Bereichernder Austausch über Generationen

Seit dreissig Jahren gibt es Orpheum, die Stiftung zur Förderung junger Solisten. Das Jubiläum wurde mit Kammermusik in der Druckerei Baden gefeiert.

David Nebel, Oliver Schnyder und Dorukhan Doruk. Foto: Michael Steiner/Orpheum

Die Zeit ist nicht gerade günstig für rauschende Festveranstaltungen. Das musste auch die Orpheum-Stiftung erfahren, die ihr 30-jähriges Bestehen in der Tonhalle Maag feiern wollte. Doch das Konzerthaus blieb wegen Corona-Bestimmungen geschlossen. Trotzdem konnte der Anlass am 7. November zweimal durchgeführt werden, vor jeweils 50 Zuhörenden, nicht in Zürich, sondern in der Druckerei Baden. Der Veranstalter Piano District Baden hatte das Konzert ermöglicht und wiederholte es einen Tag später ebenfalls zweimal.

Auf dem Podium befand sich auch nicht, wie meistens bei Orpheum, ein Orchester, sondern der Pianist Oliver Schnyder, einst ebenfalls Orpheum-Solist, zusammen mit dem jungen Geiger David Nebel und dem Cellisten Dorukhan Doruk. Sie spielten die Frühlingssonate op. 24 und die Cellosonate op. 102/2 von Beethoven, sowie dessen Gassenhauertrio – der Erfolg war den motivierten Musikern gewiss.

Sich gegenseitig inspirieren

«Es ist ein nicht unbedeutender Kraftaufwand, den momentan die meisten konzertierenden Musikerinnen und Musiker zu leisten gewillt sind», kommentierte Oliver Schnyder. «Die Zeiten verlangen es, vor allem auch das damit verbundene Bekenntnis zur Wichtigkeit der kulturellen Vielfalt in einer Gesellschaft, die gerade realisiert, welchen Verwerfungen sie durch die Pandemie ausgesetzt ist.» Es war ein Kammermusikkonzert mit Signalwirkung.

Gerade dieser intime Rahmen bildete einen der bedeutenden Momente in der Geschichte der Stiftung, die einst mit der Idee gegründet wurde, «jungen Musikerinnen und Musikern die Möglichkeit zu eröffnen, begleitet von prominenten Dirigenten und Orchestern vor ein grosses Publikum zu treten», wie es Stiftungspräsident Hans Heinrich Coninx definierte. Dieser Maxime ist man zwar treu geblieben, aber seither «eröffneten wir unseren Solisten, aber auch unserem Publikum, neue musikalische Formate».

Ein solches Konzert mit zwei jungen und einem etablierten Musiker erweitert die Perspektiven, und zwar für beide Seiten, wie Schnyder ausführte: «Es geht im musikalischen Austausch zwischen arrivierten und aspirierenden Künstlerinnen und Künstlern nicht darum, dem anderen etwas beizubringen, sondern sich inspirieren zu lassen, die eigene Sicht zu hinterfragen. Die Jungen leben in einer anderen Welt als ich damals. Sie sehen sie mit anderen Augen, auch die Musik. Daraus lerne ich mindestens so viel wie sie von mir.»

Die Magie des Auftritts mit Orchester kann ein Kammermusikkonzert allerdings nicht aufwiegen. So schwärmt etwa Geigerin Simone Zgraggen, die in früheren Jahren von der Stiftung gefördert wurde, seit 2012 eine Professur in Freiburg i. Br. innehat und Konzertmeisterin der Basel Sinfonietta ist: «Neben dem Konzert von Dvořák, das ich in der Tonhalle Zürich spielen durfte, konnte ich danach auch zusammen mit den Orpheum-Solisten Christian Poltéra, David Riniker und Florian Krumpöck in Salzburg, Moskau und wiederum in der Tonhalle auftreten, u.a. mit Beethovens Tripelkonzert.»

Wichtiges Sprungbrett

An die 200 junge Musikerinnen und Musiker kamen bisher in den Genuss von grossen Konzerten, darunter sind Namen wie Sol Gabetta, Truls Mørk, Alice Sara Ott, Renaud und Gautier Capuçon, Martin Grubinger, Vilde Frang oder, aus jüngerer Zeit, Marc Bouchkov und Christoph Croisé. Erfreulicherweise figurieren zahlreiche Schweizer unter den Teilnehmenden, von denen nicht alle den Sprung in die Elite geschafft haben – auch das gehört dazu.

Für etliche war es aber ein bedeutendes Sprungbrett, wie Cellist Maximilian Hornung meint: «Orpheum war im wahrsten Sinne des Wortes eine beflügelnde Erfahrung, unglaublich motivierend und lehrreich.» Eine interessante Ergänzung bietet Coninx: «Wenn wir uns vergegenwärtigen, dass viele unserer Solistinnen und Solisten noch nicht auf der Welt waren, als Orpheum gegründet wurde, dann sind wir auf dem Weg, ein generationenübergreifendes Projekt zu werden.»

 Howard Griffiths. Foto: Michael Steiner/Orpheum

Orpheum hat sich angepasst, neue Formate kreiert, um dem Nachwuchs eine Besonderheit bieten zu können. Den Wandel umschreibt der künstlerische Leiter Howard Griffiths: «Am Anfang waren CDs wichtig, und ein Label hat einen Künstler jahrelang betreut, was nun nicht mehr der Fall ist. Dadurch sind sie heute oft allein mit ihrer Zukunft, sie müssen Social Media nutzen. Dafür haben wir eine grössere Auswahl von Musikerinnen und Musikern, wobei die Spitze noch immer spitz geblieben ist. Aber wir versuchen immer, Interpreten mit grosser musikalischer Persönlichkeit auszuwählen.»

Trotzdem wird das Medium CD auch mit Unterstützung der Stiftung weiterhin genutzt, etwa mit der Einspielung des Cellokonzerts von Paul Wranitzky (1756–1808) mit Chiara Enderle. Vier Aufnahmen gibt es schon, für nächstes Jahr sind gemäss Griffiths zwei weitere mit Solokonzerten von Bernhard Romberg (1767–1841) und von Georg Goltermann (1824–1898) geplant. Man wähle bewusst unbekanntere Werke, um die aufstrebenden Musiker nicht dem Vergleich mit den Stars auszusetzen.
Radio SRF 2 hat das Jubiläumskonzert in Baden aufgezeichnet, und auf der Orpheum-Website ist die Streamingversion aufgeschaltet.

Kunsthochschulen richten Blick auf Zürich

Vom 17. bis 20. November 2020 schauen Kunsthochschulen aus der ganzen Welt nach Zürich ins Toni-Areal – zumindest virtuell. Die Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) ist Gastgeberin der Biennial Conference 2020 von ELIA (European League of Institutes of the Arts).

Steering Group der Biennial Conference 2020 (Foto: ZHdK)

Aufgrund der Corona-Situation wird die 16. Biennial Conference nicht wie geplant physisch im Toni-Areal durchgeführt, sondern digital. An der Konferenz gehen Studierende, Dozierende und Angehörige der ELIA-Mitgliederinstitutionen folgenden Fragen nach: Wie können die Künste mit anderen Disziplinen zusammenarbeiten und so zur Lösung ökologischer, ökonomischer, sozialer und kultureller Herausforderungen beitragen? Welche Rollen nehmen Kunsthochschulen in dieser Debatte ein? Und sind transdisziplinäre Kunsthochschulen das Modell des 21. Jahrhunderts?

ELIA zählt mehr als 260 Mitgliederinstitutionen aus rund 50 Ländern und vertritt mehr als 300’000 Studierende.

Honorary Mention für Annie Rüfenacht

HKB-Alumna Annie Rüfenacht und Sandra Schmid (Video) werden für ihre Videoinstallation «Kataklasit» am Giga-Hertz Award 2020 for Electronic Music des Zentrums für Kunst und Medien Karlsruhe (ZKM) mit einer «Honorary Mention» ausgezeichnet.

Symbolbild: Kataklastische Gesteinszone. Foto: Andrew Buchanan / unsplash.com

Das Werk erforscht laut der Mitteilung der Berner Hochschule der Künste (HKB) «visuelle und akustische Aspekte von Steinen». Rüfenachts und Schmids «akribischer, an Wissenschaftlichkeit grenzender, Ansatz» zeige durch ein mikroskopisches Verfahren Rekristallisationsprozesse in hoch abstrakter Auflösung. Das Ergebnis sei eine visuelle Oberfläche, die Veränderungen in der Struktur der Steine nachzeichnet, sowie eine akustische Oberfläche, die das Unterschwellige der Oszillation veranschaulicht.

Die Jury zeigte sich von Kataklasit wegen seiner feinen, harmonischen und stimmungsvollen Gesamterscheinung beeindruckt.

Die 1988 geborene Annie Aries (Annie Rüfenacht) ist Komponistin und Musikerin und lebt in Bern. Sie hat in Bern Musik und Medienkunst studiert und schliesst zur Zeit ihr Studium der Musikwissenschaft an der Universität Bern ab. 2017 studierte sie an der Humboldt-Universität im Programm Populäre Musikgeschichte & Theorie.

 

Bossart erhält Luzerner Kulturförderpreis

Die Kulturförderungskommission des Kantons Luzern vergibt den Kulturförderpreis in der Höhe von 15’000 Franken an Norbert Bossart für seine langjährige Arbeit als engagierter Kulturvernetzer.

Norbert Bossart (Bild: zVg)

Die Kulturförderungskommission des Kantons Luzern würdigt mit der Auszeichnung Bossarts «langjähriges Engagement für die Förderung der kulturellen Vielfalt auf der Luzerner Landschaft». Bossart ist Gründungsmitglied des Kulturvereins Träff Schötz, der seit mehr als 35 Jahren kulturelle Akzente setzt, die weit über die engere Region Beachtung finden.

Als Medienverantwortlicher des Verbunds Kulturlandschaft Luzern und in seiner Tätigkeit als Journalist beim Willisauer Boten gebe Norbert Bossart der Kultur eine Stimme und verweise mit Aktionen wie «Kultur – unser tägliches Brot» oder «Feuer und Flamme für die Kultur auf der Landschaft» auf die lebendige Kulturlandschaft ausserhalb von urbanen Zentren, schreibt der Kanton.

Der Preis wird jährlich von der Kulturförderungskommission an Personen oder Gruppen vergeben, die in besonderer Weise zum kulturellen Leben im Kanton Luzern beitragen.

Basel fördert Kulturvermittelnde

Die Jury Kulturvermittlung der Stadt Basel hat acht Projekte von freien Kulturschaffenden zur Förderung empfohlen. Insgesamt wurde eine Fördersumme von 142‘144 Franken gesprochen, unter andrem für ein generationenübergreifendes Musik- und Tanzvermittlungsprojekt.

Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de (s. unten)

Bei der Abteilung Kultur sind 20 Gesuche zur fachlichen Beurteilung durch das Gremium an Expertinnen und Experten eingegangen. Acht Beiträge wurden gesprochen. Unter den Projekten findet sich die NOB-Kompositionswerkstatt 2021 des Neuen Orchesters Basel.
Schülerinnen und Schüler verschiedener Altersstufen vertonen Texte des Schreibwettbewerbs Basler Eule, und Jugendliche erarbeiten mit Musikerinnen und Musikern des Orchesters Kompositionen.

Gefördert wird auch das generationenübergreifende Musik- und Tanzvermittlungsprojekt der Pumpernickel Company. In sechs Workshops tanzen und musizieren Primarschulkinder zusammen mit Bewohnerinnen und Bewohnern des Pflegezentrums Adullam. Das Projekt Stimmenmeer des Vereins Theater Süd (in Kooperation mit ASK-Chor Basel und Pflegeheim Momo) wiederum geht «mit Interessierten jeden Alters der Vielstimmigkeit und Vielfalt unserer Gesellschaft nach».

Die Ausschreibung zur Förderung von Kulturvermittlungsprojekten durch die Abteilung Kultur erfolgt in der Regel zweimal jährlich. Massgebliche Kriterien zur Beurteilung sind unter anderem ein adäquater Vermittlungsansatz, die inhaltliche und gesellschaftliche Relevanz sowie die Realisierbarkeit des Projekts und seiner Wirkungsziele.

Originalartikel:
https://www.bs.ch/nm/2020-unterstuetzung-fuer-acht-kulturvermittlungsprojekte-pd.html

«Geistertrio»

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf das Klaviertrio Nr. 5 D-Dur «Geistertrio».

Als Beethoven im Juli 1808 dem Leipziger Verlag Breitkopf & Härtel seine beiden Klaviertrios op. 70 anbot, bekräftigte er dies mit dem Nachsatz «da daran Mangel ist». Schöpferisch befand er sich auf dem Höhepunkt seiner Laufbahn: Die Werke stehen in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Sinfonien Nr. 5 und 6, dem Klavierkonzert Nr. 5 sowie zur gattungssprengenden Chorfantasie. Gewidmet ist das Opus 70 der Gräfin Anna Maria Erdödy (1778–1837), in deren Haus Beethoven nicht nur kurzzeitig Quartier bezogen hatte, sondern das als adeliger Salon auch Raum für die Aufführung der Werke bot. So berichtet Johann Friedrich Reichardt in seinen Vertrauten Briefen am 31. Dezember 1808: «Einen zwiefachen musikalischen Abend habe ich wieder gehabt. Erst ein Quartett bei der Gräfin Erdödy. Beethoven spielte ganz meisterhaft, ganz begeistert, neue Trio’s, die er kürzlich gemacht, worin ein so himmlischer kantabeler Satz vorkam op. 70/2, 3. Satz, wie ich von ihm noch nie gehört, und der das Lieblichste, Graziöseste ist, das ich je gehört; er hebt und schmilzt mir die Seele, so oft ich dran denke.»

Weitaus radikaler gestaltete Beethoven indes das Klaviertrio D-Dur op. 70/1. Die knapp gefassten Ecksätze sind von so grosser motivischer und rhythmischer Energie, dass mitunter die Grenze des klanglich Machbaren erreicht ist (sofern das Ensemble diese beabsichtigte Schonungslosigkeit auch wirklich riskiert). Hierzu kontrastiert der fast statisch anmutende langsame Satz (Largo assai et espressivo), der seine innere Spannung vor allem aus der Harmonik bezieht. Seine wahrhaft singuläre Klanglichkeit, die der Komposition später auch den Beinamen «Geistertrio» einbrachte, kommt allerdings mit einem zeitgenössischen oder auch nachgebauten Tasteninstrument weit stärker zum Tragen als mit einem modernen Konzertflügel. Dafür sorgen nicht allein die geringere Saitenspannung (der gusseiserne Rahmen war noch nicht erfunden), sondern auch die subtilere Tastenmechanik und die unterschiedlichen Dämpfer. Genau so hob es der Komponist und Schriftsteller E. T. A. Hoffmann in einer sehr ausführlichen Besprechung des Satzes hervor – und hielt damit das Besondere auch für die Nachwelt in poetischen Worten fest: «… der Rec.ensent erwähnt nur noch eine Eigenheit, die diesen Satz vor so vielen Flügel-Compositionen auszeichnet und hervorhebt. Zu dem Hauptthema, wenn es Violine und Violoncell vortragen, hat der Flügel meistentheils einen Satz in 64theil Sextolen, die pp. und leggiermente vorgetragen werden sollen. Es ist dies fast die einzige Art, wie auch der Ton eines guten Flügels auf eine überraschende, wirkungsvolle Weise geltend gemacht werden kann. Werden nämlich diese Sextolen, mit aufgehobenen Dämpfern und dem Pianozug, mit geschickter, leichter Hand gespielt, so entsteht ein Säuseln, das an Aeolsharfe und Harmonika erinnert, und, mit den Bogentönen der übrigen Instrumente vereinigt, von ganz wunderbarer Wirkung ist. – Rec. that zu dem Pianozug und den Dämpfern auch noch den sogenannten Harmonicazug, der bekanntlich das Manual verschieb, so, dass die Hämmer nur eine Saite anschlagen, und aus dem schönen Streicherschen Flügel schwebten Töne hervor, die wie duftige Traumgestalten das Gemüth umfingen und in den magischen Kreis seltsamer Ahnungen lockten.» (Allgemeine musikalische Zeitung 1813)


Hören Sie rein!

«… ich singe, also bin ich»

Die IG CHorama wünscht eine Lockerung des Chorsingverbots, eine Online-Petition zahlreicher Chorverbände unterstreicht dieses Anliegen.

Symbolbild: Miguel Bautista / unsplash.com

Seit dem 29. Oktober ist das Singen in nichtprofessionellen Chören verboten, professionelle Chöre dürfen zwar proben, jedoch nicht auftreten. Die IG CHorama schreibt in ihrer Mitteilung vom 4. November, das Verbot von Choraktivitäten betreffe mehr als 4000 Verbandschöre und Ensembles mit über 120 000 Sängerinnen und Sängern sowie über 600 Chorleitende. Planungssicherheit fehle. Die Chorwelt helfe mit, die Pandemie in den Griff zu bekommen und die Infektionszahlen zu senken, indem für das Singen in Gruppen strenge Schutzkonzepte angewendet werden. Die IG CHorama wünscht die Verordnung so anzupassen, dass Singen in Gruppen unter bestimmten Voraussetzungen möglich wird und dass professionelle Chöre unter Auflagen auch konzertieren dürfen. Sie ist bereit, an einer Strategie mitzuarbeiten, damit die gesamte Chorszene «zu ihrer Strahlkraft zurückfinden kann».

Petition

«… ich singe, also bin ich/Chorsingen in Zeiten von Corona» ist eine Online-Petition zahlreicher Chorverbände, initiiert vom Schweizerischen Katholischen Kirchenmusikverband. Sie richtet sich an Parlament, Bundesrat und Bundesamt für Gesundheit. Die Verbände sind überzeugt, «dass das Singen im Chor das soziale Leben und die Gesundheit positiv beeinflusst, gerade in Krisenzeiten». Deshalb soll das Singen im Chor oder kleinen Ensembles auch für Laien wieder möglich sein, sofern strenge Schutzkonzepte eingehalten werden.

In der Pressekonferenz vom 4. November hat Bundesrat Alain Berset Gespräche mit kulturellen Vereinigungen in Aussicht gestellt.
 

Beteiligte Verbände

Die IG CHorama besteht aus:
A cœur joie ACJ
Association de Soutien aux Chœurs d‘Enfants et de Jeunes ASCEJ Association Vaudoise des directeurs de chœurs AVDC Europäisches Jugendchor Festival Basel EJCF
Reformierter Kirchenmusikverband Schweiz RKV Schweizerische Chorvereinigung SCV Schweizerischer Berufsdirigentenverband SBDV Schweizerische Föderation Europa Cantat SFEC
Schweizerischer Katholischer Kirchenmusikverband SKMV Schweizerische Kinder- und Jugendchorförderung SKJF Schweizerischer Kirchengesangsbund SKGB
Verband Chorleitung Nordwestschweiz VChN

Mit der Unterstützung vom Verband Musikschulen Schweiz VMS

Pro Helvetia mit Aussenstelle in Südamerika

Die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia eröffnet ab 2021 eine Aussenstelle in Südamerika mit lokalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Chile, Argentinien, Brasilien und Kolumbien.

Unterstützt von «Coincidencia»: «Orlando» an einem Festival in Südamerika. Foto: Horace Lundd

Im Rahmen des Pro-Helvetia-Programmes «Coincidencia – Kulturaustausch Schweiz – Südamerika» haben in Südamerika rund 250 Projekte wie Ausstellungen, Tourneen, Lesereisen, Residenzaufenthalte oder Recherchereisen stattgefunden. Sie haen zu Kooperationen zwischen Kunstschaffenden und Kulturinstitutionen in der Schweiz und zehn südamerikanischen Ländern geführt.

Die Schweizer Kulturstiftung hat nun entschieden, im Anschluss an das auf vier Jahre begrenzte Programm ab 2021 eine ständige Aussenstelle zu etablieren. Diese soll die Partnerschaften in den von Pro Helvetia geförderten Kunstsparten weiterführen. Neben den darstellenden, visuellen und interdisziplinären Künsten sind dies die Bereiche Musik, Literatur, Design und Interaktive Medien. Zudem wird die Aussenstelle auch Kollaborationen im Rahmen des neuen Schwerpunkts «Kultur, Wissenschaft und Technologie» aufbauen sowie Residenzen und Recherchereisen organisieren.

Zur Eröffnung der Aussenstelle in Südamerika organisieren Veranstaltungspartner in Argentinien, Brasilien und Chile kostenlose Webinare zu aktuellen kulturpolitischen und gesellschaftlichen Fragen.

Mehr  Infos: https://coincidencia.net/en/initiative/opening-activities/

Musikkultur aufrechterhalten

Der Musiksektor brauche Planungssicherheit, rasche Hilfe und Perspektiven, er soll von den Behörden besser und frühzeitig in Entscheidungen eingebunden werden, Singen und das Spielen von Blasmusikinstrumenten dürfe nicht öffentlich stigmatisiert werden – mit diesen Kernaussagen reagiert der Schweizer Musikrat auf die neusten Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie.

Symbolbild: Filip – stock.adobe.com

Der Schweizer Musikrat (SMR) schreibt in seiner Mitteilung vom 30. Oktober:
«Der Bundesrat hat am 28. Oktober entschieden: Schweizweit sind öffentliche Veranstaltungen bis auf Weiteres nur mit höchstens 50 Personen zugelassen. Diskotheken und Tanzlokale müssen schliessen. Proben von Kulturvereinen im Laienbereich sind nur noch mit maximal 15 Personen möglich. Amateurchöre dürfen nicht mehr proben. Auch im Bildungsbereich gibt es teilweise erhebliche Einschränkungen. Kurzfristig braucht es nun die rasche Umsetzung der versprochenen Unterstützungsmassnahmen, mittel- bis längerfristig braucht es Perspektiven für den Musiksektor entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Die Dachverbände müssen besser und vor allem frühzeitig von den staatlichen Entscheidungsträgern eingebunden werden. Nur gemeinsam kann es gelingen, die kulturelle Vielfalt zu erhalten.

Alle müssen ihren Beitrag leisten

Die Akteurinnen und Akteure im Musiksektor können nachvollziehen, dass es harte Massnahmen braucht, um die steigenden Infektionszahlen einzudämmen und eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern. Alle müssen ihren Beitrag leisten. Deshalb haben professionelle Musikschaffende, Unternehmen im Musiksektor (insbesondere Veranstalter), die Vereine im Bereich der Laienkultur, die Bildungsstätten und die Musiklehrpersonen die Massnahmen von Bund und Kantonen von Anfang an mitgetragen, viel in Schutzkonzepte investiert und diese konsequent und verantwortungsbewusst umgesetzt. Nichtsdestotrotz haben die Massnahmen zur Eindämmung der Epidemie drastische Auswirkungen auf den gesamten Musiksektor.

Der Musiksektor braucht Planungssicherheit

Es wird immer schwieriger, überhaupt noch Anlässe zu planen, weil unsicher ist, wann, ob und unter welchen Bedingungen sie überhaupt werden stattfinden können. Das hat insbesondere Einfluss auf die Finanzierungsmöglichkeiten und die Sponsorensuche, die dadurch zusätzlich erschwert sind. Auch bei Anlässen mit nur 50 Personen oder weniger ist zudem ungewiss, ob das Publikum überhaupt kommt, da gleichzeitig von den Behörden verständlicherweise auch dringend dazu aufgerufen wird, die sozialen Kontakte zu reduzieren. Viele Anlässe können infolge der eingeschränkten Publikumszahlen nicht mehr rentabel durchgeführt werden.

Der durch die behördlichen Massnahmen ausgelöste Organisationsaufwand ist jedes Mal für alle Akteurinnen und Akteure im Musiksektor gewaltig. So mussten manche Tourneen bereits zum dritten Mal verschoben werden.

Die Kulturverbände – insbesondere die Dachorganisationen – müssen besser und vor allem frühzeitig von den staatlichen Entscheidungsträgern eingebunden werden, damit sie ihre praktischen Erfahrungen einbringen, Fragen frühzeitig klären, sich auf kommende Massnahmen gut einstellen und diese auch nachvollziehen und verstehen können (z.B. das Probenverbot für Laienchöre). Nur gemeinsam kann es gelingen, die kulturelle Vielfalt zu erhalten sowie Kulturschaffenden und Kulturunternehmen zu ermöglichen, wieder ihrer Arbeit nachzugehen und damit ihre Lebensgrundlage selbst zu erwirtschaften.
 

Der Musiksektor braucht rasche Hilfe

Die versprochenen Unterstützungsmassnahmen müssen rasch umgesetzt und gleichzeitig die damit verbundenen Fragen unter Einbezug der Kulturverbände geklärt werden. Die Erwerbsmodelle im Kultursektor sind komplex und es braucht das Knowhow der Dachorganisationen, damit die Massnahmen zielführend sind. Das betrifft insbesondere kulturspezifische Massnahmen wie die Ausfallentschädigungen oder die Beiträge an Transformationsprojekte, aber auch gesamtwirtschaftliche Massnahmen wie die Kurzarbeit, den Erwerbsersatz für Selbstständige und arbeitgeberähnliche Personen. Ebenso die Härtefallregelung für Unternehmen aus der Wertschöpfungskette der Veranstaltungsbranche.

Ein weiteres Problem zeichnet sich schon jetzt ab. Werden aufgrund der herrschenden Planungsunsicherheit kaum mehr Veranstaltungen organisiert, dann greift auch die Ausfallentschädigung für Kulturunternehmen nicht mehr, weil dann nichts mehr ausfallen kann. Mit dem gleichen Problem sehen sich auch die Vereine in der Laienkultur konfrontiert. Auch sie erhalten nur Finanzhilfen für die Absage, Verschiebung oder für die eingeschränkte Durchführung von Veranstaltungen. Da sie bis auf Weiteres nur noch sehr eingeschränkt oder gar nicht mehr proben dürfen, werden kaum mehr Konzerte angesagt.
 

Der Musiksektor braucht mittel- und längerfristige Perspektiven

Zurzeit ist äusserst ungewiss, wie es weitergehen soll. Eines aber ist klar: Die kulturelle Vielfalt muss unbedingt erhalten bleiben.

Zur vielfältigen Musikkultur in der Schweiz gehören die Laienkultur, die professionellen Musikschaffenden aller Genres, ebenso wie die Musikwirtschaft (etwa Clubs, Festivals, Labels oder Agenturen). Voraussetzung für diese Vielfalt ist die musikalische Bildung an Volksschulen, Musikschulen, in Musikhochschulen, an pädagogischen Hochschulen oder auch vermittelt von freischaffende Musiklehrpersonen sowie Laienvereinen.

Es ist unbedingt einer öffentlichen Stigmatisierung von Singen und dem Spielen von Blasmusikinstrumenten vorzubeugen. Es wäre verheerend, wenn die Laienkultur und damit die lokal verwurzelten Vereine, die so viel zum gesellschaftlichen und kulturellen Leben in der Schweiz beitragen (grossmehrheitlich durch freiwilliges Engagement), wegen langandauernder Einschränkungen oder sogar Verboten der Vereinstätigkeiten untergeht.

Es braucht nun klare Informationen und eine Perspektive mit Exit-Strategie. Gewisse Auswirkungen werden erst stark verzögert eintreten. So sind beispielsweise wichtiger Bestandteil des Einkommens vieler Musikschaffenden die Tantiemen aus Urheber- und Interpretenrechten. Der Zusammenbruch des Live-Bereichs im laufenden Jahr wird 2021 zu einem empfindlichen Einbruch der Einnahmen der Rechteinhaber (Komponistinnen, Produzenten, Verlage, Interpretinnen) führen.»

 

Rondo a capriccio «Wut über den verlorenen Groschen»

Jeden Freitag gibts Beethoven: Zu seinem 250. Geburtstag blicken wir wöchentlich auf eines seiner Werke. Heute auf das Rondo a capriccio für Klavier in G-Dur «Wut über den verlorenen Groschen».

Einkaufszettel gab es schon vor Hunderten von Jahren. Allerdings gehören sie zu einer Textsorte, die nach kürzester Zeit ihren Zweck verliert. Dann wird das Stück Papier zerknüllt, zerrissen oder einfach achtlos weggeworfen. In früheren Zeiten fand es im besten Falle noch als Zunder Verwendung, heute ist es längst Objekt kulturgeschichtlicher Forschung. Auch Beethoven benutzte derartige Listen. Im Jahr 2011 kam ein solch rarer Zettel für 74 000 Euro unter den Hammer. Der darauf für die Haushälterin notierte Bedarf war mit Sicherheit um ein Vielfaches günstiger. Es geht um eine «MäuseFall», eine «ZündMaschine», «WaschSeife» und drei «BalbierMeßer», ausserdem findet sich der Vermerk «Bejm Met Uhrmacher / ihr / Metronom».

Beethoven würde über diesen Preis erstaunt gewesen sein. Möglicherweise hätte er auch selbst in diese Wertanlage investiert. Denn im Gegensatz zu manch anderen Komponisten und Musikern wusste er sehr wohl mit Geld umzugehen, es zumindest richtig «einzusammeln». Bereits 1809 wurde zu seinen Gunsten ein Rentenvertrag abgeschlossen; die eigenen Werke verkaufte er nie unter Wert; Widmungen an hochgestellte adelige Persönlichkeiten wurden in der Regel finanziell honoriert. Es scheint aber, dass Beethoven über sein tatsächliches Vermögen nie einen rechten Überblick hatte. Jedenfalls war er modern, risikofreudig und von seinem Freund Franz Oliva gut beraten worden, als er am 13. Juli 1819 bei der nach den auszehrenden Kriegsjahren neu geschaffenen «privilegierten oesterreichischen National-Bank» Aktien im Wert von knapp 10 000 Gulden Wiener Währung erwarb – umgerechnet etwa 86 000 Franken. Für damalige Verhältnisse, zumal bei einem Komponisten, ein ansehnliches Vermögen, das später den Neffen Karl und dessen Kinder versorgen sollte. Dass Beethoven mit der zweimal jährlich ausgezahlten Dividende im wahrsten Sinne des Wortes «rechnete», belegt die Nachschrift eines Briefes vom 8. Februar 1823 an den Oberbuchhalter Franz Salzmann: «ich bitte sie, was die allerliebste dividende anbelangt, doch zu sorgen, daß ich es heute oder Morgen erhalten kann, denn unser einer bedarf immer Geld, u. alle Noten, die ich mache, bringen mich nicht aus den Nöthen!!»

Da beruhigt es, dass der Titel zu einem der bekanntesten Klavierstücke, nämlich Die Wuth über den verlornen Groschen, ausgetobt in einer Caprice, vermutlich von Anton Schindler stammt. Er findet sich schon in einer erläuternden Fussnote der 1828 posthum erschienenen Erstausgabe – während Beethoven das um 1794/95 entstandene charakteristische Rondo lediglich mit Alla ingharese quasi un Capriccio überschrieben hatte. So oder so zählt an dem Satz vor allem der musikalische Witz. Als im Jahre 1835 Robert Schumann die Komposition unter seine Finger bekam, notierte er voller Vergnügen in der Neuen Zeitschrift für Musik: «Etwas Lustigeres gibt es schwerlich, als diese Schnurre, hab’ ich doch in einem Zuge lachen müssen, als ich’s neulich zum erstenmale spielte.»


Hören Sie rein!

Ansteckungsrisiken bei Grossveranstaltungen

Die Universitätsmedizin Halle (Saale) veröffentlicht die Ergebnisse des Forschungsprojektes RESTART-19. Basis war ein Konzert im August in der Quarterback Immobilien Arena Leipzig. Mit Kontakt-Tracern wurden dabei Daten gesammelt.

Foto: Levi Jones/unsplash.com (s. unten),SMPV

Zu den wichtigsten Ergebnisse zählt die Einsicht, dass die Gesamtzahl der mehrere Minuten langen kritischen Kontakte bei der Veranstaltung nicht sehr hoch ist und durch Hygiene-Konzepte erheblich reduziert werden kann. Insbesondere während des Einlasses und der Pausen fänden viele Kontakte statt. Daher müsse darauf der Fokus bei der Planung liegen. Die Zahl der dem Ansteckungsrisiko ausgesetzten Menschen könne zudem schlechte Belüftung deutlich erhöhen.

Rund 90 Prozent der Studienteilnehmenden fanden es nicht schlimm, eine Maske zu tragen und seien bereit, dies weiterhin zu tun, um wieder Veranstaltungen erleben zu können. (Umfrage nach dem Konzert-Experiment). Bei Einhaltung von Hygiene-Konzepten seien die zusätzlichen Auswirkungen auf die Pandemie insgesamt gering bis sehr gering.

Originalartikel: https://www.restart19.de/
 

Tonhalle Maag stellt Betrieb ein

Bei öffentlichen Veranstaltungen gilt ab sofort für die ganze Schweiz eine Obergrenze von fünfzig Personen. Die Tonhalle-Gesellschaft Zürich AG sieht sich deshalb gezwungen, die Tonhalle Maag für das Publikum bis auf Weiteres zu schliessen.

Tonhalle Maag (Bild: Hannes Henz)

Das Tonhalle-Orchester Zürich und sein Management «bedauern dies sehr und wünschen sich inständig, dass sich die Situation verbessert und wir im Dezember wieder Veranstaltungen durchführen können». Laut Ilona Schmiel, Intendantin der Tonhalle-Gesellschaft Zürich AG, habe man in den letzten Monaten alle Kräfte aufgeboten, um den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Die Rückerstattung der Billette für abgesagte Konzerte liegt in der Hand des jeweiligen Veranstalters. Billette für abgesagte Konzerte der Tonhalle-Gesellschaft Zürich werden automatisch auf dem Kundenkonto gutgeschrieben.

Die Tonhalle Maag ist ein Konzertsaal auf Zeit. Sie ist in erster Linie Spielstätte für das Tonhalle-Orchester Zürich während der Jahre 2017–2021, in denen Tonhalle und Kongresshaus Zürich umgebaut werden, sie steht auch weiteren Veranstaltern zur Verfügung. Der Grossteil der Konzerte mit klassischer Musik in Zürich findet nun in der Tonhalle Maag statt.

Aarauer Überbrückungshilfen

Das Aarauer Reglement über die Überbrückungshilfe im Kulturbereich ist nach Ablauf der Referendumsfrist in Kraft. Gesuche können ab sofort eingereicht werden.

Foto: Ferran Feixas/unsplash.com (s. unten)

Das Reglement sieht vor, dass in Aarau wohnhafte Kulturschaffende und Vereinigungen aus dem Kulturbereich mit Sitz in Aarau, welche durch die COVID-19- Beschränkungen in Not geraten sind, finanzielle Hilfe bei der Stadt Aarau beantragen können. Dies gilt rückwirkend ab 13. März und bis 31. Dezember 2020. Für die Überbrückungshilfe stehen insgesamt 40‘000 Franken zur Verfügung. Nebst der subsidiären Leistung von Erwerbsausfallersatz werden unter gewissen Voraussetzungen auch die Grundgebühren für die kulturelle Nutzung von öffentlichen Räumen und Plätzen erstattet.

Für Gesuche zum Erwerbsausfallersatz sind neben der schriftlichen Begründung der Notlage auch der Nachweis der Gesuchstellung an die entsprechenden kantonalen und nationalen Stellen sowie deren Entscheide notwendig. Zudem müssen die Einnahmen und Ausgaben, der Vermögenssituation und die aktuelle Liquidität offengelegt werden.

Für den Erlass der Grundgebühren für die kulturelle Nutzung von öffentlichen Plätzen oder Gebäuden der Stadt ist ein Gesuch mit entsprechenden Rechnungen sowie eine Beschreibung des geplanten oder bereits durchgeführten Anlasses einzureichen.

Gesuche sind bis spätestens 31. Dezember 2020 an die Kulturstelle, Abteilung Kultur Aarau, unter kulturstelle@aarau.ch oder postalisch an Rathausgasse 1, 5000 Aarau, zu senden. Die Kulturstelle unterstützt Kulturschaffende und kulturelle Vereinigung weiterhin beratend.

Das Reglement über die Überbrückungshilfe im Kulturbereich findet sich unter folgendem Link: https://aarau.tlex.ch/frontend/versions/302

Corona-Krise: Unterstützung für SUISA-Mitglieder

Die SUISA bietet ihren Mitgliedern Unterstützung an, um Mindereinahmen bei den Urheberrechts-vergütungen zu überbrücken, die durch ausfallende Musiknutzungen wegen des Coronavirus entstehen.

Abgesagte Konzerte, geschlossene Ladengeschäfte und Kinosäle, reduzierte Werbeschaltungen im TV und Radio – alle diese Folgen aus den verordneten Massnahmen gegen die Ausbreitung der Corona-Pandemie hatten und haben eine direkte Auswirkung auf die Einnahmen aus der Verwertung von Urheberrechten: Wenn keine Musiknutzung stattfindet, entfällt auch die Urheberrechtsentschädigung.

Die SUISA bietet ihren Mitgliedern Unterstützung an, um den Ausfall von Urheberrechtsvergütungen finanziell zu überbrücken:

Bezug von Vorschüssen

In erster Linie und bereits seit jeher besteht für SUISA-Mitglieder die Möglichkeit, einen Vorschuss zu beziehen. Der Bezug eines Vorschusses ist sowohl für Urheberinnen und Urheber als auch für Verlage möglich. Die Höhe des Vorschusses wird anhand der durchschnittlichen Einnahmen des Mitglieds während den letzten Jahren berechnet. Vorschüsse werden nur dann ausgezahlt, wenn das Mitglied in den letzten Jahren durchschnittlich mehr als 500 Franken an Urheberrechtsvergütungen erhalten hat. Die Vorschüsse können per E-Mail beantragt werden. Die Anträge werden innerhalb von sieben Tagen geprüft. Über den Entscheid wird man schriftlich per Mail informiert. Sofern der Antrag die nötigen Voraussetzungen erfüllt, erfolgt die Zahlung des Vorschusses umgehend per Banküberweisung.

Normalerweise wird ein Vorschuss mit der nächsten Abrechnung, die das Mitglied erhält, verrechnet. Das heisst, der bezogene Betrag wird vom zur Verteilung kommenden Betrag wieder abgezogen. Als Sofortmassnahme gegen die von der Coronavirus-Pandemie verursachte Ausnahmesituation hat der Vorstand der SUISA beschlossen, dass die Verrechnung von Vorschüssen mindestens bis Juni 2021 ausgesetzt wird. Vorstand und Geschäftsleitung beobachten den weiteren Verlauf der Krisensituation genau, um das Verrechnungsdatum den wirtschaftlichen Entwicklungen entsprechend allenfalls noch weiter aufzuschieben. So oder so müssen bezogene Vorschüsse also frühestens nächstes Jahr ab Juni 2021 wieder zurückgezahlt werden.

Unterstützungszahlungen an Mitglieder

Sollte ein Vorschussbezug nicht ausreichen und ein Mitglied der SUISA wegen des Ausfalls von Urheberrechtsvergütungen in eine existenzielle, finanzielle Notlage geraten, kann es bei der SUISA Unterstützungszahlungen beantragen. Für Urheberinnen und Urheber stehen Gelder aus der Fürsorgestiftung der SUISA für den Notfall zur Verfügung. Zudem hatte der Vorstand im Frühjahr als weitere Sofortmassnahme entschieden, einen zusätzlichen Hilfsfonds zu äufnen, aus dem Unterstützungszahlungen sowohl an Urheberinnen und Urheber als auch an Verlage geleistet werden können. Der Hilfsfonds ist im Juni von der Generalversammlung, die dieses Jahr per brieflicher Abstimmung stattgefunden hat, mit grosser Mehrheit genehmigt worden.

Als Verwerterin von Urheberrechten leistet die SUISA Unterstützung für den Ausfall von Urheberrechtsentschädigungen. Sie ist als Ergänzung zu anderen Unterstützungsmassnahmen von Bund oder Kantonen zu verstehen. Die Mittel der SUISA für die Unterstützungszahlungen sind limitiert und nur SUISA-Mitglieder können bei der SUISA Unterstützung beantragen.

Die finanzielle Notlage muss von den Gesuchstellenden nachgewiesen werden. Die Gesuche für Unterstützungszahlungen können über das Mitgliederportal «Mein Konto» eingegeben werden. Die eingereichten Unterlagen werden innerhalb von sieben Tagen geprüft. Über den Entscheid wird schriftlich per Mail informiert. Die Zahlung erfolgt umgehend nach Bewilligung des Gesuchs mittels Banküberweisung. Die Unterstützungszahlungen müssen nicht zurückbezahlt werden.

Dieser Artikel ist zuerst erschienen am 9. Juni 2020 auf dem SUISAblog.ch so-wie in den News für SUISA-Mitglieder, SUISAinfo 2.20, vom Juni 2020.

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Die atmende Leichtigkeit des Spiels

Der Geiger Hansheinz Schneeberger hatte eine grosse menschliche Kraft und hinterlässt tiefe musikalische Spuren. Zu seinem ersten Todestag trafen sich Weggefährten und Freunde zu gemeinsamem Musizieren.

Hansheinz Schneebergers Geigenkasten. Foto: Sophia Dünki

Bartók war einer seiner Schicksalskomponisten. 1946 spielte Schneeberger mit Ansermet die 2. Rhapsodie. Von da an galt er als der beste Geiger der Schweiz. Bald darauf konnte er Bartóks 2. Violinkonzert zur schweizerischen Erstaufführung bringen. Das wiederum zog die Uraufführung des 1. Violinkonzerts nach sich, welches erst posthum veröffentlicht wurde. 1952 übernahm Schneeberger die Uraufführung des Violinkonzerts von Frank Martin.

Schneeberger war als Künstler, Pädagoge und Mensch eine singuläre Erscheinung. Er reagierte immer direkt. Er war stets auf der Suche nach besseren Lösungen. Der Pianist Jean-Jacques Dünki, einer seiner langjährigen Kammermusikkollegen, erzählt, dass Schneeberger noch im hohen Alter begeistert von einem neuen Fingersatz berichten konnte und ihm diesen sofort vorspielte. Der Geiger arbeitete an einer atmenden, leichten Bogenführung: «Er hat Jahrzehnte seines Lebens an einer Verlängerung des Bogenstrichs getüftelt», sagt Egidius Streiff, der als Jungstudent bei ihm an der Musikakademie Basel war. Er konnte Phrasen auf einem Bogen schier endlos «spinnen» und formte so ganz eigene Gestaltungsweisen.

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Hansheinz Schneeberger in der Fünfzigerjahren. Foto: zVg

Heinz Holliger, mit dem ihn eine jahrzehntelange Freundschaft verband, erinnert sich: «Seine Bogenführung orientierte sich an der Atmung … Es ging ihm darum, die Essenz des Stücks zum Klingen zu bringen. Dafür war er bereit, alles in Frage zu stellen, was er je gelernt hatte. Er war das grösste Vorbild, das ein Musiker sein kann: nie mit sich zufrieden und immer Neues entdecken.»

Als grosser und schwerer Mann arbeitete er an der Leichtigkeit des Spiels. Diese Leichtigkeit trainierte er sich durch sein grosses Hobby an, das Schlittschuhlaufen, welches ihn eine ganz neue Philosophie des Geigespielens lehrte: «Man darf den Bewegungsablauf nicht stören. Das eine muss aus dem andern harmonisch hervorgehen. Wenn man am Anfang den Bewegungsablauf vermasselt, ist die ganze Figur kaputt», sagte er in einem Interview, das anlässlich seines Todes von SRF gesendet wurde.

Als Lehrer war er eine Urgewalt und liess keine Zweifel offen, wie er es haben wollte: «Ich mache es so», hörten seine Studierenden oft, wenn sie nach musikalischen Lösungen suchten. Nach einem Konzert konnte er seine volle Begeisterung, aber auch seine totale Abneigung zeigen. Egidius Streiff berichtet: «Ich erlebte ihn als einen sehr durchlässigen Menschen. Er war extrem breit interessiert und wollte über alles Bescheid wissen, was den Schüler interessierte».

Lieblingskomponisten, Lieblingsmenschen

Im Grossen Saal der Basler Musikakademie, an welcher Schneeberger 30 Jahre lang gelehrt hatte, gelangten am 21. Oktober Komponisten zur Aufführung, die zu seinen Favoriten gehört hatten, sowie Stücke mit einem inneren Bezug zwischen dem Geehrten und den Ausführenden.

Zu Beginn demonstrierte Heinz Holliger im Adagio aus Mozarts Oboenquartett mustergültig, was atmendes Musizieren bedeuten kann. Intarsimile für Violine solo aus dem Jahr 2010 hatte Klaus Huber ursprünglich für Schneeberger komponiert, doch schliesslich übernahm sein Schüler Egidius Streiff die Uraufführung; er stand auch diesmal auf dem Podium. Heinz Holligers Schumann-Begeisterung nahm ihren Anfang, als er als junger Student Schneeberger Schumann spielen hörte: «Er hatte den Schlüssel zu dieser Musik», ist Holliger überzeugt. Daniel Sepec und Tobias Schabenberger mit der Sonate Nr. 1 in a-Moll von Schumann zu erleben, war der reine Genuss. Streiff hatte seinem Lehrer die Reger-Sonate in e-Moll gezeigt. Schneeberger war so begeistert davon, dass er sie zusammen mit Jean-Jacques Dünki kurzerhand auf Platte aufnahm. Dünki und Streiff führten das Werk an diesem Abend auf.

Heinz Holliger, Robert Koller, Mariana Doughty und Tobias Moster. Foto: Niklaus Rüegg

Französische Musik «mues schmöcke»

Die französische Musik lag Schneeberger besonders nahe: «Französischi Musig mues schmöcke», pflegte er zu sagen. Dieser olfaktorische Charakter war im Allegro aus Faurés Klavierquartett mit Gérard Wyss, Helena Winkelman, Mariana Doughty und Tobias Moster zu spüren. Der junge Dmitry Smirnov spann, begleitet von Jean-Jacques Dünki, kunstvoll die musikalischen Fäden in Debussys Sonate für Violine und Klavier in g-Moll. Er durfte in Schneebergers letzten Lebensmonaten von dessen Rat profitieren. Das letzte Geschenk an seinen Freund Heinz Holliger war die Gesamtausgabe der Ravel-Briefe. Im Allegro der Ravel-Sonate für Violine und Violoncello spielten sich Ilya Gringolts und Anita Leuzinger gekonnt die sperrigen Intervalle zu. Heinz Holliger hatte für Schneeberger die Solosonate Ri-Tratto (2011) geschrieben und sich dabei von der Fuge aus Bartóks Solo-Violinsonate inspirieren lassen, die Schneeberger oft gespielt hatte. Ilya Gringolts führte sie mit entschlossenem Zugriff auf. Anschliessend bot er eine atemberaubende Version der Fuge.

Bourrée – eine Komposition des neunjährigen Hansheinz

Dass Schneeberger auch komponiert hatte, allerdings weitgehend im Verborgenen, wurde im nächsten Programmpunkt deutlich. Schon als Neunjähriger hatte er damit angefangen. Bereits damals waren seine Stücke perfekt im Satz und zeigten eine originelle, persönliche Sprache. Für seine beiden Haikus für Flöte und Streichtrio (2011) gesellte sich Isabelle Schnöller zu den bereits Genannten. Im ersten Stück waren Flagoletts und Vogelstimmen zu vernehmen; in den Klangclusters des zweiten glaubte man Naturbilder zu erkennen. Eingelegte Ruder (2015, Bild ganz unten) für Bariton, Englischhorn, Viola und Violoncello erinnert stimmungsmässig an Franz Liszts Spätwerk La lugubre gondola. Robert Koller gestaltete über einer düsteren Grundstimmung beseelt C. F. Meyers bedeutungsvollen Text.

Den Programmschluss bildete eine heitere Violinstafette mit Übungsduetten von Béla Bartók, die Schneeberger in- und auswendig gekannt hatte, lagen sie doch auf dem Tisch seines Violinlehrers Walter Kägi. Dieser war in ständigem Kontakt mit Bartók gewesen, welcher ihm die Stücke zum Ausprobieren zusandte.

Violinstafette von links: Helena Winkelman, Dominik Stark, Daniel Sepec (vorne), Egidius Streiff (hinten), Ilya Gringolts (vorne) und Dmitrj Smirnov. Foto: Niklaus Rüegg
Komposition Schneebergers von 2015. Scans: zVg
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