Die über 40 Teilnehmer der Musikferien auf dem Arenenberg in Salenstein waren begeistert. Für den Kurs im nächsten Jahr kann man sich bereits anmelden.
Musikzeitung-Redaktion
- 29. Aug. 2017
Gemeinsames Schlusskonzert. Foto: zVg,SMPV
Die Aussicht vom Arenenberg auf den Untersee ist einfach fantastisch. Dies dachte sich Napoleon III., als er im thurgauischen Salenstein ein Schloss baute. Der richtige Ort, um genussvolle Ferien zu verbringen, war auch Anna Gassner überzeugt, als sie vor fünf Jahren zusammen mit Musikerkollegen ein Musiklager für Erwachsene auf die Beine stellte. Von Beginn an bekam das Organisationkomitee Unterstützung vom Thurgauer Kantonalmusikverband und vom Verband Thurgauer Musikschulen.
Entspannung, kulinarische Genüsse und gemeinsames Musizieren – dies war auch das Motto der diesjährigen Aktivferien, die wie schon die Jahre zuvor in der letzten Juli-Woche stattfanden. Über 40 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich angemeldet und musizierten begeistert unter fachkundiger Anleitung der Dirigenten Bruno Uhr und Roland A. Huber. Für Registerproben, Workshops und Ensembles wurden vier weitere Musikpädagogen beigezogen.
Das Feedback war äusserst positiv. Eine Teilnehmerin schreibt: «Ich war einfach wunschlos glücklich.» In einer ersten Sitzung hat das OK nun Bilanz gezogen und diskutiert, wie Teilnehmerwünsche berücksichtigt werden können und in welche Richtung sich die Musikferien in den kommenden Jahren weiter entwickeln sollen. Nach den vergangenen fünf Jahren ist jedenfalls klar: Die steigenden Teilnehmerzahlen zeigen, dass es ein Bedürfnis nach aktiven Musikferien gibt. Um die Weiterführung zu sichern, soll demnächst ein Trägerverein gegründet werden.
Für die Musikferien Arenenberg 2018 vom Dienstag, 24. Juli, bis Freitag, 27. Juli, sind das Hotel und die Schulungsräume bereits wieder gebucht und per sofort kann man sich anmelden unter:
Die Schweizerische Chorvereinigung SCV schliesst mit der Suisa einen neuen, unbefristeten Vertrag ab. Für die Mitglieder des grössten schweizerischen Chorverbands gelten ab 2018 neue Bedingungen.
Musikzeitung-Redaktion
- 29. Aug. 2017
Mani (links) und Salvadé bei der Vertragsunterzeichnung (Bild: SCV)
Die SCV wird von der Suisa als Branchenverband anerkannt, die SCV, ihre Unterverbände und Chöre erhalten den im Tarif vorgesehenen Verbandsrabatt. Neu ist der gemeinsame Tarif K (Konzerte, konzertähnliche Darbietungen, Shows, Ballett, Theater) auch für sie anwendbar.
In der Tarifgruppe Hb (Musikaufführungen zu Tanz und Unterhaltung) sind die Konditionen, zu welchen Aufführungs- und Lizenzrechte abgegolten werden, verbessert: neu sind sämtliche Veranstaltungen dieser Art abgedeckt. Tarif B (Musikvereinigungen und Orchestervereine) gilt unverändert weiter.
Die Vertragsunterzeichnung am 28. August 2017 in Aarau fand im Beisein des stellvertretenden Direktors der Suisa, Vincent Salvadé und des Zentralpräsidenten der SCV, Claude-André Mani statt. An der halbjährlichen Zusammenkunft des Zentralvorstands der SCV im November in Martigny VS wird Vincent Salvadé den Vertrag im Detail vorstellen.
Englert-Preis 2017 geht an Graber und Pecquet
Der Prix Giuseppe Englert, ein «Beitrag für Projekte zur Sensibilisierung und Verbesserung der Qualität unserer akustischen Umwelt» geht dieses Jahr an Nicole Graber und Frank Pecquet.
Musikzeitung-Redaktion
- 28. Aug. 2017
Nicole Graber, Co-Preisträgerin des Prix Giuseppe Englert 2017 in Leuk. Bild: IGNM-VS
Der Preis in der Höhe von 5000 Franken wird seit 2011 jährlich in Erinnerung an den Schweizer Komponisten und Pionier der elektroakustischen Musik Giuseppe Englert (1927-2007) vergeben. Heuer ist er zum Auftakt der Rencontres Architecture Musique Ecologie (R.A.M.E.) auf Schloss Leuk dem Gemeinschaftsprojekt «Phonotopie du sol: Dynamique de la topographie sur l’acoustique du lieu» von Nicole Graber (Hintermann & Weber Lausanne) und Frank Pecquet (Sorbonne Paris) zuerkannt worden.
Die Jury setzte sich zusammen aus Jean-Marie Rapin, Guillaume Billaux, Sara Maino, alle drei für die R.A.M.E., sowie Javier Hagen für die IGNM-VS, die Ortsgruppe Wallis der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik, welche in Leuk als Gastgeberin für die Preisübergabe und die R.A.M.E. waltet.
Die Rencontres Architecture Musique Ecologie R.A.M.E. vereinigen eine internationale Gruppe von Architekten, Urbanisten, Akustikern, Philosophen, Komponisten, Musikwissenschaftler und Musiker für Vorträge, Diskussionen, Performances und Exkursionen zu aktuellen Fragen der Umweltakustik.
Fragen und Fragmente
Die Hauptprogrammpunkte des Festivals Rümlingen spielen diesmal in geschlossenen Räumen. Bewegung wird zum Auslöser für Musik oder mischt sich mit Virtuellem.
Musikzeitung-Redaktion
- 25. Aug. 2017
«Screen Sharing. Come into my inhabitable world» von Brigitta Muntendorf. Foto: T. Hammelmann
«Ich gehe einen Schritt nach rechts und einen Schritt diagonal nach vorn. Ich stehe nun sechs Schritte in der Vertikalen von meiner Ausgangsposition entfernt. Ich atme – und spiele einen Triller.» In Brigitta Muntendorfs Screen Sharing. Come into my inhabitable world kommt Rümlingen 2017 komprimiert zur Sprache. Der sich zu den Worten bewegende Saxofonist unterstreicht zum einen das Motto «17 läuft. Musik in Bewegung». Zum anderen verweisen seine isolierten Solo-Triller auf eine Programmausdünnung. Einen ungleich kleineren Etat gab es offenbar als in den letzten Jahren. Das Resultat: nur zwei grössere Produktionen in Form von Muntendorfs Screen Sharing und Penelope Wehrlis Eadweards Floss, eine Art Performance, die firmiert unter der Bezeichnung «Interface für Tänzer, Komponisten und Musiker».
Musik aus der Bewegung
Man muss wissen: Der Namensgeber des Stücks, Eadweard Muybridge, machte im späten 19. Jahrhundert Furore mit chronofotografischen Bewegungsuntersuchungen. In der Art eines Daumenkinos reihte er Fotografien so aneinander, dass zum Beispiel die Analyse eines Pferdegalopps möglich wurde. Penelope Wehrli, die in Zürich geborene Bühnenbildnerin und Performancekünstlerin, aktualisiert nun in Rümlingen Muybridges Ideen: Sie stattet Tänzer mit Bewegungssensoren aus. Ihr reduziertes Achselzucken, ihre schlangenartigen Wellenbewegungen kommen so in einen Computer, der augenblicklich für zwei Akkordeon-Spieler eine grafische und traditionelle Notation errechnet.
Das Konzept ist einleuchtend. Hier reagieren nicht die Tänzer auf Musik, sondern die Musik auf die Tänzer, die wiederum – in einer Art Perpetuum mobile – motorisch antworten auf die Akkordeon-Töne. Was in den ersten Minuten fasziniert, offenbart leider bald seine Schwächen. Zeitverzögerungen sind nicht das Hauptproblem. Aber allzu eintönig wirken auf Dauer sowohl die fragmentarischen Einwürfe der Musiker wie auch die Tanzbewegungen. Eine Differenzierung der Computer-Algorithmen könnte das Problem vielleicht lösen. Denkbar wäre eventuell auch eine mehrschichtigere Anlage dieser Tanzperformance. In Rümlingen bleibt es bei einer etwas faden Vorstellung, die aber zum Weiterdenken motivieren könnte, vielleicht sollte.
Zitieren statt kritisieren
Kurzweiliger ist Brigitta Muntendorfs in dieser Form uraufgeführtes audiovisuelles Stück Screen Sharing. Come into my inhabitable world. Im Dachgeschoss der Rümlinger Kirche inszeniert sie, wie sie schreibt, eine «Schnittstelle zwischen dem realen Unbewohnbaren und einer künstlichen, virtuellen Lebenswelt». Für die Komponistin durchdringen sich Alltag und Virtualität – sie werden zum Beispiel da ununterscheidbar, wo Menschen ihre realen sexuellen Bedürfnisse auf Plattformen wie Youporn stillen. Von Sex ist in Screen Sharing wenig die Rede. Eine grosse Rolle aber spielen Youtube-Schnipsel, die sich überlagern mit den Musiker-Aktionen vor Ort.
Sensibel, zugleich hoch professionell gestaltet Muntendorf den Dachboden mit Instrumenten-Stationen, grossen Videoleinwänden und schönen Lichteffekten. Stimmig wirkt das alles, entwickelt einen Sog mit all seinen Beigaben. Poprhythmen sind zu hören, sterile Synthesizer-Klänge, dann Bläser im Solo oder auch eine Stimme, die fragmentarisch englische oder deutsche Sätze spricht. Ähnlichkeiten mit Manos Tsangaris’ Stationentheater sind nicht zu übersehen. Auch bei Muntendorf sitzen einzelne Akteure an ihren Tischen, wobei mal der eine, mal die andere in den Vordergrund rückt.
Ein so reiches Geschehen ist wohl unter anderem eine Antwort auf eine komplexe heutige Lebenswelt. Inmitten dieser «collagenartigen und rhizomatischen» (Muntendorf) Abbildungsästhetik kommen jedoch auch Fragen auf: Youtube könnte man auch unter ideologiekritischen Gesichtspunkten sehen. Das blosse Zitieren ist zu einfach. In dem Moment, wo die digitale Zerstreuung zu einem akuten gesellschaftlichen Problem wird, sollten Künstler (und Konzeptliebhaber!) vielleicht doch mal den Finger heben. Oder zumindest nach Möglichkeiten suchen, wieder etwas Verbindlichkeit zu stiften. So bleibt primär das Fragmentarische an Rümlingen haften. – Leider hat dies meist keine lange Halbwertszeit.
Der Musiker und Musikwissenschaftler Marc Lewon übernimmt zum 1. September 2017 die Professur für Lauteninstrumente des Mittelalters und der frühen Neuzeit an der Schola Cantorum Basiliensis. Er tritt damit die Nachfolge von Crawford Young an.
PM/Codex flores
- 24. Aug. 2017
Marc Lewon (Foto: Björn Trotzki)
Der geborene Frankfurter Marc Lewon ist Spezialist für die Musik des Mittelalters und der Renaissance und Experte im Bereich der frühen Musik. Er studierte Laute bei Crawford Young mit den Nebenfächern Gesang und Fidel im Aufbaustudium an der Schola Cantorum Basiliensis und absolvierte sein Diplom mit Auszeichnung. Zuvor hatte er den Magister Artium cum laude für sein Studium der Musikwissenschaft und Altgermanistik an der Universität Heidelberg erhalten.
Die Mittelalterabteilung der Schola Cantorum Basiliensis wurde Anfang der 1970er Jahre von Wulf Arlt, dem damaligen Leiter der Basler Schola Cantorum, ins Leben gerufen und zunächst mit den Mitgliedern des Studio der frühen Musik von Thomas Binkley besetzt. In den 1980er Jahren wurden die zentralen Professuren für Laute und Fidel an die Musiker vergeben, die dieses Jahr in den Ruhestand gehen: der Lautenist Crawford Young und der Fidelspieler Randall Cook.
Im Bewerbungsprozess konnten sich die befreundeten Musiker Marc Lewon (Laute) und Baptiste Romain (Fidel) behaupten. Beide spielen zusammen in ihren eigenen Ensembles und werden gerne einzeln oder als Team in andere Ensembles geholt. Beide unterrichten sie Meisterklassen und Ensemblekurse für mittelalterliche Musik.
Alexandre Beuchat in Neue-Stimmen-Endrunde
Der jurassische Bariton Alexandre Beuchat ist formell der einzige Schweizer in der Endrunde des renommierten Neue-Stimmen-Wettberbs, der im Oktober durchgeführt wird. Er tritt in Gütersloh gegen 41 Mitbewerberinnen und -bewerber an.
Musikzeitung-Redaktion
- 23. Aug. 2017
Alexandre Beuchat (Foto: zvg)
Der in Courtételle geborene Beuchat absolvierte im Sommer 2016 seinen Master of Arts in Performance an der Hochschule Luzern – Musik bei Barbara Locher. Ein Vorstudium als Violonist, Unterricht bei Wicus Slabbert und Edith Lienbacher sowie Meisterkurse bei Margreet Honig, Klaus Mertens und Ton Koopman ergänzten seine bisherige musikalische Ausbildung. In der Spielzeit 2015/16 gehörte er fest zum Ensemble des Luzerner Theaters.
Der internationale Gesangswettbewerb Neue Stimmen der Bertelsmann Stiftung wurde 1987 von der Mäzenin Liz Mohn initiiert. Er gilt als eine der international wichtigsten Nachwuchsplattformen für das Opernfach. Junge Opernsängerinnen und -sänger können den Wettbewerb nutzen, um Kontakte zu Jury-Mitgliedern, Intendanten und Agenten zu knüpfen.
Der Verein Swiss Music Export, eine gemeinsame Initiative von Pro Helvetia, Fondation Suisa, Stiftung Phonoproduzierende, Fondation CMA, Migros-Kulturprozent und der Schweizerischen Interpretenstiftung, sucht einen Praktikanten oder eine Praktikantin.
Musikzeitung-Redaktion
- 23. Aug. 2017
Das Praktikum umfasst administrative Hilfe und Assistenz Geschäftsleitung, Redaktion des monatlichen SME-Newsletters, Aktualisierung der Homepage und anderer Online-Plattformen sowie Mitarbeit bei Projekten (Festivals und Messen).
Gesucht wir ab Oktober 2017 für sechs Monate eine Person mit Freude an Schweizer Popmusik, Interesse an den Marktmechanismen im Musikbusiness, Organisationstalent und gute Sprachkenntnisse.
Swiss Music Export (SME) unterstützt Schweizer Künstler, Künstlerinnen und Bands, die im weitesten Sinne dem Begriff Pop entsprechen und ihren Weg ins Ausland suchen. Dazu entwickelt sie ihre Strukturen und Ressourcen wie auch ihre Positionierung konstant weiter.
Vom 20. August bis am 17. September hat der Wahlberliner in Brunnen am Vierwaldstättersee Anker geworfen. Zum Auftakt wurden zwei seiner Werke aufgeführt und diskutiert.
Musikzeitung-Redaktion
- 22. Aug. 2017
Eröffnungskonzert am 20. August im Eden-Saal in Brunnen
Gleichgültig liess Stefan Kellers Musik niemanden: Den einen schmerzten zunächst die Ohren, den andern versetzten die überwältigenden Klänge – erstklassig hervorgebracht von Rafael Rütti, Klavier, Mateusz Szczepkowski, Violine, und David Schnee, Viola – beinahe in Trance. Das Gespräch zwischen Komponist, Musikern und Publikum öffnete weitere Räume: Beim zweiten Anhören waren Schaukel (2015) für Viola, Violine und Klavier sowie das Stück für Klavier (2009) dann besser zu erfassen. Und man freut sich auf die Musik, die nun während eines Monats in der Künstlervilla hoch über dem See entsteht. Ein Lied soll es werden, das vielleicht – falls es zu einer weiteren Durchführung des Internationalen Othmar-Schoeck-Wettbewerbs für Liedduo kommt – als Pflichtstück fungieren könnte. Lydia Opilik und Anna Bertogna, die Preisträgerinnen des Wettbewerbs im Rahmen des Othmar-Schoeck-Festivals 2016 (die Schweizer Musikzeitung hat berichtet), werden am 17. September als Schlusspunkt des Aufenthalts den Stand des Auftragswerks präsentieren. Zuvor zeigt Stefan Keller am 2. September weitere Aspekte seines Schaffens: Seit mehreren Jahren beschäftigt er sich mit indischer Musik und hat das Tabla-Spiel erlernt. Phoenix für Tabla und Live-Elektronik hat er 2017 komponiert und im Mai in Mailand uraufgeführt.
Stefan Keller im Dialog mit Musikern und Publikum
Das Residenzstipendium wird von der Stiftung Auslandschweizerplatz mit Unterstützung der Auslandschweizer-Organisation vergeben. 2017 erfolgte die Ausschreibung in Kooperation mit dem Kuratorium des Othmar-Schoeck-Festivals.
Der Masterstudent Nikita Tonkonogov hat am Siegfried-Weishaupt-Klavierwettbewerb in Deutschland den zweiten Preis gewonnen, die Bachelorstudentin Daria Korotkova ist erste Gewinnerin des Concerto-Wettbewerbs an der israelischen Tel-Hai International Piano Academy.
PM/Codex flores
- 22. Aug. 2017
Tomasz Herbut ist Professor an der Hochschule der Künste Bern. Foto: HKB
Der 1989 in Moskau geborene Tonkonogov studierte an der Musikhochschule des Gnesin-Insituts in der Klasse von Natalia Suslova und bei Mikhail Voskresensky am Tschaikowski-Konservatorium. 2009 nahm er in Moskau an der Meisterklasse von Van Cliburn zu Ehren des Cellisten Mstislaw L. Rostropowitsch teil.
Mit der zehnten Ausgabe verlässt Gesamtleiter Hansjörg Felber das Urner Festival Alpentöne. Sein Nachfolger wird der ehemalige Pro-Helvetia-Direktor Pius Knüsel.
Musikzeitung-Redaktion
- 21. Aug. 2017
Maria Kalaniemi & Otto Lechner am diesjährigen Festival. Foto: Alpentöne 2017
Nach 20 Jahren als Gesamtleiter des Internationalen Musikfestivals «Alpentöne» hat Felber im August 2017 auf eigenen Wunsch hin sein zehntes und letztes Festival verantwortet. Mit Pius Knüsel habe der Altdorfer Gemeinderat einen Nachfolger für das Festivalpräsidium ab Ausgabe 2019 gefunden, heisst es in der Medienmitteilung. Seine Erfahrung im Kulturbereich verspreche eine erfolgreiche Weiterführung des etablierten Festivals. Johannes Rühl bleibt künstlerischer Leiter.
Knüsel ist zur Zeit Direktor der Volkshochschule Zürich. Von 2002 bis 2012 war er als Direktor der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia tätig. In dieser Zeit öffnete er der Volkskultur mit dem Impulsprogramm «Echos» den Zugang zur nationalen Kulturförderung. Für heftige Kontroversen sorgte er vor seinem Abgang mit dem Buch «Der Kulturinfarkt», das er zusammen mit zwei deutsche Koautoren verantwortete.
Die Spielwiese als Experimentierfeld
Wie gewohnt wurden auch am diesjährigen Davos-Festival Hörgepflogenheiten hinterfragt und neue Formen vorgestellt. Zum Beispiel die Spielbox, der kleinste Konzertsaal der Welt.
Musikzeitung-Redaktion
- 21. Aug. 2017
Foto: Georg Rudiger,Foto: Georg Rudiger
Die Glastür des Konzertsaals wird geöffnet. Der Pianist steht auf und begrüsst mich persönlich. Aus den Karten, die er mir hinhält, ziehe ich George Gershwins Embraceble You in einer Bearbeitung von Earl Wild. Dann nehme ich auf dem einzigen Sessel Platz. Niemand raschelt mit dem Programmheft, keiner hustet. Ich bin ganz alleine mit Benjamin Engeli, der am Konzertflügel die ersten zarten Töne spielt. Die Welt draussen vor der Glasscheibe ist weit weg.
Die hin- und herwogenden Akkordbrechungen verbinden sich mit den gefrästen Wellen auf der Holzwand zu einem Ozean, auf dem ich mich gerne treiben lasse. Der Klang des Konzertflügels, der nur einen Meter von mir entfernt steht, umarmt mich, bis ich wieder, ganz von Musik erfüllt, in den Alltag entlassen werde. Ein Handschlag, ein paar Worte, dann ist der nächste Konzertbesucher an der Reihe. Die sogenannte Spielbox, die erstmals beim Davos-Festival (Young Artists in Concert) in Betrieb ist, war schon länger ein Traum des Intendanten Reto Bieri – jetzt wurde sie von einer ortsansässigen Schreinerei realisiert. Der gläserne, schallgedämmte Container mit dem schönen Holzboden kann überall hingestellt werden. «Die Konzertsäle werden immer grösser, die Programme austauschbarer. Dabei geht häufig das individuelle Musikerlebnis verloren. Wir bieten in Davos nun mit dem kleinsten Konzertsaal der Welt die grösste Exklusivität», sagt Bieri. Ein Musiker trifft auf einen Zuhörer: persönliche Begegnung statt Massenevent. Die Spielbox sorgt für Intimität, Direktheit und oftmals grosse Emotionen. Auch Tränen sind schon geflossen bei diesen fünfminütigen, kostenlosen Konzerten, die während der Festivalzeit jeden Tag zwischen 11 und 12 Uhr auf dem belebten Bubenbrunnenplatz zu geniessen sind. Insgesamt 32 Stücke wurden für den 18 Quadratmeter grossen Raum komponiert – von Rico Gublers sich auflösendem Walzer bis zu Fake News von Reto Bieri selbst, bei dem der Zuhörer heftige Emotionen vorspielen muss. Am Sonntagmorgen sind alle möglichen Termine schon reserviert. Auch der neunjährige Jon Arvid schaut mit seiner Familie vor einer Mountainbike-Tour bei der Spielbox vorbei. «Ich war schon etwas aufgeregt, aber dann war der Pianist sehr nett und hat mir etwas zu dem Stück erzählt. Es ging um Vögel, die in der Mittagszeit weniger pfeifen.» Maurice Ravels Oiseaux tristes wird für Jon Arvid zum persönlichen Naturerlebnis. Auch für den Pianisten Benjamin Engeli ist die Eins-zu-eins-Situation in der Spielbox aussergewöhnlich. «Die Reaktion des Zuhörers ist extrem direkt – so ein ehrliches Feedback hat man sonst nie im Konzertsaal.»
Theaterspiel in Kirchners Kulissen
In Davos wird mehr über Musik nachgedacht als bei anderen Festivals. Hörgewohnheiten werden hinterfragt, neue Konzertorte ausprobiert – ob am See, auf der Alp oder im Bahnhof. Das Jahresmotto ist dem Alltag entnommen. Nach «Kreisverkehr» und «Familienzone» hat Reto Bieri im dritten Jahr seiner Intendanz den «Spielplatz» zum Leitthema gewählt. Der Name ist Programm. Im Morgenkonzert «Schachzüge» in der Pauluskirche spielt Alexander Boeschoten mit Wilhelm Zobls Schachwalzer Nr. 1 eine Partie von Karpow gegen Kasparow am Klavier nach – die Takte des Strausswalzers werden nach Schachfeldern kombiniert. Bei der langen «Homo-Ludens-Nacht» im Hotel Schweizerhof trifft Mozarts beim Kegeln komponiertes Kegelstatt-Trio auf die von Gilles Grimaître vibrierend gespielte Jazzsonate für Klavier solo von George Antheil. Die Chopin-Performance des polnischen Ensembles Małe Instrumenty auf verstimmten Spielzeugklavieren erinnert in ihrer Absurdität ein wenig an den legendären Hurz-Auftritt von Hape Kerkeling. Aber auch für Nonsens ist Platz auf Reto Bieris Spielwiese, die immer auch ein Experimentierfeld ist.
Mit dem 13-köpfigen Davos-Festival-Kammerchor unter der Leitung von Andreas Felber steht ein erstklassiges Vokalensemble zur Verfügung, das unter anderem Paul Alpenzellers Volksstück Die Tochter vom Arvenhof (1920; Regie: Inge Krichau Sadowsky) mit Schubert-Gesängen eine besondere Note gibt. Dafür wurde im Kirchner-Museum Davos extra ein Gasthaus eingebaut. Die gemalten Kulissen stammen von Ernst Ludwig Kirchner selbst, der vor hundert Jahren erstmals nach Davos kam und immer wieder als Theatermaler für das lokale Laienspiel engagiert wurde. Das tägliche, gut besuchte offene Singen des Kammerchors ist aus dem Festivalprogramm nicht mehr wegzudenken.
Zwischenspiele in der Schalterhalle
Insgesamt 80 junge Instrumentalisten aus 20 Ländern sind während des gesamten zweiwöchigen Festivals bei einem für Schweizer Verhältnisse eher bescheidenen Etat von 750 000 Franken vor Ort und präsentieren sich in verschiedenen Formationen, vom Duett bis zum Kammerorchester. Das Frankfurter Aris-Quartett zeigt eine hochdramatische, fein verästelte Interpretation von Felix Mendelssohns f-Moll-Quartett op. 80. Die Schweizer Cellistin Chiara Enderle besticht nicht nur bei Olli Mustonens Sonate für Violoncello und Klavier durch Klarheit und grosse Expressivität. Mustonen steht mit seiner tonal gebundenen, spirituell angehauchten, durchaus verspielten Musik als Composer in Residence im Zentrum und ist auch als Pianist und Dirigent zu erleben. Bieris Versuche, ein neues Publikum zu finden, sind zumindest in der Schalterhalle des Davoser Bahnhofs erfolgreich. Schon vor dem Beginn sind alle Plätze besetzt. Die Ansage erfolgt durch den Bahnhofslautsprecher. Auch die Kinder, die am Boden sitzen, lauschen andächtig dem Bläserquintett von Paul Taffanel. Nur ein Einheimischer, der an den Zuhörern vorbeiläuft, schaut missmutig und murmelt «So ä Schissdreck». Als der junge Schlagzeuger Fabian Ziegler an der Marimba Astor Piazzollas Libertango zum Leben erweckt, herrscht ungeteilte Begeisterung. Die kann auch das regelmässige Zuschlagen der Toilettentür nicht gefährden.
Die Kultur-Kommission des Nationalrates beantragt, dem Verpflichtungskredit in Höhe von 12,75 Millionen Franken zuzustimmen, um die Teilnahme der Schweiz an der Weltausstellung 2020 in Dubai sicherzustellen.
Musikzeitung-Redaktion
- 18. Aug. 2017
Feier zur Lancierung des Expo-2020-Logos in Dubai, März 2016. Foto: expo2020dubai.ae
Wie die Bilanz der Expo 2015 in Mailand zeig, seien Weltausstellungen in politischer, wirtschaftlicher, wissenschaftlicher und kultureller Hinsicht von Interesse für die Schweizer Aussenpolitik, schreibt die WBK-N (Kommission des Nationalrates für Wissenschaft, Bildung und Kultur) in ihrer Mitteilung.
Die erste in der arabischen Welt organisierte Weltausstellung soll von Oktober 2020 bis April 2021 in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten unter dem Motto «Den Geist verbinden, die Zukunft bauen» stattfinden. Das Budget für den Schweizer Pavillon beträgt rund 15 Millionen Franken, wovon die Hälfte von Sponsoren getragen wird. Mit 16 zu 2 Stimmen bei 5 Enthaltungen beantragt die Kommission, dem Verpflichtungskredit zuzustimmen.
Sie nahm zunächst von den Einzelheiten der Schweizer Teilnahme Kenntnis und diskutierte dann darüber, wie ein Werteaustausch zwischen der Schweiz und dem Gastland gefördert werden könnte. Die Kommission hielt zudem fest, dass sie die Entwicklung der internationalen Beziehungen in der Region verfolgen möchte.
Les Passions de l’Ame im Blick der Kritik
Die CD «Schabernack» des Berner Ensembles Les Passions de l’Ame, die humorvolle österreichische Werke vereint, findet sich auf der Longlist des Preises der deutschen Schallplattenkritik.
Musikzeitung-Redaktion
- 17. Aug. 2017
Les Passions de l’Ame (Bild: zvg)
Der Preis der deutschen Schallplattenkritik ist ein unabhängiger Zusammenschluss von derzeit 156 Musikkritikern und Journalisten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Sie verleihen einmal jährlich den Preis der deutschen Schallplattenkritik, bis zu 14 Jahrespreise aus verschiedenen Musikrichtungen für die besten Produktionen des zurückliegenden Jahres, die von einem juryübergreifenden Gremium ausgewählt werden. Auf der aktuellen Longlist findet sich in der Kategorie Kammermusik auch die neue CD von Les Passions de l’Ame.
Die Mitglieder von Les Passions de l’Ame sind international tätige Spezialisten für Alte Musik und arbeiten sowohl als Solisten, als Kammermusiker, als Orchestermusiker, wie auch als Dozenten für Institutionen wie das Freiburger Barockorchester, das Belgian Baroque Orchestra Ghent B’Rock, das Konservatorium Antwerpen oder die Hochschule der Künste Bern. Leiterin und Konzertmeisterin ist die gebürtige Bernerin Meret Lüthi.
De Montmollin gewinnt Siegrist-Fonds-Preis
Der Pianist Robinson de Montmollin ist der Gewinner des vom Hella-Siegrist-Fonds gestifteten und mit 2500 Franken dotierten Klavierwettbewerbs 2017 im Rahmen der Langnauer Jazz-Nights.
Musikzeitung-Redaktion
- 16. Aug. 2017
Robinson de Montmollin (Bild: zvg)
Robinson konnte laut der Medienmitteilung der Musikhochschule Luzern unter anderem in Monks «Rhythm A Ning» und mit einer solo gespielten Eigenkomposition überzeugen. Er zeigte «einen äusserst kultivierten Anschlag und eine klare und reife musikalischer Sprache». Das Zusammenspiel mit der Rhythmsection – bestehend aus Hans Ärmel (Bass) und Pius Baschnagel (Drums) – sei herausragend gewesen.
Das Trio habe wie natürlich geatmet und die Zuhörer in seinen Bann gezogen. Kompositorisch habe Robinson zudem mit einer virtuosen kontrapunktischen Eigenkomposition verblüfft, die wie eine Invention Bachs anmutete und in seiner überzeugenden Vorstellung aussergewöhnlich war, so die Begründung.
Fokale Dystonie ist Berufskrankheit
In Deutschland ist die Fokale Dystonie jetzt amtlich als Berufskrankheit anerkannt worden. Dabei handelt es sich um eine motorische Störung beim Spielen eines Instruments, zum Beispiel Oboe oder Posaune.
Musikzeitung-Redaktion
- 15. Aug. 2017
Typisches Dystonie-Muster am Klavier (Bild: zvg)
Die fokale Dystonie bei Instrumentalmusikern betrifft ausschliesslich professionell Musizierende, zum Beispiel Orchestermusiker oder Musiklehrer. Die Zahl erkrankter Musikerinnen und Musiker wächst, auch jüngere sind bereits betroffen. Weil Muskeln und Gefässe nicht mehr ihren normalen Spannungszustand haben, leiden Betroffene unter neurologischen Bewegungsstörungen. Im Extremfall können Musiker ihr Instrument überhaupt nicht mehr spielen.
Zur Erkrankung führen zu wenig Ruhepausen, Erschöpfung, Konkurrenz und Leistungsdruck, aber auch dauerhafte Überlastung im privaten Bereich. Der Heilungsprozess ist meistens langwierig.
Die Deutsche Orchestervereinigung (DOV) hat sich lange für die Anerkennung der fokalen Dystonie als Berufskrankheit eingesetzt. Sie ist nun eine von fünf Krankheiten, die mit der Änderung der deutschen Berufskrankheiten-Verordnung anerkannt wird.