Beethovens Chormusik

Bei Carus ist ein «Chorbuch Beethoven» erschienen, das Originalwerke, Arrangements und Neukompositionen vereinigt; und Bärenreiter hat eine neue Ausgabe der «Missa solemnis» herausgebracht.

Manuskriptseite aus der «Missa solemnis». Quelle: wikimedia commons

Beethoven hat leider einen schlechten Ruf, was die Sangbarkeit seiner Werke anbelangt. Zu hoch, zu laut, zu schnell, sind gängige Vorurteile, die sich darin begründen, dass seine chorsinfonischen Werke wie die 9. Sinfonie oder die Missa solemnis sehr hohe Anforderungen an die Ausführenden stellen. Man muss dabei aber auch bedenken, dass die extrem hohen Lagen kein handwerkliches Unvermögen, sondern bewusst Grenzen überschreitendes, kompositorisches Kalkül darstellen. Seine C-Dur-Messe op. 86 ist zum Beispiel genauso gesanglich wie grosse Messen von Haydn oder Mozart. Quantitativ allerdings gibt es von Beethoven im Vergleich zu Letzteren leider nur wenig Chormusik.

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Der Carus-Verlag hat nun in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Chorverband und Jan Schumacher als Herausgeber zum kommenden Beethoven-Jubiläum 2020 (250. Geburtsjahr) ein Chorbuch Beethoven herausgegeben. Neben wenig bekannten frühen A-cappella-Werken sowie Klavierfassungen aus seinem chorsinfonischen Repertoire sind geistliche und weltliche Bearbeitungen beethovenscher Musik aus drei Jahrhunderten enthalten. Darunter sind sowohl interessante Arrangements von Beethovens Zeitgenossen, einige kuriose Bearbeitungen durch Komponisten unserer Zeit (braucht man wirklich Für Elise als Alleluja-Chorstück?) und auch von Carus beauftragte Neukompositionen wie ein gelungenes Kanon-Quodlibet von Gunnar Eriksson. Unterm Strich ist dieses Chorbuch eine interessante Repertoire-Erweiterung und Fundgrube.
 

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Ähnlich wie Bachs h-Moll-Messe oder Mozarts Fragment gebliebene c-Moll-Messe gehört Beethovens Missa solemnis zu den grössten geistlichen Werken aller Zeiten. Sie stellt sehr hohe Anforderungen an die Ausführenden, sprengt den liturgischen Rahmen und ist für eine gottesdienstliche Verwendung kaum nutzbar. Einige für die damalige Zeit bahnbrechende Kompositionsideen sind das vokale Grenzen weit überschreitende, sich unermesslich steigernde Gloria in excelsis Deo, das einzigartige Et incarnatus est mit der Lebensodem einhauchenden Solo-Flöte, der mystische Schluss des Et vitam venturi saeculi mit den davor nicht enden wollenden Amen-Rufen, das mit der Solo-Violine zwischen Himmel und Erde schwebende Benedictus und das Agnus Dei, das mit der eindrucksvollen Solo-Pauke eine Kriegsszene darstellt und Beethovens ausdrückliche Bitte nach «innerem und äusserem Frieden» in Töne setzt.

Der Bärenreiter Verlag hat die Missa solemnis in einer sehr empfehlenswerten, vorbildlichen Edition herausgegeben. Die neue Urtext-Ausgabe des Werkes berücksichtigt alle Quellen einschliesslich der alten und neuen Gesamtausgabe. Dabei kommt der renommierte Beethoven-Spezialist Barry Cooper an etlichen Stellen zu abweichenden Lesarten, etwa im Sanctus, wo der Chor statt der Solisten einsetzt und nicht erst im Pleni sunt coeli. Ebenso erwähnenswert ist die Einbeziehung der Solisten zusätzlich zum Chor im überwiegenden Teil des Credos. Diese Sachverhalte und zahlreiche editorische Entscheidungen werden im ausführlichen Kritischen Bericht (engl.) dokumentiert.
 

Beethoven-Chorbuch, 41 Chorwerke SATB; Chorleiterband mit CD, CV 4.025, € 33.90; Chorbuch, CV 4.025/05, € 12.80; Carus, Stuttgart 2019

Ludwig van Beethoven: Missa solemnis op. 123, hg. von Barry Cooper; Partitur, BA 9038, € 98.00; Klavierauszug, BA 9038-90, € 13.50; Bärenreiter, Kassel 2019

 

Pendereckis Sinfonien

Alle acht Sinfonien von Krzysztof Penderecki als Studienpartituren im Schuber.

Krzysztof Penderecki 2015. Foto: Mirosław Pietruszyński (s. unten)

Enzyklopädische Editionen sind ein Zeichen von Seniorität. Sie haben zumeist ein beträchtliches Gewicht (real wie auch im übertragenen Sinn), werden aber auch, eine gute Festtagsstimmung im Verlag vorausgesetzt, vergleichsweise günstig unter die Leute gebracht. Eine besondere Auszeichnung ist es, wenn ein solchermassen geschnürtes Paket das Werk eines lebenden Komponisten betrifft. So hat der Schott-Verlag zum 85. Geburtstag von Krzysztof Penderecki (am 23. November 2018) einen Schuber herausgebracht, der die Studienpartituren der Sinfonien Nr. 1–8 vereint.

Entstanden zwischen 1972/73 und 2008/17, beschreiben sie das Œuvre dieses sich im ständigen stilistischen Wandel befindenden Komponisten: von der Klangsuche durch chromatische Cluster bis hin zur ungefährlichen Neo-Romantik. Die repräsentative Gattungsbezeichnung verfängt dabei einmal mehr – und dies, obwohl die letzten Werke als Folge von Gesängen konzipiert wurden (nach Texten von Hans Bethge, lateinischen Vorlagen oder deutschsprachigen Gedichten über die Vergänglichkeit). Erstaunlich ist, welchen Weg Penderecki in die hier festgehaltenen Jahrzehnte beschritten hat und wo offenkundig Problemstrecken lagen. Dies betrifft vor allem die 6. Sinfonie (Chinesische Lieder), deren Entstehungszeit mit 2008/2017 angegeben wird, wo doch die 7. Sinfonie bereits 1996 abgeschlossen wurde. Hier zeigt sich dann auch, was der stattlichen Publikation am Ende fehlt: ein Essay, eine kleine Dokumentation, aussagekräftige O-Töne. So wie diese Worte: «Wenn ich Sinfonien schreibe, ist die Architektur des Ganzen das Wichtigste.» (zitiert nach BR Klassik)

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Krzysztof Penderecki: Sinfonien Nr. 1–8, Studienpartituren im Schuber, ED 23098, € 99.00, Schott, Mainz

 

 

 

Foto oben: Mirosław Pietruszyński / wikimedia commons CC BY-SA 4.0

Neuer Direktor in Luzern

Valentin Gloor ist seit dem 1. September 2019 der neue Direktor des Departements Musik der Hochschule Luzern. Im hier folgenden Gespräch gibt er Einblicke in seine Sicht auf den Musikplatz Schweiz.

MvO — Die Schweizer Musikhochschullandschaft ist Valentin Gloor bestens bekannt. Er war vor seiner Tätigkeit am Konservatorium Winterthur u.a. Gründungsrektor des Departements Musik sowie später Mitglied des Fachhochschulrats der Kalaidos Fachhochschule Schweiz.

Valentin Gloor, wie sehen Sie die aktuelle Schweizer Musikhochschul-Szene?

Da sind hochprofessionelle Institutionen am Werk! Sie haben es geschafft, über die letzten zwanzig Jahre im grossen Wandel hin zu Fachhochschulen das Bild von Musikausbildungen, die Inhalte und die Profile stetig weiterzuentwickeln. Und das Berufsfeld selbst steht ebenfalls im Wandel – auch diese Aspekte wurden in die Studiengänge integriert, und durch die Ausbildungen wird der «Markt» mitgestaltet. Der vierfache Leistungsauftrag von Ausbildung, Weiterbildung, Forschung und Dienstleistungen hat sicher dazu beigetragen, dass wir heute diesen grossen Facettenreichtum an Perspektiven sehen. Und dann handelt es sich ja auch noch um ein Feld mit starken internationalen Beziehungen. Ich nehme diese «Szene» als lebendig, vielfältig und lernhungrig wahr.

Wo warten die grössten Heraus-forderungen in diesem Markt?

Dieser «Markt» war doch schon immer sehr anspruchsvoll, was die berufliche Etablierung betrifft. Da wird von Absolventinnen und Absolventen über die künstlerische oder pädagogische Kompetenz hinaus ein enormer Effort in der eigenen Profilierung und Positionierung verlangt. Und die gesellschaftlichen Entwicklungen hinsichtlich Demographie, Migration, Bildungsansprüchen, Digitalisierung – bitte entschuldigen Sie diese Schlagworte! – werden die Berufsrealität von Musikerinnen und Musikern in den nächsten zwanzig Jahren sicher stark verändern, und zwar die künstlerische und die pädagogische. Wie gelingt es den Musikhochschulen, solche Entwicklungen vorauszudenken, um sie in die Ausbildungen der Zukunft zu integrieren?

Sie haben eine sehr vielfältige Vita, welche vom praktischen Musizieren, über Forschungstätigkeit bis zu Managementaufgaben geht. Wie werden Sie diese Interessen in Zukunft bündeln?

Auf eine Vielfalt von Tätigkeiten und Interessengebieten stosse ich eigentlich immer, wenn ich mit Menschen spreche, die in der musikalischen Bildung Leitungsaufgaben erfüllen. Die Vielfalt scheint eine normale Voraussetzung zu sein. Sie spiegelt ja auch die berufliche Realität von Musikerinnen und Musikern: Künstlerisches Schaffen, Vermitteln von Musik in vielen Facetten, Organisation, Konzeption, Projektleitung… die ganze Bandbreite wird von den meisten Musikerinnen und Musikern gelebt. Die Leitungsfunktion einer Musikhochschule beinhaltet all diese Stränge. Manchmal sind sie aber «transponiert»: Das künstlerische Tun übersetzt sich vielleicht in Aspekte von Kreativität, Präsenz und Performance…es wäre spannend, vertieft darüber nachzudenken. Jedenfalls bündelt diese Aufgabe meine Interessen eigentlich schon per se.

Bleibt da auch noch Zeit für eigenes, kreatives Schaffen?

Als transponierte Tätigkeit im vorher erwähnten Sinne: Ja, garantiert! Im herkömmlichen Sinne verstanden: Ich hoffe es und arbeite daran.

Welche Bedeutung messen Sie der Forschungstätigkeit an den Schweizer Musikhochschulen bei?

Eine zentrale! Für das Verständnis dessen, was wir tun, wer wir sind, wo wir stehen und wohin wir uns bewegen, ist die Forschung unverzichtbar. Wie schaffen wir es, die Forschung als Feld, aber auch die «forschende Geisteshaltung» in unsere Aus- und Weiterbildungen zu integrieren? Das ist für mich eine grosse Frage.

Als Direktor der Hochschule Luzern – Musik nehmen Sie nun auch Einsitz in der KMHS (Konferenz Musikhoch-schulen Schweiz). Was sind aus Ihrer Sicht die Chancen und Möglichkeiten dieses Gremiums?

Die KMHS bündelt die Interessen von Institutionen, die zugleich miteinander kooperieren und zueinander im Wettbewerb stehen. Das ist hoch anspruchsvoll! Wenn der branchenpolitische Balanceakt aber gelingt, hat die KMHS ein grosses Potential, zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der musikalischen Bildung und Ausbildung, aber auch im Berufsfeld Musik beizutragen. Ich glaube, dass sie dies idealerweise mit starken Partnern zusammen tut.

Die KMHS hat sich kürzlich auch zur Kulturbotschaft des Bundesrates geäussert (s. September-Ausgabe der Schweizer Musikzeitung). Was ist Ihre persönliche Haltung zu dieser Botschaft?

Diese Kulturbotschaft berührt ein Herzensanliegen von mir – ich hoffe, ein Herzensanliegen von uns allen! Denn es geht um Nachwuchsförderung und um kulturelle Teilhabe. Die neue Kulturbotschaft ist ein wichtiger weiterer Schritt auf dem Weg zu einer vollständigen Umsetzung des Bundesverfassungsartikels 67a. Ein weiter Weg. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass über 70% der Schweizer Stimmbevölkerung dem Verfassungsartikel zur musikalischen Bildung zugestimmt haben. Über 70%! Das ist Ausdruck eines kraftvollen Auftrags an die Politik. Ein erster Schritt, gerade hinsichtlich Breitenförderung, wurde in der Botschaft 2016-19 gemacht. Das ist gut. Und diese neue Kulturbotschaft bringt das Potential mit, die Schweiz im Bereich der musika-lischen Talentförderung einen grossen Schritt voranzubringen und die wichtige Partnerschaft von Bildungsinstitutionen wie Musikschulen und Musikhochschulen weiter zu stärken. Aber im Bereich eines allgemeinen Zugangs aller Kinder und Jugendlichen zur musikalischen Bildung und im Bereich der schulischen Musikbildung, da wartet noch viel Arbeit auf uns zur Verbesserung der Rahmenbedingungen. Und die Kulturbotschaft 21-24 ist noch nicht im Trockenen. Wir müssen dranbleiben!

Die Politik oder der politische Einfluss auch im Bereich der Musikhochschulen dürfen nicht unterschätzt werden. Wie nehmen Sie diese Situation in der Schweiz wahr?

Wenn Politik gesellschaftliches Aushandeln von relevanten Themen und Positionen ist, kann ich damit gut leben. Wir sind ja davon überzeugt, dass das, was wir an Musikhochschulen tun, gesellschaftlich wichtig ist. Und wenn es wirklich gesellschaftlich wichtig ist, werden gesellschaftliche Ansprüche daran formuliert – zu einem guten Teil via Politik.

Luzern hat ein vielfältiges Kulturleben – wo möchten Sie da in Zukunft Ihre Musikhoch- schule am liebsten positionieren?

Die Hochschule Luzern – Musik ist bereits in diesem Kulturleben positioniert, ist ein wichtiger Teil davon. Natürlich ist es meine Aufgabe und mein Ziel, die bestehenden Partnerschaften zu pflegen, zu erweitern und neue Partnerschaften einzugehen. Aber es ist wichtig zu sehen, welch hervorragende Arbeit hier bereits geleistet wurde. Ich nehme diese Positionierung im Kulturleben als sehr überzeugend wahr.

Die Arbeiten sind im Plan, dank dem enormen Engagement meines Vorgängers Michael Kaufmann und dank dem Einsatz der vielen Beteiligten in Arbeitsgruppen, Projektleitungen und in der Ausführung. Die Eröffnung wird im Sommer 2020 über die Bühne gehen. Und uns erwartet als Musikhochschule eine ganz neue Situation. Wir ziehen zusammen, wir rücken zusammen. Es ist ein konsequenter Schritt in einem langen Prozess – mehrere Institutionen mit langer Geschichte, Tradition und mit eigener Kultur haben sich in unserer Musikhochschule zusammengefunden. Nun finden wir uns zu neuer Kultur zusammen. Wir werden uns alle viel mehr begegnen. Das wird uns zu neuen Ideen, neuen Projekten, neuen Sichten inspirieren. Wir wer-den uns weiter vorwärts bewegen. Das wäre mein Wunsch. Es wird ein pulsierender Musikort entstehen – wir sind ja am Südpol in Kriens einge- bettet in einen grossartigen Campus: Luzerner Sinfonieorchester, Veranstaltungsort Südpol mit der freien Szene, Luzerner Theater, Musik- schule – und eben Musikhoch- schule. Alles zusammen. Wir werden uns also intern in eine intensivere, inspirierende Zusammenarbeit begeben – aber auch mit Partnern.

Die Hochschule Luzern – Musik bietet eine musikalisch-künstlerische Aus- und Weiterbildung mitten im lebendigen kulturellen Umfeld der Musikstadt Luzern. Die Studierenden profitieren von einem flexiblen Ausbildungssystem, welches individuelle Zielsetzungen und einen grossen Spielraum in der Fächerkombination zulässt. Konzert- und Bühnenpraxis sind dabei von Anfang an wichtige Bestandteile der Ausbildung: Die zahlreichen Ensembles der Hochschule und die regelmässige Kooperation mit dem Luzerner Theater, dem Luzerner Sinfonieorchester, der Lucerne Festival Academy, den Jazzfestivals Willisau und Schaffhausen oder der Jazzkantine Luzern bieten dafür ein praxisnahes und abwechslungsreiches Umfeld.

Das breitgefächerte Bachelor- und Master-Studienangebot umfasst die Bereiche Klassik, Jazz, Kirchen- und Volksmusik, Dirigieren, Blasmusikdirektion, Komposition, Theorie sowie Musikpädagogik und Musik & Bewegung. Ergänzend kommt das PreCollege hinzu. Darüber hinaus bietet die Hochschule Luzern – Musik zahlreiche CAS-, DAS- und MAS-Programme sowie individuelle Kurse, Workshops und Akademien zur Weiterqualifikation an.

In den beiden Kompetenzzentren CC Music Performance Research und CC Forschung Musikpädagogik erforscht das Departement Musik Aspekte der Musikproduktion und -rezeption sowie der Musikausbildung und des Konsums von Musik.

Auf das Studienjahr 2020/21 bezieht die Hochschule Luzern – Musik den Neubau im Süden von Luzern. Dieser vereint sämtliche Institute, eine öffentliche Bibliothek, Forschungs-, Unterrichts- sowie Veranstaltungsräume unter einem Dach. Unter anderem verfügt der Neubau über einen eigenen Kammermusiksaal, einen Jazzclub sowie eine multifunktional einsetzbare Blackbox. Dank der durchmischten Nutzung wird ein offener, lebendiger Arbeits- und Begegnungsort für Studierende, Mitarbeitende, Partner und ein musikinteressiertes Publikum geschaffen.

Werkjahre der Stadt Zürich für Musikschaffende

In sechs Fördersparten werden 21 Kulturschaffende und 3 Kollektive von der Stadt Zürich mit Werkjahren und Auszeichnungen in der Höhe von insgesamt 633’000 Franken ausgezeichnet.

Lara Stanic in «Klangflug». Foto: zVg

Auf Antrag der städtischen Kommissionen für Bildende Kunst, Literatur, Theater, Tanz, Jazz/Rock/Pop und E-Musik verleiht die Stadt Zürich die kulturellen Auszeichnungen 2019.  Die Werkjahre und Auszeichnungen sind ein zentrales Instrument der Stadt Zürich zur Förderung der freien Szene. Zudem wird im Namen des Stadtrats die Auszeichnung für besondere kulturelle Verdienste an David Basler verliehen.

Werkjahre gehen in der Sparte Jazz, Rock, Pop an  Sibylle Aeberli, Janine Cathrein und Tapiwa Svosve (je 48’000 Franken). In der E-Musik geht ein Werkjahr Komposition an Lara Stanic und ein Werkjahr Interpretation an das Zürcher Barockorchester (ebenfalls je 48’000 Franken).

 

«Alpentöne» mit zwei Frauen an der Spitze

Auf Antrag des Geschäftsführers Pius Knüsel hat der Gemeinderat Altdorf den beiden Schwyzerinnen Graziella Contratto und Barbara Betschart die künstlerische Leitung des internationalen Musikfestivals «Alpentöne» anvertraut.

Graziella Contratto, Pius Knüsel und Barbara Betschart (v.l.). Foto: zVg

Wie das Festival in der heutigen Mitteilung schreibt, wollen Graziella Contratto und Barbara Betschart «das Festival weiterentwickeln, neue Themen und Konzertformate erschliessen und den Urner Charakter von Alpentöne stärken». Sie «bringen nebst künstlerisch-musikalischen auch zahlreiche Erfahrungen als Musikvermittlerinnen in die künstlerische Leitung ein. Während Graziella Contratto als Dirigentin, festivalerprobte Dramaturgin und Leiterin der Musik an der Hochschule der Künste Bern HKB vor allem die Klassik, Sound Arts und transdiziplinäre Ideen beisteuert, ist die Geigerin Barbara Betschart als frühere Leiterin der Musikschule Uri und jetzige Geschäftsführerin des Roothus Gonten gerade im Volksmusikbereich eine Kennerin der (Forschungs-)Szene, deren neue Erkenntnisse sie in regelmässigen Auftritten musikalisch umsetzt.

Die Ko-Leiterinnen bringen ein komplementäres Netzwerk nach Altdorf, das sich vom Volksmusikgut des Mittelalters über die Neue Volksmusik bis hin zu experimentellen Spielformen alpiner Kultur ausdehnt.»

 

Nachtrag 2021

Mitte Oktober 2021 wurde bekannt, dass Graziella Contratto und Barbara Betschart nach der erfolgreichen Festivalausgabe 2021 die Leitung abgeben.

Das SRF Regionaljournal hat berichtet: Link zur Sendung

 

«Clara Schumann – die Reizende, die Reisende»

Das Zürcher Fortepiano Festival «Flügelschläge» ehrt Clara Schumann zu ihrem 200. Geburtstag. Vom 3. bis 17. November 2019 veranstaltet die Leiterin Els Biesemans in der Bühlkirche, der Predigerkirche und der Kirche St. Peter vier «Soirées musicales».

Clara Wieck im Alter von 15 Jahren. Lithografie von Julius Giere (1807-1880),Foto: zVg,SMPV

«Flügelschläge» wurde 2013 von der belgischen Pianistin, Organistin und künstlerischen Leiterin in der Zürcher Bühlkirche und Predigerkirche ins Leben gerufen und wird seither von ihr geleitet. Dieses Jahr veranstaltet Els Biesemans mit ihren Gästen vier «Soirées musicales» zu Ehren von Clara Schumann (1819–1896): den literarisch-musikalischen Dialog mit der Schauspielerin Mona Petri, das Lied-Rezital des Tenors Julian Prégardien, den kammermusikalischen Abend mit der Violinistin Chouchane Siranossian sowie dem Ensemble Elsewhere und die Schluss-Soirée auf zwei Flügeln gemeinsam mit dem Pianisten Dmitry Ablogin.

Der Film Frühlingssinfonie (Nastassja Kinski als Clara Wieck und Herbert Grönemeyer als Robert Schumann), Jesper Christensens Meisterkurs (rare Schellackplattenaufnahmen von Claras Klavierschülerinnen) und die Ausstellung «Blumenbuch für Robert» geben einen weiteren Einblick in Clara Schumanns bewegtes Leben als herausragende Pianistin und Komponistin und Ehefrau von Robert Schumann.

Drei Hammerflügel lassen die Klangwelt um 1840 aufleben: ein Brodmann-Flügel von 1825, ein Fortepiano Érard von 1850 und ein Flügel von Conrad Graf, ca. 1840. Wegen der besonderen Bauart dieser historischen Instrumente unterscheidet sich die innige Atmosphäre des Festivals von Darbietungen auf modernen Flügeln in grossen Konzertsälen.
 

Informationen und Daten

 

https://www.fortepiano-festival.com

 

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Mit dem Spiel auf Hammerflügeln schafft Festivalleiterin Els Biesemans an den Soireen eine innige Atmosphäre.

Keller gibt Aargauer Kuratoriumsleitung ab

Der Präsident des Aargauer Kuratoriums, Rolf Keller, hat seinen Rücktritt per Ende Jahr eingereicht. Bestimmt wird seine Nachfolge vom Regierungsrat.

Rolf Keller. Foto: ©Desborough

Während acht Jahren habe sich Rolf Keller «mit grossem persönlichen Einsatz für die Förderung des zeitgenössischen Kunstschaffens im Aargau eingesetzt und dabei die Arbeit des elfköpfigen Fördergremiums verstärkt ins Bewusstsein von Politik und Öffentlichkeit gebracht», schreibt der Kanton Aargau.

In die Amtszeit von Rolf Keller fallen unter anderem die Neuausrichtung des Kunstpreises des Kantons Aargau und die Etablierung eines Anerkennungspreises für Kulturvermittlung, die Erarbeitung des ersten Kulturkonzepts des Kantons Aargau sowie in diesem Jahr, anlässlich von 50 Jahren Kulturgesetz und Kuratorium im Aargau, die Jubiläumsveranstaltung und das Jubiläumsbuch «Sauerstoff für Kunst und Kultur». Das Amt wird öffentlich ausgeschrieben.

Aufgrund des diese Woche erfolgten sofortigen Rücktritts von Kuratoriumsmitglied und Vizepräsident Stephan Diethelm wird Keller die Geschäfte über den Rücktrittstermin Ende Jahr hinaus bis zum Amtsantritt einer Nachfolgerin oder eines Nachfolgers weiterzuführen.
 

20 Jahre lustvoll verkleinern

Die Oper im Knopfloch begann als einmaliges Projekt. Heute ist das Zürcher Mini-Opernhaus im Theater Stok eine Institution.

Wenn es einen Preis für das kleinste Opernhaus der Welt gäbe – die Oper im Knopfloch wäre eine heisse Anwärterin dafür. Vor 20 Jahren wollte die Mezzosopranistin Rosina Zoppi mit ihrem spanischen Pianisten «mal was Spanisches» machen und brachte im Keller 62 eine Zarzuela von José Serrano auf die Bühne: «Die Sache ist gut herausgekommen, dann haben wir halt weitergemacht», berichtet Zoppi lakonisch. Die Mitwirkenden hatten damals aus Idealismus und für eine geringe Entschädigung mitgemacht: «Stiftungen sind am Anfang verständlicherweise vorsichtig. Wenn es ein, zwei Mal klappt, fliesst das Geld leichter.» Heute kann Zoppi vernünftige Gagen zahlen und gute Leute engagieren. Das Konzept hiess von Anfang an «klein aber fein», wobei das ursprüngliche Werk nicht immer klein und fein sein muss. Im Gegenteil, oft bringt die Sängerin grosse Oper, jedoch in radikaler Verkleinerung auf die Bühne.

Im letzten Jahr wählte sie zum Beispiel die Grand opéra Marie Stuart des Schweizers Louis Niedermeyer aus: eine fünfaktige romantische Oper mit fast 20 Solistinnen und Solisten, Ballett, Chor und Orchester. Im Theater Stok blieben eine stark gekürzte Partitur, sechs singende Darstellende und ein vierköpfiges Bläser-Ensemble (Flöte, Oboe, Klarinette und Fagott) übrig: «Das hat wunderbar funktioniert», strahlt die Intendantin, schränkt allerdings ein, dass solche radikale Verkleinerungsaktionen nicht bei allen Komponisten möglich sind: «Ich liebe zum Beispiel Ravel, aber ich weiss beim besten Willen nicht, wie man diese Musik auf wenige Instrumente reduzieren könnte».

Ausgrabungen unter dem Rotstift

«Wenn ich Stücke suche, interessieren mich zunächst Themen. Dann suche ich passende Vertonungen dazu. Viele Bibliotheken spicken einem ihre Schätze im Internet nur so entgegen», sagt Zoppi. Schwieriger sei es in Italien: «Für die Partitur unserer nächstjährigen Produktion, der Hamlet-Oper Amleto von Saverio Mercadante, mussten wir über den Verlag gehen. Der verfügte aber nur über die ersten beiden Seiten des Stücks». Fündig wurde man schliesslich bei der Scala-Bibliothek. Dort lag eine handschriftliche Partitur, die es erst einmal zu digitalisieren galt.
Unter den in den letzten zwei Jahrzehnten zum Zuge gekommenen Komponisten gibt es einige bekannte Namen; weniger bekannt sind indes die Stücke, etwa The Zoo (Arthur Sullivan), Marc’Antonio e Cleopatra (Johann Adolf Hasse), Bunbury (Paul Burkhard), Prestami tua moglie (Ruggero Leoncavallo), The Bear (Willam Walton), Ô mon bel inconnu (Reynaldo Hahn), L’importanza di esser Franco (Mario Castelnuovo-Tedesco), Geneviève de Brabant (Jacques Offenbach).

Für die Dramaturgie zeichnet die Chefin jeweils persönlich verantwortlich. Sie spart nicht mit dem Rotstift, streicht ganze Partien, legt andere zusammen, lässt Hosenrollen von Männern singen und umgekehrt. Chöre entfallen oft ganz oder sind den Solisten im Ensemble übertragen. Und dann das Orchester: Wer ein romantisches Orchester auf vier Bläser zusammenstreichen kann, kann erst recht eine Barockoper für Flöte, Laute, Kontrabass und Cembalo arrangieren, so geschehen bei der diesjährigen Produktion.

Der verkleidete Ritter ist ein Popstar

Die Knopfloch-Jubiläumsproduktion, die fünfaktige und im Original fünfstündige Oper Angelica, vincitrice de Alcina wurde von Johann Joseph Fux 1716 anlässlich der Geburt des Prinzen Leopold in Wien komponiert. Die Uraufführung der mit «Festa teatrale» untertitelten Oper fand im Freien auf zwei Inseln im Wiener Augarten statt. Die Story stammt aus Dem Rasenden Roland (italienisch: Orlando Paladino), dem Heldenepos aus dem Jahr 1516 von Ludovico Ariost, welches die Vorlage für etliche musikalische Bühnenwerke bildete.

Die bekanntesten sind vielleicht Händels Alcina und Haydns Orlando Paladino. In Fux’ Adaption fehlt Roland, dafür erscheint die mildtätige Prinzessin Angelica, die sich am Schluss des Stückes durch ihre grossmütige Gnade gegenüber der hinterlistigen Alcina auszeichnet. Alcina liebt sowohl Medoro als auch Ruggero, die sie beide auf einer ihrer Inseln festhält. Medoro liebt Angelica und Angelica liebt Medoro. Deshalb macht sie sich auf den Weg zu Alcinas Inselreich, um ihren Geliebten zu befreien. Derweil verfällt Ruggero, der eigentlich Bradamante liebt, vorübergehend den Reizen Alcinas. Die als Ritter verkleidete Bradamante und die Alcinas Zauberkräfte zum Schwinden bringende Angelica obsiegen schliesslich und können ihre Geliebten in die Arme schliessen.

Die kammermusikalische Umsetzung des Stücks durch die Oper im Knopfloch konzentriert sich auf die fein musizierten und mitunter virtuosen sängerischen Aspekte ebenso wie die intimen Interaktionen zwischen den Figuren. Auf Requisiten und Bühnenversatzstücke wird fast ganz verzichtet. Rezitierte Zwischentexte erlauben die Einordnung der Szenen. Der dramaturgische Kniff, Bradamante mit einer Popsängerin zu besetzen, übersetzt die barocke Sinneswelt auf eine unmittelbare Art und Weise ins Heute.

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Publikumsnähe ist Programm

Musik gehört zur DNA Europas

Die drei nationalen Musikräte von Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich auf ihrer turnusmässigen Jahrestagung in Aarau auf eine Stellungnahme zum Rollenverständnis über die Kulturpolitik der Europäischen Union verständigt.

Foto: Clint Adair / Unsplash (s. unten)

Die designierte Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hatte im September die Portfolioverteilung der Europäischen Kommission vorgestellt: Keiner der neu nominierten EU-Kommissarinnen und EU-Kommissare ist im Titel für Kultur verantwortlich.

Die drei nationalen Musikräte von Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) fordern das Europäische Parlament und die künftige EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen demgegenüber auf, die Sichtbarkeit von Kultur zu verstärken und sie als Querschnittsaufgabe zu verstehen.

Dazu könnte, so die Stellungnahme, «eine Kulturverträglichkeitsprüfung für die Vorhaben der Kommission, wie sie bereits in den Verträgen von Maastricht und Lissabon angelegt ist, beitragen». Die Europäische Union sei angesichts auseinanderdriftender Gesellschaften mehr denn je darauf angewiesen, sich als Wertegemeinschaft zu verstehen. Das in der Unesco-Konvention Kulturelle Vielfalt verbriefte Recht auf nationalstaatliche Kulturpolitiken und die gesellschaftspolitische Dimension einer europäischen Kulturpolitik auszubalancieren, gehörten zu den Herausforderungen der künftigen Kommission.

Der Deutsche Musikrat, der Österreichische Musikrat und der Schweizer Musikrat (DACH) repräsentieren laut eigenen Angaben die Interessen von rund 15 Millionen Menschen für sämtliche Bereiche des Musiklebens.
 

Glücksgefühl und Melancholie

Die Donaueschinger Musiktage 2019 machten diesmal Spass, tatsächlich – und gewiss wird das von manchem mit Stirnrunzeln quittiert. Aber es gab ja noch genug Ernsthaftes. Bemerkenswertes aus einem äusserst reichhaltigen Programm.

Simon Steen-Andersen: «Trio». Foto: SWR/Ralf Brunner,Foto: SWR/Lukas Beck,Foto : SWR/Astrid Karger

Donaueschingen ist eine Wundertüte. Selbst der Festivalleiter Björn Gottstein kann nur bedingt beeinflussen, was herausspringt. Und das zeigte sich dieses Jahr in besonderem Masse, vom Eröffnungskonzert an. Es begann mit einer Art Tischbombe: Glücklich, Glücklich, Freude, Freude nennt der Australier Matthew Shlomowitz seinen Versuch, eine glückliche Musik zu komponieren, mit viel Keyboardklang und Anspielungen auf leichte Musiken, spielerisch, frech, schräg und auch etwas grob, ja man hätte das raffinierter und geraffter gestalten können, aber es gab dem Festival eine Richtung vor: hin zu einer unterhaltenden Musik, wie es in diesen Kreisen doch eher selten vorkommt.

Getoppt wurde sein Stück im selben Konzert vom Trio für Bigband, Chor und Orchester des Dänen Simon Steen-Andersen. Zu diesen drei Klangkörpern hinzu trat ein Video. Es war der Ausgangspunkt des Stücks. Steen-Andersen ist nämlich ins Archiv des Südwestrundfunks hinabgestiegen und hat sich hunderte Stunden mit Musikfilmaufnahmen angeschaut, darunter Sinfonie- und Chorkonzerte, aber auch Proben, etwa mit Dirigenten wie Sergiu Celibidache und Carlos Kleiber, ebenso wie Jazzkonzerte, etwa mit Duke Ellington. Daraus hat er kleinste Schnipsel, Worte, Töne, Akkorde, herausgefiltert und sie neu zu einer schlüssigen musikalischen Abfolge zusammengesetzt. Zwei Töne eines Jazzbassisten gehen etwa in «Till Eulenspiegel» über oder aber in den Kommentar eines Dirigenten. Gleichzeitig hat der «KomPonist» diese Schnipsel ausnotiert, in eine Partitur umgesetzt und den drei Klangkörpern zur Liveperformance gegeben. So wechselt die Musik beispielsweise zwischen Orchester und Filmton hin und her, in einem horrenden Tempo. Das war virtuos gemacht, vielleicht gegen Ende dann doch etwas redundant, aber auf jeden Fall ein grosses Amüsement.

Der Komponist komponiert da eigentlich weniger im herkömmlichen Sinn, als dass er schon Bestehendes nimmt und in einen neuen Kontext bringt. Es ist ein Reflex auf die Sampling-Technik. Neu kam hier dazu, dass das gesampelte Material nicht nur abgespielt, sondern auch transkribiert und transformiert wurde. Diesem Arbeitsmodell folgten heuer etliche Komponistinnen und Komponisten auf ihre eigene, unabhängige Weise. Gordon Kampe bat Mitglieder eines Kirchenchors, ihm Lieder aus ihrer Kindheit vorzusingen, und flocht sie in sein Ensemblestück Remember Me ein. Die Kanadierin Nicole Lizée baute aus den Geräuschen und Klängen der defekten Geräte im väterlichen Elektrogeschäft ein Sepulchre – auch das Erinnerungsmusik, und der Schweizer Michael Pelzel übertrug das Totengeläut aus dem indischen Varanasi aufs Orchester. So mischte sich unter das Amüsement auch langsam die Melancholie. Es ist ein Spiel mit Selbstreferenzen und Intertextualitäten. Man könnte zuweilen meinen, dass die Komponisten der Erfindung von Klängen misstrauen und lieber Bestehendes rekomponieren.
 

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Als schritten sie feierlich zum Sonntagsgottesdienst: der Komponist mit seiner Familie unter zwei grossen dunklen Regenschirmen auf dem Weg vom Hotel zum Konzert. Was folgte, glich durchaus einem Hochamt des Klangs in einem geradezu kathedral gefassten, wenn auch nicht sehr hohen Konzertraum, fast monumental, getragen von einem Glauben an die Klänge, der in den anderen Konzerten fast verloren schien. Der Spanier Alberto Posadas hat mit seiner Poética del espacio das ausladendste Werk des Festivals geschaffen, eine Erforschung des Klangraums in verschiedenen Richtungen, vielschichtig in den Raum gestellt, mit wunderbaren Passagenen, allenfalls, wenn man ins klanggestische Detail blickt, fast auch etwas altbacken. Ja, fragte ich mich da wieder: Auf welcher Ebene kann sich der Klang noch erneuern?

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Alberto Posadas: «Poética des espacio»

Die Schweizer Beteiligung erfreute dieses Jahr. Neben Pelzel war da ein quicklebendiges Klarinettenkonzert von Beat Furrer, das allerdings nicht fertig wurde und nur teilweise uraufgeführt werden konnte. Das Festival mündete schliesslich in Melancholie, ohne darin zu versinken. Eine zarte und heterogene Orchester-Landschaft namens Klangor stellte die Polin Lidia Zielińska vor. Ganz am Schluss standen die ruhigen, sich der Stille zuneigenden Elemental realities des Aarauers Jürg Frey. Elementares tatsächlich, Töne, Motive, Akkorde in oft gleichmässiger Bewegung, über eine halbe Stunde lang und die Zeit doch auch vergessen machend. Manchmal fast ins Unhörbare reichend – und überraschend, weil die vielen tonalen Elemente ins Ohr fielen, so als wolle sich da ein spätes Mahler-Andante ins Feldmansche, ja Pärtsche fortsetzen. Und dann eben ins Freye.

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«Elemental realities» von Jürg Frey (rechts) am Schlusskonzert

Zürcher Kommission lehnt Musikschulgesetz ab

Die Kommission für Bildung und Kultur des Zürcher Kantonsrates lehnt eine Volksinitiative für ein Musikschulgesetz mit elf zu vier Stimmen ab und unterstützt im Gegenzug einstimmig einen von ihr erarbeiteten Gegenvorschlag.

Zürcher Rathaus. Nachweis s. unten

Das Gesetz regelt Ziel und Aufgaben der Musikschulen sowie die organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen und sichert so die musikalische Bildung ausserhalb der Volksschule. Das von den Initianten eingebrachte Musikschulgesetz vermochte die Kommission nur teilweise zu überzeugen, weil einige Bestimmungen interpretationsbedürftig waren und andere wichtige Teilfragen gänzlich fehlten. Zudem erachtete die Kommissionsmehrheit den vorgeschlagenen Kantonsbeitrag gemäss Volksinitiative von 20 Prozent – heute sind es 3 Prozent – als zu hoch.

Die Kommissionsmehrheit entschied sich schliesslich gegen die Stimmen von SP, Grüne, AL und EVP für einen Kantonsbeitrag von 10 Prozent und gleichzeitig Elternbeiträge, die in der Summe maximal 50 Prozent der Betriebskosten decken sollen. Die restlichen Kosten gehen zulasten der Gemeinden.

Bezüglich Ziel und Aufgaben der Musikschulen sowie der Kriterien, die für die Anerkennung durch den Kanton notwendig sind, orientiert sich das neue Gesetz weitgehend an der bisherigen Praxis und an einer möglichst grossen Gemeindeautonomie. Die Musikschulen sollen ein Mindestangebot bereitstellen und bezüglich eines weitergehenden Angebots regional zusammenarbeiten.

Die Leistungen der Musikschulen umfassen alle Stufen von der musikalischen Grundbildung bis hin zu Vorbereitungskursen auf ein Musikstudium für besonders talentierte Schülerinnen und Schüler, letzteres in Koordination mit den Fachhochschulen. Eine Minderheit (SVP und teilweise FDP) würde den Musikschulen hinsichtlich ihrer Marktpositionierung noch mehr Freiheiten gewähren, beispielsweise in Bezug auf die Ausbildungsanforderungen an Musiklehrpersonen, und stellt dazu mehrere Änderungsanträge. Eine Minderheit (FDP) verlangt anstelle einer Kann-Formulierung im Ermessen der Gemeinde eine gesetzliche Verpflichtung für die finanzielle Beteiligung der Eltern, ebenso Präzisierungen, was die Zusammensetzung der anrechenbaren Betriebskosten betrifft.

Eine Minderheit (SP, Grüne, AL, EVP) möchte die finanziellen Rahmenbedingungen zugunsten der Musikschulen grosszügiger gestalten, indem ein Kantonsbeitrag von 20 Prozent und Elternbeiträge zur Deckung von maximal 43 Prozent der Betriebskosten beantragt werden. SP und AL unterstützen auch die Volksinitiative.

Foto: bagal / pixelio.de

Stiftungsverzeichnis im Internet

Aus dem bisherigen Stiftungsverzeichnis der Schweiz wird ein Onlineportal für den gemeinnützigen Sektor: Ein Marktplatz, der den Dialog zwischen Spendern, Förderstiftungen, Projektträgern und Dienstleistern fördern soll.

Foto: Diego PH / Unsplash (s. unten)

Das Portal stiftungschweiz.ch bündelt zentral, aktuell und jederzeit abrufbar umfassende Informationen über Organisationen, Projekte, Veranstaltungen, Jobs und Statistiken aus dem Schweizer Philanthropie- und Stiftungssektor. Es bietet diesen zudem eine Palette von digitalen Tools.

Neu kommen neben institutionellen Anspruchsgruppen auch Privatspenderinnen und -spender auf ihre Kosten. Das Portal vereint über 5000 Organisationen und Projekte, die mit einer eigenen Microsite vertreten sind und an die direkt online gespendet werden kann (unter anderem über Twint). Ein persönliches Dashboard bietet jederzeit die Übersicht über Spendenaktivitäten sowie Bescheinigungen für die Steuererklärung.

Neben der neuen Plattform und zahlreichen digitalen Services lanciert StiftungSchweiz Ende Oktober mit dem Magazin «The Philanthropist» zusätzlich die erste und einzige Publikation dieser Art in der Schweizer Philanthropie und Stiftungswelt. «The Philanthropist» erscheint vier Mal pro Jahr in einer Auflage von 35’000 Exemplaren sowie als Web-Magazin (thephilanthropist.ch).

Sämtliche Angebote auf stiftungschweiz.ch stehen allen Nutzern bis zum 15. Januar 2020 kostenlos zur Verfügung.

Kontakt
Philanthropy Services AG | StiftungSchweiz | Rittergasse 35 | 4051 Basel
Media Relations: Claudia Dutli, Telefon +41 78 888 91 70, claudia.dutli@stiftungschweiz.ch
Geschäftsleitung: Dr. Peter Buss, Telefon +41 79 639 32 35, peter.buss@stiftungschweiz.ch

Foto: Diego PH / unsplash (Auschnitt)

Hochschule Luzern erlangt Akkreditierung

Der Schweizerische Akkreditierungsrat (SAR) hat der Hochschule Luzern die institutionelle Akkreditierung erteilt. Damit bestätigt er ihre Fähigkeit, die Qualität in Ausbildung, Weiterbildung, Forschung und Dienstleistungen zu sichern und weiterzuentwickeln.

Big Band der Hochschule Luzern. Foto: zVg

Die Akkreditierung ist sieben Jahre gültig und mit Auflagen versehen, die gleichzeitig Entwicklungsfelder für die interne Qualitätssicherung darstellen. Der Weg zur institutionellen Akkreditierung dauerte rund zwei Jahre. Durchgeführt wurde das Verfahren von der Schweizerischen Agentur für Akkreditierung und Qualitätssicherung AAQ.

Nach einem umfassenden Selbstbeurteilungsprozess besuchte im März 2019 ein Expertenteam die Hochschule Luzern und führte Gespräche mit Mitarbeitenden, Studierenden, externen Partnerinnen und Partnern sowie Mitgliedern der obersten Führungsgremien. Insgesamt waren rund 100 Personen in die Interviews involviert.

In ihrem Bericht stellen die Gutachterinnen und Gutachter der Hochschule Luzern ein gutes Zeugnis aus und heben laut der offiziellen Medienmitteilung insbesondere «die gelebte Qualitäts- und Dialogkultur als positiv hervor». Gutachter für den Bereich Musik war Michael Eidenbenz (Departementsleiter Departement Musik der Zürcher Hochschule der Künste).
 

PGM: «Oratorium» zur Kulturpolitik

Das letzte Treffen der Parlamentarischen Gruppe Musik in der laufenden Legislatur blickte nach vorn und resümierte die Themen der vergangenen vier Jahre. Spezialgast war Sandra Künzi mit einem «Oratorium».

Musik sei nach wie vor ein «politischer Nonvaleur», sagte der Präsident der Parlamentarischen Gruppe Musik (PGM), Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. Nichtsdestotrotz setzt er sich mit viel Herzblut für die Musik ein, womit er beim Treffen zwischen Parlamentariern und Verbandsvertretern am 11. September in Bern einmal mehr überzeugte. Séléna Plain stellte die Harfe als Instrument für diverse musikalische Stile vor und gliederte den Anlass mit ihren beeindruckenden Vorträgen in sinnvolle Abschnitte.

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Erste Parlamentarier unterzeichnen die Charta. Die Nationalräte Thomas Ammann und Stefan Müller-Altermatt sowie Ständerat Joachim Eder (v.l.) Foto: zVg

Der Ausblick drehte sich um die kommende Legislatur und die anstehenden Wahlen, um die Hoffnung, der Musiksektor möge im Bundeshaus gut vertreten sein. Stefan Müller-Altermatt und Rosmarie Quadranti, Nationalrätin und Präsidentin des Schweizer Musikrats (SMR), haben der Musik in den letzten vier Jahren einige Türen in Bern geöffnet. Damit diese Arbeit weitergeführt werden kann, sind zahlreiche musikaffine Parlamentskolleginnen und -kollegen nötig. Deshalb hatten der SMR und Sonart mit weiteren Verbänden die Plattform clap4culture.ch mit Empfehlungen für die Wahlen 2019 initiiert.

Zur Stärkung des Musiksektors wurden zudem drei Vorstösse in einer Charta gebündelt und im Bundeshaus platziert: Nationalrat Thomas Ammann verlangt einen jährlichen Steuerfreibetrag für die Entschädigung von Freiwilligenarbeit. Rosmarie Quadranti will, dass das Bundesamt für Kultur und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation gemeinsam zuständig sind für Aufgaben, die sowohl den Kultur- wie den Bildungsbereich betreffen. Stefan Müller-Altermatt schliesslich fordert verlässliche statistische Daten zur wirtschaftlichen Leistung des Musiksektors.

Speech von Sandra Künzi

Der sachliche Rückblick auf die während der letzten vier Jahre behandelten Themen mündete in einen Höhepunkt mit Sandra Künzi: Die «Poetry Slammerin der ersten Stunde» fasste das Thema Musik und Politik in Bundesbern zu einem «Oratorium für arme Musikerinnen und Musiker in sechs Bildern» zusammen. Stichworte: Jugend und Musik, Backstage, Geld, Urheberrecht, Kulturbotschaft, das Parlament ist ein Orchester. Hören Sie die Version für die Schweizer Musikzeitung hier:

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Nachbemerkung am 22. Oktober 2019: Leider wurden Rosmarie Quadranti und Thomas Ammann nicht wiedergewählt.

Anerkennung für Köppl und Belles de Nuit

Der Kanton Zürich zeichnet Jörg Köppl, Mathias Reiter sowie den Verein Les Belles de Nuit für das Engagement zur Teilhabe möglichst breiter Bevölkerungskreise am kulturellen Leben aus.

Vereinskomitee von «Les Belles de Nuit». Foto: zVg

Jörg Köppl lebt und arbeitet als freischaffender Musiker und Komponist in Zürich. In seinen Werken erweitert er den Begriff der Neuen Musik, indem er sie mit Klängen aus dem realen Leben verknüpft. Insbesondere in seinen Arbeiten mit Behinderten gelinge es ihm, schreibt der Kanton, die körperlich eingeschränkten Darsteller so zu zeigen, dass daraus kein Betroffenheitstheater resultiert, sondern eine ganz eigene ästhetische Aussage.

Die elektronische Musik und das dazugehörige Nachtleben sind dominiert von männlichen Veranstaltern, DJs und Clubbesitzern. Hier geben Les Belles de Nuit Gegensteuer: Der Verein verfolgt das Ziel, Frauen und andere unterrepräsentierte Gruppierungen in der elektronischen Musik- und Kulturszene zu fördern und zu vernetzen.

Die Förderung der kulturellen Teilhabe ist einer der Schwerpunkte, die der Kanton Zürich bei der Ausrichtung seiner Kulturpolitik festgelegt hat. Die Anerkennungsbeiträgen sind mit je 10’000 Franken dotiert.
 

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