Pascal Viglino, Sacha Perusset) ruft indessen nach Erwähnung. Die Gegenüberstellung von Antoine Brumels Messe Et ecce terrae motae mit Werken von Hosakawa war ein Raum-Klang-Ereignis der besonderen Art. Auch hier bildeten klangliche Dichte, Kontrast und ein Perspektivenwechsel des Hörens ein unverkennbares «Markenzeichen».

Von Schichtungen ganz anderer Art erzählt der aus Nigeria stammende St. Galler Komponist Charles Uzor in Mothertongue, wenn er Texte der Igbo (Ethnie in mehreren äquatorialafrikanischen Regionen), von Novalis, Celan, Rauhavirta und Beckett mit alter europäischer Musik sowie Musik der Gbaya-Völker übereinanderschichtet. Hier entsteht ein Kultur- und Klangkonglomerat, das uns fremd erscheinen mag, aber auch Ausdruck einer aktuellen Wirklichkeit ist. Generationenübergreifende Textschichtungen gerieten in einem Projekt von Elina Bächlin und Noel Schmidlin gemeinsam mit den Spoken-Word-Gästen Guy Krneta und Marco Gurtner zu Sprachklang.
 

Umschichtungen

Als eigenwilliges Raumklangprogramm erwies sich das Konzert des Quintetts für Rohrblattinstrumente mit Matthias Arter, Martin Bliggenstorfer, Valentine Collet, Béatrice Laplante und Béatrice Zawodnik. Eigenwillig, weil das Programm mit Musik von Daniel Glaus, Barblina Meierhans, Heinz Holliger, Toshio Hosokawa und Matthias Arter in den Räumen der Berner Kunsthalle vom Gesang der Oboe d’amore bis zur Schärfe des Ensembleklangs wucherte.

Eine beunruhigende Realität thematisierte der Zyklus 5vor12um6, wo Komponierende sowie Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Umschichtungen in unseren Köpfen thematisierten, nämlich drängende Fragen zu Klimawandel, Nachhaltigkeit oder sozialen Diskrepanzen.

Soll und darf in einem derart geballten Angebot von einem Glanz- oder Höhepunkt die Rede sein? Vor der Intensität und technischen Souveränität im Konzert des Arditti-Quartetts mit zwei Quartetten von James Clarke, dem dritten Streichquartett von Ferneyhough und Tetras von Xenakis verblassen Umschreibungen. Die Präsenz, die scheinbare Leichtigkeit und die Virtuosität der vier Streicher, rissen das Publikum hin zu Standing Ovations – zu Recht.
 

Die Schweizer Musikzeitung ist Medienpartnerin des Musikfestivals Bern.

Schweizer Kulturpolitik international vernetzt

Die Schweiz ist in das Zwischenstaatliche Komitee der UNESCO für die Bewahrung des immateriellen Kulturerbes gewählt worden. Zum ersten Mal wird sie während vier Jahren in diesem Komitee aus 24 Staaten Einsitz nehmen.

Foto: Alina Grubnyak / Unsplash (s. unten)

Als zentrales Organ für die Umsetzung des Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes von 2003 legt das Zwischenstaatliche Komitee die Strategien zur Bewahrung und Vermittlung des lebendigen Kulturerbes fest. Es ist zuständig für die Umsetzung des Übereinkommens und entscheidet insbesondere über die Aufnahmen in die Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit.

Mit dem Übereinkommen zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes will die UNESCO ein Kulturerbe schützen, das weniger mit Bauten oder Räumen zusammenhängt, sondern in erster Linie mit der Zeit sowie mit gemeinschaftlichen Praktiken und gesellschaftlichen Interaktionen. Aus der Schweiz auf der Liste sind bisher unter anderem die Basler Fasnacht und der Jodel.
 

Studierende erfüllen den Kampus Südpol

Mit dem neuen Studienjahr beginnt das Departement Musik der Hochschule Luzern (HSLU-M) das Gebäude auf dem Kampus Südpol zu beleben. Es verzeichnet überdies 221 Neueintritte.

Eingang des Hochschulgebäudes auf dem Kampus Südpol. Foto: SMZ

Auf dem Campus werden auf rund 8000 Quadratmetern über 500 Bachelor- und Master-Studierende, knapp 500 Weiterbildungsteilnehmende sowie rund 200 Mitarbeitende der Musikhochschule lernen, lehren und forschen sowie ihr Schaffen der Öffentlichkeit präsentieren. Mit dem Neubau führt die Hochschule Luzern – Musik ihre bisherigen vier, in Luzern verteilten Standorte an einem Ort zusammen. Vom 11. bis 13. September wird der Neubau mit einem musikalischen Rahmenprogramm feierlich eröffnet. In den drei neuen Konzertsälen finden bis Ende Jahr immer wieder öffentliche Veranstaltungen statt.

Die Coronakrise zeigt sich vor allem in den Zahlen ausländischer Studierender: Die meisten internationalen Studierenden stammen aus Europa, die Anmeldungen aus nicht-europäischen Ländern haben deutlich abgenommen. Die Gruppe der Austausch-Studierenden, die lediglich für ein Semester an die HSLU kommt, ist geschrumpft. Für ein Austauschsemester haben sich nur halb so viele Studierende angemeldet wie ein Jahr zuvor.

Ästhetische Reaktionen unter der Lupe

Das Aesthetic Responsiveness Assessment (AReA) eines Forschungsteams am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik erleichtert die Wahl von Stichproben für Studien zur Wirkung von Kunst.

Foto: Ian Williams / unsplash.com (Link siehe unten),SMPV

Mit dem Ziel, eine schnelle Beurteilung der allgemeinen, ästhetischen Reaktionsfähigkeit zu ermöglichen, hat ein Forschungsteam am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik ein Verfahren entwickelt, das die Wahl von Stichproben für Studien zukünftig erleichtern soll. Das sogenannte Aesthetic Responsiveness Assessment (AReA) ermöglicht eine Unterscheidung zwischen Personen, die regelmässig intensiv auf Kunstwerke reagieren, und denjenigen, die im Alltag selten mehr als eine alltägliche Wertschätzung ästhetischer Objekte empfinden.

Die Skala basiert auf einem Fragebogen, der mit dem Ziel zusammengestellt wurde, Personen zu identifizieren, die besonders auf ästhetische Stimuli reagieren und sich daher für eine Studienteilnahme eignen. Wie stark eine Person auf Musik, Bildende Kunst und Lyrik reagiert, kann mit der AReA-Skala innerhalb der Kategorien «Ästhetische Wertschätzung», «Intensive Ästhetische Erfahrung» und «Kreatives Verhalten» festgestellt und für die Auswahl besonders reaktionsfähiger Stichproben nutzbar gemacht werden.

Das Beurteilungsverfahren wurde mit knapp 800 Teilnehmern in Studien in den Vereinigten Staaten und in Deutschland getestet und kann in beiden Sprachen gleichermassen durchgeführt werden. Die Publikation ist im Journal Psychology of Aesthetics, Creativity, and the Arts der American Psychological Association erschienen.

Originalpublikation:
Schlotz, W., Wallot, S., Omigie, D., Masucci, M. D., Hoelzmann, S. C., & Vessel, E. A. (2020). The Aesthetic Responsiveness Assessment (AReA): A screening tool to assess individual differences in responsiveness to art in English and German. Psychology of Aesthetics, Creativity, and the Arts. Advance online publication. https://doi.org/10.1037/aca0000348
 

Auf Coimbras Spuren

Der Pianist und Autor Yorck Kronenberg auf den Spuren eines Sonderlings aus den Tropen, José Diego Coimbra.

Auch auf fernen Inseln ist früher im Stil der europäischen Klassik komponiert worden. Das Riemann-Musiklexikon erwähnt zum Beispiel den 1870 in München geborenen Komponisten Otto Jägermeier, der 1915 aus dem kriegsgeplagten Europa nach Madagaskar auswanderte und dort sinfonische Dichtungen wie Im Urwald oder die Suite tananarivienne, benannt nach der madagassischen Hauptstadt Tananarive, schrieb. Und neuerdings ist auch die Rede von einem anderen Inselbewohner, der weitab von unserer Zivilisation seine Partituren schrieb. Er hörte auf den portugiesisch-spanischen Namen José Diego Coimbra und lebte, wie es heisst, von 1824 bis 1865 auf der Insel Mondariz, einer kleinen Vulkaninsel im Südatlantik, per Postschiff fünf Tagesreisen vom südamerikanischen Festland entfernt.

Coimbra ist eine Erscheinung, die neugierig macht. Ein Exzentriker, von dem man wohl kaum je gehört hätte, wenn er nicht zur geisterhaften Hauptperson eines Romans gemacht worden wäre. Autor ist der 1973 im schwäbischen Reutlingen geborene Yorck Kronenberg, der mit Mondariz nun seinen fünften Roman vorgelegt hat. Als Schriftsteller und Konzertpianist ist er eine Doppelbegabung. Damit ist er wie kein zweiter in der Lage, sowohl eine spannende Geschichte um den längst verstorbenen Komponisten zu erzählen, als auch sich musikalisch kompetent zu äussern. Die Partituren befanden sich, folgt man Kronenberg, lange im Hauptort der Insel, einer verschlafenen Siedlung aus der Kolonialzeit, wo die Einwohner die Erinnerung an den exotischen Tonsetzer mehr schlecht als recht wachhalten. In der Hoffnung auf einen irgendwann einmal einsetzenden Touristenstrom haben sie sein Wohnhaus, die Casa Coimbra, als kleine Gedenkstätte eingerichtet und es damit vor dem schleichenden Zerfall bewahrt.

Zwischen Hyperrealismus und Fiktion

Kronenbergs Buch bietet dem Leser eine schlitzohrige Mischung von hyperrealistischer Beschreibung und Fiktion. Der Icherzähler, hinter dem man den Autor selbst vermuten darf, war vor zehn Jahren schon einmal auf der Insel, um den Spuren des Komponisten nachzuforschen. Jetzt ist er zum zweiten Mal gekommen, um sich die Partituren und die in alten Truhen verstauten Dokumente genauer anzuschauen und Coimbras Lebensumfeld biografisch aufzuarbeiten. Er steigt in das Dorfleben und die Kolonialgeschichte der Insel ein, doch bei seinen Recherchen macht er gemischte Erfahrungen mit den misstrauischen Einheimischen. Während er versucht, in der ihm fremden Welt Boden unter den Füssen zu bekommen, holt ihn zudem seine europäische Vergangenheit in Form von SMS-Nachrichten seiner ehemaligen Lebensgefährtin ein. Beim ersten Besuch auf der Insel hatte sie ihn begleitet, nun befinden sich die beiden über Tausende von Kilometern hinweg in einem schmerzhaften Trennungsprozess. Diese beiden Ebenen werden in der Erzählung gekonnt ineinander verschachtelt.

Allen praktischen Unzulänglichkeiten und dem Liebeskummer zum Trotz nehmen die Gestalt des Komponisten und seine Musik schrittweise Kontur an. Als der Erzähler am Schluss die Insel mit einem Frachtkahn wieder verlässt, ist er um einige Erfahrungen reicher. Mit dem Eintauchen in das Fremde tauchte er zugleich in sein Inneres ein. Er weiss jetzt, dass ihm die Welt der Inselbewohner immer verschlossen bleiben wird, zu seiner Exfreundin im fernen Europa hat er Distanz bekommen, und die mit der undurchschaubaren Inselwirklichkeit verwachsene Musik Coimbras ist ihm vertrauter geworden. Einige Partituren nimmt er als Trophäen mit nach Hause.
Und hier befinden sie sich nun in den Händen des Autors und Pianisten Yorck Kronenberg. In seinem Buch hat er sie kenntnisreich beschrieben, zum Beispiel die grosse Sinfonie in cis-Moll, ein Spätwerk von 1862, in welcher der Dirigent die Musiker auffordern kann, das Spielen nur zu fingieren, so dass die Bewegungen zwar weitergehen, aber kein Ton erklingt. Coimbra nimmt hier die Experimente des instrumentalen Theaters voraus, die hundert Jahre nach ihm Avantgardisten wie Dieter Schnebel wieder aufgreifen sollten.

Entdeckungsreise nach Boswil

In einer musikalisch-literarischen Sonntagssoiree im Künstlerhaus Boswil am 30. August 2020 konnte man sich nun von der bisher nur literarischen Existenz Coimbras und seiner Musik einen konkreten Eindruck verschaffen. Kronenberg und das Casal-Quartett interpretierten zwei Werke des Komponisten, dazwischen las der Autor einige Passagen aus seinem Buch vor. Christine Egerszegi, Beiratspräsidentin der Boswiler Stiftung, unterhielt sich mit ihm und leitete durch das Programm.

Kronenberg ist ein Vorleser und Gesprächspartner, dem man gerne zuhört. Als Pianist geht er voll ins Risiko. Das zeigte sich besonders bei Bachs Klavierkonzert in d-Moll. Es erklang in einer Fassung mit Streichquartett zum Abschluss des Abends. In fulminantem Tempo und technisch bestens gerüstet jagte er durch die Ecksätze, das reaktionsschnell hinterherhechelnde Quartett immer dicht auf den Fersen. Eine Probe mehr hätte dem Ganzen gutgetan. Im Mittelsatz konnte der Pianist dann auch seine introvertierte Seite vorteilhaft herausstellen.

Kernpunkt des Konzerts und der Publikumsneugierde waren aber natürlich die beiden Originalwerke des geheimnisumwitterten Komponisten. Zu Beginn spielte Kronenberg Dos Estudios para Piano. Die erste Etüde trumpft mit motorischer Akkordrepetition in der linken und weit ausholender, einstimmiger Melodik in der rechten Hand auf. Die zweite ist freier in der Bewegung und harmonisch farbiger. Beides klingt wie eine unschuldige Vorwegnahme der Rhythmusstücke von Prokofjew oder Bartók. Das darauffolgende Streichquartett war eine Uraufführung. Das viersätzige Werk ist von einer warmen Emotionalität durchdrungen, ein nachdenklicher Ton herrscht vor. Ein gleichförmiges, polyfon geschichtetes Stimmengeflecht prägt den ersten Satz. Im zweiten treten einzelne ausdrucksstarke Figurationen hervor, die dann im langen Schlusssatz mit absteigenden Linien und abgerissenen kleinen Glissandi einen konkreten Charakter in Form von Klagelauten annehmen. Es scheint, als hätte hier Coimbra den Liebesschmerz seines späteren Biografen vorausgeahnt.

Was ist von den musikalischen Hervorbringungen dieses Einzelgängers zu halten, der auf einer gottvergessenen Tropeninsel im Südatlantik unverdrossen seine Partituren schrieb, im Bewusstsein, dass er sie zu Lebzeiten wohl nie zu Gehör bekommen würde? Wer Kronenbergs Roman liest, wird Schritt um Schritt in diese unwahrscheinliche Situation hineingezogen. Man beginnt an die Existenz Coimbras zu glauben, hinter der Fiktion wird eine neue, starke Realität sichtbar. Der Höreindruck seiner Kompositionen bestätigt jedoch die Versprechungen von Einzigartigkeit, die das Buch macht, nur bedingt. Die Fiktion bleibt in diesem Fall stärker. Trotzdem: Die Entdeckung der musikalisch-literarischen Welt von Mondariz war eine Reise nach Boswil wert.

PS: Der Komponist Otto Jägermeier ist ein musikwissenschaftlich-lexigrafischer Scherz. Die Insel Mondariz ist auf keiner Karte zu finden.
Yorck Kronenberg: Mondariz. Dörlemann Verlag, Zürich 2020, 283 Seiten

Erste Gesamtbilanz von «Jugend und Musik»

Seit 2017 unterstützt das Bundesamt für Kultur (BAK) im Rahmen des Programms «Jugend und Musik» (J+M) Musikkurse und -lager finanziell. Insgesamt wurden seit Beginn des Programms bis Ende Juni 2020 907 J+M-Lager und 544 J+M-Kurse durchgeführt.

Symbolbild: ©Kalle Kolodziej – stock.adobe.com,SMPV

Die Anzahl Teilnehmende pro Jahr nehme stetig zu, schreibt das BAK. So haben sich 2019 die Gesuche gegenüber 2017 mehr als verdoppelt. Dies geht aus dem Bericht zur Förderperiode 2016-2020 hervor, den das BAK veröffentlich hat.

Insgesamt haben schweizweit bisher über 46’000 Kinder und Jugendliche an J+M-Angeboten teilgenommen. Per Juni 2020 waren rund 17‘000 Kinder und Jugendliche für J+M-Kurse und -Lager angemeldet (2017: rund 8700; 2018: rund 15‘500; 2019: knapp 21‘000). Per Ende Juni 2020 verfügte das Programm über 1’036 zertifizierte J+M-Leiterinnen und -Leiter.

Seit dem Start von J+M wurden vom Bund rund 7,5 Millionen Franken in das Programm investiert. Rund 5 Millionen davon entfielen auf die Unterstützung von J+M-Kursen und J+M-Lagern, und ungefähr 500’000 Franken auf die Beiträge an die Aus- und Weiterbildung von J+M-Leitenden. Seit 2019 beteiligt sich auf der Grundlage eines im Mai 2018 abgeschlossenen zwischenstaatlichen Abkommens auch das Fürstentum Liechtenstein am Programm J+M.

Originalartikel:
https://www.bak.admin.ch/bak/de/home/aktuelles/nsb-news.msg-id-80298.html

 

 

Sonate für Klavier Nr. 32

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die Sonate für Klavier Nr. 32 c-Moll.

Ausschnitt aus dem Beethoven-Porträt von Joseph Karl Stieler, ca. 1820

Obwohl 1821/22 entstanden und damit noch lange kein «letztes Werk», wird die Klaviersonate Nr. 32 c-Moll op. 111 von einer geheimnisvollen Aura umweht. So überschrieb schon Adolf Bernhard Marx das entsprechende Kapitel seiner Beethoven-Biografie von 1859 mit «Abschied vom Klavier». Thomas Mann bezog sich in seinem Doktor Faustus darauf, diagnostizierte aber, von Theodor W. Adorno sekundiert und sachlich treffender, einen «Abschied von der Sonate» im doppelten Sinne – nämlich bei Beethoven selbst, aber auch hinsichtlich der Gattung, die sich schon nicht mehr so recht am Markt durchsetzen konnte. 1839 notierte Robert Schumann mit betrübtem Blick auf die Klaviersonate: «Das Publikum kauft schwer, der Verleger druckt schwer, und die Komponisten halten allerhand, vielleicht auch innere Gründe ab, dergleichen Altmodisches zu schreiben.»

Die Sachlage ist freilich (wie so oft) komplizierter, zumal für Beethoven dieser Weg des «Abschieds» ein längerer und keineswegs gerader war. Beispielsweise entstand das letzte Klavierkonzert (op. 73) schon 1810, das letzte Klaviertrio (op. 97) im darauffolgenden Jahr. Andererseits wurden die Diabelli-Variationen (op. 120) erst nach der Sonate op. 111 abgeschlossen, ebenso wie die mitunter recht experimentellen Bagatellen op. 126. Was also ist von Charakterisierungen zu halten, die die Sonate als «Testament» sehen, als «tiefsinnige Sphärenmusik», als «letzte Vergeistlichung, Auflösung im All» oder als ein «Präludium des Verstummens»? Konkret auf Beethoven oder auf eine zeitgenössische Quelle lassen sie sich nicht beziehen. Sie bieten jedoch die Möglichkeit, die eigene Empfindung der Musik in Worte zu fassen, mehr über die musikalische Sprache und den Ausdruck zu verraten, als es eine rein technisch-analytische Beschreibung vermag.

Tatsächlich beziehen sich die poetisch geformten Deutungen weniger auf den ersten Satz mit seinem wahrlich stürmischen, auch polyfon ausgearbeiteten Hauptgedanken. Vielmehr zielen sie auf den zweiten (und letzten) Satz – eine Arietta mit Variationen, in denen nicht bloss koloriert wird, sondern das Material vielfach in reinen Klang transzendiert.


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Die ZHdK öffnet mit Schutzkonzept

Die ZHdK ist offen. Ein Schutzkonzept stellt sicher, dass Verhaltensregeln und Schutzmassnahmen in den ZHdK-Gebäuden eingehalten werden.

Foto: Adam Nieścioruk/Unsplash (s. unten)

Die ZHdK-Gebäude stehen der Öffentlichkeit wieder offen und zwar täglich, Montag bis Sonntag, von 7 bis 19 Uhr. Das gilt auch für das Museum für Gestaltung, den Pavillon Le Corbusier sowie die Bar und den Garten des Musikklubs Mehrspur und das Bistro Chez Toni. Das Medien- und Informationszentrum (MIZ) ist bis zum 11. September von Montag bis Freitag 10 bis 16 Uhr wieder zugänglich.

Die Hochschulleitung hat am 17. August beschlossen, das Herbstsemester im Präsenzunterricht durchzuführen. Seit 24. August gilt grundsätzlich eine Maskenpflicht in allen Lehrveranstaltungen, auch in jenen von Vor- und Weiterbildung. Ausserdem gilt ab sofort die Maskenpflicht überall dort, wo sie gekennzeichnet ist. Unter anderem gilt die Maskenpflicht auch im Medien- und Informationszentrum (MIZ). In den öffentlichen Bereichen der ZHdK-Gebäude gilt die Distanzregel, aber keine generelle Maskenpflicht.

Ab sofort werden die Kontaktdaten der Gäste bei jedem Besuch der Mensa Molki, des Chez Toni, des Kafi Z und des Café Momento erhoben. Entweder kann die Erhebung der Kontaktdaten durch die Campus Card erfolgen oder durch einen QR-Code. Zudem gilt die Maskenpflicht im Bereich der Selbstbedienung, vor den Ausgabestellen und an den Kassen. Weiterhin gelten die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) und des Kantons Zürich. Die Richtlinien und Vorgaben der ZHdK können jederzeit ändern.
 

Die Motetten überraschen

Lieder und Motetten der Zürcher Komponistin Martha von Castelberg, einer Autodidaktin, die aus einer tiefen Spiritualität schöpfte.

Martha von Castelberg. Foto: Martha-von-Castelberg-Stiftung

Wenn man liest, dass die Komponistin Martha von Castelberg (1892–1971) weder Klavier- noch Kompositionsunterricht erhalten hat, kommt man beim Hören der CD mit ihren Motetten sowie weltlichen und geistlichen Liedern ins Grübeln: Hätte Lili Boulanger ihren Liederzyklus Clairières dans le ciel ohne geregelten Kompositionsunterricht, Fanny Hensel ihr Klavierwerk Das Jahr ohne langjährigen Klavierunterricht schreiben können? Bringt einen das autodidaktische Erlernen eines Instruments dazu, neue Wege zu entdecken, und könnte es sein, dass das Komponieren ohne Studium bei einem Lehrer oder einer Lehrerin einen davon abhält, auf stilistisch ausgetretenen Pfaden zu wandeln?

Castelbergs Lieder, nicht aber ihre Motetten lassen einen eher zur Überzeugung gelangen, dass ein geschultes Handwerk ihrem Komponieren förderlich gewesen wäre und sich ihr zweifellos vorhandenes Talent freier hätte entfalten können. Man hat das Gefühl, dass ihre Lieder vom Klavier etwas gar schlicht begleitet werden und ein bisschen pianistische Raffinesse auch den geistlichen Texten gut anstehen würde.

Wer war Martha von Castelberg? Die Zürcherin wuchs als Tochter eines Privatbankiers in einem streng katholischen bürgerlichen Elternhaus auf. Früh erhielt sie Geigenunterricht, durfte aber trotz ihrer Begabung nicht Musik studieren. Wie Sibylle Ehrismann in ihrem informativen CD-Booklet schreibt, setzte sich von Castelberg, die sehr gläubig und spirituell interessiert war, mit ihrem Mann für den Zürcher Katholizismus ein, der in der reformierten Stadt einen schweren Stand hatte. Viele ihrer Kompositionen haben einen religiösen Hintergrund, andere eine Beziehung zum bündnerischen Disentis, der Heimat ihres Mannes.

Die vier Sängerinnen und Sänger und die Pianistin interpretieren die Lieder mit hörbarem Engagement, farbenreich und fein gestaltet. Wenn man alle Lieder, die einzeln durchaus reizvoll sind, hintereinander hört, stellt sich besonders bei den geistlichen Gesängen eine gewisse Monotonie ein, da die Werke doch etwas zu wenig unterschiedlich sind. Es ist bemerkenswert, dass es von den gewählten Texten – etwa von Fontane, Rückert, Bergengruen und rätoromanischen Dichtern – kaum andere Vertonungen gibt.

Die eigentliche Entdeckung auf der CD sind aber die fünf Motetten für gemischte Stimmen. Sie werden vom Basler larynx Vokalensemble unter der Leitung von Jakob Pilgram auf höchstem Niveau, klangschön und mit jeder wünschenswerten Differenzierung interpretiert. Obwohl fest in der Tradition der geistlichen Musik verankert, faszinieren die Motetten durch eine aparte, «moderne» Harmonik. Sie dürften Martha von Castelbergs wichtigster Beitrag zur schweizerischen Musik des 20. Jahrhunderts sein.

Die Namen, Werktitel und Liedtexte im Booklet enthalten ziemlich viele Fehler, was bei einer sonst so sorgfältigen Edition besonders auffällt.
 

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Salve Regina (Beginn)
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Veni sanctificator (Beginn)
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