Deutscher Musikschulverband setzt auf Inklusion

Der Verband deutscher Musikschulen trifft sich ab heute zu einer zweitägigen Tagung in Potsdam. Dort werden das Thema Inklusion und eine fachgerechte Umsetzung im Detail diskutiert. Gipfeln sollen die Gespräche in einer «Potsdamer Erklärung».

Foto: muro – Fotolia.com

Mehr als jede zweite Musikschule in Deutschland biete nach Verbandsangaben speziellen Musikunterricht für Behinderte an, schreibt die Deutsche Presseagentur, auch in Zusammenarbeit mit Sonderschulen oder Behinderteneinrichtungen. Rund 8100 behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene könnten so selbst Musik machen. Ihre Zahl nehme kontinuierlich zu.

Der Verband deutscher Musikschulen (VdM) verstehe Inklusion umfassend als generelle Haltung für die Musikschularbeit, die alle Menschen willkommen heisse, Menschen mit Behinderungen ebenso wie Menschen aus anderen Kulturen, und genauso Kinder und Jugendliche, die durch schulische Rahmenbedingungen an musikalischer Bildung behindert werden, erklärt dazu der Bundesvorsitzende des VdM Ulrich Rademacher. Die Bundesversammlung will dazu morgen eine «Potsdamer Erklärung» verabschieden.

Dem Verband deutscher Musikschulen sind bundesweit knapp 930 Musikschulen angeschlossen. Ihre Einrichtungen verteilen sich auf etwa 4000 Orte. Gut eine Million Schüler nehmen deren Angebot wahr. Versammelt sind in Potsdam rund 300 Leiter von Musikschulen.

Tod des Lautenisten Eugen M. Dombois

Am 9. Mai 2014 ist Eugen M. Dombois im 83. Altersjahr in der Nähe von Basel verstorben. Mit ihm verliert die Alte Musik einen feinsinnigen Musiker sowie einen höchst erfolgreichen Dozenten.

Foto: SCB

Eugen M. Dombois wurde am 15. Nov. 1931 in Bethel bei Bielefeld geboren. Sein Vater, Georg Müller, war ein bekannter Pädagoge. Nach einer Ausbildung zum Realschullehrer (Deutsch, Musik) studierte Dombois 1955-1958 Laute und Gitarre bei Walter Gerwig in Köln, einem Lautenisten der ersten Stunde in der Historischen Musikpraxis. Anschliessend war er Dozent an der Nordwestdeutschen Musik-Akademie Detmold und begann zu gleicher Zeit eine erfolgreiche internationale Karriere als konzertierender Künstler. Eine Beeinträchtigung der Hand zwang ihn leider vorzeitig zum Verzicht auf das öffentliche Konzertieren. Bereits 1962 wurde er von Paul Sacher an die Schola Cantorum Basiliensis berufen und entfaltete dort seine äusserst fruchtbare Lehrtätigkeit bis zur Pensionierung 1996. Zur illustren Reihe seiner ehemaligen Schülerinnen und Schüler gehören Toyohiko Satoh, Hopkinson Smith, Jürgen Hübscher, Paul O’Dette, Rolf Lislevand, Karl-Ernst Schröder (+), Robert Barto, Joachim Held, Peter Croton, Christina Pluhar und viele andere. In Basel fand er auch eine familiäre Heimat und lebte bis zuletzt im Einzugsbereich der Stadt.

Eugen M. Dombois hatte hohe Ansprüche an seine Kunst, die er den Studierenden eindringlich vermittelte. Vor allem lag ihm daran, das Lautenspiel vom Erbe der Gitarre zu befreien und in seiner spezifischen historischen Qualität wieder zu gewinnen. Es gelang ihm auf diese Weise, seine Klasse an der Schola Cantorum Basiliensis als internationales Zentrum des Lautenspiels zu etablieren. Sein kritischer Geist und sein geschliffener Umgang mit dem Wort machten ihn zu einem stets ebenso anregenden wie anspruchsvollen Gesprächspartner. Ein spekulativer Aufsatz (zusammen mit Véronique Daniels) über ein enigmatisches italienisches Tanztraktat des 15. Jahrhunderts erschien im Basler Jahrbuch für Historische Musikpraxis 1990 und zeigt diese Seite seiner Persönlichkeit auf eindrucksvolle Weise.

Eugen M. Dombois wird einen Ehrenplatz in der Ahnengalerie der Alten Musik behalten und untrennbar mit der Wiederbelebung des historisch orientierten Lautenspiels verbunden bleiben. Die Musik-Akademie Basel und die Schola Cantorum Basiliensis nehmen mit Trauer und in Dankbarkeit Abschied von diesem bedeutenden Musiker und Lehrer, Kollegen und Freund.
 

Dem Geheimnis der Singstimme auf der Spur

Das Freiburger Institut für Musikermedizin (FIM) studiert mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) den Vokaltrakt beim Singen auf unterschiedliche Weise. Damit soll die Stimmphysiologie am Standort Freiburg gestärkt und weiter ausgebaut werden.

Foto: Marcel Mooij – Fotolia.com,SMPV

Ein Forschungsvorhaben, das wissenschaftlich von Matthias Echternach aus dem FIM geleitet wird, beschäftigt sich mit der detaillierten Analyse der Stimmlippenschwingungen durch hochauflösende Hochgeschwindigkeitsglottographie während der Phonation in hohen Lagen.

Die beiden anderen Projekte, die federführend von Bernhard Richter aus dem FIM und Maxim Zaitsev aus der Medizinphysik betreut werden, beschäftigen sich mit der dreidimensionalen Rekonstruktion des Vokaltraktes beim Singen.

Auch wenn es auf diesem Gebiet zahlreiche Forschungsergebnisse gebe, seien verschiedene grundlegende physiologische Vorgänge bei der Produktion stimmlicher Lautäusserungen nicht vollständig geklärt, schreibt das FIM. Dies betreffe sowohl die Klangproduktion im Kehlkopf als auch die Bedeutung des Vokaltraktes bei der Klangformung.

Durch die umfangreiche DFG-Förderung sei es nun möglich, die in Kooperation der Hochschule für Musik und dem Universitätsklinikum Freiburg bereits etablierte Grundlagenforschung zum Themenkomplex Stimmphysiologie am Standort Freiburg zu stärken und weiter auszubauen.

 

Erster Preis für Romane Favia

Am internationalen Musikwettbewerb «Flame» in Paris wurden zwei Schülerinnen der Zakhar Bron School of Music ausgezeichnet.

Romane Favia. Foto: zvg

Wie die Musikschule mitteilt, ging der erste Preis an Romane Favia und der zweite an Grace Sibre. Romane Favia spielt seit ihrem dritten Lebensjahr Violine und studiert in Zürich bei bei Liana Tretiakova.

Die Zakhar Bron School ist seit 2010 aktiv und unterstützt Kinder und Jugendliche auf ihrem Weg zu einer professionellen Musikerkarriere. Die Musikschule ist in Zürich, Zug und Interlaken tätig.

Der Name «Flame» ist eine Abkürzung für: Futurs Liens Association Musiciens de l’Europe. Der Wettbewerb wurde 1989 vom Komponisten Patrice Sciortino und der Pianistin Germaine Tocatlian gegründet mit dem Ziel, junge Pianisten, Geiger, Bratschisten, Cellisten und Sänger am Beginn ihrer Karriere zu unterstützen. Stand er zu Beginn Nachwuchsmusikerinnen und -musikern zwischen 16 und 32 Jahren offen, sind seit 2001 auch Pianisten und Geiger zwischen 6 und 16 Jahren zugelassen.
 

http://concours-flame.com
www.zakharbronschool.ch
 

Zoltán Despond Stipendiat des Fonds Glasson

Der junge Freiburger Violoncellist Zoltán Despond erhält von der Direktion für Erziehung, Kultur und Sport des Kantons das mit 10’000 Franken dotierte Stipendium für das Jahr 2014 aus dem Fonds Pierre und Renée Glasson.

Bild: zvg

Der 1992 geborene Zoltán Despond hat 2010 in Bulle die Fachmittelschule abgeschlossen. Danach begann er an der Hochschule für Musik Waadt-Wallis-Freiburg HEMU zu studieren und erwarb 2013 einen Bachelor. Nebst seinem Studium nahm Zoltán Despond erfolgreich an mehreren Meisterkursen in der Schweiz und im Ausland teil. Er hat auch im Schweizer Jugend-Sinfonie-Orchester gespielt und ist Mitglied des Ensembles Saltocello.

Das Stipendium soll Zoltán Despond helfen, sein zweites Studienjahr für den Master of Interpretation and Performance an der Zürcher Hochschule der Künste und die Unterhaltskosten seines Instruments zu finanzieren.

Für die Vergabe des Stipendiums 2014 aus dem Fonds Pierre und Renée Glasson waren beim Amt für Kultur drei Kandidaturen eingegangen. Nach Anhörungen entschied sich die Fachjury, bestehend aus dem Direktor des Freiburger Standorts der Lausanner Hochschule für Musik (HEMU) und zwei Fachleuten, schliesslich für Despond als Empfänger.

Der 1995 eingerichtete und vom Amt für Kultur des Kantons Freiburg verwaltete Fonds Pierre und Renée Glasson für Musik dient dazu, die Tätigkeit von Musikerinnen und Musikern aus dem Kanton Freiburg oder der übrigen Schweiz, die im Kanton Freiburg wohnen, zu unterstützen. Aus diesem Fonds kann ein Stipendium als Beitrag zur Finanzierung eines Nachdiplomstudiums an einer Musikhochschule in der Schweiz oder im Ausland gewährt werden.

Pedestrians gewinnen bandXaargau

Die Badener Band Pedestrians hat im Nordportal Baden den Wettbewerb bandXaargau 2014 gewonnen. Sie kann nun eine Clubtournee durch den Kanton absolvieren und im Studio arbeiten.

Bild: zvg

Die Band überzeugte die Jury laut einer Medienmitteilung des Kantoins Aargau mit einem harmonischen Zusammenspiel und starken stimmigen Songs. Die Mischung aus Reggae, Pop und Rock habe zum Tanzen eingeladen und die eigenständige ausdrucksvolle Stimme des Sängers aufhorchen lassen.

Als bandXaargau-Gewinner kann die Truppe eine Clubtour durch den Aargau mit mindestens vier Konzerten absolvieren und so Live-Erfahrungen sammeln und Kontakte knüpfen. Zwei Tage im professionellen Studio Soma Records in Zofingen (Heidi Happy, Ritschi, Trauffer) ermöglichen ihr zudem, sich mit Demos für weitere Konzerte zu bewerben. Ebenfalls inbegriffen ist eine Stunde Sendezeit beim Radio Kanal K.

«Metamorphosen» in der Fabrik

Nach dem letztjährigen Erfolg veranstaltet das Musikfest Brunnen 2014 unter dem Motto «Metamorphosen» fünf Konzerte an zwei Tagen. Im Zentrum stehen Werke des Bohemiens Wolfgang Amadeus Mozart und des Musterbürgers Richard Strauss. Die 25 Musikerinnen und Musiker treten sowohl solistisch als auch in Orchester- und Kammermusikformationen auf.

Foto: Aurélie Fourel/Musikfest Brunnen,SMPV

Im Zentrum des diesjährigen Festivals unter der Leitung von Beni Santora, Adrian Meyer und Lisa Schatzmann stehen gemäss der Medienmitteilung der Veranstalter «zwei Komponisten, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Richard Strauss, dessen 150. Geburtstag 2014 gefeiert wird, und sein grosses Idol, Wolfgang Amadeus Mozart. Obwohl jeder ein anderes Zeitalter und einen anderen Stil repräsentiert, gibt es erstaunlich viele Ähnlichkeiten in ihren Lebensläufen – aber auch krasse Gegensätze, die vor allem aus ihren Charakteren resultieren. Mozart, unstet und leichtsinnig, verspielt grosse Möglichkeiten und stirbt kaum 36-jährig, während Strauss, auf Sicherheit und Kräfteschonen bedacht, im hohem Alter eine reiche Ernte einfahren kann.

Der festliche Fronalpsaal des Seehotel Waldstätterhof bietet den idealen Rahmen für die Kammermusikkonzerte am Sonntagnachmittag, während die wunderbare Akustik der alten Zementfabrik in Nova Brunnen am Freitagabend vielleicht zum letzten Mal zu hören sein wird. Mag man bei äusserer Betrachtung des spröden Betonbaus an alles andere als einen Konzertsaal denken, so wird man gleich beim ersten Ton vom warmen Klang der Halle überrascht werden und sich vielleicht auch zum Entdecken der oberen Stockwerke inspirieren lassen.»

Vorverkauf: 041 825 00 40 (Brunnen Tourismus)
Detaillierte Informationen: www.musikfest-brunnen.ch
 

Programm

 

Freitag 27. Juni 2014
Alte Zementfabrik Brunnen

 

AZ Medien zeichnen Dieter Ammann aus

Der Komponist Dieter Ammann erhält den diesjährigen Kulturpreis der AZ Medien. Die Auszeichnung, die mit 25’000 Franken dotiert ist, würdigt den Musiker als modernen Tonschöpfer, der seine Hörerinnen und Hörer erreiche, berühre und begeistere.

Foto: zvg

Der 1962 geborene Ammann hat in Luzern und an der Swiss Jazz School in Bern studiert und als Trompeter, Keyboarder und E-Bassist in Jazz-Formationen gespielt. Zur Zeit ist er Professor an der Musikhochschule Luzern.

Laut Sabine Altorfer, der Vorsitzenden Jury, ist Dieter Ammann «ein herausragender und eigenständiger Komponist». Seine Werke begeisterten nicht nur in der Schweiz, sondern fänden auch auf internationalem Parkett Anerkennung.

Dieter Ammann ist der 16. Kulturpreisträger der AZ Medien. Die Auszeichnung wird ihm anlässlich einer Feier im Oktober überreicht. Der Preis ging in früheren Jahren unter anderem an die Tanzcompagnie Flamenco en route, Ruedi Häusermann, Sol Gabetta und Andreas Fleck.

360 Nachwuchstalente am Klassik-Finale in Lausanne

Vom 8. bis 11. Mai 2014 spielten 360 junge Musikerinnen und Musiker am Finale des 39. Schweizerischen Jugendmusikwettbewerbs im Conservatoire de Lausanne. 255 von ihnen wurden mit einem Preis ausgezeichnet. Mit der Preisverleihung und dem Preisträgerkonzert in der Salle Paderewski des Casino de Montbenon in Lausanne ging die Veranstaltung feierlich zu Ende.

Preisträger der Kategorie IV am 11. Mai in Lausanne. Foto: Michael Ingenweyen

Zugelassen waren dieses Jahr die Kategorien Komposition, Gesangsensembles, Kammermusik freies Repertoire und Neue Musik nach 1950 sowie Solovorträge Neue Musik nach 1950 wie freies Repertoire von Streich- und Holzblasinstrumenten, Harfe, Akkordeon, Hackbrett und klassischem Schlagzeug.

200 Preise wurden in der Kategorie Solo verteilt, 55 in der Kategorie Kammermusik und zwar 30 erste Preise mit Auszeichnung, 94 erste Preise, 122 zweite und 46 dritte Preise. Besonders freuen konnten sich über 90 Musikerinnen und Musiker, die einen Sonderpreis entgegen nehmen durften.
Die Resultate sind aufgeschaltet auf: www.sjmw.ch

Das Preisträgerkonzert vom 11. Mai wurde von Schweizer Radio SRF 2 Kultur aufgenommen und wird zu einem späteren Zeitpunkt ausgestrahlt.

Nächstes Jahr feiert der Schweizerische Jugendmusikwettbewerb sein 40-jähriges Bestehen.
 

GEMA-Preis für Isabel Mundry

Die Deutschen Musikautorenpreise gehen heuer unter anderem an Udo Jürgens – er wird von der GEMA für sein Lebenswerk geehrt -, Efrat Alony (Jazz), Martin Todsharow (Film) und Robot Koch (Elektro). Die ZHdK-Professorin Isabel Mundry wird für ein Solokonzert, Charlotte Seither für zeitgenössische Chormusik ausgezeichnet.

Foto: © 2010 by Martina Pipprich, Mainz

Die 1963 in Schlüchtern geborene Isabel Mundry hat Komposition, Musik- und Kunstgeschichte sowie Philosophie in Berlin und Frankfurt (Main) studiert. Nach Lehraufträgen an der Berliner Kirchenmusikschule und an der Hochschule der Künste in Berlin erhielt sie 1996 eine Professur für Musiktheorie und Komposition an der Frankfurter Musikhochschule. An der Hochschule für Musik und Theater Zürich ist sie seit 2003 Professorin für Komposition.

Isabel Mundry ist bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, darunter dem Boris-Blacher-Kompositionspreis, dem Busoni-Kompositionspreis, dem Kranichsteiner Musikpreis und dem Siemens-Förderpreis. Ihr Musiktheater Ein Atemzug – die Odyssee bekam 2006 den Kritikerpreis als Uraufführung des Jahres.

Isabel Mundry war 2003 überdies Composer in Residence von Lucerne Festival. Ihre Werke werden von Breitkopf & Härtel verlegt.

Prüfstein der Kompositionskunst

Die Einfachheit, Ausgewogenheit und Diffenrenziertheit von Arcangelo Corellis Triosonaten wurden zum Vorbild für seine Zeitgenossen.

Arcangelo Corelli, autografe Niederschrift. Quelle: wikimedia commons

Die vorliegende zweibändige Auswahl aus Corellis Triosonaten (op. 1 bis 4) vereint 12 Sonaten, je drei aus den vier Opera. Im ersten Band sind Sonate da chiesa (aus op. 1 und 3), im zweiten Sonate da camera (aus op. 2 und 4) zusammengestellt. Der «Bologneser Arcangelo, … der beste Violinspieler, der je lebte, und der grösste Meister der Komposition» (zeitgenössischer Reisebericht aus Rom von John Drummond, 1695) schuf mit diesen Werken «Exempla classica», vorbildhafte Werke für die Gattung Sonate und die Instrumentalmusik überhaupt. Ab 1681 besorgte er selbst in akribischer Arbeit ihre Herausgabe. Die zahlreichen zeitgenössischen Nachdrucke zeugen vom Erfolg dieser Kompositionen. Dabei hütete Corelli sich davor, den Violinen zu viel Virtuosität zuzumuten; bei allem kompositorischen Reichtum bleiben diese Triosonaten den Idealen der Simplicitas, Temperantia und Subtilitas verpflichtet. Die Gattung wurde durch Corelli, den «nuovo Orfeo de’ nostri tempi» (Angelo Berardi, 1689), gleichsam zum Prüfstein des instrumentalen Komponierens: In der Folge begannen etliche Komponisten, unter anderen Antonio Vivaldi, ihr öffentliches Auftreten mit der Publikation von Triosonaten.

Der Barockgeiger und Musikhistoriker Bernhard Moosbauer, Spezialist für Instrumentalmusik des 17. und 18. Jahrhunderts und die deutsch-italienischen Musikbeziehungen im 17. und frühen 18. Jahrhundert (er arbeitete dazu u. a. am Deutschen Historischen Institut in Rom), betreute diese Urtextausgabe; er versah die Hefte mit einer ausführlichen Einführung in die Geschichte und das Wesen dieser Triosonaten und gibt in einem separaten Kapitel praktische Hinweise zur Interpretation, ein kurzes Kompendium historisch informierter Aufführungspraxis. Auf technische Zusätze in den Stimmen wie Fingersätze und Bogenstriche verzichtet er ganz. Den Generalbass hat Jochen Reutter ausgesetzt – wer daran vorbeisehen will, findet die Ziffern sowohl in der Klavier- als auch in der Violone- bzw. Violoncellostimme.

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Arcangelo Corelli, Triosonaten für zwei Violinen und Basso continuo, hg. von Bernhard Moosbauer; Band 1, Sonate da chiesa, Auswahl aus op. 1 und 3, UT 50 277; Band 2, Sonate da camera, Auswahl aus op. 2 und 4, UT 50 287; je € 29.95, Wiener Urtext Edition (Schott/Universal) 2013

Wissenschaft für die Praxis

Eine Neuausgabe von Arcangelo Corellis Violinsonaten mit Überraschungen und Zusätzen.

Arcangelo Corelli. Gemälde von Jan Frans van Douven, vor 1713. Quelle: wikimedia commons

Corellis Sonaten op. 5 sind seit ihrer Entstehung um 1700 oftmals neu verlegt worden. Christopher Hogwood und Ryan Mark haben in ihrer Neuausgabe zum reinen Urtext vier äusserst wertvolle Elemente beigefügt:

  1. Ein überraschender Cembalosatz von Antonio Tonelli (1686–1765), die damalige Musikpraxis abbildend, ist dicht, mit beidhändigen Akkorden gesetzt, oktaviert manchmal die Basslinie oder verändert sie sogar rhythmisch und spielt die Violinsoli mit. Die Ergänzung, 24 Preludi per tutti i Tuoni regt an, vor Sonaten zu präludieren.
  2. Eine zusätzliche Violinstimme mit verzierten Fassungen gemäss der damaligen Improvisationspraxis ist äusserst nützlich, da man sich heute bemüht, die langsamen Sätze der Sonate da chiesa I–VI (viele fugierte schnelle Sätze) und gewisse Preludie, Allemande, Gavotte und Gigue der Sonate da camera VII–XI (Tanzsuiten) mit Verzierungen zu spielen. Berühmte Virtuosen wie Giuseppe Tartini, Francesco Geminiani, dessen Schüler Mathew Dubourg, Johan Helmich Roman, Michel und Christian Festing sowie anonyme Quellen sind vertreten. Spannend sind die vier rhythmischen Varianten der Giga aus Sonata V. Auf Bearbeitungen der Follia (Sonata XII) wurde verzichtet.
  3. Die ausführliche dreisprachige auf den neuesten Forschungen basierte Einführung bringt schöne Faksimile, viele geschichtliche Details und anregende Ausführungsvorschläge.
  4. Der Revisionsbericht Critical Commentary auf Englisch gibt exakte Quellenangaben und Details für die Entscheidungsfindung der Interpretinnen und Interpreten.
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Arcangelo Corelli, Sonaten für Violine und Basso continuo op. 5, Urtext hg. von Christopher Hogwood und Ryan Mark; Band 1, op. 5, I-VI, BA 9455; Band 2, op. 5, VII-XII, BA 9456; Partitur und Stimmen, je € 24.95, Bärenreiter, Kassel 2013

Lässige Längen

Feine, kluge Musik aus dem «Labor» des Instrumental- und Sprachklangforschers Jacques Demierre.

Jacques Demierre. Foto: Peter Gannushkin

«Es tanzt das ZNS», sprach einmal Blixa Bargeld von den Einstürzenden Neubauten. Das zentrale Nervensystem bringt auch dieser Jacques Demierre in Schwung. Breaking Stone, das heisst: eine radikal persönliche Musiksprache fernab jeglicher Konventionen und Stilverpflichtungen. Im zehnminütigen Stück Sumpatheia geben Violine und Gitarre ein feines Duett. Dünn ist der Ton der phantastischen Denitsa Kazakova, Jean-Christophe Ducret spielt zaghafte Flageoletts dazu. Introvertiert klingt das, wie locker aus dem Ärmel geschüttelt, aber nie beliebig. Mit technischen Begriffen ist Sumpatheia kaum zu beschreiben. Harmonisch ausgesprochen reichhaltig, farbenfroh – all das könnte man wohl schreiben. Doch es bleiben Nebensachen. Es ist einfach kluge, stilsichere Musik, vor allem auch: glaubwürdige Musik auch wegen ihrer so offenen, ungeschützten Subjektivität.

Jacques Demierre, der gewiefte Improvisator und Komponist aus Genf, hat eine Zeit lang auch Linguistik studiert. Im teils improvisierten Breaking Stone für Stimme und Klavier spricht er in den Klavierkörper hinein und begleitet seine isolierten, unverständlichen Sprachfetzen mal mit vorsichtig-tastenden Akkorden, mal mit Griffen ins Klavier, in Form von Saitenstreichlern oder energischeren Pizzikati oder Schlägen. Die Länge von 40 Minuten hat ihren Grund. Es braucht Zeit, um das Ohr zu gewöhnen an diese rätselhaften Engführungen von Stimme und räsonierendem Klavier. Im klassischen Sinne «verstehen» wird man Demierres Musik letztlich nie. Dem ZNS jedoch ist das egal. Es hat kein Interesse an verständlicher Kunst. Aber wer hat das schon?

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Jacques Demierre: Breaking Stone (Three Pieces for Player Piano, Sumpatheia, Breaking Stone). Denitsa Kazakova, Violine; Jean-Christophe Ducret, Gitarre; Jacques Demierre, Klavier und Stimme. Tzadik TZ 9001

Aufbruch beim Hackbrett

Wie hat es sich entwickelt, wie wird es in der Schweiz und anderswo gespielt und unterrichtet? Ist es das neue Trendinstrument an den Musikschulen? Inwiefern fasziniert es den jungen Hackbrettspieler Nicolas Senn?

Aufbruch beim Hackbrett

Wie hat es sich entwickelt, wie wird es in der Schweiz und anderswo gespielt und unterrichtet? Ist es das neue Trendinstrument an den Musikschulen? Inwiefern fasziniert es den jungen Hackbrettspieler Nicolas Senn?

Focus

Des cordes et des baguettes, quel trapèze !
Les théories se bousculent autour de l’origine du tympanon

Das Hackbrett in der Schweiz

Ein kurzer Überblick ergänzt mit Bildern auf unserer Website

De Liszt à Kurtág : le cymbalum dans la musique savante

Quels compositeurs a-t-il inspirés, et comment l’enseigne-t-on ?

Spielformen und Unterricht

Das Hackbrett ist in vielen Musikstilen präsent

Man sieht, wie die Musik entsteht
Interview mit Nicolas Senn, der bereits auf eine lange Karriere als ¬Hackbrettspieler zurückblicken kann

… und ausserdem

RESONANCE

Ibrahim Maalouf : Velouté de trompette façon 21e siècle

Heinz Marti: Mit kritischem Blick und Ohr

Festival Alte Musik Zürich: Blicke auf die Schweizer Szene

M4Music: Gute Stimmung trotz schlechter Zahlen

Rezensionen Klassik — Neuerscheinungen Bücher, Noten, CDs

Carte Blanche mit Markus Ganz

CAMPUS

Songwriting à l’EJMA : l’expérience en accéléré

Eine App für Ludwig van Beethoven

Forum Musik und Alter: Bericht über die HKB-Tagung vom 29. März

klaxon Kinderseite — page des enfants

FINALE


Rätsel:
Pia Schwab sucht

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Kategorien

Das Hackbrett in der Schweiz

Bilder, Diskografie, Literatur und Links

Appenzeller Hackbrett erbaut von Johann Fuchs, Appenzell 1990. Foto: Badri Redha © Freilichtmuseum Ballenberg

Die folgende Bildstrecke ergänzt den Artikel von Brigitte Bachmann-Geiser Hackbrett in der Schweiz, der in der Schweizer Musikzeitung 5/2014 erschienen ist.

Die Bilder stammen aus dem Archiv von Brigitte Bachmann-Geiser, das sie in 40 Jahren Forschungsarbeit aufgebaut hat. Die Bilder dürfen nicht kopiert werden. Wer sich für einzelne Abbildungen interessiert, möge sich direkt an die Besitzer der Bilder oder an contact@musikzeitung.ch wenden.

 

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Diskografie

Hackbrett und Zithern in der Schweiz. Historische Aufnahmen (MGB 6258)

Oberwalliser Spillit (MGB 9704/9602/9202)

Heinz Holliger, Alb-Chehr. Geischter- und Älplermusig fer d Oberwalliser Spillit
(ECM New Series 1540)

Das neue Appenzeller Original Streichmusik Projekt (MGB CD 6174)

Noldi Alder mit Klangcombi. Hommage an die Streichmusik Alder zum 125-Jahr-Jubiläum (MGB-NV 12)

Töbi Tobler, Tell-Musik (MGS-NV 6)

Geschwister Küng (MGS-NV 18)

Paul Huber, Konzert für Hackbrett und Streichorchester (MH CD 1032)

Renato Grisoni, Suite lirica per salterio e organo (LP ZYT 274)

Karl-Heinz Schickhaus, Concerto per salterio (Werke von Leopold Mozart, Paolo Salunini, Niccolò Jommelli), Naxos CD 2205

Literaturhinweise/littérature

Brigitte Bachmann-Geiser: Volksmusik und Volksmusikinstrumente in der Kunstmusik der Schweiz unter besonderer Berücksichtigung des Hackbretts. In: Volksmusik in den Alpen. Interkulturelle Horizonte und Crossovers, hg. von Thomas Nussbaumer, Verlag Mueller-Speiser, Anif 2006, S. 207-223

Antoine-Elisée Cherbuliez: Quelques observations sur le «psalterion» (tympanon) populaire suisse «Hackbrett». In: Journal of the International Folk Music Council. Vol. 12, 1960, S. 23-27

Margret Engeler: Das Beziehungsfeld zwischen Volksmusik, Volksmusiker und Volksmusikpflege am Beispiel der Appenzeller Streichmusik, Verlag Schläpfer, Herisau/Trogen 1984

Brigitte Geiser: Das Hackbrett in der Schweiz, Visp 1973 (Schriften des Stockalper-Archivs in Brig 25)

Paul M. Gifford: The hammered dulcimer, Scarecow Press, Lanham Md., 2001

Christoph Pfändler: Das Schweizer Hackbrett heute und morgen. In: Bulletin. Publikationsorgan der GVS/SMPS und der CH-EM, 2013, S. 33-38 (gekürzte Fassung der Bachelor-Arbeit von C. P., Hochschule Luzern-Musik)

Amadé Salzmann: Das Hackbrett im Wallis. Instrumentenbau und Spielanleitung, Visp 1988

Karl-Heinz Schickhaus: Das Hackbrett. Geschichte und Geschichten, Tympanon St Oswald, 2001

Yvonne Schmid: Ein sensationeller Fund im Heimatmuseum. In: Davoser-Revue 88, 2013, S.8 13

Matthias Weidmann: Hackbrettschule. Lehrgang für das Appenzeller Hackbrett, Zentrum für Appenzeller Volksmusik, Gonten 2009; 2/2010

Links 

Résumé français

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