Klassik auf dem Präsentierteller

Classical:NEXT sucht Showcases, Konferenzbeiträge und Projektpräsentationen für die nächste Durchführung im Mai 2018. Eingabeschluss ist am Freitag, 29. September 2017.

Die Classical:NEXT findet im Rotterdamer Kongresszentrum de Doelen statt. Foto: Rien van Rijthoven

Die Classical:NEXT ist ein Forum für Künstlerinnen und Künstler sowie Fachleute aus verschiedenen Bereichen der klassischen und zeitgenössischen Musik. Von Veranstaltern und Festivals über Verlage, Labels oder Verbände bis zu Agenturen und Musikschaffenden: 1200 Musikprofis aus 45 Ländern nahmen an der sechsten Ausgabe im vergangenen Mai teil (siehe Kurzbericht der Schweizer Musikzeitung). Die siebte Classical:NEXT in Rotterdam bietet nächstes Jahr erneut die Gelegenheit zur Erweiterung des eigenen internationalen Netzwerkes. Sie wartet aber auch mit einem umfangreichen Programm mit Showcases, Konferenzen und Projektpräsentationen auf. Zurzeit läuft hierfür die Ausschreibung:

Deadline für Einreichungen ist Freitag, der 29. September 2017.

Musikerinnen und Musiker können sich mit ihren Bühnenprojekten für einen Showcase-Auftritt bewerben, Referentinnen und Referenten ihre Ideen für Konferenzbeiträge und Projektpräsentationen einer Jury vorschlagen. Die ausgewählten Personen erhalten die Gelegenheit, sich auf der Classical:NEXT 2018 einem grossen, internationalen Fachpublikum zu präsentieren.

Die Classical:NEXT findet im Kongresszentrum de Doelen, Rotterdam (NL), vom 16. bis 19. Mai 2018 statt. Gesucht sind Musikbeiträge, Projekte, Konferenzformate aus allen Bereichen des klassischen Musikschaffens, von Alter bis Neuer Musik, aus dem Konzert-, Label-, Verlags- oder Medien-Sektor.

Kandidaturen können elektronisch über das Online Proposal-System der Messe eingereicht werden: www.classicalnext.org.
 

Strebi-Siftung zeichnet Luzerner Bachelor aus

An der Diplomvergabe der Luzerner Musikhochschule sind erstmals drei je mit 2000 Franken dotierte Preise der Strebi-Stiftung für herausragende Bachelorabschlüsse verliehen worden.

Stifterin Ursula Jones-Strebi überreicht Noelle Egli den Preis. Foto: Hochschule Luzern, Priska Ketterer

Die Preisträgerinnen und Preisträger sind Jonas Inglin (Profil Klassik), Laurin Moor (Profil Jazz) und Noelle Egli (Profil Jazz).

Der Posaunist Jonas Inglin aus Baar ZG hat in allen Modulbereichen mit sehr guten Noten abgeschlossen. Zudem realisierte er zusammen mit Christoph Vogt (Absolvent Bachelor of Arts in Music, Profil Klassik) ein Bachelor-Projekt mit dem Titel «massgeschneidert». Dabei haben die beiden Studenten verschiedene Werke zur Komposition in Auftrag gegeben und folglich Uraufführungen zum Klingen gebracht. Jonas Inglin startet nun mit dem Master of Arts in Musikpädagogik.

Unter dem Titel «Konrads kleiner Kurs in Sachen Selbstverzweiflung» hat der Kontrabassist Laurin Moor aus Lungern OW ein Hörspiel-Projekt realisiert, in dem Musik, Text und Tanz zusammengebracht wurden. Laurin Moor führt sein Studium nun im Master Music and Art Performance fort. Er ist zudem am Luzerner Theater engagiert, wo er «Feeling Gatsby», eine Koproduktion mit der Hochschule Luzern leitet.

Noelle Egli aus Wolhusen LU hat im gemeinsamen Bachelor-Diplomprojekt «Sechsundfünfzig Prozent» des Studiengangs Musik und mitgearbeitet und zudem die Höchstnote A im Pädagogischen Abschluss erreicht.

Hagen am Treffen der europäischen Festivals

Javier Hagen ist als Vorstandsmitglied von Swissfestivals der Schweizer Delegierte am EFFE Hubs und EFA CAMM Meeting der European Festivals Association (EFA) am 18. und 19. September in Brüssel.

Javier Hagen (Bild: zvg)

Der Oberwalliser ist in seiner Funktion als Intendant des Internationalen Festivals für Neue Musik Forum Wallis und als Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Neue Musik (ISCM Switzerland) seit 2013 im Vorstand von Swissfestivals, dem Dachverband der Schweizer Kulturfestivals, tätig. Zu dessen Mitgliedern gehören unter anderem das Lucerne Festival, das Zürich Film Festival oder das Filmfestival Locarno.

Die EFA ist der Dachverband der europäischen Festivals und eine der grössten und wichtigsten Festivalorganisationen auf europäischer Ebene. Ein EFFE Hub ist eine nationale Schaltstelle der Interessengruppe EFFE (Europe for Festivals, Festivals for Europe).

Mut zur Lücke

Zusammen mit Kulturwissenschaftler Erik Meyer hat Politikwissenschaftler Claus Leggewie den Band «Global Pop – Das Buch zur Weltmusik» veröffentlicht.

Ausschnitt aus dem Titelblatt

Ende der 1970er-Jahre lebte Leggewie in Algerien, wo er mitverfolgte, wie der Raï, die Volks- und Populärmusik des Maghreb-Staates, zusehends aufblühte. Sowohl der Raï als auch so unterschiedliche Gattungen wie Afro-Beat oder Balkan-Pop werden seit Jahrzehnten unter dem Begriff «Weltmusik» subsumiert. Aus der Sicht der beiden Herausgeber ein überkommener Begriff, «ein koloniales Relikt». Sie bevorzugen die Bezeichnung Global Pop. Laut Leggewie und Meyer steht er «für eine Sammelkategorie aller erdenklicher Stilrichtungen und Regionalursprünge nicht-westlicher, speziell nicht-westlicher Musik».

In einem Interview mit dem WDR sagte Leggewie, das Buch beweise «Mut zur Lücke». In der Tat: Das knapp 400 Seiten starke Werk versteht sich nicht etwa als Lexikon, sondern als Lesequelle mit über vierzig Beiträgen verschiedener Autoren – unter ihnen auch Johannes Rühl, künstlerischer Leiter des internationalen Musikfestivals Alpentöne in Altdorf. Während sich der erste Teil des Bandes darum bemüht, Begriffe wie Folklore, Transkulturalität oder eben Weltmusik zu erläutern, bietet der Folgeabschnitt sauber recherchierte, jedoch nicht abschliessende Porträts einflussreicher Akteure wie des Musikethnologen Brian Shimkovitz, der auf seinem Blog hunderte afrikanischer Musiktapes zugänglich macht, oder des US-amerikanischen Gitarristen Ry Cooder. Dieser hat sich in den vergangenen Jahrzehnten voller Neugier mit wechselnden Stilrichtungen wie Tex-Mex, Mali-Blues oder kubanischem Son auseinandergesetzt und 1996 mit dem Album Buena Vista Social Club die Wiederentdeckung vergessener kubanischer Musiker wie Ibrahim Ferrer ausgelöst.

Kapitel drei thematisiert dann die Marktbegebenheiten hinter der Musik. So beschreibt Klaus Näumann, Professor am Institut für Europäische Musikethnologie der Universität Köln, in seinem Text «Weltmusikfestivals und Festivalisierung der Weltmusik», wie World-Music-Events die Illusion globaler Harmonie und gegenseitiger Akzeptanz suggerierten. In Tat und Wahrheit werde von einer weissen, tendenziell links orientierten Mittelschicht dabei jedoch nur das zelebriert (Musik, Kleidung, etc.), was dem Ideal nicht zuwiderlaufe. Im grössten und abschliessenden Teil präsentiert Global Pop kurze Abrisse zu zahlreichen Genres wie Rembetiko, Highlife oder J-Pop. Diese sind nicht für die Spezialisten der jeweiligen Stilrichtungen gedacht, sondern für Uneingeweihte und Interessierte. Das Buch arbeitet exemplarisch, sprich: Die Schwerpunkte liegen ganz im Ermessen der beiden Herausgeber. Dementsprechend liesse sich nur zu leicht monieren, dass etwa weder der Tango noch Gamelan – die Musikensembles Indonesiens – Eingang ins Buch gefunden haben. Doch das bleibt letztlich Nebensache, denn: Mit Global Pop mag Leggewie und Meyer zwar nicht das definitive Buch zum Thema gelungen sein, dafür eins, das neugierig macht und nicht nur zum vertiefenden Weiterlesen, sondern auch zum Anhören der erwähnten Künstler anregt.

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Global Pop – Das Buch zur Weltmusik, hg. von Claus Leggewie und Erik Meyer, 392 S., Fr. 31.00, J. B. Metzler, Stuttgart 2017, ISBN 978-3-476-02636-1

Drive für die Sekundarstufe I

«Musik aktiv», das neue Lehrmittel aus dem Verlag Schweizer Singbuch, bringt eine Fülle von Unterrichtsmaterialien, die schöpferisches Gestalten und Initiative der Schülerinnen und Schüler fördern. Die Inhalte sind auf den Lehrplan 21 ausgerichtet. Bisher sind Liederbuch und Schülerheft 7. Klasse erschienen.

Ausschnitt aus dem Titelblatt des Schülerhefts 1

Fender–Verstärker, E-Gitarre und zuvorderst das Mikrofon: Schon das Titelbild von Musik aktiv macht klar, was auf der Oberstufe gefragt ist: Rock und Pop. Aber nicht nur. Das neue Lehrmittel bietet einen vielseitigen und konzentrierten Einblick in die Welt der Musik mit vielen Ideen für den Unterricht.

Vergegenwärtigen wir uns kurz die Situation vor Ort: Zwanzig Jugendliche, zwölf- oder dreizehnjährig, die einen noch halb Kind, die anderen voll pubertierend, die Knaben im Stimmbruch, und allen ist es irgendwie peinlich. Wie also Musik unterrichten auf der Sekundarstufe I? Wie beginnen? Mit einem Lied, einem Tanz, einer Werkbetrachtung?

«Schlagt das Zeug» – Aufbauen aus der Bewegung

Die erste Aufgabe in Heft 1, das die Schüler und Schülerinnen in den Händen halten, lautet: «Spürt und hört den Puls.» Das ergibt die «beats per minute», die bpm. Tönt schon knackiger. Messen und mit anderen vergleichen. Puls erleben – Body Percussion – zu Taktarten bewegen – einander im Groove begrüssen – einen Rap konstruieren. Aus dem Nukleus des eigenen Pulses entwickelt sich eine Aufbaureihe, die die unterschiedlichsten Aspekte von Musik aufgreift und in motivierende Aufgaben verpackt, bei denen die Schüler und Schülerinnen aktiv sind und Eigenes einbringen.

Heft 1 hat drei Kapitel. In Kapitel A geht es um «Rhythmus und Bewegung», in Kapitel B um die «Stimme» und in Kapitel C um das «Klassenmusizieren». Dieser Aufbau macht Sinn. Der Einstieg ins Musikmachen fällt leichter über das Bewegen als etwa über die eigene Stimme, die für viele Jugendliche in der Eigenwahrnehmung irgendwie komisch ist. Und beim Klassenmusizieren bedeutet das Spielen von Instrumenten zunächst mal ein Hindernis. Also los mit Bewegen und Grooven: «Hört euch die Audiodatei an und geht an Ort die passende Schrittfolge. Den betonten Schlag müsst ihr klatschen» (Heft 1, Seite 9). Weitere Themen, welche systematisch aufgebaut werden, sind zum Beispiel: Eine Filmszene vertonen, ein Schlagzeug beatboxend imitieren, eine Klassenband formieren. Die dazugehörenden Audiodateien mit Übungen und Musikbeispielen finden sich online auf: www.musik-aktiv.ch

Signor Abbate, Aber bitte mit Sahne – das Liederbuch

239 Lieder bringt das neue Liederbuch. Wie sieht eine Liedersammlung für die Sekundarstufe I aus? Was kommt heute bei den Jugendlichen gut an? Und was wollen wir als Kulturgut unbedingt weitergeben und erhalten? Mani Matter ist mit Ds Zundhölzli vertreten, der Spiritual steuert das ergreifende Motherless Child bei und Beethoven den zweisprachigen Kanon Signor Abbate. Neben solchen Klassikern erscheinen viele beliebte Songs neueren Datums wie Aisha, gesungen von Khaled, oder Rolling In The Deep von Adele/Paul Epworth. Vor dem Singen aber gibts Warm-ups zum Einsingen und Eingrooven, zum Lockern und Konzentrieren, zur Klangbildung. Vokalisen, Ostinati, Circle Songs, Kanons.

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Die Lieder im folgenden Kapitel stammen aus der Schweiz und den angrenzenden Ländern. Lueged vo Bärg und Tal, Teresina bella, Aber bitte mit Sahne von Udo Jürgens. Im Gegenuhrzeigersinn verläuft die musikalische Reise dann vom Balkan nach Osteuropa, anschliessend nordwärts über Skandinavien und Irland der Küste entlang auf die iberische Halbinsel. Von dort aus geht es in die Neue Welt. Kuba (Chachacha, Bolero), darauf afrikanische und israelische Lieder. Im Kapitel «Spiritual-Jazz-Latin» finden sich Ohrwürmer von Bob Marley und Harry Belafonte. Schöne, eingängige Melodien bieten die Musicals und Filme, darunter Lion King und Les Choristes. Am meisten Lieder kommen aus dem Rock/Pop-Bereich. Das ist die Musik, die den Jugendlichen am nächsten liegt und die sich für die Begleitung mit der Band besonders eignet. Neuere Popsongs: Up in the Sky von 77 Bombay Street, Heaven von Steve Lee, Manhatten von Bligg. Klassische Lieder sind im Kapitel «Aus anderen Epochen» untergebracht. Gestaltungs- und Aufführungsvorschläge ergänzen und bereichern die Lieder.

Sinuskurve und Luftklinger – Musikkunde

Die letzten Seiten des Liederbuches sind der Musikkunde gewidmet. Darunter sind Musiklehre, Instrumentenkunde, Akustik und Rhythmusübungen subsumiert« unter Musikgeschichte fallen die abendländische Kunstmusik sowie die Jazz- und Popgeschichte. Das hat alles Platz auf gut 30 Seiten. Ist zwar etwas knapp, aber kompakt und griffig.

«Zeigt, was ihr könnt» – Ausrichtung auf den Lehrplan 21

Der Verlag Schweizer Singbuch legt mit Musik aktiv neues Unterrichtsmaterial vor, das sich explizit an den Anforderungen des Lehrplans 21 orientiert. Für das Fach Musik sind gestalterische Vorgänge zentral: «Die Schülerinnen und Schüler bilden ihre Kreativität, indem sie sich als Person einbringen, auf Gestaltungsprozesse in der Gruppe einlassen und eigenständige Ideen entwickeln. Sie erkunden, experimentieren und improvisieren mit Körper, Stimme, Rhythmus, Klang sowie verschiedenen Instrumenten und Medien. Ausgeformte Gestaltungen können in der Klasse oder klassenübergreifend präsentiert werden.» (LP21MU)

Die Kompetenzorientierung des Lehrplans bedeutet für den Musikunterricht: Weg vom Reproduzieren, hin zum eigenen Gestalten im Sinne von Ausprobieren und Einbringen eigener musikalischer Ideen. Weiter werden die Schüler und Schülerinnen angehalten, ihre musikalischen Aktionen untereinander auszutauschen und sich gegenseitig zu lehren. Musik aktiv setzt genau hier ein: In den Aufgaben «Zeigt, was ihr könnt» (Schülerheft) wird der performative Charakter von Musik eingefordert. In den «Reflexionen» überdenken die Schüler und Schülerinnen, was sie gemacht haben und was sie als nächstes tun können, um ihre Fähigkeiten zu erweitern.

«Ein praktischer Reiseführer in die Welt der Musik»

Das neue Lehrmittel st grafisch schön gestaltet. Es wirkt nicht überladen, sowohl inhaltlich wie optisch. Die Liedauswahl ist stilistisch und zeitlich breit gefächert, und die Schülerhefte fördern eine möglichst grosse Schüleraktivität. Insofern ist der Name Musik aktiv durchaus programmatisch zu verstehen. Insgesamt verfolgt das Lehrmittel einen ganzheitlichen musikpädagogischen Ansatz, der neben praktischen Übungen auch das Sprechen über Musik und das eigene künstlerische Tun beinhaltet.

Musik aktiv – Lieder und Musikkunde, Schülerbuch (7.–9. Klasse), ISBN 978-3-9524739-0-0, Verlag Schweizer Singbuch, Amriswil 2017

Musik aktiv – ein praktischer Reiseführer in die Welt der Musik, Aufbaureihen Heft 1 (7. Klasse), ISBN 978-3-033-05988-7

Die Hefte für die Klassen 8 und 9 erscheinen demnächst.

Preisträgerinnen des Concours Nicati

In Bern sind die Gewinnerinnen des diesjährigen Concours Nicati bestimmt worden. Den Wettbwerb für die Interpretation zeitgenössischer Musik haben zwei Klarinettistinnen und eine Geigerin gewonnen.

(v.l.n.r.): HannaH Walter, Azra Ramic, Shuyue Zhao (Bild: zvg)

Der mit 16’000 Franken dotierte erste Preis ging an die Klarinettistin Shuyue Zhao, der mit 14’000 Franken dotierte zweite Preis an die Geigerin HannaH Walter. 10’000 Franken konnte die Klarinettistin Azra Ramic für den dritten Preis entgegennehmen. Shuyue Zhao, 1990 in China geboren, studierte an der Hochschule der Künste Bern (HKB) bei Ernesto Molinari. Im Juni dieses Jahres hat sie bereits den Eduard-Tschumi-Preis für die beste Solistenprüfung der HKB erhalten.

Die 1989 geborene HannaH Walter schloss 2016 einen Master für zeitgenössische Musik an der Musikhochschule Basel mit Auszeichnung ab. Derzeit absolviert sie einen Master für Transdisziplinarität an der Zürcher Hochschule der Künste. Azra Ramić, geboren 1989, beendete 2013 den Master in Music Performance für Klarinette an der Hochschule der Künste Bern. 2015 folgte ein Masterabschluss mit Auszeichnung für Bassklarinette an derselben Hochschule.

Der Concours Nicati, ein Interpretationswettbewerb für zeitgenössische Musik der Schweiz für professionelle Musikerinnen und Musiker, wird im zweijährigen Turnus in der Hochschule der Künste Bern veranstaltet.
 

In Ruhe Schlemmen dank «Operngarantie»

Kulturfans kommen im September wieder auf ihre Kosten: dann startet das Opernhaus Zürich in die neue Saison. Dass beim Opern- oder Theaterbesuch aber auch die Kulinarik nicht zu kurz kommt, dafür sorgt das Hotel Ambassador à l’Opera. Im Restaurant Opera können Operngäste bis 90 Minuten vor ihrer Vorstellung gemütlich 3 Gänge essen. Falls nicht, geht die Rechnung aufs Haus.

Restaurant Opera,SMPV

In vielen grossen und berühmten Opernwerken spielt die Kulinarik eine wichtige Rolle. So werden in Gioacchino Rossinis Aschenputtel-Oper «La Cenerentola» üppige Festmähler gefeiert, in Giuseppe Verdis Oper «Falstaff» trifft man sich in der berühmten Schlussszene Andiamo a cena zum grossen Bankett und in Umberto Giordanos «La Cena delle Beffe» kommt die Cena, das grosse Abendessen, sogar im Werktitel seiner berühmten Oper vor.

Auch im Restaurant Opera ist der Name Programm. Dort geniessen Operngäste ein entspanntes Dinner nur wenige Schritte vom Zürcher Opernhaus entfernt. David Krüger, Head Ambassador Küche und Pascal Gloser, Head Ambassador Restaurant, kümmern sich als Gastgeber um das Wohl der Gäste und zaubern kreative Gerichte aus regionalen Produkten. Das 3-Gänge-Menü wird bei einer Reservation bis 90 Minuten vor der Vorstellung pünktlich und garantiert innerhalb von 60 Minuten serviert. Ansonsten übernimmt das Restaurant die Rechnung.

Premium Plätze für Hotelgäste

Zusätzlich zur «Operngarantie» können Hotelgäste ihre Operntickets neu direkt im Hotel beziehen. Für ausgewählte Vorstellungen bietet das Hotel Ambassador à l’Opera jeweils zwei Premium Tickets – Plätze in der Mitte der zweitvordersten Reihe – an.

ÜBER DIE AMBASSADOR & OPERA AG

 

Mit dem einzigartigen Standort im Herzen von Zürich sind die Betriebe Small Luxury Hotel Ambassador à l’Opera****, das Hotel Opera**** sowie das Restaurant Opera seit 1930 erste Wahl für ein anspruchsvolles Publikum. Kunst- und Kulturliebhaber, Geschäftsreisende und Feriengäste aus aller Welt – sie alle kommen in den Genuss von vielen Highlights, die Zürich zu bieten hat: In nur wenigen Schritten am wunderschönen Zürichsee und bei der Oper, in Galerien, in Museen und auf der weltbekannten und exklusivsten Shoppingmeile Bahnhofstrasse sowie in Businesszentren. Im Restaurant Opera werden die Gäste täglich mit regionalen und authentischen Kreationen sowie einer passenden Auswahl aus über 200 Weinempfehlungen verwöhnt.

Weitere Informationen:

 

ambassadorhotel.ch

 

operahotel.ch

Konzeptuelle Musik

Ein Kompendium musikalischer Konzepte zusammengestellt und in eine Ordnung gebracht von Urs Peter Schneider.

Ensemble Neue Horizonte Bern. Foto: Thomas Batschelet

Hunderte und Aberhunderte von Konzepten dürften es gewesen sein, die das Ensemble Neue Horizonte Bern im Lauf der Jahrzehnte ausgeführt und erprobt hat, Partituren, die oft nur aus verbalen Spielanweisungen bestehen, die der Imagination grossen Spielraum lassen, die aber dennoch genau interpretiert sein wollen. So bildet sich Erfahrung, und die muss jeder für sich selber an den Stücken (wieder)holen. Da das Interesse an Konzeptmusik in den letzten Jahren stark gestiegen ist, kommt es gelegen, dass hier nun einer der Horizöntler, Urs Peter Schneider, aus seinem Erfahrungsschatz ein Kompendium zusammengestellt hat: Der im Aart-Verlag erschienene Band Konzeptuelle Musik ist einerseits eine Anthologie, keineswegs vollständig, worauf eine Liste weiterer Konzeptstücke verweist, und ein ungemein reichhaltiges Lesebuch. Die grossen Namen finden sich da, Fluxus, Cage, Wolff, aber auch viel Helvetisches und so manches auch, das schon wieder vergessen ist.

Das Buch, entstanden als Forschungsprojekt an der Hochschule der Künste Bern, bietet freilich keine Geschichte der konzeptuellen Musik, keine Definitionen und Abgrenzungen (auch nicht von den aktuellen Strömungen) und also keine Theorie, ordnet andererseits aber die abgedruckten Konzepte dennoch nach einem simplen Buchstabensystem ein. Zu LaMonte Youngs berühmtem Stück Ziehe eine gerade Linie und folge ihr etwa: A2 (Alltagshandlungen), H1 (Haltungen), K6 (Kontinuität), M5 (Minimalistisches), N2 (Nuancen), N3 (Nüchtern), R2 (Raum), R5 (Rezept), S2 (Schrift), S9 (Still), T1 (Tanz), U3 (Unikat) – und damit kriegt man denn doch die Ahnung einer typisch schneiderschen Ordnung, einer Art Theorie oder zumindest davon, was für Konzepte wichtig und charakteristisch ist. Ein Kommentarteil ordnet drittens wenigstens einige der Konzeptstücke ein, erklärt, bedenkt, berichtet von Aufführungen und macht deutlich, dass es sich um eine sehr praxisorientierte Auswahl handelt. Von da her und von nun an ist diese Anthologie ein absolutes Muss für den Performance-Unterricht.

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Urs Peter Schneider: Konzeptuelle Musik. Eine kommentierte Anthologie, hg.von Thomas Gartmann und Marc Kilchenmann, 370 S., Fr. 35.00, Aart-Verlag, Bern 2016, ISBN 978-3-9524749-0-7

Buchvernissage und Konzert
Sa. 21. Oktober 2017, 19 Uhr
Hochschule der Künste Bern, Grosser Konzertsaal,
Papiermühlestrasse 13d, 3014 Bern
Studierende der HKB, Ensemble Neue Horizonte Bern
Leitung Urs Peter Schneider

Einfach zu spielende Konzerte

Neu erschienene Violakonzerte von Telemann und Vanhal, mit Solopartien, die sich bis in die 3. Lage bewegen.

Einladung zum Konzert? Foto: Kathryn Rotondo – flickr.com

Telemanns kammermusikalisches Doppelkonzert für zwei Bratschen mit Begleitung einer dritten Bratsche ist eine gute Gelegenheit für Gruppenunterricht. Da der Komponist bei Entstehung dieses Konzertes in Eisenach mit Bach, der damals in Weimar wirkte, befreundet war, setzte er an den Anfang des g-Moll-Mittelsatzes vier choralartige Säulen mit B-A-C-H in der Oberstimme und liess sich im anschliessenden Adagio inspirieren von Vivaldis chromatischer Ausdrucksstärke. Die beiden Ecksätze in B-Dur zeigen eine leicht zu spielende – nur bis 3. Lage – und gut liegende Munterkeit. Continuo-Partitur und Bassstimme vervollständigen die Ausgabe.

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Johann Baptist Vaňhal (1739–1813, tschechisch: Jan Křtitel Vaňhal) setzte sich mit dieser Umsetzung eines Cellokonzertes gegen die damals stiefmütterliche Behandlung der Bratsche ein. Das fröhlich bewegte Konzert ist mittelschwer und benötigt für den Solopart nur 1. bis 3. Lage. Die Fingersätze sind gut, aber unnötig reichlich beigefügt. Die vom Herausgeber geschaffenen Kadenzen sind bedeutend schwieriger als die Solostimme. Sie bewegen sich bis in die 6. Lage und benutzen zahlreiche Doppelgriffe; da könnte vereinfach werden. Insgesamt ist die Neuausgabe aber ein Glücksfall für die Violaspielerinnen und -spieler.

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Georg Philipp Telemann: Concerto B-A-C-H für 2 Solobratschen, Viola III (da braccio/da gamba) und B. c., Rekonstruktion von Klaus Hofmann, EW 1013, € 17.50, Edition Walhall, Magdeburg 2016

Jan Křtitel Vaňhal: Konzert C-Dur für Viola und Orchester, hg. von Vilém Blažek, Klavierauszug und Solostimme, BA 11531-90, € 14.95, Bärenreiter, Prag 2016

Die bevorzugte Linke

Maurice Ravel schrieb sein «Konzert für die linke Hand» im Auftrag des kriegsversehrten Paul Wittgenstein. Die vorliegende Neuausgabe dokumentiert auch die Änderungen, die der Pianist zum Ärger des Komponisten vornahm.

Paul Wittgenstein. Unbekannter Fotograf. Quelle: Bernard Fleischer Moving Images/wikimedia commons

Weshalb eigentlich ist die Klavierliteratur für die linke Hand allein um vieles umfangreicher als jene für die rechte?

Es gibt Gründe der Anatomie: Die Linke ist mit dem Daumen als Melodieführer weitaus besser in der Lage, die ganze Breite der Klaviatur zu bedienen. Zudem verletzen sich Pianisten durch unsachgemässes Üben offenbar eher an der Rechten und sind dann gezwungen, sich eine Zeitlang auf die Linke zu beschränken. Alexander Skrjabin beispielsweise hat in einer solchen Situation sein Prélude et Nocturne für die linke Hand komponiert.

Vor allem aber haben wir den Grossteil dieser Werke Paul Wittgenstein zu verdanken. Der Wiener Pianist verlor im Ersten Weltkrieg seinen rechten Arm und war dennoch entschlossen, seine Karriere gegen alle Widerstände (auch seitens seiner Familie) fortzusetzen. Von Hause aus begütert war es ihm möglich, die berühmtesten Komponisten jener Zeit für Auftragswerke zu gewinnen. Prokofiew, Hindemith, Britten, Richard Strauss, Franz Schmidt und viele andere schrieben Klavierkonzerte für seine Bedürfnisse, letzterer sogar Kammermusik. Keines aber wurde so berühmt und wird so oft gespielt wie jenes von Ravel.

Das war anfänglich nicht vorhersehbar: Wittgenstein realisierte offenbar erst mit der Zeit, was für ein Meisterwerk er da erhalten hatte. Und als Auftraggeber sah er sich berechtigt, ganze Passagen nach seinem Gusto abzuändern, was Ravel natürlich in Rage brachte. Diese Auseinandersetzung und vieles mehr über die Entstehung und Rezeption des aussergewöhnlichen Werkes weiss Christine Baur in ihrer Einführung zur neuen Bärenreiter-Ausgabe spannend zu vermitteln. Die vorzügliche Edition korrigiert nicht nur einige langlebige Irrtümer der Durand-Ausgabe, sondern bringt auch zahlreiche wissenswerte Zusatzinformationen aufgrund der Quellen aus dem Privatbesitz Wittgensteins, die Herausgeber Douglas Woodfull-Harris einsehen konnte. Gerade der Einblick in Wittgensteins Änderungswünsche bestätigt, dass er Ravels geniale Schreibweise für die linke Hand nicht wirklich nachvollziehen konnte.

Wer mehr über Wittgensteins Schicksal erfahren möchte, dem sei der Band Empty Sleeve. Der Musiker und Mäzen Paul Wittgenstein (Studien-Verlag, Innsbruck u. a. 2006), vor allem aber Konzert für die linke Hand von Lea Singer (Hoffmann und Campe, Hamburg 2008) empfohlen: ein spannend und fundiert geschriebener Künstlerroman!

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Maurice Ravel, Konzert für die linke Hand für Klavier und Orchester, hg. von Douglas Woodfull-Harris; Partitur, BA 7881, €, 48.95; Klavierauszug, Stimme(n), BA 7881-90, € 36.95; Bärenreiter, Kassel 2016

Bartók mit O-Ton

Kamillo Lendvay hat ein Jubiläumsstück für Bartók geschrieben, ein abwechslungsreiches Bratschensolo. Donald Maurice and Claudine Bigelow haben Bartóks Violinduette für Bratsche adaptiert und mit einem aufschlussreichen Tondokument versehen.

Béla Bartók nimmt auf, was ihm eine tschechische Bäuerin vorsingt, 1908. Quelle: Paul Griffiths: A Concise History of Modern Music, Thames and Hudson 1978, ISBN: 0-500-20164-1/wikimedia commons

Der 1928 geborene ungarische Komponist Kamillo Lendvay ehrte im Jahr 1995 das 50. Todesjahr von Béla Bartók mit der Komposition einer Studie für Solobratsche, die 2015 endlich ediert wurde. Sie nutzt den ganzen Umfang der Bratsche bis in die Mitte der A-Saite ausdrucksstark; nachdenklich beginnend, in verschiedenen Tempi und spannenden rhythmischen Kombinationen vorwärtsstrebend, mal asymmetrisch beweglich, mal metrisch stampfend und ruhig endend – ein spannendes etwa 7 Minuten dauerndes Solo!

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Die durch Erich und Elma Doflein für ihre Geigenschule initiierten 44 Duette für zwei Violinen in aufsteigender Schwierigkeit komponierte Béla Bartók 1931. Universal hat 36 davon 1994, Atelier-Editionen Röhm alle kürzlich in zwei Bänden und die Editio Musica Budapest (EMB) letztes Jahr in einem Band für Bratsche herausgegeben. Alles ist eine Quinte tiefer und sonst identisch mit der Violinversion. Das Besondere bei EMB: Die Herausgebenden haben von den Duetten in der Bratschenfassung eine CD gemacht: Voices from the Past: Béla Bartók’s Duos & Original Field Recordings, Tantara Records, 2013. Denn Bartók legte diesen Duetten – ebenso wie seinem Mikrokosmos für Klavier – Volksmelodien zugrunde, die er in Algerien, Ungarn, Serbien, Rumänien, in der Slowakei und der Ukraine zum Teil mit einem Edison-Phonographen auf Wachszylinder aufgezeichnet hatte. Diese Aufnahmen können auf der CD für tieferes Verständnis angehört und die Texte der Lieder im Booklet in den Originalsprachen und auf Englisch nachgelesen werden.

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Kamillo Lendvay, Studie für Viola, Z. 14953, Fr. 18.80, Editio Musica Budapest 2015

Béla Bartók: 44 Duos für 2 Violen, transcribed by Donald Maurice and Claudine Bigelow, Z. 14970, Fr. 22.70, Editio Musica Budapest 2016

Chaussons «Trotz-Trio»

Nach einer Enttäuschung im akademischen Musikbetrieb kam Ernest Chausson zu seiner Patin ins Pays d’Enhaut, wo er sein Klaviertrios op. 3 komponierte.

Montbovon zwischen 1885 und 1900. Foto: Léon de Weck (1840–1904)/wikimedia commons

Die Spuren von Ernest Chaussons Klaviertrio (1881) führen in die Schweiz: Der 26-jährige Komponist, der nach seiner erfolglosen Bewerbung um den Prix de Rome allen akademischen Institutionen von Paris verbittert den Rücken gekehrt hatte, verbrachte den Sommer auf dem Landsitz seiner Mentorin Berthe de Rayssac in Montbovon, Kanton Fribourg. Dort, im male-rischen Pays d’Enhaut, begann er gleich nach seiner Ankunft mit der Skizzierung und Ausar-beitung seiner bisher umfangreichsten und ambitioniertesten Komposition. Es mag sich auch um eine Trotzreaktion auf die zuvor erlittene Niederlage handeln. Chausson fand in diesem Opus 3 zu sich selber als Komponist, und es ist ein Glück, dass er sich keinen akademischen Regeln mehr unterwarf und sich durch die vorerst ausgebliebene Anerkennung nicht entmuti-gen liess. In der Folge zeigte er sein Trio allerdings César Franck und Emanuel Chabrier, spielte es auch dem Maler Odilon Redon vor und beherzigte deren Ratschläge. Im April 1882 kam das Werk zur Uraufführung in einem Konzert der Société nationale de musique, erschien dann aber erst 1919, zwanzig Jahre nach dem frühen und tragischen Tod des Komponisten, als Erstdruck im Pariser Verlag Rouart-Lerolle.

Das 30-minütige Werk mit seinen vier Sätzen wirkt erstaunlich kurzweilig, im Gegensatz etwa zu Chaussons berühmterem «Konzert» für Klavier Violine und Streichquartett op. 21, welches bei seinen 45 Minuten doch einige Längen aufweist. Das satzübergreifende Zitieren von Themen in der Art von Leitmotiven im Klaviertrio op. 3, aber auch die Harmonik erin-nern an Chaussons Vorbilder César Franck und Richard Wagner. Seine Tonsprache weist aber auch bereits auf die folgende Komponistengeneration hin, vor allem auf Claude Debussy. In der französischen Musik nimmt Ernest Chausson einen wichtigen Platz ein!

Die neue Henle-Edition dieses Klaviertrios basiert hauptsächlich auf dem Erstdruck von 1919, weil weitere Quellen fehlen. Autograf ist keines mehr vorhanden, nur einige Skizzen zu The-men und Gliederungsmodellen. Das Notenmaterial von Henle ist wie immer gut lesbar, prak-tikabel bei den Wendestellen und enthält in jeder Stimme sogar einen Dictionnaire (franzö-sisch/deutsch und französisch/englisch) der originalen französischen Vortrags- und Tempobe-zeichnungen. Ausgesprochen nützlich ist auch die Angabe der Taktgliederung im «Vite» überschriebenen zweiten Satz im schnellen 3/8-Takt: Dort wird der erste Takt einer Zählein-heit immer mit einer Eins angegeben. Dies erleichtert das Einstudieren enorm! Die Klavier-stimme wurde von Klaus Schilde mit Fingersätzen versehen, die Streicherstimmen enthalten keine technischen Angaben. Die gedruckten Phrasierungsbogen können aber weitgehend als bogentechnische Realisierung übernommen werden.

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Ernest Chausson: Klaviertrio g-moll op. 3 für Violine, Violoncello und Klavier, hg. von Peter Jost, Partitur und Stimmen, HN 1277, € 29.00, G. Henle Verlag, München 2016

Verführung zum Tanz

Leichte bis mittelschwere Tänze aus Flandern und Wallonien für Akkordeon-Solo M2 (Standardbass).

Foto: Poppy – flickr.com

Haben Sie schon einmal Volksmusik aus belgischen Provinzen gehört? Beim Ausprobieren der Stücke in diesem neuen Heft hat es mir richtig «den Ärmel reingenommen»!

Marinette Bonnert und Tommaso Huber haben für Akkordeon-Solo M2 (Standardbass) ein Heft mit leichten bis mittelschweren Tänzen aus Flandern und Wallonien veröffentlicht. Sie zeigen damit einen bunten Querschnitt durch das Repertoire der sehr eleganten, duftigen und filigranen Volks- und Tanzmusik, vor allem aus dem 18. Jahrhundert. Überliefert ist diese Musik handschriftlich, gedruckt oder mündlich in verschiedenen Quellen. Marinette Bonnert stammt selber aus Belgien, bezeichnet sich als Botschafterin der wallonischen Musik und hat die Stücke für diese Publikation sorgfältig ausgewählt. Suiten, bestehend aus Kontratänzen, wechseln sich ab mit einzelnen Tanzsätzen wie Menuett, Polka, Walzer und Schottisch. Tommaso Huber kommt aus Österreich, spielt seit Kindesbeinen Akkordeon und hat Kontrabass studiert. Im Vorwort gehen die beiden auf die Herkunft der Musik etwas ausführlicher ein und in einem separaten, einführenden Abschnitt erklären und illustrieren sie die Art der Bassnotation minutiös. Die Melodiestimmen der einzelnen Stücke sind oft einstimmig gehalten, jedoch von einem harmonisch interessanten Bass getragen. Die Arrangements sind äusserst ansprechend, können auch verführen zu eigenen Ausschmückungen oder regen zu Interpretationen mit dem Einzeltonakkordeon an – eine wahrlich tolle und wertvolle Bereicherung für alle, die sich zur Volksmusik anderer Länder hingezogen fühlen!

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Marinette Bonnert und Tommaso Huber: Dances from Flanders & Wallonia, 23 leichte bis mittelschwere charakteristische Tänze für Akkordeon M2, UE 36123, € 14.95, Universal Edition, Wien 2016

strapazieren

Der Traumberuf «Musiker» oder «Musikerin» hat Kehrseiten; manchmal ärgert sich das Publikum im Konzertsaal, nicht überall eignet sich das Klima für klassische Musik, allzu oft soll Musik neben Kunstgenuss noch anderes bewirken und schliesslich fordert sogar die Musikzeitung ihre Leserinnen und Leser zu Antworten auf.

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Der Traumberuf «Musiker» oder «Musikerin» hat Kehrseiten; manchmal ärgert sich das Publikum im Konzertsaal, nicht überall eignet sich das Klima für klassische Musik, allzu oft soll Musik neben Kunstgenuss noch anderes bewirken und schliesslich fordert sogar die Musikzeitung ihre Leserinnen und Leser zu Antworten auf.

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Focus

 

Es nervt!
Lieblingsärgernisse rund um die Musik

Quand le métier de musicien fatigue
Musicien, un métier de rêve ? Oui, bien sûr, mais un métier aussi très éprouvant

Zu heiss für klassische Musik
Eindrücke aus Manaus

Genauer als alle Sprachen
Interview mit dem Genfer Psychologen Klaus Scherer

15 Fragen zur Schweizer Musikzeitung
Link zur Leserumfrage

 

… und ausserdem

RESONANCE


Fragen und Fragmente — Festival Rümlingen

Die Spielwiese als Experimentierfeld — Davos-Festival

Aus dem öffentlichen Raum verschwunden — Singen, Summen, Pfeifen

Un serpent à musique — ≪ πton ≫ des frères Decosterd

Carte blanche für Hanspeter Künzler

  

SERVICE

Mit Volldampf in die Herbstsaison  — einige Veranstaltungstipps
 

FINALE


Rätsel
— Pia Schwab sucht


Reihe 9

Seit Januar 2017 setzt sich Michael Kube für uns immer am 9. des Monats in die Reihe 9 – mit ernsten, nachdenklichen, aber auch vergnüglichen Kommentaren zu aktuellen Entwicklungen und dem alltäglichen Musikbetrieb.

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Das pädagogische Erbe von Zoltan Kodály

Externe Teams von Musiklehrern übernehmen an New Yorker Schulen den gesamten Musikunterricht und erzielen erstaunliche Wirkungen. Eine Überprüfung der Resultate in hiesigen Kindertagesstätten könnte neuen Schwung in unsere pädagogische Forschung bringen.

Jens Goetzke/pixelio.de
Das pädagogische Erbe von Zoltan Kodály

Externe Teams von Musiklehrern übernehmen an New Yorker Schulen den gesamten Musikunterricht und erzielen erstaunliche Wirkungen. Eine Überprüfung der Resultate in hiesigen Kindertagesstätten könnte neuen Schwung in unsere pädagogische Forschung bringen.

Die Schulen in New York, besonders die in der Bronx, sind nicht auf Rosen gebettet: Aus finanziellen Gründen sind viele nicht in der Lage, Kunstunterricht anzubieten, und 59% der öffentlichen Schulen der Stadt haben keinen ausgewiesenen Musiklehrer im Kollegium. Doch es gibt die ETM, die Organisation Education Through Music. Diesem Team von engagierten Musikpädagogen können die Schulen den gesamten Musikunterricht übergeben.

ETM übernimmt in den Partnerschulen Musik als Kernfach, richtet die Musikzimmer ein und bietet mit hochqualifizierten Musiklehrerinnen und -lehrern, die auch Bands und Orchester leiten, einen umfassenden Unterricht an. Auf der Website www.etmonline.org sind 43 Mitglieder dieses Teams aufgelistet. Sie sind überzeugt, dass jedes Kind Zugang haben sollte zu hochwertigem Musikunterricht. Musik soll nicht nur Kernstoff sein, sondern auch ein Mittel für die gesamte Entwicklung.
 

Bessere Leistungen, mehr Selbstvertrauen

ETM gibt an, Musikerziehung führe bei Kindern nachweislich zu besseren kognitiven Fähigkeiten und Schulleistungen in allen Fächern, ebenso zu Fortschritten im sozial-emotionalen Bereich (Selbstbewusstsein, Zuversicht und Disziplin). Die Begegnung mit den Künsten wirke sogar bis ins Erwachsenenalter: Langzeitstudien hätten gezeigt, dass Schüler mit tiefem sozioökonomischem Status, die den Künsten während der Adoleszenz stärker ausgesetzt waren, 23% grössere Chancen hätten, ins College zu kommen, und dort höhere Punktzahlen erreichten.

Die Wirksamkeit des Programms beruhe auf dem strengen ETM-Musiklehrplan. Sein Inhalt ist leider nicht abrufbar; er soll umfassend, schrittweise aufbauend und auf Standard-Fähigkeiten ausgerichtet sein. Die Musiklehrer und die Klassenlehrer arbeiten zusammen, um den Lehrplan zu integrieren und die Schüler für alle schulischen Aufgaben zu begeistern. Jährliche Vortragsübungen helfen, die soziale und emotionale Entwicklung voranzutreiben.

Am Ende jedes Schuljahres werden die Erfolge von ETM evaluiert. Der auf den Daten des Schuljahres 2014/15 beruhende Bericht zeigt, wie gross der Einfluss des Programms auf die Schüler und die Gemeinschaften ist. Er bietet auch eine Übersicht des Evaluations-Designs, der Methoden zur Datensammlung und der verwendeten Analysen.

Die Ergebnisse sind beeindruckend: In allen schulischen Belangen verbesserten sich die Leistungen der Schülerinnen und Schüler, und zwar besonders deutlich in den Schulen, die seit vier oder mehr Jahren Partner von ETM sind: Sie weisen signifikant höhere Prüfungsleistungen in Mathematik und Sprache auf als in Schulen ohne ETM-Partnerschaft. Auch Schülerinnen und Schüler mit speziellen Bedürfnissen und Lernschwierigkeiten schnitten in Langzeit-Partnerschulen besser ab.

Fast 90% der Schüler, Eltern und Lehrer glauben, dass ETM in den sozial-emotionalen Bereichen, Vertrauen, Kreativität, Kooperation und künstlerische Fähigkeiten, einen bedeutenden positiven Einfluss hat. Und 90% aller Schüler finden, durch ETM seien ihre Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit verbessert worden.
 

Die Gründerin und ihr wachsender Erfolg

Seit der ersten Partnerschaft 1991 war es das erklärte Ziel der ETM, jedem Kind aus dem New Yorker Niedriglohngebiet diese Art von Musikerziehung anzubieten. Dieses Ziel ist näher gerückt: Während des Schuljahres 2014/15 war ETM Partner in 46 Schulen von NYC und betreute fast 27 000 Schüler in vier Stadtteilen vom Kindergarten bis ins achte Schuljahr.

ETM geht zurück auf die Musikpädagogin Mary Helen Richards, die durch den ungarischen Komponisten Zoltan Kodály inspiriert worden war. Zusammen mit einer kleinen Gruppe von amerikanischen und kanadischen Pädagogen gründete sie 1969 das Richards Institute of Education and Research, das rasch wuchs und das ETM-Programm entwickelte. Dieses fand bei den Lehrkräften grossen Anklang. Auch Zita Wyss, die Pionierin des Eltern-Kind-Singens in der Schweiz, wurde von ETM inspiriert. Heute bietet das Institut 14 Winterkurse an, im Sommer 3 bis 4 Camps und eine Woche Colloquium, die international besucht wird. Mit Hilfe von ETM und amerikanischen Kinderliedern wurden auch die Vietnamesinnen und ihre Kinder in den USA integriert, die nach dem Vietnamkrieg aus ihrem Land gejagt worden waren, weil sie sich mit einem GI eingelassen hatten.
 

Die Schweizer Parallele

Vor dreissig Jahren begann in der Schweiz, ebenfalls inspiriert von Zoltan Kodály, unter dem fast identischen Namen «Bessere Bildung mit mehr Musik» ein Nationalfonds-Projekt: 50 Schulklassen erhielten während drei Jahren wöchentlich fünf Lektionen Musikunterricht, aber je eine Lektion Mathematik, Französisch und Deutsch weniger. Die These, dass es trotz der Reduktion in diesen Hauptfächern keine Einbussen gab, wurde bestätigt. Es gab sogar Verbesserungen, besonders im sozial-emotionalen Bereich. Und die Wirkungen begannen nach drei Jahren deutlicher zu werden.

Diese Resultate führten zu einer öffentlichen Diskussion über die Musik in der Schule und zum Artikel 69,2 in der Bundesverfassung: «Der Bund kann kulturelle Bestrebungen von gesamtschschweizerischem Interesse unterstützen sowie Kunst und Musik, insbesondere im Bereich der Ausbildung, fördern.» (Allerdings wurde dieser Artikel dann listigerweise umgedeutet, um als Grundlage für das Kulturförderungsgesetz zu dienen.) Schliesslich kam es sogar zu einem neuen Verfassungsartikel über musikalische Bildung, wo nun das grosse Wort steht, dass sich Bund und Kantone für einen hochwertigen Musikunterricht einsetzen. Trotzdem hat sich in den Schulen seither leider nichts verändert: Der Unterricht in Musik ist vielerorts in einem desolaten Zustand.
 

Das ungarische Vorbild

Vor fünfzig Jahren erhielten wir Kunde von den ungarischen Musikgrundschulen, wo täglich eine Musiklektion erteilt wurde und im strengen Kodály-Lehrplan nach Handzeichen gesungen, die Notenschrift erlernt und Blattsingen sowie Notieren von Musik geübt wurde. Und es wurde berichtet, dass die Lernergebnisse der Schülerinnen und Schüler dieser Schulen in allen Fächern bedeutend besser seien als bei den üblichen Volksschulen, ebenso die Konzentrationsfähigkeit, die Rede- und Formulierungsgewandtheit, das Gedächtnis und die Disziplin des Denkens. Sogar das Gefühlsleben werde bereichert.

Die Ergebnisse liessen aufhorchen, aber im Westen hiess es, sie seien nicht wissenschaftlich erhärtet. Es gab zwar einige Studien, aber keine davon mit Bedingungen, wie sie in den ungarischen Musikgrundschulen geherrscht hatten. Das gilt auch für die Schweizer Studie: Der Musikunterricht musste dabei weiterhin gemäss den kantonalen Lehrplänen erteilt werden; die Studienleitung hatte nur indirekt Einfluss, etwa, indem sie in den Weiterbildungsseminaren – ohne grossen Erfolg – das Kodály-Modell der Singschulung vermittelte.

Das ungarische Experiment selbst aber scheint von der pädagogischen und der psychologischen Forschung glatt ignoriert worden zu sein: In Macht Musik schlau? von Lutz Jäncke (Huber, 2008) wird es nicht erwähnt, obwohl «alle» einschlägigen Studien besprochen werden sollen. Angesichts der Befunde, wie sie in Musikerziehung in Ungarn (Klett, 1966) dargestellt sind, ist das unverständlich.
 

Neuer Schwung in die Pädagogik

Was wir nun von ETM in New York hören, erinnert an die Kodály-Schulen in Ungarn. Die geschilderten Ergebnisse wären – wissenschaftlich verifiziert – schlicht sensationell und müssten in der Pädagogik zu einem Umdenken führen. Eine solche Überprüfung müsste aber an den New Yorker Schulen stattfinden. Denn dort sind die Bedingungen ideal: Ein strenger Lehrplan und bereits bestehende Versuchs- und Kontrollklassen. Es ist zu hoffen, dass renommierte pädagische Forscher sich endlich damit befassen werden.

In der Schweiz könnten wir – für die unterste Stufe – mit verhältnismässig geringem Aufwand ebenfalls eine solche Überprüfung anbieten, nämlich in den Kindertagesstätten, etwa nach folgendem Plan: 5 KITAS mit je 1 Musikstunde nach ETM täglich, 5 ohne ETM, also eine Population von je etwa 100 Kindern in der Versuchs- und in der Kontrollgruppe. Diese wissenschaftlich begleitete Studie müsste über 3 bis 5 Jahre laufen, der ETM-Lehrplan verbindlich sein, die Leiterinnen musikalisch und pädagogisch kompetent.

Die Fähigkeiten der Kinder würden zweimal im Jahr gemessen. Dafür gibt es bereits bewährte Designs und erfahrene Teams. Auch für die musikalische Weiterbildung der Leiterinnen werden schon Kurse angeboten, nämlich im Solotutti-Zentrum für Musik in Solothurn. Zudem könnten erfahrene Leiterinnen von Eltern-Kind-Singen angefragt werden.

Eine solche Studie wäre auch ein konstruktiver Beitrag zur gegenwärtigen Diskussion über die Bildungsförderung in der frühen Kindheit. Und sie wäre eine lobenswerte späte Referenz an den grossen Zoltan Kodály. Darüber hinaus wäre es ein Steilpass für die schweizerische pädagogische Forschung. Wir können nur hoffen, dass sie sich diese Chance nicht entgehen lässt.

Inzwischen dürfen wir uns an den Bildern und Videos der musizierenden Schülerinnen und Schüler erfreuen, die auf www.etmonline.org zu sehen sind: Die Lebensfreude, die darin zum Ausdruck kommt, ist umwerfend und geht zu Herzen. Das ist lustvolle Schule, wie wir sie uns wünschen.
 

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