Musikhochschule Luzern öffnet Jazzarchiv

Vor zwei Jahren hat das Schaffhauser Jazzfestival sein Archiv der Hochschule Luzern übergeben. Diese hat zusammen mit der Schweizerischen Nationalphonothek das Material katalogisiert sowie digitalisiert. Sie macht es in einem Online-Archiv am 22. Mai 2019 der Öffentlichkeit zugänglich.

Bild (v. l.): Hausi Naef, Urs Röllin, Barbara Ackermann (alle OK Schaffhauser Jazzfestival) und Michael Kaufmann (Direktor Hochschule Luzern-Musik)

Zusammen mit der Schweizerischen Nationalphonothek und mit Unterstützung weiterer spezialisierter Institutionen, wie dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF und der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern, sind über 3000 Künstlerbiografien, 2500 Stunden Tonaufnahmen, Medienberichte und Bilder, Videos und sämtliches Werbematerial professionell aufgearbeitet worden.

Das Archiv dokumentiert den Jazz und die improvisierte Musik in der Schweiz seit den frühen 1990er-Jahren. Die audiovisuelle Sammlung besteht vor allem aus Konzerten, vom SRF live aufgezeichneten Ton- und Video-Aufnahmen sowie von den von Bands beim Programmkomitee eingereichten Tonträgern.

Lanciert wird das Online-Archiv anlässlich der Eröffnung des diesjährigen Festivals am Mittwoch, 22. Mai 2019 im Kulturzentrum Kammgarn. Zum Start sind dort ausgewählte Jahrgänge zugänglich, weitere werden nach und nach ergänzt.

 

Der Traum von einem «Salzburg» Osteuropas

Alexey Botvinov organisiert zum fünften Mal Odessa Classics, das grösste Musikfestival der Ukraine. Es findet vom 1. bis 9. Juni statt.

Zuschauerraum des Opernhauses in Odessa. Foto: Odessa Classics,Foto: Odessa Classics,Foto: Odessa Classics,Foto: Odessa Classics

Was verbindet die Aare-Stadt Bern mit der Schwarzmeer-Metropole Odessa? Nichts, es sei denn, man vergegenwärtige sich das anlässlich der Ukrainischen Kulturtage im Yehudi-Menuhin-Forum stattgefundene Konzert «Odessa Classics in Bern». Neben dem Geiger Michael Guttmann und dem Cellisten Samuel Justitz sitzt der ukrainische Pianist Alexey Botvinov am Flügel und spielt an diesem Abend so, dass augenblicklich klar wird: Hier hat einer eine Mission – Odessa Classics. Der oft in der Schweiz gastierende Pianist, der eine unverzichtbare Stütze vieler Ballette des Choreografen Heinz Spoerli (Goldbergvariationen) war und ist, engagiert sich unermüdlich für das Festival in seiner Heimatstadt.

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Festivalintendant Alexey Botvinov

Der heute 54-jährige Musiker hat dieses zu einer Zeit gegründet, als der bewaffnete Konflikt in der Ostukraine aufflammte, der bis heute anhält. «Plötzlich war der Krieg da. Niemand hätte sich das vorstellen können», erzählt Botvinov und spricht von seinem Zorn und inneren Protest, aber auch von seinem Schmerz und seiner Trauer über die vielen Menschen, die gestorben sind. «Damals habe ich mir überlegt: Was kann ich bloss tun, um dem Krieg und der schlimmen, alle verunsichernden Situation etwas entgegenzuhalten.» Musik! «Freunde sagten mir zwar: Was du dir mit deinem Festival ausmalst, ist völlig unrealistisch.» Doch Botvinov stampfte das primär von Privaten, inzwischen aber auch von der Stadt Odessa und der Region mitfinanzierte Festival Odessa Classics aus dem Boden. 2015 ging es erstmals erfolgreich über die Bühne. Mittlerweile sind aus den anfänglich vier Festivaltagen neun geworden. «Ich will aber noch weiter expandieren – auf zwei oder vielleicht sogar drei Wochen», betont Botvinov und träumt von «einem Salzburg für Osteuropa». Das erscheint keineswegs unrealistisch, wenn man sich die wachsende Zahl der Besucher in Erinnerung ruft, die etwa von Kiew, Charkiw, Lwiw (Lemberg) und immer öfter auch aus dem Ausland anreisen.

Viel Neuland für die Ukraine

Wer aus Westeuropa nach Odessa reist, wird sich vielleicht wundern, weil er in der mediterran-verspielten Hafenstadt dieselben Künstler und Ensembles wie in seiner Heimat antrifft. In der jüngeren Vergangenheit waren dies Vadim Repin, Maxim Vengorov, Dimitri Ashkenazy, Antonio Meneses und Matthias Goerne; in diesem Jahr wird man den Pianisten Cyprien Katsaris und Pietro De Maria, dem Geiger Daniel Hope, dem Zürcher Kammerorchester sowie dem Mischa-Maisky-Trio begegnen. Ein Blick ins Programm zeigt: Es werden zu einem grossen Teil Werke von Mozart, Beethoven, Rachmaninow, Chopin, Tschaikowsky, Grieg, Vivaldi und Gershwin gespielt; unter dem Titel Tango Sensations jedoch auch Kompositionen von Piazzolla, Lipesker und Bernstein. Roby Lakatos und sein Ensemble verstärken den Eindruck eines Festivals, das vieles für viele bietet. Nur gängiges Repertoire also? «Nein», sagt Alexey Botvinov, «wir widmen auch einen ganzen Abend dem zeitgenössischen, georgischen Komponisten Gija Kantscheli. Er lebt heute in Antwerpen; möchte aber unbedingt nach Odessa kommen.»

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Daniel Hope (rechts) ist Artist in Residence

Wer den Sinn von Odessa Classics verstehen wolle, betont der Pianist immer wieder, dürfe eines nie vergessen: «Die Ukraine wurde 1991 unabhängig. Doch seither kamen keine grossen Künstler aus dem Ausland in unser Land. Künstler und Komponisten, die Westeuropäern längst bekannt sind, sind den Ukrainern vielfach kein Begriff, was zum Beispiel auch auf einen Komponisten wie Erwin Schulhoff zutrifft. Deshalb muss ich auf jeden Fall versuchen, die Balance zwischen Bekanntem und Unbekannterem zu halten. Stars sind für unser Publikum ganz wichtig. Es hat sie in der jüngeren Vergangenheit verpasst; jetzt soll es sie kennenlernen dürfen.» Zu ihnen zählt auch Daniel Hope, der während drei Jahren Artist in Residence bei Odessa Classics sein wird.

Für Einheimische und Gäste

Im Rahmen einer unter dem Motto «Pilgrims» laufenden Extra-Serie mit hochbegabten, jungen ukrainischen Musikern werden Spezialitäten wie etwa das Konzert «Spiegel im Spiegel» mit Werken von Arvo Pärt und Max Richter gepflegt. Überdies wird ein Jugend-Musikwettbewerb ausgerichtet. Der Gewinner oder die Gewinnerin erhält neben einem Geldbetrag auch die Möglichkeit, bei dem für alle kostenlosen Open Air am Fusse der Potemkinschen Treppe aufzutreten, die der Regisseur Sergej Eisenstein in seinem Film Panzerkreuzer Potemkin weltberühmt gemacht hat. Kurz: Alexey Botvinov wagt mit Odessa Classics einen Spagat. Einerseits will er «das einheimische Publikum, das Musik liebt und versteht», ansprechen, andererseits ein westeuropäisches.

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Konzert bei der Potemkinschen Treppe

Dieses erlebt neben den Hauptkonzerten im prächtig renovierten Opernhaus und in der Philharmonie vor allem aber Odessa, die 1794 von Katharina der Grossen gegründete Hafenstadt mit östlichem Charme und südlichem Flair. Die Geschichte der heutigen Millionenmetropole ist traditionell von vielen Völkern, Religionen und Kunst geprägt. Von Alexander Puschkin stammt der Ausspruch: «In Odessa atmet man Europa.» Ob der Dichter ohne die inspirierende Wirkung dieser Stadt je seinen Versroman Eugen Onegin geschrieben hätte? Odessa ist aber auch die Heimat legendärer Geiger wie David Oistrach, Nathan Milstein und Zakhar Bron sowie nicht minder legendärer Pianisten wie Emil Gilels, Swjatoslaw Richter und Shura Cherkassky.

Ja, Odessa sei unwiderstehlich, sagt Alexey Botvinov. Selbst er lasse sich immer wieder von der besonderen Atmosphäre seiner Heimatstadt überraschen. Während der Festivalzeit vor allem beim Open-Air-Konzert: «Blicke ich dann zu den 10 000 Zuschauern auf den Stufen der Potemkinschen Treppe hoch, ist das jedes Mal ein unvergleichliches Erlebnis.»
 

Kantonsbibliothek bietet Musikstreaming

Die Thurgauer Kantonsbibliothek bietet ab sofort den Musikstreaming-Dienst «Freegal Music» an. Den Nutzerinnen und Nutzern der Kantonsbibliothek stehen damit über 15 Millionen Dateien zur Verfügung.

Kantonsbibliothek Thurgau, Frauenfeld. Foto: Scriptorium/wikimedia commons

Die Abonnentinnen und Abonnenten der Kantonsbibliothek Thurgau können ab sofort über den Musikstreaming-Dienst «Freegal Music» Titel aus einer Sammlung von über 15 Millionen Songs, Musikvideos und Hörbüchern von mehr als 40’000 Musiklabels weltweit, darunter Sony Music, Epic, RCA und Columbia, entdecken. Sie können in Playlists stöbern oder ihre eigene Wunschliste erstellen.

Mit diesem Angebot können die Nutzerinnen und Nutzer täglich drei Stunden Musik, Musikvideos oder Hörbücher streamen. Zusätzlich sind wöchentlich drei kostenlose Downloads von Musik oder Musikvideos möglich. Die Nutzung ist ohne Zusatzsoftware direkt über die Webseite oder eine kostenlose App möglich. Alles, was benötigt wird, ist ein Bibliotheksausweis der Kantonsbibliothek Thurgau.

Bildnachweis: Scriptorium / wikimedia commons 4.0

Ein Versuchslabor

Erstmals aufgeführt wurden David Philip Heftis «Media nox» und das multimediale Musiktheater «Castor&&Pollux».

Die Bühne im 4DSOUND-Raumklangsystem mit Videoscreens. Foto: Heidelberger Frühling / studio visuell

«Wie wollen wir leben?», heisst das diesjährige Motto des Heidelberger Frühlings (16. März bis 14. April). Es ist der letzte Teil der Aufklärungstrilogie, die in den Jahren zuvor das «Fremde» und die «Eigen-Arten» behandelt hatte. Das Festival beinhaltet neben Orchesterkonzerten, Kammermusik und Liederabenden auch eigene Meisterkurse wie die von Igor Levit geleitete Kammermusikakademie oder die Liedakademie von Thomas Hampson, deren künstlerische Ergebnisse im Festivalprogramm zu hören sind. Den Blick nach vorne gerichtet hat Intendant Thorsten Schmidt vor allem im sogenannten LAB, das Vertreter verschiedener Künste vereint und mit neuen Konzert- und Musiktheaterformen experimentiert. Mit der Uraufführung von Castor&&Pollux präsentierte man nun in der gediegenen, holzgetäfelten alten Aula der Universität Heidelberg ein «Multimediales Musiktheater für Ensemble, Videokunst und 4DSound», wie sich der rund 70-minütige Abend nennt. Das klingt zumindest schon mal sehr nach Innovation und neuen Hörerlebnissen. Ein Gitterboden wurde in der alten Aula eingezogen. Einige Damen müssen deshalb am Eingang ihre Absatzschuhe gegen Finken tauschen, um nicht im begehbaren Soundsystem stecken zu bleiben. In der Saalmitte steht eine achtsäulige Lautsprecherkonstruktion. Mehrere Monitore und eine grosse Leinwand am Kopf des Saals, wo auch das Barockensemble The Rossetti Players unter der Leitung von Barbara Konrad postiert ist, komplettieren das Setting. Die acht Mitglieder des Vokalensembles haben sich unters Publikum gemischt, das zum Teil auf Holzbalken sitzt.

Gesichtslose Mythenadaption

Der Abend ist dem ewigen Wunsch nach Unsterblichkeit auf der Spur und sucht den Brückenschlag zwischen dem antiken Mythos von Castor und Pollux und künstlicher Intelligenz, zwischen den barocken Klängen aus Jean-Philippe Rameaus gleichnamiger Oper und der Live-Elektronik von Lukas Rehm, der auch die Videos für den Abend gedreht hat. Leider hält die Produktion (Lisa Charlotte Friederich: Libretto und Regie; Jim Igor Kallenberg: Dramaturgie) nicht, was sie verspricht. Sie verheddert sich in den vielen Bezügen, die sie zu spinnen versucht. Vor allem schafft sie zu wenig musiktheatralische Präsenz. Schon der Beginn ist verschenkt, wenn Natalie Pérez die gesamte Geschichte des menschlich-göttlichen Zwillingspaars Castor und Pollux nüchtern erzählt. Was hätte man aus einzelnen Szenen an musikalischer Dramatik entwickeln können, etwa wenn Castor tödlich verletzt wird und in die Unterwelt muss, wenn Pollux von Sehnsucht zerrissen wird und dem Bruder für einen Tag in den Hades folgt. Rameaus Ouvertüre erklingt erst danach – zunächst federnd-majestätisch gespielt vom neunköpfigen Barockensemble, dann, digital bearbeitet, über die Lautsprecher geschickt. Die Maschine ersetzt den Menschen. Dazu flimmern Videos über die Monitore vom Bergmassiv Castor und Pollux in den Walliser Alpen, später auch Statements von Wissenschaftlern oder rein digitale Landschaften. Die acht Sängerinnen und Sänger wandeln durch den Raum, stellen sich als Castor oder Pollux vor und erzählen vom Heidelberger Human Brain Project, für das in einem vierstöckigen Gebäude ein menschliches Gehirn als Riesencomputer nachgebaut wird. Die gesungenen Arien, Duette und Chöre von Rameau können einzelne berührende Momente schaffen, hängen aber zusammenhanglos im Raum. Dazwischen prägt auch immer wieder die elektronische Musik von Lukas Rehm das Geschehen mit wabernden Klangflächen, vielfarbigem Rauschen und durchaus faszinierenden Soundkreationen in exzellenter Klangqualität. Ein zwingender Kontakt zwischen den verschiedenen Elementen des Abends entsteht aber nicht. Castor&&Pollux gleicht einer Collage – montiert aus Versatzstücken, die zu wenig miteinander zu tun haben. So bleiben auch die Figuren bei diesem Laborversuch bis zum Schlusschor Que les cieux, que la terre gesichtslos und austauschbar.

Schattenreiche Nachtmusik

David Philip Heftis Media nox für Flöte und Kammerorchester dagegen hat einen ganz speziellen Ton. Das Auftragswerk des Heidelberger Frühlings ist das dritte Werk des Schweizer Komponisten innerhalb seines vierteiligen Zyklus Nachtwache. Es entfaltet von Beginn an eine besondere Atmosphäre zwischen Ruhe und Unruhe, verschwommenen und klaren Konturen, tonalen Zentren und vierteltönigen Mehrdeutigkeiten. Für den Flötenpart, den Tatjana Ruhland, Soloflötistin beim SWR Symphonieorchester, mit grösster Differenzierungskunst modelliert, verlangt Hefti moderne Spieltechniken wie Multiphonics, perkussive Slap Toungs und Glissandi, die immer wieder den Boden unter den Füssen wegziehen. Hefti spielt mit Klangfarben, wenn der gleiche Ton von den verschiedenen Registern immer wieder neu gemischt wird. Auch die Deutsche Radio-Philharmonie Saarbrücken-Kaiserslautern lässt sich unter der sensiblen Leitung von Jamie Phillips ein auf diese fragile, mit vielen Schattierungen angereicherte Musik, die auch mal für einen Moment aus dem Dämmerzustand ins gleissende Licht herausfährt und alptraumhafte Grimassen zieht.

Bogenbauer aus aller Welt in Zürich

Zum zweiten Mal nach 2017 organisiert Julia van der Waerden einen Werkplatz Geige, dieses Mal unter dem Motto: Hochstehender internationaler Bogenbau stellt sich vor.

Foto: Sergej Labutin/adobestock.com,SMPV

Zusammen mit Simone Escher und Kaspar Pankow öffnet Julia van der Waerden ihre Werkstatt im Zürcher Hunzikerareal wieder für Experten des Geigenbaus, aktive Musikerinnen und Musiker sowie weitere Interessierte. Einige der besten europäischen Bogenbauer sind zu Gast. Neben dem Züricher Kaspar Pankow sind es aus Paris Doriane Bodart, Josephine Thomachot und Pierre Nehr, aus London Verena Schauer, aus Oxford Jutta Walcher und aus Cesena Andrea Proietti.

Neben der Ausstellung gibt es ein Rahmenprogramm mit Konzerten (Duo Gehweiler, Gadjolinos), Vorträgen (Kaspar Pankow, Firma Thomastik Imfeld), einer Klangprobe (Marc Luisoni und Ronny Spiegel) und einem Abendessen in der Werkstatt mit der Geigerin Nina Ulli.

Programm, Daten, Zeiten und Ort: werkplatzgeige.ch
 

Verein Musikdorf Ernen ausgezeichnet

Der Preis des Walliser Staatsrats ehrt jedes Jahr eine Institution für die gleichzeitige Entwicklung von Kultur und Wirtschaft. In seiner zweiten Ausgabe geht der Preis an das Musikdorf Ernen.

Musikdorf Ernen. Foto: Raphael Hadad

Wie die Walliser Staatskanzlei am 18. April mitteilte, habe der Staatsrat aufgrund einer gemeinsamen Initiative des Departements für Gesundheit, Soziales und Kultur und des Departements für Volkswirtschaft und Bildung 2018 den «Kultur- und Wirtschaftspreis Wallis» geschaffen. Damit solle das Engagement einer Institution, eines Unternehmens oder einer Veranstaltung, die ihre Tätigkeit der Kultur- und Wirtschaftsentwicklung widmet, geehrt und anerkannt werden. Der mit 20 000 Franken dotierte Preis wird jährlich vergeben.

Ausschlaggebende Auswahlkriterien sind: «von Kultur- wie Wirtschaftskreisen anerkannte Originalität, Qualität und Vorbildcharakter der Produktionen und Realisierungen; Reichweite und langfristige nationale und internationale Ausstrahlungskraft; kulturelle und wirtschaftliche Auswirkungen für das Wallis; solides, langfristiges Finanzierungsmodell.»

 

Preisträger 2019 Verein Musikdorf Ernen

Weiter schreibt die Staatskanzlei: «1974 gründete der ungarische Musiker György Sebök in Ernen ein Musikfestival. Für ihn war das Dorf eine Oase der Kultur und der Musik, fernab von Tumult und Hektik: grossartige Musik in einer schlichten Umgebung. Ein einleuchtendes Konzept, mit dem er aussergewöhnliche Musiker zusammenbrachte. Heute findet im Rahmen des Musikfestivals zudem eine Literaturwoche und ein Schreibworkshop statt. Obwohl der Tod des Gründers (1999) für ein Festival dieses Niveaus einen schwierigen Moment darstellen kann, wusste der Verein Musikdorf Ernen dessen Werk weiterzuführen. Somit leistet der Verein weiterhin einen wichtigen Beitrag zur musikalischen Ausstrahlung des Wallis. Auch trägt er auf bedeutende Art und Weise zur Attraktivität der Gemeinde Ernen und der Region bei. Als starkes Zeichen der Anerkennung erhielt der Verein 2013 den Prix Montagne.

Der Verein bestreitet rund drei Viertel seines Budgets von 770’000 Franken durch den Verkauf seiner Produktionen, Sponsoring, private Mäzene und die Direktbeiträge seiner 470 Mitglieder. Die Gemeinden Ernen und Brig, der Kanton und die Loterie Romande tragen mit 200 000 Franken (2018) etwas mehr als einen Viertel bei. Diese vier Finanzierungsstützen ermöglichen dem Musikdorf Stabilität und Langlebigkeit. Damit finanziert der Verein im Wallis Löhne und Dienstleistungen für eine halbe Million Franken. Den direkten Mehrwert für die regionale Wirtschaft schätzen die Organisatoren auf rund 2 Millionen Franken.»
 

Valaisia Brass Band und BML in Montreux

Die Valaisia Brass Band und die Brassband Bürgermusik Luzern (BML) vertreten vom 26. – 28. April in Montreux am Europäischen Brass Band Wettbewerb die Schweiz. Neben ihnen sind weitere Top-Bands aus Europa am Start.

Brassband Bürgermusik Luzern (BML), Höchstklassformation. Foto: zVg

Traditionsgemäss darf der amtierende Schweizermeister als Vertreter der Schweiz am alljährlichen Wettbewerb teilnehmen und um den Europäischen Brass Band Champion-Titel kämpfen. Die Valaisia Brass Band, die amtierende Europameisterin, hat im vergangenen Herbst den Schweizerischen Brass Band Wettbewerb gewonnen. Sie war für den Europäischen Brass Band Wettbewerb 2019 allerdings bereits vorqualifiziert, wodurch auch der BML als zweitplatzierten Schweizer Band ein Startplatz zusteht. 

Der Europäische Brass Band Wettbewerb findet jeweils in einem anderen Land statt und wird in diesem Jahr in der Schweiz in Montreux durchgeführt. Die BML gewann den Wettbewerb als erste Schweizer Band 2014 in Perth (Schottland).

 

 

Winterthur soll Kulturstadt werden

Laura Bösiger Co-Geschäftsleiterin der Winterthurer Musikfestwochen, übernimmt per 1. Oktober 2019 in der Stadtverwaltung das neugeschaffene Amt als Verantwortliche Kulturmarketing.

Laura Bösiger (Bild: Jonas Reolon)

Hauptaufgabe der Stelle ist die Umsetzung des strategischen Auftrags des Stadtrats, Winterthur als Kulturstadt zu positionieren. Dafür soll laut der Medienmitteilung «in einem ersten Schritt eine Übersicht über die Marketingaktivitäten der Winterthurer Kulturakteure erarbeitet werden, um anschliessend die prioritären Massnahmen im Bereich des übergeordneten Kulturmarketings festzulegen». Parallel dazu werde als erste Massnahme ein digitaler Museumspass für die Winterthurer Museen lanciert, der den bestehenden analogen Museumspass ersetzen soll.

Die 32-jährige Laura Bösiger lebt seit 13 Jahren in Winterthur. Sie absolvierte ein Studium in Journalismus und Organisationskommunikation und hat umfangreiche Projekterfahrung im Kultur-, Kommunikations-, Gastro-, Event- und Marketingbereich. Seit drei Jahren und bis nach dem diesjährigen Festival ist Laura Bösiger Co-Geschäftsleiterin der Winterthurer Musikfestwochen.
 

Neue Luzerner Intendantin heisst Ina Karr

Ina Karr übernimmt ab Sommer 2021 die Intendanz am Luzerner Theater. Dies gab der Stiftungsrat heute Mittwoch in Luzern bekannt. Die gebürtige Stuttgarterin ist seit 2014 Chefdramaturgin für Oper am Staatstheater Mainz und war vorher Operndirektorin am Oldenburgischen Staatstheater.

Ina Karr (Bild: Ingo Hoehn)

Über 60 Kandidatinnen und Kandidaten bewarben sich um die Nachfolge des Luzerner Intendanten Benedikt von Peter, der an das Theater Basel wechselt. Der Stiftungsrat Luzerner Theater wählte die künftige Intendantin einstimmig. Ihr Vertrag umfasst zunächst die Spielzeiten 2021/22 bis 2025/26.

Trotz der grossen Zahl von Bewerbungen entschied die Findungskommission, den künftigen Intendanten oder die Intendantin direkt zu berufen. Karr wurde im Juli 1968 in Stuttgart geboren und studierte Musik sowie Musikwissenschaft und Neuere Deutsche Literaturgeschichte. Sie war Dramaturgin und Projektleiterin für zeitgenössische Musik und für Musiktheater, arbeitete am Nationaltheater Mannheim, bevor sie als Operndirektorin an das Oldenburgische Staatstheater wechselte und schliesslich als Chefdramaturgin für die Oper ans Staatstheater Mainz kam.

2018 war Ina Karr auch Produktionsdramaturgin bei den Salzburger Festspielen für Mozarts Oper «Die Zauberflöte». Sie entwickelt im Bereich des Musiktheaters für junges Publikum neue Werke, veröffentlicht in Fachmagazinen und ist immer wieder als Jury-Mitglied tätig.

Anita Jehli erhält Churer Anerkennungspreis

Die Stadt Chur verleiht in diesem Jahr je einen mit 4000 Franken dotierten Anerkennungspreis an den Bühnenbildner Duri Bischoff, die Cellistin Anita Jehli, den Fotografen Daniel Rohner, die Autorin Ursina Trautmann und den Tänzer Ivo Bärtsch.

Anita Jehli. Foto: zVg

Die Cellistin und Dirigentin Anita Jehli wird insbesondere für ihr grosses Engagement für die Orchestrina Chur geehrt. Sie absolvierte ihre Ausbildung im Fach Violoncello an der Musikhochschule Zürich bei Markus Stocker und Claude Starck und ist Gewinnerin des Kiwanis-Musikpreises, des Kammermusikpreises des Migros Genossenschaftsbundes sowie des Koeckert-Preises für Violoncello der Musikhochschule Zürich.

Heute ist Anita Jehli Solocellistin der Camerata Schweiz. Vermehrt ist sie auch als Dirigentin tätig. Sie ist seit 2005 musikalische Leiterin des Orchesters der Zürcher Altstadt-Kirchen und seit 2013 von Orchestrina Chur.

Mit den Churer Anerkennungspreisen wird ein mindestens zehnjähriges kulturelles Schaffen gewürdigt, das für die Stadt und deren engere Region von Bedeutung ist. Der Gemeinderat der Stadt Chur hat überdies einer Teilrevision des Art. 10 der Verordnung zum Kulturförderungsgesetz zugestimmt. Die Revision erlaubt 2019 die Vergabe von insgesamt sechs Preisen, das heisst einem Preis mehr als bisher.

 

Wiedereöffnung der Tonhalle verzögert sich

Für die Instandsetzung und den Umbau von Kongresshaus und Tonhalle benötigt die Kongresshaus-Stiftung Zürich zusätzlich einen Investitionsbeitrag von 9,4 Millionen Franken. Der Eröffnungstermin wird um sechs Monate auf März 2021 verschoben.

Tonhalle Zürich, Eingangsbereich. Foto: Adrian Michael/wikimedia commons

Für die Deckung der Zusatzkosten ist ein einmaliger Beitrag an die Tonhalle-Gesellschaft von 3,7 Millionen Franken notwendig. Zusätzlich zum 2016 gesprochenen Dotationskapital an die Kongresshaus-Stiftung (165 Millionen Franken) ist ein Investitionsbeitrag an die Kongresshaus-Stiftung zur Deckung der bauseitigen Mehrkosten von 9,4 Millionen Franken notwendig.

Ausserdem benötigt die Tonhalle-Gesellschaft einen einmaligen Beitrag in der Höhe von 3,7 Millionen Franken zur Deckung der Kosten aufgrund der Terminverschiebung. Hauptgründe für die Mehrkosten und die Terminverschiebung sind eine schlechtere Bausubstanz, Zielkonflikte sowie Unschärfen in der Planung.

Bildnachweis: Adrian Michael / wikimedia commons License 3.0 Unported

Indiana Jones und Beethoven

Vom 2. bis 5. April 2019 fanden in Frankfurt die Musikmesse und prolight + sound statt. Der Grossanlass ist nicht (mehr) für alle gleich attraktiv.

Foto: Messe Frankfurt Exhibition GmbH / Petra Welzel

In Halle 12 war ich noch nie. Ich gerate hier als erstes in eine Indiana-Jones-Welt. Urwald überwuchert verfallende Ruinen, Tierlaute und Wassergeräusche sind zu hören, Nebel wabert durch die Szenerie: Eine auf Projektionen und Effekte spezialisierte Firma zeigt ihr Können im grossen Stil. Auch nachdem man die Wildnis durchquert hat, geht es in der ganzen Halle um Veranstaltungs- und Medientechnik, vom Tanzbodenbelag bis zur Lasersteuerung. Sie gehört zur Partnermesse prolight + sound, die parallel zur Musikmesse stattfindet.

Während sich hier sehr viele Besucher (zu mindestens 90 % Männer) durch die Gänge drängen, ist es in den Hallen der Musikmesse ruhiger. Jedenfalls in Halle 3.1, wo ich mit Vertreterinnen und Vertretern von Musikverlagen verabredet bin. Im vergangenen Jahr hatten sie ihre Stände in einer lärmigen Halle in der Nachbarschaft unter anderem des Blasorchesters der Bundeswehr. Die Saiteninstrumente und Akkordeons, mit denen sie sich dieses Jahr den Raum teilen, sind den Gesprächen über die jüngsten Notenausgaben und Musikbücher weitaus förderlicher. Allerdings weist die Halle nun eine leere Ecke auf.

Auch das Analoge ist digital

Bei den Verlagen sind auch tatsächlich weniger Aussteller vor Ort, kleinere Verlage oft bloss an Sammelständen, nationale Vertretungen des jeweiligen Musikschaffens nur mehr sehr vereinzelt. Ist das eine Folge der Digitalisierung? Ein Verlagsprogramm lässt sich leicht übers Internet zeigen und konsultieren. Musikinstrumente dagegen wollen immer noch analog betrachtet und bespielt werden, auch wenn viele von ihnen natürlich längst ebenfalls mit digitalen Features ausgestattet sind. So beispielsweise Klaviere, die auf Knopfdruck zum Digitalpiano werden, dessen Töne aus dem Kopfhörer kommen, oder ebensolche Schlagzeuge, die damit wohnungskompatibel sind. Werkstoffe für den Instrumentenbau werden vorgestellt, dem Holz nachempfunden, aber eben verbessert, wie es heisst; und Geigen aus dem 3D-Drucker. Eine schon mehrfach ausgezeichnete Neuheit ist das Notenlesegerät Gvido, das wie ein Heft aufgeschlagen wird und aus zwei hochformatigen Seiten resp. Bildschirmen besteht, auf die auch notiert und das Notierte gespeichert werden kann. Wie eine bewusste Abwendung vom Technischen muten daneben Stände an die – gewachsenes – Klangholz anbieten oder Therapieinstrumente, etwa eine Klangwiege für Erwachsene, in die man sich hineinlegen und von Saitenklängen durchströmen lassen kann.

Fach- oder Publikumsmesse

Bei der Verkleinerung der Ausstellerliste, was die Musikverlage anbetrifft, spielt vermutlich auch die zunehmende Beliebtheit der Leipziger Buchmesse eine Rolle. Das ist eine Publikumsmesse. In Frankfurt setzt man auf die entgegengesetzte Tendenz. Im offiziellen Messekatalog erläutert Detlef Braun, der Geschäftsführer der Messe Frankfurt, das neue Konzept, nach dem die eigentliche Messe nicht mehr bis Samstag dauert: «Business first! (…) In diesem Zuge öffnet die Veranstaltung erstmals an vier Werktagen (…) und unterstreicht damit ihren Fokus auf Fachbesucher.» Das breite Publikum und die Stadtbevölkerung sind dafür ans Musikmesse-Festival geladen, Konzerte auf dem Messegelände und in städtischen Clubs, und an den Plaza-Samstag, einer Mischung aus musikalischem Markt und Volksfest. Schulklassen werden ins Congress Centre gebeten, wo sie Musikinstrumente alles Art ausprobieren können.

Die Messe den Fachleuten, das Spektakel dem Publikum: Das leuchtet ein. Den Verlagen, deren professionelle Ansprechpersonen, sprich: Musikalienhändler, immer weniger werden, ist damit aber vermutlich nicht gedient. Dass sie nach Leipzig blicken, ist also verständlich. Im Herbst soll dort nun sogar eine eigene Musikmesse durchgeführt werden. Vorläufig sind sie aber in Frankfurt anzutreffen, und sie machen auch ganz klar, was für die klassische Musikbranche im nächsten Jahr angesagt ist: Beethoven! Der 250. Geburtstag findet hier zu Recht schon jetzt statt, denn was 2020 gespielt und diskutiert wird, liegt in Notenausgaben und Büchern jetzt vor.

Jazz Ascona ehrt Leroy Jones

Der legendäre Trompeter Leroy Jones aus New Orleans erhält den Ascona Jazz Award, den Preis, den das Tessiner Festival Jazz Ascona jedes Jahr an Persönlichkeiten der Musikszene von New Orleans verleiht.

Leroy Jones (Bild: zvg)

Der Ascona Jazz Award 2019 wird Leroy Jones am Dienstag, 25. Juni, anlässlich seines Konzertes auf der Bühne New Orleans überreicht. Der Künstler wird damit «für die aussergewöhnliche Qualität seiner musikalischen Leistungen» geehrt. 1955 geboren, ist Leroy Jones in New Orleans einer der wichtigsten Trompeter (und Sänger) der letzten Jahrzehnte, ein Spitzenvertreter einer musikalischen Bewegung, welche die Jazztradition von New Orleans hochhält, sie gleichzeitig aber auch verjüngt.

Im Fall von Leroy Jones führe das, schreibt Jazz Ascona, kraft seiner starken Solistenpersönlichkeit und einer klaren Neigung, in seiner Musik ausdrucksvolle Elemente von Bebop (insbesondere) zu integrieren, zu einem «von der ersten Note an wiedererkennbaren Sound».

Im Mittelpunkt steht das Gepflegte

Das Internationale Jazzfestival Bern hat sich seit seinen Anfangstagen nicht nur dem Jazz, sondern auch dem Blues, Soul und Latin verschrieben. Ein Zwischenbericht zur 44. Festival-Ausgabe.

Das Festival findet seit 2003 im Marians Jazzroom statt. Foto: IJFB 2019,IJFB 2019,IJFB 2019,IJFB 2019

Gegründet wurde das Internationale Jazzfestival Bern 1976 vom Hotelunternehmer Hans Zurbrügg. Inzwischen leitet es sein Sohn Benny Zurbrügg. Die 44. Ausgabe ist seit Mitte März in vollem Gange und bietet einmal mehr keine Experimente, sondern gepflegte Sounds. «Grundsätzlich halten wir daran fest, ein echtes Jazzfestival zu bleiben und nicht stilistisch alles reinzupacken, was Verkaufspotenzial hat», erklärt Benny Zurbrügg. Was sich seit den Anfangstagen geändert habe, sei der Hauptaustragungsort, der 2003 vom Kursaal Bern in den deutlich intimeren Marians Jazzroom im Untergeschoss des Hotels Innere Enge verlegt worden sei. Dies unter dem Motto «back to the roots», schliesslich seien sowohl der Jazz als auch der Blues in Clubs entstanden. «Seither spielt jede Band bei uns ein bis zwei Konzerte pro Abend, was dem Publikum die Chance gibt, ihre Lieblingsband mehrmals erleben zu können.»

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Bettye LaVette

Bettye LaVette: lebenserfahren und spannungsreich

Das Konzept scheint aufzugehen, wie das diesjährige Beispiel von Bettye LaVette illustriert: Vier ihrer fünf Konzerte waren schon im Vorfeld ausverkauft. Und das nicht von ungefähr, wie ihr dritter Auftritt nahelegt: Begleitet von ihrer vierköpfigen Band führt die 73-jährige R’n’B- und Soulsängerin durch ihre seit 1962 erlebten Karrierehighlights. Dabei zeigt sie sich mal selbstironisch («In meinem Alter sollte man sich nicht mehr vornehmen, zwölf neue Dylan-Songs lernen zu wollen»), mal stolz: So erwähnt sie gleich mehrfach, dass sie bereits fünfmal für den wohl begehrtesten aller Musikpreise, den Grammy, nominiert worden sei. Die Stimme von Bettye LaVette, bürgerlich: Betty Jo Haskins, zeigt zwar ein paar Altersspuren, vermag aber immer noch durch Leidenschaft, Temperament und viel Selbstvertrauen zu bezirzen. Während die US-Amerikanerin die Dylan-Komposition Things Have Changed mit Verve, Blues und ihrer gesammelten Lebenserfahrung anreichert, bietet sie mit My Man – He’s A Lovin’ Man ein Stück, das sie bereits als 16-Jährige aufführte – ebenso knackigen wie unverblümten R’n’B. Der rund 80-minütige Auftritt, in dessen Rahmen LaVette auch beim Swamp-Rock (He Made A Woman Out Of Me) sowie beim Gospel (Close As I’ll Get To Heaven) vorbeischaut, ist dicht und derart spannungsreich, dass sich das Publikum zum Konzertschluss zu einer Standing Ovation animiert fühlt.

Jerron «Blind Boy» Paxton: authentisch und eindringlich

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Jerron Paxton

Eine Stunde später beginnt sich dann Jerron «Blind Boy» Paxton auf der Bühne von Marians Jazzroom einzurichten. Der 30-Jährige trägt Jeans-Latzhosen und erinnert ein wenig an einen Farmer von anno dazumal. Wozu auch seine Musik passt, die sich vorwiegend am akustischen Folk-Blues der frühen 1920er-Jahre orientiert. Die rund 50 Zuschauerinnen und Zuschauer bekommen zu hören, wie Paxton – der sein Augenlicht als Teenager fast vollständig einbüsste – dem Sound seiner aus Louisiana stammenden Vorfahren nachspürt und dabei auf grösstmögliche Authentizität bedacht ist. Besonders eindrücklich gelingt Ole Dog Blue, in welchem der Künstler über die Hungerjahre nach dem amerikanischen Sezessionskrieg berichtet, während derer eine Million Schwarzer umkamen. Das organische Zusammenwirken von Banjoklängen und Paxtons eindringlichem Gesang sorgt dabei für einen Höhepunkt. Dass der Event gleichwohl nicht ausverkauft sei, hänge damit zusammen, dass der Musiker leider noch nicht über den Bekanntheitsgrad einer Bettye LaVette verfüge, meint Festivalleiter Benny Zurbrügg. Er zeigt sich jedoch überzeugt, dass die abendlichen Doppelkonzerte wie dafür gemacht seien, die Popularität von Künstlern wie Paxton zu befördern.

Eddie Palmieri: vertrackt und elegant

Nach drei Festivalwochen sei es noch zu früh, ein Fazit zu ziehen, erklärt Zurbrügg. «Aber die bisherigen Konzerte waren sowohl künstlerisch als auch von den Besucherzahlen her ein voller Erfolg.» Für diese Sicht der Dinge spricht auch der Auftritt von Musiklegende Eddie Palmieri. Der 82-Jährige, der sich selbst nie als Jazzer, sondern als Vertreter des Latin Dance sah, benötigt unterdessen etwas Unterstützung, um zu seinem Flügel zu gelangen, aber: Der New Yorker mit puertoricanischen Wurzeln führt sein Afro-Carribean Jazz-Sextet mit unverändert sicherer Hand. Das Rampenlicht und die Soli überlässt er allerdings mehrheitlich dem Trompeter Jonathan Powell und dem Saxofonisten Louis Fouché, die für viel Zug und Druck sorgen. Obschon Palmieri Songs wie den Mambo Picadillo aus der Feder von Tito Puente oder Samba Do Suenho von Cal Tjader inzwischen eher untermalt als antreibt, besticht das Ergebnis durch Leichtfüssigkeit. Zu verdanken ist das nicht zuletzt seiner versierten Rhythmussektion, bestehend aus Vincente Rivero an den Congas, Luques Cortes am Kontrabass und dem Perkussionisten Camilo Molina. Das Trio versteht es, nonstop zwischen Vertracktem und Elegantem zu variieren – was für ein Feuerwerk aus mitreissenden Momenten sorgt.

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Eddie Palmieri und das Afro-Carribean Jazz-Sextet

Das 44. Internationale Jazzfestival Bern dauert noch bis zum 18. Mai.
 

www.jazzfestivalbern.ch
 

HKB-Absolvent gewinnt Orgelwettbewerb

Beim Wettbewerb der Stiftsmusik Stuttgart hat Samuel Cosandey, ein ehemaliger Orgelstudent der Hochschule der Künste Bern (HKB), den ersten Preis gewonnen. Er wird am 29. Juni um 10 Uhr in der Stiftskirche Stuttgart auftreten.

Samuel Cosandey (Bild: Olli Röckle)

Aus 44 Einsendungen hat die vierköpfige Jury laut der Mitteilung der HKB fünf Werke ausgezeichnet, Samuel Cosandey gewann mit «…Sommerzeit?» den 1. Preis in der Höhe von 1500 Euro. Die fünf Werke werden beim Preisträgerkonzert von Studierenden der Orgelklasse der Musikhochschule Stuttgart an der Mühleisen-Orgel uraufgeführt.

Samuel Cosandey hat an der HKB bei Daniel Glaus und Xavier Dayer im Master Specialized Music Performance Neue Musik studiert und im Juni 2018 mit Auszeichnung abgeschlossen.
 

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