ZHdK zeichnet Master-Studierende aus

Die Cellistin Rosamund Ender, der Schlagzeuger Corsin Hobi und der Trompeter Cédric Peyer erhalten den Werner und Berti Alter-Preis 2020. Der Preis prämiert hervorragende ZHdK-Abschlussprüfungen im Master Music Pedagogy.

Die Zürcher Hochschule der Künste befindet sich im Toni Areal. Foto: Betty Fleck@ZHdK

Rosamund Ender studiert Violoncello bei Roel Dieltiens, Corsin Hobi Schlagzeug bei Tony Renold und Cédric Peyer Trompete bei Laurent Tinguely. Rosamund lebt und arbeitet als Cellistin und Schriftstellerin in Zürich. Als Lehrerin und Freelancer ist sie aktiv in unterschiedlichen musikalischen Formationen in und um Zürich. Corsin Hobi ist Jazzmusiker ud beherrscht neben dem Schlagzeug auch das Klavier und die Gitarre. Er unterrichtet in Zürich Jazz und Modern Drumming.

Die 1980 in Zürich gegründete Werner und Berti Alter-Stiftung richtet einen Preis für den besten Pädagogikabschluss im Studiengang Master of Arts in Music Pedagogy Klassik und Jazz/Pop am Departement Musik der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) aus. Es soll damit «der Beruf des Vokal- und Instrumental-Musikpädagogen gewürdigt werden».

Acht Gesangspreise vergeben

Der vierzehnte Musikwettbewerb der Marianne und Curt Dienemann-Stiftung Luzern war für Lied und Liedgesang ausgeschrieben. Die Altersgrenze betrug 28 Jahre.

Chelsea Zurflüh erhielt den ersten Preis. Foto: Clara Thangarajah

Die Dienemann-Stiftung konnte den Wettbewerb anfangs Juli durchführen. Die Jury vergab insgesamt zehn Preise, davon zwei kleine Anerkennungspreise.

Mit dem ersten Hauptpreis von 10 000 Franken zeichnete sie Chelsea Zurflüh, Pieterlen, aus.
Je einen zweiten Hauptpreis von 8000 Franken erhielten Maximilian Vogler, Zürich, Camila Meneses, Basel sowie Maja Bader, Luzern.
Vier Auszeichnungen zu je 5000 Franken wurden gesprochen an Raphaela Felder, Basel, Maria Korovatskaya, Zürich, Julia Siegwart, Suhr, und Selina Maria Batliner, Bolligen.

Die Details für die Ausschreibung des Wettbewerbs 2021 werden im November festgelegt.
 

Musikschulen gegen Corona-Folgen sichern

Musikschulen gegen Corona-Folgen sichern – Strukturen und Zukunftsfähigkeit stärken! ist der Tenor der Koblenzer Erklärung, die der Verband deutscher Musikschulen (VdM) auf seiner Hauptarbeitstagung und Trägerkonferenz in Koblenz verabschiedet hat.

Symbolbild (Ausschnitt): William Iven / unsplash.com

Darin fordert der VdM von Bund und Ländern, in einem weiteren Digitalpakt die Musikschulen als öffentliche Bildungseinrichtungen durch angemessene Investitionsförderung in die digitale Infrastruktur ebenso zu unterstützen, wie die allgemeinbildenden Schulen im bisherigen Digitalpakt.

In Podiumdiskussionen, Vorträgen und Arbeitsgruppen diskutierten zwei Tage über 200 Teilnehmer gemeinsam mit Vertretern der kommunalen Spitzenverbände die Digitalisierung der Musikschulen im Hinblick auf Bildungsmanagement und Transformationsprozesse.

Themen dabei waren gelungene und rechtssichere Digitalisierungsmöglichkeiten im Bereich der Kommunikation und im Unterrichtskontext, die weitere Etablierung und Sicherung von Kooperationsmöglichkeiten mit Kindertagesstätten und allgemeinbildenden Schulen sowie die inklusive Arbeit mit Menschen mit Behinderung gerade in Zeiten von Corona.

Mehr Infos:
https://www.musikschulen.de/aktuelles/news/index.html?newsid=2895

Nachwuchsförderung in der «Prärie»

Henri Thiébaud und Margrith Thiébaud-Frey legten 1995 mit ihrer Stiftung die Grundlage für das heutige Kulturzentrum La Prairie in Bellmund.

Villa La Prairie mit Konzertsaal. Foto: Stiftung Thiébaud-Frey,Foto: Guy Perrenoud/Stiftung Thiébaud-Frey,SMPV

Ziel der Stiftungsgründer Henri Thiébaud (1906–2001) und Margrith Thiébaud-Frey (1909–2004) war es, mit ihrem in der Uhrenindustrie erarbeiteten Vermögen ihre La Prairie genannte Villa in Bellmund samt grossem Umschwung und mit Blick auf den Bielersee als «Kulturzentrum für alle Zukunft» zu erhalten. Bis 2004 wurden junge Nachwuchskünstlerinnen und -künstler zu gelegentlichen Konzerten im Salon der Villa im engen Freundeskreis eingeladen. Nach der Klärung vieler rechtlicher Fragen konnte ab 2007 die Umsetzung des Stiftungsauftrags an die Hand genommen werden. Samuel Dähler führte Konzertreihen ein mit mehrheitlich Nachwuchskräften («Jeunesse») aber auch mit renommierten Künstlerinnen und Künstlern («Excellence»). Die aus den Fünfzigerjahren stammende Villa wurde renoviert und mit einem 100 Plätze umfassenden Kammermusik-Konzertsaal erweitert. Für akustische Fragen war Jürgen Reinhold von BBM München beigezogen worden. Mit einem Konzert des Oliver Schnyder Trios wurde das Kulturzentrum La Prairie am 2. April 2016 mit dem neuen Konzertsaal eröffnet.

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Der Konzertsaal wurde 2016 eröffnet.

Flurin Tschurr, Stiftungsratsmitglied von 2008 bis 2019, etablierte die Zusammenarbeit mit den regionalen Musikschulen und bereits seit 2005 richtet die Stiftung Preise im Rahmen des Schweizerischen Jugendmusikwettbewerbs aus. Seit 2017 leitet Gunhard Mattes die Stiftungsaktivitäten. Der Schwerpunkt liegt nach wie vor bei der Veranstaltung stiftungseigener Konzerte, hinzugekommen ist die Reihe «Lauréats».

Das erste Konzert der Saison 2020/21 feierte mit dem Auftritt des Oliver Schnyder Quintetts das 25-jährige Bestehen der Stiftung. Bis Ende Juni 2021 stehen rund 20 Konzerte auf dem Programm. Meist beginnen sie am frühen Abend und enden mit einem Imbiss, bei dem sich Publikum und Ausführende näherkommen. Zum Jubiläum haben Elisabeth Aellen, Geschäftsleiterin, und Gabrielle Wanzenried, Stiftungsrätin, eine Festschrift publiziert, die Hintergründe, Entstehungsgeschichte und die aktuelle Situation der Stiftung reich bebildert dokumentiert.
 

Kontakt und Veranstaltungskalender über:

http://laprairiebellmund.ch
 

Ouvertüre «Die Weihe des Hauses»

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf die Ouvertüre «Die Weihe des Hauses».

Nicht erst seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert werden Theater, Philharmonien, Konzert- und Opernhäuser neu oder auch nur umgebaut. Als das alte Josefstädter Theater in Wien zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu klein geworden war, wurde es gar abgerissen und bis 1822 durch einen bis heute bestehenden, in der Zwischenzeit nochmals erweiterten Neubau ersetzt. Für die feierliche Einweihung am 3. Oktober 1822 schuf Carl Meisl (1773–1853) ein im Titel des späteren Drucks als «Gelegenheitsstück» bezeichnetes Schauspiel, zu dem Beethoven einzelne Nummern aus seiner Musik zu Die Ruinen von Athen op. 113 (1811) übernahm und auf Wunsch des Theaterdirektors Karl Friedrich Hensler (1759–1825) eine neue Ouvertüre hinzufügte. Der ersten Vorstellung stand er auch am Pult vor – ob er sie wirklich leitete, muss nach einem Bericht der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung allerdings offen blieben: «Der Meister dirigirte selbst; da man jedoch seinen leider noch immer geschwächten Gehörswerkzeugen nicht sicher vertrauen kann, so war ihm im Rücken Hr. Kapellmeister Franz Joseph Gläser 1798–1861 postirt, um dem gleichfalls neuorganisirten Orchester des Autors Willensmeynung erst recht eigentlich zu verdollmetschen, welches doppelte, nicht selten ganz verschiedene, Taktiren sich in der That recht sonderbar gestaltete. Dennoch ging Alles so ziemlich glücklich von statten.»

Auch zur Eröffnung des Königstädter Theaters in Berlin wurde die Ouvertüre am 4. August 1824 aufgeführt; Carl Wilhelm Henning hatte während eines Besuches in Wien eine Abschrift von Beethoven erworben. Die sich hörbar mit Händel musikalisch auseinandersetzende Komposition scheint noch immer wie gemacht für derartige Anlässe. Allerdings muss es ein Missverständnis gegeben haben: Während Beethoven von einer Aufführung ausging, glaubte Henning, das Werk als Ganzes erworben zu haben – und veröffentlichte Ende 1824 einen Klavierauszug zu vier Händen. Beethoven reagierte verärgert und machte auf einem Exemplar seinem Unmut Luft, indem er ihn als «verstümmelt» bezeichnete. Als man in Berlin der ergangenen Aufforderung nicht nachkam, den Verkauf dieser Ausgabe zu stoppen, gingen Beethoven und sein Originalverlag in die Offensive mit einer «Warnung» überschriebenen und mehrfach publizierten Richtigstellung: «Ich halte es für meine Pflicht, das musikal. Publikum vor einem gänzlich verfehlten, von der Originalpartitur abweichenden Clavierauszuge meiner letzten Ouverture, zu 4 Händen, welche unter dem Titel: Festouverture von L. v. B. bey Trautwein in Berlin herausgekommen ist, zu warnen, um so mehr, da die Clavierauszüge zu 2 und 4 Händen, von Herrn Carl Czerny verfasst, und der Partitur völlig getreu, nächstens in der einzig rechtmässigen Auflage bey B. Schotts Söhne, Grossherzogl. Hofmusikhandlung in Mainz, erscheinen werden.» – Ein noch heute bemerkenswerter Vorgang, der auch auf die ausserordentliche Qualität der Komposition verweist. Bei so viel öffentlichem, werbewirksamem Streit erwarteten die Verlage offenbar einen stattlichen Gewinn durch den Verkauf.


Hören Sie rein!

Walliser Soforthilfsmassnahmen

Der Walliser Staatsrat hat beschlossen neue Pauschalbeihilfen zu gewähren. Die Massnahme betrifft Personen, die weder von Suisseculture Sociale noch vom Kanton unterstützt werden konnten oder die eine Unterstützung von weniger als 13’800 Franken erhalten haben.

Symbolbild: Saxoph / stock.adobe.com

Ein Höchstbetrag von 2300 Franken pro Monat für die Zeit vom 28. Februar bis zum 31. August 2020, das heisst insgesamt 13’800 Franken pro Person, kann somit an Kulturschaffende und Dienstleister ausgezahlt werden, die bis zum 31. Oktober 2020 ein Gesuch eingereicht haben. Diese Hilfe richtet sich an Personen, die weder von Suisseculture Sociale noch vom Kanton Unterstützung erhalten konnten oder deren bereits erhaltene Unterstützung weniger als 13’800 Franken beträgt. Im letzteren Fall erhalten sie den Betrag abzüglich der bereits erhaltenen Unterstützung. Diese subsidiäre Hilfe wird ohne Gegenleistung des Kantons ausbezahlt.

Kulturschaffende oder im Kulturbereich tätigen Dienstleister, die bereits einen Antrag eingereicht haben, brauchen keinen neuen Antrag zu stellen, da dieser automatisch geprüft und ein eventueller Restbetrag ausbezahlt wird. Neue Anträge können ebenfalls eingereicht werden. Alle notwendigen Informationen und Unterlagen finden sie auf der Internetseite der Dienststelle Kultur unter www.vs.ch/de/web/culture/pauschalbeihilfe-kulturschaffende.

Die eidgenössische COVID-Verordnung Kultur ist am 20. September 2020 ausgelaufen. Der Kanton Wallis erhielt 229 Anträge auf Entschädigungen (94 Anträge von Kulturschaffenden und 135 Anträge von kulturellen Einrichtungen). Von den 17 Millionen Franken, die Kanton und Bund gemeinsam zur Verfügung stellen, sind bereits fast 4 Millionen Franken zugewiesen; die Anträge, welche sich gegenwärtig in Bearbeitung befinden (rund 40 Prozent), werden in den kommenden Wochen abgeschlossen.

Die Gesangs- und Musikvereine konnten ebenfalls eine Entschädigung in der Höhe von 80% des Gehalts (ohne Sozialabgaben) für den Arbeitsausfall ihres Leiters oder Organisten für den Zeitraum vom 16. März bis 30. Juni 2020 beziehen. Der Kanton Wallis erhielt 210 Anträge von 187 Gesangs- oder Musikvereinen (81 Anträge von Gesangsvereinen und 106 Anträge von Musikgesellschaften). Von den 187 Vereinen sind 51 deutschsprachig. Dieses Dispositiv wird ausschliesslich vom Kanton aus den ausserordentlichen Mitteln finanziert, die im Rahmen der Unterstützung für COVID-19 zur Verfügung gestellt werden.

Mit Inkrafttreten am 26. September des eidgenössischen COVID-19 Gesetzes, werden die derzeit bestehenden Sofortmassnahmen für Kulturschaffende (Suisseculture Sociale) sowie die Unterstützung von Kulturvereine im Laienbereich verlängert. Ein neues Programm für die Unterstützung von Transformationsprojekten wird geschaffen. Dies zur Förderung der Wiederbelebung des Kultursektors durch Unterstützung von nachhaltigen Projekten.

Britische Musiker erwägen Jobwechsel

Laut einer Studie der britischen Musikergewerkschaft plant ein Drittel der Musiker des Landes aus pandemiebedingter Finanznot einen Berufswechsel.

Foto: David Cashbaugh/unsplash.com (s. unten)

Die Musician’s Union hat in Grossbritannien mehr als 30’000 Mitglieder. Laut ihrer Studie musste fast die Hälfte davon bereits Arbeit ausserhalb der Musikindustrie suchen. 70 Prozent seien nicht in der Lage, ihren Beruf wie bisher auszuführen. 87 Prozent kämpften mit grossen finanziellen Schwierigkeiten.

Die Musikergewerkschaft hat die Regierung aufgefordert, dringend zu handeln, um die Zukunft der Musik- und Kulturindustrie in Grossbritannien zu schützen und zu sichern. Sie wendet sich zudem in einem offenen Brief an die Behörden Nordirlands, die öffentliche Auftritte von Musikern zur Zeit generell untersagt.

Kritiker zeichnen Grand Théâtre de Genève aus

Der Titel Opernhaus des Jahres geht 2020 zu gleichen Teilen an das Grand Théâtre de Genève und die Oper Frankfurt. Beide Häuser wurden in der Umfrage der «Opernwelt» unter 43 Kritikern ausgezeichnet.

Fassaden-Detail dam Grand Théâtre de Genève. Foto (Ausschnitt): Olga Serjantu/unsplash.com

Das Grand Théâtre de Genève wird seit 1962 durch das Orchestre de la Suisse Romande bespielt. Jede Saison werden in der Regel acht Opern (die meisten Eigenproduktionen), zwei bis drei Ballette und ein paar andere Musikstücke aufgeführt. Intendant ist Aviel Cahn.

Opernwelt, eine Berliner Fachzeitschrift für Musiktheater, ermittelt jährlich für die zurückliegende Spielzeit unter anderem die besten Opernhäuser, Produktionen, Sänger, Regisseure, Chöre Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Zur Umfrage, die in der Fachwelt Renommee geniesst, werden jeweils rund 50 Opernkritiker aus verschiedenen Ländern befragt.

Die Auszeichnung wird jährlich im Anfang Herbst zum Abschluss der Spielzeit veröffentlicht. Zuletzt wurde aus der Schweiz das Theater Basel mehrfach ausgezeichnet (2009 und 2010 Opernhaus des Jahres).

Erfolgreich durchgeführte Wettbewerbe

Am ersten Septemberwochenende fand in Sirnach der 20. Ostschweizer Solisten- und Ensemblewettbewerb (OSEW) statt, Mitte Monat der 2. Schweizer Schlagzeugwettbewerb (SPC) in Winterthur.

Foto: Swiss Percussion Competition,Foto: OSEW

Im Folgenden werden die von den Teams der beiden Wettbewerbe zur Verfügung gestellten Berichte in gekürzter Form publiziert.

Ostschweizer Solisten- und Ensemble-Wettbewerb

Die 20. Durchführung des Ostschweizer Solisten- und Ensemble-Wettbewerb (5./6. September 2020) hätte mit einer grossen Jubiläumsfeier gekrönt werden sollen. Aber das Corona-Virus hat all diese Pläne zerschlagen. Dank der aktuellen Situation und den grossen Anstrengungen der Organisatoren, die Schutzkonzepte von Gemeinde und Kanton einzuhalten, konnte der Wettbewerb in Sirnach erfolgreich durchgeführt werden. Rund 600 Solisten und Ensembles stellten sich am Wochenende den Juroren. Für die Wettbewerbsteilnehmer lief alles wie immer ab: einspielen, Wettbewerbsauftritt und zum Schluss die Rangverkündigung. Aber das ganze «Drumherum» war ganz anders. Es gab kein Festzelt, keine Festbänke und -tische. In den Vortragssälen waren nur spärlich Stühle aufgestellt, um Abstand zu gewährleisten. Dazu war empfohlen, eine Maske zu tragen. Für Organisatoren und Zuhörer war das ein ganz spezielles Gefühl, denn vor Corona kannte man nur volle Zuschauerränge.

Der OSEW ist sowohl bei Musiklehrern als auch bei Schülern sehr beliebt, was die stets steigenden Anmeldezahlen zeigen. Speziell in diesem Jahr ist es sehr erfreulich, dass sich trotz erschwerter Umstände so viele Jugendliche eingeschrieben haben. Einige sind sogar aus der Innerschweiz oder dem Kanton Bern angereist. Die meisten kamen aber aus den Kantonen Zürich, St.Gallen, Thurgau und Appenzell. Ein Zeichen dafür, dass die Musik ein wichtiges Element im Leben ist und auch in schwierigeren Zeiten Freude und Motivation bringt.
 

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Die jüngste OSEW-Teilnehmerin, Julia Christen, holte zwei Podestplätze in der Kategorie Xylofon und Snare-Drum

Die Rangverkündigungen wurden über den Tag verteilt. Das fanden Teilnehmer und Angehörige als angenehm. So musste man nicht bis zum Abend warten, um den ersehnten Pokal zu bekommen. «Das Niveau dieser Mädchen und Jungen ist recht hoch,» meinte einer der Juroren beeindruckt. Dank der zahlreichen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern klappte alles reibungslos.

Der OSEW 2021 ist beim Vorstand bereits in Arbeit. Es ist den Organisatoren ein grosses Anliegen, den Vorstand und die Musikkommission zu erweitern und zu verjüngen. Viele der aktuellen Mitglieder sind seit der Vereinsgründung mit dabei und möchten gerne die Tätigkeit in jüngere Hände legen.
 

Ranglisten und Bilder auf

www.osew.ch


Swiss Percussion Competition

Trotz der Schulschliessungen auf Grund der Corona-Situation in der Vorbereitungszeit hat sich eine grosse Zahl von Schlagzeugerinnen und Schlagzeugern für den zweiten Schweizerischen Schlagzeugwettbewerb (19./20. September 2020) vorbereitet und daran teilgenommen. Dank einem sehr guten Hygienekonzept und allen vorgeschriebenen Sicherheitsmassnahmen ging der diesjährige Wettbewerb stimmungsvoll und ohne Probleme über die Bühne.

In den Räumlichkeiten der Mehrzweckanlage Teuchelweiher in Winterthur stellten sich Teilnehmende aus allen Landesteilen der Schweiz und aus dem angrenzenden Ausland der hochkarätigen Jury (Gerhard Eberl, Iwan Jenny, Jochen Schorer, Andreas Csok, Marta Klimasara, Christian Hartmann, Emmanuel Séjourné). 270 junge Teilnehmende in den Kategorien Kinder, Fortgeschrittene, Elite und Studenten spielten Drum Set, Pauken, Trommel, alle Stabspielinstrumente und weitere Percussionsinstrumente sowohl solo, als auch in verschiedenen Ensembles.

Für den gesamten Wettbewerb mussten mehrere Tonnen Percussionsinstrumente bereitgestellt werden. Dies war dank vieler Helferinnen und Helfer möglich. Am Tag des Wettbewerbes konnten sich diese dann überzeugen, dass sich der grosse Aufwand ihres Einsatzes für die Jugend und für die angehenden Musiker gelohnt hat. Auch die vielen Besucherinnen und Besucher schätzten den gesamten Aufwand sehr. Die Organisatoren durften durchwegs viel Lob entgegennehmen.

Der grosse Erfolg ist für den Präsidenten der Swiss Percussion Competition, Simon Forster aus Winterthur,  selbst professioneller Schlagzeuger, Ansporn für die Organisation des nächsten Wettbewerbs vom 18./19. September 2021. Dieser findet ebenfalls wieder in Winterthur statt.
 

Ranglisten auf

schlagzeugwettbewerb.ch

Herbstsession im Zeichen der Kultur

Das Parlament hat in der Herbstsession zwei für die Kulturbranche wichtige Geschäfte abgeschlossen. «Erfreuliche Zeichen für die Kulturbranche!» schreibt dazu die Taskforce Culture.

Das Bundeshaus in Bern. Foto: SMZ

Zur Ausgestaltung des Covid-19-Gesetzes schreibt die Taskforce Culture am 25. September: «Die Kulturbranche ist weitgehend erfreut über die Ausgestaltung des Covid-19-Gesetzes durch das Bundesparlament. Die Weiterführung der Unterstützungsmassnahmen für den Kultursektor ist für den Erhalt der kulturellen Vielfalt unverzichtbar. Die Taskforce Culture begrüsst insbesondere folgende Beschlüsse:

Art. 1 Abs. 3 Einbezug der Kantone und Dachverbände der Sozialpartner bei der Erarbeitung von Massnahmen

Art. 11 Abs. 2 Die Erhöhung des Kostendachs auf CHF 100 Mio. für Ausfallentschädigung für Kulturunternehmen
Der Bund sieht weiterhin Ausfallentschädigungen für Kulturunternehmen vor, welche zur Hälfte von den Kantonen mitfinanziert werden sollen. Die Forderung der Kulturbranche, die Veranstalter zusätzlich mit einer Art Risikofonds abzusichern, wurde leider nicht aufgenommen. Umso wichtiger ist nun eine praxisnahe unbürokratische Ausgestaltung der Ausfallentschädigung, die den Veranstaltenden eine möglichst hohe Planungssicherheit gibt. Dass die Kulturschaffenden zukünftig von der Ausfallentschädigung ausgeschlossen sind, bedauern wir. Umso wichtiger ist es, dass die Kantone auch die Gagen und Honorare der Kulturschaffenden in den Ausfallberechnungen der Kulturunternehmen akzeptieren.

Art.11 Ab. 3 Transformationsprojekte
Neue Formate müssen ausprobiert werden. Reine Streaming-Angebote können aber weder wirtschaftlich noch gesellschaftlich Ersatz für Live-Darbietungen sein. Hier ist eine konstruktive Zusammenarbeit mit den Förderstellen nötig, damit neue oder angepasste Formate entstehen können. Von dieser Förderung sollen nicht nur Kulturunternehmen profitieren, sondern auch Kooperationsprojekte von Kulturschaffenden selbst.

Art.11 Abs 4 Weiterführung der essenziellen Nothilfe durch Suisseculture Sociale
Sie ist sinnvoll definiert und erfasst nun alle wichtigen Berechtigten-Gruppen. Unklar ist, ob das Budget ausreichen wird, wenn Kulturschaffende keine Ausfallentschädigungen mehr erhalten, es keine Kurzarbeitsentschädigung mehr für befristet Angestellte gibt und die Erwerbsersatzentschädigung für Selbstständigerwerbende nur bis Mitte 2021 weitergeführt werden.

Art. 15 Massnahmen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls für Selbständige und Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung
Die Entschädigung nicht nur bei Betriebsunterbruch, sondern auch bei massgeblich eingeschränktem Betrieb, ist für viele entscheidend und zu begrüssen. Bedauerlich ist hingegen, wie das Parlament die «massgebliche Einschränkung» definiert: Berechtigt ist nur, wer weniger als 55% des durchschnittlichen Umsatzes der letzten fünf Jahre erreicht. Auch die Geltungsdauer nur bis Mitte 2021 greift gerade für den Kultursektor zu kurz, da es bis zum Normalbetrieb länger dauern wird.

Art. 17 Dass die Kurzarbeit für temporär Angestellte nicht weitergeführt werden soll, bedauern wir. Im Kulturbereich arbeiten viele Personen in befristeten, projektbezogenen Kurzanstellungen. Sie sind ohnehin schon in prekären Verhältnissen tätig und erfüllen die Bedingungen für ein Arbeitslosentaggeld nicht. Ihnen bleibt nun als einzige Unterstützung innerhalb der Bundesmassnahmen die Nothilfe bei Suisseculture Sociale. Der Vorschlag, die Rahmenfrist in der Arbeitslosenversicherung zu verlängern, um kurzzeitig befristet angestellten Personen den Zugang zur Arbeitslosenversicherung zu ermöglichen, fand im Parlament leider auch kein Gehör.»
 

Kulturbotschaft 2021-2024

Fast unbemerkt ging die Beratung der Kulturbotschaft 2021-2024 über die Bühne. Das Parlament hat das vom Bundesrat vorgeschlagene Budget nicht nur genehmigt, sondern in gewissen Bereichen erhöht. Die Taskforce Culture begrüsst es, «dass die Einhaltung von Mindest- oder Richthonoraren der Berufsverbände für Kulturschaffende als explizite Bedingung für Kulturförderung in die Kulturbotschaft aufgenommen wurde. Dies ist ein positives Signal sowohl für die durch die Covid-19-Krise in ihrer Existenz bedrohten Kulturschaffenden der Schweiz als auch eine Aufforderung an die weiteren Kulturförderinstitutionen – Kantone, Städte und Gemeinden sowie privaten Stiftungen – hier nachzuziehen.»

St. Galler Kulturpreis geht an Max Aeberli

Den diesjährigen Kulturpreis des Kantons St. Gallen erhält der Rapperswiler Musiker, Chorleiter und Dirigent Max Aeberli. Der Preis der Kulturstiftung ist mit 20’000 Franken dotiert.

Max Aeberli (Bild: Webseite Teamchor)

Max Aeberli gründete und leitet diverse Chöre und orchestrale Grossprojekte, laut der Mitteilung des Kantons mit innovativem Zugang zu alter, dramatischer, sakraler, lyrischer, zeitgenössischer und experimenteller Musik, oft an speziellen Aufführungsorten und in stimmiger Atmosphäre. Oft suchte er nach unbekannten Werken, mit denen er für Schweizer Erstaufführungen oder Uraufführungen sorgte.

Max Aeberli absolvierte sein Berufsstudium an der Musikhochschule Luzern. Mit Schwerpunkt Musikpädagogik bei Josef Röösli, Chorleitung bei Hans Zihlmann und Alois Koch, Klavier bei Rene Gerber. Zu seinem Wirkungskreis zählen unter anderem der Chor Cantate, der Sängerbund, Kirchenchöre, Kinderchöre, der Chor cantacanti oder Dilettanti.
 

Stadt Basel zeichnet Niki Reiser aus

Der Komponist Niki Reiser erhält den mit 20’000 Franken dotierten Kulturpreis der Stadt Basel, die Illustratorin Ziska Bachwas wird mit dem Kulturförderpreis ausgezeichnet.

Niki Reiser (Bild: zVg)

Der 62-jährige, mit zahlreichen renommierten Film- und TV-Preisen ausgezeichnete Basler erzielte seinen internationalen Durchbruch 1996 mit dem Film «Jenseits der Stille» von Caroline Link, der sowohl den Deutschen Filmpreis wie auch eine Oscar-Nomination erhielt. Seither hat er in seinem Tonstudio auf dem Gundeldingerfeld für zahlreiche Publikumslieblinge aus dem deutschen Film die Musik komponiert, darunter das 2002 mit einem Oscar gekrönte Werk «Nirgendwo in Afrika» oder «Die Weisse Massai».

Niki Reiser hat in Basel klassische Musik mit Schwerpunkt Flöte studiert, bevor er sich in Boston an der Berklee School of Music mit Jazz und Filmmusik beschäftigt hat. Seine Filmmusiken spielt er meist unter Beteiligung von Basler Musikerinnen und Musikern sowie mit seinem Tonmeister Daniel Dettwiler im Idee und Klang Studio Basel ein. An der Zürcher Hochschule der Künste unterrichtet er im Masterlehrgang für Film und Theatermusik. Als Jazzflötist war er viele Jahre Mitglied der Basler Klezmer Jazzband Kol Simcha.

«Amazonen» in der Künstlervilla

Coronabedingt wurde das von Alvaro Schoeck und Chris Walton kuratierte Festival grösstenteils ohne Publikum vor Ort durchgeführt. Konzert, Performance und Symposium im Atelier von Schoecks Geburtshaus in Brunnen konnten per Livestream verfolgt werden.

Garten und Geburtshaus Othmar Schoecks in Brunnen mit Blick auf den Vierwaldstättersee. Foto: SMZ

 

Brunnen am Vierwaldstättersee hat schon etwas Theatralisches, wie es so dem Wasserspiegel als Bühne und den Bergen als Kulisse gegenüberliegt. Wer möchte, kann im Auf und Ab der Gipfel Tonhöhen erkennen oder im Auf und Ab der Wellen bei Föhnsturm eine rhythmische Form. Unberührt von den dramatischen Veränderungen des Ortsbildes im letzten Jahrhundert liegt die Villa Schoeck auf dem Gütsch leicht erhöht mit Seesicht. Kein Wunder, dass Othmar Schoeck vom Musiktheater fasziniert war, mit derlei Bildern vor Augen.

Mit dieser Ausgabe hat ein neuer Zyklus des Schoeck-Festivals in Brunnen begonnen. Der Trägerverein hat sich die Aufgabe gestellt, mit einem nun jährlich stattfindenden Festival das Werk Othmar Schoecks in grössere Zusammenhänge einzubetten. Diesmal ging es um Frauenbilder bei Schoeck und im Musiktheater des 19. und 20. Jahrhunderts. Der Festivaltitel «Amazonen» verwies mit einem Augenzwinkern auf eine besonders rätselhafte Figur der Weltliteratur und auf eine geradezu avantgardistische Oper des Brunner Komponisten: Penthesilea, 1927 in Dresden uraufgeführt und seither regelmässig im Repertoire namhafter Opernhäuser zu finden. Aber es sollte auch um einen Ausblick auf Frauen in künstlerischen Berufen in Zusammenhang mit der #MeToo-Bewegung gehen. Das Festival hätte noch viele Tage länger dauern können, ehe alle Stichworte ausgebreitet wären.

Dass sich der Vereinsvorstand bei der Festivalvorbereitung und -durchführung von coronabedingten Unwägbarkeiten nicht ausbremsen oder gänzlich stoppen liess, ist ihm hoch anzurechnen. Der Verzicht auf Publikum war eine Anpassung, die sich sehr unmittelbar auf das Budget auswirkt. Die Übertragung per Livestream stellte hohe technische Anforderungen. Und dennoch: Die Künstlerinnen hatten Gelegenheit zum Spielen und der schöne thematische Schwerpunkt geriet auch nicht in den Hintergrund. Im Gegenteil. Ein Bravo für die Festivalmacher vornweg.

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Zum Auftakt ein Ständchen: Die Musikgesellschaft Brunnen spielte unter der Leitung von Michael Schlüssel Schoecks «Militärmarsch» aus den Fenstern der Künstlervilla. Foto: SMZ

 

Brunnen und seine Bewohnerinnen und Bewohner waren aktiv einbezogen. Beim Auftakt der Musikgesellschaft und bei Erkundungen des Dorfes auf den Spuren bemerkenswerter Frauen gab es alltagsgeschichtliche Ergänzungen zum Festivalschwerpunkt.

Konfrontation und Vermischung im Konzert

Mit Spannung erwartet war der musikalische Höhepunkt des Festivals am Samstagabend. Werke des zeitgenössischen Komponisten Stefan Keller traten in den Dialog mit Kompositionen von Othmar Schoeck. Es erwies sich als gute Entscheidung der Festivalintendanz, der Gegenwartskunst Raum zu geben. Stefan Kellers Drei Lieder nach Gedichten von Unica Zürn (Uraufführung), Schaukel (2015) und Stück für Klavier (2009) klangen aufregend und wurden mit grosser Eindringlichkeit und Virtuosität dargeboten. Truike van der Poel, am Flügel begleitet von J. Marc Reichow, setzte mit der warmen Klangfarbe ihrer Stimme starke emotionale Akzente, sowohl für die Lieder des Unica-Zürn-Zyklus wie für die drei Schoeck-Lieder nach Gedichten von Keller, Storm und Eichendorff op. 35. Überzeugend auch das Trio mit Rafael Rütti (Klavier) Mateusz Szczepkowski (Violine) und David Schnee (Viola), das die rhythmische Spannung der Musik Stefan Kellers kongenial mit dem Schoeck-Œuvre (Andante Es-Dur, Violinsonate op. 46, Consolation und Toccata op. 29) verband.

Alvaro Schoeck, ein Grossneffe des Komponisten, sorgte mit der Programmzusammenstellung für eine kleine Sensation. Unglaublich, wie die Stücke zueinander und zu ihrem Aufführungsort in Resonanz traten. Sie werden wahrscheinlich nie wieder so klingen wie dort und in diesem Dialog aus Konfrontation und Vermischung.

Die Aufführung im Atelier der Schoeck-Villa war eine Notlösung als Folge der Corona-Einschränkung, wobei die Musik verborgene und exklusive Bezüge zum Raum offenlegte (teilweise ist sie ja auch hier entstanden). Ganz nebenbei zeigte sich die hervorragende Akustik und kammermusikalische Eignung des Ateliers. Bleibt zu hoffen, dass das Konzert via Livestream sein Publikum erreicht hat. Und ebenso, dass dieser geschichtsträchtige Ort und die Villa als Ganzes erhalten bleiben, ein Wunsch, dessen Tragweite ganz am Ende des Festivals in einem Podiumsgespräch weiter skizziert wurde.

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Podiumsgespräch zur Zukunft der Villa Schoeck
v.l.: Chris Walton (Musikhistoriker, Schoeck-Biograf), Monika Twerenbold (Kantonale Denkmalpflege), Christoph Dettling (Architekt, Moderation), Roger Aeschbach (Szenograf), Josias Clavadetscher (Kulturkommission Gemeinde Ingenbohl). Foto: SMZ

Witz und Wagemut in der Wunderkammer

Die Performance heimatLOS wurde an zwei Abenden gezeigt und führte zurück zum thematischen Schwerpunkt. Eine Sprecherin (Stephanie Gossger), eine Sängerin (Anna Schors), eine Pianistin (Hélène Favre-Bulle) und Frauen, die auf die eine oder andere Art Musikgeschichte geschrieben haben, standen plötzlich im Raum, darunter Fanny Mendelssohn und Clara Schumann, Pauline Viardot und Ethel Smyth, Cécile Chaminade und Alma Mahler. Wagemutige Kombinationen, eingebettet in Textfragmente von Colette, der vielseitigen Varietékünstlerin, Autorin und leidenschaftlichen Kämpferin für Frauenrechte. HeimatLOS spielt virtuos mit Stimmen von Künstlerinnen des 19. und 20. Jahrhunderts, die mit ihrem Anspruch auf ein Bühnenleben gerungen haben, subjektiv, schmerzvoll, witzig und souverän. Was bei Colette funktionierte und in ihrem gefeierten Lebensabend im Pariser Palais Royal gipfelte, ist für junge Frauen heute trotz Gleichberechtigung herausfordernd.

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Performance «heimatLOS» im Künstleratelier. Gemeinsam mit Regisseurin Tamara Heimbrock entwickelten Anna Schors (vorne), Stephanie Gossger (oben) und Hélène Favre-Bulle ein auf den Raum zugeschnittenes Spiel. Foto: SMZ

 

Man darf der Regisseurin Tamara Heimbrock dankbar sein für ihren Mut, ihre Belesenheit und ihre gute Handbibliothek, die den Assoziationsreichtum von heimatLOS grundierten. Die Lyrik- und Liedtexte waren nicht bloss Stimmungsbilder, sondern ein System von Verweisen auf Frauen, die ihrerseits jeweils ein ganzes Universum abbildeten. Neben Colette standen Marlene Dietrich (ihr berühmtes Lied Wenn ich mir was wünschen könnte preist den Verzicht auf Erfüllung als eigentliches Geheimnis des Lebensgenusses), Pauline Viardot, (die gefeierte Diva der Belle Epoque und Muse Turgenjews) und Mascha Kaléko (als Jüdin erfuhr sie eine besonders tragische, aber stoisch ertragene Unbehaustheit, die ihre Lyrik mit nicht enden wollender Wärme und Zärtlichkeit erfüllte). Eine andere Spur führte zur Komponistin Judith Weir, die als Master of the Queen’s Music grösstmögliche professionelle Anerkennung errang. Ein Sammelsurium? Aber ja. Genau das entspricht dem Wunderkammer-Prinzips des Atelierraumes, der von den Künstlerinnen mit Witz und Wagemut bespielt wurde. Hinweise auf die eigene Geschichte der Darstellerinnen waren als Film einmontiert und zeigten deren Leben heute: Berliner U-Bahn statt Palais Royal, Birkenhain im Mauerpark statt aristokratischer Landsitz und die Vibration einer Eisenbahnbrücke statt Walzerrausch im Ballsaal des Savoy.

Zwischen Musiktheorie und Aufführungspraxis

Tagsüber war das Atelier zwei Mal Treffpunkt internationaler Musikwissenschaft, in physischer Präsenz und virtuell. Ein hochkarätig besetztes Symposium in Kooperation mit dem Musikwissenschaftlichen Institut der Universität Zürich (Inga Mai Groote, Leitung Podiumsdiskussion) und der Mariann Steegmann Foundation beschäftigte sich unter der Leitung von Merle Tjadina Fahrholz mit Frauenstimmen und Frauenrollen in der Oper des 19. und 20. Jahrhunderts (Programm und CVs der Teilnehmerinnen unter https://schoeckfestival.ch/wp-content/uploads/2020/08/frauen-stimmen.pdf). Sehr gelungen war die Balance zwischen Musiktheorie und Aufführungspraxis.

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Internationales Symposium «Frauen:Stimmen – Rollen und Persönlichkeiten»
Untertitel: «Die Oper im Wandel vom 19. und 20. Jahrhundert». Einige Referentinnen und Referenten wurden per Zoom zugeschaltet, Vorträge und Diskussionsrunden live gestreamt. Foto: SMZ

 

Beleuchtet wurde die soziale Situation weiblicher Bühnenkünstler zwischen 1870 und 1930, die Zuschreibung der Unsittlichkeit an Sängerinnen, das Dilemma des Erfolgs, denn weil Erwerbsarbeit für bürgerliche Frauen als verwerflich galt, war es der finanzielle Erfolg umso mehr. Vom Standpunkt der Moral konnte ein Künstlerinnenleben nichts anderes sein als verfehlt. Frauen erprobten individuelle Karrierestrategien, indem sie sich als Diven inszenierten oder an berühmte Namen banden, ein Beispiel ist die Bindung der Altistin Ilona Durigo (1881–1943) an Othmar Schoeck. Sie spielte als Interpretin seiner Lieder seit 1911 eine Rolle in seiner Biografie, die von der Öffentlichkeit als verbindlich wahrgenommen wurde. Die Zürcher Mäzenin Mathilde Schwarzenbach nannte die beiden denn auch ein «Musikerehepaar» (Anna Ricke).

Barbara Beyer, als Dramaturgin und Regisseurin an zahlreichen Opernbühnen im deutschsprachigen Raum praxiserprobt, gab einen Abriss von Bildern des Weiblichen von Claudio Monteverdis L’incoronazione di Poppea über Händels Alcina zu den Frauenrollen des 19. Jahrhunderts. War die Barockoper in ihrem Spiel mit Geschlechterrollen überaus experimentierfreudig – insofern sei die damalige künstlerische Praxis Vorgriff auf feministische Forschung heute –, festigten sich im bürgerlichen Zeitalter die Rollen- und Charakterbilder. Es entstanden Stereotypen, die die Frau häufig zum Opfer ihrer Liebe machten. Das Besondere daran war jedoch, dass die Seele des Mannes gerettet wurde. Im 19. Jahrhundert seien Ehe und Geschlecht wichtige Diskursthemen gewesen, berichtete Musikhistorikerin Melanie Unseld, kaum etwas anderes habe die Gesellschaft im 19. Jahrhundert so stark beschäftigt. Die natürliche Geschlechterdifferenzierung basierte auf strenger Zweiteilung, der Mann war das normale, gesetzte, die Frau das «andere» Geschlecht, schön, schwach, unzureichend.

Und Penthesilea? Schoeck war Ende dreissig, als er sich des Stoffes annahm, und was genau ihn dazu bewogen hatte, wissen wir nicht. Der blutrünstige Mord Penthesileas am arglosen Achill ist Geschlechterkampf pur, bei Kleist jedoch erscheint das Aufbegehren der Amazonenkönigin gegen eine normative gesellschaftliche Ordnung als das eigentliche Drama. Folgte ihm Schoeck darin? Er schrieb eine provozierend expressionistische Musik mit ungewöhnlicher Instrumentierung, die beim Publikum durchfiel.

Konsequent induktiv ging die Dirigentin und Vermittlerin Graziella Contratto bei der Analyse schoeckscher Frauenbilder vor: Sie bewegte sich von der kleinen Struktureinheit zur grösseren Einsicht. Indem sie nicht nur grosse Bühnenwerke, sondern auch Lieder in ihre Überlegungen einbezog, förderte sie Erstaunliches zutage: Othmar Schoeck beschäftigte sich mit Frauenfiguren, die Aussenseiterinnen waren, sei es die rätselhafte Peregrina (op. 17 Nr. 4), Landstreicherin, Heldin eines Gedichtzyklus von Eduard Mörike, sei es die gewaltbereite Venus, eine Rebellin, die ihren Verehrer physisch vernichtet, oder die furchtbare, an ihrem Überschuss an Gefühlen scheiternde Penthesilea. Dann der Wandel:«Mit der Geburt der Tochter Gisela vollzog sich nicht nur ein Wandel in der Persönlichkeit des offenbar glücklich erfüllten Vaters in seinem sozialen Verhalten, auch in der Kompositionsästhetik lässt sich z.B. in der Sternseherin op. 52/7 nachweisen, dass die Textur über mehr innere Resonanz verfügt, über eine noch sorgfältigere Betreuung der polyfonen Stimmengewebe. Ist es eine Schutzgeste, die auch zu einer Verdrängung der vergangenen Katastrophen des 2. Weltkriegs beiträgt oder einfach eine verklärende Altersperspektive, innerlich erwärmt durch die Vaterschaft?»

Das nächste Festival findet vom 10. bis 12. September 2021 statt unter dem Motto «passé composé» – Neoklassizismus in der Schweiz.
https://schoeckfestival.ch
Die Schweizer Musikzeitung war Medienpartnerin des Festivals 2020.

In Biel folgt Pouspourikas auf Zehnder

Der französische Dirigent Yannis Pouspourikas wird mit Beginn der Saison 2022/23 Chefdirigent des Sinfonie Orchesters Biel Solothurn und Direktor Konzerte von Theater Orchester Biel Solothurn. Er folgt in dem Amt auf Kaspar Zehnder.

Yannis Pouspourikas (Foto: Julia Stein)

Yannis Pouspourikas stammt ursprünglich aus Marseille und wohnt heute in Genf. Er studierte am Konservatorium in Genf, bevor er Assistent von Sir Simon Rattle beim Festival Glyndebourne wurde. Er war Gastdirigent an der Opéra National de Paris, dem Opernhaus Zürich, dem Orchestre de la Suisse Romande, dem Teatro Real und vielen weiteren.

Pouspourikas’ Fünfjahresvertrag bei Theater Orchester Biel Solothurn beginnt mit der Saison 2022/23. Neu beinhaltet die Position von Chefdirigent von Sinfonie Orchester Biel Solothurn und Direktor Konzerte von Theater Orchester Biel Solothurn neben zahlreichen Konzertdirigaten auch die musikalische Leitung jeweils einer Opernproduktion pro Spielzeit.

Kaspar Zehnder steht dem Sinfonie Orchester Biel Solothurn seit 2012 als Chefdirigent vor und ist Direktor Konzerte der 2013 durch die Fusion mit dem Theater neugegründeten Institution Theater Orchester Biel Solothurn. Ab Sommer 2022 wird sich Zehnder neuen Aufgaben widmen, TOBS, dem Orchester und seinem Publikum aber weiterhing eng verbunden bleiben.

Streichquintett «Letzter Gedanke» (Fragment)

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf das Streichquintett C-Dur «Letzter musikalischer Gedanke» (Fragment).

Letzte, zumal unvollendete Werke tragen stets ein Geheimnis in sich. Wie wäre der Schluss ausgefallen? Was hätte die Musikwelt noch zu erwarten gehabt? Sofort kommt einem Franz Grillparzers Epigramm für Schuberts Grabstein in den Sinn, in dem von «noch viel schöneren Hoffnungen» die Rede ist. Tatsächlich gibt es einige prominente «Fehlstellen» in der Musikgeschichte: Das Ende von Bachs Kunst der Fuge (auch wenn er nicht darüber gestorben ist), Mozarts Requiem, das Finale von Bruckners Neunter oder Mahler Zehnte fast als Ganze. Bei anderen grossen Komponisten hält man hingegen vergebens Ausschau nach derart gewichtigen Worten des Abschieds: Haydn, Mendelssohn, Schumann, Brahms. Und bei Beethoven? Die Skizzen zu einer zehnten Sinfonie datieren aus den Jahren zwischen 1822 und 1825, die letzten Streichquartette wurde alle noch bis August 1826 im Druck veröffentlicht. Schon zuvor hatte Anton Diabelli Beethoven wegen einer Komposition für Streichquintett angefragt – eine kammermusikalische Gattung, bei der mit einer zweiten Viola oder einem zweiten Violoncello ganz andere Klangwirkungen erzielt werden können, eine Gattung aber auch, zu der in der Regel immer nur einzelne Werke vorgelegt wurden (Spohr und Onslow ausgenommen).

Auch Beethoven scheint sich nach seinem frühen Opus 4 (1795/96), dem Quintett op. 29 (1801) und einer Fuge op. 137 (1817) lange geziert zu haben, wieder für diese Besetzung zu schreiben. Am 26. September 1826 allerdings kündigte er Diabelli die Fertigstellung eines Werkes in bereits sechs Wochen an, verlangte dafür ein Honorar von 100 Golddukaten und notierte überdies: «ihre Wünsche werde ich beachten, ohne aber meiner künstlerischen Freiheit Eintracht zu thun.» Mit den sechs Wochen wurde es freilich nichts, überhaupt gelangte das Werk offenbar kaum aus dem Stadium erster Skizzen hinaus. Als im November 1827 der Nachlass versteigert wurde, erwarb Diabelli (wie der Korrespondent der Leipziger Allgemeinen musikalischen Zeitung zu berichten weiss) durch seinen Compagnon «zu einem verhältnissmässig übertriebenen Preise auch Beethoven’s letzte Arbeit, ein im November 1826 angefangenes Quintett, von welchem jedoch leider kaum zwanzig bis dryssig Tacte im Entwurfe zu Papier gebracht sind». Das Manuskript ist heute verschollen, doch veröffentlichte Diabelli 1838 eigene Arrangements für Klavier zu zwei und vier Händen und erneuerte dabei die Worte, es sei «Beethoven’s letzter musikalischer Gedanke». Es handelt sich um ein Andante maestoso in C-Dur von jeweils zu wiederholenden 10+14 Takten, harmonisch nicht überraschend in die Ferne schweifend und naheliegenderweise als langsame Einleitung zum Kopfsatz gedacht. Vermutlich nahm Diabelli das sicherlich als Particell angelegte Notat aber viel zu wörtlich, liegt doch bei Beethoven zwischen der Skizze (oder dem Entwurf) und dem fertigen Werk eine bedeutende Wegstrecke. Man sollte daher beim Hören nicht zu enttäuscht sein …

Wer aber wirklich nach den letzten Noten Beethovens sucht, der möge in einem Brief an Karl Holz vom 3. Dezember 1826 nachschlagen. Dort findet sich eine auch als Kanon lesbare musikalische Sentenz: «Wir irren allesamt, nur jeder anders» (WoO 198).


Hören Sie rein!

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