Die Direktion für Erziehung, Kultur und Sport (EKSD) des Kantons Freiburg vergibt das erstmals ausgeschriebene Stipendium für zeitgenössisches Musikschaffen (26’000 Franken) an die Freiburger Künstlerin Gael Kyriakidis. Die Ausgezeichnete ist besser bekannt unter dem Pseudonym Pony del Sol.

Dank einem Stipendium hat Pony del Sol 2007 während einem Jahr im Atelier Jean Tinguely gelebt, das die Stadt und der Kanton Freiburg in der Cité internationale des arts in Paris betreiben. Seit ihrer Rückkehr gibt sie regelmässig Bühnenkonzerte. Im März 2013 hat sie ihr erstes Album veröffentlicht.

Für die erstmalige Vergabe des Stipendiums haben sich 24 Kandidatinnen und Kandidaten beworben. Alle Strömungen der zeitgenössischen Musik sind dabei vertreten gewesen, von Chanson bis hin zu Electro, über Rock, Pop, Jazz und Reggae.

Die Expertenjury setzte sich zusammen aus Yvan Pochon (Amt für Kultur, Präsident der Jury), René Aeberhard (kantonale Kommission für kulturelle Angelegenheiten), Gilles Dupuis (Jazzkeller La Spirale), Davis Unternährer (Fri-Son) und Yann Zitouni (Westschweizer Radio). Nach drei Beratungsrunden fiel der Entschied der Jury einstimmig.

 

Kontroverse um deutsche Musikhochschulen

Der Landesrechnungshof Baden-Württemberg fordert laut einem Bericht des SWR, dass die Musikhochschulen im Land weniger Studenten aufnehmen sollen. Ausserdem müsse die Zahl der Nicht-EU-Ausländer reduziert werden – er beträgt bis zu 50 Prozent.

Foto: Sebastian Bernhard – Pixelio.de

Es sei nicht einzusehen, so der Landesrechnungshof, dass in Deutschland in erheblichem Masse angehende Musiker aus Japan oder China unentgeltlich studieren dürften, schreibt der SWR weiter.

Deutsche Nachwuchsmusiker seien oft chancenlos gegen die Konkurrenz aus dem Ausland. Musikhochschulen müssten sich zunehmend fragen lassen, ob ihre Standards noch zeitgemäss sind, kommentiert der Sender. Es müsse auch diskutiert werden, ob sich Baden-Württemberg nach wie vor fünf Musikhochschulen leisten könne.

Das Musikmagazin SWR2 Cluster widmet der Kritik an den Musikhochschulen einen Themenschwerpunkt vom 15. bis 19. Juli, täglich um 15.05 Uhr. Der Landesrechnungshof selbst wird dabei ebenso zu Wort kommen wie Wissenschaftsministerin Theresia Bauer und die Vertreter der Musikhochschulen.

 

Der Zürcher Stadtrat beantragt dem Gemeinderat, den jährlichen Unterstützungsbeitrag für die Festspiele Zürich um 200 000 Franken zu erhöhen. Die zusätzlichen Mittel sollen «gezielt und ausschliesslich künstlerischen Produktionen der mittleren und kleineren Kulturinstitutionen zugutekommen».

Mit der Erhöhung unterstütze die Stadt die ihrer Ansicht nach erfolgreiche Neuausrichtung der Festspiele Zürich, und sie ermögliche, vermehrt Produktionen von mittleren und kleineren Kulturinstitutionen ins Festspielprogramm aufzunehmen, heisst es in der offiziellen Medienmitteilung.

Die Festspiele würden damit noch stärker «zu einem Kulturfest für Stadt und Region Zürich und zu einem attraktiven Abschluss des Zürcher Kulturjahrs».

Der Stadtrat beantragt dem Gemeinderat zudem die Ende 2013 auslaufenden Beiträge an das Theater Rigiblick für die Jahre 2014 bis 2017 zu verlängern. Die jährliche Unterstützung soll um 100 000 Franken auf neu insgesamt 490 000 Franken erhöht werden. Die Unterstützung für das Miller’s Studio soll in den Jahren 2014 bis 2017 in unveränderter Höhe von jährlich 154 640 Franken fortgesetzt werden.

 

 

Deutschland kennt im Gegensatz zur Schweiz eine dedizierte Künstlersozialversicherung, die unter anderem von Abgaben von Veranstaltern gespiesen wird. Die Einnahmen sind allerdings empfindlich gesunken, und die Politik steht nur halbherzig zum Künstler-Sozialwerk.

Anfang Juni hat der Bundestagsausschuss für Kultur und Medien mit den Stimmen der Regierungskoalition einen für den Fortbestand der Künstlersozialkasse wichtigen Passus aus dem Regierungsentwurf zur «Neuorganisation der bundesunmittelbaren Unfallkassen, zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und zur Änderung anderer Gesetze» gestrichen.

Der DTKV hat deshalb eine E-Petition beim Deutschen Bundestag gestartet, um eben diesen Punkt wieder aufzunehmen. Er will die Deutsche Rentenversicherung gesetzlich dazu verpflichten, im Rahmen ihrer Betriebsprüfungen – spätestens alle vier Jahre – zu kontrollieren, ob die Unternehmen, die Künstler beschäftigen, ihrer Abgabeverpflichtung nachgekommen sind.

Die Künstlersozialversicherung (KSV) ist Teil der gesetzlichen Sozialversicherung. Sie verpflichtet freischaffende Künstler und Publizisten zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung.

Der Finanzbedarf wird zur Hälfte aus Beiträgen der Versicherten aufgebracht. Die andere Beitragshälfte tragen die Steuerzahler über einen Zuschuss des Bundes und die «Verwerter» von künstlerischen Leistungen in Form einer Künstlersozialabgabe, die im Jahr 2012 3,9 % aller Honorarzahlungen an einen selbständigen Künstler oder Publizisten betrug. Der Beitragssatz ist 2013 auf 4,1 % gestiegen. In den Folgejahren ist mit weiteren und erheblicheren Steigerungen zu rechnen.

Die Künstlersozialkasse (KSK) sei allerdings in ihrer Existenz gefährdet, da immer weniger Unternehmen und Einrichtungen ihrer Abgabeverpflichtung nachkämen, schreibt der DTKV.
 

Ein Chor und ein Blasorchester reisen nach Rom

Der Kanton Schwyz ist am 6. Mai 2014 im Vatikan offizieller Gastkanton an der Vereidigung der päpstlichen Schweizergarde. Dabei wird die Messe und die Vereidigungszeremonie von Musikformationen des Kantons umrahmt. Der Schwyzer Regierungsrat hat entschieden, welche dies sein werden.

Foto: Andreas Walker, wikimedia commons

Bei den Musikformationen hat sich der Regierungsrat für das Schwyzer Kantonale Jugendblasorchester (SKJBO) unter der Leitung von Urs Bamert entschieden. Es wird am Sacco di Roma den Apéro und die Vereidigungszeremonie musikalisch umrahmen.

Bei den Chören ist die Wahl auf den Singkreis Brunnen gefallen. Er wird seinen Hauptauftritt während der Messe im Petersdom am Morgen der Vereidigung haben. Das sei auch der Hauptgrund, warum die Wahl auf einen Kirchenchor und nicht auf einen Jodel-, Trachten- oder Männerchor gefallen sei, schreibt der Kanton in der offiziellen Mitteilung.

Mit der Vereidigungsfeier für die neuen Rekruten gedenkt die Schweizergarde jeweils am 6. Mai dem Sacco di Roma, der Plünderung Roms am 6. Mai 1527, bei der die Schweizergarde Papst Clemens VII verteidigt hatte.

Seit 2008 wählt die Schweizergarde jedes Jahr einen Gastkanton für diese Feierlichkeiten. 2014 ist dies der Kanton Schwyz, der mit einer offiziellen Delegation nach Rom reisen wird – angeführt vom Regierungsrat, der in corpore am Sacco die Roma teilnehmen wird.

Nur Wochen nach der Auflösung der griechischen ERT-Orchester ereilt einen weiteren europäischen Radio-Klangkörper das gleiche Schicksal: Die Netherlands Radio Chamber Philharmonic steht vor dem Aus. Lichter gelöscht werden auch in Mallorca.

Laut einer Meldung des australischen Fachblattes «Limelight» wird das Ensemble am 14. Juli im Royal Concertgebouw sein letztes Konzert geben. Das 2005 gegründete und damals von Jaap van Zweden geleitete Orchester wird Opfer der desolaten holländischen Staatsfinanzen.

Das Orchester, das 2008 den renommierten nationalen Muziekgebouw Prize für seine Interpretation von Richard Rijnvos’ «NYConcerto» erhalten hat, hat sich vor allem mit seinem Einsatz für zeitgenössische Musik einen Namen gemacht.

Bereits 2010 hat es Anstalten gegeben, Beiträge der öffentlichen Hand für das Orchester zu streichen. Damals konnte dies noch verhindert werden.

Die Schliessungen staatlich finanzierter Orchester in Holland und Griechenland sind nicht die einzigen Europas. Ebenfalls liquidiert wird das Orquesta de Baleares in Mallorca, das ebenfalls keine öffentlichen Gelder mehr erhält.

Schweizer Erfolg beim Belvedere-Wettbewerb

Die Schweizer Mezzosopranistin Eve-Maud Hubeaux hat beim renommierten Internationalen Hans-Gabor-Belvedere-Gesangswettbewerb in Amsterdam ex aequo den zweiten Platz erreicht.

Foto: © by courtesy of Vera Markus

Gewinner des Wettbewerbs ist der südkoreanische Bariton Dong-Hwan Lee. Er hat sich im Finale gegen zwölf weitere Finalisten durchgesetzt. Der erste Preis ist mit 7000 Euro dotiert und gilt als wichtiger Türöffner zu den grossen Opernhäusern der Welt.

Eve-Maud Hubeaux teilt den zweiten Platz mit dem russischen Bariton Roman Burdenko. Den Publikumspreis und die Auszeichnung der internationalen Medienjury hat der Tenor Rheinaldt Moagi erhalten.

Für den 1982 ins Leben gerufenen Belvedere-Wettbewerb werden in 50 Städten weltweit Vorauswahlen abgehalten. Die Jury besteht aus Intendanten, Opern- und Castingdirektoren der grossen Opernhäuser. Frühere Gewinner sind unter anderen Angelika Kirchschlager, Ildikó Raimondi, Peter Edelmann und Elina Garanca.

Mehr Infos: www.belvedere-competition.com

Schweizer Popmusik-Demos 2013

m4music, das Popmusikfestival des Migros-Kulturprozent, hat die Compilation «The Best of Demotape Clinic 2013» veröffentlicht.

Gewinner der Demotape Clinic 2013. Foto: Pete Cameron Dominkovits, m4music,SMPV

«The  Best of Demotape Clinic 2013» bietet einen einzigartigen Einblick in das Schaffen des Schweizer Popmusik-Nachwuchses. Die CD wird in einer Auflage von 6000 Stück produziert und geht an die Entscheidungsträger der Schweizer Musikszene. Sie gelangt nicht in den Verkauf.
 
Für die 15. Demotape Clinic haben Newcomer aus der ganzen Schweiz 777 Demos in den Kategorien Pop, Rock, Urban und Electronic eingereicht. Eine Jury hörte sich sämtliche Tracks an und präsentierte die besten davon im März 2013 am Festival m4music. Branchenprofis kommentierten die Demos öffentlich vor dem Festivalpublikum und gaben den Bands wertvolle Tipps. Der Preis «Demo of the Year» 2013 ging an die Rheintaler Band Pedro Lehmann für den Song Hurricane.
 
Die spannendsten Demos, darunter auch die Gewinner der Suisa-Foundation-Awards, sind zum achten Mal auf einer CD-Compilation vereint. Die vertretenen Gruppen kommen aus der ganzen Schweiz: von Basel bis Ascona, von Genf bis Altstätten. Das Migros-Kulturprozent versendet die CD an die wichtigsten Akteure der Schweizer Musikszene, wie zum Beispiel Musikjournalisten, Clubbesitzer, Booker, Musik- und Labelmanager, und macht diese so auf den Nachwuchs aufmerksam.

Die CD kann angehört und – solange der Vorrat reicht – kostenlos bestellt werden unter www.demotapeclinic.ch

WEKO eröffnet Untersuchung im Bereich Saiteninstrumente

Die Wettbewerbskommission (WEKO) hat eine Untersuchung gegen die Zofinger Instrumentenhändlerin Musik Olar AG eröffnet. Wegen konkreter Anhaltspunkte für das Vorliegen von kartellrechtlich unzulässigen Wettbewerbsabreden ist eine Hausdurchsuchung durchgeführt worden.

Foto: Djscho (Joachim Frewert) – Pixelio.de

In Bezug auf den Vertrieb von Saiteninstrumenten lägen den Wettbewerbsbehörden konkrete Informationen vor, die auf das Vorliegen von Abreden über Mindest- oder Festpreise (sogenannte Preisbindungen der zweiten Hand) hindeuteten, schreibt die Bundesverwaltung. Betroffen seien insbesondere Gitarren, Bässe und Zubehör der Marken Ibanez, Martin und Fulltone.

Diesen Informationen zufolge habe die Musik Olar AG auf ihre Wiederverkäufer systematisch Druck ausgeübt, in erster Linie durch die direkte Beeinflussung der Preis- und Rabattpolitik.

Es bestünden zudem Indizien, welche darauf hindeuteten, dass die Preisbindungen der zweiten Hand unter Mitwirkung anderer Marktteilnehmer zustande gekommen seien. Mit der Untersuchung soll geprüft werden, ob kartellrechtlich unzulässige Wettbewerbsabreden im genannten Sinne vorliegen.

Mit Klavierwerken von Aargauer Komponisten gelingt eine Reise durch Zeiten und Stile.

Von einer Wanderung op.17: Nr.1 Ausfahrt,Von einer Wanderung op.17: Nr. 20 Das schöne Hexlein Heiderlau,Elegie – Barcarola: Andante con moto

Die Aargauer Pianistin Beata Wetli hat eine kleine Anthologie mit Aargauer Komponisten aus dem 19. und 20. Jahrhundert unter dem Titel Aargauer Wanderungen eingespielt. Sofort wird hörbar, wie sehr das Klavier prädestiniert ist, seit der frühen Romantik auch für weniger spektakuläre Klanggebilde eine poetische Atmosphäre zu schaffen, zu parlieren, zu träumen, zu erzählen, zu fantasieren und Stimmungen einzufangen. Bildhaft und poetisch sind die passendsten Attribute dieses Tonträgers, der nebst einer grossen stilistischen Vielfalt – von frühromantischer Klangsprache über spätromantisch-impressionistische Anregungen bis zu neoklassizistischem Tongebilde ist alles zu hören – auch Ersteinspielungen bietet.
Im Vordergrund stehen die 22 kleinen Klavierstücken Von einer Wanderung (op.17) von Werner Wehrli. Sein meisterlicher Zyklus steht synonym für den programmatischen Titel der CD. Daneben sind auch Werke von Friedrich Theodor Fröhlich, Ernst Widmer, Emil Frey, Walther Geier, Ernest Bloch, von Busoni-Meisterschüler Robert Blum und glücklicherweise auch von Multitalent Peter Mieg zu hören. Und es ist zugleich klar, dass manche Komponisten nicht berücksichtigt wurden wie Carl Attenhofer, Hermann Suter oder Heinrich Sutermeister.
Das mag man zwar zunächst bedauern. Doch angesichts der Eindringlichkeit von Wetlis impressionistischer Klangverfeinerung, die auch tontechnisch sehr vorteilhaft eingefangen ist, darf man hoffen, dass eine Folge-Edition geplant ist mit weiteren Komponisten. Zu wünschen wäre es. Denn der Aargau bietet eine unerschöpfliche Quelle für Klaviermusik aus 150 Jahren. Jedenfalls macht diese Einspielung Lust auf mehr.

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Werner Wehrli (1892-1944)
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Friedrich Theodor Fröhlich (1803-1836)
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Aargauer Wanderungen. Klaviermusik von Aargauer Komponisten aus 150 Jahren. Beata Wetli, Klavier. Wiediscon WD 9451

Mitglieder des Tonhalle-Orchesters Zürich (Leitung David Zinman) und die Zürcher Konsi Strings (Leitung Philip A. Draganov) veranstalten am 14. September 2013 zugunsten der Forschungsstiftung «Kind und Krebs» ein Benefizkonzert.

Die Schweizer Forschungsstiftung «Kind und Krebs» unterstützt die Kinderkrebsforschung systematisch und leistet an die durch den medizinischen Fachausschuss ausgewählten, kliniknahen Projekte finanzielle Beiträge.

Die aus den Forschungsprojekten gewonnenen Erkenntnisse sollen es den Spezialisten ermöglichen, präzisere Diagnosen zu stellen und spezifische Therapieformen zu entwickeln. Auf diese Weise trägt «Kind und Krebs» dazu bei, die Heilungschancen der an Krebs erkrankten Kinder weiter zu verbessern.

Die gesamten Einnahmen des Benfizkonzertes gehen zugunsten der Stiftung. Die Musiker, die Dirigenten und die Solisten stellen ihre Gagen vollständig zur Verfügung – ebenso verzichtet die Tonhalle auf Kostenerstattung.

Gespielt werden Beethovens «Egmont»-Ouvertüre und Tripelkonzert sowie Piazzollas «Cuatro Estaciones Porteñas». Karten für das Benefizkonzert sind ab sofort im Vorverkauf der Tonhalle erhältlich.

Mehr Infos: www.tonhalle-orchester.ch

Ein Buch nimmt sich mit dem Themenfeld «Musik und Gehirn» zuviel vor und rutscht auch zuweilen aus.

Auf gerade mal 190 Seiten gelingt es Thomas Richter, die Themen «Musik und Gehirn», «Musik und Menschheitsgeschichte» und sogar «Die Zukunft des Gehirns» unterzubringen. Respekt, sagt man da, zumal es sich ja nicht nur um grosse Problemfelder handelt, sondern auch um weithin Unerforschtes, ja sogar um Prophezeiungen. Richter misst sich nicht an, all das klären zu können, was er anspricht. «Vieles bleibt offen», heisst es am Ende des Buches. Gleich zu Beginn räumt der frühere Pianist und heutige Berater pharmazeutischer Untenehmen zu Recht ein: «Die Hirnforschung wird klar unterscheiden müssen, was sie sagen kann und was ausserhalb ihres Zuständigkeitsbereiches liegt, so wie die Musikwissenschaft (…) zu Bachs Fuge einiges zu sagen hat, zur Erklärung ihrer einzigartigen Schönheit aber schweigen muss.» (S. 8)

Die Relativierung mehr oder weniger wissenschaftlicher Methoden führt Richter zu einem feuilletonistischen Knäuel diverser Argumentationsstränge. Evolutionistische Theorien fristen ein erquickliches Dasein, hinzu gesellen sich strenger schulmedizinische Erörterungen über Funktionsweisen unseres Hirns, subjektive Kommentare zu eigenen Musikvorlieben oder auch Spekulationen über die Frequenz-Variationen unseres Kammertons a. Kurzweilig ist das durchaus; bei der Darstellung ungeheurer Gehirnleistungen beim Hören und Musizieren überzeugen des Autors Kompetenzen. Mit fortschreitender Lektüre aber drängt sich der Eindruck einer gewissen Geschwätzigkeit auf; zu viel scheint einfach so aus dem Ärmel geschüttelt. Und ein ums andere Mal führen Richter seine Subjektivismen aufs Glatteis. Vollends rutscht er aus, wenn er immer wieder auf die «Zwölftonmusik» oder «Neutöner» zu sprechen kommt. Hatte Friedrich Blume einst das «Naturereignis» Musik dazu missbraucht, der Elektronischen Musik ihr Daseinsrecht abzusprechen, so verfährt Richter nicht prinzipiell anders. Bei ihm ist es eben das (naturgegebene) Hirn, das offenbar nicht bereit ist, den Schritt mitzumachen von der Tonalität zur Atonalität, von der schönen Melodie zur zusammenhangslosen Tonansammlung schönbergscher Prägung: «Das Gehirn wehrt sich gegen die atonalen, dissonanten Stücke der Zwölftonmusik, da mag sie noch so sehr die Musiktheorie wie auch die kompositorische Praxis im 20. Jahrhundert beeinflusst haben.» (S. 45)

Auf Dauer wirken solch rückschrittliche Stereotype nicht nur geschwätzig, sondern auch ärgerlich. Zumal dann, wenn die Funktionsweisen des Gehirns nach eigenen Worten ungeklärt sind, zumal dann, wenn in unsäglicher (plötzlich doch unangenehm zeitgemässer) Manier die omnipräsente Quote ins Spiel kommt. Als Beleg für die der menschlichen Aufnahmefähigkeit nicht angepasste Musik nach Schönberg dient der Rausschmiss des Dortmunder Generalmusikdirektors, der gehen musste, weil er sich um die zeitgenössische Musik bemühte und, als Folge, wegen «dramatisch sinkender Auslastungen» (S. 45). Möge also den Klassikern wieder mal ein unendliches Leben beschieden sein! Zumindest bisher sind Konzerte mit Beethoven und Schubert ja immer voll.

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Thomas Richter, Warum man im Auto nicht Wagner hören sollte. Musik und Gehirn, 200 S., € 8.95, Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-020255-5

Ganze sechs Jahre hat das Singer-Songwriter-Duo Princess And The Bear mit seinem Debüt zugewartet. Jetzt überzeugt es mit Liedern voller Anmut.

Princess And The Bear, das klingt nach Märchen. Und nicht so sehr nach Alpen oder Hamburg. Doch das Duo hat ein ordentliches Stück Herz im Hafen der norddeutschen Metropole liegen lassen und sein erstes Album Sleeping In The Bee House in einer Holzhütte auf dem Bürgenstock eingespielt. Wo die beiden während der Aufnahmen auch genächtigt haben, und zwar – der Titel deutet es an – in einem umgebauten Bienenhäuschen. Gut möglich, dass das Werk deshalb so innig wirkt. Wie eine Ballade auf engstem Raum.

Die Aufgabenverteilung bei Princess And The Bear ist klar: Simone Schorro ist die Sirene, die singt und Glockenspiel betreibt, während Gitarrist Michael Tobler als stiller Partner und Stichwortgeber agiert. Obschon sich die beiden bereits vor sechs Jahren zusammengeschlossen haben, ist Sleeping In The Bee House ihr erstes gemeinsames musikalisches Zeugnis. Und was für eins. Die Luzernerin und der Zürcher schaffen luftige Liedkreaturen aus Folk, jazzigem Pop und einer alles umschlingenden Melancholie, die trotz ihrer inhaltlichen Schwere auch sanften Schwung besitzen. Dabei fahren Princess And The Bear ein ausgesprochen tiefes Tempo, aalen sich im wohl Temperierten und widmen sich der Fragilität.

Schorros Gesang steht im Zentrum, kreist, schwankt und bestimmt; ihre Stimme mutet an wie eine Flaschenpost auf hoher, aber stiller See. Passend dazu ächzt auf Stücken wie «100 Years» oder «I Still Miss You» ein Akkordeon, einer sich biegenden Planke gleich. Die ebenso geschmeidigen wie knorrigen Lieder erzählen von Schmetterlingen, Türen oder Ankern, sind eher verträumt denn verspielt und voller Verwerfungen. Aus dem Album spricht die Sehnsucht. Und die Kraft. So sehr, dass sich feststellen lässt: Sleeping In The Bee House ist ein Ereignis.

 

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Princess And The Bear: Sleeping In The Bee House
www.princessandthebear.ch

Warum man im Auto nicht Wagner hören sollte

Ein Buch nimmt sich mit dem Themenfeld «Musik und Gehirn» zuviel vor und rutscht auch zuweilen aus.

Ausschnitt aus dem Buchcover

Auf gerade mal 190 Seiten gelingt es Thomas Richter, die Themen «Musik und Gehirn», «Musik und Menschheitsgeschichte» und sogar «Die Zukunft des Gehirns» unterzubringen. Respekt, sagt man da, zumal es sich ja nicht nur um grosse Problemfelder handelt, sondern auch um weithin Unerforschtes, ja sogar um Prophezeiungen. Richter misst sich nicht an, all das klären zu können, was er anspricht. «Vieles bleibt offen», heisst es am Ende des Buches. Gleich zu Beginn räumt der frühere Pianist und heutige Berater pharmazeutischer Untenehmen zu Recht ein: «Die Hirnforschung wird klar unterscheiden müssen, was sie sagen kann und was ausserhalb ihres Zuständigkeitsbereiches liegt, so wie die Musikwissenschaft (…) zu Bachs Fuge einiges zu sagen hat, zur Erklärung ihrer einzigartigen Schönheit aber schweigen muss.» (S. 8)

Die Relativierung mehr oder weniger wissenschaftlicher Methoden führt Richter zu einem feuilletonistischen Knäuel diverser Argumentationsstränge. Evolutionistische Theorien fristen ein erquickliches Dasein, hinzu gesellen sich strenger schulmedizinische Erörterungen über Funktionsweisen unseres Hirns, subjektive Kommentare zu eigenen Musikvorlieben oder auch Spekulationen über die Frequenz-Variationen unseres Kammertons a. Kurzweilig ist das durchaus; bei der Darstellung ungeheurer Gehirnleistungen beim Hören und Musizieren überzeugen des Autors Kompetenzen. Mit fortschreitender Lektüre aber drängt sich der Eindruck einer gewissen Geschwätzigkeit auf; zu viel scheint einfach so aus dem Ärmel geschüttelt. Und ein ums andere Mal führen Richter seine Subjektivismen aufs Glatteis. Vollends rutscht er aus, wenn er immer wieder auf die «Zwölftonmusik» oder «Neutöner» zu sprechen kommt. Hatte Friedrich Blume einst das «Naturereignis» Musik dazu missbraucht, der Elektronischen Musik ihr Daseinsrecht abzusprechen, so verfährt Richter nicht prinzipiell anders. Bei ihm ist es eben das (naturgegebene) Hirn, das offenbar nicht bereit ist, den Schritt mitzumachen von der Tonalität zur Atonalität, von der schönen Melodie zur zusammenhangslosen Tonansammlung schönbergscher Prägung: «Das Gehirn wehrt sich gegen die atonalen, dissonanten Stücke der Zwölftonmusik, da mag sie noch so sehr die Musiktheorie wie auch die kompositorische Praxis im 20. Jahrhundert beeinflusst haben.» (S. 45)

Auf Dauer wirken solch rückschrittliche Stereotype nicht nur geschwätzig, sondern auch ärgerlich. Zumal dann, wenn die Funktionsweisen des Gehirns nach eigenen Worten ungeklärt sind, zumal dann, wenn in unsäglicher (plötzlich doch unangenehm zeitgemässer) Manier die omnipräsente Quote ins Spiel kommt. Als Beleg für die der menschlichen Aufnahmefähigkeit nicht angepasste Musik nach Schönberg dient der Rausschmiss des Dortmunder Generalmusikdirektors, der gehen musste, weil er sich um die zeitgenössische Musik bemühte und, als Folge, wegen «dramatisch sinkender Auslastungen» (S. 45). Möge also den Klassikern wieder mal ein unendliches Leben beschieden sein! Zumindest bisher sind Konzerte mit Beethoven und Schubert ja immer voll.

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Thomas Richter, Warum man im Auto nicht Wagner hören sollte. Musik und Gehirn, 200 S., € 8.95, Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-020255-5

Impressionistische Klangverfeinerung

Mit Klavierwerken von Aargauer Komponisten gelingt eine Reise durch Zeiten und Stile.

Werner Wehrli, vor 1944. Unbekannter Fotograf / wikimedia commons

Die Aargauer Pianistin Beata Wetli hat eine kleine Anthologie mit Aargauer Komponisten aus dem 19. und 20. Jahrhundert unter dem Titel Aargauer Wanderungen eingespielt. Sofort wird hörbar, wie sehr das Klavier prädestiniert ist, seit der frühen Romantik auch für weniger spektakuläre Klanggebilde eine poetische Atmosphäre zu schaffen, zu parlieren, zu träumen, zu erzählen, zu fantasieren und Stimmungen einzufangen. Bildhaft und poetisch sind die passendsten Attribute dieses Tonträgers, der nebst einer grossen stilistischen Vielfalt – von frühromantischer Klangsprache über spätromantisch-impressionistische Anregungen bis zu neoklassizistischem Tongebilde ist alles zu hören – auch Ersteinspielungen bietet.

Im Vordergrund stehen die 22 kleinen Klavierstücken Von einer Wanderung (op.17) von Werner Wehrli. Sein meisterlicher Zyklus steht synonym für den programmatischen Titel der CD. Daneben sind auch Werke von Friedrich Theodor Fröhlich, Ernst Widmer, Emil Frey, Walther Geier, Ernest Bloch, von Busoni-Meisterschüler Robert Blum und glücklicherweise auch von Multitalent Peter Mieg zu hören. Und es ist zugleich klar, dass manche Komponisten nicht berücksichtigt wurden wie Carl Attenhofer, Hermann Suter oder Heinrich Sutermeister.

Das mag man zwar zunächst bedauern. Doch angesichts der Eindringlichkeit von Wetlis impressionistischer Klangverfeinerung, die auch tontechnisch sehr vorteilhaft eingefangen ist, darf man hoffen, dass eine Folge-Edition geplant ist mit weiteren Komponisten. Zu wünschen wäre es. Denn der Aargau bietet eine unerschöpfliche Quelle für Klaviermusik aus 150 Jahren. Jedenfalls macht diese Einspielung Lust auf mehr.

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Aargauer Wanderungen. Klaviermusik von Aargauer Komponisten aus 150 Jahren. Beata Wetli, Klavier. Wiediscon WD 9451

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