Die musikalische DNA Romanischbündens

In ihrer umfangreichen Dissertation hat Laura Decurtins die Geschichte des rätoromanischen Musikschaffens mit der Identitätsfindung der romanisch sprechenden Bevölkerung verbunden.

Hirte mit Tiba im Safiental beim Turrahus um 1910. Nachweis s. unten

Es ist ein mutiges und verdienstvolles Ziel, das sich die Bündner Musikwissenschaftlerin Laura Decurtins gesetzt hat: «Ich möchte gewissermassen die ‹musikalische DNA› Romanischbündens erforschen und eine musikalische Sicht auf Romanischbünden bieten.» Dank eines Forschungsprojektes der Universität Zürich und des Instituts für Kulturforschung Graubünden bekam sie Zeit und Geld für ihr Vorhaben, und seit Kurzem ist das Resultat ihrer umfangreichen Forschungen als Buch im Chronos-Verlag unter dem Titel Chantai rumantsch! – Zur musikalischen Selbst(er)findung Romanischbündens erhältlich.

Das Buch ist dick und schwer, der Inhalt wurde 2017 von der Universität Zürich als Dissertation angenommen: keine Ingredienzen für eine leichte Lektüre. Und die Befürchtungen des Rezensenten bewahrheiten sich. Es braucht Disziplin und Zeit, um der mit über 500 Seiten umfangreichen Arbeit von Laura Decurtins gerecht zu werden. Eine etwas holprige Sprache, viele Quellenverweise – allein der Quellennachweis benötigt über 40 Seiten – und immer wieder unübersichtliche Namensnennungen machen den Text nicht zugänglicher. Doch die Arbeit wird belohnt.

Laura Decurtins verknüpft die Geschichte des rätoromanischen Musikschaffens mit der Identitätsfindung der romanisch sprechenden Bevölkerung. «Musica rumantscha» bedeute daher nicht nur «Musik zu Texten in bündnerromanischer Sprache», sondern vielmehr «Musik von, durch, mit und für Bündnerromanen». Musik als Teil der kulturellen Identität und damit prägend für eine Gesellschaft ist kein neuer Gedanke, wurde aber lange von der Musikwissenschaft vernachlässigt.

Die Autorin hat ihr Buch in fünf Hauptkapitel unterteilt. Es beginnt mit der frühen Neuzeit und dem Geistlichen Gesang, geht weiter zum Patriotischen Gesang und Heimatbewusstsein im 19. Jahrhundert, dann zum Chorgesang und Sprachbewusstsein in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und zur populären Vokalmusik und neuem Kulturbewusstsein in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Es endet mit dem Kapitel zur sprachlich-kulturellen Identitätsfindung in der aktuellen Vokalmusik. Während der Lektüre wird deutlich, wie fragmentiert und kleinräumig der Kulturraum der romanisch sprechenden Bevölkerung in Graubünden war und immer noch ist. Als Vertreter der deutschsprachigen Bündner Mehrheit übersieht man das schnell. Auch die jahrhundertealte Vorherrschaft des Deutschen als Amtssprache und der Wandel des Rätoromanischen von der Umgangssprache zur Schriftsprache und wie dies mit dem musikalischen Schaffen verknüpft ist, wird anschaulich beschrieben. So ist bereits der Einstieg mit den Ausführungen, wie, von wem und wann geistliche Texte und Lieder auf Romanisch übersetzt wurden und wie sie verbreitet wurden, höchst interessant. Ein besonderes Verdienst ist auch, dass sich Laura Decurtins mit der zeitgenössischen Musik auseinandersetzt. Damit werden die vorhandenen Bezüge deutlich, die die rätoromanische Musik von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart aufweist.

Laura Decurtins hat ein detailliertes und fundiertes Nachschlagewerk zur Entwicklung und Geschichte der rätoromanischen Kultur erarbeitet. Diese Geschichtsschreibung hat erst begonnen und wird hoffentlich Nachahmer finden. Denn fallen bei den ersten vier Kapiteln die Sorgfalt und das analytische Vorgehen auf, gerät das letzte Kapitel zur Gegenwart allzu stark zu einer Auflistung von Biografien aktiver Musikerinnen und Musiker sowie Institutionen, die allerdings nicht vollständig ist und auch nicht reflektiert wird. Das ist etwas schade, denn damit bleibt die Frage, wie sich die rätoromanische Musik und ihre Akteure im internationalen Umfeld behaupten und entwickeln, immer noch offen. Wir sind gespannt auf die Fortsetzung.

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Laura Decurtins: Chantai rumantsch! Zur musikalischen Selbst(er)findung Romanischbündens,
564 S., 57 Abb., Fr. 58.00, Chronos, Zürich 2019, ISBN 978-3-0340-1501-1
E-Book (PDF) kostenlos

 

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Quelle: Reginalmuseum Surselva; Autor: Walram Derichsweiler (1872–1936); hochgeladen von Adrian Michael / wikimedia commons

Breite Auswahl an Editionen

Sowohl die Wiener Urtext-Edition wie Henle und Bärenreiter halten für das Beethoven-Jahr 2020 ausführlich kommentierte Neuausgaben der Klaviersonaten bereit.

Antonia von Brentano, Gemälde von Josef Karl Stieler, 1808 (Nachweis s.unten)

Das Beethoven-Jahr 2020 wirft schon längst seine Schatten voraus und die Notenverlage möchten da natürlich nicht zurückstehen.

Die Wiener Urtext-Edition hat eben sämtliche Klaviersonaten in drei Bänden veröffentlicht, wovon hier der erste vorliegt: ein dickes Buch, das allerdings nur die Sonaten 1 bis 11 enthält, dafür etwa 80 Seiten Kritische Anmerkungen (UT 50427). Der Henle-Verlag versucht mit Sammelbänden von leichteren und populären Werken die Gunst der Stunde zu nutzen. Keine schlechte Idee! Leider sind die Fingersätze von Murray Perahia oft umständlich und verkomplizieren so das eigentlich wunderbar übersichtliche Notenbild. (Fünf leichte Klaviersonaten, HN 1391; Fünf berühmte Klaviersonaten, HN 1392)

Bleibt noch der Bärenreiter-Verlag, der gerade die drei letzten Sonaten in Einzelausgaben herausgebracht hat. Alle mit einer informativen Einleitung, Hinweisen zur Aufführungspraxis und einem ausführlichen Kritischen Kommentar versehen. Auch finden sich in allen drei Heften Abbildungen, die Beethovens impulsive Notenschrift eindrücklich dokumentieren. Nur wenige unnötige Flüchtigkeitsfehler trüben den Eindruck einer sehr sorgfältig gearbeiteten Edition. So wird in der deutschen Übersetzung des Vorworts gelegentlich Opus 110 mit Opus 109 verwechselt. Auch ist der Ausdruck «heiter-gelassen» für die abschliessenden Variationssätze der E-Dur- und der c-Moll-Sonate wohl nicht angebracht.

Es wird zudem behauptet, Antonia von Brentano werde von der aktuellen Forschung als jene geheimnisvolle «unsterbliche Geliebte» angesehen. Das ist doch sehr umstritten. Immerhin ist die Sonate op. 109 Brentanos Tochter Maximiliane gewidmet, während op.111 schliesslich Erzherzog Rudolph zugeeignet wurde. In der englischen Erstausgabe steht noch: To Madame Antonia de Brentano. (Opus 109: BA 10854; Opus 111: BA 11813)

Und die Sonate As-Dur op. 110? Diese vielleicht rätselhafteste aller Klaviersonaten trägt keine Widmung. Dieser Umstand hat den Beethoven-Biografen Jan Caeyers zu einer sehr gewagten, aber nachvollziehbaren These inspiriert, die in seinem Buch Beethoven. Der einsame Revolutionär nachzulesen ist. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten …

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Ludwig van Beethoven: Sonate für Klavier in As-Dur op. 110, hg. von Jonathan Del Mar, BA 11812, € 6.95, Bärenreiter, Kassel

 

 

Bild oben: Gemälde von Josef Karl Stieler, Quelle: Klaus Günzel, Die Brentanos, Düsseldorf 1998, wikimedia commons
 

Verteilung der Einnahmen aus Hintergrundunterhaltung

Mehr als 100 000 Betriebein der Schweiz nutzen Musik, TV und Filme zur Hintergrundunterhaltung. Für diese Nutzung bezahlen die Betriebe den Urhebern, Verlegern, Interpreten oder Produzenten eine Vergütung gemäss dem Gemeinsamen Tarif 3a. Wie und an wen werden diese Einnahmen verteilt?

Die passende Hintergrundmusik in einem Ladengeschäft, Friseursalon oder Restaurant leistet wie die Beleuchtung oder Dekoration einen wichtigen Bei-trag dazu, dass sich die Kunden und Gäste wohlfühlen. Und in einem Pub gehört die Live-Übertragung eines Fussball- oder Cricket-Spiels genauso zum Interieur wie die dunklen Möbel, die Holzschilder und die Dart-Scheibe.

Ebenso wie die Hersteller des Mobiliars, der Dekoration oder der Beleuchtung bezahlt werden müssen, haben die Komponisten, Textautoren, Interpreten, Drehbuchautoren oder Produzenten laut Gesetz ein Recht darauf, für die Nutzung ihrer Werke und Leistungen ausserhalb des privaten Rahmens eine Vergütung zu erhalten. Hierfür sind die fünf Schweizer Verwertungsgesellschaften Pro Litteris, SSA, SUISA, Suissimage und Swissperform zuständig. In ihrem Auftrag zieht die SUISA die Vergütungen für die Nutzung von Musik, Filmen und TV-Sendungen gemäss dem Gemeinsamen Tarif 3a (GT 3a) ein.

Was macht die SUISA mit den Einnahmen aus der Hintergrundunterhaltung?

In einem ersten Schritt wird das eingenommene Geld nach einem fixierten Verteilschlüssel unter den fünf Schweizer Verwertungsgesellschaften aufgeteilt. Der Anteil der SUISA für die Abgeltung der Musikinhalte beträgt dabei etwas mehr als die Hälfte der Einnahmen. Jede Gesellschaft ist in einem zweiten Schritt dafür zuständig, diese Einnahmen an die Urheber, Künstler und an die Verleger und Produzenten auszuzahlen.

Im Fall der SUISA werden bei diesem zweiten Schritt von den erwähnten gut fünfzig Prozent 88% an die Berechtigten verteilt. Das bedeutet, dass von 100 Franken, die eingenommen werden, 88 Franken an die Künstlerinnen und Künstler und deren Verlage verteilt werden können.

Wie und an wen werden die Einnahmen verteilt? Grundsätzlich kennt die SUISA drei unterschiedliche Möglichkeiten der Verteilung: die direkte Verteilung, die Pauschalverteilung mit Programmunterlagen und die Pauschalverteilung ohne Programmunterlagen. Programmunterlagen sind Listen der Werke, die aufgeführt oder gesendet worden sind.

Beim GT 3a wird das Geld fast ausschliesslich pauschal ohne Programmunterlagen verteilt. Sowohl für die Kunden wie auch für die SUISA wäre das Einreichen resp. Bearbeiten von Werklisten mit einem enormen Aufwand verbunden, der in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen würde. Stattdessen benutzt die SUISA vorhandene Programmunterlagen aus verschiedenen Quellen, um die Einnahmen aus dem GT 3a zu verteilen. Dabei achtet die SUISA darauf, dass für diese Verteilung Listen resp. Nutzungen verwendet werden, die eine möglichst gerechte Verteilung erlauben.

Möglichst faire Verteilung auch ohne Liste der aufgeführten Werke

Aufgrund von Erfahrungswerten wird beispielsweise davon ausgegangen, dass ein grosser Teil der Unternehmen, Läden, Restaurants etc. Werke nutzt, die auch im Radio resp. Fernsehen gesendet werden. Entsprechend wird ein grosser Teil der Einnahmen aus dem GT 3a anhand der Programmunterlagen für die Nutzung von Musik, TV-Sendungen und Filmen aus Radio- und Fernsehsendungen verteilt. Die SUISA trägt aber auch der Tatsache Rechnung, dass nicht nur Pop, Rock oder Urban gespielt wird, sondern auch andere Genres wie Volksmusik oder sogar Kirchenmusik. Deshalb wird ein Teil der Einnahmen auch anhand von Programmlisten für kirchliche Aufführungen, Blasmusiken oder Jodelclubs verteilt.

Um das Geld an die Künstlerinnen und Künstler zu verteilen wird es somit anderen, ähnlichen Verteilungsklassen der Aufführungs- und Senderechte (siehe Verteilungsreglement Ziffer 5.5.2) zugewiesen. Erhält also ein Mitglied eine Abrechnung in einer dieser Verteilungsklassen, dann erhält er zugleich auch einen Anteil aus den Einnahmen für Hintergrundunterhaltung aus dem GT 3a.

In einigen Ausnahmefällen kommt bei der Verteilung der Einnahmen aus der Hintergrundunterhaltung die direkte Verteilung zum Zug. Hier handelt es sich z. B. um Musik, die in einem Museum für eine Ausstellung verwendet wird, oder Musik, die für einen längeren Zeitraum von einer Firma in der Telefonwarteschlaufe verwendet wird. In diesen Fällen handelt es sich in der Regel um Auftragsmusik.

Die Verteilung der SUISA erfolgt viermal pro Jahr. Im Jahr 2018 wurden insgesamt über 132 Mio. Franken an die Komponisten, Textautoren und Verleger von Musik verteilt.

Weitere Informationen:

> www.suisablog.ch

Jazznachwuchs in der Schweiz

Vom 15. bis zum 23. Oktober 2019 tourte der Schweizer Jazznachwuchs im Rahmen des Swiss Exchange Festival DKSJ durchs Land: Die besten Jazzstudierenden aus fünf Schweizer Musikhochschulen konzertierten in Basel, Bern, Lausanne, Luzern und Zürich. Ein Einblick in die junge Jazzszene der Schweiz.

MvO — Laurence Desarzens ist seit über 30 Jahren in der Schweizer Musikszene tätig: als Programmverantwortliche der Roten Fabrik, des Moods (Zürich) und der Kaserne Basel. Seit 2016 leitet sie die Abteilung Pop und Jazz an der Haute École de Musique de Lausanne, HEMU. Das Swiss Exchange Festival DKSJ unterstreicht aus ihrer Sicht primär den Kooperationsgedanken, deswegen wurde auch der Verein Direktor*innen-Konferenz Schweizerischer Jazzschulen DKSJ gegründet, der den Austausch unter den verschiedenen Hochschulen ermöglicht. Jedes Jahr steht eine andere Musikhochschule im Fokus, im 2019 war es die Hochschule Luzern – Musik. Unter dem Label DKSJ präsentieren die fünf Jazzabteilungen der Schweizer Musikhochschulen jedes Jahr das gemeinsame All Star Project. Zehn ausgewählte Studierende erarbeiteten unter der Leitung des irischen Bassisten und Komponisten Ronan Guilfoyle während drei Probetagen dessen Arrangements der Musik von Jack Bruce sowie seine Kompositionen, welche zu Ehren des 100. Geburtstages von Thelonious Monk entstanden sind. Das Programm präsentierten sie an fünf Konzerten in den Städten der beteiligten Musikhochschulen. Die Studierenden sammeln so einerseits Erfahrungen mit anderen Institutionen, andererseits kommen sie aber auch mit anderen Künstlern und Performern in Kontakt. Für Laurence Desarzens entsteht aus dieser Zusammenarbeit ein Atelier-Geist, der sehr wertvoll für alle Beteiligten ist. Am Ende geht es primär um eines: um die Förderung des Jazz-Nachwuchs in der Schweiz, weswegen das Projekt DKSJ auch in den kommenden Jahren weiterverfolgt werden soll, 2020 steht beispielsweise das Thema «Frauen im Jazz» im Vordergrund. Dieses Projekt unter dem Namen «Jazzlab» wurde vom Verein Helvetiarockt sowie den Jazzabteilungen der HKB Bern und der HEMU gemeinsam mit dem Cully Jazz Festival initiiert.

Sprungbrett

Florentin Setz studiert zurzeit Master of Arts in Music – Pedagogy an der Zürcher Hochschule der Künste ZHdK. Von Bernhard Bamert wird er im Hauptfach Jazzposaune unterrichtet, daneben vertieft er sich bei Ruven Ruppik in indischer Rhythmik und wird von Chris Wiesendanger am Klavier unterrichtet. Als nächsten Schritt will er den Pädagogik-Master im nächsten Jahr abschliessen und während den letzten beiden Jahren noch möglichst viel vom Angebot der ZHdK profitieren und lernen. Ob er nach dem Pädagogik-Master noch einen anderen Master machen will, weiss er noch nicht. Sein Ziel ist klar: sich als freischaffender Musiker in der Schweizer Musikszene als Posaunist, Bandleader und Dirigent zu etablieren. Dabei hofft er, möglichst viele Konzerte mit seinen Projekten spielen zu dürfen und seine eigene Musik einem breiten Publikum präsentieren zu können. Dazu bietet das Swiss Exchange Festival DKSJ eine wunderbare Gelegenheit. Aus diesen einmaligen Gelegenheiten können manchmal Bands entstehen, die über mehrere Jahre miteinander musizieren und sich gemeinsam entwickeln. Klar also, dass er das Swiss Exchange Festival DKSJ als Sprungbrett für seine eigene Band «MEDEA» sieht. Ihm gefällt die Idee sehr gut, dass jeweils ein Bachelor-Projekt einer Schweizer Jazz-Schule in einer anderen Schweizer Stadt präsentiert wird, denn so kann man Netzwerke knüpfen und lernt die Musik anderer Künstler kennen.

Grenzen der Jazz-Szene

Hannes Wittwer absolviert seit diesem Herbst den Masterstudien-gang Musikpädagogik (MA Music Pedagogy) im Profil Jazz mit Hauptinstrument Schlagzeug. Sein Fernziel besteht darin (ähnlich wie bei vielen jungen Musikerinnen und Musikern aus seinem Umfeld), eine teilzeitige Unterrichtstätigkeit wahrnehmen zu können und im Übrigen an seinen künstlerischen Projekten als Komponist, Bandleader oder als Sideman arbeiten zu können. Für ihn besteht zudem die Möglichkeit, dass er sich irgendwann auch in journalistische, wissenschaftliche oder transdisziplinäre Gefilde des Kulturbereichs wagt, da er auch hier Interessen hat – doch vorerst haben die pädagogische und künstlerische Tätigkeit klar Priorität. Für das diesjährige Swiss Exchange Festival DKSJ konnte Hannes Wittwer ein Panel organisieren, gestalten und moderieren. Eingeladen waren mit Andrina Bollinger und Philipp Hillebrand eine Absolventin und ein Absolvent der ZHdK-Jazz-Abteilung, die über Themen wie «Dinge, die es im Musikbusiness nach Abschluss des Studiums zu beachten gilt» oder«Chancen und Gefahren eines Jazzstudiums» referiert haben. Im Anschluss daran gab es eine Diskussionsrunde mit den beteiligten Gästen. Für Wittwer ist das Swiss Exchange Festival DKSJ wichtig, um die Vernetzung der Schweizer Jazzhochschulen zu verbessern und zu festigen. In seinem Umfeld und in Eigenerfahrung beobachtet er, dass Studierende der einzelnen Hochschulen, auch innerhalb der überschaubaren Deutschschweiz, insgesamt eher selten den Sprung in andere Städte wagen, sei es für Konzerte, Masterclasses, Panels, Jamsessions etc. Der Röstigraben scheint auch hier sehr stark präsent zu sein. Obwohl er einzelne Kontakte aus der Romandie pflegt, weiss er kaum, was «dort so abgeht», wie er sagt. So ist es auch für Studierende aus der Romandie schwierig, in der Deutschschweiz Konzerte zu ergattern – und umgekehrt eben auch. Es ist für Hannes Wittwer nicht leicht, Gründe zu finden, wieso es auch in der kleinen Schweiz, wo man eigentlich in ein bis zwei Stunden in allen grösseren Jazz-Städten sein könnte, alle in ihren «eigenen Gärtchen» werkeln. Ein Grund könnte sein, dass die meisten Jazzszenen, insbesondere Zürich, schon ein so grosses (Über-)Angebot an Curricula, Kultur und Möglichkeiten haben und so mit sich selbst beschäftigt sind, dass am Ende des Tages nicht mehr viel Zeit bleibt, sich auch noch mit Baslern oder Bernerinnen zu vernetzen. Ob hier die sozialen Medien eher eine förderliche oder hinderliche Rolle im Networking und Austausch haben, darüber kann Wittwer nur spekulieren. Hier ist also die Direktor*innen-Konferenz DKSJ ein wichtiges Standbein, um Menschen zusammenzubringen und die einzelnen Jazz-Szene-Grenzen etwas aufzuweichen. Doch die Bereitschaft zum Austausch muss nicht nur von «oben», sondern auch von der Studierenden-Basis kommen, und hier besteht seiner Ansicht nach definitiv noch Aufholbedarf.

Zusammenarbeit, Vernetzung

Tom Arthurs ist seit Anfang 2018 in Bern und geniesst die reiche Vielfalt des Schweizer Musiklebens, von den Festivals «Zoom In» und «Jazzwerkstatt» in Bern bis hin zum Musikfestival Bern, «unerhört» in Zürich und «earweare» in Biel. Er ist aber auch begeistert von der wunderbaren Vielfalt an unglaublichen Musikern, die jede Woche an der HKB, «seiner» Musikhochschule, unterrichten, darunter Colin Vallon, Andreas Schaerer, Patrice Moret, Julian Sartorius und Tom Arthurs Kollege Brit Django Bates. Für ihn sind Jazz und improvisierte Musik heute ein unverzichtbarer und zukunftsweisender Teil des internationalen zeitgenössischen Musizierens und der Ausbildung im Allgemeinen und haben deshalb auch eine hohe Bedeutung innerhalb der Konferenz der Schweizerischen Musikhochschulen. Die DKSJ besteht nun bereits seit mehreren Jahren und bietet eine fruchtbare Plattform für Zusammenarbeit, Austausch und Solidarität zwischen Bern, Zürich, Lausanne, Luzern und Basel – fünf Jazz-Schulen mit ganz unterschiedlichen Profilen, aber dennoch mit vielen gemeinsamen Zielen und Anliegen. Das Swiss Exchange Festival DKSJ ist aus seiner Sicht ein schönes jährliches Treffen. Es freut Arthurs, wenn das All Star Project Musiker aller Schulen in einem grossen Ensemble vereint, welches fünf Abende lang durch die Schweiz tourt, angeführt von einem internationalen Gastkünstler. Vor Ronan Guilfoyle waren dies etwa Sylvie Courvoisier, Rudi Mahall oder Erik Truffaz. In Bern spielte die Band in diesem Jahr in der wunderschönen Umgebung des BeJazz-Clubs in Bern. Für Tom Arthurs eine tolle Sache (auch im Hinblick darauf, dass jedes Jahr aussergewöhnliche Bachelor-Projekte ausgewählt werden) und einzigartig in der Schweiz, denn letztlich geht es um eines: Zusammenarbeit, Vernetzung und – Musik.

Fingerabdruck des Schweizer Jazznachwuchs

Gregor Hilbe (er war Mitglied des Vienna Art Orchestra, hat mit dem Projekt «TangoCrash» den Weltmusikpreis 2006 gewonnen und zahlreiche Alben aufgenommen) leitete bis 2016 die Schlagzeugklasse sowie den Studiengang Producing/Performance am Jazzcampus der Musik-Akademie Basel. Seit 2016 ist er der Leiter des Profils Jazz & Pop an der ZHdK. Auch für ihn ist die Zusammenarbeit mit den anderen Jazzabteilungen der Schweizer Musikhochschulen sehr positiv, was sich in den regelmässigen Treffen und den vielseitigen Kooperationen niederschlägt. Für das Exchange und das All Star Project sind beim Swiss Exchange Festival die Abläufe in der Zwischenzeit bestens bekannt, wovon letztlich auch die Studierenden profitieren. Hilbe wünscht sich für die Zukunft, dass noch mehr Bachelor-Studierende Interesse an diesen aussergewöhnlichen Gefässen zeigen. Für ihn besteht in diesen Projekten das Potential vor allem darin, dass Studierende ihre Berufskolleginnen und Berufskollegen kennenlernen können und so neben dem Studium wichtige berufliche Erfahrungen sammeln können. Nichtsdestotrotz zeigt er sich aber zufrieden mit der Entwicklung der letzten Jahre und bestätigt, dass die Formate in Zukunft noch angereichert werden sollen, um flächendeckend erfolgreich sein zu können. Der aktuelle Erfolg lässt sich auch in den aktuellen Rückmeldungen lesen, welche ausschliesslich positiv waren, so dass zuversichtlich in die Zukunft geblickt werden darf.

Innerhalb der KMHS geniessen die Jazzabteilungen einen guten Stellenwert, für Hilbe ist es aber wichtig, dass man dabei stets im gemeinsamen Dialog bleibt und schaut, wo man die kongruente Meinungsbildung allenfalls verbessern kann. Das Jahr 2020 wird, so Hilbe, ein spannendes Grossprojekt der Jazzabteilungen präsentieren, und auch die Planung für die nächste Edition des Swiss Exchange Festival DKSJ ist bereits angelaufen.

MKZ-Förderpreis Pop/Rock/Jazz verliehen

Elektro-Gitarrist und Sänger Dan Hunziker gewinnt den diesjährigen Finalwettbewerb von Musikschule Konservatorium Zürich. Der 20-jährige Aargauer erhält 3000 Franken.

Dan Hunziker (Bild: zVg)

Mit seiner Interpretation von Bluesrock-Klassikern wie «I Don’t Need No Doctor» und «Shame» sowie seiner Eigenkomposition «Wasting Time», wo er auch als Sänger auftrat, überzeugte Hunziker die Jury. Andrea F.G. Raschèr, Präsident der Förderstiftung MKZ, glaubte gar «einen jungen Jeff Beck» gehört zu haben. Dan Hunziker studiert im Pre-College von MKZ mit dem Ziel, in nicht allzu ferner Zukunft als Gitarrenlehrer seine Freude an der Musik und sein Wissen weiterzugeben.

Die Förderpreise MKZ werden jährlich für eine «herausragende künstlerische Leistung» verliehen und sind mit je 3000 Franken Preisgeld dotiert. Dieses von der Förderstiftung MKZ gestellte Preisgeld ist an einen musikalischen Verwendungszweck gebunden (Meisterkurse, CD-Produktionen oder ähnliches).
 

Karriere-Ratgeber für Sängerinnen und Sänger

Vor allem die praktischen Tipps und die Breite der angesprochenen Themen machen den Wert dieses «Coaches» in Buchform aus.

Foto: Te NGuyen / Unsplash (s. unten)

Die Jazz-, Pop- und Rocksängerin LeeZa Nail hat ihre Erfahrungen als Sängerin zu einem Ratgeber zusammengestellt, der jungen Talenten helfen soll, die eigene Karriere an die Hand zu nehmen. Werden in den Kapiteln 1 bis 4 Musiktheorie, Gesangstechnik und Atemübungen in einer derartigen Schnellbleiche skizziert, dass sie eigentlich überflüssig wären, so präsentiert der zweite Teil des Buches Interessantes, Fundiertes und Praxisnahes, erfrischend und sinnvoll zusammengestellt: Wie erfindet man sich selbst? Das nötige Equipment und die Entwicklung einer «Eigenmarke» sind ebenso wichtig wie Selbst- und Zeitmanagement. Marketing, Werbung, Imagebildung und Outfit gehören dazu wie Lampenfieberbewältigung, Auswendiglernen, Organisation und Kommunikation, Webseite, Social Media und Flyer. Und nicht zuletzt muss der Businessplan stimmen: Versicherungen, Altersvorsorge und Nebenjobs sind zu planen. Entspannungs-, Bewegungs- und Ernährungstipps ergänzen die Vielfalt der angesprochenen Bereiche.

Die Infos sind mit Anekdoten und Wissenswertem aus der Praxis gespickt, eingefügte Interviews von Berufsmusikerinnen und -musikern geben Einblicke in den konkreten Berufsalltag und machen das Buch zu einer originellen und vielseitigen Lektüre vor allem für Berufsanfänger.

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LeeZa Nail: The Singer’s Coach. Der Karriere-Ratgeber, 160 S., € 18.95, Alfred Music, Köln 2019, ISBN 978-3947998081

 

 

Foto oben: Te NGuyen / Unsplash

Pro Helvetia öffnet die Türen

Zur Schlüsselübergabe und Einweihung des Hauses am Hirschengraben 22 lädt die Pro Helvetia am 6. Dezember zu einem Tag der offenen Tür ein.

Der Pro-Helvetia-Hauptsitz am Hirschengraben 22 in Zürich. Foto: Maya Wipf

Wie Pro Helvetia mitteilt, stammt der älteste Teil des denkmalgeschützten Baus aus dem Jahr 1725. Die Schweizer Kulturstiftung hat hier bereits seit 80 Jahren ihren Hauptsitz. Nach dem Umbau könne die Pro Helvetia nun «sämtliche Arbeitsplätze im selben Gebäudekomplex konzentrieren. Damit wird der Standort der Stiftung langfristig gesichert, was sowohl dieser als auch der Stadt ein Anliegen war.»

Am 6. Dezember findet um 14 Uhr zunächst die offizielle Einweihung samt Schlüsselübergabe statt. Danach bietet das offene Haus Einblick in die Räumlichkeiten mit verschiedenen Präsentationen und Kinderprogramm.

 

Weitere Informationen
 

https://prohelvetia.ch

Etüden als Miniaturen

30 originelle Etüden, die 30 verschiedene technische Probleme angehen helfen und erst noch gut klingen.

Ausschnitt aus dem Titelblatt der «Moderní Klavírní Etudy»

Was mir gefällt an diesen Etüden: Sie sind kurz und bündig, greifen jedoch tief. Tief, sowohl vom Musikalischen her als auch im Hinblick auf die technischen Aufgaben und die Fertigkeit im Notenlesen. Ich spreche von den Moderní Klavírní Etudy des tschechischen Komponisten Jakub Metelka. Die Stücke bewegen sich durch alle Dur- und Molltonarten und beschäftigen sich je Etüde mit einem konkreten technischen Aspekt. Beispielsweise musikalische Verzierungen, Glissandi, Terz- und Sextintervalle, Polyrhythmik, Arpeggien, weite Lageverschiebungen. Trotz dieser klaren Absichten des Komponisten gelingt es ihm, sehr poetische und ansprechende Musik zu schreiben, fern schablonenhafter Abarbeitung technischer Muster.

Vom Schwierigkeitsgrad her bewegen sich die Miniaturen auf der Mittelstufe, und je nach Tempo und Qualitätsansprüchen werden sie doch recht knifflig. Im Klavierunterricht gezielt als «Etüde» eingesetzt, kann ich mir vorstellen, dass diese Stücke durchaus auch fortgeschritteneren Schülerinnen und Schülern Spass machen können. Als besonders wertvoll erachte ich auch die Beschäftigung mit Tonarten mit vielen Vorzeichen und damit verbunden das Lesen von Zusammenhängen sowie die Schulung des Gehörs.

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Jakub Metelka: Moderne Klavieretüden, BA 11559, mp3-Dateien online, € 13.50, Bärenreiter, Prag 2019

 

Neues Verständnis für Konzertbearbeitungen

Andrea Wiesli hat in ihrer Dissertation die Schubert-Transkriptionen Franz Liszts einer umsichtigen Analyse unterzogen.

Pianistin und Autorin Andrea Wiesli. Foto: Sir Robin Photography

Mit ihrer Dissertation über die Schubert-Transkriptionen von Franz Liszt schuf die Schweizer Pianistin und Musikwissenschaftlerin Andrea Wiesli ein längst fälliges Plädoyer für virtuose Liedbearbeitungen. In elf Kapiteln von «Liszts Wege zu Schubert» über «Die Liedtranskription als neue Gattung» und «Schuberts Liederzyklen neu komponiert» bis zu «‹Mehr geträumt als betont› – Ästhetik und Dramaturgie des Schubert-Bildes bei Liszt» geht die Autorin hauptsächlich auf die pianistische Verwandlung von Schuberts Liedern in wegweisende Transkriptionen ein, um auch die Problematik von hinzukomponierten Ergänzungen einzubeziehen.

Im Zentrum der zahlreichen Werkbetrachtungen stehen als «Höhepunkte der frühen Schubert-Rezeption» die 1838 mit Abweichungen in Wien und Paris veröffentlichten 12 Lieder von Franz Schubert. Sie enthalten nebst den Melodien Auf dem Wasser zu singen und Rastlose Liebe auch so populäre wie etwa den Erlkönig oder Gretchen am Spinnrad. Wie prägend Form, Harmonik und Ästhetik des Wiener Vorbildes auf den Mitbegründer der Neudeutschen Schule einwirkten, erläutert sie in detailreichen, sprachlich brillanten Analysen dieser vielfach aufgelegten Transkriptionen. Auch der Exkurs zu den fast zeitgleich entstandenen Liedbearbeitungen von Stephen Heller oder die Darstellung der von Liszt orchestrierten Wandererfantasie als Klavierkonzert bereiten über die wissenschaftlichen Erkenntnisse hinaus grosses Lesevergnügen.

Mit vergleichenden Notenzitaten geht Andrea Wiesli auch auf Liszt als eigenwilligen Herausgeber von Schuberts Klaviermusik, auf die orchestrierten Lieder und den ungarischen Ton bei beiden Komponisten ein. Sie weist mit ihrer fundamentalen Veröffentlichung erstmals umfassend nach, dass sich Liszts vielseitige Auseinandersetzung mit Schubert wie ein roter Faden durch sein Leben und Schaffen zieht. Wie die Autorin schreibt, gelang Liszt «ein Mittelweg zwischen Texttreue und Verselbständigung, der die Bearbeitung dem Original als ebenbürtiges Kunstwerk zur Seite stellte».

Sorgfältig recherchierte Daten der lisztschen Schubert-Rezeption während den Wiener Konzertreisen von 1838 bis 1846, ein Musikalienverzeichnis mit Druckplattennummern und eine umfangreiche Bibliografie runden die mit vielen Notenbeispielen grafisch subtil gestaltete Publikation ab.
 

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Andrea Wiesli: «Es zog in Freud und Leide zu ihm mich immer fort». Die Schubert-Transkriptionen Franz Liszts, 328 S., zahlr. Notenbsp., € 60.00, Franz-Steiner-Verlag, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-515-12137-8

Mahler-Lieder neu erlebt

Lisa Batiashvili und Ronald Kornfeil haben fünf bekannte Lieder für Violine und Klavier gesetzt.

Ging heut morgen übers Feld … Foto: Tanguy Sauvin / Unsplash (s. unten)

Wenn wir Mahler-Lieder, die wir so gut vom Hören kennen, dank der Bearbeitung von Ronald Kornfeil und Lisa Batiashvili selber spielen können, dringt der Reichtum der harmonischen und ausdrucksmässigen Mittel dieser Kompositionsweise richtig ins Bewusstsein und lässt uns tief eintauchen in die Gefühlswelt der Lieder. Die Gesangspartien sind geschickt auf die beiden Instrumente verteilt, die Orchesterpartien durchsichtig reduziert auf das Wesentliche, so dass sich eine runde Darstellung ergibt. Schade, dass im Heft die Texte nicht abgedruckt sind. Es wäre sogar wünschenswert, wenn die Worte in der Partitur bei den entsprechenden Noten stünden. Wer sich das mühsam mit Hilfe der Originalfassungen zusammenstellt, vermag die Lieder farbiger zu gestalten.

Enthalten sind: Erinnerung, Frühlingsmorgen, Ging heut morgen übers Feld, Das irdische Leben, Urlicht.
 

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Gustav Mahler: Ging heut morgen übers Feld, Fünf ausgewählte Lieder für Violine und Klavier arrangiert von Lisa Batiashvili, UE 36432, € 21.95, Universal Edition, Wien

 

 

Moldau im Duett

Eine schöne Bearbeitung des sinfonischen Werks, die als kurze Einzelstücke oder zusammenhängende Konzertversion eingesetzt werden kann.

Die Warme Moldau, einer der beiden Quellflüsse. Fotonachweis: s. unten

Bei der vorliegenden Ausgabe handelt es sich um eine Bearbeitung der schönsten Motive aus der Moldau für zwei Querflöten. Die Tondichtung ist Teil des sinfonischen Zyklus Mein Vaterland von Bedřich Smetana. Auch im Original beginnt die Moldau mit zwei Querflöten, die die sprudelnden Quellen symbolisieren, aus denen dann der grosse Strom entsteht. Zunächst wechseln sich die beiden Instrumente mit den Melodieabschnitten ab, bis dann die erste Stimme die grosse Kantilene spielt. Im zweiten Teil «Wälder – Jagd» imitieren die Flöten wirkungsvoll das markante, punktierte Horn-Motiv, das klanglich in Terzen und Sexten geführt wird. Auch die «Bauernhochzeit» nähert sich durch die dichte Setzweise der Sechzehntel dem Original. «Mondschein – Nymphenreigen» orientiert sich am Anfang ebenfalls am originalen Satz, wobei die Bearbeiterin Jennifer Seubel empfiehlt, bei den vielen Sechzehnteln auch mal einen für die Atmung auszulassen. Im fünften Teil «Der breite Strom der Moldau – Vyšehrad-Motiv» nennt sie als Alternative, einzelne Stellen eine Oktave tiefer zu spielen.

Das thematische Geschehen spielt sich weitgehend in der ersten Stimme ab, sodass sich anbietet, zwischen den Sätzen die Stimmen zu tauschen, dies vor allem, weil die zweite Stimme, die die Begleitstimmen des Orchesters ersetzt, eine Herausforderung darstellt. Die Autorin schlägt vor, die Teile entweder als kurze abgeschlossene Stücke oder im Zusammenhang als Konzertversion zu interpretieren. Diese schöne Bearbeitung ist eine Bereicherung des Duo-Repertoires und auch gut mit fortgeschrittenen Schülerinnen und Schülern spielbar.

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Bedřich Smetana: Moldau, für zwei Querflöten arrangiert von Jennifer Seubel, BA 10929, € 13.95, Bärenreiter, Kassel 

 

 

Foto oben: Ivo Lukačovič /wikimedia commons CC-BY-SA-2.5

Duo Butterland wird ausgezeichnet

Das diesjährige Stipendium «Ici & Ailleurs 2019», das im Kanton Bern von der französischsprachigen Kommission für allgemeine kulturelle Fragen vergeben wird, geht an das Duo Butterland der Autorin Regina Dürig und des Elektromusikers Christian Müller.

Duo Butterland: Regina Dürig und Christian Müller (Foto: Arnold Haberl)

Die Autorin Regina Dürig und der Musiker Christian Müller arbeiten seit 2010 als Duo Butterland im Bereich Stories & Sound zusammen. Die Werke von Butterland haben meist skulpturalen Charakter und sind formal zwischen Liveperformance, Poetic Noise, Hörspiel und räumlicher Installation einzuordnen. Ihre Formate legen einen besonderen Fokus auf die Begegnung und den Austausch mit dem Publikum.

Das Duo greift Lieblingsthemata der französischen Philosophin, Linguistin und Feministin Luce Irigaray auf und möchte mit künstlerischen Mitteln, die von ihr inspirierten Begegnungen mit anderen hinterfragen. Ausgehend von ihren Texten und Begegnungen entsteht ein Epilog zu dritt, in dem Christian Müller mit musikalischen Strategien (Komposition, Aufnahmen) und Regina Dürig mit poetischem Zugriff arbeitet.

Mit dem Stipendium, das mit 20 000 Franken dotiert ist, unterstützt die französischsprachige Kommission für allgemeine kulturelle Fragen des Kantons Bern Künstlerinnen und Künstler bei der Erarbeitung eines gemeinsamen Projekts zwischen dem französischsprachigen Teil des Kantons Bern und einer anderen Region. Von den 13 eingegangenen Dossiers hat sich die Jury für das Projekt von Butterland entschieden.

Das Stipendium wird heuer zum dritten Mal vergeben. Das erste Stipendium ging an die Gestaltungskünstlerin Mingjun Luo, das zweite an den Musiker und Bildhauer Laurent Güdel. Die nächste Wettbewerbsausschreibung erfolgt im Frühling 2020.

Motetten für das gesamte Kirchenjahr

In der «Kleinen Geistlichen Chormusik» sind bisherige Einzelausgaben für Chor a cappella oder mit Begleitinstrumenten zusammengefasst.

Thomaskirche Leipzig. Nachweis s. unten

Viele frühere Generationen von Chorleitern kennen noch die dreibändige Chorleitungsschule von Kurt Thomas (1904-1973). Sein ebenso wichtiges Wirken als Komponist wird erst heute wiederentdeckt. Und wer die Entwicklung geistlicher Chormusik im 20. Jahrhundert reflektiert, kommt an der zentralen Bedeutung seines Werkes nicht vorbei. Beraten vom Reger-Interpreten Karl Straube komponierte er seine wichtigsten Werke in einem Alter, in dem normalerweise Komponisten ihren Weg erst noch suchen, und hatte damit einen weit über Deutschland ausstrahlenden Erfolg. Nach Lehrtätigkeiten in Berlin, Frankfurt/Main und Detmold wurde er 1957 zum Thomaskantor in Leipzig ernannt.

Beim Verlag Breitkopf & Härtel erschien vor Kurzem seine für die kirchenmusikalische Praxis bestens geeignete Kleine Geistliche Chormusik op. 25, eine Sammlung von 20 Motetten, die das gesamte Kirchenjahr einschliesslich einiger besonderer kirchlicher Anlässe abdeckt. Die meisten Motetten sind für vierstimmigen Chor a cappella komponiert, bei einigen treten jedoch Orgel, Violine, Flöte oder eine Sopran-Solistin hinzu. Die genaue Besetzung ist in der Regel offengehalten, da Kurt Thomas als Kantor um örtlich unterschiedliche Gegebenheiten wusste. Häufige zwei- und auch dreifache Teilungen im Chor setzen jedoch eine entsprechende Zahl von Sängern voraus. Die häufig zitierten Lutherchoräle erscheinen u. a. in Form eines Cantus firmus oder unisono, was auch als Gelegenheit zur Gemeindebeteiligung im liturgischen Rahmen genutzt werden kann. Auch die Aufführung im Konzert ist denkbar, um die Vielfalt und die spannungsvollen Kontraste dieser Musik hervorzuheben. Die Neuausgabe fasst die bisherigen Einzelausgaben in einem gut lesbaren, schön gesetzten Notenbild zusammen und ist wirklich eine lohnende Repertoire-Bereicherung.
 

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Kurt Thomas: Kleine Geistliche Chormusik für Sopran, Bariton ad lib. und vier- bis achtstimmigen Chor a cappella oder mit zwei Violinen, Flöte und Orgel, CHB 5344, €19.50, Breitkopf & Härtel, Wiesbaden

 

Foto: Falko Seidel / pixelio.de

30-Jahre-Jubiläum und Buchvernissage

Viele hundert Kinder und Jugendliche haben in der lizenzierten Oltner Niederlassung der Pariser Agostini Drum School ihre ersten Beats getrommelt und sind zum Teil bis zum Profi avanciert.

Noby Lehmann mit zwei Studenten der Profi-Abteilung. Foto: Agostini Drum School Olten,SMPV

Viele Drummer wurden in der Profi-Abteilung (Berufsschule) zu professionellen Schlagzeuglehrerinnen und -lehrern ausgebildet. Und einige aufstrebende Grössen wie Philipp Schmid (Art o Nice), Flavio Mezzodi (Krokus, Stefanie Heinzmann), Alain Ackermann (Eluveitie) oder Giuseppe Urso (Florian Ast) haben bei der Agostini Drum School in Olten die Grundlagen für ihren Erfolg am Schlagzeug gelegt.

Am Tag der offenen Tür vom Samstag, 7. Dezember 2019, 10.30 bis zirka 15 Uhr, wird das dreissigjährige Bestehen der Schlagzeugschule in der Rötzmatt 10 gefeiert und die Neuauflage des Lehrbuchs The Drummer II lanciert. Der Gründer und Leiter der Agostini Drum School in Olten, der Schlagzeuglehrer Noby Lehmann, hat seine langjährige Erfahrung in dieses Lehrmittel für Fortgeschrittene eingearbeitet.

Interessierte, Freunde und Fans sind herzlich willkommen.
 

Satirischer Blick auf die Musik und ihre Wissenschaft

Mechthild von Schoenebeck als Herausgeberin und ihre Mitautoren betrachten die Musik und ihre Wissenschaft mit anarchischem Witz.

Richard Strauss dirigiert. Zeitungskarrikatur von 1916. (Nachweis: s. unten)

Mit dem Witz ist es manchmal eine ernste Sache. Denn während beispielsweise ein Physiker auch mal unterhaltsam mit seinem Gegenstand jongliert (die zugrunde liegenden Gesetze sind nun eben in Stein gemeisselt), gehört das humorvolle Spiel unter Geisteswissenschaftlern zu den schwierigsten Übungen überhaupt – ist dazu doch auch ein Stück gesunden Abstands und die Reflexion des eigenen Tuns und Handelns notwendig. Und so wird zwischen vorwitziger Korrektheit und unterhaltsamem Blödsinn höherer Ordnung meist nicht unterschieden. Dabei haben im Bereich der Musikgeschichte so herausragende «Komponistenpersönlichkeiten» wie PDQ Bach, Otto Jägermeier oder Giovanni Francesco Bicchini längst gezeigt, dass man zum Lachen nicht in den Keller gehen muss. Schon Max Steinitzer veröffentlichte 1910 den schönen Titel: Straussiana und Andres. Ein Büchlein musikalischen Humors meist mit und selten ohne, ernsthaft für und scherzhaft gegen Dr. Richard Strauss (kein Fake!).

Und nun sind also lustvolle Beiträge unter dem Titel Stichnoten erschienen. Wie es der Untertitel verheisst, findet man Erstaunliches, Ergötzliches und Erschröckliches – vom kulinarischen Werkstattbericht des (fiktiven) Sonderforschungsbereiches «Musik und Ernährung» über Stationen aus dem Leben des Musikologen Dr. Gundolf Stellmacher oder einem Beitrag über «Neue Deutsche Minne» bis hin zur Göttlichen Tirade. Ein intellektueller Höhepunkt stellt hier fraglos die Namenserweiterung zu Dmitri Schostrakowitrullala dar, später die Dortmunder Kücheninstallation Ein Amerikaner in Paris. Allzu billige Geschichten über ein gewisses Saiteninstrument in Altlage wird man hier hingegen nicht finden. Und das ist gut so.
 

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Stichnoten. Erstaunliches, Ergötzliches und Erschröckliches aus der Welt der Musik, hg. von Mechthild von Schoenebeck, 168 S., € 29.90, Lit Verlag, Münster 2019, ISBN 978-3-643-14227-6

 

 

Bild oben: Quelle Byronmercury / wikimedia commons CC BY-SA 4.0

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