Der Bärenreiter-Verlag schreibt einen Chorwettbewerb aus, bei dem es eine Auftragskomposition des schwedischen Komponisten Mårten Jansson zu gewinnen gibt.
Musikzeitung-Redaktion
- 18. Dez. 2017
Verkündigung. Englische Stickerei auf einem Bucheinband, 16. Jahrhundert (wikimedia commons),SMPV
Chöre, die sich beteiligen möchten, studieren Janssons Werk Maria IV (Bärenreiter BA 7412) ein, machen ein Video davon, laden es bei YouTube hoch und schicken den Link an wettbewerb@baerenreiter.com Einsendeschluss ist der 31. Oktober 2018. Eine internationale Jury von Chorexperten wird die Einsendungen sichten und die Gewinner bestimmen. Drei Preise werden vergeben:
1. Preis: Eine auf den siegreichen Chor zugeschnittene Komposition von Mårten Jansson mit der Möglichkeit der Uraufführung, dazu ein Notengutschein über 500 € 2. Preis: Notengutschein über 300 € 3. Preis: Notengutschein über 200 €
Mårten Jansson (*1965) hat sich in der geistlichen Chormusik einen Namen gemacht. Er war über zehn Jahre lang Leiter von Carmen, einem der bekanntesten Frauen-Vokalensembles in Schweden. Aus der Arbeit mit diesem Chor entstand die Anregung zu seinen frühen Kompositionen für Frauenchor: «Zu wissen, dass am nächsten Tage geprobt würde, was ich in der Nacht geschrieben habe, war ein starker Antrieb für mich. Andere Komponisten wären glücklich über eine solche Möglichkeit.»
Maria IV (Här är din himmel) für gemischten Chor (SATB) wurde vom Schwedischen Königshaus in Auftrag gegeben für das Fest der Verkündigung der Jungfrau Maria. Der Text stammt vom schwedischen Dichter Einar Askestad (Uraufführung am 17. März 2013). Die Musik beschreibt die Betrübnis Marias als Mutter eines Kindes, das nicht ihr, sondern der gesamten Menschheit gehört.
Suisseculture lehnt No-Billag klar ab
Suisseculture, der Dachverband der Schweizer Kulturschaffenden, lehnt die Initiative zur Abschaffung des Service Public in den Medien klar ab und fordert die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger auf, ein Nein in die Urne zu legen.
Musikzeitung-Redaktion
- 18. Dez. 2017
Foto: martingreffe/flickr.com
Die Annahme der Initiative würde nach Ansicht von Suisseculture nicht nur das Ende der Existenz aller SRG-Medien bedeuten, sondern auch zahlreicher lokaler Privatsender, welche dank Gebühren das regionale Kulturleben vermitteln und bereichern. Dieser Kahlschlag bedeute «einen direkten Angriff auf die Grundlagen unserer demokratischen und pluralistischen Gesellschaft».
Radio und Fernsehen stellten für das Kulturschaffen, so Suisseculture weiter, ein wichtiges Forum dar und sei «eine lebenswichtige Erwerbsquelle für Kulturschaffende, Künstlerinnen und Künstler aus allen Sparten und aus allen Sprachregionen der Schweiz». Kunst und Kultur seien auf unabhängige, nicht gewinnstrebende Medien, mit breiten Angeboten, wie sie die Medien der SRG bieten, angewiesen.
Das linke Ohr
Eine Ausstellung über den Basler Komponisten Jacques Wildberger in der Universitätsbibliothek Basel.
Thomas Meyer
- 15. Dez. 2017
Jacques Wildberger zirka 1950. Foto: zVg
Es gibt mehrerlei Widerstand: den heftigen, existenziellen, aber manchmal auch den genüsslichen. Der eine hilft den anderen ertragen. Beides kannte Jacques Wildberger (1922–2006); das Leben hatte es ihn wohl gelehrt. Da war zum einen sein politisches Engagement; er war Kommunist und seit 1944 Mitglied der PdA, verliess die Partei allerdings drei Jahre später schon wieder aus Protest gegen die stalinistischen Verbrechen. Das freilich war kein Grund für ihn, auch sein Engagement zu widerrufen – im Gegenteil. Der hellsichtige Wildberger war neben dem zwei Jahre jüngeren Klaus Huber das politische Gewissen in dieser Komponistengeneration. «Dagegen zu komponieren war und ist mein agita movens», schrieb er.
Er verfügte allerdings auch über eine spitzbübische Seite, etwa wenn er, der Avantgardist, im Gespräch sagte, er möge das 2. Rachmaninow-Konzert und Lehár habe doch eigentlich wunderbar instrumentiert. Überhaupt möge er Kitsch, wenn er gut gemacht sei. Das dürfte denn doch einige verblüfft haben. Mit einer gewissen Koketterie sagte er auch, er habe seinen Nachlass eben nicht wie viele seiner Basler Kollegen der Paul-Sacher-Stiftung, sondern der Universitätsbibliothek Basel übergeben.
Das Verhältnis zu Sacher nämlich war zwiespältig. Wenn dieser auch später seine Unterschrift unter die Urkunde setzte, als der Schweizerische Tonkünstlerverein Wildberger den Komponistenpreis verlieh, so dürfte er Wildberger doch ziemlich verärgert haben, damals 1954. Der Komponist hatte ihm seine Tre Mutazioni geschickt; der Mäzen sandte die Partitur «mit bestem Dank» zurück, bemerkte «interessante Klang- und Rhythmikexperimente» darin, fand das Stück aber «weder geistig ingeniös noch gefühlsmässig empfunden, sondern intellektuell errechnet», kurz: «kunstgewerbliche Spielerei». Schliesslich bat er Wildberger «mit den freundlichsten Grüssen» in diesem «ungeschminkten Urteil einen Beweis meines Vertrauens und meiner freundschaftlichen Gesinnung zu sehen».
Avantgardistisch und nicht avanciert genug
Solche Zusammenhänge werden nun in einer Ausstellung offensichtlich, die derzeit in der Universitätsbibliothek Basel zu sehen ist. Sie heisst Das linke Ohr, wurde von Michael Kunkel, dem Leiter der Forschungsabteilung an der Hochschule für Musik FHNW, kuratiert und entstand in der Zusammenarbeit mit der Universität Basel und der Schweizerischen Musikforschenden Gesellschaft. Man habe Wildberger nicht einfach ein Denkmal setzen wollen, sagte Kunkel bei der Vernissage. Lieber zeigt er ihn in seinen vielen, manchmal auch etwas widersprüchlichen Facetten, in zwölf Stationen – mit zahlreichen Partituren, Fotos, Audio- und Videodokumenten. Als besonderes Geschenk mag die auf dem Estrich wiedergefundene Bonbon-Schachtel mit Dokumenten gelten, die ebenfalls Eingang in die Ausstellung fand. Begleitet wird diese von mehreren Rahmenveranstaltungen, insbesondere einem Symposium Anfang März 2018.
Jacques Wildberger war, wie hier zu sehen ist, eine schillernde Persönlichkeit. Es lohnt sich, etwas Zeit zu investieren, die Dokumente zu studieren und in die Tonbeispiele hineinzuhören. Selbst Wildberger-Kenner dürfte manches überraschen, zum Beispiel das Eisler-nahe Kampflied Wir wollen zusammen marschieren, das er für das Basler Arbeiterkabarett «Scheinwerfer» komponierte, oder seine Auftritte als Dirigent des Zigeunerbarons, aber auch die Musik zum Armeedienstfilm Einer von Allen aus dem Jahr 1958.
Sein Weg war nicht einfach, weil er die Opposition suchte. Das wird ein Grund dafür gewesen sein, dass er beim Exilrussen Wladimir Vogel die Zwölftontechnik studierte. In der Schweizer Musikszene herrschte damals Neoklassizistisches vor. Figuren wie die Schönberg-Schüler Alfred Keller und Erich Schmid waren Aussenseiter. Ausnahmepersönlichkeiten wie Rolf Liebermann, Hermann Meier oder eben Wildberger suchten bei Vogel den Kontakt zur Dodekafonie. Ein Zwölftondogmatiker wurde er aber nicht; Wildberger ging eigenwillig damit um. Und dennoch geriet er zwischen die Zeitläufte: In der Schweiz galt er als Avantgardist, in Deutschland musste er feststellen, dass er als zu wenig avanciert galt. Er war nicht absolut modern: «Ich fühle mich durchaus nicht als Museumsdiener einer unanfechtbaren Vergangenheit, sondern ich bemühe mich, die Tradition lebendig zu erhalten durch Weitergehen und -forschen in unserer spannenden Gegenwart. Traditionell bin ich auch gerne insofern, als ich das Handwerk des ‹Komponierens› in Ehren halte.» Und deshalb war er so frei, einige seiner wichtigsten Radiosendungen und Publikationen der Musik Dmitri Schostakowitschs zu widmen.
Solche Eigenwilligkeit muss sich erst einmal durchsetzen, auch wenn man aus gutem, humanistisch geprägtem Basler Bürgertum stammt. Dass ihm Sacher nie einen Auftrag erteilte, verhinderte schliesslich nicht, dass Wildberger eine anerkannte Persönlichkeit nicht nur des Basler Musiklebens wurde und an der Musik-Akademie unterrichtete. Seine Position blieb prononciert links.
Dir, der Du mich nie gekannt
Die Kammeroper «Der Traum von Dir» von Xavier Dayer wurde am Zürcher Opernhaus uraufgeführt.
Musikzeitung-Redaktion
- 14. Dez. 2017
Foto: T+T Fotografie – Tanja Dorendorf
Wer schreibt da? Geräusche eines Bleistifts auf Papier! Aha, Literarizität – oder Briefe! Vielleicht sogar versteckte Mikrogramme. Nicht zum ersten Mal im Musiktheater. Welcher Kollege hatte doch einst versprochen, einmal einen Aufsatz über das Briefeschreiben in der Oper zu schreiben? Denn es handelt sich da um einen heiklen Moment der Zeitdramaturgie: Entweder passiert es unrealistisch rasch oder es hält den Zeitfluss an. In diesem Fall freilich nicht, denn das Schreiben wird zum tragenden Element des Ganzen. Es ist nicht der Dichter, der sich da, wie wir sehen, mit seinem Notizbüchlein auf einer Bank niedergelassen hat. Die wir schreiben hören, es ist eine Frau, abwesend für den Dichter, anwesend für uns in dreifaltiger Gestalt. Sie betet ihn von ferne an und schreibt ihm diesen Brief, den Brief einer Unbekannten, wie die Novelle von Stefan Zweig heisst.
Claus Spahn, der Chefdramaturg der Zürcher Oper, hat diesen Text zu einem kurzen, fast lakonischen Libretto kondensiert; Xavier Dayer, aus Genf stammend und heute Kompositionslehrer an der Hochschule der Künste Bern, hat die Musik komponiert – parallel übrigens zu einer zweiten Kammeroper, die auf ganz andere Weise von Erinnerung und Vergessen handelt: Alzheim wurde am gleichen Wochenende von Konzert Theater Bern uraufgeführt. Es sind die Kammeropern Nr. 6 und 7 in Dayers Œuvre. Er könne sich zwar durchaus vorstellen, einmal etwas für die grosse Bühne zu schreiben, sagt er im MAG des Opernhauses, aber es seien die inneren, die feinstofflichen Welten, die ihn interessieren. «Ich habe Lust, das Innenleben von Figuren in den Blick zu nehmen.»
Das gelingt ihm hier auf eindrückliche Weise: Der angebetete Dichter (Cody Quattlebaum) ist eigentlich nur ein Katalysator und gewinnt selber wenig Charakter. Die Figur der «Unbekannten» jedoch ist so reich und vielfältig, dass sie auf drei Sängerinnen verteilt wird (Soyoung Lee, Haminda Kristoffersen, Kismara Pessatti); sie sind in Stimme und Erscheinung so verschieden, dass sie die drei Lebensalter des Mädchens, der jungen Frau und der zum Tode bereiten Mutter darstellen können. Die Unbekannte lernte den Dichter mit dreizehn kennen, hatte später eine Nacht und daher ein Kind mit ihm, von dem er nie erfuhr, und wird schliesslich nach dem Tod ihres Sohns sterben. Aber noch schreibt sie diesen Brief, in dem sie dem Dichter alles erzählt.
Ins Innere treiben und verharren
Bleistiftgeräusche also am Anfang, zarte Klavier- und Perkussionsklänge. «Dir, der Du mich nie gekannt» beginnt die dritte Frauenstimme. Die anderen mischen sich hinein; das Atmen wird deutlich. Erst mit dem Satz «In mir wuchs der Traum von Dir» hebt die eine Singstimme ab – und der Ensembleklang, diese ferne Musik, beginnt aufzublühen. Zwischen Sprechen und Singen bewegt sich die dreifache Unbekannte. Sie folgt ihren Träumen, ihren Begegnungen, und wir erlangen nie die Gewissheit, ob sie alles nur herbeisehnt und fantasiert oder ob sie etwas davon erlebt. Es bleibt zweitrangig, denn es geht ja um das Innenleben dieser Frau. Dafür entwickelt Dayer eine ungemein subtile Klangsprache, präzis im Instrumentalsextett (das Ensemble Opera Nova unter Michael Richter in der längst zum Standard gewordenen Pierrot-Besetzung plus Schlagzeug), sehr kantabel im Gesang (ja, Dayer kann für Stimmen schreiben), melodiös und expressiv, manchmal in einer madrigalesken Vielstimmigkeit. Das hilft uns, in die Person einzutauchen. Die Texte sind so verknappt, dass sie fast nur andeuten. Dayer weitet sie durch Wiederholungen und Variationen wieder aus, spiralförmig und in den besten Momenten sogartig. Die Unbekannte treibt gleichsam in ihr Inneres. Das Bühnenbild von Barbara Pfyffer zeigt denn auch eine Art Achterbahn, auf der die Gefühle ins Strudeln geraten. Nina Russi hat das Stück sehr dezent und unspektakulär in Szene gesetzt.
So führt Der Traum von Dir durch die nahezu siebzig Minuten, durchaus intensiv, wenngleich es schliesslich doch etwas zu wenig ins Traumhafte abhebt bzw. in dessen Abgründe hinabweist. An jenem Punkt, wenn das Trockeneis auf die Studiobühne strömt und alles noch irrealer werden könnte, verharren Text und Gesang bei den Vorwürfen an den von ferne Geliebten. An diesem Punkt stockt auch die emotionale Dramaturgie des Stücks, kommt sie nicht weiter. Das «Ich, ich, ich»-Gestammel am Schluss, das Verharren auf einem repetierten Ton sind eher Behauptungen einer psychischen Gebrochenheit, als dass sie nochmals eine Ebene tiefer führen würden. Wer will, mag das freilich auch als Ausweglosigkeit einer in sich verlorenen Person deuten …
PS: Uraufführung von Der Traum von Dir war am 2. Dezember auf der Studiobühne des Opernhauses Zürich. Es gab insgesamt nur vier Darbietungen bis 9. Dezember. Die Zürcher Oper hat weitere Kammeropern für das Ensemble Opera Nova in Auftrag gegeben.
Bildlegende Die Unbekannten I, II, III: Soyoung Lee, Kismara Pessatti, Hamida Kristoffersen; der Schriftsteller: Cody Quattlebaum
Foto: T+T Fotografie – Tanja Dorendorf
Soltani ist Credit Suisse Young Artist 2018
Der Cellist Kian Soltani wird mit dem mit 75ʼ000 Franken hochdotierten Credit Suisse Young Artist Award ausgezeichnet. Der mit dem Lucerne Festival eng verbundene Preis wird 2018 zum zehnten Mal verliehen.
Musikzeitung-Redaktion
- 13. Dez. 2017
Kian Soltani (Bild: zVg)
Der Cellist Kian Soltani stammt aus einer persischen Musikerfamilie. Er wurde 1992 im österreichischen Bregenz geboren und begann im Alter von zwölf Jahren sein Cellostudium bei Ivan Monighetti an der Musik-Akademie Basel. Überdies nahm er an Meisterkursen unter anderem von Sol Gabetta, und Jens Peter Maintz teil und schloss sein Studium als «Junger Solist» bei Frans Helmerson an der Kronberg Academy ab.
2015 und 2017 trat Kian Soltani als Solocellist mit dem West-Eastern Divan Orchestra unter Leitung von Daniel Barenboim bei Lucerne Festival auf. Der Preis beinhaltet ein Konzert mit den Wiener Philharmonikern im Rahmen des Sommer-Festivals. Dieses findet am 8. September 2018 unter der Leitung von Franz Welser-Möst im Konzertsaal des KKL Luzern statt.
Der Credit Suisse Young Artist Award ist eine Initiative von Lucerne Festival, den Wiener Philharmonikern, der Gesellschaft für Musikfreunde Wien sowie der Credit Suisse Foundation. Herausragende junge Musikerpersönlichkeiten erhalten den Preis für ausserordentliche Leistungen. Die Preisträger erhalten Mittel und eine Auftrittsmöglichkeit im Rahmen von Lucerne Festival. Der Preis wird alle zwei Jahre vergeben (alternierend mit dem Prix Credit Suisse Jeunes Solistes zur Förderung hochbegabter junger Musikerinnen und Musiker in der Schweiz).
Am Anfang war der Käse
Seit sechzehn Jahren serviert die Zürcher JazzBaragge ihre wöchentlichen Livesessions. Jetzt präsentiert sie sich der ganzen Welt mit einem neuen Gesicht.
Musikzeitung-Redaktion
- 13. Dez. 2017
Foto: JazzBaragge
Jeden Mittwochabend verschwindet das Auditorium des Jazzclubs Moods in Zürich hinter einem schwarzen Vorhang. Davor wird ein Teppich ausgerollt und darauf kommen die Instrumente, die wie ein roter Faden durchs Programm führen: Klavier (dann und wann Gitarre), Kontrabass und Schlagzeug. Die Stimmung eines Raumes ist die wichtigste Voraussetzung für eine wohltemperierte Jamsession. Und hier stimmt sie – unterstützt von einer wohlbestückten Bar – ohne Zweifel. Der Raum wirkt intim genug, um das Gefühl zu vermitteln, man bewege sich unter lauter Freundinnen und Freunden. Aber er ist auch gross genug für ein Publikum, dessen Applaus nicht klingt wie ein gerupftes Huhn: «Wenn wir 150 Leute haben, sind wir gerappelt voll», meint Dave Feusi, ein Mitbegründer und Präsident der JazzBaragge: «Und letzte Woche hatten wir das.»
Seit Februar 2016 ist die vom Verein JazzBaragge organisierte Livesession im Moods daheim. Jetzt fühlt man sich wohl genug, dass man sich der Welt präsentieren kann. Dank einer eleganten neuen Homepage dauert die Reise zur JazzBaragge nur noch so lang wie ein Mausklick. Der Eintritt ist so erst noch frei. Jede Session wird in voller Länge live gestreamt und Teile davon archiviert. Davor, dass Jazzfans künftig lieber zu Hause hocken, um den Abend am Computer mitzuverfolgen, braucht niemand Angst zu haben. Dank der erstklassigen Bild- und Soundqualität bekommt man zwar den Eindruck, dass hier viel Gutes passiere. Aber man spürt auch, dass dieses Gute viel besser wäre, wenn man selber dabei wäre. «Es ist, wie wenn man Platten mit experimenteller Musik bekommt», sagt Vorstandsmitglied Nicole Johänntgen: «Es ist ein Teaser. Man weiss, dass man live dabei sein muss, um die Musik richtig zu erleben.»
Auf der Suche nach dem passenden Club
Nach einem Fehlstart im Jahr 1999 stiessen Dave Feusi und Peewee Windmüller auf die Chäsbaragge in der Brunau. Hier wurde vom Donnerstag bis am Sonntag Fondue serviert, während dem Rest der Woche stand der Laden leer. Der Ort war ideal für die idealistischen Pläne der beiden Initianten, und so gründeten sie im Januar 2001 die «JazzBaragge». Am Anfang programmierten sie am Montag und Dienstag Bands und luden am Mittwoch Musiker zur Jamsession ein. Die Bands zogen nicht. So blieb noch der Jam. Knapp ein Jahr hielt man es aus in der dampfenden Käseglocke. Dann wurde auch hier das Geld knapp.
Auf der Suche nach neuen Synergien trat die Jazzschule Zürich auf den Plan. Diese führte an der Waldmannstrasse 12 ihren eigenen Klub, und hier quartierte sich nun auch die JazzBaragge ein. Die Verbindung hielt vierzehn Jahre lang – bis die Jazzschule zur Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) ins Toni-Areal zog. Der Versuch, die JazzBaragge im neuen Musikklub Mehrspur der ZHdK anzusiedeln, schlug fehl: «Der neue Klub sah schon auf den Plänen gross und kalt aus», sagt Feusi. «Einen Jam kann man nicht vor 500 Leuten machen.» Da traf die willkommene Einladung vom Moods ein. «Ganz wichtig war uns, dass es niemandem darum ging, Geld zu machen», sagt Feusi. «Es geht einzig und allein darum, Musikerinnen und Musiker zusammenzubringen und Jungen die Möglichkeit zu geben, Kontakte zu schaffen und ihr Metier zu erlernen.»
Der Sound geht um die Welt
Die Umbauzeit im Moods war ideal für die Akklimatisierung der JazzBaragge. Rundum herrschte Aufbruchstimmung, dazu passte es, dass der Mittwochabend sich erst an die neue Umgebung gewöhnen musste. Dabei taten sich dank der neuen audiovisuellen Möglichkeiten des Moods gänzlich neue Perspektiven auf. Allerdings ist es nicht das erste Mal, dass die Jamsessions live gestreamt werden. Zehn Jahre früher schon hatte der in Frankreich gestartete und in Engelberg weitergeführte Digital Broadcast Channel (DBC-TV) Kameras in der JazzBaragge aufgestellt. Und weil der Firmengründer ein grosser Fan der Alternativ-Spielwelt Second Life war, hatte die Session dort sogar ihr permanentes Digital-Zuhause. Natürlich ist die Bild- und Klangqualität heute im Moods ungleich besser. «Wir mussten zuerst noch ausprobieren», sagt Feusi. «Bald merkten wir, dass zu viele Mikrofone und Kameras herumstanden. Sie störten die Zuschauer und lenkten die Musiker ab. Jetzt sind es nur noch zwei Overheads, dazu der Sennheiser-Kopf und Mics für Bass und Klavier, manchmal Gitarre. Das funktioniert gut. Es gibt einen authentischen Klang. Man hört alles, aber es ist keine Studioaufnahme.» So geht der Sound der JazzBaragge nun wieder um die ganze Welt. Vorläufig aber sind die Ziele noch nicht so weit gesteckt. «Wir konzentrieren uns noch auf die Schweiz», erklärt Johänntgen. «Es geht uns darum, den Austausch unter den Musikern zu fördern, sie vielleicht zu animieren, ähnliche Sessions einzurichten. Das ist schon genug Arbeit. Aber es erscheinen schon jetzt manchmal Musikerinnen und Musiker aus Deutschland, Frankreich und anderen Ländern. Letzte Woche war einer aus Palermo da, der hatte auch schon von uns gehört.»
Die Technologie ist brandneu, das Konzept seit sechzehn Jahren unverändert. Ein Basis-Trio spielt ein Set, das 30 bis 45 Minuten dauert. Dann wird die Session eröffnet. Alle dürfen mitmachen. «Jeder muss selber erkennen, was er sich zutrauen kann», sagt Feusi. Damit die Dynamik frisch bleibt, wird das ebenfalls speziell für diese Veranstaltung zusammengestellte Kerntrio alle zwei Wochen ausgewechselt: «Nichts darf zur Gewohnheit verkommen», erklärt Feusi, «sonst ist die Session tot.»
Der Rundfunkrat des Bayerischen Rundfunks hat nach Protesten entschieden, dass das bayerische Klassikradio BR-Klassik weiterhin auf UKW zu empfangen sein wird. 2014 hatte der BR für 2018 einen Frequenztausch mit dem Jugendkanal Puls und damit eine Migration auf DAB+ angekündigt.
Musikzeitung-Redaktion
- 13. Dez. 2017
Der Deutsche Musikrat ist mit dem Entscheid zufrieden. Mit dieser Lösung sei sichergestellt, dass das «hervorragende Programm von BR-Klassik für alle Bevölkerungsschichten analog und digital zu empfangen ist».
Hintergrund der Entscheidung ist ein im Vergleich zu 2014 deutlich verändertes Umfeld: Bayern 3 Marktführer bei 20-29-Jährigen in Bayern: Als die Entscheidung 2014 getroffen wurde, statt BR-Klassik künftig Puls über UKW zu senden, drohte ein Generationenabriss über die Programmpalette des BR hinweg.
Heute sei es dagegen gelungen, mit Bayern 3 in der Zielgruppe der 20- bis 29-Jährigen in Bayern Marktführer zu werden – und dies, dank der konsequenten Neuausrichtung der Wellen Bayern 1 und Bayern 3, die 2015 eingeleitet wurde und Bayern 3 in der musikalischen Ausrichtung und Ansprache wesentlich jünger gemacht habe.
Damit bleibt der UKW-Bereich für das Klassikpublikum erhalten, von dem bedeutende Teile den Umstieg auf digitales Radio noch noch vollzogen haben.
Isa Wiss in Luzern ausgezeichnet
Zum dritten Mal vergibt der Verein Jazz Schule Luzern, der den Grundstein für die Jazzausbildung an der Hochschule Luzern legte, einen Preis. Die mit 10ʼ000 Franken dotierte Auszeichnung geht in diesem Jahr an die Stimmkünstlerin und Improvisatorin Isa Wiss.
Musikzeitung-Redaktion
- 12. Dez. 2017
Isa Wiss (Foto: Francesca Pfeffer)
Die 1978 geborene Isa Wiss schloss 2005 an der Hochschule Luzern mit dem Master in Musikpädagogik ab. Seit einigen Jahren hat sich ihr kreativer Fokus verstärkt auf Bühnen- und musikalisch-literarische Projekte gerichtet.
Isa Wiss ist Mitbegründerin des Mullbaus, dem Raum für improvisierte Musik. Bei den migma Performancetagen Luzern war sie bis 2017 als Kuratorin tätig. Zudem leistet sie mit spezifischen Projekten für Kinder Vermittlungsarbeit. Der Jazzpreis Luzern 2017 wird ihr am Montag, 18. Dezember in der Jazzkantine Luzern überreicht.
Der Jazzpreis Luzern wird alle zwei bis drei Jahre an ein innovatives und kreatives Projekt, eine Organisation, ein Label, eine Band oder eine Einzelmusikerin beziehungsweise einen Einzelmusiker mit Bezug zur Region Luzern verliehen. Die bisherigen Preisträger waren das Jazz Festival Willisau (2012) und das Fischermanns Orchestra (2014).
Ein «eigener» Sitz im Kammermusiksaal
In drei Jahren wird der Neubau des Departements Musik der Hochschule Luzern in Kriens eröffnet. Ein Leitstern des Gebäudes ist der Kammermusiksaal. Um die Vision eines qualitativ hochstehenden und professionellen Konzertsaals umsetzen zu können, ist die Hochschule auf zusätzliche finanzielle Mittel angewiesen. Zu diesem Zweck lanciert sie eine Stuhlpatenschaft für Privatpersonen und Unternehmen.
Der «Salquin Saal» im Neubau des Departements Musik der Hochschule Luzern verspricht punkto Akustik und Klangerlebnis neue Massstäbe in der Kulturszene der Zentralschweiz zu setzen. In dem Saal, der nach Hedy Salquin aus Kriens, der ersten Schweizer Orchesterdirigentin, Pianistin, Kammermusikerin und Komponistin benannt ist, finden rund 300 Personen Platz. Publikum, Konzertveranstalter und Kulturschaffende aus der ganzen Region sollen darin kleinere Musikproduktionen aller Sparten geniessen können. «Um diese Vision zu verwirklichen, ist die Hochschule Luzern bei der Finanzierung der Innenausstattung allerdings auf private Partner und Sponsoren angewiesen», sagt Michael Kaufmann, Direktor des Departements Musik. Ziel sei es, etwa zehn Prozent der Finanzierung der Innenausstattung durch Stuhlpatenschaften zu gewährleisten. Der restliche Betrag wird durch Spenden von Mäzenen, Stiftungen und aus der Privatwirtschaft abgedeckt.
Mit der nun lancierten Aktion «Stuhlpatenschaft» erhalten Privatpersonen und Unternehmen die Möglichkeit, im Kammermusiksaal einen oder mehrere Stühle zu «kaufen» und mit einer individuellen Beschriftung in Form einer Plakette zu versehen. «Das dient aber nicht nur dem guten Zweck. Unsere Stuhlpatinnen und -paten schaffen sich gleichzeitig eine bleibende Erinnerung und erhalten attraktive Gegenleistungen», führt Michael Kaufmann aus. Erhältlich ist die Patenschaft in drei Kategorien, für 300 Franken, 750 Franken und 1000 Franken. Als Dank profitieren Paten und Patinnen – je nach gewählter Kategorie – von besonderen Benefits, beispielsweise von Gratis-Konzertkarten oder einer Einladung zur grossen Eröffnungsfeier im Jahr 2020.
Bezug im Sommer 2020 In Kriens entsteht derzeit das neue Gebäude des Departements Musik der Hochschule Luzern. Der Bezugstermin, ursprünglich für 2019 vorgesehen, wurde aus technischen Gründen auf Sommer 2020 gesetzt. Unerwartete bauliche Massnahmen sowie das nasskalte Wetter Anfang Jahr haben zum Verzug geführt. Die Festlegung der Inbetriebnahme zum Studienjahr 2020/21 stellt sicher, dass die Termin- und Kostenrisiken minimal ausfallen und die Bauqualität gewährleistet bleibt.
Text und Bild dieses Eintrags entsprechen der Mitteilung, die von der Hochschule Luzern – Musik am 7. Dezember 2017 an die Medien verschickt wurden.
Furrer Mitglied des Österreichischen Kunstsenats
Der in Schaffhausen geborene Komponist Beat Furrer ist zum Mitglied des Österreichischen Kunstsenats ernannt worden.
Musikzeitung-Redaktion
- 11. Dez. 2017
Beat Furrer (Copyright: Beat Furrer)
2014 wurde der 1954 im schweizerischen Schaffhausen geborene Komponist, der seit Langem in Österreich lebt, laut der Mitteilung des Bärenreiter Verlages mit dem Grossen Österreichischen Staatspreis ausgezeichnet, was die Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Kunstsenat ist.
Die Aufgabe des 1954 gegründeten Österreichischen Kunstsenats besteht darin, die Anliegen der Kunst in der Öffentlichkeit zu vertreten und die öffentlichen Stellen in wichtigen Fragen der Kunst zu beraten. Beat Furrer folgt der Schriftstellerin Ilse Aichinger nach, die im November 2016 verstorben war.
Brechts Churer Regiestuhl in Zürich
Die «Dreigroschenoper» wird zurzeit im Schauspielhaus Zürich gespielt. Parallel dazu kann im Hotel Ambassador noch bis Ende Jahr ein Sessel bestaunt werden, der Brecht 1948 während der Inszenierung seiner Bearbeitung von Sophokles’ «Antigone» als Regiestuhl gedient hat.
Musikzeitung-Redaktion
- 11. Dez. 2017
Brechts Regiestuhl im Hotel Ambassador. Foto: zVg,SMPV
Bertolt Brecht (189 –1956) ist einer der bedeutendsten deutschen Dichter und Theatermacher des 20. Jahrhunderts. Von 1947 bis 1949 lebte er in Zürich und insgesamt fünf seiner Stücke wurden in der Schweiz uraufgeführt. Mutter Courage und ihre Kinder (1941), Der gute Mensch von Sezuan (1943), Galileo Galilei (die dänische Fassung, 1943), Herr Puntila und sein Knecht Matti (1948) am Zürcher Schauspielhaus und die Antigone des Sophokles (1948) in Chur. Am damaligen Stadttheater im Churer Rätushof unter der legendären Theaterdirektion von Hans Curjel führte Brecht bei der Aufführung seiner Antigone selbst Regie. Die Probenarbeiten hatten Anfang Januar 1948 begonnen. Die Welturaufführung des Stücks erfolgte am 15. Februar 1948 unter grossem Medienaufgebot und mit viel Aufregung um den umtriebigen Weltstar der Literatur.
Nun gibt es den originalen Churer Regiestuhl von Brecht bis Ende Jahr im Kulturhotel Ambassador à l’Opera zu sehen. Und während dieser Zeit wird an der Hotelbar Bertolt Brechts Leibspeise serviert: Schnittlauchbrot!
Die Hochschule der Künste Bern führte von 14. bis 18. November eine Studienwoche zum Themenkreis «Komposition und Direktion für Blasorchester» durch.
Oliver Waespi und Theo Martin
- 11. Dez. 2017
Komponisten und Dirigenten der Studienwoche. Foto: zVg
Komponieren ist so spannend wie anspruchsvoll: Von einer ungeformten Idee zur Aufführung einer Komposition vor Publikum führt ein komplexer Weg. Die innere Auseinandersetzung mit eigenen Visionen muss die Komponistin oder der Komponist alleine führen. Wenn es aber darum geht, Musik auch tatsächlich mit Dirigentinnen und Musikern zu realisieren, sind praktische Erfahrungen mit Orchestern entscheidend. Dabei stellen sich viele Fragen: Welche Möglichkeiten der Notation gibt es, welches sind ihre Vor- und Nachteile, wie vermeidet man Missverständnisse? Welche Widerstände, praktischen Schwierigkeiten, aber auch neuen Perspektiven zeigen sich? Wie kann eine Komposition akustisch optimal in den Konzertsaal projiziert werden? Wie vielseitig und leistungsfähig ist das Medium «Blasorchester»?
Solche Fragen ging die Hochschule der Künste Bern (HKB) mit der Studienwoche Komposition und Direktion für Blasorchester an (14. bis 18. November 2017). Ebenso wurden im konzentrierten Meisterkurs (Projektleitung Rolf Schumacher) Komponierende mit Master-Studierenden im Bereich Blasorchesterleitung vernetzt.
Grosse stilistische Bandbreite
Die Arbeit an den neuen Stücken begann für die Komponisten bereits vor der Studienwoche, ebenso der Austausch mit dem Dozenten für Komposition, Oliver Waespi. Die stilistische Bandbreite und Qualität der entstehenden Komposition übertraf die Erwartungen deutlich: Festzustellen waren Einflüsse aus dem Jazz, der Filmmusik, der klassischen und traditionellen Bläsermusik wie auch der zeitgenössischen Musik. So war eine höchst anregende Studienwoche zu erwarten.
Diese begann zunächst mit einem Inputreferat, insbesondere über den Aufbau und die Ästhetik des sinfonischen Blasorchesters, sowie intensivem Einzelunterricht. Verschiedene Teilnehmer arbeiteten sehr lange an ihren Kompositionsentwürfen weiter. Teilweise erst morgens um 3 Uhr wurden den Dozenten neue Skizzen übermittelt.
Gegenseitige Anregungen
Anschliessend galt es, die Entwürfe in eine aufführungsreife Form zu bringen und brauchbares Notenmaterial herzustellen. Zudem trafen die Komponierenden zum ersten Mal mit jenen Studierenden zusammen, die ihre Werke aufführen würden. Dadurch ergab sich ein wertvoller Austausch. Darauf folgte die erste ganztägige Probesession mit dem Sinfonischen Blasorchester des Schweizerischen Armeespiels. Zunächst wurden die zwei Werke für Kammerensemble geprobt: Michel Byland deutete in seinem Stück «Die erzürnten Elfen» ein Märchen der Gebrüder Grimm aus, während Pascal Gendre in seiner «Suite Nr. 1» gewissen Ästhetiken der Kammermusik für Bläser im 20. Jahrhundert nachforschte und dabei eine reiche, persönliche Ausdruckspalette entwickelte.
Dann kamen sechs Stücke für sinfonisches Blasorchester auf die Notenpulte, darunter gewisse buchstäblich erst ein, zwei Stunden vor der Probe. Michael Künstles «On the Pulse of Time» enthielt für moderne Filmmusik typische Pulsformen, Melodielinien und Klangfarben, während Tobias Fasshauer in «Invenzione alla Minuetto» ein Menuett einer zeitgenössischen Deutung unterwarf, gleichzeitig dekonstruierte und mit persönlicher Handschrift neu zusammensetzte. Anton Vinogradov erklärte sein Stück «Music op. 16a» zur Hommage an Alfred Schnittke und liess fein gezeichneten, aleatorisch notierten Gesten der Holzbläser – die das Bild eines imaginären, geheimnisvollen Dialogs evozierten – ein erschütterndes Prozessional im ganzen Orchester folgen. «Genealogy» von Timmy Schenk wiederum steht in einer spektralistischen Tradition, in der das harmonische Material aus den Obertonbestandteilen gewisser Grundklänge abgeleitet wird; hier galt es für das Orchester, einen möglichst kontrollierten Klangausgleich zu entwickeln. David Carillos Klangfarbenstück «Translucency» lebte von der Spannung zwischen Licht und Schatten, ausgehend von der Filterung, der Licht unterworfen ist, wenn es durch lichtdurchlässige Materien scheint. Loris Knüsel schliesslich brachte in «Ode an den Traktor» einen Marsch gewissermassen auf Abwege und inszenierte ihn auf originelle und formal konzentrierte Weise neu.
Interpretation als nächster Schritt
Aufgrund dieser Erfahrungen wurden gewisse Stücke überarbeitet, worauf ein weiterer intensiver Probetag folgte, nunmehr, unter der Anleitung von Philippe Bach, stärker auf Aspekte der Probenmethodik fokussiert. Bach wird übrigens als Nachfolger von Ludwig Wicki ab Frühjahr 2018 an der HKB als Gastdozent wirken. Die neuen Werke wurden durch Dirigier-Studenten Loïc Bera, Jonas Danuser, Isabelle Gschwend und Stefan Popp geprobt und am Abschlusskonzert dirigiert. Sie alle – wie auch das Armeespiel – bewiesen dabei grosse Flexibilität und Durchhaltevermögen, mussten sie doch in den komplexen Proben gleichzeitig den Ideen der Komponisten gerecht werden, Inputs der Dozierenden entgegennehmen und dabei eine persönliche Interpretation entwickeln.
Alle haben diese Aufgabe bravourös gemeistert, wie das Abschlusskonzert der Studienwoche in Kriens zeigte. Hier war nochmals die grosse Vielfalt an Kompositions- und Dirigierstilen zu hören. Letztlich wird sich vielleicht nicht jedes Werk durchsetzen. Zur Weiterentwicklung der Musikgeschichte gehören aber immer auch Umwege. Wer – wie das interessierte Publikum im Südpol – die Uraufführungen mit wachem Geist und offenen Ohren verfolgte, erhielt äusserst spannende Einblicke.
Ein Kompetenzzentrum
Damit bekräftigt die HKB ihre Stellung als führender «Hub» im Bereich der zeitgenössischen Bläsermusik, als Ausbildungszentrum für angehende Dirigenten im Spannungsfeld zwischen Tradition, Gegenwart und Zukunft des bläserischen Musizierens. Dies wird auch durch die letztjährige Schaffung eines neuen Master-Kernfachs «Komposition Harmonie und Brass Band» unterstrichen.
Auf Herbst 2018 hin können neue Anmeldungen für den Master in Komposition für Harmonie und Brass Band innerhalb der Vertiefungen von Composition&Theory an der Hochschule der Künste Bern eingereicht werden. Dieser vermutlich europaweit einzigartige Ausbildungsgang ergänzt die bisherigen Master-Vertiefungen der HKB.
Als Hauptdozierender wirkt der mehrfach ausgezeichnete Schweizer Komponist Oliver Waespi, dessen Anliegen es ist, das Komponieren für Bläserbesetzungen in einen weiteren ästhetischen Kontext zu betten.
Der Master dauert vier Semester. Nebst dem Kernfach sind die künstlerische Praxis, Theorie und Forschung, individuelle Seminare und Vorlesungen im Wahlbereich sowie die abschliessende Master-Thesis und die Verbindung zur Masterausbildung für Blasmusikdirektion (Leitung: Rolf Schumacher) wichtig.
Anmeldeschluss ist der 15. März 2018, Studienbeginn ist im September 2018.
Kontakt: Xavier Dayer, Studiengangsleiter Master of Arts in Composition & Theory
E-Mail: xavier.dayer@hkb.bfh.ch
Tel.: +41 31 848 39 84 www.hkb.bfh.ch/de/studium/master/mact
Deutschlandweit einzigartige Orchesterakademie
Die vom Schweizer Saxophonisten Rico Gubler präsidierte Musikhochschule Lübeck hat zusammen mit dem Theater Lübeck als Kooperationsmodell eine für Deutschland neuartige Orchesterakademie entwickelt.
PM/Codex flores
- 08. Dez. 2017
Akademisten der neuen Lübecker Orchesterakademie (Namen s. unten) Bild: Christine Rudolf
Die neue Lübecker Orchesterakademie ist im Herbst 2017 gestartet. Ihre Besonderheit ist das Zusammenwirken der beiden Institutionen, die die Studierenden gemeinsam betreuen, während andere Orchesterakademien in der Regel nur an das Berufsorchester angegliedert sind.
Eine Verknüpfung mit der Ausbildung an einer Musikhochschule in Form eines Dreistufenmodells ist in Deutschland einzigartig. Seit September wirken die ersten Akademisten in den Konzerten und Opern des Theaters mit. Ziel ist eine bessere Verzahnung von Ausbildung und Beruf, die sich immer mehr intensiviert. Für jede Stufe müssen die Studierenden die Hürde eines Vorspiels meistern.
Rund 40 junge Musikerinnen und Musiker stellten sich der Auswahljury vor, 20 von ihnen wurden bisher in die Orchesterakademie aufgenommen. Das Projekt, bei dem die Studierenden Pauschalhonorare für ihren Einsatz erhalten, wird von beiden Institutionen mit Unterstützung der Possehl-Stiftung Lübeck finanziert.
Orchester können ihre Auswahl unter den besten Studierenden der international renommierten Musikhochschulen treffen. Auf eine Orchesterstelle bewerben sich bei den Lübecker Philharmonikern je nach Instrument rund 60 bis 100 junge Musikerinnen und Musiker. Eine exzellente Beherrschung des Instrumentes und grosse musikalische Flexibilität wird erwartet. Die Nachwuchsmusiker sollen sich integrieren und ein umfassendes Repertoire für ihren Berufsbeginn erarbeiten.
Akademisten der neuen Lübecker Orchesterakademie (v.l n.r): Caroline Spengler (Viola), Holger Roese (Schlagzeug), Julia Puls (Klarinette), Caroline Lüer (Violine). Bild: Christine Rudolf
Bachs geistliches Vokalwerk
Die vollständige Neuedition, die der Carus-Verlag Stuttgart in Zusammenarbeit mit dem Bach-Archiv Leipzig erarbeitet hat, umfasst 23 Bände in 3 Schubern.
Musikzeitung-Redaktion
- 07. Dez. 2017
Bach-Denkmal vor der Leipziger Thomas-Kirche. Foto: Gabriella Alu’/flickr.com,SMPV
Ab sofort gilt: Zu allen Motetten, Messen, Passionen, Oratorien und den gut 200 geistlichen Kantaten des Thomaskantors ist Notenmaterial für Chor und Orchester auf dem aktuellen Stand der Forschung erhältlich. Im Bereich der geistlichen Vokalmusik waren viele Werke letztmalig vor 50 und mehr Jahren ediert worden, noch dazu meist ohne Aufführungsmaterial.
Das geistliche Vokalwerk ist Teil der Stuttgarter Bach-Ausgabe. Carus hat grossen Wert auf die wissenschaftliche Neuedition der Noten gelegt. Die Ausgaben haben jedoch stets die Aufführung im Blick. Konsequent wurden zu allen Werken Partituren, Klavierauszüge, Chorpartituren und Orchestermaterial vorgelegt. Dirigenten, Sänger und Instrumentalisten mussten bislang auf Material aus dem 19. Jahrhundert zurückgreifen, das den heutigen Ansprüchen an eine historisch-informierte Aufführung nicht gerecht wurde. Viele der auf neuesten Erkenntnissen beruhenden Änderungen im Notentext sind durchaus hörbar und von führenden Bach-Interpreten, u.a. Frieder Bernius, Hans-Christoph Rademann und Masaaki Suzuki, auf CD eingespielt worden.
Bei der Editions der Grosswerke wurden neue editorische Wege beschritten und zum Teil auch Versionen zugänglich gemacht, die von den gängigen Fassungen abweichen. Wo es die Quellenlage erlaubte, machen nun Rekonstruktionen die Aufführung gewisser Werke erst möglich, wobei die rekonstruierten Teile im Notentext deutlich gekennzeichnet sind. Ebenso werden für die Stimmtondifferenzen zwischen den Instrumentengruppen in Bachs frühen Kantaten Lösungen angeboten.
Das geistliche Vokalwerk. Gesamtedition in 23 Bänden Herausgegeben von Ulrich Leisinger und Uwe Wolf in Zusammenarbeit mit dem Bach-Archiv Leipzig
• Format 19 x 27 cm, Klavierauszugsformat, auch zum Dirigieren geeignet • 12.500 Seiten – 248 Werke – 23 Bände – 3 Schuber • 629 € (statt 769 €; Einführungspreis gültig bis 30.6.2018) • Einzeln erhältlich: Kantaten und Motetten (2 Schuber 31.501/00), Messen, Passionen und Oratorien (1 Schuber 31.502/00)
Die Unesco hat die Basler Fasnacht in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit eingetragen. Dieser zweite Schweizer Eintrag folgt auf das 2016 eingetragene Winzerfest in Vevey.
Musikzeitung-Redaktion
- 07. Dez. 2017
Guggemuusig \“Schränz-Gritte\“ im Sujetkostüm 2006 (Bild: Markus Nägele)
Die Unesco beurteilte die Kandidatur laut Bundesamt für Kultur (BAK) als beispielhaft. Die Aufnahme auf die Repräsentative Liste verstärke die Sichtbarkeit des immateriellen Kulturerbes im städtischen Raum und unterstreiche die wichtige Rolle der Sprache, in diesem Fall des Basler Dialekts, bei der Vermittlung dieses Kulturerbes.
Im März 2016 wurde die Basler Fasnacht vom BAK bei der UNESCO als zweite Schweizer Kandidatur für die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit eingereicht. Das zwölfte Zwischenstaatliche Komitee für die Bewahrung des immateriellen Kulturerbes hat an seiner Sitzung auf der Insel Jeju (Südkorea) am 7. Dezember 2017 entscheiden, die Basler Fasnacht in die Repräsentative Liste aufzunehmen.